Diplomarbeit von Eva Griesebner 1
Selbstständige
Bewegungsentwicklung
nach Emmi Pikler
Diplomarbeit von
Eva Griesebner
“ Dass wir das Kind anregen müssen, das glauben wir nur, weil wir wenig
Ahnung davon haben, was der Mensch an Entfaltungsmöglichkeiten mit auf
die Welt bringt. “ ( Jacoby, 1981 )
Diplomarbeit von Eva Griesebner 2
INHALTSVERZEICHNIS Seite
1 Vorwort ………………………………............................................... 3
2 Zur Person Emmi Pikler
2.1 Das Leben ……………………………….......................... 4
2.2 Loczy ……………………………….......................... 5
3 Bewegungsentwicklung unter den Bedingungen im Loczy …. 6
4 Freie Bewegungsentwicklung ……………………………….... 8
4.1 Rückenlage ………………………………......................... 9
4.2 Seitenlage ………………………………......................... 10
4.3 Bauchlage ………………………………......................... 11
4.4 Seitlicher Ellenbogenstütz und abgestützter Seitsitz … 12
4.5 Knie - Händestütz ……………………………….............. 13
4.6 Bärenstellung ……………………………….............. 14
4.7 Kniestand ………………………………......................... 15
4.8 Hocken ………………………………......................... 15
4.9 Sitzen ………………………………......................... 16
4.10 Stehen ………………………………......................... 17
5 Äußere Bedingungen ………………………………............... 18
5.1 Räumliche Umgebung ……………………………….... 18
5.2 Spielmaterialien ………………………………............... 19
6 Hospitation eines Spielraumes ……………….…………………. 21
6.1 Spielraum ……………………………….......................... 22
6.2 Beobachtung und Reflexion ………………………..... 23
7 Resümee ………………………………..................................... 25
8 Quellenverzeichnis ……………………………….......................... 26
Diplomarbeit von Eva Griesebner 3
1 VORWORT
Am Beginn der Ausbildung zur Familienmentorin war mir nicht bewusst, wie
viel einem im persönlichen wie auch im Bereich des pädagogischen Ansatzes
abverlangt wird.
Als Claudia Billinger (Kindergarten - und Montessoripädagogin,
Familienmentorin und Pikler Pädagogin i. A. ) zu uns kam und von Emmi
Piklers Bewegungsentwicklung erzählte war mein erster Gedanke: “Ich habe
alles falsch gemacht!”
Ich habe in der Entwicklung mitgewirkt und meine Kinder nicht alleine
entscheiden lassen, wann sie den nächsten Schritt in der
Bewegungsentwicklung gehen möchten.
Andererseits war ich sehr skeptisch gegenüber der Richtung in die die “Pikler
Pädagogik” geht. Denn meine Kinder können auch gehen und laufen und sind
in der Grob - und Feinmotorik meiner Meinung nach “normal” entwickelt.
Um Emmi Piklers Ansatz zur achtsamen und freien Begleitung der
Entwicklung besser verstehen zu können, habe ich begonnen, das in meine
Arbeit als Pädagogin mit einzubringen.
Dabei wurden mir viele Dinge bewusster, die ich vorher nicht in der Form
wahrgenommen habe. Denn man muss sich immer wieder ins Bewusstsein
rufen, wie wichtig es ist, auf die Kinder und ihre Bedürfnisse einzugehen und
vor allem diese zu respektieren, zu achten und sich in diesem
Zusammenhang zurückzuhalten um sich in die Bewegungsentwicklung de
Kindes nicht zu sehr hervortun.
Diplomarbeit von Eva Griesebner 4
2 ZUR PERSON EMMI PIKLER
Abb.1
2.1 Das Leben
Emmi Pikler, geborene Emilie Madleine Reich wurde am 9.Januar.1902 in
Wien geboren und verbrachte dort ihre frühe Kindheit. Ihre Mutter war
Kindergärtnerin und ihr Vater ein Handwerker. 1908 zog sie mit ihren Eltern
nach Ungarn. Als Emmi 12 Jahre alt war verstarb ihre Mutter.
Sie entschied sich Kinderärztin zu werden und kehrte nach Wien zurück. Ihre
Promotion machte sie 1927 und sie erhielt ihre pädiatrische Fachausbildung
an der Universitäts - Kinderklinik bei Prof. von Pirquet und an der
Kinderchirurgie bei Prof. Salzer.
In einem Interview erzählte Emmi Pikler von der Pirquet - Klinik, mit einer
guten Heilungsstatistik, da man wenig Medikamente verwendete und sich auf
die Erziehung der Kinder konzentrierte. Jeder angehende Arzt verbrachte
eine Zeit lang im Pflegedienst und lernte auch in der Milchküche das Essen
für Säuglinge zuzubereiten.
Auch Prof. Salzer in der Kinderchirurgie legte Wert darauf, dass die Kinder bei
Untersuchungen nicht aus Angst weinten.
Emmi Pikler praktizierte in den 30er Jahren als Familienärztin in Budapest.
Nach dem 2. Weltkrieg gründete sie das Kinderheim Loczy, heute das Pikler -
Institut. Dieses leitete sie bis 1978.
Emmi Pikler verstarb im Jahre 1984 nach kurzer schwerer Krankheit in
Budapest.
Diplomarbeit von Eva Griesebner 5
2.2 Das Loczy
Das Loczy ist ein Säuglingsheim in Ungarn und wurde im Jahre 1946
gegründet.
Damals wurde diese Einrichtung gegründet um verwaisten Neugeborenen ein
zu Hause und ihnen die Möglichkeit zu geben gesund aufwachsen zu können.
Im Loczy gab es 70 Plätze und die Kinder blieben im Durchschnitt ein Jahr im
Säuglingsheim.
Um diesen Kindern eine annähernd normale Entwicklung zu ermöglichen,
bestand das Augenmerk darauf, dass eine entsprechende Beziehung
zwischen Pflegerin und Säugling während der Pflege erreicht wurde. So war
die Art und Weise der Pflege wichtig, wie die Pflegerin dem Kind das Essen
anbietet und wie der Säugling das annimmt.
