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Fleim atund Geschichte derr#;*r*::ä:#ilik#: Aranrc atrr- Filtihnerlich verstärkt. Und dann legen sie auch nochtürkisfarbene Eier. Jetzt hat sich das geheim-nisvoll umwitterte Huhn gänzlich unter denMantel der Mystik begeben.

Doch was verbirgt sich hinter dem Araucana-Huhn wirklich: lst es ein Wildhuhn, das seit Ur-zeiten in der Bergwelt der Anden zu Hause ist,wurde es von indianischen Einwanderern mit-gebracht, oder ist es nichts anderes als eineMittelmeerrasse, welche die Spanier bei ihrenEroberunqszügen mit auf den südamerikani-schen Kontinent brachten? Oder: Trifft von all

dem nichts zu, und das Araucana-Huhn ist et-was ganz anderes?

Bevor man auf das Araucana-Huhn an sicheingeht, bedarf es der Betrachtung der Landes-natur und der Menschen, die dieses Huhn hiel-ten. Benannt sind die Araucana-Hühner nachdem gleichnamigen Hochland-lndianervolk, beidem sie angetroffen wurden. Die Araucana-lndianer besiedelten das chilenische Anden-hochland zwischen 700 bis 800 vor Christus.Sie selbst nannten sich Mapuche und warenwegen ihres kriegerischen Naturells gefürchtet.

Ohne Mapuche-lndianerkeine Araucana-Hühner

lhre Lebensweise wandelte sich mit der Zeitvom Jäger und Sammler zum sesshaftenPflanzer, wobei Jagd und Fischerei begleitendbetrieben wurden. lhre Siedlungen lagen oft im

Wald oder am Waldrand. Die nördlich siedeln-den Mapuche wurden von den lnkas unter-worfen. Von ihnen lernten sie verbessedeAckerbautechniken und den Umgang mitHaustieren. Die südlich lebenden Mapuche

Chilenische Landhühner, die grüne Eier le-gen. Man bezeichnet sie als Araucanas; siehaben iedoch nichts mit der deutschenStandardrasse gemein

waren nicht zu unterwerfen und erhielten vonden lnkas die Bezeichnung ,,der kriegerischeFeind". Nichtsdestotrotz nahmen auch siedurch den geistigen Auslausch mit den nÖrdli-chen Mapuche die neue ,,Agrartechnik" inihren Wissenskreis auf .

Als die Spanier das lnka-Reich zerschlugen,drang der Konquisitator Almagre in das nördli-che Land der Mapuche vor und vedrieb sie in

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die dichten Wälder. Später errichteten die Spa-nier ihren Siedlungsschwerpunkt in der Regionum Santiago. Dabei kam es immer wieder zuÜbergriffen der Mapuche auf die Siedlungender Weißen, und letztlich gelang es dem Mapu-che-Häuptling Lautero, den Spaniern eine emp-f i nd liche N iederlage zuzuf ühr en. Danach u nter-nahmen die Spanier unter Hudado de Mendozoneue Vorstöße gegen die Mapuche. Über dieseFeldzüge führte der Spanier Alonso de Ercilla yZuniga Buch. Dabei nannte er die MapucheAraucanas. Dieser Name setzte sich in derGeschichtsschreibung fest.

US-amerikanischer Araucana-Hahn aus Phi-ladelphia. An solchen oder ähnlichen Kreu-zungsprodukten wurden u. a. genetische Un-tersuchungen durchgeführt und auf deut-sche rassische Araucanas unkorrekterweiseübertragen

Lebensraum derAraucana-Hühner

Der Lebensraum der Araucana-lndianer undihrer Haustiere - Lamas, Schweine und Hühner

- ist gekennzeichnet durch enorme Nieder-schlagsmengen. Pauschaliert liegt im zentralenund südlichen Andenhochland der Nieder-schlag bei 500 bis über 3000 Millimeter !m Jah-resdurchschnitt. (Zum Vergleich: München hatum 1000 Millimeter im Durchschnitt). Die Tem-peraturen im Juli liegen bei 0 bis 10 Grad Cel-sius (teils auch unter 0 Grad Celsius), im Januarbei 5 bis 15 Grad Celsius. lm Großen undGanzen ist das Araucana-Gebiet klimatisch mitDeutschland vergleichbar, wenngleich hierzu-lande die Niederschläge geringer sind.

