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an Shiyi steht am Fensterund schaut 31 Stockwerkehinab. Dann richtet er den

Blick auf und deutet gen Westen, indie Betonwüste Pekings. „Dort drü-ben“, sagt er stolz, „bin ich Zhangzum ersten Mal begegnet. Sie warsehr beeindruckt von meiner erstenBaustelle in Peking. Es war die größ-te, die sie bis dahin gesehen hatte.“

Zhang Xin zitiert vom anderenEnde des 680 Quadratmeter großenPenthouse ihren Mann herbei. Imholzvertäfelten, begehbaren Kleider-schrank posiert sie vor ihm in einerweißen Seidenbluse. Sie sucht einOutfit für das Shooting, und der Fotograf wartet bereits im Salon.„Kennst du die noch?“, fragt sie miteinem verschmitzten Lächeln. „Diehabe ich zur Eröffnung von JianweiSoho getragen.“ So heißt einer derBauten der Immobiliengesellschaft Soho China, die sie 1995 gegründethaben: ein aus sechs Wohn- und Ge-schäftstürmen bestehendes ViertelDowntown Peking. Zur Eröffnungrichtete der Couturier Valentino ge-meinsam mit dem Juwelier Bulgarieine Fashion-Show aus.

Der meterhohe Wohnraum mitden modernen, weißen Möbeln er-gibt eine puristische Kulisse. Die inChina üblichen Orgien aus Marmor

und Gold sind nicht zu finden. Dieangrenzende Dachterrasse bezeich-net Zhang Xin als den „Hof in denHimmel“. Rang, 6, und Shao, 4, dieSöhne, würden sie eher als Mini-Disneyland beschreiben. Es gibt ei-nen kleinen Pool und Spielgeräte;im Haus haben die beiden unzähli-ge Kinderbücher, ein Klavier samtMusiklehrerin sowie eine immerlächelnde, geduldige Nanny nebstBodyguards. Personal ist an allenEcken im Einsatz: Hier werden diePanoramafenster gewienert, dortauf Knien die weißen Marmorflie-sen gewischt. Klack. Kaum hat derFotograf einige Aufnahmen im Kas-ten, gibt Zhang Xin ihm mit einemdeutlichen, freundlichen Blick zuverstehen, dass die Zeit drängt.

Zhang Xin und Pan Shiyi gehörenzu der ersten Generation von Self-made-Millionären in China. Sie hal-ten die Balance zwischen östlicherund westlicher Kultur, sie sind me-diengewandt und stilbewusst. Dasamerikanische Intellektuellen-Ma-gazin „New Yorker“ nennt das Paardie „Trumps of Beijing“, und die„Business Week“ titelt über einemPorträt „Stars of Asia“. In ihrer Hei-mat sind Zhang Xin und Pan ShiyiIdole: Für Chinas neue Mittelschichtverkörpern sie das Ideal der moder-nen Familie, die Big Business undprivates Glück harmonisch vereint.

Die Aufgaben in der Firma SohoChina sind klar verteilt. Pan Shiyikümmert sich um Finanzen und Be-ziehungen zur Regierung, währendZhang Xin sich auf Design undÄsthetik konzentriert. „Ich will dasBewusstsein der Mittelschicht fürLifestyle stärken“, so ihr Anliegen. ImTeam entwickeln Zhang Xin und

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Stadtentwicklung und Eheglück: Zhang Xinund Pan Shiyi präsentieren in ihrem

Showroom in Peking „Jianwei Soho“, eines ihrer Prestigeviertel für die Hauptstadt.

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Zhang Xin und Pan Shiyi sind das Vorzeigepaar des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Aufschwungs im Reich der Mitte. Mit ihrer Immobiliengesellschaft Soho China errichten sie avantgardistische Bauten, die auch den Wandel des Landes dokumentieren.

PEKINGS POWERPAAR

TEXT Tilo BonowPRODUKTION Oliver HaakeFOTOS Thái-Công Quách

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Pan Shiyi kommerziell erfolg-reiche, architektonisch hochwertigeBüro- und Wohnkomplexe, in de-nen chinesische Kinohelden mitGeschäftsleuten und Diplomatenaus aller Welt Tür an Tür wohnen.

Sechs Bürogebäude, 20 Hoch-häuser mit Läden und Apartments,mehr als 130 Villen sowie eineShopping-Mall im Zentrum vonPeking hat Soho China bisher ge-baut. Allein für die Wohn- und Ge-schäftshochhäuser gibt die Firmaein Verkaufsvolumen von etwa ei-ner Milliarde Euro an. 2000 Europro Quadratmeter kosten die Im-mobilien im Schnitt; an Klientelfür die Träume aus Glas, Stahl undhochwertigem Design mangelt es

nicht. Allein durch Mund-zu-Mund-Propaganda fanden sich so vieleInteressenten, dass es in kurzerZeit lange Wartelisten gab.