Wichtig dabei war auch, dass die Kinder immer die gleichen Bezugspersonen
hatten die nicht ausgewechselt wurden.
Um der Pflegerin und dem Baby die Möglichkeit zu geben in der Pflege genug
Zeit zu haben, betreute eine Pflegerin 8 bzw. 9 Kinder. Um diese spezielle
Aufmerksamkeit während der Pflege gewährleisten zu können, wurde den
Säuglingen genug Raum zum selbstständigen, freien Spiel, als auch um sich
ausruhen zu können gegeben. Das heißt, die Säuglinge wurden in ihrer
Bewegung von den Pflegerinnen weder gefördert noch dazu angehalten eine
Bewegung auszuführen, die es selbstständig noch nicht ausführen konnte.
Jede Pflegerin führte Aufzeichnungen über die Kinder, die es zu betreuen
hatte. Somit wurde sicher gestellt, dass die Kinder vor Hospitalismus bewahrt
wurden und ihnen eine normale Entwicklung ermöglicht wurde. Die Säuglinge
im Loczy entwickelten sich normal und zeigten keine Zeichen von
Hospitalismus wie etwa Kinder anderer Heime.
Das Lozcy wurde aus finanzpolitischen Gründen geschlossen. Es wurde vom
Staat nicht mehr unterstützt.
Diplomarbeit von Eva Griesebner 6
3 BEWEGUNGSENTWICKLUNG UNTER DEN BEDINGUNGEN
IM LOCZY
Als Emmi Pikler die Leitung des Loczy übernahm, wurden die Säuglinge in
der Bewegungsentwicklung in keine Positionen gebracht die sie noch nicht
selbst einnehmen konnten.
Die Babys wurden immer am Rücken hingelegt, ob beim Schlafen oder
Spielen. Von dieser Lage aus zeigten die Säuglinge / Babys ihre eigene
Initiative indem sie selbstständig ihre Position veränderten.
Die Säuglinge werden in deren Grundposition, also am Rücken liegend im
Arm getragen und nur beim Aufstoßen für ein bis zwei Minuten gut stützend
aufrecht gehalten. Das Baby wird auch nicht auf den Bauch gelegt, nur für die
Zeit wenn es nach dem Baden abgetrocknet oder angezogen wird. Oder
wenn es bei Untersuchungen notwendig ist.
Das Kind wird nicht aufgesetzt, solange es noch nicht selbstständig sitzen
kann, oder aufgestellt, wenn es selbst nicht aufstehen kann.
Die Kinder werden in der Entwicklung nicht ermutigt, die selbstständigen
Bewegungsversuche werden lediglich beobachtet.
Sollte sich das Kind selbst in eine neue Position gebracht haben, wird es im
ersten Moment selbst überrascht sein und vielleicht nach kurzer Zeit zu
schreien beginnen. Dann sollte man das Kind ansprechen und wieder in seine
Ausgangsposition, die Rückenlage bringen um ihm Sicherheit zu geben.
Als Vorraussetzung zu dieser Selbstregulation ist eine gute Bindung zwischen
Bezugsperson und Kind von großer Bedeutung. Das heißt, dem Kind wird
Orientierung und Halt gegeben. Ist diese vorhanden kann das Baby Interesse
am eigenen Körper und an der Umgebung zeigen und wird auch in der Lage
sein nach einer intensiven Spielphase oder einer neu gewonnenen Erfahrung
(wie etwa ein Positionswechsel) selbstständig wieder zur Ruhe zu kommen.
Diplomarbeit von Eva Griesebner 7
Ist das Baby schon in der Lage alleine zu sitzen / gehen begibt es sich immer
in eine sichere Position um zu spielen.
Ein Beispiel:
Erst wenn es sich im Sitzen ganz sicher ist, wird das Kind auch im Sitzen
spielen.
Der Säugling wird die neu gefundene Lage immer wieder üben ( etwa bevor
es frei steht, geht es immer wieder in die Hocke oder bückt sich ) um auf
etwaige Zwischenfälle, wie Hinfallen reagieren zu können.
Dabei ist aber zu beachten, dass die Elternteile durch die sichere Bewegung
das Kind nicht ohne Aufsicht lassen. Die Säuglinge sind durch das
selbstständige Spielen zwar nicht direkt auf die Eltern angewiesen, doch es
benötigt die Nähe der Vertrauensperson, weil es nur dann so aktiv wird,
wenn es sich geborgen fühlt. Das Kind muss nicht bespielt werden und auch
nicht unter ständigem Blickkontakt der Eltern stehen. Verlässt die
Bezugsperson für kurze Zeit den Raum, wird das Kind informiert. Die ständige
Anwesenheit der Eltern ist also prinzipiell nicht erforderlich. Das zufriedene
Kind kann sich in seiner sicheren Umgebung (Spielgitter) in die eigene
Spielwelt vertiefen und dann zufrieden wieder auftauchen.
Um die Bedürfnisse des Kindes auch erkennen zu können ist es von großer
Bedeutung dem Kind bewusst zuzusehen und zuzuhören.
Die Kinder im Loczy sind in ihrer Bewegung aktiver , da sie den Platz aus
eigener Initiative häufiger wechseln als Kinder die in Position gebracht
werden. Die Kinder im Loczy begannen jedoch im Durchschnitt später zu
gehen.
Diplomarbeit von Eva Griesebner 8
4 FREIE BEWEGUNGSENTWICKLUNG
Grundsätzlich sei an dieser Stelle anzumerken, dass alle Zeitangaben nur
relativ sein können, vielmehr soll dargestellt werden, wie der Säugling seine
Möglichkeiten in seiner unmittelbaren Umgebung auszuloten und für sich zu
nutzen lernt.
Es sei auch gesagt, dass getroffene Aussagen in Bezug auf die
Bewegungsentwicklung grundsätzlich auf gesunde Säuglinge und Kleinkinder
zutrifft.
