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Seminar

Ausgewählte Fragen der Geldtheorie und -

politik

Prof. Dr. Jochen Michaelis

Wintersemester 2014/2015

Teil I: Einführung in die Neu-Keynesianische Makroökonomik

Ausgewählte Fragen der Geldtheorie und –politik - WS 2014/2015 Prof. Dr. Jochen Michaelis

Überblick

Vorlesungsteil:

• Einführung in die Neu-Keynesianische Makroökonomik (20.10.)

• Das monetäre Konsens-Modell (I) (27.10.)

• Das monetäre Konsens-Modell (II) (3.11.)

• Seminarteil:

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Überblick Seminarteil

1. Islamic Banking/Finance (10.11.14)

• Betreuer: JM Bearbeiter: Christian Scherf

2. Kreditzyklen: die Rolle von Liquidität und Leverage (17.11.14)

• Betreuer: JM Bearbeiterin: Desirée Schröder

3. Der Risk-Taking Channel der Geldpolitik (24.11.14)

• Betreuer: JM Bearbeiter: Dennis Herle

4. Geldpolitik an der Nullzins-Untergrenze (01.12.14)

• Betreuer: PK Bearbeiter: Till Nyenhuis

5. Sollte die Geldpolitik die Zielinflation erhöhen? (08.12.14)

• Betreuer: PK Bearbeiter: Ngoc Thuy Nguyen

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Überblick Seminarteil

8. Finanzmarktstabilität als geldpolitisches Ziel (15.12.14)

• Betreuer: Benjamin Käfer Bearbeiter:

7. Commitment: Glaubwürdigkeit und Reputation in der Geldpolitik (12.01.15)

• Betreuer: JM Bearbeiter: Adrian Meisner

8. Zentralbankkommunikation und –transparenz (19.01.15)

• Betreuer: JM Bearbeiter: Lukas Löber

9. Committees: Geldpolitik als Gruppen-Entscheidung (26.01.15)

• Betreuer: JM Bearbeiter: Nils Matthiesen

10. TARGET 2 –Salden (02.02.15)

• Betreuer: Benny Schwanebeck Bearbeiter: Andreas Rehs

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Grundlagen

Einführung in die Neu-Keynesianische Makroökonomik

Literatur:

• Clarida, Richard, Jordi Gali und Mark Gertler (1999): The Science of Monetary Policy: A

New Keynesian Perspective, Journal of Economic Literature 37(4): 1661-1707.

• Gali, Jordi (2008): Monetary Policy, Inflation, and the Business Cycle – An Introduction to

the New Keynesian Framework, Princeton University Press.

• Michaelis, Jochen (2014): Anmerkungen zur Methodik der DSGE-Modelle,

Wirtschaftswissenschaftliches Studium 43(7): 371-376.

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Grundlagen

Makro: ein Schnelldurchlauf

Geschichte der Makro in zwei Abschnitte zu unterteilen:

- vor Lucas (1976)

- nach Lucas (1976)

bis 1976:

- kleine, schöne Makromodelle wie ISLM oder Mundell-Fleming

- große, unschöne Modelle zur Konjunkturprognose

Lucas-Kritik

- Strukturparameter der Makromodelle politikabhängig, endogen

- Evaluation von Politikmaßnahmen mit demselben Modell unmöglich

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Grundlagen

Konsequenz:

Suche nach „tieferen“, politikunabhängigen Parametern

Wie geht die Makroökonomik mit der Lucas-Kritik um?

Hörsaal: Forschung:

ignorieren! Mikrofundierung der Makro

(gut so!!)

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Grundlagen

Real Business Cycle (RBC)-Modelle:

Schwankungen von Produktion und Beschäftigung können effizient sein

Erwartungen über zukünftige Größen bedeutsam

Probleme der RBC:

Jede Schwankung ist effizient

Widerspruch zu Daten eklatant

Heutige Makro übernimmt Methodik der RBC

RBC + Friktionen = DSGE

DSGE = Dynamic Stochastic General Equilibrium

Seit ca. 10 Jahren sind DSGE-Modelle state of the art in der Makro

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Grundlagen

Bausteine eines DSGE-Modells:

