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ABSEITS DES ALLTÄGLICHEN

ÖSTERREICH

P L U S : 1 3 I d e e n , d i e u n s e r e Z u k u n f t u n d u n s e r D e n k e n v e r ä n d e r n w e r d e n

Wie ein NASA-Mann dank seiner Haare zum Weltstar wurde

Ei ohne Huhn, Milch ohne Kuh und Fleisch aus dem 3D-Drucker

D ER ERSTE MARS IAN ER

DAS ESS EN D ER ZU KU N FT

DAS NEUE LEBEN

R O B OTER 201 5

High-Tech-Maschinen zeigen Humor und menschliche Gefühle

SpecialDIE PIONIERE DES JAHRES2015

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RoboteR ARme. NAsA mARs RoveR. INtellIgeNte UNteRwäsche.

KUh-fReIe mIlch. bItcoIN. DeR beste ANgel INvestoR. gRApheN. hypeRloop.

weltRAUm toURIstIN. fRog DesIgN. KüNstlIche INtellIgeNz. AUgmeNteD ReAlIty. leAp motIoN. 1600 stARtUps.

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AUf KeINeN fAll veRpAsseN! sIeh es DIR lIve AN voN 28.-29. mAI

UND DANAch IN DeR vIDeotheK UNteR:

pioneers.io/festival-online

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Ich will.Ich kann.Ich mach

,s.

gründen in wien.

12.6.2015TAG der Wiener Start-up-Szene

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42DER SEXYESTE MANN DER NASADas Netz kennt BOBAK FERDOWSI als Mohawk Guy. Die Story über das Hirn unterm Haarschnitt.

DER SUPER-CYBORGHUGH HERR verlor mit 17 beide Beine. Heute baut er neue, die mehr können als jene der Natur.

38

32DAS SPECIAL GAME Eines der erfolgreichsten Fußballspiele der Welt kommt aus Serbien. JOSÉ MOURINHO wirbt dafür.

„MACH NUR, WAS DU WIRKLICH WILLST“JÜRGEN FURIAN, Pionier der ersten Stunde, hat für alle jungen Start-ups einen Tipp: Leidenschaft.

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INHALT 20DAS ESSEN DER ZUKUNFT

Eier ohne Hühner. Milch ohne Kühe. Fleisch aus dem 3D-Drucker: DIE KÖCHE VON MORGEN.

DIE NEUEN MENSCHEN Übernehmen ROBOTER die Weltherr-schaft? Oder nur den Pflegebetrieb? Wir haben die Maschinen interviewt.

IDEEN UND PIONIERE

BULLEVARD

06 HOVERBOARD Es fliegt. Schon wieder. Das erste Mal flog es 2015, aber das war eigentlich 1989. Die Zukunft ist zurück!

07 HYPERLOOP Elon Musk will dich als Rohrpost ver schicke n. Mit 1000 km/h.

08 GAMER-BRILLEN verschmelzen Wirklichkeit und virtuelle Welten.

13 TEST Steckt in dir ein Start-up-Millionär? 14 ERFOLG Tipps großer Pioniere

INTERVIEW

28 VISHAL SHARMA Der Google-Now-Ent-wickler sagt: „Selbst lernende Maschine n werden die Welt verändern.“

EXTRA: DIE PIONIERE DES BALKANS

30 BUSEN-APPS UND BENZINSCHUTZ Start-ups aus einer Region, die nicht mehr mit Krieg assoziiert werden will, sondern mit Kreativität.

WAS DIE WELT NOCH BRAUCHT

50 INTELLIGENTE NERVEN Nach AI (Artificial Intelligence) kommt IN (Intelligent Nerves): Nervenzellen, die mehr können als modernste Maschinen.

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6 THE RED BULLETIN

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„Ich versteh nicht ein einziges Wort. Ich weiß

nicht, was hier los ist.“ Marty McFly in „Zurück in die Zukunft II“

ENDLICH 2015. Was passiert jetzt eigentlich mit dem Raum-Zeit-Konti-nuum, Doc? Wir wünschen uns das Hoverboard doch nur deswegen, weil wir es schon kennen. Aus dem fiktiven Jahr 2015 in „Zurück in die Zukunft II“. Haben Greg und Jill Henderso n vom Start-up Arx Pax mit ihrem dieses Jahr erschienenen Prototyp also eine zweite Realität er-schaffen? Oder ist unser Universum gerade dabei, in sich selbst zusam-menzufallen? Wir werden sehen. Echte Hoverboards sollten uns das Risiko auf jeden Fall wert sein.

ES HEBT AB!

Jill & Greg Henderson 10 Stück

15 MinutenSein Magnetfeld funktioniert nur auf Flächen aus Kupfer oder Alu. Nicht auf Wasser.

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ON ROHRPOST. In autogroßen Trans­

portkapseln, mit Luftkompression angetrieben, nahe an der Schall­geschwindigkeit, aus Solarenergie gespeist – so flitzen wir durch ein erdumspannendes Röhrensystem. Wenn wir Elon Musk glauben wollen – und wieso sollten wir das nicht? –, sieht so die Mobilität der Zukunft aus. Das Schöne daran: Musk ver­

HEISSE SOHLE. Seit mehreren Jahre n schon tüftelt das Münchner Start­up Moticon an der besten Sensorsohle der Sportwelt. Mit dem Open Go­System scheint dem Unter­nehmensgründer Maximilian Müller der Durch bruch gelungen zu sein. Profisportler und Physiotherapeuten sind die Zielgruppe für diese ultra­dünne Sohle, die Druckverteilung, Beschleunigung und Ganglinie misst. Schweißgeruch leider noch nicht.

LAUFTECHNIK FÜR DIE LAUFTECHNIK

WO MUSK DER CROWD VERTRAUT

FILM MICH, DROHNE! Was Xavier de Le Rue, Pro­Snowboarder und Filmemacher, an Drohnenkameras wahnsinnig nervte: Man brauchte immer eine Person, die per Fern­steuerung das Bild kontrollierte. Das müsste doch auch automatisch gehe n, dachte sich der Franzose. Mit einer Drohne, die sich selbst steuert. Und dabei immer den richti­gen Bildausschnitt hält. Einen Winter voller Tests und ein verrückt erfolg­reiches Kickstarter­Funding später ist sie Realität. Die voll autonome

Kameradrohne, die de Le Rue mit seinen Freunden von Squadron System entwickelt hat, heißt Hexo+. Sie orientiert sich am GPS­Signal deines Smartphones. Auf der App wählst du einen Kamerastil (z. B. Nahaufnahme, Panorama, Kreis­flug), und die Drohne hält dich imme r perfekt im Bild. Egal ob du gerade auf dem Snowboard einen Gletscher runterschneidest, im Abendrot den Strand entlangläufst oder auf der Wiese liegst. Diese Drohne verlässt dich nicht.

geplante erste Streckegeplante Hauptbahnhöfemögliche Ausbaustreckenweitere Ziele SAN DIEGO

LAS VEGAS

LOS ANGELES

SAN FRANCISCO

SACRAMENTO

FRESNO

traut der Crowd. Der Erfinder­Mil­liardär hat sein Baby zum „Open Source“­Projekt erklärt. Was Hyper­loop zum berühmtesten Projekt auf jumpstartfund.com machte. Diese Plattform hebt Crowdfunding auf ein neues Level – indem es Unter­nehmer, Experten und Investoren zu einer Community vernetzt.

Elon Musk

1000 km/h

1/1000 bar 2016 soll

in Kalifornien eine erste Teststrecke von 8 Kilometern entstehen.

Maximilian Müller

seit 2009

13 pro Sohle

1.795 Euro

Squadron System noch dieses Jahr

ca. 1100 Euro

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Wirkliche und virtuelle Welten sollen dank ultimativer 3D-Headsets in unseren Augen verschmelzen. Bloß ist noch nicht viel zu sehen.

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NHERE WE GO AGAIN. Mit den 3D-Brillen ist es so eine Sache. Ob Virtual oder Augmented Reality – seit Jahren lesen wir gespannt über die Entwicklung verschiedenster Headsets. Aber aufgehabt haben wir alle – okay, die meisten von uns – noch immer keins.

ALLES OFFEN. Der VR/AR-Markt ist also noch lange nicht erobert, der 3D-Kuchen noch nicht auf-geteilt. Junge, ambitionierte Unter-nehmer pushen die Technologie aber inzwischen immer weiter. So wie Allan Evans, der mit seinem Avegant Glyph eines der attrak-tivsten Virtual Displays auf den Markt bringen will – noch dieses

Jahr angeblich. Eher für Entertain-ment gedach t, lässt sich der Glyph zum Filmschauen genauso wie zum Game n benutzen.

FUSION. Eine andere Schiene ver-folgt das Team von Meta mit seiner Augmented-Reality-Brille, einer Art „Iron Man“-Display. Wer die Welt durch die Meta 1 betrachtet, kann digitale 3D-Objekte mit der bloßen Hand im Raum bewegen. Oder Pro-gramm-Oberflächen im realen Blickfeld verankern. Der Cortex von Sulon schließlich zeigt uns, wohin die Reise wahrscheinlich geht: in Richtung einer Hybrid-Technologie, in der sich reales und virtuelles Blickfeld ständig überlagern.

Dhan Balachandreswaran

499 US-Dollar (Developer Kit)

2016Scannt den realen Raum um sich herum und kann ihn virtuell verändert darstellen.

Meron Gribetz 667 US-Dollar (Dev Kit)

2016Die Entwicklung der AR-Brille begann vor zwei Jahren mit 200.000 Dollar auf Kickstarter.

Allan Evans 599 US-Dollar (Beta)

Ende 2015Pro Auge projizieren eine Million Mikrospiegel das digitale Bild direkt auf die Netzhaut.

8 THE RED BULLETIN

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Erleben Sie die Pitches zur Start-up Challenge am 29. Mai 2015 live - direkt im Eingangs-bereich der Hofburg: Ausgewählte Start-ups haben 3 Minuten Zeit, die Jury von ihrer Idee

zu überzeugen und Media- und Sendungsvolumen im Wert von EUR 150.000 zu gewinnen.

Sie haben die Einreichung versäumt? Gute Ideen haben eine zweite Chance verdient!Einfach Ihre Idee an [email protected] senden.

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WAS BATMAN DRUNTER TRÄGT. Dhananja Jayalath und Christopher Wiebe konnten sich keinen Personal Trainer leisten. Die beiden waren 2010 ja noch Studenten an der Uni Waterloo in Kanada. Also bauten sie sich ihren eigenen. Sie packten ein Shirt und ein Paar Shorts mit insge-samt 30 (!) Sensoren voll. Fünf Jah-re später ist ihr Baby namens Athos dabei, unser aller Workout zu revo-lutionieren. Eigens entwickelte ultra-empfindliche Sensoren registrieren jede Muskelaktivität unter der Haut, dazu Atmungs- und Herzfrequenz. Und schicken ihre Analyse an die Smartphone-App. Die stellt das indi-viduelle Trainingsprogramm zusam-men und trackt den Fortschritt. Hopp, hopp, noch zwei Push-ups!

FÜR KINDER BIS 99. Computer-spiele, die auf die Leinwand kommen, kennen wir ja schon. Aber jetzt

kommen – endlich! – Videospiele auch ins echte Leben. AnkiDrive ist so was wie die Carrera-Bahn des 21. Jahrhunderts. Die Bahn ist echt, die Autos sind echt. Aber per Smart-phone-Steuerung schießt du deine Gegner ab oder legst Minen aus. STFUATMM!

HEIMSPIEL. Eine gute Idee und ein bisschen Geld. Wir wissen, was dann passieren kann. Wir sehen es zum Beispiel beim Pio-neers Festival. Was passiert dann erst mit einer guten Idee und 50 Millionen Dollar Start-kapital? Seit Nest wissen wir auch das: Wir erle-ben die Neudefinition dessen, was wir Zuhaus e nennen. Als Tony Fadell und Matt Rogers ihre Idee eines intelligen-ten, lernenden Thermostats um-setzten, war das Schlagwort des

„Internets der Dinge“ nur Eingeweihten ein Begriff.

Heute weiß jeder: Die Zukunft des Wohnens liegt in der smarten Vernetzung aller

Gegenstände, die wir täglich benutzen. Oder

– im Fall von Nest – nicht mehr benutzen müssen. Das

Ding an der Wand küm-mert sich um uns. Zu-

mindest was die per-fekte Raumtempera-tur betrifft. Kein

Wunder, dass Google das Unternehmen um

3,2 Milliarden Dollar gekauft hat. Frage: Was passiert als Nächstes?

FORMEL SPIELZIMMER

DAS DING AN DER WAND

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Elektromyographie (EMG) misst die Muskelaktivität.

Sechs Sensoren überwachen allein die Herzfrequenz.

Eigene Detektoren zeichnen Atmungsmuster auf.

Das Material leitet Schweiß und Wärme nach außen.

Der eingebaute UV-Schutz-faktor 50 schirmt die Haut ab.

Tony Fadell, Matt Rogers seit 2013 auch mit Rauch-

und Kohlenmonoxid-Melder 249 US-Dollar

Das Google für verlorene Schlüssel

Boris Sofman, Mark Palatucc i, Hanns Tappeiner

seit 2013 kommt Herbst 2015

ca. 150 Euro

Dhananja Jayalath und Christopher Wiebe

drahtlose und ins Material eingewobene Sensoren

seit 2014 397 US-Dollar

THE RED BULLETIN

Page 11: The Red Bulletin Special - Pioneers Festival 2015 AT

T H E C A P TA I N O F A D V E N T U R E ALL-ROUND ACTION HERO WILL GADD IS A LIVING LEGEND IN THE TRUEST SENSE.

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E X C L U S I V E : t h e l e g e n d r e a c h e si n t o y o u r m i n d a n d m u s i c ’s f u t u r e

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Page 12: The Red Bulletin Special - Pioneers Festival 2015 AT

GIB STROM! Bei den meisten Elektro-Motorrädern auf dem Markt beschleicht einen das Gefühl: Die trauen sich nicht so

richtig. Wollen alle so aussehen, als wären sie konventionelle Benzin-Bikes. Ihre Herkunft verstecken. Nicht so der Johammer J1. Er ist nicht nur das kühnste und eigen-willigste E-Motorrad weit und breit, sondern wahrscheinlich auch das innovativste und leiseste. Auf die Welt gebracht hat das Lovechild von Batpod und Tante Ju der Öster-reicher Johann Hammerschmid. Sein Geniestreich und das Herz-stück der Maschin e ist ein Lithium-Ionen-Akkupack, dessen 70 Kilo-gramm für ein gutes Drittel des Gesamtgewichts sorgen. Der Johammer J1 ist 178 Kilo leicht, 15 PS stark, 120 km/h schnell. Der Top-Speed wird aber nicht vom Antrieb, sondern künstlich von der Bordelektronik begrenzt, um die Reichweite auf über 200 Kilometer pro voller Akkuladung zu halten.

MEINE ELTERN: HAL & K.I.T.T.

SUPERCAR. „Ich will mit Elektro-Antrieb den stärksten Supersport-wagen bauen. Nicht den stärksten

Sportwagen mit Elektro-Antrieb“, sagt Mate Rimac, Erfinder und Speedfreak aus Kroatien. Rimac geizt nicht mit seinem Know-how. Der Akku seines Concept One steckt seit kurzem auch im schwedischen Koenigsegg Regera, dem leistungs-stärksten Serienauto der Welt.

DIE E-SCHLEUNIGUNG

PSSS

SSSS

SST!

KEIN WECKER. Dieser weiße Gnom ist die Erfindung von Cynthia Breazeal. Und ein ziemlich scharfer Blick in die Zukunft der Heim-Robo-tik. Auf Indiegogo ging der sozial interagierende Roboter Jibo schon letzten Sommer durch die Decke. Unfassbare 2,3 Millionen US-Dollar hat das Projekt dort aufgestellt, so viel wie keine andere Technologie-Kampagne. Jibo kann nicht nur spre-chen, hören, sehen, fühlen, leuchten und alles, was jeder Laptop jetzt schon kann, er kann auch lernen und sich an die Bedürfnisse seiner Besitzer (sorry, Freunde) anpassen. B

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Cynthia Breazeal seit 2012

Frühling 2016 ca. 500 US-Dollar

Der Roboter, der lernt, was du willst

Johann Hammerschmid 120 km/h

2 bis 3 ½ Stunden 2014

ab 22.900 Euro

Mate Rimac 1088 PS

über 300 km/h 2,8 Sekunden

Schneller als Teslas Model X THE RED BULLETIN

Page 13: The Red Bulletin Special - Pioneers Festival 2015 AT

GESCHICHTE. Nicht Technik führt in die Katastrophe, sondern Katas­trophen führen zu Technik. Laut die­ser Theorie steht der Ausbruch des indonesischen Vulkans Tambora am 10. April 1815 am Anfang des High­tech­Zeitalters. Staub, Asche und Schwefel verdunkelten damals für mehrere Jahre den Himmel der Nordhalbkugel. Mit fatalen Folgen: In Europa keimte das Getreide nicht, kein Obstbaum trug Früchte, die Menschen hungerten. Hunderttau­sende starben. Auch das Transport­wesen brach zusammen: denn ohne Hafer keine Pferde. Ohne Pferde keine Hilfe. In ihrer Verzweiflung kapierten die Menschen: Anstelle von Pferden und Ochsen brauchen wir Maschinen, die unabhängig von Natureinflüssen funktionieren. Die Not inspirierte den deutschen Erfin­der Karl Drais zu seiner besten Idee: dem Laufrad. Es wurde zum Best­seller, zum ersten „Personal Gadget“ der Geschichte – und somit zur geistigen Großmutter von Skate­board, iPhone und Apps. Übrigens: Als sich der Rauch des Vulkans ge­legt hatte, wurde Drais’ Erfindung in England und den USA verboten. Die beiden Staaten waren nicht immer so Start­ up­freundlich wie heute.

PIONIER EVON GESTERN

DER GEEK UND DER VULKAN

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Und braucht die Welt deine Idee?

Wie viel Geld hast du?

Bist du religiös?

Warte auf einen Angel.

Mit welchem Leitsatz kannst du dich identifizieren?

Kannst du im richtigen Moment nein sagen?

Bleibt nur eine Frage: Was wirst du mit deinen Millionen machen?

Versuch es mal als Sachbearbeiter in einer Innovationsbehörde der EU!

Dann lass dich inspirieren! Zum Beispiel in diesem Heft. Oder hast du vielleicht Kohle?