Eltern, wie auch ich, fragen sich immer wieder, lege ich mein Kind auf den
Rücken, die Seite oder den Bauch?
Bei Emmi Pikler sind nicht nur die großen Entwicklungsschritte (Kopfhalten,
auf den Bauch drehen und wieder zurück, sitzen, krabbeln, stehen, gehen)
wichtig, die ich in meiner Ausbildung als Pädagogin gelernt habe, sondern vor
allem, wie schafft der Säugling von sich aus in den nächsten großen
Entwicklungsschritt. Wie gesagt, es kommt also auch auf die vielen wichtigen
Zwischenschritte an. Durch die selbstständige Bewegungsentwicklung kommt
es immer wieder zu diesen so wichtigen Zwischenschritten, die es übt und
somit von Mal zu Mal sicherer wird. Erst danach wird eine neue Lage
eingenommen.
Ein Beispiel:
Wie kommt das Kind von der Rückenlage in die Bauchlage?
Für das Kind bedeutet das monatelanges Üben. Vom Rücken zur Seite
drehen und wieder zurück, in der Seitenlage spielen, dann dreht es sich auf
den Bauch …..
Im weiteren Verlauf beschreibe ich alltägliche Bewegungen die ohne Hilfe von
Erwachsenen oder spezifischen Geräten vom Kind geübt werden.
Diplomarbeit von Eva Griesebner 9
4.1 Rückenlage (eine Horizontallage)
Die Rückenlage wurde von Frau Pikler als Grundhaltung des Neugeborenen
angesehen, um dem Säugling bereits unmittelbar nach der Geburt die
Möglichkeit zu geben, sein Gleichgewicht selbst zu finden. Das liegt
zumindest teilweise außerhalb der allgemeinen schulmedizinischen Meinung,
wo die Bauchlage überwiegend propagiert wird. Mediziner argumentieren
damit, dass sich das Becken des Säuglings
in Bauchlage besser ausbilden könne,
während das in Rückenlage nicht so ideal
funktioniere. Auch hier kommen die
Beobachtungen Emmi Piklers wieder ins
Spiel, sie hat durch jahrelange
dokumentierte Untersuchungen an Säuglingen und Kleinkindern feststellen
können, dass es für die Ausbildung des Beckens keine Rolle spielt, wie das
Kind liegt.
Im Gegensatz zur Bauchlage, ist es dem Säugling in der Rückenlage von
Anfang an möglich, seine Arme und Beine frei zu bewegen, zuerst noch
unkoordiniert - das Kind erschrickt selbst davor - mit der Zeit jedoch
geordneter.
Was passiert also wenn ein Säugling am Rücken liegt?
Der Säugling ist von Beginn an in der Lage den Rumpf von einer Seite auf
die andere zu drehen und von der Unterlage anzuheben.
Mit der Zeit kommt es zu einer Schlängelbewegung des Rumpfes, das wird
als Zufallsbewegung im Neugeborenenalter bezeichnet.
Die Muskulatur der Arme und Beine wird immer kräftiger, so dass das Kind
sich mit den Beinen von der Unterlage abstößt und sich mit den Füßen
kopfwärts und durch seitliche Schrittbewegungen im Kreis schiebt, das
Neugeborene kann somit seinen Platz wechseln was bereits einen wichtigen
Zwischenschritt in der Bewegungsentwicklung darstellt.
Diplomarbeit von Eva Griesebner 10
4.2 Seitenlage (eine Horizontallage)
Der Säugling beginnt sich nun auf die Seite zu drehen indem er mit Hilfe der
Arme und Beine seinen Rumpf dreht.
In dieser Position kann er den Kopf wie auch den Rumpf nach vorne oder
hinten bewegen. Der Kopf kann dabei schon kurze Zeit angehoben werden.
Der Rumpf kommt in eine Streck - oder Beugeposition.
Der obere freiliegende Arm kann gut bewegt werden und das Neugeborene
kann mit beiden Armen hantieren.
Das obere Bein ist frei beweglich, solange es nicht zur Unterstützung benötigt
wird.
Das Kind dreht sich von der Seitenlage mit Hilfe einer Drehung des Kopfes
und der Arme bzw. der Beine und des Beckens auf den Bauch. Durch das
Drehen von Kopf und Brustkorb bzw. des Beckens manövriert es sich mit
Schwung, unterstützt durch seine Beine, wieder auf den Rücken.
Von der Seitenlage aus
versucht der Säugling
immer wieder, durch
Heben von Kopf und
Brustkorb und durch
Abstemmen seines
Unterarmes vom Boden in den seitlichen Ellbogenstütz zu gelangen.
Diplomarbeit von Eva Griesebner 11
4.3 Bauchlage (eine Horizontallage)
Befindet sich das Kind in der Bauchlage ist es schon in der Lage seinen Kopf
hoch zuhalten. Das Baby liegt mit dem Rumpf auf der Unterlage auf, die Arme
und Beine werden mehr oder weniger als Unterstützungsfläche und zum
beibehalten des Gleichgewichtes benötigt. Kann das Kind sich mit den
Unterarmen schon abstützen, ist nicht nur der Kopf sondern auch der obere
Brutkorb angehoben.
Die Bauchlage ist ausgreift, wenn sich der Säugling nur mehr auf einen
Unterarm oder eine Handfläche stützt. Zum Ausruhen
legen die Babys den Kopf auf die Unterlage.
Der Kopf ist in der Bauchlage frei beweglich und kann in
alle Richtungen gedreht werden. Der Rumpf kann nach
beiden Seiten gebeugt später auch gedreht werden.
Die Arme sind mehr oder weniger frei beweglich, und
werden gegebenenfalls zur Unterstützung benötigt. Wird
nur ein Arm zur Unterstützung benötigt, ist der zweite frei
beweglich.
Die Unterschenkel können in Bauchlage grundsätzlich frei bewegt werden.
Das Kind kann auch Kopf, Arme und Beine gleichzeitig von der Unterlage
abheben und diese Position einige Sekunden lang halten.