Haushalte als Nutzenmaximierer

Unternehmen als Gewinnmaximierer

Zentralbank: Taylor-Regel für den Zins

- rationale Erwartungen

- unendlicher Planungshorizont

- perfekte Informationen

- Märkte im Gleichgewicht

Stochastische Schocks (meist AR(1))

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Grundlagen

nochmals einen Schritt zurück:

Fünf Grundprinzipien für die Konstruktion eines monetären Makromodells

(Williamson und Wright 2010):

Prinzip #1: Microfoundations matter (Lucas-Kritik, logische Konsistenz)

Prinzip #2: Money matters (Friktionen und Imperfektionen abbilden)

Prinzip #3: Financial intermediation matters (Kapitalmärkte imperfekt)

Prinzip #4: appropriate abstraction (Modelle ebenso „unrealistisch“ wie Landkarten)

Prinzip #5: no single model (aber Konsens über Grundbausteine)

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Klassisches monetäres Grundmodell

Das klassische monetäre Grundmodell als Benchmark

Gali, Jordi (2008): Monetary Policy, Inflation, and the Business Cycle, Chap. 2

Ausgangspunkt:

• keine Marktunvollkommenheiten

• perfekt flexible Preise auf allen Märkten

• vollständige Informationen

• zwei Akteure (Haushalte und Unternehmen)

• einzige Funktion von Geld: Geld als Recheneinheit

Ziel: Entwicklung eines Maßstabs analog vollständiger Konkurrenz

spätere Abschnitte: Einführung von Imperfektionen

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Klassisches monetäres Grundmodell

Haushalte:

repräsentativer Haushalt maximiert die Zielfunktion

Welfare = F(Konsum C, Arbeitszeit N)

𝒲 = 𝑈 𝐶0, 𝑁0 + 𝛽𝐸0𝑈 𝐶1, 𝑁1 + 𝛽2𝐸0𝑈 𝐶2, 𝑁2 +⋯

𝒲 = 𝐸0 𝛽𝑡𝑈(𝐶𝑡, 𝑁𝑡)∞𝑡=0

mit 𝛽 < 1 als Diskontfaktor und 𝐸0 als Erwartungsoperator (Erw-bildung in 𝑡 = 0)

positiver und abnehmender Grenznutzen des Konsums: 𝑈𝑐 > 0 und 𝑈𝑐𝑐 < 0

zunehmendes Grenzleid der Arbeit: 𝑈𝑁 < 0 und 𝑈𝑁𝑁 < 0

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Klassisches monetäres Grundmodell

Typische Annahme über funktionale Form der Perioden-Nutzenfunktion:

(1.1) 𝒲 = 𝐸0 𝛽𝑡𝐶𝑡1−𝜎

1−𝜎−𝑁𝑡1+𝜑

1+𝜑∞𝑡=0

𝜎 = intertemporale Substitutionselastizität

Maß für die angestrebte Konsumglättung

Approximation für 𝜎 = 1: ln 𝐶𝑠

Empirie: 𝜎 ≈ 2

𝜑 = (inverse) Frisch-Elastizität des Arbeitsangebots

- Empirie: 𝜑 ≈ 3

Annahmen:

unendlicher Planungshorizont

Nutzenfunktion additiv separabel in beiden Argumenten (𝑈𝐶𝑁 = 𝑈𝑁𝐶 = 0)

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Klassisches monetäres Grundmodell

Budgetrestriktion (Periode t):

(1.2) 𝑊𝑡𝑁𝑡 + 𝑇𝑡 + 1 + 𝐼𝑡−1 𝐵𝑡−1 = 𝑃𝑡𝐶𝑡 + 𝐵𝑡

𝑊𝑡 = Lohnsatz

𝐵𝑡 = Bestand an risikolosen Wertpapieren

𝐼𝑡 = Nominalzins für ein einperiodiges WP gekauft in Periode t und gehalten bis t+1

𝑇𝑡= lump sum Zahlungen (Steuern, Transfers, Dividenden etc.)

