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Banking weiß-blauSeit 125 Jahren ist die Deutsche Bank auch in Bayern vor Ort. Eine Bilanz
dieser Zeit zeigt, wie sehr die Bank ein zunehmend wichtiger Teil der bayerischen Wirtschaft wurde. Und wie sie sich heute neu erfindet
Bayern, so lautet ein gefl ügeltes Wort, be-
steht aus einer ziemlich erfolgreichen Mi-
schung aus Laptop und Lederhose. Ende
des 19. Jahrhunderts aber dominiert die Lederho-
se, der Laptop ist noch lange nicht erfunden, und
die Industrialisierung liegt weit hinter der ande-
rer deutscher Regionen. München und erst recht
Bayern sind „Provinz“. Doch am Freitag, dem 1. Juli
1892 geschieht etwas Ungewöhnliches im damals
noch ziemlich gemütlichen München: Die Preußen
kommen. Als erste Großbank startet die Deutsche
Bank mit einer eigenen Filiale. München ist eine
andere Welt, „die Sorge, dass die preußische Her-
kunft das örtliche Publikum verschrecken könnte,
war nicht gerade klein“, berichtet der Historiker
Roman Köster. Etwas Lokales muss unbedingt
in den Namen des Münchner Ablegers, und des-
halb lesen die Passanten in der Theatinerstra-
ße auf großen Lettern „Bayerische Filiale der
Deutschen Bank“.
Es sollte klappen. Binnen weniger Jahre ent-
wickelt sich der neue Ableger. Die Bank unterstützt
die zahlreichen Brauereien beim Kauf hochwerti-
ger Gerste aus Kleinasien. „Global Trade Finance“
nennt man das heute, doch schon damals war die
globale Ausrichtung der Bank ein wesentliches Ar-
gument. Auch das Kapitalmarktgeschäft gehört von
Anfang an dazu: Die „Bayerische Filiale“ engagiert
sich zunehmend im Emissionsgeschäft, organisiert
Börseneinführungen und Kapitalerhöhungen. Mit
weiteren Filialen in Nürnberg und Augsburg eta-
bliert sich die Bank zunehmend bayernweit.
Der Aufstieg des nordostdeutschen New comers
sollte im Sommer 1914 jäh beendet werden. Mit
der Julikrise kommt es noch vor den gegenseitigen
Kriegserklärungen zu einem regelrechten „bank
run“ und massenhaften Barabhebungen. Vor der
Filiale am Lenbachplatz stehen die Kunden Schlan-
ge bis weit hinaus auf die Straße. Fast jeder dritte
Mitarbeiter wird zum Militär einberufen, die Börsen
sind geschlossen, und der Staat bittet seine Bürger
mit immer neuen Kriegsanleihen zur Kasse. Am Ende
des Kriegs beginnt eine weitere, sehr unruhige Zeit:
fast tägliche Massendemonstrationen, eine soge-
nannte Räterepublik, die nur vier Wochen dauern
sollte, bürgerkriegsähnliche Zustände, brutale
Freikorps und die Ermordung eines Ministerpräsi-
denten auf offener Straße. Die Pfälzische Bank in
Mannheim rutscht in die Pleite und wird von der
Deutschen Bank 1921 aufgefangen, die ihre baye-
rischen Filialen übernimmt. Wenig später wächst
sich die Infl ation des von Kriegsschulden überlade-
nen Deutschlands zu einer Hyperinfl ation aus, der
Diskontzins steigt auf 90 Prozent. Im August 1924
kommt mit der „Reichsmark“ eine neue Währung.
Die Kreditzinsen, die noch im Juni 1924 bei 50 Pro-
zent liegen, fallen binnen Jahresfrist auf 18 Prozent.
Begleiterin des Wirtschaftwunders
1929 erlebt Deutschland seine erste Großfusion im
Bankgeschäft: Die Deutsche Bank fusioniert mit ih-
rem Wettbewerber, der Disconto-Gesellschaft. Die
neue Größe hilft der Bank durch schwierige Jahre.