Der Säugling kann seinen Platz in der Bauchlage wechseln, indem er
kreisförmig rutscht, sich vom Bauch auf den Rücken und zurückdreht, er rollt
oder am Bauch kriecht in dem er den Rumpf mit Hilfe der Arme nach vorne
zieht und dann die Arme vorzieht oder mit den Zehen und Beinen abstößt und
diese Bewegung wiederholt. Diesen Platzwechsel kennt man auch als
“Robben”. Durch dieses “Bauchkriechen” kann das Baby in etwas hinein -, auf
etwas hinauf - oder von etwas herunterkriechen.
Das Kind kann sich von der Bauchlage aus in andere Positionen begeben,
wie auf die Seite, in den Ellenbogenstütz, in den abgestützten Seitsitz indem
es sich auf die ausgestreckten Arme stützt und sich zur Seite dreht, die Arme
Diplomarbeit von Eva Griesebner 12
abhebt und die Beine beugt. Es kann sich aber auch in den Knie - Händestütz
begeben, wenn es die Knie unter den Bauch zieht, den Rumpf abhebt und
sich auf die Unterarme und die Knie stützt.
Im Folgenden sollen wichtige Zwischenschritte bei der
Bewegungsentwicklung beschrieben werden, diese werden unter dem Begriff
Übergangspositionen zusammengefasst:
4.4 Seitlicher Ellbogenstütz und abgestützter Seitsitz
Da beide Varianten - der seitliche Ellbogenstütz und der abgestützte Seitsitz -
im unmittelbaren Verlauf der Bewegung in der
sitzenden Position enden, habe ich diese hier unter
einem Punkt zusammengefasst.
Das Kind liegt - aus der Bauchlage oder der
Rückenlage kommend - beim Ellbogenstütz seitlich
auf einen Unterarm oder Ellenbogen gestützt. Der
Ellbogenstütz ist die erste Phase des Aufsetzens und
resultiert im Wesentlichen aus der Seitenlage..
Der Kopf ist dabei frei beweglich und das Baby kann den Rumpf nach vorne
und hinten drehen. Der obere Arm und das obere Bein können frei bewegt
werden und werden benützt, um das Gleichgewicht zu behalten.
Das Kind kann sich aus dieser Position wieder zurück auf die Seite, den
Rücken oder den Bauch drehen.
Sobald das Kind in der Lage ist, sich mit gestrecktem Arm auf die
Handflächen abzustützen, sowie den Oberkörper von der Unterlage
abzuheben sodass sich der Schwerpunkt auf eine Gesäßhälfte verlagert, wird
das als “abgestützter Seitsitz” bezeichnet.
Beim abgestützten Seitsitz kommt hinzu, dass das Kind in den Knie -
Händestütz wechseln kann, wenn es den Rumpf dreht, das Gesäß abhebt
und sich somit auf die Hände und Knie stützt.
Diplomarbeit von Eva Griesebner 13
Das Kind kann sowohl aus dem Ellbogenstütz als auch
aus dem abgestützten Seitsitz in die sitzende Position
wechseln.
Zum Sitzen kommt das Kind vom Ellbogenstütz wenn es
sich mit Unterarm und Hand von der Unterlage abstützt
und den Rumpf aufrichtet.
Aus dem abgestützten Seitsitz gelangt es zum Sitzen
indem es die Rumpflast auf beide Gesäßhälften verlagert. Umgekehrt ist aus
sitzender Position sowohl ein Wechsel in den seitlichen Ellbogenstütz als
auch in den abgestützten Seitsitz möglich.
4.5 Knie - Händestütz
Das Kind stützt sich beim Knie - Händestütz auf den
Knien und Händen ab, dabei ist der Rumpf völlig vom
Boden abgehoben, Ausgangsposition ist der
“abgestützte Seitsitz”
Der Knie - Händestütz bleibt bis zum Gehen die
Ausgangsstellung des Platzwechsels.
In dieser Position kann das Kind einen Arm und ein
Bein meistens gegenseitig (rechter Arm, linkes Bein und umgekehrt), kurz
anheben.
Bevor das Kind beginnt den Platz zu wechseln, übt es Schaukelbewegungen
nach vorne und hinten um sein Gewicht zu verlagern.
Vom Knie - Händestütz ausgehend beginnt das Kind auf den Knien und
Händen zu krabbeln.
Das Krabbeln kommt nach dem Bauchkriechen aber vor dem Bärengang und
dem Gehen.
Auch wenn Kinder schon gehen können, krabbeln sie noch häufig beim
Spielen, weil die eine sichere und bis dahin vielgeübte Position darstellt.
Diplomarbeit von Eva Griesebner 14
Aus dieser Position kann das Kind sich auf den Bauch legen, sich in den
abgestützten Seitzsitz setzen, sich aufsetzen, sowie in den Kniestand
begeben, wenn es das Gewicht auf die Knie und Unterschenkel verlagert und
den Rumpf aufrichtet.
Aus dem Knie- Händestütz hockt sich das Kind hin , indem es das Gewicht
auf die Fußsohlen verlagert, den Rumpf aufrichtet und seine Hände hochhebt.
4.6 Bärenstellung
Das Kind befindet sich in der Bärenstellung, wenn es sich auf seine Hände
und Fußsohlen abstützt und dabei die Arme und
Beine gestreckt hält. Manchmal stützt sich das
Kind mit dem Kopf am Boden ab, da der kopf in
dieser Position tiefer liegt als das Becken.
Das Baby bewegt sich im Bärengang vorwärts, so
dass es Hände und Fußsohlen diagonal nach vorne setzt.
Die Bärenstellung ist neben den bereits behandelten verschiedenen
Positionswechseln eine weitere Variante um sich fortzubewegen. Von
Besonderer Wichtigkeit für das Kind ist diese Fortbewegungsmöglichkeit
insbesondere beim Überwinden von Stufen.
Das Kind gelangt vom Bärengang in den Knie - Händestütz, es kann sich
hinhocken und sich freihändig zum Stehen aufrichten. Zum Aufstehen spreizt
es die Beine und richtet den Rumpf auf, es hält sich anfangs an einem
stabilen Gegenstand fest, später kann es freihändig aufstehen.