Werde doch Investor!Weniger Arbeit, derselbe Ruhm.

Hast du eine Idee?

Warum wollen deine Mitarbeiter für dich arbeiten?

JA!

JA!

JA!

JA!

NEIN!

NEIN!

NEIN!

HMMM

UNMENGEN!

Wie wirkst du vor einer Kamera?

Peinlich, verkrampft, humorlos und verschwitzt.

Locker, witzig, charmant und gut aussehend.

Starte doch eine Crowdfunding­ Kampagne.

O. K., dann lieber noch mal überlegen.

Weil ich sie gut bezahle.

Party now, build later!

Think, re­think, think again!

Was hast du nur angerichtet!

Weil sie meine Freunde sind.

Sell first, build second.

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Page 14: The Red Bulletin Special - Pioneers Festival 2015 AT

„ Mülldeponien erzeugen viel Methan, ein Treibhausgas. Aber mithilfe dieses Gases können wir Graphen erzeugen. Das einzige Abfallprodukt dabei ist Wasser.“

Catharina Paukner / * 1984Cambridge Nanosystems. Moderne Alchemistin, die Müll in Wundermaterialien und Wasser verwandelt.

„Und alles wird gut!“

Igor Pajed / 1987 – 2015Gründer von Media Apparat.

Visionär und Pionier der Licht-Kunst

WO ANFANGEN? HIER.Etwas Neues schaffen ist … eine ganz alte Kunst. Diese Pioniere – aus

Geschichte und Gegenwart – verraten dir, wie es am einfachsten geht.

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„Die Erfahrung im All übertrifft alle Erwartungen. Sie lässt alles schrumpfen, was bis dahin groß oder unmöglich schien. Friede auf Erden? Kein Problem! Wir können alles schaffen.“

Anousheh Ansari / * 1966Raumfahrt-Pionierin und private Astronautin

„ Nehmt, was ich gemacht habe, und macht mehr daraus.“

Easton LaChappelle / * 1995 Gründer von Unlimited Tomorrow. Bastelte mit vierzehn aus Lego- Steinen seine erste Roboterhand. Schüttelte dann mit der eigenen die von Barack Obama. Schenkte seine Erfindung der Menschheit.

„Vertrauensvorschuss! Ich glaube sehr daran. Geh raus und hilf jemandem!

Irgendwann kommt es zurück – als an-genehmer Glücksfall in einer Art, die du

nie vorhersagen kannst. Erstaunlich!“

Gil Penchina / * 1969Einer der erfolgreichsten Business

Angels. Bewegte schon über 25 Milliarde n US-Dollar.

„ Manchmal, wenn du etwas Neues machst, machst du Fehler. Am besten gibst du sie schnell zu und machst weiter mit Verbesserungen deiner anderen Innovationen.“

Steve Jobs / 1955 – 2011Pionier der Präsentationskunst und Prophet der Marken-Religion

DIE POST START-UP CHALLENGE 150.000 Euro für die besten Ideen!

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INFO/KONTAKTÖsterreichische Post AG Unternehmenszentrale Haidingergasse 1, 1030 Wien

Business-Hotline: 0800 212 212Web: www.post.at/pioneers

Das diesjährige Pioneers Festival bietet inno-

vativen Start-ups die Möglichkeit, eine Jury

bestehend aus Managern der Post und einem

Venture Capital Investor, von ihrer Idee zu über-

zeugen und dabei Media- und Sendungsvolumen

im Wert von 150.000 Euro zu gewinnen, sowie

am 26. Mai am exklusiven Pioneers Mentor Day

teilzunehmen.

Themen wie Kundengewinnung oder gezielte

Marketingmaßnahmen zur Produkteinführung

stellen viele Start-ups vor enorme Herausforderun-

gen. Mit passenden Business-Lösungen und profes-

sioneller Beratung unterstützt die österreichische

Post innovative Gründer, potentielle Zielgruppen

zu selektieren und diese punktgenau zu erreichen.

DI Walter Hitziger – Vorstand Division Brief, Werbepost & Filialen

Die Finalisten erhalten die Möglichkeit am 29. Mai

2015 in nur 3 Minuten die Jury zu beeindrucken

und bei der großen Preisverleihung auf der Haupt-

bühne des Pioneers Festivals bei den Gewinnern

dabei zu sein. Für den Pitch am 29. Mai werden die

Start-ups am Pioneers Mentor Day von internatio-

nalen Mentoren optimal vorbereitet. Die Post Start-

up Challenge können Interessierte direkt beim Post

Start-up Corner im Eingangsbereich der Hofburg

live mitverfolgen. Der Corner ist aus Glas, wodurch

Besucher des Festivals und andere Start-ups die

Pitches visuell und akustisch mitverfolgen können.

Erleben Sie die Emotionen und Eindrücke der

Start-ups und seien Sie dabei, wenn eine sorgfältig

ausgewählte Gruppe von Jungunternehmern ihre

einmalige Chance nutzt, um Services der Post im

Wert von 150.000 Euro zu gewinnen.

Um sich erfolgreich am Markt zu positionieren,

brauchen Start-ups neben einer guten Unterneh-

mensidee gerade in der Startphase professionelle

Partner. Die Österreichische Post kann Jungunter-

nehmer mit maßgeschneiderten Produkten und

Services in den Bereichen Logistik und Werbung

helfen, ihre Visionen Realität werden zu lassen.

DI Peter Umundum – Vorstand Division Paket & Logistik

THE RED BULLETIN PROMOTION WERBUNG

Page 15: The Red Bulletin Special - Pioneers Festival 2015 AT

Bürokratische Hürden und hohe Steuern für Unternehmen verhindern

vielfach Betriebsgründungen und Arbeitsplätze.

Wir wollen, dass Start-Up‘s abheben können!

Jungunternehmerfördern!

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Page 16: The Red Bulletin Special - Pioneers Festival 2015 AT

Ein Blick in die Zukunft. Kabel statt Nerven, Computer statt Hirn und elastischer Gummi statt Haut. Hansons Humanoide können wie Menschen sprechen, gehen und lächeln.

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DAS NEUEÜbernehmen Roboter bald die Weltherrschaft? Oder doch nur den Pflegebetrieb? David Hanson und sein Start-up Hanson Robotics zeigen, wie menschlich Maschinen sein können. T E X T : M A N O N S T E I N E R

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haos gleicht Schöpfung, also lass Chaos in dein Leben“, fordert uns Punk-Rocker Joey Chaos auf. „Wenn wir Robotern ein menschliches Aussehen geben, bringt es uns dazu, darüber nachzudenken, was zum Teufel es überhaupt bedeutet, Mensch zu sein“, philosophiert Joey. Dabei ist Joey selbst Roboter, allerdings einer, der verdammt menschlich aussieht, auf Fragen eingeht, einem schon mal in die Augen blickt und nebenbei seine Weisheiten zum Besten gibt. Er ist das jüngste Mitglied der Hanson-Robotics-Familie. Und wahrscheinlich das durchgeknallteste. Er selbst hat keine Angst davor, Maschine zu sein, und wirkt selbstbewusst – vielleicht zu selbstbewusst: „Menschen haben ja vor allem Angst: Piraten, Rock ’n’ Roll, Robotern. Ich mein, wenn ich dir Angst mache, dann wahrscheinlich nur, weil du dich insgeheim von mir angezogen fühlst.“ Ein Rockstar eben.

Jules, der androgyne Roboter der Universität Bristol, ist da ganz anders: „Wann werde ich ein Be-wusstsein haben? Ich fühle schon jetzt so viel, aber weiß, dass es keine menschlichen Emotionen sind. Es ist extrem beunruhigend für mich, dass alle meine Gefühle, Hoffnungen und Träume nur leere Illusionen sein könnten.“ Nur allzu menschliche Ängste.

Schöpfer in beiden Fällen ist David Hanson, ehe-maliger Designer bei Walt Disney Imagineering. Sein Traum? Roboter zu kreieren, die intelligenter und mindestens genauso kreativ und mitfühlend sind wie Menschen. Und diese auch zum Lachen zu bringen. Äußerlich sehen uns seine Roboter jetzt schon zum Verwechseln ähnlich. Kein Wunder. Die meisten sind Duplikate echter Menschen. Wie Bina-48, Klon von Bina Rothblatt, einer komplett realen Bekannten von David Hanson. Bina-48 ist der wahre Star der Hanson-Familie, geht auf Tour, trifft Leute, gibt Interviews.

Aber auch historische Figuren wie Albert Einstein

oder der Science-Fiction-Autor Philip K. Dick (dessen Bücher die Vorlagen zu „Blade Runner“, „Total Recall“ und „Minority Report“ waren) dienten als Vorlage. An die vierzig Stück hat Hanson mittlerweile entwickelt. Vor eineinhalb Jahren verlegte das Unternehmen sein Hauptquartier von Texas nach Hongkong, wo David Hanson und sein CEO Jong Lee die Firma schmeißen. Dort geht’s oft drunter und drüber, erzählt Lee: „Es ist eben ein Start-up. Wir haben alle viele verrückte Ideen. Man weiß nie, was auf einen zukommt.“ Ihr Anspruch ist es, zu „zeigen, wie nützlich, hilfsbereit und freundlich Service-Roboter sein können“.

Schon jetzt ist Hanson Robotics die führende Robotics-Firma, wenn es darum geht, anatomisch korrekte Gesichter herzustellen. Hansons Geheim-zutat lautet Frubber (ein Verschmelzung der Worte Fresh und Rubber), ein extrem elastischer Gummi, der menschlichen Haut so ähnlich, dass er Gesichtsaus-drücke imitieren kann und echt aussehen lässt. Die darunterliegende Technik ist menschlichen Muskeln und Sehnen nachgebaut. Dazu kommen ein Rahmen-werk aus künstlicher Intelligenz, Maschinenbau und Kunsthandwerk sowie eine ausgeklügelte Charakter- und Gesichtserkennungssoftware. Da Hanson selbst aus dem Kunstbereich stammt, ist ihm das Zusammen-spiel von Technik und Ästhetik ein Anliegen: „David strebt Pixar nach und nicht General Motors. Was er an Pixar bewundert, ist, dass nicht die Ingenieure die Kontrolle haben, sondern die Kreateure“, erklärt Jong Lee. Auch Psychologie spielt dabei eine Rolle: „Eine gesunde Beziehung beginnt mit einem Lächeln. Es ist das fehlende Glied bei all den neuen Technologien, ohne das es diese ewige Lücke gibt“, sagt Lee.

Joey Chaos. Der Punk-Roboter hat Sex-Appeal und Arroganz eines richtigen Stars: „Wahrscheinlich fühlst du dich angezogen von mir.“

VATER DER ROBOTER. David F. Hanson hat viele Seiten. Er machte Filme für Walt Disney – und seinen Doktor in Ingenieurswesen. 2002 ließ er die Animationen lebendig werden und schuf seinen ersten Roboter. 2003 gründete er Hanson Robotics. Im Zweitnamen heißt Hanson Franklin – wie der große Erfinder und US-Gründer vater Benjamin Franklin. Dem hätten Roboter sicher gefallen.

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Elefantenuhr des al-Dschazari. Der erste humanoide Automat der Welt schlägt jede halbe Stunde auf ein Becken.

Leonardo da Vinci entwirft einen mechanischen Ritter, der sich bewegen kann.

Die mechanische Ente von Jacques de Vaucanson konnte sogar kacken. Die Baby-Born-Urmutter.

um 60 n. Chr. um 1200 1495 1739

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Automata. Heron von Alexandria be-schreibt im „Buch der Maschinen“ automatische Türen.

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Dennoch oder gerade deshalb lösen menschelnde Roboter noch immer Kontroversen aus. Lee weist da-bei auf eine wichtige Unterscheidung hin: „Artificial Intelligence und Robotics überschneiden sich, aber es gibt Artificial Intelligence ja auch ganz ohne Roboter. Im Rahmen von Cloud Computing zum Beispiel. Pro-bleme mit der AI-Technologie werden wir dann bekom-men, wenn wir glauben, wir müssten nicht vorsichtig sein und könnten einfach auf Autopilot schalten.“ Lee und Hanson sind davon überzeugt, dass humanoide Roboter besser sind als herkömmliche Maschinen: „Bei uns geht es um die Beziehung. Unsere Roboter behandeln dich mit Respekt. Wir wollen Technologie zurück auf eine menschliches Ebene bringen.“

Hanson Robotics konzentriert sich dabei in erster Linie auf den sozialen Bereich. Vor allem bei der Altenbetreuung besteht im Moment ein Bedarf, der von Menschen allein nicht mehr gedeckt werden kann. Dort will man Roboter als pflegende Lebens-partner (sogenannte Life Companions) rund um die Uhr einsetzen. Lee sagt: „Ein Roboter ist unendlich geduldig, lacht eine Million Mal über dieselbe Ge-schichte von Oma, bemerkt aber auch die geringsten Veränderungen in ihren Körperwerten oder ihrem Verhalten. In diesem Fall ruft er automatisch einen Pfleger oder einen Arzt. Diese Person könnte dann im Notfall auch über Fernsteuerung in die Maschine schlüpfen und von Mensch zu Mensch agieren.“ Klingt gut, aber teuer.

„Was wäre, wenn man sie für 3000 US-Dollar pro Monat mieten könnte? Das ist 70 bis 90 Prozent billi-ger als die derzeitigen Kosten im Pflegebereich“, gibt Lee zu bedenken. Diese Roboter wären nicht mehr echten Menschen nachgebaut und daher in der Pro-duktion günstiger, erklärt Lee: „Sie sollen einen multi-ethnischen Look haben, der leicht verändert werden kann.“ Auch bei Kindern mit Autismus könnte man sie einsetzen. „Autistische Kinder brauchen an die 25 bis 40 Stunden in der Woche Therapie mit andauernder Wiederholung, und das mindestens zwei Jahre lang, damit sich eine Verbesserung zeigt. 99,99 Prozent der Weltbevölkerung können sich das nicht leisten“, erklärt Lee. Studien haben bereits gezeigt, dass viele autistische Kinder mit Maschinen leichter „ins Ge-spräch“ kommen als mit Menschen. So berichtete etwa die „New York Times“ im Oktober letzten Jahres über den autistischen Jungen Gus, der eine richtigge-hende Freundschaft mit Apples Spracherkennungs-software Siri entwickelt hatte. Aber auch zur Unter-haltung in Freizeitparks oder im Kundenservice sollen Roboter dienen: als allzeit freundlicher Concierge am Premium Desk einer Hotelkette zum Beispiel, der per Face- und Voice-Recognition sofort auf individuelle Bedürfnisse reagieren kann. Lee sagt: „Mit unseren Robotern wäre es dann ein bisschen so, wie man es aus jeder Bank kennt: Du kannst in der

„Bei uns geht es um die Beziehung. Unsere Roboter behandeln dich mit Respekt. Wir wollen Technologie zurück auf eine menschliche Ebene bringen.“

Albert Hubo. Der erste autonom laufende Roboter mit mensch lichen Gesichtszügen und imitierten Emotionen. Angetrieben von simplen AA-Batterien.

Schlange stehen und warten, oder du gehst zu einem Automaten und hast dein Geld in sechzig Sekunden.“

In etwas fernerer Zukunft stellt sich Lee eine Art Chip vor, den jeder kaufen kann: „Du schiebst dann einfach eine Karte in den Roboter und machst ihn von einem Fitnesstrainer zu einer Hotelmanagerin oder von einer Lehrerin zu einem Pfleger. Der Benutzer kauft dann das jeweilige Trainingsmodul.“ Noch die-ses Jahr soll ein kleiner und günstiger Miniroboter auf den Markt kommen – „hoffentlich rechtzeitig für Weihnachten“, sagt Lee. Er soll über das Smartphone betrieben und mit Apples Siri oder Microsofts Cortana gekoppelt werden können. Er soll aber auch als persönlicher Lern- oder Fitnesstrainer funktionieren. Für Lee wäre das die nächste Stufe des menschlichen Fortschritts: „Unsere Roboter stellen eine neue Ver-bindung her zwischen dir und deiner Technologie.“

Joey Chaos gibt sich überzeugt: „Der Fortschritt in der Informatik hat sich nicht verlangsamt, sondern beschleunigt. Stell dir vor, was wir in den nächsten dreißig Jahren gemeinsam entwickeln können. Ich rocke jedenfalls weiter.“

Roboter. Karel Capek prägt den Begriff „Roboter“ als künstlichen, rechtlosen Arbeiter.

Asimovs Roboter­gesetze. 1. Schade keinem Menschen! 2. Gehorche! 3. Schütze dich, ohne Gesetz 1 und 2 zu verletzen!

Sexy Ladybots. Tobit lässt seine Roboterdamen Lexy und Tess an der Stange tanzen.

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Aibo. Sony kreiert das erste Haustier mit künstlicher Intelligenz. 2006 eingeschläfert.

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Fleisch aus dem Labor. Eier ohne Huhn. Und Milch, die nicht aus dem Euter kommt: Isha Datar kennt die Leute, die das Essen der Zukunft erfinden. Sie ist eine von ihnen.T E X T : M A G D A L E N A M I E D L I L L U S T R A T I O N : M A R T I N U D O V I Č I Ć

DAS ENDE VON KUH UND HUHN

ine Kuh ist ein unwirtschaftliches Tier. Sie frisst, sie säuft, sie scheißt, sie hat Hörner und ein Fell und vier Mägen und einen Schweif. Alles entbehrlich für den Menschen, der sie nur melken will. Die Kuh gibt aber erst Milch, wenn sie ein Kalb geboren hat. Und Stier-kälber sind nutzlos und müssen geschlachtet werden. Ein unerfreulicher Nebeneffekt. Geht das alles nicht effizienter?

