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Zur Wachstumsverlangsamung
in den Schwellenlndern
Die Schwellenlnder haben in den letzten 20 Jahren einen eindrucksvollen Aufstieg erlebt. Ihr
Anteil an der globalen Wirtschaftsleistung und am weltweiten Handel hat erheblich zugenommen.
In der jngeren Zeit hat die gesamtwirtschaftliche Dynamik allerdings in einer Vielzahl von
Schwellenlndern deutlich nachgelassen, und ihr Wachstumsvorsprung gegenber den Industrie-
lndern hat sich verringert.
Als Ursache sind zunchst zyklische Belastungen vermutet worden, insbesondere die zwischen-
zeitliche Nachfrageflaute in den Industrielndern. Die Hartnckigkeit der Wachstumsschwche
spricht jedoch dafr, dass sich vielmehr der zugrunde liegende Expansionspfad abgeflacht hat.
Eine natrliche Verringerung des Wachstumstempos im Zuge des vorangeschrittenen Kon-
vergenzprozesses knnte in diesem Zusammenhang eine Rolle spielen. Angesichts des Ausmaes
der Verlangsamung drften bei einer Reihe von Schwellenlndern aber noch andere Faktoren hin-
zugekommen sein.
In China trgt zu der schwcheren Gangart wohl bei, dass der sektorale Strukturwandel nachlsst
und die Wachstumsimpulse, die von den marktwirtschaftlichen Reformen der Vergangenheit
herrhren, auslaufen. Fr jene aufstrebenden Volkswirtschaften, die auf den Export von Rohstoffen
spezialisiert sind, scheint von Bedeutung zu sein, dass die Rohstoffhausse zu Ende gegangen ist.In den osteuropischen Schwellenlndern reflektiert das gedrosselte Tempo eine Normalisierung,
nachdem sich die hohen Zuwachsraten aus der Zeit unmittelbar vor der globalen Finanzkrise als
nicht nachhaltig herausgestellt haben. Auch die gebremste Investitionsttigkeit und eine Vernach-
lssigung des wirtschaftspolitischen Reformkurses halten das Wirtschaftswachstum zurck.
Angesichts des berwiegend strukturellen Charakters der Abschwchung wird die gesamtwirt-
schaftliche Gangart in der Gruppe der Schwellenlnder vermutlich in den nchsten Jahren ge-
dmpft bleiben. Unter ungnstigen Umstnden knnte sich das Wachstum sogar weiter ver-
ringern. Fr die fortgeschrittenen Volkswirtschaften bedeutet der Ausblick, dass das Grundtempo
ihrer Exporte in die Schwellenlnder voraussichtlich auf absehbare Zeit niedriger ausfallen wird alsin der Vergangenheit. Kme es in China zu einer starken Konjunkturabkhlung, wren die Aus-
strahleffekte auch hierzulande sprbar.
Die Verlangsamung des gesamtwirtschaftlichen Expansionstempos in den Schwellenlndern zeigt,
dass ein schwungvoller Aufholprozess kein Selbstlufer ist. Um das Wachstum mittelfristig
wieder auf einen hheren Trendpfad zu heben, bentigen die Schwellenlnder neue Reform-
impulse.
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Die aktuelle Wachstums-verlangsamung in den
Schwellenlndern im Kontextihres wirtschaftlichen Aufhol-prozesses
Zu dem moderaten Wachstum der Weltwirt-
schaft in den vergangenen Jahren hat nicht nur
die verhaltene Entwicklung in einigen Industrie-
lndern, sondern auch eine flachere Aufwrts-
bewegung in den Schwellenlndern beigetra-
gen.1) Zwar wuchs das reale Bruttoinlandspro-
dukt (BIP) in der Gruppe der Schwellenlnder im
Anschluss an die globale Finanz- und Wirt-
schaftskrise zunchst wieder sehr schwungvoll.
In der Folgezeit lie das Expansionstempo aber
von Jahr zu Jahr nach. Fr 2015 erwartet der
IWF aktuell nur einen BIP-Zuwachs von 4%.2)
Demgegenber kamen die Schwellenlnder im
Jahr 2010 durchschnittlich noch auf eine Rate
von 7%, und in den Jahren unmittelbar vor
der Krise war das Tempo sogar annhernd dop-
pelt so hoch wie am aktuellen Rand.