Diplomarbeit von Eva Griesebner 15
4.7 Kniestand
Beim Kniestand wird der Rumpf aufgerichtet und über den Knien
ausbalanciert. Die Füße unterstützen beim
Gleichgewichthalten. Zu Beginn werden die Hände
zum Halten des Gleichgewichtes an einem
Gegenstand abgestützt, später kniet das Kind
freihändig.
Vom Kniestand aus wechselt das Kind den Platz,
wenn es abwechselnd die Knie belastet und das
entlastete Knie nach vorne bewegt.
Das Kind setzt sich beim Spielen auf die Fersen oder
zwischen die Fersen und verlagert das Gewicht auf das Gesäß.
Es kann sich an einem stabilen Gegenstand festhaltend aufrichten und sich
wieder in den Kniestand begeben.
4.8 Hocken
In der Hocke befindet sich das Baby auf den Knien sowie
den Unterschenkeln und balanciert mit den Fußsohlen das
Gleichgewicht aus. Der Rumpf ist leicht nach vorne
gebeugt, das Gesäß befindet sich dicht am Boden. Aus
dem Kniestand gelangt das Kind in die Bärenstellung und
aus dieser Position richtet es sich zum freihändigen
Hocken auf.
Das Kind gelangt aus der Position des Hockens ins Sitzen, es stellt sich hin
indem es sich an einem Gegenstand festhält und steht später vollkommen
freihändig auf.
Diplomarbeit von Eva Griesebner 16
4.9 Sitzen
Beim Sitzen wird der Rumpf über den Sitzbeinhöckern ausbalanciert, dabei
werden sie durch die gebeugten oder gestreckten
Beine unterstützt. Sitzen die Kinder auf einer Erhöhung
(ähnlich eins Hockers) gibt ihnen die Berührung der
Fußsohlen am Boden Sicherheit und hilft beim Halten
des Gleichgewichtes.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten wie das Kind sitzen
kann.
Beispiel: Seitsitz - beide Beine zur gleichen Seite gerichtet.
Sitzt am Gesäß - ein Kniegelenk gestreckt, anderes Bein nach
innen gebeugt
Langsitz - beide Beine ausgestreckt nach vorne
Allen Beispielen gemein ist, dass beide Hände jeweils frei beweglich sind,
also nicht mehr zur Abstützung benötigt werden und so zum Spielen
eingesetzt werden können.
Im Sitzen ist der Rumpf ebenfalls frei beweglich und kann sich nach allen
Seiten drehen.
Aus dem Sitzen gelangt das Baby in den abgestützten Seitsitz, in den
Ellenbogenstütz, kommt in den Knie - Händestütz und kann sich wenn es sich
an einem Gegenstand festhält zum Kniestand aufrichten.
Von einer Sitzerhöhung aus, ist es dem Kind möglich freihändig aufzustehen
und wieder hinzusetzen.
Diplomarbeit von Eva Griesebner 17
4.10 Stehen
Das Kind steht wenn es sich ganz oder teilweise aufrichtet und dabei das
Gleichgewicht mit den Fußsohlen und einem breitbeinigen Stand
ausbalanciert. Am Anfang hält sich das Kind mit beiden Händen fest um das
Gleichgewicht halten zu können. Solange es sich noch festhält wird das
Beugen und Strecken der Knie - und Hüftgelenke geübt.
Wenn das Kind steht versucht es, sich festhaltend einige Schritte zu machen.
Kann das Baby sich mit aufgerichtetem Rumpf selbstständig fortbewegen,
und das Gewicht bei jedem Schritt verlagern und benötigt keinen Gegenstand
zum Festhalten kann es gehen. Die ersten Versuche des freien Gehens sind
noch unsicher und es wird mit Armen und Händen balancieren.
Sicheres Gehen ist gegeben, wenn das Kind während des Gehens die
Richtung wechseln kann und die Aufmerksamkeit nicht mehr auf jeden
einzelnen Schritt liegt.
Aus der Position des Stehens kann sich das Kind hinhocken, hinknien, sich in
die Bärenstellung begeben, sich setzen und wieder aufstehen.
Es zeigt sich also, dass es mit dem Erreichen der Horizontallagen für das
Kind noch lange nicht getan ist. Es braucht die
wichtigen Erkenntnisse aus den beschriebenen
Übergangspositionen für die Entwicklung. Aus
dieser Überlegung heraus scheint Emmi Piklers
Theorie der selbstständigen Bewegungsentwicklung
durchaus plausibel, denn würde man dem Kind
permanent jede neue Bewegung “vorkauen” nimmt
man dem Kind die Möglichkeit, an seiner
Persönlichkeitsentwicklung maßgeblich beteiligt zu sein. Bereits im
Säuglingsalter macht es wichtige Erfahrungen im Umgang mit dem eigenen
Körper.
Diplomarbeit von Eva Griesebner 18
5 ÄUßERE BEDINGUNGEN
Damit sich das Kind gut und frei bewegen kann, benötigt es angenehme nicht
einengende Kleidung. Bei Säuglingen sollten sich die Gliedmaßen frei
bewegen können. Dafür passend sind gerade bei einem Neugeborenen
Schlafsäcke oder ein Steckkissen. Dem Kind ist darin warm und es ist, wenn
der Schlafssack nicht zu klein ist, in der Bewegung nicht eingeschränkt.
Beginnt das Baby sich auf die Seite zu drehen, braucht es eine Strampelhose,
damit ist es in der Drehbewegung nicht behindert wird.
5.1 Räumliche Umgebung
Wenn für das Kind ein Raum eingerichtet wird, ist darauf zu achten, dass es
einen Platz zum Ausruhen und Schlafen gibt und einen anderen fixen Bereich
zum Spielen bekommt.