Araucana-Hühner -von Europäern nach

Südamerika gebracht?Da die Araucana-lndianer keinerlei Aufzeich-

nungen über ihre Haustiere machten, geben siekeine Hilfestellung über den Ursprung derRasse. Deshalb bleibt nur der Rückgriff auf spa-nische Überlieferungen und Berichte aus demAnfang unseres und des letzten Jahrhunderts.

Ursprüngliches Aussehen der Araucanas inChile, dargestellt im ,,National GeographicMagazin", 1927: Vorbild für deutsche Arau-canas

lmmer wieder wird die Vermutung geäußert,dass das Araucana-Huhn kein südamerikani-sches sei, sondern lediglich als Reiseproviantvon den Spaniern mit auf den neuen Kontinentgebracht wurde. Dort sollen die Hühner spani-schen Ursprungs verwildert und durch den Ein-fluss der neuen Umwelt Schwanzlosigkeit,Bommeln und die türkisfarbene Eischalenfarbeauf mutativem Wege entstanden sein.

Des Weiteren ist die These bekannt, dass um1600 Holländer als lebenden Proviant schwanz-lose Hühner (solche waren seinerzeit in Holland,Persien und Ceylon bekannt) nach Chile brach-ten. Die schwanzlosen Rassen wurden alsWalle Kiki von den weißen Bauern sehr ge-schätzt, ebenso angeblich von den Araucana-lndianern. Auch bei ihnen sollen durch Mutationaufgrund des neuen Umfelds das türkisfarbeneEi und die Bommeln entstanden sein.

Bei letzterer Theorie wird übersehen, dassbereits 1560 das grüne (türkisfarbene) Ei er-wähnt wurde. lnsgesamt ist nicht nachvollzieh-bar, wieso in kürzester Zeit slch solch grund-legend neue Haushuhnmerkmale (ohne gezielteZüchtung) herausgebildet haben sollen. Das istaus biologischem Blickwinkel nicht nachvoll-ziehbar, zumal das Land überall Barrieren füreine Ausbreitung solchen Genmaterials in solchkurzer ZeiI aufwies.

Ein Dolchstoß für die Theorien der Einführungder Haushühner mit dem weißen Mann ist derWortschatz der Araucana-lndianer. Bereits vorden spanischen Eroberern hatten sie in ihrerSprache Bezeichnungen für Hahn (achual), Hen-ne (alka) und Ei (runto). (Diese Wörter gehen nichtauf einen spanischen Ursprung zurück!) Eine Be-zeichnung geht auf den Kuliurkreis der Hinuszurück, ein anderer auf die japanische Sprache.

Außerdem berichteten die spanischen Solda-ten im 16- Jahrhunderl, dass die Araucana-ln-dianer Hühner hielten, die sich von den euro-päischen unterschieden. ln welcher Hinsicht siesich unterschieden, teilten die Soldaten in ers-ten Überlieferungen nicht mit. Die im Nachhin-ein wenigen bekannt gewordenen Merkmalsbe-schreibungen zielen alle auf den sogenanntenasiatischen Typ. Ein solcher war zu Zeiten derersten spanischen lnvasionen in Südamerika imMutterland unbekannt- Das dürfte mit ein Grund

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gewesen sein, dass die Soldaten von einemfremdadigen Huhn sprachen.

Man kann aufgrund dieser Fakten davon aus-gehen, dass die Araucana-Hühner bereits in derZeit vor Kolumbus bei den Araucana-lndianernelne weite Verbreitung gefunden hatten. Dochwie ist ihr Ursprung zu erklären?

Wie kamen Araucana-Hühnerin präkolumbischer Zeit

nach Südamerika?Als erstes muss immer die Theorie herhalten,

dass die Stammform ein eigenes Wildhuhn war,das grüne Eier legte. Gestützt wird diese These,dass die Entstehung der grünen Eischalenfarbeeinem gänzlich anderen Mechanismus unter-liegt wie die der braunen. (Weiße Eier sind da-gegen farblos, also ohne Färbemechanismus.)Doch ist die grüne Eierfarbe in der Vogelwelt,vor allem auch bei Hausenten, eine weitverbreiiete Gegebenheit, weshalb der Färbe-mechanismus nur für Hühner ungewöhnlich ist,nicht aber in der Vogelwelt im Allgemeinen.

