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Allgemeines

Von alters her ist es den Menschen ge-läufig, dass es mindestens zwei verschiedeneArten von Mooren gibt; hierauf verweisendie Begriffspaare, die sich für ”Moor” in ver-schiedenen Sprachen schon früh eingebür-gert haben. Sie beziehen sich ursprünglichnur auf Unterschiede in der Pflanzendecke:zwergstrauchdominierte Hochmoore undseggendominierte Niedermoore. DieseZweigliederung bildete recht lange dieGrundlage der mitteleuropäischen Moor-klassifikation, denn in ihr kamen ja zugleichdie großen standörtlichen Unterschiede inden Basen- und Nährstoffverhältnissen derMoore zum Ausdruck.

Selbstverständlich wird eine solcheZweigliederung der weltweiten Verbreitungund der großen Vielfalt der Moore nicht ge-recht. Erst in den letzten Jahren unternahmdie International Mire Conservation Group(Int. Moorschutz-Gruppe) den Versuch, dieverschiedenen nationalen Moorgliederun-gen weltweit in englischer Sprache zu ver-einheitlichen.

Die folgende Einteilung nach Moorty-pen auf die mitteleuropäischen und hier be-sonders auf die von den Alpen geprägtenVerhältnisse Rücksicht. Sie versucht mög-lichst viele Parameter zu beachten und denbisherigen internationalen Absprachenweitgehend zu entsprechen. Sie basiert auf

den hydrologischen Bedingungen, die fürdie Bildung des Torfes maßgeblich waren(hydrogenetische Klassifikation; vergl. SUC-COW 1974, 1981, 1988; SUCCOW & LANGE

1984).

Niedermoore, Flachmoore –vom Grundwasser gespeiste Moore

Verlandungsmoore

Dieser Moortyp ist an Stillgewässer ge-bunden, die nach der Eiszeit entweder ganzoder im Bereich flacher Uferzonen verland-eten (Abb. 1, 2). Nach Abschluss dieserVerlandungsphase entstanden häufig sekun-däre Moorbildungen - üblicherweise Ver-sumpfungsmoore - auf den vorhandenenVerlandungsmooren.

Durch die Veränderung der Nährstoff-verhältnisse der Gewässer, insbesonderedurch die Nährstoffzunahme in der Gegen-wart, kam es zur Sumpfgasbildung bei denunter Wasser liegenden Torfen (z.B. Schilf-torf). In der Folge lösten sich die Torfdeckenund trieben an die Wasseroberfläche – esentstanden sogenannte simultane Schwin-grasen (z.B. der Seerosenweiher bei Lans/Ti-rol; der Schwingrasen des Lunzer Ober-sees/NÖ – Abb. 3 – oder der Seetaler See imLungau).

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Moortypen

G . M . S T E I N E R

Abstract: This article deals with a hydrogenetic classification of peatlands. There are seven fen typessupported with groundwater, terrestrialisation mires, paludification mires, inundation mires, kettle holemires, surface flow mires, spring fens and percolation mires. One type, transitional mire, is supportedwith both, groundwater and precipitation, and three types are supported with precipitation water only,bogs, blanket bog and condensation mire. A short description of boreal string mires supported by snowmelt water and permafrost dominated peat plateau and polygon mires completes this survey on miretypes.

Stapfia 85, zugleich Kataloge der OÖ. Landesmuseen

Neue Serie 35 (2005), xxxx

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Bei nährstoffärmeren Gewässern bildensich erst allmählich (sukzedan) Schwingra-sen aus: Sie entstehen durch das langsameÜberwachsen der Wasseroberfläche mit denWurzelausläufern von Fieberklee, Sumpf-blutauge oder Schlammsegge, zwischen de-nen dann Torfmoose wachsen können (z.B.Gsteiklmoos/Lungau, Miesbodensee/BadMitterndorf oder Amberger See/ÖtztalerAlpen – Abb. 4).

Versumpfungsmoore

Versumpfungsmoore, ein sehr weitver-breiteter Moortyp (Abb. 5 – 7), bildetensich immer in Phasen höheren Nieder-schlags. Die meisten Versumpfungsmooreder Mittelgebirge sind späteiszeitlichen Ur-sprungs.

Ein stetiger, langsamer Grundwasseran-stieg führte zur Moorbildung entweder direktüber dem mineralischen Untergrund oderüber bereits bestehenden Moorbildungen.