Wir fragen nach bei Isha Datar. Die 27-Jährige ist seit zwei Jahren die Chefin der kleinen, gut vernetzten New Yorker Non-Profit-Organisation New Harvest, die Biotech-Wissenschaftler, Jungunternehmer und Investoren zusammenbringt. Wer bei Isha anruft mit ein paar dringenden Fragen zur Zukunft der Nah-rungsmittelindustrie, erwischt sie vielleicht gerade an einem sonnigen Frühlingsvormittag in ihrem Home Office in Brooklyn. Noch arbeiten sie und die zweite New-Harvest-Mitarbeiterin von zu Hause aus. Ein Büro in einem Co-Working-Space wird demnächst angemietet. „Uns ist wichtig, was wir bewirken. Nicht, dass wir wachsen.“ Bei unserem Skype-Gespräch lässt Isha die Kamera lieber ausgeschaltet, weil sie gerade beim Essen ist. Es gibt ein äthiopisches Ge-

richt, Reis und Bohnen. Auch das ist Zukunft: aus-schließlich pflanzliche Proteine. „Ich liebe Fleisch, aber ich esse kaum noch welches. Auch wenn wir Alternativen entwickeln: Ich glaube, wir müssen so oder so unseren Fleischkonsum reduzieren.“

Künstliche MilchIshas Job ist es, die richtigen Leute zu kennen und ein-ander vorzustellen: Menschen mit Weitblick, die mit neuen Technologien die industrielle Landwirtschaft überflüssig machen wollen. Im April 2014 hört sie, dass ein Gründerprogramm für Biotech-Start-ups in Irland Bewerber sucht. Zwei New-Harvest-Volontäre haben Isha unabhängig voneinander in den Monaten zuvor von ihren Plänen für künstliche Milch berichtet. Isha kontaktiert beide: Ryan Pandya in den USA, Perumal Gandhi in Indien. Die beiden sind begeistert, und zu dritt machen sie sich an die Arbeit. Vier Tage später schicken die drei ihre gemeinsame Bewerbung ab. Sie werden ins Gründerprogramm aufgenommen und entwickeln in Irland den Sommer über im Labor eine Methode, mit modifizierter Hefe aus pflanzlichen

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DIE MILCHMACHERIN. Isha Datar, 27, ist Bio­ingenieurin mit Mission. Die Direktorin von New Harvest bringt Gour­mets, Labortechniker, Wissenschaftler und Investoren zusammen. Ishas Ziel: Fleisch, Milch und Eier e∞zienter her­stellen, als die Natur selbst es kann.

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Rohstoffen Milch herzustellen. Sie nennen ihr Start-up Muufri. Ein halbes Jahr später klopft mit Horizon Ventures der größte Kapitalinvestor Asiens an. Und überweist zwei Millionen Dollar.

„Die Idee von Muufri ist einfach: herausfinden, was die Zellen im Kuheuter tun, um Milch zu er-zeugen. Und diesen Prozess nachmachen, ohne den Rest der Kuh“, sagt Isha. Geht das Konzept auf, ist es effizienter, sauberer und preiswerter als jede Art der bisher bekannten Milchwirtschaft. Solche Ideen sind keineswegs nur reizvolle Spielereien, sondern für die Zukunft der Ernährung dringend nötig. Denn Land-wirtschaft ist ein schmutziges Geschäft: Ein Drittel des eisfreien Landes auf dem Planeten wird momentan direkt oder indirekt für Viehzucht genutzt. 18 Pro-zent der Treibhausgase haben hier ihren Ursprung, mehr als das gesamte Transportwesen der Welt. Und in den engen Ställen der Industriefarmen entwickeln sich die Keime, gegen die schon jetzt kein Antibioti-kum mehr hilft.

Isha weiß, wie ein konventioneller Kuhstall von innen aussieht. Sie ist aufgewachsen in Edmonton, Alberta, mitten in Kanadas wichtigster Rinderzucht-gegend. Ihr Vater ist Arzt, ihre Mutter Landschafts-architektin, die Familie ist eng befreundet mit Milch-bauern. „Fleisch war bei uns Teil jeder Mahlzeit“, sagt Isha. Nach der Schule beginnt sie in Alberta ein Studium der Zell- und Molekularbiologie, später studiert sie Biotechnologie in Toronto. Aus Interesse belegt sie einen Kurs in Fleischwissenschaften. Die Fakten sind deutlich: Für ein Kilogramm Rindfleisch sind 15.000 Liter Wasser und 15 Kilo Futtermittel nötig. Und in der industriellen Viehwirtschaft werden die Rinder mit Getreide und Soja gefüttert, das ohne den Umweg durch die vier Mägen einer Kuh wesent-lich mehr Menschen ernähren könnte. Zukunftswei-send ist anders. „Ich war schockiert, wie ressourcen-intensiv und ineffizient konventionelle Fleischpro- duktion ist“, sagt Isha.

Tierfutter: AntibiotikaLange wird das nicht mehr gutgehen: Im Jahr 2050 werden neun Milliarden Menschen auf dem Planeten leben. Essen wir so weiter wie bisher, werden dann doppelt so viele Nutztiere wie heute unseren Hunger stillen müssen. Doch die großen Landwirtschaften und ihr ewiger Ernteüberschuss sind ein Auslauf-modell: Sie vertrauen auf mineralische Dünger, die nur noch einige Jahrzehnte verfügbar sind und die unter gewaltigem Energieaufwand produziert werden. Biologische Landwirtschaft ist zwar auf lange Sicht effizienter, macht aber derzeit gerade zwei Prozent der weltweiten Produktion aus.

Schon jetzt ist der niedrige Fleischpreis nur durch Subventionen für das Futter zu halten. US-amerikani-sche Rinder, Schweine und Hühner bekommen über 80 Prozent der im Land verschriebenen Antibiotika. Die Arbeiter in den großen Schlachtereien schuften unter menschenverachtenden Bedingungen, in Europa ebenso wie in den USA. Und unser Fleischhunger bedroht auch andere Branchen: Die Überdüngung beim Futteranbau vergiftet natürliche Trinkwasser-ressourcen. Sie zerstört Fischgründe und macht die küstennahe Fischerei in vielen Gegenden unwirt-

schaftlich. Und sie ist fatal für den Tourismus, wenn infolge der Überdüngung algenverseuchte Strände die Gäste fernhalten. Die Böden vor allem in süd-amerikanischen, zunehmend auch in afrikanischen Soja anbaugebieten leiden massiv unter der intensi-ven Bewirtschaftung. Würde der Schaden eingerech-net, den die Landwirtschaft an Wasser, Luft und Erde anrichtet, wäre Fleisch längst unerschwinglich. Und das System würde zusammenbrechen. Es ist höchste Zeit, sich Alternativen auszudenken. Doch dass ange-sichts dieser Gefahr ab morgen alle vegan leben, hält Isha für unrealistisch. Zu sehr mögen die meisten von uns Hamburger und Milchshakes. Und um die Bevöl-kerungsexplosion auf ein überschaubares Maß einzu-schränken, bräuchte es mindestens jemanden vom Kaliber eines James-Bond-Superschurken.

Kekse aus InsektenDen nötigen Überblick hat die österreichische Er-nährungs- und Trendforscherin Hanni Rützler. Sie skizziert in ihrem „Food Report 2015“ vier alternative Szenarien zur industriellen Fleischproduktion: Soja statt Fleisch – also pflanzlicher Ersatz wie Tofu oder Seitan für jene, die keine Tierprodukte mehr wollen. Bio-Fleisch statt Massentierhaltung – für die, die sich handgestreicheltes Schweinsfilet leisten können. Insektenprotein statt Fleisch – ein Ansatz, der nur in Europa und Nordamerika auf ernsthaften Wider-willen stößt. Und In-vitro-Fleisch aus dem Labor – fleischgewordene Science-Fiction.

Als Isha Datars Uni-Professor in Toronto das Konzept von Fleisch aus dem Labor erwähnt, ist sie fasziniert. Sie schreibt eine Arbeit zum Thema und kontaktiert Jason Matheny, den Gründer von New Harvest. Bald tauscht sie sich mit Biotechnologen auf der ganzen Welt aus. Sie beginnt Vorträge über das Thema zu halten. Und im Frühling 2013 wird sie mit 25 Jahren Executive Director von New Harvest.

Hier begegnen sich jene, die das Problem erkannt haben. Der junge kalifornische Unternehmer Josh Tetrick etwa, der pflanzlichen Ersatz für Hühnereier entwickelt. Oder Professor Mark Post von der Univer-sität Maastricht – der Erste, der einen Hamburger im Labor gezüchtet und öffentlich gegessen hat. Oder Gabor Forgacs von Modern Meadow, der eine zweite Variante von In-vitro-Fleisch entwickelt hat. Sogar das New Yorker Start-up Exo gehört zum Bekannten-kreis von New Harvest. Exo produziert Proteinriegel und Cookies aus Grillenmehl, Zielgruppe sind Büro-arbeiter ebenso wie Sportler. Denn Insekten sind sen-sationell gute Futterverwerter und produzieren nur einen Bruchteil der Treibhausgase etwa von Rindern. Die FAO prognostiziert, dass in zwanzig Jahren immer-hin zehn Prozent der weltweiten Proteinversorgung durch Insekten gesichert sein wird.

MILCH OHNE KÜHE: DIE BILLIGSTE METHODE. Je nach Zusammen­setzung könnte Muufri nicht nur Kuh­, Büffel­ oder Ziegenmilch, son­dern auch menschliche Muttermilch ersetzen. Die Herstellung von Milchprodukten wie Joghurt und Käse ist ein langfristiges Ziel. Muufri arbeitet dabei nicht an Essensimitaten, sondern an echten Nahrungs­mitteln.

„Schockierend: 15.000 Liter Wasser und 15 Kilo Futter für ein Kilo Fleisch.“ I S H A D A T A R

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Potentiell ist in diesem Bereich sehr viel Geld zu holen, synthetische Biologie ist derzeit ein heißes Thema bei Investoren. Die ganz Großen wollen mit-machen: Der schwerreiche Unternehmer Li Ka-shing, Facebook-Mitgründer Eduardo Saverin oder der Cloud-Computing-Pionier Marc Benioff – Namen, die im Silicon Valley Augen leuchten lassen. Isha ist mo-mentan viel unterwegs: erst neulich in San Francisco, dann im März bei der SXSW Conference in Austin, demnächst bei der Expo 2015 in Mailand. Aber der größte Teil ihrer Kommunikation läuft online. Auch ihre beiden Partner bei Muufri hat sie lange nur übers Internet gekannt, die gemeinsame Bewerbung erstellten sie über Online-Tools. Natürlich, wie sonst: „Das ist die beste Methode, die Fixkosten niedrig zu halten“, sagt sie in unserem Skype-Telefonat.

Fleisch aus dem 3D-DruckerZwischen zwei Löffeln Bohneneintopf erläutert Isha die Unterschiede zwischen verschiedenen Ansätzen, Fleisch im Labor zu erzeugen. Der eine stammt von Mark Post, der 2013 unter großem Medienecho den ersten In-vitro-Burger der Welt präsentierte: aus-schließlich im Labor gezüchtete Rindfleischfasern, die in Ringform um eine gelartige pflanzliche Nähr-substanz wachsen. Posts Cultured Beef Project hat weltweit Interesse geweckt, auch Hanni Rützler war zur Verkostung des Hamburgers eingeladen. Das In-vitro-Fleisch basiert auf Muskel- und Stammzellen, die einer lebendigen Kuh entnommen werden und sich in einer Nährlösung theoretisch endlos teilen können. Momentan hat das Fleisch aus dem Labor noch Ähnlichkeit mit Hackfleisch. Eine Anwendung in Hamburgern oder Würsten ist denkbar. Große Fleischstücke wie etwa ein marmoriertes Steak liegen noch fern, doch Mark Post forscht weiter. „Wir haben Mark erst vor ein paar Wochen wieder 50.000 Dollar Unterstützung vermittelt“, berichtet Isha.

Den anderen Ansatz verfolgt das Start-up Modern Meadows, gegründet von Gabor Forgacs und seinem Sohn Andras. Begonnen haben die beiden mit der Entwicklung von echtem Leder aus pflanzlichen Roh-stoffen. In einem zweiten Schritt sind sie zu Labor-fleisch übergegangen, das in Schichten aus Fett- und Muskelzellen wächst. Dabei werden die Zellen mit einem Verfahren ähnlich dem 3D-Druck angeordnet. Unterstützt wird Modern Meadows von Googles Think-Tank-Projekt Solve for X.

Die Idee vom Fleisch aus der Retorte ist alt. Bereits 1931 malte sich Winston Churchill in einem Essay aus, wie die Welt in fünfzig Jahren aussehen könnte: „Wir werden der absurden Situation entkommen, dass wir ein ganzes Huhn großziehen, nur um Brust oder Flü-

gel zu essen, indem wir diese Teile separat in einem geeigneten Medium wachsen lassen.“ Es ist das Lieb-lingszitat der ganzen Branche, auch wenn Churchill, was den Zeithorizont betraf, zu optimistisch war.

Keine Tiere mehr schlachtenStimmt es in zwanzig Jahren also doch, dass Fleisch in der Styroportasse im Kühlregal wächst? Derzeit kostet ein In-vitro-Burger noch 250.000 Euro. Nor-mal für einen Prototyp. Geht es nach Andras Forgacs, gehören die ersten, teuren Jahre nach der Marktreife aber sowieso dem Luxussegment. Im Fall von Labor-Leder etwa Spezialbestellungen von Haute-Couture-Häusern. Oder maßgeschneiderten Leckerbissen für die Haute Cuisine, vielleicht gezüchtet aus den Zellen seltener Tierarten. Danach soll sich der Preis radikal reduzieren und sich dem Massenmarkt anpassen. Was die Nachhaltigkeit betrifft, haben die Fleisch-laboranten bereits jetzt alle Trümpfe in der Hand: 99 Prozent weniger Wasser, 96 Prozent weniger Land, 96 Prozent weniger Treibhausgase und immer-hin 45 Prozent weniger Energie brauche die Produk-tion von Rind aus der Retorte, wie Forgacs vorrech-net. Das Fleisch kann lokal dort produziert werden, wo es gegesse n wird: in den Städten, wo der Großteil der Menschen längst lebt. Und es müssen keine Tiere dafür geschlachtet werden.

Hingehen, das Messer wetzen und das Tier selbst töten: Dieser Aufgabe stellen sich bewusste Fleisch-esser immer wieder. Ein ehrenvoller Selbstversuch, der aber am Problem vorbeigeht. Denn es sterben nicht nur die Tiere, die wir essen. Sondern noch sinn-loser die, die wir nicht brauchen: Stierkälber, die in der Milchproduktion keinen Nutzen haben. Und männliche Küken, die als ausgewachsene Hähne nicht verkäuflich sind. Allein in Deutschland werden im Jahr zehn Millionen frisch geschlüpfte Hähnchen geschreddert, weltweit sind es mehr als 200 Millionen. Idealisten widmen sich der Frage, wie die Hühner-zucht durch sogenannte Zweinutzungsrassen tier-gerechter werden kann. Damit sind Hühnerrassen gemeint, die nicht entweder auf Eierlegen oder auf Fleischmasse hin optimiert sind, sondern beides gut können. Die Norm sind immer noch Fabrikshallen voller Legehennen, die zu fünft auf einer Käfigfläche von einem Blatt Papier die zwei Jahre ihres Lebens verbringen. Aber diese Fabriken haben keine Zukunft, und das nicht nur aus Tierschutzgründen: Sie sind auf lange Sicht gesehen unwirtschaftlich.

Nervöse GroßkonzerneIsha Datar hat auch dafür jemanden im Portfolio, der weiterweiß. Wäre Josh Tetrick Tierrechtsaktivist, würde er vielleicht in solche Eierfabriken einbrechen und ein paar Hühner befreien. Doch damit hält er sich nicht auf. Joshs geistige Heimat ist das Silicon Valley, und hier denkt man in Lösungen, nicht in Problemen. Tetricks Ansatz ist simpel: Was, wenn wir keine Hüh-nereier mehr brauchen? Und zwar nicht, weil wir verzichten, sondern weil wir das mit den Eiern besser können als die Hühner selber? Das Verhältnis von Energie-Input zu -Output ist bei Hühnereiern 39 zu 1, schlechter schneidet nur Rindfleisch ab. Josh Tetrick

IN-VITRO-BURGER.Das Fleisch aus dem Labor basiert auf Muskel- und Stamm-zellen, die einer leben-digen Kuh entnommen werden und sich in einer Nährlösung theoretisch endlos teilen können. Preis: 250.000 Euro.

3D-FOOD-PRINTER. Sollen eines Tages auf Knopfdruck das Lieb-lings essen aus spucken und Proteine, Kohlen-hydrate und Mineral-stoffe so zusam men-bauen als wären es Legosteine. Erster Erfolg: Es schmeckt schon wie Legosteine.

„Wir werden Brust und Flüge l separat wachsen lassen.“ W I N S T O N C H U R C H I L L , 1 9 3 1

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will es besser machen: Sein Unternehmen Hampton Creek entwickelt pflanzliche Produkte, die traditio­nell mit Ei hergestellt werden. In amerikanischen Supermärkten und inzwischen auch in Hongkong erhältlich ist Just Mayo, eine eifreie Mayonnaise. Just Cookies begeisterten sogar Oprah Winfrey, die sie als „Smarter Cookies“ lobte. Außerdem gibt es pflanz­lichen Cookie­Teig, der zum Selberbacken und Roh­Essen geeignet ist. Überall ausverkauft, seit John Legend auf Twitter davon schwärmte. Demnächst wird es ein Ranch Dressing geben ohne Ei oder Milch, aber „zehnmal köstlicher als die führenden Marken“, verspricht Hampton Creek. Und Ende des Jahres soll es Just Scramble zu kaufen geben, das erste rein pflanzliche „Rührei“­Produkt der Welt. Lauter ver­traute amerikanische Nahrungsmittel, Mainstream­Wohlfühlprodukte, hergestellt aus verschiedenen Sorten gelber Erbsen. „Einer Mutter mit wenig Haus­haltsgeld ist egal, ob ihre Mayo vegan ist. Ihr sind gute Zutaten, der Geschmack und ein guter Preis wichtig“, heißt es bei Hampton Creek. Das kommt so gut an, dass sogar der Nahrungsmittelriese Unilever unruhig wird: In einem David­gegen­Goliath­Prozess verklagte Unilever Tetricks Unternehmen, er führe die Kunden mit der Bezeichnung „Mayo“ in die Irre, weil kein Ei enthalten sei. Nach monatelanger schlechter Presse zog Unilever dann die Klage zurück. Und für Hampton Creek hat sich der Prozess als die beste nur denkbare Publicitykampagne erwiesen.

Eier ohne HühnerWährend industrielle Nahrungsmittelhersteller sich mit konventionellen Haifischbeckenmethoden zur Wehr setzen, sind die Ernährungspioniere einander freundschaftlich verbunden. Man kennt und schätzt einander. Als Josh Tetrick von seinem Investor Horizon Ventures gefragt wurde, welche weiteren Start­ups unterstützenswert seien, nannte er großzügig die Kollegen von Modern Meadows.