Optimierungsproblem des Haushalts:

Maximiere Zielfunktion (1.1) unter den Nebenbedingungen (1.2)

Lösung mittels Lagrange-Verfahren

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Klassisches monetäres Grundmodell

(1.3) L =𝐶𝑡1−𝜎

1−𝜎−𝑁𝑡1+𝜑

1+𝜑+ 𝜆𝑡 𝑊𝑡𝑁𝑡 + 𝑇𝑡 + 1 + 𝐼𝑡−1 𝐵𝑡−1 − 𝑃𝑡𝐶𝑡 − 𝐵𝑡

+𝐸𝑡𝛽𝐶𝑡+1

1−𝜎

1−𝜎−𝑁𝑡+1

1+𝜑

1+𝜑+ 𝜆𝑡+1 𝑊𝑡+1𝑁𝑡+1 + 𝑇𝑡+1 + 1 + 𝐼𝑡 𝐵𝑡 − 𝑃𝑡+1𝐶𝑡+1 − 𝐵𝑡+1

+𝐸𝑡𝛽2 … +⋯

First-order conditions:

(1.4) 𝜕𝐿

𝜕𝐶𝑡= 𝐶𝑡

−𝜎 − 𝜆𝑡𝑃𝑡 = 0

(1.5) 𝜕𝐿

𝜕𝐵𝑡= −𝜆𝑡 + 𝛽𝐸𝑡𝜆𝑡+1(1 + 𝐼𝑡) = 0

(1.6) 𝜕𝐿

𝜕𝑁𝑡= −𝑁𝑡

𝜑 + 𝜆𝑡𝑊𝑡 = 0

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Klassisches monetäres Grundmodell

Optimales Arbeitsangebot

Setze (1.4) ein in (1.6):

(1.7) 𝑊𝑡

𝑃𝑡= −

𝑈𝑁,𝑡

𝑈𝐶,𝑡= 𝑁𝑡

𝜑 ∙ 𝐶𝑡𝜎 für 𝑡 = 0,1,2, …

Reallohn gleich Grenzrate der Substitution zwischen Konsum und Freizeit

Logarithmieren:

(1.8) 𝑤𝑡 − 𝑝𝑡 = 𝜑 ∙ 𝑛𝑡 + 𝜎 ∙ 𝑐𝑡

mit lowercase letters als logarithmierte Werte, z.B. 𝑤𝑡 ≡ 𝑙𝑜𝑔𝑊𝑡

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Klassisches monetäres Grundmodell

Optimaler intertemporaler Konsum:

Kauf von WP (Ersparnisbildung) optimal, wenn Nutzenrückgang infolge des verminderten

Konsums 𝐶𝑡 kompensiert wird durch Nutzensteigerung infolge eines höheren Konsums 𝐶𝑡+1.

Setze (1.4) ein in (1.5):

Beachte: 𝜆𝑡 =1

𝑃𝑡𝐶𝑡𝜎 𝜆𝑡+1 =

1

𝑃𝑡+1(𝐶𝑡+1)𝜎 𝐸𝑡𝜆𝑡+1 =

1

𝐸𝑡𝑃𝑡+1𝐸𝑡[ 𝐶𝑡+1 𝜎]

Euler-Gleichung:

(1.9) 𝐸𝑡[ 𝐶𝑡+1𝜎] = 𝛽(1 + 𝐼𝑡)

𝑃𝑡𝐶𝑡𝜎

𝐸𝑡𝑃𝑡+1

Logarithmieren: 𝜎𝐸𝑡𝑐𝑡+1 = log𝛽 + log 1 + 𝐼𝑡 + 𝑝𝑡 + 𝜎 𝑐𝑡 − 𝐸𝑡𝑝𝑡+1

𝜎 𝑐𝑡 = 𝜎 𝐸𝑡𝑐𝑡+1 − log 1 + 𝐼𝑡 + (𝐸𝑡𝑝𝑡+1−𝑝𝑡) − log𝛽

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Klassisches monetäres Grundmodell

Beachte die Definition der Inflationsrate:

𝜋𝑡+1 =𝑃𝑡+1−𝑃𝑡

𝑃𝑡 1 + 𝜋𝑡+1 =

𝑃𝑡+1

𝑃𝑡 log 1 + 𝜋𝑡+1 = 𝑝𝑡+1 − 𝑝𝑡

Für kleine Inflationsraten gilt die Approximation: log 1 + 𝜋𝑡+1 ≅ 𝜋𝑡+1

Es folgt: 𝜋𝑡+1 = 𝑝𝑡+1 − 𝑝𝑡 𝐸𝑡𝜋𝑡+1 = 𝐸𝑡𝑝𝑡+1 − 𝑝𝑡

Damit formt sich die Euler-Gleichung um zu:

(1.10) 𝑐𝑡= 𝐸𝑡 𝑐𝑡+1 −1

𝜎(𝑖𝑡 − 𝐸𝑡𝜋𝑡+1 − 𝜌)

mit 𝑖𝑡 ≡ log (1 + 𝐼𝑡) und 𝜌 ≡ − log𝛽 > 0 als Maß für die Zeitpräferenz

Konsum heute ist eine

• positive Funktion des erwarteten Konsums morgen

• negative Funktion des Realzinssatzes 𝑟𝑡 ≡ 𝑖𝑡 − 𝐸𝑡𝜋𝑡+1

• positive Funktion der Zeitpräferenz

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Klassisches monetäres Grundmodell

Firmen

Eine repräsentative Firma produziert mit folgender Technologie:

(1.11) 𝑌𝑡 = 𝐴𝑡𝑁𝑡1−𝛼 bzw. 𝑦𝑡 = 𝑎𝑡 + (1 − 𝛼)𝑛𝑡

mit 𝐴𝑡 als Stand der Technologie und 𝑎𝑡 ≡ log𝐴𝑡 häufige Annahme: 𝐴𝑡 folgt einem stochastischen Prozess, bspw. AR(1)

Faktor Arbeit hat positive und abnehmende Grenzerträge

häufig betrachteter Grenzfall: Technologie ist linear in Arbeit (𝛼 = 0)

Firma maximiert den Gewinn Π𝑡 = 𝑃𝑡𝑌𝑡 −𝑊𝑡𝑁𝑡 unter der Nebenbedingung (1.11):

(1.12) 𝜕Π𝑡

𝜕𝑁𝑡= 𝑃𝑡 1 − 𝛼 𝐴𝑡𝑁𝑡

−𝛼 −𝑊𝑡 = 0

Preise und Löhne werden als gegeben angenommen (vollständige Konkurrenz)

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Klassisches monetäres Grundmodell

Grenzproduktivitätsentlohnung:

(1.13) 𝑊𝑡

𝑃𝑡= 1 − 𝛼 𝐴𝑡𝑁𝑡

−𝛼

in logarithmierter Form:

(1.14) 𝑤𝑡 − 𝑝𝑡 = 𝑎𝑡 − 𝛼 𝑛𝑡 + log(1 − 𝛼)

Gütermarktgleichgewicht (Markträumung):

Weil wir von Investitionen, Staatskäufen und Nettoexport abstrahieren, ist das

Gütermarktgleichgewicht gegeben durch (in logarithmierter Form):

(1.15) 𝑦𝑡 = 𝑐𝑡

Der gesamte Output wird konsumiert.

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Klassisches monetäres Grundmodell

Zusammenfassung des Grundmodells:

(1.16) 𝑤𝑡 − 𝑝𝑡 = 𝑎𝑡 − 𝛼 𝑛𝑡 + log(1 − 𝛼) Arbeitsnachfrage

(1.17) 𝑤𝑡 − 𝑝𝑡 = 𝜑 ∙ 𝑛𝑡 + 𝜎 ∙ 𝑐𝑡 Arbeitsangebot

(1.18) 𝑦𝑡 = 𝑎𝑡 + (1 − 𝛼)𝑛𝑡 Technologie

(1.19) 𝑦𝑡 = 𝑐𝑡 Markträumung

(1.20) 𝑐𝑡= 𝐸𝑡 𝑐𝑡+1 −1

𝜎(𝑟𝑡 − 𝜌) Güternachfrage (Euler-Gleichung)

endogen: 𝑦𝑡 , 𝑐𝑡, 𝑛𝑡 , 𝑤𝑡 − 𝑝𝑡 , 𝑟𝑡 exogen: 𝛼, 𝜎, 𝜑, 𝜌, 𝑎𝑡

(1.21) 𝑎𝑡 = 𝜌𝑎𝑎𝑡−1 + 𝜀𝑎,𝑡 Annahme: Technologieschock sei AR(1)