Die gegenwrtige Wachstumsmoderation in
der Gruppe der Schwellenlnder lsst sich nicht
alleine dadurch erklren, dass einzelne grereVolkswirtschaften, etwa die sogenannten BRIC-
Staaten (Brasilien, Russland, Indien und China),
verhaltener expandieren. Dies wird schon da-
raus deutlich, dass die mittlere Wachstumsrate
aller Schwellenlnder, gemessen anhand des
Medians, ebenfalls erheblich zurckgegangen
ist, und zwar von 6% im Durchschnitt der Jahre
2006/2007 auf 3% in den letzten zwei Jah-
ren. Darber hinaus ist festzustellen, dass die
Verlangsamung nicht auf bestimmte Erdteile
beschrnkt ist. Vielmehr hat sich die Dynamik in
allen sechs vom IWF betrachteten Hauptregio-
nen (europische Schwellenlnder, Gemein-
schaft Unabhngiger Staaten, Lateinamerika,
Naher Osten, aufstrebende Volkswirtschaften
Asiens und Afrika sdlich der Sahara) merklich
abgeschwcht.
Trotz der Wachstumsverlangsamung bleibt die
gesamtwirtschaftliche Gangart im Kreis der
Schwellenlnder hher als in der Gruppe der
fortgeschrittenen Volkswirtschaften, fr die der
IWF in seinem WEO vom April einen BIP-Zu-
wachs von 2% in diesem Jahr veranschlagt
hat.3)In der lngerfristigen Betrachtung ist das
schnellere Wachstum in den Schwellenlndern
ein relativ neues Phnomen. Noch bis Anfang
der neunziger Jahre hatte die Wirtschaftsleis-
tung in den Schwellenlndern nherungsweise
im Gleichschritt mit den Industrielndern expan-
Nachlassendegesamtwirt-schaftlicheDynamik in denSchwellen-lndern seit derglobalen Finanz-und Wirtschafts-krise
Wachstums-verlangsamungregional breit
angelegt
Schwellenlnderseit Mitte derneunziger Jahremit hheremExpansions-tempo als Indus-trielnder,
Wirtschaftswachstum und Pro-Kopf-Einkommen in den Schwellenlndern
Quelle: IWF, World Economic Outlook, April 2015. 1 Auf Basisvon Kaufkraftparitten.
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2000 01 0 2 0 3 0 4 05 06 07 08 09 10 11 1 2 13 14 15
4
2
0
2
4
6
8
10
+
+
+
+
+
in %
s)
Pro-Kopf-Einkommen derSchwellenlnder im Verhltniszu den Industrielndern1)
Vernderung des realen BIPgegenber Vorjahr
nachrichtlich:
Industrielnder
14
16
18
20
22
24
1Zu den Schwellenlndern (oder aufstrebenden Volkswirt-schaften) werden hier und im Folgenden auch die Entwick-lungslnder gezhlt. Bei der Einteilung zwischen Schwellen-und Industrielndern (oder fortgeschrittenen Volkswirt-schaften) wird die Klassifikation des Internationalen Wh-rungsfonds (IWF) im World Economic Outlook (WEO)herangezogen. Vgl.: IWF, WEO, April 2015, S. 147.2Die in diesem Bericht verwendeten aggregierten Wachs-tumsraten des IWF beruhen auf Gewichten, die geschtztekaufkraftparittische Wechselkurse widerspiegeln. Alterna-tiv knnen auch auf Marktwechselkursen basierende Ge-wichte herangezogen werden. Welches Gewichtungs-schema Anwendung findet, sollte von der jeweiligen Frage-
stellung abhngen. Die grundstzliche Verwendung vonkaufkraftparittischen Gewichten kann auch zu Problemenfhren. Vgl.: Deutsche Bundesbank, Zum empirischen Zu-sammenhang zwischen Welthandel und globaler Wirt-schaftsleistung, Monatsbericht, November 2013, S. 14 18.3Im Prognose-Update vom Juli hat der IWF die Rate auf2% reduziert.