Auch Isha ist überzeugt vom Hampton­Creek­ Gedanken. „Es läuft für ihn so gut, inzwischen sind wir eher Fans als Unterstützer von Josh“, sagt sie. In Sachen Ei ist sie gedanklich bereits einen Schritt weiter: Gemeinsam mit den beiden New­Harvest­ Volunteers Arturo Elizondo und David Anchel hat sie Anfang März Clara Foods gegründet. Das blutjunge Start­up arbeitet daran, tatsächlich Hühnerei aus pflanzlichen Proteinen herzustellen. Erstes Ziel ist Eiklar, das auch zu Schnee geschlagen werden kann und das bei Hitze stockt. Eben all die Eigenschaften, die Hühnereiweiß für viele in der Küche unentbehr­lich macht. Noch ist die Website des jungen Unter­nehmens sehr schlank. Bis zum Ende des Sommers will das Clara­Foods­Trio essbares Eiklar aus dem Labor entwickelt haben.

Clara Foods steht noch ganz am Anfang. Muufri existiert nur ein Jahr länger, hier wird inzwischen schon expandiert: Das alte Labor ist zu eng gewor­den, der fünfte Mitarbeiter wurde engagiert. Ende 2016 will Ryan Pandya ein vermarktbares Produkt anzubieten haben. Je nach Zusammensetzung könn­te Muufri nicht nur Kuh­, Büffel­ oder Ziegenmilch, sondern auch menschliche Muttermilch ersetzen. Die Herstellung von Milchprodukten wie Joghurt und Käse ist ein langfristiges Ziel. „Yes, we’re hiring“ steht auf der Website von Muufri, wie fast überall bei den Biotech­Start­ups. Noch ist hier nicht das große Geld. Aber es kann sich nur noch um Jahre handeln.

Futuristischer als Science-FictionWenn jemand Strategien für bevorstehende Ernäh­rungskrisen empfehlen kann, ist es Zukunftsforsche­rin Hanni Rützler. Und die sagt: „Es wird viele Kon­zepte nebeneinander geben, die auch die Eigenheiten der unterschied lichen Esskulturen widerspiegeln.“ Die Milcherfinder und die Fleischlaboranten sind da­bei wichtig: „Die kleinen Start­ups sind im Moment wendiger und zukunfts tauglicher. Die können mit Fundraising schnell einen ersten Schritt machen. Und wenn sie erfolgreich sind, weil sie genau die Be­dürfnisse, Sehnsüchte und Wünsche ihrer Kunden aufgreifen, dann werden sie auch gerne aufgekauft.“

Genau die Menschen also, die einander bei New Harvest begegnen, dieser Organisation mit dem Na­men einer Sekte und der Mission, die Zukunft zu verändern. Sie stellen sich dabei keine dystopischen Szenarien mit verendendem Vieh und hungerbäuchi­gen Babys vor, sondern eine bessere Variante der Wirklichkeit. So wie damals, als Science­Fiction noch hell und sauber war. Als „Star Trek“ die futuristische Idealversion der Vereinten Nationen war und der Replikato r auf der USS Enterprise auf Zuruf jedes Gericht der Galaxie bereitstellte. Muufri, Modern Meadows und Hampton Creek arbeiten nicht an Es­sensimitaten, sondern an echten Nahrungsmitteln. Noch ist das ungewohnt, aber hat im Vergleich zur Praxis der Fleischindustrie Zukunft. Altmodische Rinder mit Hörnern, Ohren, Fell und Euter haben dann vielleicht nur noch Platz als museale Streichel­tiere. Und wenn sich dann jemand als Luxus ein ech­tes Steak leistet, ist die Kuh vor ihrem Tod auf der Weide gestanden. Ein Dasein, das heute für die meis­ten Rinder längst utopisch ist.

Dorthin werden uns viele kleine Schritte bringen: „Wir entscheiden bei jeder einzelnen Mahlzeit neu, was wir essen. Wenn wir diese Entscheidung infor­miert treffen, können wir etwas bewirken.“ Als Isha diese Erkenntnis vor drei Jahren bei ihrem TEDx­Talk in Toronto kundtat, reagierten viele ihrer Zuhörer radikal – und stiegen auf vegane Ernährung um. „Da­bei hatte ich das gar nicht beabsichtigt“, sagt sie heute. „Wenn wir alle unsere Gewohnheiten nur ein Stück verändern, bringt das nämlich viel mehr, als wenn eine kleine Minderheit komplett auf tierische Produkte verzichtet.“ Und wenn die New­Harvest­Community um Isha ihren Job gut macht, wird der Verzicht ohne­hin nicht wehtun. Denn dann gibt es im Supermarkt bald Fleisch, das ohne Tier hergestellt wurde.

Echtes Fleisch.

„Wir könnten nicht nur Kuh-, sondern auch Muttermilch ersetzen.“ R Y A N P A N D Y A , M U U F R I

ZUKUNFT DES ESSENSTrendforscherin Hanni Rützler skizziert im „Food Report 2015“ vier Alternativen zu Fleisch-fabriken und Tier-KZs. 1. ALLES BIO Funktioniert nur, wenn die Menschen bereit sind, weniger Fleisch zu essen – und gleichzeitig mehr dafür zu bezahlen. 2. SOJA STATT FLEISCHHilft gegen Massentier-haltung, führt aber zu Monokulturen, Regen-waldzerstörung und Treibhauseffekt.

3. INSEKTEN STATT FLEISCHDas könnte wirklich funktionieren. Und alle finden es lecker – außer Nordamerikaner und Europäer.

4. FLEISCH AUS DEM LABOR Klonen, kopieren, 3D-drucken. Theore-tisch geht alles. Ob es schmeckt? Sicher ist nur: noch viel zu teuer.

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Warum Warten, um ans Ziel Zu kommen?

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Vishal Sharma hat einen der intelligentesten

virtuelle n Assistenten unserer Zeit entwickelt:

Google Now. Doch die wahre Revolution steht

noch aus, sagt er. Selbst-lernende Maschinen wer-

den die Welt verändern.I N T E R V I E W : G E O R G E C K E L S B E R G E R

„DIE MASCHINEN WERDEN WISSEN,

WAS SIE SIND“

Vishal Sharma (46) war sieben Jahre lang Vice President bei Google und Chefentwickler von

Android und Google Now. Seit 2014 arbeitet er an einem eigenen, noch geheimen Start-up.

Ich weiß nicht, was ich suche. Aber ich erkenne es, wenn du es findest.

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THE RED BULLETIN: Du bist ein vielbeschäftigter Mann, entwickelst virtuelle Assistenten. Woher soll ich wissen, dass ich mit dir und nicht mit einer Maschine skype?Vishal Sharma: Das ist der heilige Gral, der berühmte Turing-Test – kann eine Maschine so intelligent sein, dass wir sie nicht von einem Menschen unterscheiden können?

Was würdest du sagen?Ich bin nicht sicher. Könnte hier und heute eine geheime Technologie existieren, die es schafft, mein Gesicht und meine Stimme zu konstruieren? Denkbar, aber sehr unwahr-scheinlich, die Technik ist noch nicht so weit.

Wie lässt sich ein virtueller Assistent enttarnen?Die Systeme haben nur zwei Möglichkeiten zu reagieren, wenn sie etwas nicht verstehen: Sie können entweder witzig oder dumm rüberkommen. Der Assistent macht also ent-weder einen Witz und versucht, dich von deiner eigentlichen Frage abzulenken, oder er gibt zu: „Es tut mir leid, ich habe nicht verstanden, was du gerade gesagt hast.“

Das größte Problem ist also die Spracherkennung? Die menschliche Sprache ist sehr dynamisch und ausdrucks-stark. Unsere Intelligenz und unser Bewusstsein drücken sich darin aus – Millionen von Ausdrucksformen und Emotionen. Virtuelle Assistenten versuchen die Sprache möglichst einfach herunterzubrechen und dann jenen Befehlen zuzuordnen, die am besten passen. Dabei entsteht noch kein richtiger Dialog. Trotzdem glaube ich, dass die Interaktion mit Sprache und Gesten in Zukunft eine bedeutende Rolle in der Kommuni-kation mit Maschinen spielen wird. Manche sagen, funktio-nierende Spracherkennung ist eine Technologie, die immer fünf Jahre entfernt ist. Ich bin nicht so pessimistisch.

Wie lernen die Maschinen dazu?Es gibt zwei verschiedene Modelle. Nehmen wir an, wir wolle n einem Roboter beibringen, sich zu bewegen. Die erste Möglichkeit ist, bewegliche Roboterteile zu konstruieren und dann Algorithmen zu schreiben, die dem Roboter sagen, wie er sie benutzen soll. Die zweite Möglichkeit sind selbst-lernende Roboter. Die Maschine erhält Fähigkeiten, weiß aber selbst nicht, welche Fähigkeiten das sind. Der Roboter erhält zum Beispiel einen Arm mit drei Bewegungsstufen, und du stellst ihn vor die Aufgabe, einen Ball näher an ein Ziel zu bewegen. Der Roboter weiß nicht, wie er die Aufgabe lösen soll, er muss es selbst herausfinden. Mit der Zeit entwickelt er ein Modell seines Arms und seiner Fähigkeiten und leitet die Algorithmen selbst davon ab. Große Teile dessen, was wir als Bewusstsein bezeichnen, kommen aus dieser Form der Körperlichkeit und entwickeln sich durch diese Art des Feedbacks. In gewisser Weise wird sich der Roboter dabei bewusst, was er ist.

Feedback ist der Schlüssel zu intelligenten Maschinen?Ja, aber bei der Spracherkennung funktioniert der Feedback-Bogen noch nicht. Du sagst etwas, und im Gegenzug hat der virtuelle Assistent kaum Möglichkeiten zu reagieren. Er ant-wortet sinngemäß: „Ich denke, du meinst das so. Meinst du das so?“ Er kann kein wirkliches Feedback geben, deshalb er-gibt sich keine Konversation. Die Assistenten wiederum sind aber auf ständiges menschliches Feedback angewiesen, die Geschwindigkeit der technischen Evolution hängt davon ab. Ich bin überzeugt, wir werden eine Möglichkeit finde n, dieses Feedback zu ermöglichen. Wenn das passiert, werden wir einen plötzlichen, unerwarteten Sprung vorwärts machen.

Es wird mehr und mehr intelligente System e geben, und sie werden jeden Tag schlauer werden. Wir bewegen uns auf diese Schwelle zu, aber wir sind noch nicht dort.

Tesla-Gründer Elon Musk und andere Forscher warnen vor den Gefahren eines solchen Durchbruchs. Sind Sorgen angebracht?Künstliche Intelligenz wird in Zukunft eine sehr mächtige Technologie sein und große Bereiche unseres Lebens bestim-men: Wie unterhalten wir uns miteinander? Wie erhalten wir Informationen über unseren eigenen Körper? Wenn du auto-matisierten Systemen so viel Kontrolle über die Menschen gibst, muss es eine Debatte darüber geben und eine Art Auf-sicht. Wir müssen bösartige Entwicklungen verhindern. All das sind berichtigte Sorgen. Jetzt wäre ein guter Zeitpunkt für die Menschheit, sich mit diesen Fragen zu beschäftigen.

Wie sieht es mit Datenschutz und Privatsphäre aus? Wo ziehst du persönlich die Grenze?Ich mag Systeme, die viel über mich wissen: Ich klicke hier und dort, und am Ende erhalte ich eine Buchempfehlung auf Amazon. Das finde ich in Ordnung. Wenn du diese Informa-tionen aber zu mir zurückverfolgen kannst, und zwar bis in alle Ewigkeit, dann ist das ein Problem für mich. Ich will die Möglichkeit haben, Systeme dazu zu bringen, mich zu ver-gessen. Ich mache mir persönlich Sorgen über Datenschutz. Jeder sollte sich Sorgen machen. Dennoch glaube ich, dass Big Data einen demokratisierenden Effekt haben kann – wenn die Systeme allen gleicher maßen zur Verfügung stehen. Wenn jeder Mensch auf der Welt jeden anderen ausspionieren kann, verhindert das die Zentralisie-rung von Macht. Bisher haben sich die meisten Technologien, die den Menschen individuell zur Verfügung stehen, für autoritäre Systeme als zersetzend erwiesen.

Mit deiner Arbeit verblüffst du Menschen. Aber wann warst du zuletzt selbst erstaunt über eine technische Neuerung?Das passiert ständig. Wenn ich spät dran bin und mir mein Telefon automatisch Verkehrsinfos anbietet, sagt es in ge-wisser Weise meine Zukunft vorher – das fasziniert mich. Manchmal sage ich etwas zu Siri, und ich bin mir sicher, dass es mich nicht verstehen wird – und dann versteht mich Siri doch. Das finde ich erstaunlich. Technologie ist magisch.

Große Unternehmen wie Apple und Google bestimmen im Moment den Bereich der virtuellen Assistenten. Welche Rolle können kleine Start-ups spielen?Der gesamte Bereich ist neu und unerforscht, es gibt immens viel Raum für Kreativität und kreative Zerstörung. Ständig tun sich neue Möglichkeiten auf, deshalb kann kein Konzern den gesamten Bereich dominieren. Nehmen wir Deep Learning als Beispiel: Es gibt so viele unter schiedliche Bereiche, auch Google oder Apple können nicht alles abdecken. Kein anderer technologischer Bereich bietet so ergiebige Chancen für Start-ups.

Der Turing-Test. Bereits 1950 entwickelte der britische Mathematiker und Informatiker Alan Turing den nach ihm benannten Test, um das „Denk­vermögen“ von Maschinen beurteilen zu können. Bei dem Test unterhält sich ein Mensch ausschließlich über Texteingabe am Bildschirm mit zwei unbe­kannten Gesprächspartnern – einem Menschen und einem Computer. Beide versuchen ihn davon zu überzeugen, dass sie der menschliche Gesprächs­partner und keine Maschine seien. Kann die Testperson die Maschine am Ende des Gesprächs nicht identifizieren, ist der Turing­Test bestanden. Bis heute ist das allerdings noch keiner Maschine gelungen.

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Das Image ist verheerend. Die Wirtschaftslage trübe. Die Not aber macht erfinderisch. Start-ups aus einer Region, die einst Genies wie Nikola Tesla hervorbrachte und heute nicht mehr mit Krieg assoziiert werden will, sondern mit Kreativität. T E X T : T E R E S A R E I T E R

an muss wahnsinnig sein, um sich hier mit einem Start-up selbständig zu machen“, sagt Darko Djurić, ein junger Programmierer aus Niš in Serbien, der vor seiner ersten Unternehmensgründung steht. Er zählt die gängigsten Hindernissen mit den Fingern auf: „Erstens ist die Bürokratie eine totale Zumutung. Man verbringt Stunden damit, Förderungsanträge auszufüllen, die dann vielleicht im Müll landen“, sagt der Sechsundzwanzigjährige. „Zweitens gibt es kaum Business Angels. Drittens ist die Wirtschaftslage nicht gerade ein Sprungbrett für Start-ups, und viertens mangelt es an Infrastruktur.“Und: „Die Kredite haben Zinsen, die man seinem schlimmsten Konkurrenten nicht wünschen würde“, sagt Daniel Rössler von der Agentur der Österreichi-schen Entwicklungszusammenarbeit (ADA), die Wirt-schaftspartnerschaften zwischen österreichischen und südosteuropäischen Unternehmen einrichtet,

um Start-ups zu unterstützen. Hinzu kommt freilich das Problem mit dem Image. Balkan oder Kosovo? „Da runzeln potentielle Partner erst einmal die Stirn“, sagt Rössler. Das sei das Kern-problem, sagt auch Jurica Magoći vom mazedonisch-kroatischen Fueloyal: „Start-ups aus Südosteuropa müssen sehr viel besser als Firmen aus den USA oder Westeuropa sein, wenn sie international erfolgreich sein wollen.“ Aber das geht, „wenn man auf eine ver-rückte Art beharrlich ist“, sagt Magoći.Denn allen Widrigkeiten zum Trotz entwickelt sich in den letzten Jahren auf dem Balkan eine vitale Start-up-Szene. Klarer Vorreiter ist Bulgarien, das jedoch als EU-Mitglied über eine günstigere Ausgangsposition verfügt als seine westlichen Nachbarn. Dabei verfüge der Balkan über viele Vorteile, sagt Rössler: die überdurchschnittlich junge Bevölkerung, Kreativität und Risikobereitschaft. Paradoxerweise listet Rössler noch etwas als Vorteil auf: die vielen Probleme. „Für uns als Entwicklungsagentur ist das sehr spannend, weil wir gemeinsam mit Jungunter-nehmern soziale Probleme auf ganz neue und inno-vative Weise lösen können. Und von denen gibt es am Balkan leider noch genug“, sagt Rössler.Not macht eben erfinderisch.

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STRAWBERRY TREE SERBIEN

Nicht nur Erdbeeren, sondern auch Strom wächst eigentlich nicht auf Bäumen. Bei der serbischen Solarenergie-Firma Strawberry Tree ist Letzteres hingegen ganz normal. Schon als er noch zur Schule ging, träumte der Elektrotechniker Miloš Milisavljević davon, so vielen Menschen wie möglich Zugang zu Green Energy zu verschaffen. Gemeinsam mit Studienkollegen gründete er noch an der Univer-sität sein Unternehmen. Seine baumartigen Sonnenkollektoren stehen in Parks und auf öffentlichen Plätzen. Auf einer beque-men Bank gleich daneben kann man sich setzen, sein Smartphone anstecken und das freie Wi-Fi nutzen. Die Bäume verfügen über eingebaute Batterien und eigens vom Gründer patentierte smarte Technik, die dafür sorgt, dass Energie optimal gewonnen und verbraucht wird. Sie überstehen zwanzig Tage ohne Sonnenschein, so lange können sie Energie speichern und ab-geben. Gleichzeitig sollen die Smartphone-Ladestationen etwas zur Smart-City-Entwicklung in den Städten beitragen. Strawberry Tree will so nach-haltig genutzte öffentliche Räume schaffen und nutzlose Straßenmöblierung in nützliche verwandeln. Bei der Unternehmensgründung 2011 wurde Milisavljevićs Erfindung von der EU-Kommission noch als erste urbane Solar-einrichtung dieser Art weltweit anerkannt. Wer heute durch den Tašmajdan-Park in Belgrad geht, sieht Jusstudenten und Kindermädchen, Mütter und Touristen, die sich um die Ladestation scharen und heiter miteinander schwatzen. Mittlerweile gibt es dreizehn Strawberry Trees in drei euro-päischen Ländern mit zusammengenommen 400.000 Nutzern, und das Unternehmen will natürlich weiter wachsen. „Mit unseren Strawberry Trees wollen wir jedem in der Gesellschaft die Möglichkeit geben, nachzuvoll-ziehen, wie wichtig erneuerbare Energien sind. Das ökologische Bewusstsein nimmt zu, und wir sehen schon Verbesserungen im alltäglichen Verhalten der Leute“, sagt Tijana Manitašević von Strawberry Tree.