Die Wasserbewegung in Versumpfungs-mooren kann sowohl horizontal als auchvertikal erfolgen. Das führt nach langen Re-genfällen zur Überstauung der Standorte,nach Trockenperioden zur Absenkung desWasserspiegels. Aufgrund dieser Dynamikund der damit verbundenen Freisetzung vonNährstoffen sind Versumpfungsmoore inden Tieflagen Europas meistens nährstoff-reich.

Blieben Überstauung und Trockenfallenaus und der Regen durchnässte den Torfkör-

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Abb. 1: Schematischer Querschnitt durch ein Verlandungsmoor,

Abb. 2: Schwarze Lacke am Gerzkopf/ Salzburger Schieferalpen(Salzburg).

Abb. 3: Simultaner Schwingrasen - Lunzer Obersee/Lassingalpen(Niederösterreich).

Abb. 4: Sukzedaner Schwingrasen - Amberger See/Stubaier Alpen(Tirol).

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per gleichmäßig, wurden kaum Nährstoffe

mobilisiert. Dadurch kam es zum Wachstum

von Torfmoosen, was letztendlich zur Aus-

bildung von Hochmooren führte.

In den tieferen Lagen fielen sie nahezu

ausnahmslos der Landnahme des Menschen

zum Opfer. Heute sind Versumpfungsmoore

daher nur noch in Hochlagen oder als klei-ne, oft stark gestörte Restbestände zu finden.

Überflutungsmoore

Dieser Moortyp ist an ebene Talbödenmit langandauernden Überschwemmungs-phasen gebunden (Abb. 8, 9). Dadurch unddurch die darauf folgenden Ablagerungen

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Abb. 6: Atemlöchermöser/Ötztaler Alpen(Tirol). Abb. 7: Tiefwald bei Nauders/Ötztaler Alpen (Tirol).

Abb. 5: Schematischer Querschnittdurch ein Versumpfungsmoor.

Abb. 8: Schematischer Querschnittdurch ein Überflutungsmoor.

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(Sedimenten) kam es zu einer Aufhöhungder Flüsse und flussnahen Talbereiche. Dieflussferneren Talauen wurden vom Fluss ab-geschnitten, die Hochwässer konnten nicht

mehr so gut abfließen. Zugleich erhöhte sichdadurch auch der flussbedingte Grundwas-serspiegel.

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Abb. 9: Moor südlich Praxmar/Melachtal/Stubaier Alpen (Tirol). Abb. 10: Gurgler Rotmoos/Ötztaler Alpen (Tirol).

Abb. 11: Auenfeld/Hochtannberg (Vorarlberg) Abb. 12: Obtiefland/Westsibirien (Russland).

Abb. 13: Obtiefland/Westsibirien (Russland). Abb. 14: Obtiefland/Westsibirien (Russland),

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Charakteristisch für Überflutungsmooreist die Schichtabfolge im Untergrund: Torf-schichten wechseln sich mit Sediments-chichten ab, der Mineralgehalt der Torfe istsehr hoch. Entgegen der allgemeinen An-nahme sind derartige Moorbildungen nichtauf Tiefländer beschränkt, sie treten ebensoin Hochtalböden, oft direkt im Anschlussan die Gletscherzungen auf (Gurgler Rot-moos/Tirol – Abb. 10, Auenfeld am Hoch-tannberg/Vorarlberg – Abb. 11). Die schön-sten Überflutungsmoore findet man in denunbewohnten Regionen Sibiriens (Abb. 12– 14)

Kesselmoore

Kesselmoore bilden sich in steilwandi-gen, abflusslosen, aber nicht vollständig ab-gedichteten Geländemulden. Charakteris-tisch sind sie für Eiszerfallslandschaften, wosie die Toteislöcher ausfüllen; sie könnensich aber auch in Karsthohlformen bilden.Entscheidend für die Entwicklung diesesMoortyps ist das feine Zusammenspiel vonKlima und mineralischem Untergrund, wel-ches langfristig sicherstellen muss, dass derKessel hinreichend aber nicht übermäßigmit Wasser versorgt wird (Abb. 15).

Da der Wasserhaushalt intakter Kessel-moore vom oberflächlichen Zulauf bzw.weitgehend von der Durchlässigkeit desUntergrundes gesteuert wird, darf das Lokal-klima nicht allzu feucht, das Einzugsgebietnicht allzu groß und der mineralischeUntergrund nicht allzu durchlässig sein.

