Wohin ist Kristoffer da nur geraten? Statt seines Schlafan-
zugs trägt er Prinzenkleidung, und ein Wichtel führt ihn
auf ein Schloss. Dort gibt es König und Königin, Frösche
und fiese Salamander. Eine Verschwörung ist im Gang, und
Kristoffer soll etwas dagegen unternehmen. Aber was?
Und wie? Die Salamander sind riesig, der undurchsich-
tige Hofmarschall kann Gedanken lesen. Und der Wichtel
hat es eilig, in den Wald zurückzukommen. Ein großes
Abenteuer — von Jostein Gaarder meisterhaft erzählt.
Jostein Gaarder arbeitete als Lehrer für Philosophie, Religion
und Literatur. 1993 erschien sein Weltbestseller >Sofies
Welt< (dtv 62000) in deutscher Sprache. Für kleine Gaar-
der-Leser sind in der Reihe Hanser erschienen: >Hallo, ist da
jemand?< (dtv 62097) und >Das Weihnachtsgeheimnis<
(dtv 62l 15).
Henrike Wilson, 1961 in Köln geboren, illustrierte für die
Reihe Hanser bereits >Das große Adventskalenderbuch< von
Manfred Mai (dtv 62241).
Jostein Gaarder
Das Schloss der Frösche
Aus dem Norwegischen von Gabriele Haefs
Mit Bildern von Henrike Wilson
v..
Deutscher Taschenbuch Verlag
Das gesamte lieferbare Programm der Reihe Hauserund viele andere Informationen finden Sie unter
www.reihehanser.de
lii neuer RechtschreibungMärz 2007
I)eutscherTaschenbuch Verlag GmhH & Co. KG,München
^() Jostein Gaarder und H. Aschehoug & Co. 1988Titel der Originalausgabe: >Froskeslottet<
2005 der deutschsprachigen Ausgabe:Carl HanserVerlag München Wien
Umschlagi I I Mistration: HenrikeWilson
Satz und Litho: Fotosatz Reinhard Amann, AichstettenDruck und Bindung: Druckerei Kösel, Krugzell
Gedruckt auf säurefreiem, chlorfrei gebleichtem PapierPrinted in Germany
ISBN-13: 978-3-423-62302-5
Das Mondlicht
Ich weiß nicht mehr genau, wie alles angefangen hat,
aber ich bin mir ganz sicher, dass ich im Mondlicht über
verharschten Schnee ging. Schon das ist ziemlich seltsam,
denn normalerweise gehen Kinder nicht nachts, wenn
der Mond wie ein fetter Ballon über den Tannenwipfeln
steht, allein in den Wald. Aber in dieser Nacht gab es noch
viel mehr Seltsamkeiten.
Als ich an dem großen Teich vorüber war, wo mein
Vater und ich uns immer auf den Bauch legten, um nach
Kaulquappen Ausschau zu halten, entdeckte ich plötzlich
ein Wichtelmännchen. Das wäre vielleicht weniger über-
raschend gewesen, wenn das Wichtelmännchen zwischen
den Bäumen herumgeschlichen wäre oder so, aber das tat
es gerade nicht.
Ich hatte mich kurz in den Schnee gesetzt, weil ich
über irgendetwas nachdenken musste. Und plötzlich
tauchte dieser Wichtel auf. Es war, als wäre er von irgend-
woher aus der Luft herausgewachsen. Er war ganz in Grün
gekleidet, abgesehen von der roten Wichtelmütze natür-
lich, die alle Wichtel tragen. Er war ein bisschen kleiner
als ich — obwohl er schon erwachsen war und auch nicht
mehr ganz jung.
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»Ach«, sagte er, als er endlich so deutlich zu sehen war
wie die Bäume ringsum. Das war im selben Augenblick,
als er den zweiten Arm aus dem herauszog, was auf der
anderen Seite der Luft sein muss.
»Ach«, wiederholte er mit energischer Stimme.
Ich fand das eine seltsame Art, ein Gespräch anzufan-
gen, denn wenn man nur »Ach« sagt, meint man doch im
Grunde nicht mehr, als dass der andere bitte antworten
soll.
»Wieso denn >Ach<?«, fragte ich vorsichtig.
Der Wichtel schaute zu mir hoch und kniff die Au-
gen zusammen, als ob ihm das Mondlicht nicht recht
passte.
»Du machst also einen kleinen Spaziergang«, sagte er.
Auch dazu gab es nicht viel zu sagen. Wieso hätten wir
uns sonst vor dem Salamanderteich im Schnee treffen
sollen?
