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Unten im Tal spielte Casanova um Louis d’OrW A N D E R N F Ü R W I S S B E G I E R I G E ( 1 0 ) : Hinauf auf den Petit Ballon in den Vogesen, vorbei an Überbleibseln des Ersten Weltkriegs / Von Peter Gürth

Fünf Berge mit den Namen Bel-chen sind uns bekannt: Einer imSchwarzwald, die Belchenflueim Schweizer Jura und drei in

den Vogesen. Nämlich der Grand Ballon,der Ballon d’Alsace und der Petit Ballonoder Kahler Wasen. Ganz so klein ist derkleine Belchen mit 1272 Metern Höhenicht – weshalb dort oben derzeit reich-lich Schnee liegt und man diese Wande-rung erst später im Jahr antreten sollte.Der Petit Ballon ist zudem relativ schwerzu erreichen (unsere Wanderung eignetsich auch nur für Anfahrt mit dem Auto)und deshalb nicht so bekannt wie seinegroßen Brüder in den Vogesen.

Auch Casanova war wohl nicht auf demPetit Ballon. Dafür aber in Soultzbachles Bains im vorderen Münster-tal, wo wir deshalb auf der An-fahrt eine Pause einlegen.Wenn wir durch die Gassendes ruhigen Örtchens spa-zieren und uns an den bun-ten alten Häusern erfreuen,ahnen wir kaum etwasvon seiner großen Ver-gangenheit. Doch Soultz-bach war, wie der Name es andeutet, im17. und 18. Jahrhundert ein bekannterBadeort. Berühmte Besucher schätztendie Thermalquellen, deren wichtigste derLegende nach von einer gefräßigen Kuhnamens Blaeschen entdeckt worden war.Unter den Gästen, die im Schloss der Her-ren von Schauenburg residierten, war deritalienische Spieler, Frauenheld undSchriftsteller Giacomo Casanova. 42Stunden lang spielte er mit einem franzö-sischen Kapitän Karten und gewann amEnde 50000 Louis d’Or. Die SoultzbacherQuelle liefert heute Mineralwasser, zweiMillionen Flaschen im Jahr.

Von Soultzbach aus fahren wir nachWasserbourg und über Ried in RichtungPetit Ballon. Wir parken an derKreuzung der Straße mit der Zu-fahrt zur Ferme Buchwald. VomParkplatz führt der Weg rechtsaufwärts in Richtung Kahler Wa-sen (Wegzeichen gelbes Dreieckund orangefarbener Kreis). Wirbenutzen zunächst das Teersträß-chen, von dem man einen hüb-schen Blick über die Weideflä-chen mit einzelnen Bäumen undWachholderbüschen hat. Dahin-ter sehen wir ins Münstertal undnach Trois Epis (Drei Ähren).Links biegt ein Fußweg ab zur Fer-me Auberge Kahler Wasen oder

Petit Ballon. Von dort wandern wir linksweiter aufwärts über die Weide, zwi-schen grasenden, schwarz-weiß gefleck-ten Kühen der Vogesenrasse hindurch.Der steile Pfad führt über Wurzeln undSteine in den Buchenwald, der zusam-men mit Ahornbäumen die obere Bergre-gion der Vogesen prägt – während dieLaubbäume im Südschwarzwald oftdurch vom Menschen eingebrachte Fich-ten verdrängt worden sind.

Wir kommen zu einem Fahrweg, überden es weiter durch den Wald steil auf-wärts geht. Zur Markierung gelbes Drei-eck kommt ein rotes diagonales Kreuzhinzu. Links geht ein Weg ab zu einemBunker aus dem Ersten Weltkrieg: Aber

es ist verboten, diesen Weg zu be-nutzen oder gar in den Bun-

ker zu kriechen.Der schmale Steig

führt am steilen Osthangdes Petit Ballon entlangund dann rechts hoch zum

Gipfel. Der Blick über dieRheinebene hinüber zumSchwarzwald ist atemberau-bend. Der Gipfel des Petit Bal-lon (1272 Meter), eines eher

harmlosen Grasberges, macht dem Na-men „Kahler Wasen“ alle Ehre: Bis aufwenige vom Wetter zerzauste Bäume ister in der Tat kahl.