Wie bereits oben erwähnt, kann es imZentrum von Verlandungsmooren zu einerNährstoffverknappung und damit einherge-hend zu einer Versauerung kommen. DieseBedingungen fördern das Aufkommen vonTorfmoosen, die ihrerseits wiederum dieStandortsverhältnisse prägen: Der Einflussdes Niederschlagswassers nimmt zu und dieStandorte werden saurer. Unter diesen Be-dingungen kommt es im Übergangsbereichzwischen Moor- und Mineralboden zu Ab-dichtungsprozessen. Auf diese Weise wirddie Kesselwand durch das Moorwachstumimmer weiter abgedichtet, was wieder einWeiterwachsen des Moores ermöglicht.

Durch das Oberflächenwasser werdenlaufend Nährstoffe eingebracht - die charak-teristische Zonierung der Kesselmoore ent-steht. Die schönsten Beispiele für Kessel-moore in Österreich sind das Höfleinmoorin der Sattnitz bei Klagenfurt (Abb. 16) undder Krotenweiher im Gschnitztal (Abb. 17).

Trotz ihrer Kleinheit und der Schwierig-keit, derartige Moore zu entwässern, unter-liegen sie in der Gegenwart starkem anthro-pogenem Druck. Entwässerungen mittelsRohrleitungen und der Torfabbau sowie derüberhöhte Nährstoffeintrag aus den land-wirtschaftlich genutzten Flächen im Ein-zugsgebiet verursachen erhebliche Vegeta-tionsveränderungen.

Überrieselungsmoore

Überrieselungsmoore (Abb. 18 - 20), diehäufigsten Hangmoore der Gebirge, entstan-

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Abb. 15: Schematischer Querschnittdurch eine Moränenenlandschaft mitzwei Kesselmooren .

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Abb. 16: Moor am Bodendorfer Ochsenberg/Gurktaler Alpen(Steiermark). Abb. 17: Krotenweiher/Gschnitztal (Tirol).

Abb. 19: Moor im Baumkirchnertal/Gnadenwaldterrasse (Tirol). Abb. 20: Moor in den Valülatälern/Rätische Alpen (Vorarlberg).

Abb. 18: Schematischer Querschnittdurch ein Überrieselungsmoor.

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den während nahezu aller Phasen Häufig sindsie sehr jung und weisen eine geringe Torf-mächtigkeit auf. Außerhalb der alpinen Stu-fe werden sie zumeist als Streuwiesen genutzt,ja sie sind oft erst durch Rodung feuchterHangwälder oder Gebüsche entstanden.

Wie der Name vermuten lässt, werdensie von Oberflächenwässern überrieselt. Dietraditionelle Streunutzung gewährleistet ei-ne regelmäßige Entnahme der Biomasse unddamit der Nährstoffe, weshalb dieser Moor-typ als mittelmäßig nährstoffreich eingestuftwird.

Auch hier hat die Intensivierung derGrünlandwirtschaft zu starken Veränderun-gen geführt. Zahlreiche Hangmoore wurdenzu stark entwässert oder durch Düngung ver-ändert. Die größte Gefahr liegt jedoch inder Aufgabe der traditionellen Streunut-zung: Weil die Biomasse nicht mehr ab-transportiert wird, reichern sich die Nähr-stoffe an, was zwangsläufig zu einer Verände-rung der Vegetation führt. Zuerst setzt eineVerbuschung und schließlich die Wiederbe-waldung dieser Moorstandorte ein.

Quellmoore

Diese sehr kleinflächigen Moorbildun-gen (Abb. 21 - 23) über artesischen Quel-laustritten sind durch hochzersetzte Torfeausgezeichnet, da sie ja an Stellen mit stän-diger Frischwasser- und damit Sauerstoffzu-fuhr ausgebildet sind. Viele Quellmoore,

insbesondere in den tieferen Lagen, dürftendurch die Rodungstätigkeit des Menschenentstanden sein und sind daher verhältnis-mäßig jung.

Die Vegetation kalkreicher Quellmoorewird von Moosen dominiert, die an ihrerOberfläche Kalk ausscheiden können, waszur Ausbildung oft mächtiger Quellkalkab-lagerungen (Tuffe) führt.

Trotz ihrer Kleinflächigkeit gehören dieQuellmoore zu den am meisten gefährdetenMoortypen. Sie sind wie alle Hangmoorevon verhältnismäßig großen Einzugsgebie-ten abhängig, und ihre hochangepasste Ve-getation reagiert äußerst empfindlich aufVeränderungen der Wasserqualität. EineNährstoffzunahme im Einzugsgebiet führtunweigerlich zum Verschwinden der Quell-moose. Die damit verbundene Störung desökologischen Gleichgewichts kann sehrschnell zur Zerstörung des Gesamtökosys-tems und damit auch zu drastischen Verän-derungen des Wasserhaushaltes im Umlandführen.