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Klassisches monetäres Grundmodell

Lösung des Grundmodells

Aus (1.16) bis (1.19) lassen sich sofort ermitteln:

(1.22) 𝑛𝑡 =1−𝜎

𝛼+𝜑+𝜎(1−𝛼)𝑎𝑡 +

log(1−𝛼)

𝛼+𝜑+𝜎(1−𝛼)

(1.23) 𝑦𝑡 = 𝑐𝑡 =1+𝜑

𝛼+𝜑+𝜎(1−𝛼)𝑎𝑡 +

(1−𝛼) log(1−𝛼)

𝛼+𝜑+𝜎(1−𝛼)

(1.24) 𝑤𝑡 − 𝑝𝑡 =𝜑+𝜎

𝛼+𝜑+𝜎(1−𝛼)𝑎𝑡 +

[𝜑+𝜎 1−𝛼 ] log(1−𝛼)

𝛼+𝜑+𝜎(1−𝛼)

Positiver Technologie-Schock erhöht Reallohn, Output und Konsum eindeutig.

Der Beschäftigungseffekt hängt von 𝜎 ab:

• für 𝜎 < 1 ist der Substitutionseffekt der Lohnerhöhung groß, das Arbeitsangebot steigt.

• für 𝜎 > 1 dominiert der Einkommenseffekt der Lohnerhöhung, das Arbeitsangebot sinkt.

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Klassisches monetäres Grundmodell

Aus Euler-Gleichung resultiert für den Realzins:

𝑟𝑡 = 𝜌 + 𝜎 𝐸𝑡𝑐𝑡+1 − 𝑐𝑡

Aus (1.23) folgt:

𝐸𝑡𝑐𝑡+1 =1+𝜑

𝛼+𝜑+𝜎(1−𝛼)𝐸𝑡𝑎𝑡+1 +

(1−𝛼) log(1−𝛼)

𝛼+𝜑+𝜎(1−𝛼) ,

woraus unter Berücksichtigung von (1.23) für die erwartete Konsumänderung folgt:

𝐸𝑡𝑐𝑡+1 − 𝑐𝑡 =1+𝜑

𝛼+𝜑+𝜎(1−𝛼)𝐸𝑡𝑎𝑡+1 − 𝑎𝑡

Erwarten die Haushalte einen dauerhaften technischen Fortschritt, so

- erwarten sie für die Zukunft einen Anstieg des Konsums

- zwecks Konsumglättung werden sie bereits heute mehr konsumieren und weniger sparen

- folglich steigt der Realzins

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Klassisches monetäres Grundmodell

Sehen die HH den Technologie-Schub als transitorisch an, so

- steigt der Konsum heute stark

- der Konsumanstieg wird als transitorisch angesehen

- für die Zukunft wird ein wieder sinkender Konsum erwartet

- zwecks Konsumglättung werden die HH einen Teil des heutigen Ressourcenanstiegs in die

Zukunft verlagern

- sie sparen mehr

- der Realzins sinkt

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Klassisches monetäres Grundmodell

Analytisch:

aus Technologie (1.21) folgt 𝐸𝑡𝑎𝑡+1 = 𝜌𝑎𝑎𝑡, sodass 𝐸𝑡𝑎𝑡+1 − 𝑎𝑡 = (𝜌𝑎−1)𝑎𝑡

Einsetzen liefert:

(1.25) 𝑟𝑡 = 𝜌 − 𝜎(1 − 𝜌𝑎)1+𝜑

𝛼+𝜑+𝜎(1−𝛼)𝑎𝑡

Wird Technologie-Schock als transitorisch angesehen 𝜌𝑎 < 1 , dann gilt 𝐸𝑡𝑎𝑡+1 < 𝑎𝑡, dann

wird kurzfristig mehr gespart, dann sinkt der Realzins

Wird Technologie-Schock als einmalig aber dauerhaft angesehen 𝜌𝑎 = 1 , dann findet keine

intertemporale Konsumglättung statt, der Zins bleibt unverändert

Wird mit einer fortlaufenden Technologie-Verbesserung gerechnet (𝜌𝑎> 1), dann wird heute

weniger gespart, der Realzins steigt

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Klassisches monetäres Grundmodell

Was ist mit den nominalen Variablen wie Nominalzins und Inflationsrate?