Die Unterlage / Matratze sollte nicht zu weich und nachgiebig sein. Das Kind
nimmt dadurch seinen Körper gut wahr und kann das Gleichgewicht besser
halten. Das Baby benötigt dabei auch kein Kissen. Ist das Kind in einem
Spielgitter am (Holz-) Boden, benötigt es nur eine Baumwolldecke als
Unterlage.
Wenn der Spielgitter den immer gleichen Platz im Raum behält, wird dem
Kind ein Rahmen zur Orientierung, Sicherheit und Wiedererkennbarkeit
geboten.
Das Neugeborene benötigt in den ersten Lebenswochen noch keinen
Spielbereich am Boden, viel wichtiger ist eine geschützte Umgebung. Das
heißt, das Kind bekommt einen eigenen Bereich (Bettchen) in Hörweite der
Bezugsperson.
Der Säugling kann das erste Mal nach 6 -7 Wochen kurze Zeit auf den Boden
/ Spielbereich gelegt werden, da es durch die ungewohnten Anforderungen
und die neue Umgebung rasch ermüdet. Mit der Zeit kann man die Phasen im
Spielgitter verlängern.
Diplomarbeit von Eva Griesebner 19
Das Spielgitter sollte für den Säugling eine Größe von 120x120 cm groß sein
und mit einem Stillkissen ausgestattet sein, welches dem Kind Sicherheit
bietet .
Sobald das Kind in der Lage ist seinen Platz nur gering zu ändern, bekommt
es ein Spielgitter in der Größe von 2x2 m.
Der Platz an dem der Spielbereich des Kindes eingerichtet ist, sollte etwas
abseits gestellt sein, aber doch so, dass das Kind die Vertrauensperson im
Raum hören und sehen kann und die Sicherheit hat, jemand ist da.
Beginnt das Kind zu robben, hat der begrenzte Bereich ausgedient und das
Kind benötigt eine größere freie Fläche, die trotzdem vor etwaigen Gefahren
geschützt sein soll.
Im Sommer sollte das Kind die Möglichkeit haben sich im Garten ebenfalls in
einem begrenztem Raum, frei bewegen zu können. Optimal wäre es, wenn
das Kind wenn es warm genug ist dabei wenig / keine Kleidung trägt, für das
Kind besteht dadurch die Möglichkeit seine Umgebung mit allen Sinnen
kennen zulernen und zu erforschen.
5.2 Spielmaterialien
In den ersten Lebensmonaten benötigt das Neugeborene keine
Spielmaterialien. Es lernt zuerst sich selbst wahrzunehmen, seine Arme und
Beine, seine Hände und Füße.
Zwischen der achten und zwölften Lebenswoche beginnt das Kind seine
Hände anzusehen. Bald darauf entdeckt der Säugling, dass die Hände zu
seinem Körper gehören und er sie bewusst benützen kann. Durch diese
Fähigkeit erlernt das Kind das koordinierte Greifen.
Spielzeug kann ab dem 3.Lebensmonat angeboten werden. Dazu später
mehr.
Diplomarbeit von Eva Griesebner 20
Die Sicherheit spielt bei der Auswahl des Spielmaterials eine wichtige Rolle,
da das Kind dieses in den Mund nimmt und damit viel hantiert.
Die Spiele sollten keine verschluckbaren Kleinteile ( Bsp: Knopfaugen an
einem Teddybär) besitzen, einfach, leicht sauber zumachen und stabil sein.
Eine Auswahl an unterschiedlichen Materialangeboten, Größen und Formen
sollte dem Kind angeboten werden.
Das Kind sollte sein Spielmaterial leicht zur Verfügung haben, um ein Gefühl
für die Eigenschaften des Materials, wie die Oberflächenbeschaffenheit, die
Farbe und die Größe zu bekommen.
Keineswegs braucht es sich dabei um teure Dinge handeln. Anfangs reicht
beispielsweise ein einfaches Tuch in einer kräftigen Farbe. Grundsätzlich sei
hier anzumerken, dass es nicht um Quantität geht, sondern vielmehr darum,
dem Kind Möglichkeiten darzulegen, die es im Spiel aufgreifen kann.
Das Spielzeug sollte in einer gewissen Ordnung bereitgestellt werden. Spielt
das Kind eine Zeit lang damit sollte man die Spiele in Abständen wieder
anordnen.
Abb. 2
Durch die neu erlernten Bewegungsmöglichkeiten sammelt das Kind
Erfahrungen mit ihm schon bekannten Spielzeug und lernt sich zwischen
einzelnen Dingen bewusst zu entscheiden. Es wird mit fortschreitendem Alter
daher eine grössere Auswahl an Spielsachen mit unterschiedlicher Handhabe
und verschiedenartiger Wirkung benötigt. Um das Interesse des Kindes
immer wieder zu entfachen, ist die Aufgabe der Bezugsperson das verstreute
Diplomarbeit von Eva Griesebner 21
Spielzeug neuerlich zu ordnen. Die Gegenstände sollten dem Kind nicht direkt
in die Hand gegeben oder aktiv vorgezeigt werden, das Kind soll selbst
erkunden. Unterstützend kann - besonders im frühen Stadium - aber das
Ablegen des jeweiligen Spielzeuges im Blickfeld des Kindes wirken, was
später durch die immer besser werdende Mobilität des Kindes in den
Hintergrund rücken kann.
Grundsätzlich streift das Thema “Bewegungsentwicklung” aber auch den
Bereich der Spielumgebung - Greifen, Sehen, sich auf Dinge zu bewegen.
Ich möchte an dieser Stelle nicht näher auf das Thema Spielmaterial
eingehen, da das freie Spiel ein sehr umfassender Bereich ist.
6 HOSPITATION EINES SPIELRAUMES
Anfangs möchte ich meine Beweggründe zur Hospitation eines Spielraumes
erläutern.
Für mich war es wichtig zu erfahren, wie Frau Zesar- Bermair die Kinder in
ihrer freien Bewegung begleitet und ihnen Sicherheit und Orientierung gibt, da
ich, wie ich in meinem Resümee noch erwähnen werde im Kindergarten
Bewegungslandschaften anbiete und diese auch ähnlich einem Spielraum
aufbauen möchte.