Durchströmungsmoore

Die Torfbildung in Durchströmungs-mooren kommt durch strömendes Wasserknapp unter der Mooroberfläche zustandeund wird noch durch die stauende Wirkungdes Torfes erhöht. Der anhaltende Grund-wasserstrom führt zu einem schnell und kon-tinuierlich wachsenden, lockeren Torf mit

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Abb. 21: SchematischerQuerschnitt durch einQuellmoor

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hohem Ausdehnungsvermögen. Moore die-ses Typs schließen häufig an Quellmoore anoder sind an Stellen ausgebildet, die sichhäufig an konkaven Geländekanten, wiez.B. Talrändern oder Moränen befinden(Abb. 24 - 28). In den Urstromtälern desnördlichen Mitteleuropas bilden Durchströ-mungsmoore in Kombination mit Überflu-tungsmooren mächtige Talvermoorungen.Ähnlich ist die Situation in den Alpentä-lern und den Moränenlandschaften der Vor-länder. Doch auch in Hochlagen tritt dieserMoortyp auf, wenn die entsprechenden Vor-aussetzungen gegeben sind. der Nacheiszeit.Wird das Gefälle zu hoch, kann der Torfkör-per das Wasser nicht mehr halten, es tritt

dann an die Oberfläche und überrieselt denHang. Derartige Kombinationen sind in hö-heren Lagen verhältnismäßig häufig zu be-obachten, in den Tallagen sind sie selten.

Durchströmungsmoore sind sekundäreMoorbildungen, denn sie entstanden ausQuell-, Verlandungs-, Versumpfungs-, Über-flutungs- oder Überrieselungsmooren inPhasen höheren Wasserangebotes. Sie sindleicht zu entwässern und reagieren äußerstempfindlich auf Veränderungen der Wasser-qualität.

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Abb. 22: Hangmoor am Gerzkopf/Pongau (Salzburg). Abb. 23: Moor bei der Fritzenhütte/Überling/Lungau (Salzburg).

Abb. 24: Schematischer Querschnittdurch ein Durchströmungsmoor.

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Übergangsmoore

Sie werden sowohl vom Grundwasser alsauch vom Regenwasser gespeist.

Dieser Moortyp (Abb. 29 - 31) ist immerwieder, insbesondere von den Moorspezialis-ten der Tiefländer angezweifelt worden, waraber in den Gebirgsländern immer unum-stritten.

Im europäischen Tieflandsbereich gibtes derartige Bildungen heute tatsächlichnicht mehr, im Alpenraum hingegen tretensie immer wieder auf (z.B. Die Schwemm beiWalchsee/Tirol – Abb. 30). Insbesonderedie Schwingrasen, nur noch vom Regenwas-ser versorgt, neigen unter den alpinen Kli-mabedingungen zur Übergangsmoorbildung.Der Grund dafür ist die hohe Schneelage imWinter. Der Schnee drückt mit seiner Mas-

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Abb. 25: Moorkomplex Klausberg-Hochälpele/HintererBregenzerwald (Vorarlberg).

Abb. 26: Saloberalpe/Hochtannberg (Vorarlberg).

Abb. 27: Göltschacher Moor/Sattnitz/Klagenfurer Becken (Kärnten).Abb. 28: Ried auf der Saloberalpe/Übersaxen/HintererBregenzerwald (Vorarlberg).

Abb. 29: Schematischer Querschnitt durch ein Übergangsmoor

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se den Schwingrasen unter die Wasserober-fläche, wodurch sich der Torfkörper mit demSeewasser vollsaugen kann. Die Nährstoffe,die auf diesem Wege in den Torf gelangen,ermöglichen es, dass sich Niedermoorpflan-zen entwickeln, die auf Hochmooren nichtzu finden sind.

Hochmoore, Regenmoore –vom Niederschlagswassergespeiste Moore

Hochmoore - Regenmoore

Hochmoore zeichnen sich durch einenmooreigenen Wasserkörper aus, der über-wiegend von Regenwasser gespeist wird und

unabhängig vom Grundwasser der Umge-bung ist. Die Entwicklung eines Hochmoo-res ist an das Vorhandensein bestimmterTorfmoosarten gebunden, die über den Spie-gel des Mineralbodenwassers hinauswach-sen und mit ihrer Wasserhaltekapazität ei-nen eigenen Grund- bzw- Moorwasserkörperaufbauen können.