An der Chinesischen Mauer,knapp eine Autostunde von derHauptstadt entfernt, liegen zwölfmondäne Villen im Hügelland. Die„Commune By The Great Wall“ istein Prestigeprojekt des Paares (sie-he auch A&W 1/2003). Auf derBiennale von Venedig 2002 er-hielt es den Sonderpreis für die„Förderung des künstlerischenAspekts in der Architektur“. SohoChina beauftragte zwölf Toparchi-tekten aus China, Japan, Singapur,Thailand und der Republik Korea,jeweils ein Haus zu realisieren.Das Investitionsvolumen betrug20 Millionen Euro.

Es entstanden, unter anderem,eine Villa ganz aus Bambus; eindekonstruktivistischer, bewohn-barer „Flughafen Terminal“; ein kubistisches Manifest; ein überdi-mensionaler „Schrankkoffer“, indem Betten und Küche in Böden

sowie Wänden hinter Klappen verschwindenkönnen. Das Panoptikum zeitgenössischer asia-tischer Architektur wird als Hotelanlage von derKempinski-Kette vermarktet. Eine Villa für achtPersonen kostet pro Nacht ab 1000 Euro.

Als Zhang Xin und Pan Shiyi „Commune bythe Great Wall“ 2002 ins Leben gerufen haben,erwirtschaftet Soho China rund 13 MillionenEuro Gewinn. Ein Kritiker warf dem Paar da-mals vor, „3-Sterne-Häuser zum 5-Sterne-Preismit 10-Sterne-Gewinn“ zu erbauen. Pan Shiyireagierte: Er brachte ein elegantes Buch herausmit allen kritischen Veröffentlichungen. Dazustellte er Erläuterungen zu Soho Chinas archi-tektonischen Ideen. „Der Band war innerhalbkürzester Zeit ausverkauft, und die euphorischeMedienresonanz gab den Projekten gewaltigenSchub“, erklärt er.

Der Big Player wird in der Einöde Nord-West-Chinas, im Dorf Gansu, geboren. Er erzählt:„Meine Familie hatte zeitweise so wenig Geld,dass meine Geschwister und ich manchmal umEssen bettelten.“ Seinen Hochschulabschlussmacht er an der Fachakademie des staatlichen

Ölministeriums in der Stadt Lang-fang bei Peking; danach bekommter von dieser Behörde einen von40 000 Bürojobs zugeteilt.

„Nach den Protesten auf demPlatz des Himmlischen Friedensund den verschiedenen Reformbe-wegungen merkte ich, dass meinJob keine Zukunft haben würde“,erklärt Pan Shiyi. 1989 geht er aufdie Insel Hainan, um dort mit eini-gen jungen Kollegen die Immobili-engesellschaft Vantone zu gründen.1992 zieht er nach Peking, um einTochterunternehmen aufzubauen.Dieses vermarktet das erste Büroge-bäude der Stadt, in dem man Raumauch kaufen, statt, wie bisher, nuranmieten kann.

Burmesisch-chinesischen Wur-zeln entstammt Zhang Xin. Vaterund auch Mutter arbeiten als Über-setzer für die Regierung in Beijing.Nach der Scheidung der Eltern ziehtsie mit der Mutter nach Hongkong.Sie studiert Wirtschaft an den nam-haften britischen Universitäten vonSussex und Cambridge. Nach demAbschluss kehrt sie in die Heimatzurück und arbeitet für Banken,darunter für das US-Haus GoldmanSachs. Im Sommer 1993 beginnt sieals Analystin an der Wall Street. „Ichmerkte bald, dass ich nicht glücklich

sein werde in Manhattan. Man re-dete schlecht übereinander, schauteauf die Armen herab und verehrtedie Reichen“, sagt sie. „Ein Unter-schied zu Hongkong ist auch, dasshier der Konkurrenzkampf die Men-schen zu kurzsichtigen Mäusenmacht, an der Wall Street verwan-deln sie sich in Wölfe und Tiger.“

Zhang Xin gilt für ihre Fans inChina als „hai gui“, eine „Meeres-schildkröte“. Ein glückbringendesWesen, das aus dem Wasser ansLand zurückkehrt: vom Westen überden Ozean in die östliche Heimat.Pan Shiyi ist für seine Landsleute„tu bie“, eine segenbringende Land-schildkröte. Ein bodenständiger Typ,der die Kultur Chinas verinnerlichthat. Das Paar spielt die ihm zuge-wiesenen Rollen perfekt: Zhang Xinpräsentiert sich als die internationa-le Business-Lady, als Prinzessin ausdem Westen. Pan Shiyi kokettiertmit den ländlichen Wurzeln undspielt den Bauernburschen. So istdie Klatschpresse zufrieden – undSoho China boomt.

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Orientlook kontrastiert mit Sachlichkeit: In Purpur und Glanz erstrahlt das Bad desClubhauses. Im kubischen „Kofferhaus“ kann das Bett spurlos im Boden versinken.

Biennalesieger und Luxushotel: „Commune by the Great Wall“ sind zwölf Häuser, erbautvon Toparchitekten Asiens. Im Bambushaus dominiert der Baustoff in der Fassade und imWohnraum: als Bodenbelag und Raumteiler.

Big Business und Rollenspiel: Für die Klatschpresse inszeniert sich Chinas

Vorzeigepaar als weltgewandte Prinzessin und schlauer Bauernbursche.

Mehr im Register ab Seite 182