Nur um ihm eins auszuwischen, hätte ich gern »Nein«
gesagt. Aber ich sagte: »Da hin ich nicht der Einzige.«
Ic11 hielt das für eine passende Antwort, aber der Wich-
tel sah das anders.
»Doch, das bist du. Du bist der Einzige, der hier im
Schlafanzug im Mondlicht herumstolziert«, sagte er.
Ich schaute an meinem hellblauen Schlafanzug mit den
Bildern von Autos und Motorrädern hinunter. Ich hatte
ganz vergessen, dass ich im Schlafanzug unterwegs war,
und hätte mich am liebsten irgendwo versteckt. Leider ist
es nicht so leicht, sich vor einem Wichtel zu verstecken,
der einen gerade auf frischer Tat ertappt hat.
»Der ist bei jedem Wetter sehr bequem«, sagte ich so
erwachsen, wie ich konnte. »Und wenn du es komisch
findest, dass ich einen Schlafanzug anhabe, dann finde ich
es noch komischer, dass du ein Wichtel bist.«
Er wiederum schien fest entschlossen, bei diesem
Tauziehen Sieger zu bleiben. Er zeigte an mir hoch und
sagte: »Das Allerkomischste ist, dass du barfuß im Schnee
herumläufst. Du musst ja bettelarm sein, wenn du noch
nicht mal Pantoffeln hast.«
Wieder musste ich an mir hinunterblicken, und was
ich da sah, war mir noch peinlicher als die Sache mit dem
Schlafanzug: Ich entdeckte, dass meine Füße vollkommen
nackt waren, und gleichzeitig merkte ich, wie sehr ich an
den Zehen fror. Ich sehnte mich nach einer warmen De-
cke, aber dieser Gedanke war so blödsinnig, dass ich mich
nicht traute, ihn laut auszusprechen. Selbst bei Voll-
mond und hohem Schnee schleppt man schließlich keine
schwere Decke durch den Wald.
»Meine Eltern sind sehr reich«, sagte ich. »Zum Bei-
spiel wollnen wir in einem großen Haus mitTerrasse und
Liegestühlen. Wenn meine Eltern wollten, könnten sie mir
über tausend Pantoffeln kaufen, aber sie meinen, Barfuß-
laufen sei gesund, und manchmal sagen sie auch, ich sei
ein kleiner Prinz.«
Das fand er offenbar interessant.
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»Und wie heißt bitte sehr unser Prinz?«, fragte er nach
einer tiefen Verbeugung.
»Ich heiße Kristoffer Poffer«, antwortete ich feierlich.
Das stimmte zwar nicht ganz, aber ich konnte schließlich
nicht sagen, dass ich Kristoffer Hansen hieß, denn dann
hätte er mich garantiert nicht mehr für einen echten Prin-
zen gehalten.
»Sehr interessant«, sagte der Wichtel. »Ich habe näm-
lich in einem alten Buch gelesen, dass diese Sorte Prinzen
sehr gern Pfannkuchen mit Erdbeermarmelade isst. Rein
zufällig habe ich gerade eine ganze Wagenladung Pfann-
kuchen gebacken. Und in meinem Garten gibt es jede
Menge Erdbeeren.«
Ich glaubte ihm kein Wort. Wenn Erwachsene sich
wichtig machen wollen, geben sie gern mit solchen Sa-
chen an: wie gut ihre Pfannkuchen sind und so. Ich starrte
in den Schnee und überlegte, dass es in dieser Jahreszeit
sowieso keine Erdbeeren gab. Aber ich traute mich nicht,
ihm zu widersprechen; ich wusste schließlich, dass Wich-
tel viel klüger sind als Kinder.
Ohne die rote W i chtelmütze und das runzlige Gesicht
hätte ich ihn wahrscheinlich für ein Kind gehalten. Jetzt
merkte ich, dass er ein bisschen traurig aussah und dass
seine Augen so blau wie große Blaubeeren waren.
»Möchtest du sie kosten?«, fragte er.
»Die Blaubeeren?«, antwortete ich erschrocken.
Nun musterte er mich lange und schüttelte den Kopf.