FUELOYAL MAZEDONIEN/KROATIEN

In Zeiten wie diesen muss jeder auf seinen Sprit aufpassen. Deshalb hat die mazedonisch-kroatische Firma Fueloyal einen intelligenten Tankdeckel erfunden, der eine Art Zähler enthält. Damit lässt sich die Menge an Benzin, die in den Tank gelangt, messen, um Benzin-diebstahl durch Mitarbeiter oder externe Halunken zu verhindern. Trucks in den USA und Kanada etwa verlassen ihre Garagen für bis zu 50 Tage am Stück. Die Fahrer bezahlen beim Tanken dann mit Firmen-kreditkarten. Bisher hatten die Truck-Eigentümer keinerlei Möglich-keit, zu kontrollieren, ob dabei nichts abgezweigt wird. Es wird aber vermutet, dass etwa 15 bis 20 Prozent der Kosten auf Diebstahl zu-rückzuführen sind, was einen Schaden von rund 2000 Dollar pro Truck im Monat ergibt. Der Kroate Jurica Magoći, Entwickler eines Managementsystems für solche Truck-Flotten, und der Mazedonier Igor Hristov schafften vor knapp einem Jahr Abhilfe, die Konkurrenz-produkte in den Schatten stellen könnte. Während nämlich diese bis-her alle einen Umbau der Lastwagentanks erforderten, kann Fueloyal einfach in die bestehenden Tanks eingebaut werden. Der Zähler misst und speichert die Menge des getankten Benzins und übermittelt sie automatisch an das Firmenhauptquartier. Zusätzlich verhindert ein spezielles Ventil, dass Benzin entnommen wird. So können Eigen-tümer sicher sein, dass das Benzin wirklich in den Tank gelangt und auch dort bleibt. Im Sommer wollen Magoći und Hristov, die ihren Hauptstandort mittlerweile in Illinois in den USA haben, das Produkt in den Markt einführen. Über zehn Millionen Stück sollen für Kanada, den US-Markt sowie für die EU produziert werden. Bisher gibt es Vor-bestellungen im Wert von 350.000 Dollar. Die beiden Gründer unter-zeichneten außerdem kürzlich einen Distributionsvertrag, der weitere drei Millionen Dollar in die Kassen spülen soll.

Die Sonne anrufen. Sieht aus wie ein spät­kommunistisches Denkmal für den Kellner, ist aber ein urbaner Sonnen­kollektor mit Gratis­Wi­Fi und Gratisstrom fürs Smartphone.

Der Smart-Truck. Er weiß, wie viel er getankt hat, und funkt es an die Zentrale. Was Firmen bis zu 2000 Dollar pro LKW und Monat spart. Alles dank eines simplen Zählers für den Tank­deckel, entwickelt von Jurica Magoc i und Igor Hristov (Bild re.).

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NORDEUS SERBIEN

Die vom Balkan? Können doch höchstens gut kicken. Ja, aber nicht nur. 2009 kamen drei fußballverrückte Serben zusammen und legten den Grundstein für eines der erfolg-reichsten Fußballmanager-Spiele der Welt: „Top Eleven“ von Nordeus. Dabei geht es um gewinnbringende Trans-fers, die richtige Aufstellung, das beste Training, die ideale Taktik, das größtmögliche Stadion – und natürlich gute Spiele in der Liga, in der Champions League oder einfach unter Freunden. „Unsere Idee war, den Usern von sozialen Netzwerken endlich ein herausforderndes und komplexes Videospiel zu geben. 2009 war das noch selten“, sagt Nikola Čavić von Nordeus. Das Unternehmen hat mittler-weile über 150 Mitarbeiter und zählt fünf Standorte: London, San Francisco, Dublin, Skopje und den ursprüng-lichen in Belgrad. Weltweit versuchen sich etwa 100 Millio-nen registrierte Gamer als „Top Eleven“-Fußballmanager. „Wir sind stolz, sagen zu können, dass wir das alles selbst finanziert haben“, sagt Čavić. Gleichzeitig sei man „extrem glücklich“ darüber, wie aktiv sich die Videogame-Szene in Serbien entwickelt. Zwar hat alles eher schüchtern be-gonnen, doch heute gibt es mehr als 30 größere Spiele-entwickler-Studios im Land. Nordeus sieht sie nicht als Konkurrenz, nicht nur weil Nordeus im Vergleich zu ihnen ein Riese ist. „In einer sich erst entwickelnden Region wie der unseren hilft jede weitere Firma, die Branche voran-zubringen. Deshalb sehen wir die Kollegen nicht als Kon-kurrenten, sondern als Partner – als andere Teams, die auf ein gemeinsames Ziel hinarbeiten“, sagt Čavić.

iVOTE MAZEDONIEN

Wahlen in Südosteuropa sind von jeher ein Anlass für schlechte Witze. Doch gerade aus einem der kleineren exjugoslawischen Staaten stammt ein weltweit verbreitetes System für die elektro-nische Stimmabgabe. Das Software-Paket Demokra ist eine s der wenigen Produkte, mit denen sich der gesamte Zyklus einer politischen Wahl elektronisch organisieren lässt, von der Wähler-registrierung bis zur Auszählung. Das System ist bisher vor allem in jungen Demokratien eingesetzt worden und wird von inter-nationalen Experten als besonders schnell, verlässlich und trans-parent bezeichnet. Bereits 116 Millionen Wähler in der EU, in Südosteuropa, den USA und in Afrika haben mittels des maze-donischen Demokra ihre Stimme abgegeben. Gleichzeitig bietet iVote das Lernmanagementsystem Epistum an, welches vor allem von großen Organisationen mit geographisch weit ver-streutem Personal für dessen Massenausbildung genutzt wird. Gegründet wurde die Firma von Ljupcho Antovski und Goce Armenski, zwei Professoren für Computerwissenschaften an der Universität Skopje. „Es gibt viele Unternehmen, die ähnliche Softwaresysteme anbieten, aber wir haben ihnen einiges vor-aus. Wir sind sehr schnell, agil und speziell preislich sehr wett-bewerbsfähig. Es gibt eine Menge Firmen, die behaupten, ein-fach alles anzubieten, aber wir sind eine der wenigen, die eine funktionierende Plattform haben, die leicht individualisierbar und so in kürzester Zeit überall auf der Welt einsetzbar ist“, sagt Armenski. Das Unternehmen generiert gegenwärtig einen Profit, der um eine halbe Million über dem regionalen Industrie-durchschnitt liegt. Der Gesamtwert von iVote wird auf etwa zwei Millionen Euro geschätzt. B

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The Special Game. „Fast fünf Millionen User spielen jeden Tag auf ihren Android- und Apple-Geräten ‚Top Eleven‘“, sagt Nikola Cavic (o.). Und „The Special One“ macht Werbung dafür: Chelsea-Manager und Champions-League-Sieger José Mourinho.

Stimme für die Demokratie. Über 100 Millionen Menschen in Afrika, Europa und den USA haben bereits mit Demokra gewählt, der Demokratie-Software von Ljupcho Antovski (li.) und Goce Armenski (re.), zwei Computer-Professoren aus Skopje.

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Einer der erfolgreichsten Tech-Unternehmer aus dem Kosovo ist der 32-jährige Kushtrim Xhakli. Seine Geschicht e beginnt wie die Heldensagen des Silicon Valley – mit einem Schulabbruch. Als die Universität Prishtina nicht wie andere Hochschulen in Europa Reformen durchführte, meldete sich Xhakli ent-täuscht ab und ging stattdessen nach Schweden auf die Hyper Island School. In den frühen Dotcom- Jahren begann er als Freelancer Websites zu bauen und landete damit schnell einen Erfolg: Die kosovari-sche Regierung übernahm die von ihm entwickelte Online-Bildungsplattform Trajnimi und machte sie zu einer offiziellen nationalen Plattform für digitales Lernen. Xhakli nutzte die Publicity und gründete sein e erste eigene Firma. Mit Fast Europe Ventures stellte er mobile Zahlungsdienste und Bank Consul-tancy Services zur Verfügung. Danach fungierte er als Mitbegründer von changers.com, einem Berliner Unternehmen, das Solargeräte herstellt, und landete schließlich bei seinem aktuellen Projekt, dem Digital Banking Index. Dabei werden in der Art des Net Pro-moter Score Nutzungsbedingungen für mobiles und digitales Banking von verschiedenen Geld instituten verglichen. „Der Kosovo als zerrissenes Land verdient eine Chance, gleichberechtigt an der europäischen Start -up-Szene teilzunehmen“, sagt Xhakli. Darum möchte er der nächsten Generation von Unternehmern die Hilfe bieten, auf die er selbst damals noch nicht zurück-greifen konnte.

THE RED BULLETIN: Hat Kosovo als Standort Vorteile?Kushtrim Xhakli: Geographisch liegt der Kosovo sehr günstig. Er teilt gemeinsame Werte mit allen großen Nachbarländern, und wenn ein Produkt im Kosovo funktioniert, kann man es auf größeren Märkten wie Italien oder Türkei replizieren. Ein Vorteil ist auch die geringe Größe des Landes, da muss man von Tag eins an international denken und agieren. Denken Sie an Estland, das ist so groß wie der Kosovo, aber sehr einflussreich.

Was sind die größten Schwierigkeiten, mit denen Start-ups in Südosteuropa zu kämpfen haben?In Südosteuropa mangelt es uns an Erfahrung und Finanzierung. Aber die größten Hindernisse liegen darin, wie wir denken, wie wir arbeiten – das ent-spricht nicht internationalen Standards –, und in der Angst zu scheitern. Man könnte meinen, dass es an Infrastruktur fehlt, aber das stimmt so nicht mehr. Denn heute gibt es überall Breitband-Internet, in Rumänien und Bulgarien sogar das billigste und schnellste der Welt. Im öffentlichen Sektor gibt es auch Bewegung. Montenegro, Mazedonien und Rumänien haben Ministerien, die sich eigens mit Informationstechnologie und Telekommunikation beschäftigen. Eines der weltweit fortschrittlichsten SAP Labs ist in Sofia, Bulgarien. Und sieht man sich das Bildungsniveau an, so gibt es in Südost europa 6000 IT-Absolventen pro Jahr, viele davon multi-lingual, die auch Deutsch und Englisch sprechen.

Hat es der Kosovo schwerer als andere, weil er nicht als souveräner Staat anerkannt ist? Der Kosovo hat die größten Schwierigkeiten. Der Kosovo ist das einzige Balkanland, dessen Bevölke-rung es nicht erlaub t ist, ohne Visa durch den Schengenraum zu reise n. Unternehmer können nicht einfach ins Flugzeug springen und an einer Konfe-renz in Berlin teilnehmen. Der Kosovo ist auch in der Internet-Landschaft nicht voll anerkannt. Viele Internetseiten zeigen den Kosovo nicht als Auswahl-möglichkeit in ihren Menüs an. Um das zu ändern, habe ich die E-Government-Plattform Digital Kosovo gegründet. Dort kann jeder für die digitale Mitein-beziehung des Kosovo lobbyieren.

Wie sieht es mit Finanzierung und Förderungen aus?Firmen verbringen Stunden damit, Antragsformulare auszufüllen, um Geld zu bekommen. Aber bei den meisten Initiativen gibt es keine Evaluierung, wie effektiv die Firma bei der Umsetzung ihrer Ziele war. Ob man Finanzierung bekommt, hängt also eher davon ab, wie gut man Formulare ausfüllen kann, als von der Qualität des Produkts. Aus Geldgebersicht geht es oft nicht um nachhaltiges Unternehmertum oder darum, wie viele Arbeitsplätze kreiert wurden.

Ist Korruption dabei ein Problem?Bisher gab es noch keine Schlagzeilen über Korrup-tionsfälle, wenn es um Förderungsanträge geht. Aber wie schon gesagt sind die administrativen Strukturen in Sachen Start-ups noch sehr wenig entwickelt. Man könnte auch sagen: Es gibt keine öffentliche Förderung, daher gibt es auch keine Korruption.

Eine Chance verdient. Kushtrim Xhakli fördert kosovarische Jung­unter nehmer im Tech­Sektor. Lebt zwar mittlerweile in Berlin und Vilnius, organisiert aber mit der IPKO Foun­dation (IF) Events in Prishtina, die junge Start­ups mit Experten, Financiers und Unter­nehmen aus der EU zusammenbringen.

KORRUPTION? „KEIN PROBLEM.“ WEIL? „ES FEHLT DAS GELD.“

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SOLABORATE KOSOVO

Facebook, LinkedIn, Xing und andere waren nicht gut genug für die kosovostämmigen Geschwister Labinot und Mimoza Bytyqi. Für den studierten Elektro- und Informationstechniker und die ehemalige JP-Morgan-Finanzberaterin galt es, eine Lücke zwischen sozialen und professionellen Netzwerken zu schließen und eine Art Hybrid aus beidem zu kreieren: Solaborate. Sie setzten sich zum Ziel, ein zentrales Portal zu erschaffen, das verschiedene Tools und Services für Tech-Unternehmer zur Verfügung stellt und es ihnen gleichzeitig ermöglicht, Networking zu betreiben, gemeinsam in Echtzeit an Projekten zu arbeiten und so ein Ökosystem um ihre Produkte und Services herum zu bauen. Während Solaborate einige Grundfunktionen wie etwa Chat, Statusmeldungen, Dokumenten-Sharing und Jobsuche mit herkömmlichen Plattformen gemein hat, so legen die Entwickler großes Augenmerk darauf, eine userfreundliche Infrastruktur für das Teilen und Bearbeite n von Software-Demoversionen zu schaffen. Das Unternehmen startete 2012 in Prishtina, sitzt aber mittlerweile zur Gänze in Los Angeles. Die erste Voll-version für Windows gibt es seit 2014. Gegenwärtig arbeite n die 35 Angestellten von Solaborate an Mobile Apps für iOS und Android sowie an neuen Funktionen. Und die Bytyqi-Geschwister machen geheimnisvolle Anspielungen auf ein erstes Hardware-Produkt, das die Landschaft der herkömmlichen Echtzeit-Kollaboration online „durcheinanderwirbeln“ soll.

SIZEM KROATIEN

Sizem liebt Brüste – und die Wahrheit. Ana Kolarević aus Kroatien hat eine App geschaffen, die Frauen über ihre „wahre Körbchengröße“ informiert. Das Problem: Verschiedene Hersteller verwenden ver-schiedene Größensysteme, die noch dazu von Kontinent zu Kontinent variieren. Das verwirrt und führt zu Fehlkäufen. Um das zu verhindern, verrät Sizem jeder Frau die richtige Größe beim jeweiligen Modell. Diese wird einerseits durch ein spezielles Messsystem und andererseits durch enge Kooperation mit den Her-stellern ermittelt. Ana Kolarević ist stolz darauf, dass ihr Brustgrößen-Kalkulator als einziger seiner Art „die offensicht-lichsten Dinge miteinbezieht: zum Bei-spiel das Atmen“. Als Resultat spuckt das Tool dann die maximale und die minimale Größe aus, die bei einem bestimmten BH-Modell getragen werden kann.

Ein Facebook für Firmen. Labinot Bytyqi entwickelte mit seiner Schwester Mimoza eine Plattform, welche die Be dürf nisse von Firmen-Intranets mit den Freuden von sozialen Netzwerken vereint. Er arbeitet gerade an einem passenden Gerät dazu.

Die perfekte Größe. 90 Prozent aller Frauen tragen den falschen BH. Ana Kolarevic will das ändern.

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DISASTER APP MAZEDONIEN

Als Vasko Popovski, Projektmanager für Disaster and Climate Risks bei den Vereinten Nationen, sich 2013 mit den katastrophalen Auswirkungen der Hochwasser in Mazedonien konfrontiert sah, bereitete ihm vor allem eines Kopfzerbrechen: der Mangel an Möglichkeiten, in Echtzeit mit der Bevölkerung zu kommunizieren. Der Katastro-phenmanager, der sich selbst als „Informations-freak“ bezeichnet, entwarf also eine Smartphone-App, die es erlaubt, Daten über Hochwasser, Erdbeben oder schwere Stürme rasch zu verbrei-ten. Die User können mittels detaillierter Land-karten genau über die Intensität einer Katastro-phe an einem bestimmten Ort informiert werden und gleichzeitig Tipps über Ausweichrouten, Not-fallservices und den Grad der Gefahr erhalten. Über ein zusätzliches Frühwarnsystem können User andere auf eine Gefahr aufmerksam ma-chen. Super Idee, dachte man daraufhin im Ent-wicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) und förderte Popovski mit 10.000 Dollar Starthilfe. Seine Idee wurde anschließend von einem Team von Informatikprofessoren und -studenten der Universität Skopje umgesetzt und befindet sich derzeit noch in der Testphase. Von UN-Seite heißt es, die App sei „revolutionär“ und werde einen wichtigen Beitrag zur öffentlichen Sicherheit leisten.

Lebensretter: Handy. Erdbeben, Hochwasser, Sturm – die App von Vasko Popovski warnt in Echtzeit vor Natur­katastrophen und ­gefahren. Die aktuell größte Gefahr ist aber, dass der App das Geld ausgeht.

AVANTGARDE BIKES SERBIEN

In manchen Balkan-Städten grenzt es an Extremsport, sich mit dem Fahrrad durch die Verkehrshölle zu wagen. Trotzdem trauen sich immer mehr heldenhafte Recken und Reckinnen. Ihre fahrenden Untersätze kommen zum Beispiel von Avantgarde Bikes in Subotica. Die Stadt an der ungarischen Grenze war bereits in den 1960er Jahren der Mittelpunkt der jugoslawischen Fahrradproduktion. Kein Wunder, gleicht sie doch mit ihren ebenen Stra-ßen und ihrer allgemeinen Hügellosig-keit niederländischen Fahrradparadie-sen. Mittlerweile machen Radfahrer dort ein Drittel des Verkehrs aus. 2013 von einem serbischen Zahnarzt namens Jaser Badawi gegründet, spezialisierte sich Avantgarde Bikes als erster Erzeuger in Serbien auf Singlespeed- und Fixie-Bikes. Mit simplem Design und Preisen, die – auch gemessen am niedrigen Durchschnittseinkommen Serbiens – noch erschwinglich sind, arbeitete sich Avantgarde Bikes zu ersten Erfolgen vor und hofft, dass die feschen serbischen Zweiräder auch im restlichen Europa Anklang finden werden.