Ermittlung nominaler Größen erfordert Spezifikation der unterstellten Geldpolitik!

Dritter Akteur: Zentralbank

Zu beachten ist die Fisher-Gleichung:

(1.26) 𝑖𝑡 = 𝑟𝑡 + 𝐸𝑡𝜋𝑡+1

Vorgabe einer Zinsregel für den Nominalzins.

1. Inflationsbasierte Zinsregel:

(1.27) 𝑖𝑡 = 𝜌 + 𝜓𝜋𝜋𝑡 mit 𝜓𝜋 ≥ 0.

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Klassisches monetäres Grundmodell

Einsetzen in die Fisher-Gleichung (1.26) liefert:

𝜌 + 𝜓𝜋𝜋𝑡 = 𝐸𝑡𝜋𝑡+1 + 𝑟𝑡

(1.28) 𝜓𝜋𝜋𝑡 = 𝐸𝑡𝜋𝑡+1 + 𝑟𝑡 − 𝜌 = 𝐸𝑡𝜋𝑡+1 + 𝑟 𝑡

mit 𝑟 𝑡 ≡ 𝑟𝑡 − 𝜌 = −𝜎(1 − 𝜌𝑎)1+𝜑

𝛼+𝜑+𝜎(1−𝛼)𝑎𝑡 aus (1.25).

(1.28) ist eine Differenzengleichung erster Ordnung in Erwartungswerten

Umformen:

(1.29) 𝜋𝑡 =1

𝜓𝜋𝐸𝑡𝜋𝑡+1 +

1

𝜓𝜋𝑟 𝑡

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Klassisches monetäres Grundmodell

Lösung durch Vorwärts-Iteration und Einsetzen:

eine Periode vordatieren: 𝜋𝑡+1 =1

𝜓𝜋𝐸𝑡+1𝜋𝑡+2 +

1

𝜓𝜋𝑟 𝑡+1

Erwartungswert bilden:

𝐸𝑡𝜋𝑡+1 =1

𝜓𝜋𝐸𝑡𝐸𝑡+1𝜋𝑡+2 +

1

𝜓𝜋𝐸𝑡𝑟 𝑡+1

Bei rationalen Erwartungen gilt für iterierte Erwartungswerte:

𝐸𝑡𝐸𝑡+1𝜋𝑡+2 = 𝐸𝑡𝜋𝑡+2

also: 𝐸𝑡𝜋𝑡+1 =1

𝜓𝜋𝐸𝑡𝜋𝑡+2 +

1

𝜓𝜋𝐸𝑡𝑟 𝑡+1

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Klassisches monetäres Grundmodell

Einsetzen in (1.29):

𝜋𝑡 =1

𝜓𝜋

1

𝜓𝜋𝐸𝑡𝜋𝑡+2 +

1

𝜓𝜋𝐸𝑡𝑟 𝑡+1 +

1

𝜓𝜋𝑟 𝑡

𝜋𝑡 =1

(𝜓𝜋)2𝐸𝑡𝜋𝑡+2 +

1

(𝜓𝜋)2𝐸𝑡𝑟 𝑡+1 +

1

𝜓𝜋𝑟 𝑡

Jetzt (1.29) um zwei Perioden vordatieren, Erwartungswert bilden und einsetzen etc.

Notwendige und hinreichende Bedingung für Existenz und Eindeutigkeit:

Term der erwarteten Inflationsrate muss gegen null konvergieren, das ist gegeben für

(1.30) 𝜓𝜋 > 1

System nur eindeutig definiert und stabil, wenn das Gewicht der Inflation in Zinsregel größer

eins ist (= Taylor-Prinzip)

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Klassisches monetäres Grundmodell

Lösung der Differenzengleichung (1.29):

𝜋𝑡 =1

𝜓𝜋𝑟 𝑡 +

1

(𝜓𝜋)2 𝐸𝑡𝑟 𝑡+1 +

1

(𝜓𝜋)3 𝐸𝑡𝑟 𝑡+2 +⋯

(1.31) 𝜋𝑡 = (𝜓𝜋)−(𝑘+1)𝐸𝑡𝑟 𝑡+𝑘

∞𝑘=0

Angewendet auf unsere Technologie-Annahme (vgl. (1.21) und (1.25)):