Bei der Hospitation konnte ich erfahren, wie man in eine Situation eingreifen
kann, ohne das Kind an seiner ausführenden Bewegung zu hindern, jedoch
trotzdem die eigene Erwartung dem Kind gegenüber begreiflich zu machen,
dass es diese auch umsetzt: Es gab eine Situation, wo ein ca. 2 Jahre altes
Mädchen einen Dreieckständer erklommen hat. Das Kind hat sich mit einer
Hand festgehalten und wollte das Klettergerüst über die andere Seite wieder
verlassen. Frau Zesar - Bergmair war in diesem Moment der Meinung, dass
das Mädchen sich mit beiden Händen festhalten sollte. Frau Zesar - Bergmair
ging also zum Kind hin, kniete auf Augenhöhe mit dem Mädchen nieder und
sprach es direkt an: “ Ich sehe du stehst auf der obersten Sprosse und hältst
dich mit einer Hand fest. Ich möchte, dass du dich mit beiden Händen
festhältst!”
Diplomarbeit von Eva Griesebner 22
Das Interessante an dieser Situation war für mich, dass Frau Zesar -
Bergmair ihre eigenen Gefühle dem Kind gegenüber ausgedrückt hat und das
Mädchen diese “Ich - Botschaft” sofort aufgenommen und umgesetzt hat.
Mir wurde bewusst, wie ich meine Gefühle zum Ausdruck bringen kann, vor
allem aber, wie wichtig es ist selbst authentisch zu sein, ohne gleich eine
“Drohung” aussprechen zu müssen (“ wenn du die zweite Hand nicht nimmst,
fällst du herunter”)
6.1 Spielraum
Der Spielraum gibt Kindern die Möglichkeit selbstständig zu forschen, zu
entdecken und zu experimentieren.
Er bietet den Eltern die Eigeninitiative des Kindes zu beobachten und
einschätzen zu lernen. Allem gemeinsam ist aber, mit dem Kind Freude am
selbständigen Tun zu erleben.
Durch die Anwesenheit der Eltern und das Interesse am Tun ihres Kindes
verspüren diese Sicherheit. Die Eltern sollten aber nicht in das
Spielgeschehen der Kinder eingreifen, sondern am Rande beobachten und
falls nötig für das Kind da sein, das Kind trösten, Nähe und Kontakt geben.
Im Spielraum hat jedes Kind die Chance sich im eigenen Tempo in der
vorbereiteten Umgebung einzufinden.
Die Umgebung im Spielraum wird dem Entwicklungsalter der Kinder
entsprechend vorbereitet. Kinder sind entsprechend ihres
Entwicklungsstandes in Gruppen zusammengefasst, das heißt, sie können
ohne von älteren oder jüngeren Kindern gestört zu werden, spielen.
Diplomarbeit von Eva Griesebner 23
6.1 Beobachtung und Reflexion
Ich durfte bei Frau Mag. Birgit Zesar - Bergmair in einem Spielraum mit 6
Kindern im Alter von 21 - 25 Monaten hospitieren.
Birgit Zesar - Bergmair begleitet Kinder im Alter von 5 - 10 Monaten, von 11 -
18 Monaten, von 19 - 30 Monaten und von 2,5 - 3,5 Jahren.
Die Gruppengröße ist mit maximal 7 Kindern mit einer Raumgröße von ca. 40
m² begrenzt, die Kinder von 2,5 - 3,5 Jahren sind in einem größeren Raum (
ca. 70 m² ) untergebracht. Die Spielraumgruppe dauert pro Einheit 1 ½
Stunden, Eine Jausenpause gibt es nach einer ¾ Stunde.
Die Kinder tragen bequeme Kleidung und sind barfuss ( nur mit Legwarmers )
im Spielraum unterwegs. Frau Zesar - Bergmair gibt den Kindern
Orientierung in Form von Präsenz und verbaler Unterstützung. Ist die
Pädagogin gerade in einer Begleitung und es kommt zu einer Situation wo
Begleitung erforderlich ist, geht ein Elternteil hin. Die Kinder werden nicht zum
Spielen animiert. Die Eltern beobachten ihre Kinder, spielen aber nicht mit.
Sollte sich ein Kind von einem Elternteil nicht trennen wollen, setzt Frau Zesar
- Bergmair auf das Gespräch. Dem Kind wird die Wahl selbst überlassen, ob
es beim jeweiligen Elternteil bleibt oder ob es sich selbstständig frei im Raum
bewegen will. Frau Zesar - Bergmair führt in diesem Fall ein Gespräch mit
dem Elternteil, und bespricht, inwieweit diese Situation für ihn in Ordnung ist:
Eine Mutter kam mit ihrem 23 Monate alten Sohn in den Spielraum. Nach der
Geburt ihres zweiten Kindes ist die Mutter das erste Mal wieder mit ihrem
Sohn gekommen. Der Bub suchte unentwegt den Körperkontakt zu seiner
Mama. Als die Mutter den Raum in Richtung Toilette verlassen wollte,
entschied sie sich, den Sohn im Spielraum bei Frau Zesar - Bergmair zu
lassen. Der Bub weinte heftig lief seiner Mutter aber nicht nach, sondern
suchte engen Körperkontakt zu Frau Zesa - Bergmair. Sie hat seine Gefühle
und sein Weinen gespiegelt. Der Junge beruhigte sich schon nach kurzer
Zeit. Als die Mutter wieder zurück kam, hat sich die Situation weiter entspannt
und der Bub spielte in ihrer Nähe.
Es war interessant zuzusehen, wie toll Kinder (in diesem Alter) selbstständig
arbeiten und sich auch teilweise schon gegenseitig austauschen.
Diplomarbeit von Eva Griesebner 24
Ich ging zu Frau Zesar - Bergmair mit dem Gedanken, dass im Spielraum alle
Kinder ruhig und vertieft spielen würden - ich wurde eines Besseren belehrt.