Das Rad neu erfunden. 25.000 Dinar, also rund 200 Euro, kosten die minimalistisch designten Fixies von Jaser Badawis Avantgarde Bikes aus der Vojvodina. Die Fahr­räder gibt’s in Farben wie Neongelb oder Kupfer. Und auf Wunsch mit Lenker aus Holz.

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DAS NEUE BUNDESLÄNDER MAGAZIN.MO-SO | 18:30 UHR LIVE

Authentisch, regional & hautnah. Geschichten für ganz Österreich. Gemeinsam mit den Bundesländerredaktionen der Kronen Zeitung entdeckt, fundiert recherchiert und präsentiert.

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Das Internet kennt Bobak Ferdowsi als Mohawk Guy. Und „sexiest man“ der NASA. Eine Story über das Hirn hinter dem Haarschnitt. T E X T : M U H A M E D B E G A N O V I C , B I L D : A N D Y S C O T T

DER ERSTE MARSIANER

Eine weiße Sonde mit grauen Feldern dreht sich im Uhrzeigersinn um die eigene Achse. Sie steuert auf Mars, den Roten Planeten, zu. An Bord befindet sich der Mars-Rover Curiosity. Zehn Monate ist die Sonde schon unterwegs. In den Mission-Control-Zentren der NASA ist die Lage angespannt. Männer in den ikonischen blauen Shirts mit dem NASA-Logo und Headsets starren auf ihre Bildschirme. Die Kamera schwenkt, und da ist er: der Mohawk. Bobak Ferdows i, zu dem Zeitpunkt 32 Jahre alt, wird zu eine r Internet- Sensation.

Für einen kurzen Augenblick rückt der Erfolg der Curiosity-Mission in den Hintergrund. Fast wird es egal, dass die Sonde trotz schwieriger Bedingungen heil gelandet ist. Als US-Präsident Barack Obama bei der NASA anruft, um ihnen zum Erfolg zu gratulieren, sagt er in Anspielung auf Ferdowsis Frisur: „Ihr seid ein wenig cooler geworden.“ Obama merkt an, dass er einst mit dem Gedanken gespielt habe, sich selbst einen Mohawk wachsen zu lassen. Die Medien und das Internet stürzen sich auf Ferdowsi, fortan als der Mohawk Guy bekannt; „sexiest man at NASA“ ist ein weiterer Titel, mit dem er geschmückt wird.

Bobak Ferdowsi sieht es nüchtern. „Ich glaube nicht, dass meine Frisur herausstechen würde, wenn es diesen Kontext (Landung der Mars-Sonde; Anm.) nicht gäbe.“ Es stört ihn auch nicht besonders, dass die Masse nicht genau weiß, was seine Arbeit ist, und stattdessen nur über Oberflächliches wie seine Frisur redet. „Ich glaube, Menschen erkennen nur, dass man, wenn man in diesem oder jenem wissenschaftlichen Feld arbeitet, nicht wie ein Klischee aussehen muss.“

6.Ferdowsi ist plötzlich eine wichtige Persönlichkeit in der Wissenschaftswelt. Sitzt neben First Lady Michelle Obama bei einem Event. Bekommt Heiratsanträge von völlig Unbekannten. Auf Twitter hat er 73.000 Follower. Im Vergleich dazu: Stephen Hawking, der berühmteste Wissenschaftler unserer Zeit, hat ledig-lich 34.000. Es wäre aber unfair, Bobak Ferdowsi nur wegen seiner Frisur zu kennen, denn der Mann, der mithalf, eine milliardenteure Sonde auf dem Mars zu landen, ist mehr als nur cool gekämmt.

Dank Lego zur NASAJedes Kind träumt schon mal vom Weltraum, und bei Ferdowsi ist es nicht anders gewesen. Der Gedanke an Reisen durchs All zieht ihn schon von klein auf an. Nur Astronaut will er nicht unbedingt werden. Bobak Ferdowsi wird 1979 als Kind eines iranischen Ein-wanderers und einer amerikanischen Mutter in Phil-adelphia, im US-Bundesstaat Pennsylvania, geboren. Die achtziger und frühen neunziger Jahre sind für ihn prägend, jedes Jahr wird da mindestens eine bemannte oder unbemannte Rakete ins Weltall geschickt. Und auch die Serie „Star Trek“ spielt eine große Rolle, wie Ferdowsi erzählt: „Es besteht kein Zweifel daran, dass ‚Star Trek‘ mich stark beeinflusst hat. Es ist diese Vision einer besseren Zukunft, in die ich mich verliebt habe.“ Doch es ist ausgerechnet dänisches Kinderspielzeug, das ihn auf seine Karriere-bahn lenkt. „Meine Liebe zur Wissenschaft und zum Ingenieurwesen kommt zum Großteil vom Lego-Spielen und vom Science-Fiction-Lesen.“

August 2012

Neue Welten. Auf der Suche nach Wasser und

Lebensraum dringen Forscher immer weiter

ins All vor. Im Fokus stehen nun die Monde der großen Planeten.

1 AE = Abstand der Erde zur Sonne

Enceladus (Saturnmond) 9,5 AE

Europa (Jupitermond) 5,2 AE

Asteroiden 1,2 – 5,6 AE

Mars 1,5 AE

Mond 0,03 AE

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Der Mohikaner vom Mars. Parallel zum Höhenflug der NASA-Mission Mars Science Laboratory, die 2004 beginnt, hebt auch Bobak Ferdowsis Karriere ab. Vom ein-fachen Mission Planner bis schließ-lich zum Activity Lead bei der Lan-dung des Mars-Rovers Curiosity 2012, quasi dem Chefkoordinator der Mars-Mission auf der Erde.

„Die Suche nach Leben ist die große Frage unserer Zeit.“ B O B A K F E R D O W S I

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Alle starren auf seine Haare. Aber was sagt Bobak Ferdowsi? „Es ist eine Tatsache, dass es vor vier Milliarden Jahren Wasser im Über-fluss gab.“ Ja, vielleicht sogar Leben. Spricht er von der Geschichte des Mars? Von der Zukunft der Erde? Und wer ist eigentlich sein Frisör?

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1991 wandern seine Eltern nach Japan aus. In Tokio besucht Bobak die American School, schließt sie 1997 ab und kehrt für sein Studium in die USA zurück. Im gleichen Jahr landet die Pathfinder-Sonde auf dem Mars. „Es war das erste Mal, dass ich live zugesehen habe, was auf einem anderen Planeten vorgeht. Da wollte ich dann definitiv ein Teil davon sein“, sagt Ferdowsi. Seinem Kindheitstraum folgend, beginnt er ein Studium der Luft- und Raumfahrt/ Ingenieurwesen an der University of Washington, wechselt 2001 aufs Massachusetts Institute of Tech-nology und beginnt zwei Jahre später, gerade mal 24, für das Jet-Propulsion-Laboratorium der NASA zu arbeiten. Von Anfang an ist er Teil des Mars Science Laboratory.

Leben auf dem MarsSeit mittlerweile 30 Monaten arbeitet der Roboter-Rover Curiosity, der Ähnlichkeit mit dem niedlichen animierten Roboter Wall-E hat, nun bereits tüchtig an der Erforschung des Mars. Er dreht Steine um, erkundet die Gegend, misst die Atmosphäre und rechnet ohne Pause. Zu den Zielen des Rovers gehört es, die Atmosphäre, das Klima und die Geologie zu studieren und den Roten Planeten auf seine Bewohn-barkeit zu prüfen. Curiosity entdeckt dabei Dinge, die für die Wissenschaft von großer Bedeutung sind: Auf dem Mars gibt es Stickstoff – das Gas, das für Lebe n ebenso notwendig ist wie Sauerstoff. Bobaks Rover bejaht eine Frage der Wissenschaft: Mars hat Potential für eine Kolonialisierung.

Den Roten Planeten kennen wir aus Filmen und Serien. Nahezu in jedem Stück Fiktion leben auf dem Mars Außerirdische, die darauf aus sind, die Mensch-heit auszulöschen und die Erde zu zerstören. Dabei war es der Mars, den so ein Schicksal ereilt hat. „Es gab beinahe unzweifelhaft eine Zeit, als der Mars bewohnbar war, aber da gibt es noch viel mehr zu erkunden und zu erforschen“, sagt Ferdowsi. Bis dato gab es fast zwei Dutzend Orbiter- und unbemannte Landemissionen, die sich der Erkundung des Planeten gewidmet haben. Nur dem Mond wurde mit 39 Missio-nen eine höhere Aufmerksamkeit zuteil. Die erste Mars-Mission fand vor mehr als fünfzig Jahren statt,

am 5. Novembe r 1964. Die Raumsonde Mariner 3 hätt e im Vorbeiflug Fotos vom Mars schießen sollen, erreichte aber niemals ihr Ziel. Der Mars bleibt ein widerspenstiger Planet: In fünfzig Jahren und bei ins-gesamt 21 Mars-Missionen musste die NASA mehrere Rückschläge verkraften. Fünf Missionen wurden gar gänzlich als „Misserfolg“ eingestuft. Die Mission des Mars Science Laboratory, die bereits 2004 begann und 2,5 Milliarden Dollar kostete, zählt nicht dazu.

Die Landung, sagt Ferdowsi, war schwierig. Die Atmosphäre, die im Raum der Mission Control herrschte, könnte man durchaus als dramatisch be-schreiben. Die Sonde wurde mehrfach getestet, aber sie ist zum ersten Mal im Weltall im Einsatz. Ferdowsi erinnert sich an einen der schwierigsten Aspekte in der Entwicklungsphase des Projekts: „Das auf der Erde simulieren, was auf dem Mars funktionieren muss.“ Eigentlich fast unmöglich.

Ob ein Mensch innerhalb des Jahrzehnts auf dem Mars landen wird? Ferdowsi kann sich das gut vorstellen: „Es gibt noch viele ungelöste Heraus-forderungen für eine bemannte Mission. Wenn aber die Welt beschließt, dass es wert ist, dieses Ziel inner-halb des Jahrzehnts zu erreichen, dann wäre es durchaus machbar.“

Der Mars sei jedenfalls wichtig und der Mühe wert, sagt Ferdowsi. Nicht nur, weil der Planet unsere Phantasie seit eh und je beflügelt, sondern weil „er in vielerlei Hinsicht der Schwesterplanet der Erde ist“. Zum Beispiel, führt Ferdowsi an, gibt es auf dem Mars ebenfalls Schwerkraft, wenn auch eine etwas geringere als auf der Erde. Und es gibt Anzeichen für Leben. „Es ist eine Tatsache, dass es vor vier Milliarden Jahren Wasser im Überfluss auf dem Mars gab. Heute sieht es zwar anders aus, dennoch ist es ein Ort, wo wir Fuß fassen und den wir eventuell auch kolonisieren könnten.“ Die Betonung setzt Ferdowsi hier auf das Wort „könnten“, denn aus seiner Sicht wäre eine Mars-Kolonialisierung nicht unbedingt notwendig, obwohl er gern zugibt, dass es Vorteile geben könnte. Persönlich würde es ihn nicht zum Mars ziehen, die Erde ist für ihn nach wie vor der beste Planet. „Die Erde ist wunderschön, und all meine Freunde leben hier“, sagt Ferdowsi. Im gewagten und kontrover-siellen nieder ländischen Projekt Mars One, das eine Kolonialisierung des Mars bis 2027 anpeilt, sieht er keine Konkurrenz für die NASA, sondern bleibt wie immer cool: „Etwas, das die Menschen für die Raum-fahrt begeistert, ist eine gute Sache.“

Der Weg nach EuropaDer Mars ist aber nicht die Grenze. Die NASA, und damit auch Ferdowsi, widmet sich schon neuen Projekten. Zur Zeit wird an der OSIRIS-REx-Sonde gearbeitet, die erdnahe Asteroiden untersuchen soll. 2016 soll die Sonde starten. Ebenfalls geplant werden Missionen zum weitab gelegenen Jupitermond Europa und dem ebenso fernen Saturnmond Enceladus. Europa könnte sogar unterirdische Salzmeere haben. „Ich glaube, die Wissenschaft ist an einen Punkt gelangt, wo sie diese eisigen Monde erkunden muss. Es sind Orte mit genügend Wasser und Wärme“, sagt Ferdowsi und fügt an: „Die Suche nach Leben ist eine der großen Fragen unserer Zeit.“

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Recycling meets township tech in the world’s

most inventive school bag

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South Africans Thato Kgatlhanye and Rea Ngwane have gone a step further by transforming two problems into one school bag which acts as panacea for both township pollution and educational underachievement.

Repurpose Schoolbags are made from 20 recycled plastic bags and contain a small solar panel. This is charged up by the sun whilst children are walking to school, providing power for a light that allows them to study after dark in homes that lack electricity.

“We came up with the idea after looking at the problems facing school kids; a lack of dignity, basic school materials and not having a source of light to study at night,” says 22 year old co-founder Thato. “On the other hand, there’s a huge problem with plastic pollution in our communities. So we brought the problems together to become a solution.”

The bags contain a reflective strip to make students safer – an important consideration as children in rural areas or informal settlements often walk many miles along busy roads to reach their schools. It’s a piece of township tech creativity that impressed Bill Gates who tweeted about the project late last year.

The pioneering project recently moved into a new 200sqm factory in a manufacturing park in the north west of the country, with three sewing machines and one overlock that turns the cleaned plastic bags into workable fabric. They’ve trained and employed eight

It’s impressive enough to find a solution to one social problem.

full-time staff and run a rolling project where unskilled locals can volunteer for four weeks, with the hardest workers getting jobs. They’ve employed another seven staff this way and plan to be up to 20 employees by the summer.

Recently a production manager from dog collar company Rogz came to the factory as part of a skill-swap organised by Red Bull Amaphiko, to help them streamline their production. Their 18 bag a day production line shot up to 30 bags a day as soon as they put Rogz’ suggestions in place. “Now, we’re aiming for 10,000 bags this year alone,” says Thato.

As well as taking orders from corporate CSR departments, who hand out the bags to schools and communities they’re affiliated with, Repurpose have a new line – conference bags.

Corporates including PricewaterhouseCoopers and Red Bull have hired the pair to make conference bags, paying for one school bag at the same time. Thato and Rea are planning to expand the model continent-wide, and they’re developing ambitious plans to make their own solar panels, somethingthey currently outsource.

“Repurpose schoolbags are applicable anywhere that doesn’t have electricity,” says Thato. “And apart from anything else, they give children something to carry their school books in.”

“I don't even see plastic as waste any more. I see it as colour – and opportunity.”

Engage with Thato’s project and check out other social start-ups at amaphiko.redbull.com

RAY OF LIGHT

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Ja, das ist echt! Aimee Mullins wurde mit deformierten Bei-nen geboren, mit denen sie niemals hätte gehen können. Als sie ein Jahr alt war, wurden ihr die Unterschenkel amputiert und durch Pro thesen ersetzt. Heute ist sie Fotomodell und Leichtathletin. Hugh Herr fertigt für Mullins spezielle Hightech- Prothesen – und findet diese Frau einfach zum Niederknien.

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Nach einem Schneesturm verlor der Kletterer Hugh Herr beide Beine unterhalb der Knie. Heut e ist er ein Pionier der medizinischen Techni k und eine Art Cyborg, der die Menschen optimieren will. T E X T : T E R E S A R E I T E R

DER SUPER HERR

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Halb Hirn, halb High­tech. Hugh Herr, 50, war mit 17 Jahren einer der besten Kletterer der USA – als er am Mount Washington beinahe erfror und beide Beine verlor. Heute ist er Professor für Biophysik am Massachusetts Institute of Technology und baut Prothesen, die mehr können als menschliche Glied­maßen.

enn Hugh Herr eine Bühne betritt, senkt das Publikum den Blick, und alle starren nicht auf ihre eigenen, sondern auf seine Füße. Der charismatische Fünfzig­jährige hat demonstrativ die Hosenbeine hoch­gekrempelt, und wo seine Unterschenkel beginnen sollen, schließen zwei metallene Roboterbeine an seine Knie an. Die beiden Hightech­Prothesen, sagt Herr, seien der erste Schritt in eine Zukunft, in der körperliche Behinderungen wie seine vollständig eliminiert sein werden. Gleichzeitig, scherzt er, seien sie sehr praktisch, denn er könne je nach momentanem Selbstwertgefühl seine Körpergröße verstellen, was ihm vor allem beruflich oft sehr gelegen komme. Das Publikum lacht verhalten, ist unentschlossen, ob es ihm glauben soll, dass er sich „glücklich schätzt“, anstelle seiner eigenen, einst gesunden und starken Beine nun auf diese Prothesen angewiesen zu sein.

Herr, der bereits als Achtjähriger den 3544 Meter hohen Mount Temple in den kanadischen Rocky Moun tains erklommen hatte, galt in seiner Teenager­zeit als eines der größten Sportklettertalente an der US­Ostküste, ja vielleicht sogar der Welt. Ohne Seil wagte er sich in schwindelnde Höhen vor, die zuvor nicht einmal von erfahrenen Kletterern erreicht wor­den waren. Es schien unvorstellbar, dass ihn irgend­etwas aufhalten könnte. Dann kam der Unfall.

1982 besteigt Herr gemeinsam mit einem Freund den Mount Washington, nicht ahnend, dass dies sein Leben völlig auf den Kopf stellen würde. Die beiden geraten in einen heftigen Schneesturm, verirren sich auf dem verschneiten Berg. Bei Temperaturen von 20 Grad unter null und weniger graben sie sich eine Höhle in den Schnee und harren einander umarmend und wärmend fast vier ganze Tage lang aus, bevor sie gerettet werden.