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»Da lädt man einen einsamen Nachtwandler zu frisch
gebackenen Pfannkuchen mit Erdbeermarmelade ein«,
sagte er, »und das, obwohl er auf nackten Füßen durch
den kalten Schnee tappt — und was macht unser kleiner
Pofferprinz? Er möchte stattdessen lieber Blaubeeren. Sol-
che Erlebnisse haben die Wichtel hier im Wald zu einem
tieftraurigen Volk werden lassen. Das hast du selber eben
erst gesagt: dass ich ein bisschen traurig bin.«
Ich musste scharf nachdenken, ob ich das wirklich ge-
sagt hatte; ich wusste nur noch, dass ich es gedacht hatte,
und das ist schließlich etwas anderes.
»Im Grunde sprechen wir beide über ein ganz ein-
faches Problem«, fuhr der Wichtel fort. »Möchtest du
Pfannkuchen mit Marmelade von Erdbeeren aus mei-
nem Garten essen oder möchtest du lieber im Halbdunkel
herumtappen? Denn auf der Speisekarte stehen heute
Pfannkuchen mit Erdbeermarmelade.«
Er hörte sich genauso an wie mein Vater. Der fragte
auch immer: »Was steht denn heute auf der Speisekarte?«
Als ich noch klein war, dachte ich eine Zeit lang, eine
Speisekarte müsse etwas Ähnliches sein wie ein Herd,
denn darauf stand bei uns zu Hause normalerweise das
Essen. Hier draußen im Mondschein konnte ich allerdings
keinen Herd entdecken.
»Du hast doch gar keinen Herd«, sagte ich.
Der Wichtel glotzte mich an. Dann fing er an, sich mit
den Fingern in den Ohren zu bohren.
»Du musst bitte entschuldigen, Prinz Poffer, ich habe
offenbar Dreck in den Ohren. Ich habe nicht richtig ge-
hört, was du gesagt hast.«
»Du hast keinen Herd«, sagte ich noch einmal.
»Man schleppt ja wohl auch keinen Herd mit, wenn
man nur mal eben den Mond anschauen will«, sagte der
Wichtel.
Jetzt war ich derjenige, der sich an die Ohren fassen
musste. Ich wollte nämlich wissen, ob die noch an mei-
nem Kopf saßen oder vielleicht heruntergefallen waren.
Zum Glück saßen sie so fest wie meine Nase.
Ich merkte, dass meine Füße immer kälter wurden.
»Hier ist leider ein bisschen Durchzug«, sagte der
Wichtel mit der roten Zipfelmütze. »Eigentlich kein Wun-
der, schließlich steht der Wald sperrangelweit offen.«
Als er »sperrangelweit offen« sagte, bekam ich plötz-
lich Angst, von irgendwoher könnte ein Löwe oder ein
Tiger auftauchen. Aber vor allem hatte ich Angst davor,
was noch alles zur Sprache kommen könnte, wenn wir
uns so weiter unterhielten. Deshalb erklärte ich: »Ja, ich
möchte gern Pfannkuchen mit Erdbeermarmelade essen,
wenn die noch immer auf der Speisekarte stehen.«
Der Wichtel lächelte breit und leckte sich zweimal die
Lippen, einmal auf jeder Seite.
»Das war ein reifer Entschluss«, sagte er, »und es trifft
sich wirklich gut, dass ich just das Haus voller reifer Wald-
erdbeeren habe.«
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Ich konnte weder ein Haus noch irgendwelche Erdbee-
ren sehen. Ich sah nur das Mondlicht über den Wipfeln
und Schnee.
»Wo steht das Erdbeerhaus?«, fragte ich vorsichtig.
»Mitten im Sommer«, sagte der Wichtel. »Der ist
gleich um die Ecke. Im Schlafanzug darf man allerdings
nicht dorthin.«
Kaum hatte er das gesagt, stand ich auch schon in ande-
ren Kleidern da. Unten trug ich eine grüne Seidenhose
und oben ein Seidenhemd, das so rot war wie eine reife
Erdbeere.
Ich war total verdutzt, ließ mir aber nichts anmerken.
»Du musst meine Hand nehmen, Kristoffer Poffer«,
sagte der Wichtel.
Da fiel mir ein, dass ich gar nicht wusste, wie er hieß,
und meine Mutter hatte mir eingeschärft, ja nicht mit
fremden Leuten nach Hause zu gehen. Das galt bestimmt
auch für fremde Wichtel.
»Wie heißt du?«, fragte ich.
Der Wichtel verbeugte sich feierlich und mit großer
Geste. »Ich heiße einfach nur Umpin.«
Dann nahm er meine Hand und wir verließen das Win-
terbild. Auf der anderen Seite traten wir in einen heißen
Sommertag hinaus. Wir standen noch immer an derselben
Stelle vor dem Salamanderteich und hielten uns an den
Händen. Aber jetzt schien die Sonne.