Viel wahrscheinlicher ist, dass die südameri-kanischen lndianer schon lange vor den spani-schen Eroberern einen Handel mit den Polyne-siern trieben, wodurch die Herkunft der Arau-cana-Hühner die polynesischen oder bessergesagt die pazifischen lnseln sind. Es ist sehrgut eine Brücke zwischen Asien, den pazifi-schen lnseln und Südamerika nachvollziehbar.Hinzu kommt, dass laut anthropologischen Un-tersuchungen im asiatischen Raum Hühner, diegrüne Eier legten, ursprünglich bekannt gewe-sen sein sollen. Seltsamerweise hat man von ih-nen im weiteren Verlauf der Domestikation desHausgeflügels nichts mehr gehört.

Letztlich ist auch im deutschen Rassegeflü-gel-Standard die polynesische Version als Her-kunft angegeben. Man beachte in diesem Zu-sammenhang auch die bereits erwähnten india-nischen Bezeichnungen für Hühner, die an diejapanische Linguistik und den Kulturkreis derHindus angelehnt sind. Durch die lange Anwe-senheit der Araucana-Hühner auf dem südame-rikanischen Kontinent war auch der Zeitfaktorfür die auf mutativem Weg entstandenen typi-schen Rassemerkmale gegeben.

Hinzu kommt, dass auf den Oster-lnseln (pa-zifische lnseln) grüne Hühnereier nicht unbe-kannt sind. Ob die grünen Eier legenden Hüh-ner Überreste aus der Handelsroute Asien - pa-zifische lnseln - Südamerika sind oder vonSüdamerika wieder retour kamen, ist und bleibtungeklärt, gibt aber einen Hinweis auf denHühnertranspod auf dem Seeweg.

Merkmale durch natürlicheSelektion entstanden

Ungeachtet der geschichtlichen Unklarheitensteht eines fest; Sowohl die lndianer als auchdie Spanier ließen ihre Hühner frei herumlaufen(Araucana-Hühner nächtigten in den Bäumendes umliegenden Waldes und suchten sichauch außerhalb der lndianersiedlungen teils ihrFutter- auch heute noch lebt ein Teil der Haus-hühner bei den Araucana-lndianern in dieserForm), so dass die Haushühner sehr stark demEinfluss natürlicher Selektionsparameter aus-gesetzt waren. Hier hatten schwanzlose, bom-meltragende und grüne Eier produzierendeHühner zumindest keinen Nachteil gegenüberHühnern, die nicht diese Merkmale besaßen.

Die Ursache der Schwanzlosigkeit wird vonden Araucana-lndianern in einer netten Ge-schichte erzählt. Die Jagdstrategie der in Chile

ansässigen Füchse auf Federvieh ist auf einenAngriff von hinten ausgerichtet. Sie ergreifenAraucana-Hühner und späier von den Spaniernimportierte Hühner am Schwanz. SchwanzloseHühnet die in jeder Rasse immer wieder muta-tiv auftreten, konnten leichter entkommen. Sosoll sich die Mutation ,,Schwanzlosigkeit" derAraucana-Hühner gefestigt haben bzw. zumSelektionsvorteil geworden sein. Zugleichschränkte die Schwanzlosigkeit den Schreck-flug nicht sonderlich ein, so dass das Fehlendes Steuerinstruments,,Schwanz" keinerleiNachteile nach sich zog, und schon gar nichtdie fehlende Bürzeldrüse, deren Vitamin-D-Produktion maßlos überschätzt und fehlinter-pretied wird von Kreisen, die sich zum Ziel ge-setzt haben, schwanzlose Hühnerrassen ausDeutschland zu verbannen. Außerdem dür{tedie Schwanzlosigkeit gerade in rauen undregenreichen Gebieten Vorleile gegen widrigeWitterungseinflüsse bringen, da keine sich ent-

Araucana-Henne nach dem deutschen Stan-dard. lhre Zucht orientiert sich an der er-wähnten Abbildung von 1927

gegenstrebende Gefiederpadien, wie Schwanz-und Mantelgefieder, Wind und Wasser Angriffs-flächen bieten.