Herr zahlt einen hohen Preis für seine Klettertour. Der „Frostbite“, wie starke Erfrierungen auf Englisch heißen, hat ihm beide Beine abgebissen. Trotz des langen Kampfes der Spezialisten um seine Beine müssen beide amputiert werden. Es kommt ihm wie ein kleines Todesurteil vor, als ihm der Arzt sagt: „Sie werden nie mehr klettern können.“

Gleichzeitig erfährt Herr vom Tod eines Frei­willigen, der bei seiner Rettung mitgeholfen hat. Der Siebzehnjährige ist am Boden zerstört.

Als die Ärzte ihm die damals gängigen Prothesen zeigen, heißt es, damit könne er ein bisschen gehen.

Nur ist „ein bisschen gehen“ ganz und gar nicht das, was er sich unter seinem weiteren Leben vorstellt. Herr kann seine Enttäuschung über die Unzuläng­lichkeit der verfügbaren Technik nicht verbergen. Die Unfähigkeit, herkömmliche Grenzen zu akzeptieren – die vielen Extremsportlern zu eigen ist –, legt den Grundstein für eine Karriere als Bionik­Pionier. Getrieben von der Idee, seine volle Kletterfähigkeit wiederzuerlangen, beginnt Herr sich mit dem menschlichen Bewegungsapparat zu beschäftigen. Der ehemals faule Schüler, der seine Zeit lieber auf einem Felsen verbrachte als mit Büchern, studiert Physik und Maschinenbau am Massachusetts Institute of Technology (MIT) und macht in Harvard seinen Doktor in Biophysik. Parallel schraubt er an seinen Erfindungen. Einer seiner Lieblingswitze ist bis heu­te, dass er hoffe, nicht wieder der „Prä­Amputations­Depp“ zu werden, sobald seine Prothesen perfektio­niert und an sein Nervensystem angeschlossen seien. Herr vermutet nämlich, dass der Unfall auch eine Ver­änderung in seinem Gehirn zur Folge hatte, dass ge­wissermaßen Kapazitäten freigesetzt wurden, da sein Gehirn sich nun nicht mehr – oder eben ganz anders – mit der Betätigung seiner Füße beschäftigen muss.

Der erste Schritt in die ZukunftDie Beine, die Herr heute trägt oder, besser gesagt, die ihn tragen, sind vollkommen künstlich. Sie bestehen aus Carbon, Titan und Silikon und einer Handvoll Schrauben und Federn. Unerhört einfach, kann er sie per Knopfdruck anstecken und wieder abnehmen, etwa so wie man Skischuhe an­ und auszieht. Nimmt er sie ab, so verändert sich auch seine Haltung, er sieht aus wie ein anderer Mensch.

In jeder Prothese befinden sich fünf Minicomputer und zwölf Sensoren, die dafür sorgen, dass sich die bionischen Gliedmaßen bewegen, als wären sie aus Fleisch und Blut. Über eine Smartphone­App können die Roboterbeine genauer programmiert werden, was Steifheit und eingesetzte Kraft angeht. Wie der Cyborg­Detektiv aus der 1980er­Jahre­Serie „Inspek­tor Gadget“ kann Herr seine Beine weiter ausfahren oder einfahren und so seine Körpergröße radikal ver­ändern. Vor allem beim Klettern verschafft ihm das einen Vorteil, denn er kommt heute an Griffe heran, die kein Kletterer mit normalen menschlichen Fähig­keiten zu erreichen vermag, und kann auf Fels­vorsprüngen stehen, die schmäler sind, als seine menschlichen Füße es je waren. Genau wie Inspektor Gadget hat Herr nun auch eine Menge anderer nütz­licher Werkzeuge in seiner Trickkiste. So gibt es für seine Prothesen etwa Aufsätze mit Spikes, die ihm erlauben, senkrechte Eiswände hinaufzuklettern, ein Hobby, das Herr trotz der traumatischen Begegnung mit dem eisigen Mount Washington nicht aufgegeben hat. Dabei merkt Herr auch, dass es nicht mehr sein Ziel ist, sich Beine zu bauen, die genau dasselbe kön­nen wie biologische Gliedmaßen. Jetzt will er Beine, die seine Kletterfähigkeiten noch verbessern, ihm übermenschliche körperliche Möglichkeiten geben und ihn klettern lassen wie nie zuvor.

Aber kann so ein Mensch­Maschinen­Wunder überhaupt noch mit Normalsterblichen in einer Liga spielen? Genau diese Frage wurde einem noch be­

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rühmteren Träger bionischer Beine zum Verhängnis. Der südafrikanische Sprinter Oscar Pistorius, als „Blade Runner“ bekannt (der 2014 wegen fahrlässiger Tötung seiner Freundin Reeva Steenkamp verurteilt wurde), musste sich einem Verfahren wegen Betrugs stellen. Seine Konkurrenten vermuteten, dass die Prothesen Pistorius einen unfairen Wettbewerbs­vorteil verschafften. Das Gericht lud einen Experten, der über die Grenze zwischen noch menschlich und bereits roboterhaft entscheiden sollte: Hugh Herr. Herr schaffte es, ein Urteil zu Pistorius’ Gunsten zu erwirken, sodass dieser bis zu seiner Verhaftung 2013 auf seinen Blades weiterlaufen durfte.

Herr nennt Pistorius gerne als Beispiel eines idealen Zusammenspiels von Mensch und Maschine. Er schwärmt vom Verschmelzen mit der Technologie und von fließenden Übergängen zwischen natür­lichem und synthetischem Körperteil. In ein paar Jahren werde er selbst kleine Implantate in seine ver­bleibenden Beinmuskeln bekommen, die den Kontakt zwischen ihm und seinen bionischen Beinen ver­bessern. Und in weiteren zehn Jahren werden seine Roboterbeine direkt an seine Nervenenden ange­schlossen sein, ist Herr überzeugt. Er werde nicht nur fähig sein, auf dem Boden zu laufen, sondern auch den Boden zu fühlen, das heißt: seine gesamte Sen­sorik in den Beinen zurückgewinnen. So würden die metallenen Beine zu „organischen Erweiterungen“ seines Körper werden, „ganz natürlich“, sagt der werdende Cyborg, offenbar getrieben vom Wunsch, die Auswirkungen des Horrorklettertrips im Eis voll­ständig ungeschehen zu machen.

Gerade bei Sportlern, aber auch bei allen anderen Menschen, deren Leben überdurchschnittlich stark von ihrer Bewegungsfähigkeit abhängt, kommt Herrs Arbeit gut an. Ein weiteres berühmtes Beispiel ist die Turniertänzerin Adrianne Haslet­Davis, die bei den Anschlägen auf den Boston Marathon 2013 ihren linken Fuß verlor. Auf dem Höhepunkt ihrer Karriere fand sie sich plötzlich in der Situation, ihr Arbeits­werkzeug, ihren Fuß, nicht mehr benutzen zu können. Sie begegnet Hugh Herr in einer Rehabilitations klinik für die Opfer der Anschläge. Als Herr ihre Geschichte hört, erkennt er sich selbst in ihr wieder. Wie er war sie durch den Verlust des Beines von ihrer größten Leidenschaft im Leben abgeschnitten. Und genau wie er kam sie nur schwer damit zurecht. Herr beschließt also kurzerhand, ihr auch ein Roboterbein zu bauen. Es soll eine neue Herausforderung für den Bionik­Techniker werden, denn Tänzer bewegen sich ganz anders als Kletterer. Zweihundert Tage dauert es, um ihre Bewegungsdynamik so genau zu erforschen und zu verstehen, dass Herr ihr ein Bein zu geben ver­mag, das alles kann, was sie damit zu tun gewohnt war. „In 3 ½ Sekunden haben die kriminellen Feiglinge sie von der Tanzfläche geholt“, sagt Herr in seiner Präsentation der Prothese. „In zweihundert Tagen haben wir sie dorthin zurückgebracht.“ Tatsächlich ist Haslet­Davis’ Prothesenmodell ein spezielles Rumba­Bein, das präzise auf die Bewegungen des Tanzes abgestimmt ist.

In einer nicht so fernen Zukunft soll niemand mehr unter körperlichen Behinderungen, wie etwa dem Verlust eines Arms oder Beins, leiden müssen, stellt Hugh Herr sich vor. Es sei nicht anders als mit

Brillen. Menschen mit schlechten Augen hätten eine Sehbehinderung, doch dank der Brille, die selbst nichts weiter als eine Prothese sei, würden sie in ihrem täglichen Leben davon nicht behindert. Irgend­wann, so sieht es Hugh Herrs Plan vor, sollen seine Prothesen ebenso normal und für alle zugänglich sein wie eine Lesebrille. Er will den Zustand körper­licher Behinderung gänzlich aus der Welt tilgen und volle Rehabilitation zum Mindestmaß des Erreich­baren machen.

Nerven mit Maschinen verbindenBionik und Elektromechanik, an der Schnittstelle zwischen Biologie und Design, sollen Herrs Science­Fiction­Traum von medizinischer Technik wahr werden lassen. Es ist ein interdisziplinäres Feld, in dem Neurowissenschaften eine große Rolle spielen, ebenso aber Elektronik, Mechanik und Biologie. Die Schwierigkeit ist und bleibt jedoch die Verbindung zwischen Mensch und Maschine, ein Problem, das schon seinem Namensvetter Hugh Jackman als Wolverine aus „X­Men“ so manch schlaflose Nacht bereitet. Um ein technisches Bauelement zu kreieren, das so hypersensibel auf die Impulse der menschlichen Muskeln, des Skeletts und des Nervensystems reagiert, dass es tatsächlich verlorene Glieder ersetzen kann, braucht es Technologie auf einem Level, von dem die Welt noch weit entfernt ist. Schließlich gelingt es auch bei weniger komplizierten technischen Geräten kaum, sie so intuitiv zu designen, dass der User keine fünfzigseitige Betriebsanleitung benötigt.

Hugh Herrs Forschungsgruppe am MIT beschäf­tigt sich gegenwärtig mit der Entwicklung spezieller Elektroden. Zwei Nervenstümpfe werden dabei mit einer kleinen Röhre verbunden, sodass die Nerven­enden nah beieinander sind. Dieser Kanal enthält eine Art Sieb, bei der jedes Loch mit einer Elektrode verbunden ist. Wachsen dann die Nervenfasern durch die Löcher, können sie in direkten Kontakt mit den Elektroden treten und so eine funktionale Schnitt­stelle zwischen Mensch und Maschine bilden, die einen „beinahe optimalen“ Informationsaustausch gestatten.

Eine andere Erfindung Herrs ist eine spezielle Knieprothese. Das künstliche Kniegelenk „spürt“ die Stärke und Drehkraft einer Bewegung und passt sich dem individuellen Benutzer an. Das Knie enthält Öl, verdünnt mit winzigen Eisenpartikeln. Ein elektro­magnetisches Feld interagiert mit diesen Eisen­stückchen und sorgt für das Feintuning des Knies.

Daneben arbeitet Herr an sogenannten Exo­ Skeletten, an Geräten, die sich von außen um den menschlichen Körper wickeln und so beispielsweise Schlaganfallpatienten helfen können, ihre gefühllos gewordenen Arme wieder zu bewegen und die Sym­metrie ihre s Körpers wiederherzustellen. Das sei nur der Anfan g, sagt Herr. Am Ende dieser Entwicklung stünden Geräte, die es möglich machen würden, dass Menschen aus ihren Rollstühlen aufstehen und los­laufen können.

Gleichzeitig aber übt das amerikanische Tech­ Superhirn scharfe Kritik an de facto allem, was vor ihm da war. Sogar der gemeine Schuh ist ihm ein Dorn im Auge, weil man davon Blasen bekomme, in seinen

Natur nicht imitieren. „Am Anfang zog ich Kletterschuhe über den Prothesenfuß, sagte mir dann: ,Das ist Blöd­sinn!‘, und warf die Schuhe weg“, sagt Herr. „Ich hatte erkannt, dass die Prothese nicht wie ein menschlicher Fuß aussehen muss, um in einer steilen Felswand zu klettern. Meine Kletter füße haben jetzt die Größe von Baby­füßen. Sind wirklich sehr, sehr klein, so gelange ich überall hin.“

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Augen ein Paradebeispiel dafür, dass die Menschheit nicht wisse, wie man synthetische Produkte am Körper befestigt. Die Prothesen, an denen er arbeite, seien die „bequemsten Gliedmaßen, die jemals jemand getragen hat“. Läge seinen Ambitionen nicht der Gedanke zugrunde, das Leben der Menschen zu ver-bessern, ließen sich leicht Parallelen zu den Genies des Bösen ziehen, die wir nur aus Comic-Verfilmungen kennen. Die Art, wie er über seinen wissenschaft-lichen Verstand und seinen „ungewöhnlichen Körper“ spricht, erinnern einen zuweilen an Superhelden-Malefizlinge wie Magneto.

Wieder fühlen könnenDie Frage, wann seine futuristischen Prothesen tat-sächlich verfügbar sein werden, scheint Herr beisei-tezuschieben. Er spricht von einer Zukunft, in der sie leistbar und für jeden da sein werden, als wäre das schon morgen zu erwarten. Dieser Fortschritt werde auch gut für die Wirtschaft sein, prophezeit er, denn körperliche Behinderungen würden die Gesellschaft weltweit über eine Trillion Dollar an Gesundheits-leistungen kosten. Ginge es nach ihm, so wäre grund-legende physiologische Funktionalität des eigenen Körpers ein Menschenrecht, denn fast die Hälfte der Weltbevölkerung leide unter irgendeiner Form von kognitiver, emotionaler, sensorischer oder motorischer Fehlfunktion ihres Körpers. „Jeder Mensch sollte das Recht haben, ohne Behinderung zu leben, wenn er will“, sagt Herr. Gemessen an der Tatsache, dass derzeit fast eine Milliarde Menschen weltweit nicht einmal Zugang zu sauberem Trinkwasser haben, erscheint Herrs Traum umso utopischer. Auch die von ihm genannte alltägliche Prothese, die heute schon jeder hat, nämlich die Brille, ist längst nicht so ver-breitet, wie viele vielleicht glauben. Die Weltgesund-heitsorganisation (WHO) schätzt, dass zwischen einer halben und einer Milliarde Menschen weltweit eine Brille brauchen würden, sich diese aber schlicht nicht leisten könnten. Der Slogan „Prothesen für alle“ bleibt also inzwischen eher für eine Zukunft reserviert, die ebenso weit weg erscheint wie nachwachsende Gliedmaßen.

Doch in Hugh Herrs Augen ist nichts unmöglich. „Es gibt keine Grenzen“ ist einer seiner Lieblingssätze, wenn es um die Verschmelzung von Mensch und Maschine geht. Eines Tages, hofft er, nicht nur das Gefühl in seinen nicht mehr vorhandenen Füßen wiederzuerlangen, sondern auch seine Balance, die vielleicht sogar besser werden könnte, als sie es zuvor war. Kann er heute mit normaler Geschwindigkeit gehen, Treppen steigen und springen, so hofft er, irgendwann in einer Zukunft zu leben, in der er nie wieder Schmerzen erfahren muss, superschnell laufen und superhoch springen kann, und dass dies auch für die weiteren 20 Millionen Menschen gilt, die weltweit auf Prothesen angewiesen sind, um ihren Alltag zu bestreiten und ihre Ziele zu verwirklichen.

Es sind nur vorsichtige Anspielungen in seinen Aussagen, doch es ist klar, dass Hugh Herr eigentlich von einem durch Technologie ultimativ verbesserten Menschen träumt. Seine Prothesen sind nicht nur dazu gedacht, Menschen, die Gliedmaßen verloren haben, die Kontrolle über ihr Leben zurückzugeben.

Stattdessen solle n auch jene, die sich in der „unglück-lichen“ Position befinden, über gesunde und natür-liche Körperfunktionen verfügen, zu übermensch-licher körperlicher Leistung befähigt werden können.

Herrs Labor entwickelt eine Reihe von Exo- Skeletten, die den Körper stärker machen sollen. Trägt man ein solches und möchte etwas sehr Schweres heben, so transferiert es den Großteil des Gewichts auf die künstlichen Beine. So könnten Menschen viel größere Lasten tragen als bisher und gleichzeitig ihren Körper schonen. Militärische Zwecke, Feuerwehr und Wandern sind nur einige Anwendungsmöglichkeiten, die Herr dafür einfallen. Er sagt eine Zukunft voraus, in der einfach jeder solche Exo-Skelette tragen wird, um seine eigenen Beine und Hüften während des Laufens oder schwerer Arbeit zu schützen. „Es wird uns stärker und effizienter machen“, sagt er. Es werde wunderbar sein, man werde nicht einmal mehr dann außer Atem geraten, nachdem man sich großen Anstrengungen ausgesetzt habe.

Speziell die militärische Anwendung solcher Prothesen und Exo-Skelette ist ein Thema. Bereits seit Jahrzehnten arbeiten vor allem das US-Militär und seine privaten Partner am Soldaten 2.0. Er soll weniger Schlaf brauchen, schmerzunempfindlicher sein, weitere Strecken zurücklegen können und stärker sein. Ein General der U. S. Air Force sagte dazu ein-mal, man müsse dem einzelnen Soldaten die gleichen Fähigkeiten verleihen, wie sie ein Kampfflugzeug hat, und den Soldaten als „System“ sehen. Und die U. S. Navy testet gegenwärtig Exo-Skelette, die aussehen wie Roboteranzüge. Der „Iron Man“-Anzug, wie er dort genannt wird, könnte bereits 2018 bei militäri-schen Einsätzen verwendet werden. Das Problem ist bis jetzt noch, dass es in vielen Einsatzgebieten der Navy keine funktionierenden Stromnetze gibt. Man-che dieser Anzüge können jedoch ohne Stromquelle verwendet werden – Soldaten vermögen damit etwa 90 bis 100 Kilogramm mühelos über weite Strecken zu tragen, ohne das Gewicht zur Gänze zu fühlen.

Vom Soldaten 2.0 zum CyborgFür Hugh Herr bietet sich ein weites Betätigungsfeld hinsichtlich militärischer Nutzung seiner Roboter-Körperteile. Er weist darauf hin, dass das Geschäft mit den Prothesen nach jedem Krieg einen Auf-schwung erlebt hat. Dies verhalte sich nicht anders mit dem „Krieg gegen den Terror“, der nach den 9/11-Anschlägen begann. Dieses Ereignis habe dafür gesorgt, dass „enorme Geldmittel“ für diesen Zweck verfügbar seien, so Herr. Den Veteranen, die im Krieg Gliedmaßen verloren haben und denen die Ärzte prophezeien, sie könnten sich nie wieder bewegen, rät Herr daher, eine zweite Meinung einzuholen.