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Pfannkuchen
Was wollen wir zuallererst machen?«, fragte der Wichtel
Umpin. »Wollen wir zuerst Salamander fangen und dann
Pfannkuchen mit Erdbeermarmelade essen oder wollen
wir erst Pfà n nkuchen mit Erdbeermarmelade essen und
dann Kaulquappen fangen?«
Für mich war das keine Frage: Ich wollte zuerst Pfann-
kuchen essen und dann Salamander fangen.
»Wir müssen die Pfannkuchen aufessen, ehe irgend-
wer kommt und sie von der Speisekarte nimmt«, sagte
ich.
Umpin schaute überrascht an mir hoch.
»Hier wird nicht herumgequengelt«, sagte er. »Das ist
das Einzige, was wir Wichtel nicht vertragen können. Un-
sere Geduld ist wahrhaftig strapazierbar, wenn es um
echte Pofferprinzen geht, aber mein Großvater hat seine
einmal so sehr strapaziert, dass es ihn in der Mitte aus-
einander gerissen hat.«
Ich starrte ihn schweigend an.
»Sei bloß vorsichtig«, sagte Umpin. »Meine Groß-
mutter hat einmal dermaßen über eine
seltsame Rede gestaunt, dass ihr die
Augen aus dem Kopf gepurzelt sind.
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Die Augen sind danach noch jahrelang im Wald herumge-
kullert. Darum gibt es hier auch so viele Blaubeeren. Und
darum essen Wichtel keine Pfannkuchen mit Blaubeer-
marmelade. Komm, wir müssen weiter. Mein Häuschen
steht hier ganz in der Nähe.«
Wir gingen in den dichten Wald, und bald erreichten
wir den dicksten Baum, den ich jemals gesehen habe.
Aber obwohl er schrecklich dick war, war er viel kleiner
als alle anderen Bäume in der Nähe. Schließlich ging mir
auf, dass er nur ein Stumpf war. Und um den dicken
Stumpf herum wuchsen Millionen von Walderdbeeren.
Ich überlegte, dass dies das Haus des Wichtels Umpin
und dass die vielen Walderdbeeren darum herum sein
Garten sein mussten, aber ganz sicher war ich erst, als er
eine Tür in dem Stumpf öffnete.
»Kristoffer Poffer!«, sagte Umpin feierlich. »Wenn ich
mich nicht sehr irre, dann bist du in meinem Hause herz-
lich willkommen.«
Wir traten ein, und ich sah das kleinste Haus, das ich je
gesehen hatte, seit ich im Puppenhaus von Camilla gewe-
sen war, meiner Kusine ausTelemark. Dabei gab es so viele
Ähnlichkeiten mit diesem Puppenhaus, dass mir der
schreckliche Gedanke kam, der Wichtel könnte nachts, als
sie schlief, bei Camilla gewesen sein und ihre Spiel-
sachen gestohlen haben. Andererseits war
Telemark so weit weg,
dass man mit dem
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Auto viele Stunden brauchte, und Wichtel fuhren nicht
Auto, überlegte ich. Die Ähnlichkeit war sicher purer Zu-
fall.
Dann fiel mein Blick auf einen hohen Stapel Pfannku-
chen. Aber der stand nicht auf der Speisekarte, sondern
neben einem großen Marmeladenglas auf einem winzi-
gen Tisch.
Wir setzten uns einander gegenüber auf grün angestri-
chene Stühle und nahmen uns jeder einen Pfannkuchen.
Da so viel von Walderdbeeren die Rede gewesen war,
konnte ich nicht anders: Ich musste Umpin fragen, ob es
in der Marmelade womöglich auch Waldwürmer gab. Das
hätte ich lieber lassen sollen, denn nun wurde der Wichtel
wieder traurig.
»Ich kenne mich nur mit Gartenerdbeeren aus«, er-
klärte ich ihm. »Und darin findet man manchmal eben
solche grünen Würmer.. .«
Der Wichtel schüttelte den Kopf.
»Kristoffer Poffer«, sagte er. »Ich habe mit allen Wür-
mern im Wald feierlich vereinbart, dass sie einen Bogen
um meinen Garten machen. Zum Ausgleich erlaube ich es
ihnen, in Ohren und Nasenlöchern von kleinen Prinzen
ein und aus zu kriechen, und besonders solchen, die
meine Marmelade nicht essen mögen.«
Worauf ich blitzschnell jede Menge Erdbeermarmelade
auf meinen Pfannkuchen klatschte; meine Nase fing
schon an zu jucken.