Die Torfmoose können vom Regen ein-gebrachte Mineralstoffe aufnehmen und ge-gen Wasserstoffionen austauschen. Beideszusammen führt zur Vernässung und Ansäu-erung des Standortes und ist charakteris-tisch für alle Hochmoortypen. Nur wenigeArten können unter diesen nährstoffarmenund sauren Bedingungen wachsen, daher ist

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Abb. 30: Die Schwemm/Kössen-Walchseeniederung (Tirol). Abb. 31: Moor in der Mooskeuschen/Sattnitz (Kärnten).

Abb. 32: Schematischer Querschnittdurch ein Hochmoor, das aus einer

Seenverlandung entstanden ist.

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die Vegetation der Hochmoore weltweitähnlich und durch extreme Artenarmut ge-kennzeichnet.

Mit Ausnahme der sogenannten wurzel-echten Hochmoore, die sich direkt auf demvegetationsfreien Untergrund entwickelthaben, sind die meisten Hochmoore klima-tisch bedingte Weiterentwicklungen allertopogenen Moortypen, ihr Vorkommen istalso an bestimmte Geländeformen geknüpft.

Aus Verlandungen stammen in Öster-reich vor allem die Hochmoore des Alpen-vorlandes wie das Ibmer Moos oder dasNordmoor am Irrsee, es gibt aber auch zahl-reiche Beispiele aus dem Alpenbereich(Abb. 32 – 34).

Alle Moore des Wald- und Mühlvier-tels, sowie der überwiegende Teil der alpi-

nen Hochmoore höherer Lagen haben inVersumpfungsmooren ihren Ursprung. Ins-besondere Sattelhochmoore sind im Alpen-raum weit verbreitet (Abb. 35 – 37).

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Abb. 33: Rotmoos bei Weichselboden/MariazellerGebirgsumrahmung (Steiermark). Abb. 34: Kohlstattsee/Obtarrenz/Lechtaler Alpen (Tirol).

Abb. 36: Gleinser Mähder/Stubaier Alpen (Tirol). Abb. 37: Moor am Gerzkopf/Salzburger Schieferalpen (Salzburg).

Abb. 35: Schematischer Querschnitt durch ein Sattelhochmoor, das aus einemVersumpfungsmoor entstanden ist.

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Abb. 38: Schematischer Querschnittdurch ein Talhochmoor, das aus einem

Überflutungsmoor entstanden ist.

Abb. 41: Schematischer Querschnittdurch ein Hanghochmoor, das aus einem

Durchströmungsmoor entstanden ist.

Abb. 39: Pürgschachenmoos/Ennstal (Steiermark). Abb. 40: Saumoos im Murtal (Salzburg).

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Beispiele für Hochmoore, die aus Über-flutungsmooren entstanden sind (Abb. 38),sind das Pürgschachenmoos im Ennstal(Abb. 39) und das Saumoos im Murtal(Abb. 40).

Von den soligenen Mooren entwickelnsich bei unseren gemässigten Klimaverhält-nissen nur die Durchströmungsmoore zuHochmooren (Abb. 41 - 43).

In der Nacheiszeit vor etwa 8 – 5000Jahren setzte weltweit das Hochmoorwachs-tum ein. Hochmoore sind also Ökosysteme,deren Entwicklung von paläoklimatischenBedingungen bestimmt wurden, die in derGegenwart nicht mehr anzutreffen sind.Zerstört man sie, ist diese Zerstörung end-gültig und irreversibel.

Deckenmoore

Im Gegensatz zu den eigentlichenHochmooren, die sich in den meisten Fällen

aus Flachmooren entwickelt haben, sindDeckenmoore weitgehend unabhängig vonder Geländeform. Sie überziehen denUntergrund wie eine Decke und sind in vie-len Fällen wurzelecht, also direkt auf demvegetationsfreien Untergrund entstanden(Abb. 44). Die Voraussetzung für die Ent-wicklung derartiger Moore ist ein extremozeanisches Klima. Das ist auch der Grunddafür, warum dieser Moortyp auf die feucht-sten Bereiche der Erde beschränkt ist. De-ckenmoore treten in Irland (Abb. 45),Schottland (Abb. 46), Westnorwegen,Kamchatka, Neufundland und auf einigenPazifikinseln auf. Es gibt aber auch einigeVorkommen in extrem humiden Gebirgsla-gen Schwedens (Abb. 47), Finnlands undder Alpen.

In Österreich sind Deckenmoore auf we-nige westexponierte Hänge der RätischenAlpen (Die Wiege – Abb. 48) und einige

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Abb. 44: SchematischerQuerschnitt durch einDeckenmoor.