𝑟 𝑡 =−𝜎(1 − 𝜌𝑎)(1 + 𝜑)

𝛼 + 𝜑 + 𝜎(1 − 𝛼)𝑎𝑡

𝐸𝑡𝑟 𝑡+1 =−𝜎(1 − 𝜌𝑎)(1 + 𝜑)

𝛼 + 𝜑 + 𝜎(1 − 𝛼)∙ 𝜌𝑎𝑎𝑡

𝐸𝑡𝑟 𝑡+2 =−𝜎(1 − 𝜌𝑎)(1 + 𝜑)

𝛼 + 𝜑 + 𝜎(1 − 𝛼)∙ (𝜌𝑎)

2𝑎𝑡

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Klassisches monetäres Grundmodell

Einsetzen in (1.31):

𝜋𝑡 =1

𝜓𝜋∙−𝜎(1 − 𝜌𝑎)(1 + 𝜑)

𝛼 + 𝜑 + 𝜎(1 − 𝛼)1 +

𝜌𝑎𝜓𝜋

+𝜌𝑎𝜓𝜋

2

+⋯ 𝑎𝑡

Eckige Klammer = 1

1−𝜌𝑎𝜓𝜋

=𝜓𝜋

𝜓𝜋−𝜌𝑎

Gleichgewichtige Inflationsrate:

(1.32) 𝜋𝑡 =−𝜎(1−𝜌𝑎)(1+𝜑)

𝛼+𝜑+𝜎(1−𝛼)∙

1

𝜓𝜋−𝜌𝑎∙ 𝑎𝑡

Aus (1.25) und (1.32) folgt für den Nominalzins:

(1.33) 𝑖𝑡 = 𝑟𝑡 + 𝐸𝑡𝜋𝑡+1 = 𝜌 −𝜎(1−𝜌𝑎)(1+𝜑)

𝛼+𝜑+𝜎(1−𝛼)∙

𝜓𝜋

𝜓𝜋−𝜌𝑎∙ 𝑎𝑡

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Klassisches monetäres Grundmodell

Damit sind alle realen und nominalen Variablen beschrieben als eindeutige Funktion

der Technologie

der Nutzenfunktion der Haushalte

der Zielfunktion der Zentralbank

2. Zinsregel:

Politik des konstanten Nominalzinssatzes (𝜓𝜋 = 0):

(1.34) 𝑖𝑡 = 𝜌

Inflationsrate und Preisniveau nicht eindeutig determiniert, das Taylor-Prinzip wird verletzt!

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Klassisches monetäres Grundmodell

3. Zinsregel:

Zentralbank setzt exogen einen Pfad für die Geldmenge 𝑚𝑡; der Zins ist endogen und sichert

das Zustandekommen eines Geldmarktgleichgewichts

Lösung für Preisniveau ist eindeutig!

Einzelheiten bei Gali (2008), Chap. 2.

Weiterentwicklungen:

Money in the Utility Function: 𝑈(𝐶𝑡,𝑀𝑡

𝑃𝑡, 𝑁𝑡)

Nutzen nicht separabel in den Argumenten:

𝑈 = 𝜗𝐶𝑡1−𝜔 + (1 − 𝜗)𝑁𝑡

1−𝜔1

1−𝜔

Bestimmung einer optimalen Geldpolitik

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Klassisches monetäres Grundmodell

Zusammenfassung

• Geldpolitik hat keine realen Effekte: reale Variablen wie Produktion, Beschäftigung,

Reallohn sind unabhängig von der Geldpolitik

• anders formuliert: Geld ist neutral

• Geldpolitik bestimmt nur das Aussehen der nominalen Variablen

• Da nur reale Variablen in die Zielfunktion der Haushalte eingehen, gibt es keine gute oder

schlechte oder optimale Geldpolitik

• Kernaussagen sind empirisch nicht haltbar, insbesondere hat Geldpolitik reale Effekte,

daher Einführung von Friktionen notwendig

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