Der grösste Teil in der Bewegungsentwicklung ist bei Kindern im Alter von ca.
25 Monaten bereits abgeschlossen, es geht eigentlich nur um die
Verfeinerung der Bewegungsabläufe.
Ein weiteres Beispiel: Ein 24 Monate alter Bub war mit seinem Papa im
Spielraum. Zuhause spielt und tobt der Papa mit seinem Sohn, im Spielraum
nicht. Man konnte gut beobachten wie der Bub immer wieder versuchte
seinen Papa zum Spielen zu animieren. Er aber reflektierte “ nur” die
Aktivitäten seines Sohnes und begleitete ihn mit Worten.
Es war sehr interessant wie unterschiedlich Eltern mit dieser Situation
umgehen, nicht aktiv zu werden.
Angesprochen auf die Lebendigkeit im Spielraum fragte mich Frau Zesar -
Bergmair in der Reflexion, was ich darunter verstehe, wenn ein Kind in einer
vorbereiteten Umgebung wie dem Spielraum leise und ruhig ist? Die Antwort,
die sie mir vorweggenommen hat, überwältigte mich: “Dann ist das Kind tot!“
Kinder zeigen durch ihre Lebendigkeit nicht nur ihr eigenes Wesen, sie lernen
sich dabei auch selbst besser kennen.
Lebensfreude = Lebendigkeit
Durch die Möglichkeit zu hospitieren wurde mir klar wie wichtig es ist, auch in
der Arbeit als Familienmentorin, beobachten und reflektieren zu können.
Vor allem sich selbst und auch die Kinder oder den Erwachsenen in einer
Sitzung.
Die Herausforderung für mich ist, dabei intuitiv zu handeln und mich auf den
Menschen den ich vor mir habe, ganz einzulassen.
Diplomarbeit von Eva Griesebner 25
7 RESÜMEE
Ich habe mich nicht nur theoretisch intensiv mit dem Thema selbstständige
Bewegungsentwicklung auseinander gesetzt, es war mir sehr wichtig eine
Pädagogin bei der praktischen Umsetzung beobachten zu können, um dies in
meine Arbeit als Pädagogin im Kindergarten und als Mentorin mit einfließen
lassen zu können.
Im Spielraum, der dafür gedacht ist, dass Kinder ihre Bewegungsabläufe
ohne aktive Beteiligung eines Erwachsenen frei erlernen können, handelt es
sich dennoch um eine relative, freie Bewegungsentwicklung. Das zeigt das
Beispiel des Mädchens am Dreieckständer.
Es hat sich nicht nur in meiner Arbeit viel verändert, sondern auch im Umgang
mit meinen eigenen Kindern. Ich beziehe sie mit ein und respektiere nicht nur
ihre Meinung, sondern auch ihre Art wie sie sich mit Dingen auseinander
setzen. Es ist toll mit anzusehen wie die Kinder darauf reagieren, wenn sie
sich gleichberechtigt mit einem Erwachsenen fühlen.
Ich freue mich auf die Arbeit als Mentorin und werde hoffentlich das Erlernte
weiterhin gut umsetzen und verwirklichen können.
Diplomarbeit von Eva Griesebner 26
8 QUELLENNACHWEIS
• www.Pikler-Hengstenberg.at
• Zitat Titelblatt von Jacoby aus dem Buch : “ Lasst mir Zeit “ S. 9
von Emmi Pikler, Auflage 4
• “ Lasst mir Zeit “ von Emmi Pikler, 4. Auflage, Verlag Pflaum
• Doppelmodul ( Ausbildung zur Fam. Mentorin )
• Frühkindliche Förderung - Vom Säugling zum Kleinkind
• von Claudia Billinger
• “ Mein Baby entdeckt sich und die Welt - Kindliche Entwicklung
achtsam begleiten nach Emmi Pikler “ von Monika Aly,
Verlag Kösel
• Abb. 1: Foto von Emmi Pikler aus der Website: Pikler-
Hengstenberg.at
• Abb. 2: Foto mit Tuch -> aus Google suche:: Pikler Bilder
entstanden im Pikler Institut Budapest
• Foto “Baby in Rückenlage”, aus “ Lasst mir Zeit “ von Emmi
Pikler, 4. Auflage, Verlag Pflaum, Seite 193
• Foto “Baby in Seitlage”, aus “ Lasst mir Zeit “ von Emmi
Pikler, 4. Auflage, Verlag Pflaum, Seite 196
• Foto “ Baby in Bauchlage”, aus “ Lasst mir Zeit “ von Emmi
Pikler, 4. Auflage, Verlag Pflaum, Seite 200
• Foto “Baby im seitlichen Ellbogenstütz”, aus “ Lasst mir Zeit “
von Emmi Pikler, 4. Auflage, Verlag Pflaum, Seite 204
• Foto “ Baby im abgestützten Seitsitz”, aus “ Lasst mir Zeit “
von Emmi Pikler, 4. Auflage, Verlag Pflaum, Seite207
• Foto “Baby im Knie - Händestütz”, aus “ Lasst mir Zeit “ von
Emmi Pikler, 4. Auflage, Verlag Pflaum, Seite 211
• Foto “Baby in Bärenstellung”, aus “ Lasst mir Zeit “ von Emmi
Pikler, 4. Auflage, Verlag Pflaum, Seite 215
• Foto “Baby im Kniestand”, aus “ Lasst mir Zeit “ von
Emmi Pikler, 4. Auflage, Verlag Pflaum, Seite 218
Diplomarbeit von Eva Griesebner 27
• Foto “Baby im Hocken”, aus “ Lasst mir Zeit “ von Emmi
Pikler, 4. Auflage, Verlag Pflaum, Seite 222
• Foto “Baby im Sitzen”, aus “ Lasst mir Zeit “ von Emmi
Pikler, 4. Auflage, Verlag Pflaum, Seite 227
• Foto “Baby im Stehen”, aus “ Lasst mir Zeit “ von Emmi
Pikler, 4. Auflage, Verlag Pflaum, Seite 232
Top Related