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»Und? Wie gut hat es geschmeckt?«, fragte Umpin, als
wir jeder vier oder fünf Pfannkuchen gegessen hatten.
»Sehr gut«, antwortete ich.
Aber mit dieser Antwort war der Wichtel nicht zufrie-
den.
»Ich glaube, du hast meine Frage nicht richtig verstan-
den«, sagte er. »Wie gut, habe ich gefragt. —Wenn jemand
dich fragt, wie alt du bist, dann antwortest du doch auch
nicht >viele Jahre<.«
Ich verstand und wusste trotzdem nicht, wie ich sagen
sollte, wie gut die Pfannkuchen geschmeckt hatten.
»Fünfeinhalb«, schlug ich vor.
Umpin fing an, den Tisch abzuräumen.
»Dann war das soeben das letzte Mal«, sagte er mür-
risch. »Ich habe vor gar nicht langer Zeit Besuch von
einem anderen Pofferprinzen gehabt, der meinte, ich sei
ein echterTausendsassa.«
Da kam mir eine schlaue Idee.
»Ich habe natürlich fünfeinhalbtausend gemeint.«
Umpin tanzte um den Tisch herum, dann sprang er
hinauf und pflanzte mir ein Küsschen auf die Wange.
»Und damit können wir in den Sommertag hinauslau-
fen und Kaulquappen fangen«, sagte er.
Dabei stieß er das leere Marmeladenglas um, das noch
auf dem Tisch gestanden hatte.
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Kaulquappen
Ich war schon oft im Wald bei dem großen Salamander
teich gewesen, aber an diesem Tag war alles anders. Die
Bäume waren noch grüner als sonst und der Himmel war
knallblau. Ich stach mich auch nicht an den Zweigen, ob-
wohl ich doch barfuß war.
Der Wichtel legte sich am Ufer des Teichs auf den
Bauch und hielt nach Kaulquappen Ausschau.
»Hast du gewusst, dass aus Kaulquappen Frösche wer-
den?«, fragte er und steckte den Kopf ins Wasser.
Darauf mochte ich nicht antworten, das weiß schließ-
lich jeder. Stattdessen sagte ich: »Wir müssen ziemlich
viele Kaulquappen fangen, wenn es für einen ganzen
Frosch reichen soll.«
Umpin hielt das Glas hoch, das er mitgebracht hatte,
und zeigte mir, dass er schon drei erwischt hatte.
»Aber du hast wahrscheinlich nicht gewusst, dass Frö-
sche zu Prinzen werden, wenn man sie küsst. Und dass
Prinzen große Schlösser haben, in denen immer span-
nende Dinge passieren, stimmt's?«
Auch das wusste ich natürlich. Mein Großvater hatte
mir einmal von einem Frosch erzählt, der zu einem Prin-
zen wurde, bloß weil ein verwöhntes Mädel ihm einen
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Kuss mitten aufs Froschmaul gegeben hatte. Ich durfte
nur nicht sagen, dass ich es wusste, sonst wäre der Wich-
tel bestimmt wütend geworden, weil er nicht mehr wuss-
te als ich. Dass ich es nicht wusste, durfte ich allerdings
auch nicht sagen, denn dann hätte er mich für stroh-
dumm gehalten.
Zum Glück brauchte ich gar nicht zu antworten, denn
jetzt zog Umpin wieder das Glas aus dem Wasser und es
war bis zum Rand voll mit Kaulquappen.
»Wir müssen mit einem Zauberstöckchen im Glas he-
rumrühren«, sagte er.
Ich lief den Weg entlang und fand ein passendes Stöck-
chen. Ich wusste nur nicht, oh es wirklich ein Zauber-
stöckchen war. Das weiß man nämlich erst, wenn man es
ausprobiert hat.
Es war ein Zauberstöckchen. Umpin brauchte es nur
einmal ins Glas zu stecken und schon verwandelten sich
die vielen kleinen Kaulquappen in einen großen Frosch.
»Reizend«, sagte er und schwenkte das Zauberstöck-
chen durch die Luft.
Ich hatte den Anblick von Fröschen eigentlich noch nie
besonders reizend gefunden; Kaulquappen gefielen mir
da viel besser.
Jetzt sprang der Frosch aus dem Glas, setzte sich auf
einen Stein und lugte zu uns hoch. Sein Herz pochte so
heftig, dass der arme Frosch dabei auf und ab wippte,
auf und ab. Neben ihm stand ein großes Marmeladenglas
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