Eine Madonnenstatue mit der Inschrift„Regina Pacis, ora pro nobis“ lässt unsdaran denken, dass der Berg 1915, im Ers-ten Weltkrieg, von den Deutschen starkbefestigt worden war. Der erwartete fran-zösische Angriff blieb freilich aus. Wennwir hinüber auf den Kamm der Vogesen,zum Grand Ballon und zum Hartmanns-weiler Kopf am Rand des Rheintals schau-en, verstehen wir die strategische Bedeu-tung des Petit Ballon. Und den Wunschnach Frieden.

Für den Abstieg gehen wir am West-hang bis zum Naturfreundehaus Rothen-brunnen hinunter. Dort folgen wir halb-links dem Weg in Richtung Schellimatt,Boenlesgrab und Lautenbach. Er führt amSüdhang über eine Weide mit typischengelben Stiefmütterchen sanft abwärts, ineinen kleinen Wald. Wir gehen immer ge-radeaus, ohne links zum Gipfel oder spä-

ter rechts nach Linthal abzubie-gen. Dann gelangen wir wieder inden Wald mit einer großen Sturm-fläche (Wegmarkierung gelbesDreieck, gelber Kreis).

Bei einer Kreuzung an einemalten Bunker halten wir uns links;rechts führt der Weg zur Jugend-herberge Schellimatt. Auf einemschmalen und steinigen Wegdurch einen abwechslungsrei-chen Wald halten wir uns weiterRichtung Boenlesgrab, wobei esgute Ausblicke auf die Pflixburgund Türkheim gibt . In hohem Bu-chen-Tannen-Mischwald wird der

Weg etwas breiter und führt schließlichzum Col du Boenlesgrab (865 Meterhoch). Im Winter sollte man diesen Wegaber nicht benutzen.

Der Name Boenlesgrab klingt sehr ge-heimnisvoll, ist abernureinewichtigeStra-

ßenkreuzung mit einer großen Auberge.Rechts führt ein Weg durch den Staatswaldvon Guebwiller hinunter ins Lauchtal oderFlorival, nach Lautenbach (4,5 Kilometer).Wir aber gehen links weiter in Richtung

Strohberg (Wegzeichen roter Punkt undgrünes Dreieck). Wir kommen auf einersteinigen Straße durch große Weideflächenmit einzelnen Bäumen und Sträuchern so-wie einigen Chalets unterhalb des Sträß-chens und mit einem Blick ins Tal auf Was-serbourg, SoultzbachunddenStaufenober-halb von Soultzbach.

Nach etwa 30 Minuten gelangen wir zurFerme Auberge Strohberg. Auf einemschmalen Weg (Markierung rotes diagona-len Kreuz) rechts hinunter stoßen wir aufdie Reste der Mittelstation einer deutschenMilitärseilbahn von 1915. Sie führte vonWasserbourg auf den Südhang des Petit Bal-lon. Nun gehen wir links weiter zur FermeAuberge Buchwald, von wo aus wir in we-nigen Minuten an unserem Parkplatz sind.

D I E T O U RGanztagswanderung, etwa8 Kilometer: Rundweg, mäßig steilbis steil. Gutes Schuhwerk und etwasTrittsicherheit erforderlich. Wegen derlangen Anfahrt ganzen Tag einplanen.

Anfahrt: Nur mit dem Auto möglich.Von Colmar aus auf der D 417 RichtungMunster bis Nouvelle Auberge. DortAbzweigung D 2 nach Soultzbach lesBains und weiter nach Wasserbourg.Dort Sträßchen in Richtung FermeAuberge Petit Ballon bis zum Parkplatzan der Abzweigung zur Ferme AubergeBuchwald.

Literatur: Fritz Hartranft, „Rundwan-derungen Südvogesen“, Fink-Küm-merly und Frey, München 1982.Einkehr: Ferme Auberge Kahler Wa-sen (Petit Ballon; RT: Mi; vom 1. No-vember bis 30. April geschlossen,außer über Ostern), Auberge du Boen-lesgrab (RT: Mo, Di und Mi abends,Do abends nur auf Bestellung von mehrals sechs Personen), Ferme AubergeStrohberg (RT: Di), Ferme AubergeBuchwald (RT: Mo). Alle mit typischenregionalen Speisen.Alle bisher erschienenen Teileder BZ-Wanderserie finden Sie unter:www.badische-zeitung.de/wandern

1200 m

1000 m

800 m 0 8 km

Col de Boenlesgrab

Buchwald

Strohberg

Kahler-wasen

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In der großen Zeit des heute beschaulichen Örtchens kam sogar Casonova(rechts) zum Glücksspiel nach Soultzbach les Bain. F O T O S : G Ü R T H / B Z