Abb. 42: Rohralpe/Hinterer Bregenzerwald (Vorarlberg). Abb. 43: Die Siebenmöser am Gerlospass/Zillertaler Alpen (Salzburg).

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Stellen im Salzkammergut (Großes Löcken-moos bei Gosau – Abb. 49) beschränkt, inder Schweiz kommt etwa den Vermoorun-gen auf der Alp Chaltenbrunnen (Abb. 50),

auf dem Zugerberg oder im Schlänggli in derMoorlandschaft Rothenthurm Decken-moorcharakter zu.

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Abb. 45: Ofenduff/Co. Mayo (Irland). Abb. 46: Forsinard/Caithness (Schottland).

Abb. 47: Blaikfjellet (Schweden). Abb. 48: Die Wiege/Silvrettagruppe (Vorarlberg).

Abb. 49: Großes Löckenmoos/Dachstein-Grimming-Massiv(Oberösterreich).

Abb. 50: Chaltenbrunner Moor (Schweiz).

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Kondenswassermoore

Dieser Moortyp wurde das erste Mal vonSCHAEFTLEIN (1962) aus den SchladmingerTauern in Österreich beschrieben. In Block-, Grobschutt- oder Bergsturzhalden kannsich im Sommer ein sogenannter Windröh-reneffekt einstellen, der Kaltluftaustritte ander Oberfläche der Halde bedingt, diewiederum zur Kondensation der Luftfeuch-tigkeit aus der warmen Außenluft führen(Abb. 51). An diesen Stellen können ver-schiedene Moose, vor allem aber Torfmoosewachsen. Im Laufe der Zeit wachsen dieTorfmoosbulten zusammen und können aufdiese Weise eine geschlossene Decke bilden,auf der sich dann Hochmoorvegetation ein-stellt. Charakteristisch für diese Moore ist,dass sie sich auf extrem steilen Hängen (um33°) befinden und Exposititionen zwischenNordwest und Nordost einnehmen. Dieschönsten Beispiele dafür sind das Moor beider Klammhöhe/Tragöß (Abb. 52, 53) unddas Moor im Schladminger Untertal (Abb.54, 55).

Der Windröhreneffekt sei hier etwas de-taillierter beschrieben: An Tagen mit hoherEinstrahlung erwärmt sich die Luft an derOberfläche der Blockhalde. Dabei dehntsich die Luft aus, ihre Dichte nimmt ab, undsie steigt auf. Die Lufträume in der Bloc-khalde hingegen behalten etwa die durch-schnittliche Jahrestemperatur des Standor-

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Abb. 52: Moor bei derKlammhöhe/Hochschwab (Steiermark).

Abb. 53: Moor bei der Klammhöhe/Hochschwab (Steiermark).

Abb. 51: Schematischer Querschnitt durch ein Kondenswassermoor.

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tes; sie werden kaum erwärmt, da sie von derStrahlung abgeschirmt sind. Im unteren Be-reich der Halde strömt der aufsteigendenAußenluft kalte Innenluft nach, die wegenihrer größeren Dichte nach unten sinkt,während im oberen Bereich der Halde war-me Luft ins Röhrensystem der Blockhaldeeingesaugt wird. Warme Luft kann mehrWasser lösen als kalte, das bedeutet, dass umdie Austrittslöcher der Kaltluft das Wasserder sich abkühlenden Außenluft konden-siert. Auch das Wasser der eingesaugtenwarmen Luft kondensiert im Inneren derHalde, der zunehmend stärker werdende

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Abb. 54: Moor im SchladmingerUntertal/Schladminger Tauern (Steiermark).

Abb. 55: Moor im SchladmingerUntertal/Schladminger Tauern (Steiermark).

Abb. 56: Überlingmoos/Lungau (Salzburg). Abb. 57: Seemos am Schwarzenberg/Lungau (Salzburg).

Abb. 58: Seemos amSchwarzenberg/

Lungau (Salzburg).

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Luftstrom führt aber letztendlich zu einerVerdunstung des “Innenwassers”. Die dabeiverbrauchte Energie, die Verdunstungskälte,verstärkt den Abkühlungseffekt zusätzlich,die Temperaturen in der Halde fallen imLaufe der Zeit bis gegen 0° C. Damit wirdauch die austretende Innenluft immer küh-ler und der Kondensationseffekt an derOberfläche verstärkt sich.