Mit dem Crash an der Wall Street beginnt die legen-
däre Weltwirtschaftskrise, an deren Ende knapp
sechs Millionen Deutsche ohne Arbeit und Hoff-
nung sind und die Machtergreifung Hitlers steht. In
München bekommt die Bank einen Filialleiter, der
bis 1951 an der Spitze stehen wird und nach dem
Krieg noch als „einigermaßen unbelastet“ aus dem
„Dritten Reich“ hervorgeht, schreibt der Historiker
Roman Köster. Für andere in der Führungsetage
gilt das weniger. Ab 1942 sind die Schalter nur noch
vormittags geöffnet. 1945 fällt eine Bombe direkt in
das Palais am Lenbachplatz – Volltreffer.
Nach der Kapitulation fehlen der Bank vor allem
qualifi zierte Fach- und Führungskräfte. Es ist nicht
nur der Krieg, der Wunden gerissen hat. Jetzt
Eine Reise durch 125 Jahre Deutsche Bank in Bayern bietet das Werk des Historikers Roman Köster. Das von der Historischen Gesell-schaft der Deutschen Bank herausgegebene Buch zeigt, wie eng die Bank den Aufstieg des Freistaats zum dynamischen Industrie- und Technologie-standort begleitet hat. Köster lehrt an der Universität Freiburg. Mitglieder der Historischen Gesell-schaft der Deutschen Bank erhalten ein Exemplar kostenlos. Werden Sie Mitglied! www.bankgeschichte.de
Bankenrettungen gab es schon
immer: In der Hyperinfl ation
musste die Deutsche Bank der
damaligen Pfälzischen Bank
unter die Arme grei-fen. Dann kamen
düstere Jahre, hier im Bild (Mitte) eine
Betriebsversamm-lung von 1942. Nach
dem Krieg wurde die Bank aufgeteilt, in Bayern gab es für
einige Jahre nur noch eine „Süd-
deutsche Bank“. Ende der Fünfziger
rutschte BMW in die Krise, auch hier
war die Bank gefragt. Immerhin
20 Prozent der Aktien gehörten ihr
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Perspektiven_Deutsche Bank in Bayern 35Deutsche Bank_r e s u l t s
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größeren Stadt Bayerns vertreten, davon 53 allein
in München. Das macht die Wege kurz. Doch das
Wachstum stößt bald an seine Grenzen. Automa-
ten halten Einzug, und ein bis heute anhaltender
Strukturwandel der Filialbank beginnt. Eine neue
Organisationsstruktur muss her, schon bald wer-
den erste Standorte geschlossen.
Neue Zugänge zur Bank
Wie geht es weiter? Die Bank zielt darauf ab, so-
wohl die Wurzeln in ihrem Heimatmarkt als auch
ihre Position als führendes europäisches Institut
mit globaler Präsenz weiter zu stärken. Dazu ge-
hört ein umfassendes Angebot für die vielen Un-
ternehmenskunden. „Unser Geschäft in Bayern“,
sagt der stellvertretende Vorstandsvorsitzende
Christian Sewing, „steht beispielhaft für das, was
wir sein wollen.“ Viele Unternehmen arbeiten
inter national und brauchen dafür eine regional
verwurzelte Bank, die sie mit einem globalen
Netzwerk begleitet. Der Markt hat das längst an-
erkannt: 90 Prozent der großen Familienunter-
nehmen sind heute Kunden der Deutschen Bank.
Doch die vergangenen Jahre sind auch eine
„Zeitenwende im Bankgeschäft“, wie es Martin
Huber nennt, Sprecher der Regionalen Geschäfts-
leitung Süd. Immer weniger Kunden nutzen die Fi-
lialen. So verändert sich die Bank auch in Bayern
zu einer „Omnikanal-Bank“ mit vielen Zugängen:
Filiale, Telefon, Online, Chat, Videoanruf. Überre-
gionale Servicecenter unterstützen das neue Be-
ratungsportfolio.
Bayern, das weiß-blaue Powerhaus, erarbeitet in-
zwischen knapp ein Fünftel der gesamten deutschen
Wirtschaftsleistung. Das Firmenkunden geschäft
wächst gegen den Trend, die Bank profi tiert von ei-
nem breiten Branchen- und Größenmix der Kunden.