Vorbild für deutsche AraucanasDurch die Urbanisierung und Anderung der

Haltungsformen verloren im Nachhinein dienatürlichen Selektionsparameter ihre Bedeu-tung in Chile, so dass das heutige chilenischeLandhuhn, vor allem auch wegen der zahllosenEinkreuzungen, alles andere als ein Araucana-Huhn ist. Letztlich wurde 1927 in der April-Aus-gabe des US-amerikanischen Magazins,,Natio-nal Geographic" ein Adikel über Araucanas vonM. A. Jull, mit einer Zeichnung von H. Mura-yama, publiziert. Die Abbildung zeigt einenschwanzlosen Hahn und zwei schwanzloseHennen, alle drei mit Bommeln. Diese bildlicheDokumentation war dann auch ein Zeugniseiner aussterbenden Rasse, denn bereits 1928hieß es, als man Araucanas importieren wollte,dass die Araucanei-Hühner sehr rar sind, weilsie nahezu alle mit europäischen Rassen ver-kreuzt worden sind.

Die Bommel ist ein einzigaftiges Rassemerk-mal. Es soll nach den Vorstellungen desBMELF eliminied werden. Fotos: von Lüttwitz

Zwischenzeitlich kamen immer wieder Arau-canas aus Chile in die USA und nach Deutsch-land sowie andere Länder. lnwiefern es Rein-rassige oder Kreuzungen waren und wie sieauch weiter verkreuzt wurden, bleibt unklar - invielen Ländern, u. a. auch in den USA, werdenAraucanas mit Schwanz und Kreuzungshühner,die grüne Eier legen, gemeinhin als Araucanasbezeichnet. Letztlich gelang es aber in Deutsch-land, nachdem sie bereits 1901 ein kurzes Stell-dichein gaben, in den 50er Jahren, diese Rassein ihren ursprünglichen Merkmalen in kleinenKreisen zu etablieren. F. Proebsting (t), H. Voß-henrich (t) und J. Welberts (heute Ehrenmitgliedim Araucana-Sonderverein) waren die lnitiato-ren für die Zucht und Rasseverbreitung-

Rassenerhalt oderRassenausrottung?

1962 wurde der Sonderverein gegründet,1983 nach längerem ,,Dornröschenschlaf" wie-derbelebt und 1995 avancierte das Araucana-Huhn auf der Nationalen Rassegeflügelschau inNürnberg zur sechsstärksten ausgestelltenHühnerrasse. Durch ihre problemlose Haltunghat sie sich in Deutschland inzwischen zu einerder verbreitesten und populärsten Rassen ge-maused. Durch gezieltes Zuchtmanagementkonnte auch der rasseeigene Letalfaktor zurUnbedeutendheit degradiert werden, wodurchdie Verbreitung geradezu boomte.

Eine Gefahr droht dieser uralten, unter natür-lichen Bedingungen entstandenen Rasse durchdie Bundesregierung. Sie will mit dubiosen Ar-gumenten eine Qualzucht in dieser durch denMenschen ursprünglich in ihren Rassemerkma-len nicht geformten Rassen erkannt haben, ob-wohl sich Bommeln und Schwanzlosigkeit inder halbwilden Lebensweise dieser Hühnerbestens bewährt haben. Und obwohl die UNOdiese Rasse in ihrer,,World Watch List" aufführt,wird die Bundesregierung mit ihrem Gutachter-stab nicht müde, nach entlarvten Falschdar-stellungen immer wieder auf neue Hürden auf-zubauen. Langsam kann man sich des Ein-drucks nicht erwehren, als ob die Gutachter, dienoch nicht einmal aus der Geflügelmateriekommen, sich an einer Materie festgebissenhätten und trotz wissenschaftlicher oder praxis-orientierter Untersuchungen einfach nicht ein-gestehen können, dass ihre Vorwürfe haltlossind. Damit schadet die Bundesregierung demErhalt einer uralten Rasse und macht sich zumSprachrohr einer Rassenausrottung.

Michael von Lüttwitz

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