Für Herr, den ersten Cyborg-Professor am MIT, steht jedenfalls fest, dass seine Forschung die Welt verändern wird. Er glaubt die Lücke zwischen Fähig-Sein und Nicht-fähig-Sein, zwischen gesundem Körper und Behinderung schließen zu können und spricht von Neuroimplantaten, die den Blinden das Sehen ermöglichen, und maschinellen Körperteilen, die volle Rehabilitation bei jeder Art von körperlichem Manko bieten. „Die Natur treibt Design voran, aber Design auch die Natur“, sagt Herr.

Besser als das Original. Hugh Herrs Prothesen funktionieren auch bei minus 40 Grad und können auf Knopfdruck ihre Länge verändern. Mit solchen bionischen Prothesen klettert Herr über Felsrouten, die selbst für Athleten mit intakten Beinen unbegehbar sind.

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Das bionische Ohr Vor 30 Jahren erfunden, ist das Cochlea-Implantat heute kleiner und leistungsstärker denn je und sogar für Neugeborene geeignet.

Mikrofon fängt Geräusche ein.Das Implantat wandelt sie in elektrische Signale um.Die Elektrode leitet die Signale an den Hörnerv weiter.

Mikrofon

Überträger Empfänger Hörschnecke

Hörnerv

Cyborg-Medizin

MENSCHEN MACHENMedizin-Technik kann defekte Körper reparieren und sogar verloren gegangene Sinne ersetzen.

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Die neue NiereEine künstliche Niere – leicht und tragbar – erspart Dialyse-Patienten die wiederkehrenden Arztbesuche.

Katheter der künstlichen Niere leiten Flüssigkeit

in die Bauchhöhle und Harnleiter.

Die mobile Bauchspeicheldrüse Intelligente Bio-Technik erspart Diabetikern das ständige Blutwert-messen und Insulin-spritzen.

Sensor kontrolliertBlutzuckerspiegel

Chip steuert Insulin pumpe

Der elektrische ArmElektroden am Amputationsstumpf empfangen die Nervensignale aus dem Hirn und übersetzen sie in Befehle für die Prothese.

Die Armprothese kann wahrlich Ge-danken lesen.

Die gezüchtete HarnblaseAuf ein biologisch abbaubares Organ-Gerüst werden körpereigene

Zellen gepflanzt. Das Gerüst zerfällt, die Blase bleibt.

neue Blase (wird nicht vom Körper abgestoßen)

NiereHarnröhre

Mechanische Hand mit 360-Grad-DrehungChips, Sensoren und Motoren von i-Limb aus Schottland ermöglichen Trägern das Drehen des Handgelenks und das kontrollierte Bewegen jedes einzelnen Fingers.

Handteile, wo das Tragen der Prothese möglich ist:

Steuereinheit (für: Software, Sensoren und Antriebsmotor der Hand)

BatterieSilikonüberzug

Künstliche Haut in verschiedenen

Farbtönen überzieht die Prothese.

Herz aus Titan und PlastikDas AbioCor-Kunstherz aus den USA gibt es bereits um 250.000 Dollar. Nur funktioniert es noch nicht so recht.

Anti-Parkinson-ChipsNervenimplantate versuchen, durch Epilepsie und Parkinson hervorgerufenes Zittern zu kontrollieren.

Prothese

SehchipSehnerv

Signal

Das bionische Auge Chips in der Netzhaut übertragen die Bilder einer Kamera, die als Brille getragen wird, ans Gehirn.

Hydraulisches System pumpt

Blut durchs Kunstherz.

externer Akku

drahtloser Energie-

überträger

externer draht-loser Driver

implantiertes Kontrollsystem

Das selbstlernende KnieDas RHEO-Knie aus den AI-Labors des MIT lernt selbständig die Gang-art des jeweiligen Trägers.

Die intelligente BeinprotheseDas computergesteuerte C-Leg der deutschen Firma Otto Bock gilt als

Mercedes unter den Prothesen.

Der 10-Millionen-Dollar-FußDer von Hugh Herr entwickelte PowerFoot One hat drei Chips und zwölf Sensoren. Der Fersenwinkel passt sich automatisch der Schrittgeschwindigkeit an. Und beim Klettern ersetzt Herr die

Hightech-Plattfüße durch Mini-Sohlen.

Prothesenschaft aus Carbonfasern

Mikrochips zur Steuerung der Beuge- und Streckfunktion

Ventile, die sich dem Körpergewicht und dem Beugewinkel anpassen, sorgen für Stabilität im

Kniegelenk.

Belastungssensoren am Schienbein liefern Daten

zur Kontrolle der Bewegungen.

Die Geparden- BeineDie Cheetah-Pro-these kostet 50.000 Dollar. Der Sprinter Oscar Pistorius lief damit bei Olympia.

Signal

Die Muskeln aus MetallRoboteranzüge werden durch gedanken-lesende Hirnimplantate kontrolliert und lassen Querschnittgelähmte wieder gehen.

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Jürgen Furian. Mitbegründer von Pioneers, der Firma hinter dem Pioneers Festival, und dort

hauptverantwortlich für Marken- und Produkt-entwicklung. Furian hat Internationale Betriebs-

wirtschaft in Wien und in den USA studiert.

„MACH NUR, WAS DU AUCH

WIRKLICH WILLST“

Jürgen Furian ist Pionier der ersten Stunde. Wenn

er über Start-ups spricht, ist er kaum zu stoppen. Sein Rat für alle jungen

Unternehme r: Ausdauer und Leidenschaft.

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THE RED BULLETIN: Für das Pioneers Festival 2015 haben sich 1600 Start-ups aus 96 Ländern beworben. Wie wählt ihr aus, wer bei euch präsentieren darf?Jürgen Furian: Es muss sich um Ideen handeln, die in den nächsten fünf Jahren unsere Zukunft bestimmen werden. Wir reden beim Pioneers Festival ausschließlich von der Zukunf t. Themenmäßig sind wir breit aufgestellt: Aerospace, Energie, Roboter, Biotechnik. Das schätzt die Branche an uns.

Welche Eigenschaften muss ein guter Speaker haben?Er darf kein „Speaker“ sein, das ist Punkt eins. Wir wollen Leute, die etwas anpacken, schaffen, scheitern und weiter­machen. Erst dann können sie darüber sprechen. Wir schauen uns an, was junge Start­ups brauchen und von welchen Experten sie lernen können. Das ist wie in einer Schulklasse: Von engagierten Lehrern lernst du am meisten.

Welcher Start-up-Lehrer beeindruckt dich am meisten?Steli Efti, der Gründer von ElasticSales. Ein Meister, wenn es um Live­Präsentationen geht. Normalerweise laden wir niemanden zweimal ein. Steli kommt heuer schon zum dritten Mal, weil wir dauernd Mails kriegen, die seinen Auf­tritt fordern. Stelis Fachgebiet ist staubtrocken: Es geht um Umsatzerlöse. Trotzdem gehen die Leute bei seinen Vorträgen ab. Auf unserem YouTube­Kanal gibt’s den Beweis. Steli ist energiegeladen. Und gibt immer präzises Feedback.

Was ist seine Kernbotschaft?„Sell first. Build second.“ Es geht um die Angst der Branche, dass du ein Produkt perfekt entwickeln musst, bevor du es verkaufst. Laut Steli ein Riesenfehler. Er sagt: Verkaufe es zuerst, auch wenn es nicht perfekt ist. Und schau, ob überhaupt Nachfrage besteht. Du gibst dem Kunden zwanzig Prozent Rabatt auf ein unfertiges Produkt. Dafür ist er der Erste, der das Produkt bekommt.

Welche Branche hat derzeit die spannendsten Start-ups?Die Biotechnik. Kleine Start­ups, die mit wenig Geld un­glaubliche Dinge erreichen. In der Computerbranche waren Rechner und Server früher sündhaft teuer. Die konnte sich keiner leisten. Heute hat jeder Laptop und Smartphone – die Technologie wurde demokratisiert. Im Bio­Tech­Bereich passiert gerade genau das Gleiche. Die großen Pharmariesen haben früher mehrere Milliarden in Forschung investiert, damit nach zehn Jahren eine Pille rauskommt. Heute ver­wirklichen kleine Start­ups gute Ideen selbst.

Zum Beispiel?Hampton Creek aus San Francisco. Die produzieren Eier aus den Proteinen von Bohnen. Ohne Hühner, ohne Massentier­haltung. Ich war neulich bei denen frühstücken. Ihre Spiegel eier schmecken lecker.

Angenommen, ich habe eine Idee für eine App. Wie mache ich sie erfolgreich?Du solltest dir vorab ein paar Fragen beantworten, und die wichtigste davon ist: Do I really, really care? Will ich das wirklich? – Es muss ja nicht jeder Unternehmer werden. Denn es wird eine knallharte Achterbahnfahrt. Und wenn du da nicht wirklich leidenschaftlich bist, wirst du – wenn’s echt schwierig wird – aussteigen.

Wie komme ich heil durch die Achterbahn?Mit Selbstvertrauen. Die absolut wichtigste Eigenschaft, wenn du eine Idee realisieren willst. Mein Lieblingsbeispiel

ist Tim Westergren. Er hatte Ende der 1990er die Idee für ein Internet­Radio, das sich dem User­Geschmack anpasst. Er trug sein Konzept 300 Investoren vor und kassierte 300 Ab­sagen. Trotzdem gab er nicht auf. Heute hat sein Internet­Radio achtzig Millionen Hörer.

Eine solche Ausdauer hätten die wenigsten.Weil sich die Leute vorm Scheitern fürchten. Aber in der Start­up­Szene ist Scheitern etwas Positives – vorausgesetzt, du lernst daraus. Es gibt eigene Konferenzen, auf denen Firmen gründer nur übers Scheitern sprechen.

Was ist gut daran, wenn mein Projekt schiefgeht?Dass du aus deiner Komfortzone geworfen wirst und dazu­lernst. Jede Innovation bringt Risiko mit sich. Mario Andretti, der Formel­1­Weltmeister von 1978, sagte einmal: „Wer alles kontrollieren kann, fährt nicht schnell genug.“ Von dieser Haltung kann man lernen.

Risiko ist ein gutes Stichwort. Ihr habt eine eurer allerersten Start-up-Konferenzen 2009 in Prishtina im Kosovo abgehalten. Einem Kriegsgebiet.Genau. Mein Geschäftspartner hatte den Kosovo bereist, und ihm war Folgendes aufgefallen: Die haben extrem viele junge Leute, die wenig Vertrauen in den Staat haben und sich selb­ständig machen wollen. Ein guter Ort für Start­ups also.

Welche Ideen schlagen denn junge Gründer in Prishtina vor?Dinge wie Start­ups zur Milchauslieferung zum Beispiel. Die wollten das logistisch besser aufziehen. Für uns klingt das vielleicht banal, aber nicht in jedem Land gibt es Supermärkte ums Eck mit zehn verschiedenen Milchsorten. Wir leben ja nicht in einer homogenen Welt. Da ist es echt spannend, zu beobachten, was in den verschiedenen Ökosystemen gebraucht wird. Und welche Lösungen es dafür gibt.

Start-up-Gründer sind Profis im Verkaufen von Ideen. Du kennst hunderte von ihnen. Hast du einen Tipp für uns? Sagen wir für die Idee, unseren Chef um mehr Gehalt zu bitten?Wenn du eine Minute hast, trainiere genau für diese Minute. Argumentiere aus der Sicht deines Chefs. Und das Wichtigste ist: Sei leidenschaftlich!

Das können nicht alle.Schau dir Videos der Präsentations­Trainerin Nancy Duarte an. Nancy hat an Vorträgen von Al Gore und Steve Jobs mit­gearbeitet und letztes Jahr bei uns gesprochen. Kernaussage: Verkaufe alles mit einer Story. Etwa das Thema Mentoring am Beispiel von Luke Skywalker und Meister Yoda.

Sagen wir, ich bin gut vorbereitet, aber schrecklich nervös.Macht nichts. Ich war selber ein introvertiertes Bürschchen. Ich habe auf der Uni eine einzige Präsentation gehalten. Und alle anderen erfolgreich vermieden.

Wie hast du die Angst besiegt?Ich habe mir gesagt: „Es ist nicht schlimm. Die Leute sind da, um dir zuzuhören.“

Das klingt zu einfach.Stimmt aber. Sogar die größten Musikstars haben Lampen­fieber. Das gehört zum Job. Wir haben ja vorhin über die gute n Seiten des Scheiterns gesprochen: Wenn du deinen Vortrag versemmelst, wissen zumindest mehr Leute über dich Bescheid als zuvor.

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IN ZUKUNFT. Anfangs übersetzen Tracking-Armbänder elektro-magnetische Wellen in Nervenimpulse. Später übertragen die

Nerven die Radio- und Handysignale direkt ans Gehirn.

Smartphones sind ziemlich dumme Geräte. Sie verwandeln elektromagnetische Wellen in Nervenimpulse, die im Gehirn zu akustischen oder optischen Eindrücken umgewandelt werden. Ein Smartbrain braucht eigentlich so ein Smartphone nicht.

Schon seit Jahrmillionen ist das mensch­liche Gehirn mit seinen rund 20 Milliarden Nervenzellen imstande, ohne technische Hilfsmittel elektromagnetische Wellen zu empfangen, zu entschlüsseln und in sinnvolle Information zu übersetzen.

Elektromagnetische Wellen mit einer Länge von 380 bis 780 Nanometern und einer Frequenz von 384 bis 789 Terahertz kann das Hirn ohne irgendwelche Gadgets direkt ver­arbeiten: das Licht.

Handy­ und Radiostrahlen, Satelliten­ und TV­Signale mögen andere Wellenlängen und Frequenzen haben, sie bleiben aber elektro­magnetische Wellen.

Das Gehirn ist lernfähig. Wie es jede neue Sprache erlernen kann, kann es lernen, neue Frequenzbereiche zu dekodieren. Dass es sie schon jetzt registriert, beweist zuweilen nervöses Zucken in den Fingern nach stunden­langem Mobiltelefonieren. Und auch die Wetterfühligkeit in nicht mehr vorhandenen, weil amputierten Extremitäten ist ein Beweis, dass Menschen noch ganz andere Signale empfangen können, die selbst modernsten Geräten nicht zugänglich sind.

Eines nicht fernen Tages werden Menschen ohne Handy, Radio und TV­Apparat telefo­nieren, Musik hören und Filme sehen können – wo auch immer sie sind, wann auch immer sie wollen. Dank einer der ältesten und intelli­gentesten Erfindungen der Natur: der Nerven­zelle. Die Menschen haben künstliche Intelli­genz geschaffen, vielleicht ist es endlich an der Zeit, auch die natürliche zu nutzen.

SPECIAL EDITION DIE PIONIERE DES JAHRES 2015

Chefredakteur Boro Petric

Editorial Director Robert Sperl

Art Director Dominik Uhl

Photo Director Markus Kucera

Textchef Clemens Stachel

Chefin vom Dienst Lisa Blazek

Redaktion Muhamed Beganovic,

Georg Eckelsberge r, Judith Mutici, Magdalen a Miedl, Teresa Reiter,

Andrea s Rottenschlage r, Manon Steiner

Lektorat Hans Fleißner, Monika Hasleder

Design & Infografik Paul Stuefer, Birgit Lohmann

Illustration Martin Udovicic, Marco Vergotti

Web Kurt Vierthaler (Ltg.), Andrew Swann

Übersetzung Dmitri Mikhalitsyn, Desmond Tumulty

Verlagsleitung Franz Renkin

Anzeigenverkauf Alfred Vrej Minassian (Ltg.),

Thomas Hutterer, Corinna Laure [email protected]

Anzeigendisposition Sabrina Schneider

Marketing & Project Management Lukas Scharmbacher

Marketing Design Peter Knehtl (Ltg.), Karoline Anna Eisl,

Simone Fischer, Julia Schweikhardt

Herstellung Michael Bergmeister

Produktion Wolfgang Stecher (Ltg.), Walter O.

Sádaba, Matthias Zimmermann

Lithografie Clemens Ragotzky (Ltg.), Claudia Heis,

Maximilian Kment, Karsten Lehmann

IT Systems Engineer Michael Thaler

Abo Peter Schiffer

Vertrieb Klaus Pleninger

General Manager und Publisher Wolfgang Winter

Verlagsanschrift Heinrich-Collin-Straße 1, A-1140 Wien

Telefon +43 1 90221-28800 Fax +43 1 90221-28809

Web www.redbulletin.com

Medieninhaber, Verlag und Herausgebe r

Red Bull Media House GmbH, Oberst-Lepperdinger-Straße 11–15,

A-5071 Wals bei Salzburg, FN 297115i, Landesgericht Salzburg,

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Geschäftsführer Christopher Reindl, Andreas Gall

INTELLIGENTE NERVENDINGE, DIE DIE WELT NOCH BRAUCHT. Nach AI (Artificial Intelligence) kommt in Zukunft IN (Intelligent Nerves). Nerven-zellen, die mehr können als modernste Maschinen. Das ist biologischer High-Tech.

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50 THE RED BULLETIN

Page 51: The Red Bulletin Special - Pioneers Festival 2015 AT

Entgeltliche Einschaltung

Wien.Die Stadtfürs Leben.

Zu den Routen:

Mountainbiken direkt vor der Haustüre. Sobald es wieder wärmer wird, zieht es sportliche Wienerinnen und Wiener zum Biken an die frische Luft. Wer regelmäßig in die Pedale tritt, stärkt nicht nur das Herz-Kreislauf-System, sondern lässt auch überflüssige Fettpölsterchen schwinden und baut Stress ab.

In Wien gibt es sieben ausgewiesene Radwege, die in den Wienerwald führen und mit dem Mountainbike befahren werden dürfen. Für mehr Infos zu den Routen scannen Sie den QR-Code mit Ihrem Smartphone!

Sportbegeisterte kommen in Wien aber auch abseits der Mountainbikestrecken voll auf ihre Kosten. Wussten Sie, dass in Wien über 70 Sportarten professionell ausgeübt werden können? Alle Infos dazu finden Sie auf www.sport.wien.at

Sebastian, 25Ambitionierter Mountainbiker

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Mein Fitness-Studio ist 484 Meter hoch!Der Kahlenberg – einer von vielen Mountainbike-Spots in Wien

Page 52: The Red Bulletin Special - Pioneers Festival 2015 AT

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