„Bayern bleibt ein Schlüsselstandort für die Deut-
sche Bank“, sagt Regionalchef Huber. Bier gibt es
zwar schon lange nicht mehr in den Kantinen, aber
eins ist klar: Banking in Bayern, das ist sicher nicht
die schlechteste Berufs- und Standortwahl.
STEPHAN SCHLOTE
kommen auch die Vorwürfe gegen einzelne
Mitarbeiter aus der NS-Zeit ans Licht. Derweil ar-
beiten die Alliierten an einer Bankenpolitik der
„Dezentralisierung“ und „Dekartellierung“. Die
über regional operierenden deutschen Großbanken
sollen zerschlagen werden, und so wird 1947 aus der
Deutschen Bank in Bayern die „Bayerische Credit-
bank“. Erst zehn Jahre später, da hat Deutschland
schon längst eine neue Währung und sein „Wirt-
schaftswunder“, ist die Bank wieder eine Einheit.
Die Bank begleitet den Aufstieg des Freistaats
in der jungen Bundesrepublik zum dynamischen
Industrie- und Technologiestandort, und bald
kommt auch der Laptop ins Spiel. Unternehmen
wie Siemens, Allianz, Knorr-Bremse verlegen ihren
Hauptsitz nach München. Zugleich aber wird die
Bank immer mehr zum Partner zahlreicher Mittel-
standsbetriebe. 1965 sind von den 100 größten In-
dustriebetrieben Nordbayerns bereits zwei Drittel
Kunden der Deutschen Bank. Die gemütliche baye-
rische Lebensart sollte dennoch bleiben. So berich-
tet der frühere Deutsche Bank Vorstandssprecher
Rolf-E. Breuer aus seiner Münchner Zeit, dass es wie
selbstverständlich Bier in der Kantine gab.
Das sollte den weiteren Ausbau des Geschäfts
nicht bremsen. 1959 begibt sich die Bank, die tra-
ditionell auf Unternehmensfi nanzierung und Ka-
pitalmarkt fokussiert ist, in den aufstrebenden
Privatkundenmarkt. Es sind goldene Jahre, die
Real einkommen wachsen ständig, und so bietet
die Bank erstmals den PKK, den „Persönlichen
Klein-Kredit“. Lohn- und Gehaltskonten folgen,
wenig später die Immobilienfi nanzierung.
Mit der ganz speziellen Mischung aus Moder-
nisierung und Tradition entwickeln sich Bayern
und vor allem München immer mehr zum Kraft-
zen trum im Süden Deutschlands. Der Freistaat
ist ein fl orierender Technologiestandort, Mün-
chen ein wichtiger Finanzplatz. Die Stadt zieht
immer neue Menschen an: Waren es 1958 noch
eine Mil lion, sind es 2016 500 .000 mehr. Immer
neue Filialen für immer mehr Kunden werden er-
öffnet. 1992 ist die Bank mit 136 Filialen in jeder
2017 sind die Kunden global aufgestellt – die Bank ist es auch
Eine fünfteilige Video-Miniserie zeichnet die Geschichte der Deutschen Bank in Bayern chronologisch nach – von der An-kunft über die Grün-der zeit, Krieg und Wirtschaftswunder bis zur Gegen wart im Innovationsland Bayern. Zugang über den QR-Code oder www.results.db.com/04-2017/banking-weiss-blau
Hermann Josef Abs (unten rechts,
3. v. r.) und Alfred Herrhausen (oben
links, M.) gehörten zu den großen
Führungspersön-lichkeiten der
Deutschen Bank. Auch zum Standort
Bayern hatten sie zahlreiche Bezüge.
Abs konnte die zuvor zerteilte Bank
wieder vereinen, Herrhausen gab ihreine neue Vision. Die
heutige Geschäfts-leitung Süd (oben
rechts) richtet als „Omnikanal-Bank“
ihre Strukturen neu aus – und ver -
bucht ein Firmen-kundengeschäft, das
gegen den Trend wächst C
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