Moortypen des Nordens

Es ist naheliegend, dass mit den mittel-europäischen Moortypen die Vielfalt derMoore noch nicht erfasst ist. So artenarmund damit wenig divers in Bezug auf die Ar-tenvielfalt die Moore auch sein mögen, zei-gen sie doch einen außergewöhnlichenReichtum an Strukturen und Typen. DiesesBuch ist bemüht, auch davon zu berichtenund damit deutlich zu machen, wie reich-

haltig und spannend die Moore dieser Weltsind.

Strangmoore oder Aapamoore

Selbst in Österreich gibt es noch andere,den borealen Typen zugehörige Moore. Kli-matische Besonderheiten in manchen Be-reichen der Alpen bieten eben die dazu nö-tigen Voraussetzungen. So sind etwa dieMoore auf den Bergen des Lungaus/Salzburg(Abb. 56 – 58) dem Typ der Aapa-Moorezuzurechnen, die im Artikel über die MooreFinnlands beschrieben werden und die sonst– bis auf ganz wenige Ausnahmen wie dasKoppenplanmoor im Riesengebirge – nur inder borealen Zone zu finden sind.

Aapa-Moore sollten eigentlich den kli-matischen und edaphischen Verhältnissennach Hochmoore sein. Dies wird jedochdurch ein hohes Maß an Schneschmelzwas-

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Abb. 59: Aapa-Moor (Schweden). Abb. 60: Aapa-Moor (Schweden).

Abb. 61: Aapa-Moor (Finnland). Abb. 62: Aapa-Moor/Obtiefebene/Westsibirien (Russland).

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ser verhindert, dass diese Moore im Frühjahrfür lange Zeit überstaut und mit den ent-sprechenden Nährstoffen versorgt (TOLO-NEN & SEPPÄ 1994, HEIKKILÄ et al. 2001).Aapa-Moore sind durch den Wechsel von

Strängen und Flarken gekennzeichnet, line-aren Ausprägungen von Bulten und Schlen-ken, die rechtwinkelig zur Hangneigungverlaufen (Abb. 59 – 64). Sie werden daheroft auch als Strangmoore bezeichnet.

Es kann vorkommen, dass die Strängehoch genug wachsen, um dem Einfluss desSchneeschmelzwassers zu entkommen unddie nur noch vom Regenwasser versorgtwerden, also Hochmoorelemente darstellen,die von Niedermoorelementen (den Flar-ken) umgeben sind).

Permafrostmoore

Palsamoore

Bereits in der borealen Zone der Strang-moore kommt es immer wieder vor, dass dasEis, das sich in den langen Wintern im Torf-körper bildet auf Grund der ausgezeichneten

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Abb. 63: Aapa-Moor/Obtiefebene/Westsibirien (Russland). Abb. 64: Aapa-Moor/Obtiefebene/Westsibirien (Russland).

Abb. 65: Palsamoor/Obtiefebene/Westsibirien.

Abb. 67: Palsamoor/Obtiefebene/Westsibirien.

Abb. 66: Palsamoor/Obtiefebene/Westsibirien.

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Isolationswirkung des Torfes in den kurzenSommern nicht mehr auftauen kann. Mitder Zeit bildet sich auf diese Weise ein grö-ßerer Eiskern. Ist genügend Wasser in derUmgebung vorhanden, zieht ein derartigerEiskern das Wasser an und wächst zu einemgroßen Aufeishügel, der von Torf bedecktist. Derartige Bildungen werden als Palsenbezeichnet, die Moore in denen sie auftre-ten als Palsamoore(Abb. 65 – 67).

Torfplateaumoore

Die Eiskernbildung muss nicht auf eineneinzelnen Kern beschränkt bleiben, sie kannsich statt in die Höhe auch flächig entwi-ckeln. In der Russischen Föderation werdendiese Moore als flächige Palsamoore be-zeichnet, in Kanada als Torfplateaumoore(Abb. 68 – 70). Zumeist zeigen sie ein ähn-liches Muster wie die Strangmoore, nurwechsel hier nasse, ungefrorene Bereiche

seits, dass diese Moore eine gewaltige Men-ge an Kohlenstoff in ihrem Torf gespeicherthaben und damit der Atmosphäre das Treib-hausgas Kohlendioxyd entziehen, anderer-seits sind sie auch ein riesiger Wasserspei-cher und entziehen der Atmosphäre auchWasser, das als Wasserdampf ein ebensowirksames Treibhausgas darstellt wie dasKohlendioxyd. Werden die Torfplateaumoo-re gestört oder entwässert, beginnt der Per-mafrost zu schmelzen und der Torf zu oxidie-ren. Die beiden Treibhausgase kommen indie Atmosphäre, sorgen für Erwärmung unddamit unter anderem für die Beschleunigungdes Abschmelz- und Oxydationsprozesses.Weite Gebiete Westsibiriens werden durchdie Ölindustrie bereits derartig beeinträch-tigt, dass dieser Prozess bereits begonnenhat. Riesige Wasserflächen überdecken dieMoorlandschaft und sorgen durch ihre Wär-mekapazität für zusätzliches Schmelzen desPermafrosts.

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Abb. 68: Torfplateaumoor/ Obtiefebene/Westsibirien.

Abb. 70:Torfplateaumoor/Obtiefebene/Westsibirien.

Abb. 69: Torfplateaumoor/ Obtiefebene/Westsibirien.

mit aktivem Torfwachstum mit trockenenPermafrostbereichen ab, deren Torfwachs-tum zum Stillstand gekommen ist. Eine dich-te Flechtenvegetation zeigt den Wachstumd-stillstand an. Die Torfplateaumoore ziehenauf diese Weise den Permafrost weit nachSüden.

Gerade die Torfplateaumoore habenweltweit gesehen auch eine große Bedeutungfür den Klimahaushalt. Sie sind zwar zumeistnicht besonders tief (2 – 3 m Torfmächtig-keit), bedecken aber hunderttausende Qua-dratkilometer in der nördlichen borealen Zo-ne und in der Subarktis. Das bedeutet einer-

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Poygonmoore

Frost bedeutet Trockenheit und ruft auchbei normalen Böden Trockenrisse mit poly-gonalen Strukturen hervor. Die Polygonmoo-re der subarktischen und arktischen Regio-nen zeigen, wie schon der Name sagt, dieseStrukturen ebenfalls, nur wesentlich größerdimensioniert: Haben bei Böden die Polygo-ne Durchmesser von Dezimetern, liegen siebei den Mooren im Bereich von zehn Meternund mehr (Abb. 71, 72). Polygonmoore sindZeugen einer wärmeren Phase in der Vergan-genheit, dem Atlantikum vor etwa 5.000Jahren, als in diesen nördlichen Regionen ei-ne nennenswerte Torfakkumulation über län-gere Zeit hinweg möglich war. Durch die Ab-kühlung nach dem Atlantikum entwickeltensich unter dem Einfluss der Frosttrocknis dienamengebenden Polygonstrukturen.

Grundsätzlich lassen sich zwei Typenvon Polygonmooren unterscheiden, solchemit aufgewölbten Zentren und breiten, tal-artigen Spalten und solche mit muldenarti-gen Zentren und ganz schmalen Frostrissenauf höhergelegenen Graten. Im Englischenwerden sie als high-centered bzw. low-cen-tered polygon mires bezeichnet.

In beiden Fällen ist Torfbildung auchheute noch möglich. In den high-centeredpolygon mires findet die Torfakkumulationin den talartigen Spaltenbereichen statt, inden low-centered polygon mires in den mul-denartigen Senken der Polygonflächen.

Zusammenfassung

Der Artikel beschäftigt sich mit derhydrogenetischen Klassifizierung der Moore.Es können sieben grundwasserversorgteNiedermoortypen, Verlandungsmoore, Ver-sumpfungsmoore, Überflutungsmoore, Kes-selmoore, Überrieselungsmoore, Quellmooreund Durchströmungsmoore ausgewiesen wer-den, die mischwasserversorgten Übergangs-moore und drei niederschlagswasserversorgteMoortypen, Hochmoore, Deckenmoore undKondenswassermoore. Daneben wird auchauf die hydrologisch abweichenden Strang-moore der borealen Zone und die permafrost-dominierten Torfplateau- und Polygonmooreder nördlichsten Regionen eingegangen.

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Abb. 71: Polygonmoor/Lenadelta/Yakutien (Russland). Photo: M. SUCCOW

Abb. 72: Polygonmoor/Lenadelta/Yakutien (Russland). Photo: M. SUCCOW

Abb. 73: Polygonmoore/Lenadelta/Yakutien (Russland). Photo: M. SUCCOW

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Abb. 74: Das Lenadelta, eine Moorlandschaft von der Größe Österreichs (Landsat 7_2000, Provided through NASA’s Earth ScienceEnterprise Scientific Data Purchase Program)

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Anschrift des Verfassers:

Ao.Univ.Prof.Dr.Gert Michael STEINER

Department für Naturschutzbiologie, Vegetations- und

Landschaftsökologie, Fakultät für Lebenswissenschaften

der Universität WienAlthanstaße 14, 1090 Wien, Austria

E-Mail: [email protected]

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