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diert. Damals leiteten jedoch viele Schwellen-
lnder, insbesondere in Asien und in Osteuropa,
marktwirtschaftliche Reformen ein und ff-neten sich nach auen. Diese Schritte bildeten
die Voraussetzungen fr die anschlieende Inte-
gration der Schwellenlnder in die internatio-
nale Arbeitsteilung, die ihren wirtschaftlichen
Aufstieg mageblich vorangetrieben hat.4)
Die in diesem Prozess gewachsene Bedeutung
der Schwellenlnder lsst sich daran ablesen,
dass ihr Anteil an der globalen Wirtschaftsleis-
tung erheblich gestiegen ist, und zwar in
kaufkraftparittischer Betrachtung von etwa
43% im Jahr 2000 auf 57% im vergangenen
Jahr.5)Mit der Zunahme des realen BIP war eine
starke Erhhung der Pro-Kopf-Einkommen ver-
bunden. Dabei verringerte sich auch das Wohl-
standsgeflle der Schwellenlnder gegenber
den Industrielndern sprbar. Bezieht man
wiederum Kaufkraftunterschiede mit ein, dann
wurde je Einwohner in aufstrebenden Volks-
wirtschaften zuletzt immerhin knapp ein Vier-
tel der mittleren Einkommen der Industrieln-
der erzielt, verglichen mit etwa 14% im Jahr
2000.
Als Ergebnis der aktuellen Wachstumsmodera-
tion der Schwellenlnder sind die Fortschritte
bei der Einkommenskonvergenz jedoch kleiner
geworden. Zwar hat sich auch in den Industrie-
lndern das BIP-Wachstum seit der globalen
Finanz- und Wirtschaftskrise abgeschwcht,
aber der Tempoverlust fiel hier weniger starkaus. Der geringere Wachstumsvorsprung der
Schwellenlnder hat auerdem zur Folge, dass
sie ihren Anteil an der globalen Produktion
langsamer ausbauen als zuvor. Wegen des be-
reits erreichten Gewichts an der Weltwirtschaft
tragen die Schwellenlnder aber nach wie vor
einen groen Teil rund vier Fnftel in den letz-
ten Jahren zum globalen Wachstum bei.
Der eindrucksvolle Aufstieg der Schwellenln-der in den letzten beiden Jahrzehnten hatte
auch enorme Auswirkungen auf die fort-
geschrittenen Volkswirtschaften. Zum einen
sind in den Schwellenlndern gefertigte Waren
auf die Mrkte der Industrielnder weit vorge-
drungen. Dies hat dort in einer Reihe von Bran-
chen und Regionen erhebliche Anpassungspro-zesse ausgelst und den gesamtwirtschaft-
lichen Strukturwandel beschleunigt. Fr die Ver-
braucher wurden viele Waren gnstiger
verfgbar, was die Kaufkraft sprbar erhht
hat.6)Die Bedeutung der Schwellenlnder fr
die Industrielnder beschrnkt sich aber keines-
wegs auf ihre Anbieterrolle. Vielmehr sind, ge-
rade auch fr die deutsche Wirtschaft, neue Ab-
satzmrkte entstanden. Um die steigende Nach-
frage gewerblicher und privater Kunden in den
Schwellenlndern zu bedienen, setzen Unter-
nehmen aus den Industrielndern neben einer
verstrkten Exportttigkeit auch auf den Aus-
bau der Produktion vor Ort und tragen mit dem
damit verbundenen Wissenstransfer selbst zu
dem Wachstum der Schwellenlnder bei.
Ursachen der Wachstums-
moderation: zyklischeBelastungen oderAbschwchung desPotenzialwachstums?
Ein bemerkenswertes Kennzeichen der Wachs-
tumsverlangsamung in den Schwellenlndern
ist, dass sie von dem Gros der volkswirtschaft-
lichen Beobachter seien sie aus der Privatwirt-
schaft oder von internationalen Organisa-
tionen nicht vorausgesehen wurde. Der IWF-
Stab korrigierte in fast allen Ausgaben des WEOseit dem Jahr 2011 (einschl. der diesbezglichen
Updates) die Vorausschtzungen fr das Wachs-
dadurchwachsendeBeitrge zurglobalenProduktion
Wachstums-verlangsamungfhrt zugeringeren Fort-schritten bei derEinkommens-konvergenz
GestiegeneBedeutung derSchwellenlnderfr die fort-geschrittenenVolkswirt-schaften
Kette vonAbwrts-revisionen beiden Wachstums-prognosen frdie Schwellen-lnder
4Vgl. u. a.: E. Prasad (Hrsg., 2004), Chinas Growth and In-tegration into the World Economy, IMF Occasional Paper232; sowie J. Roaf et al. (2014), 25 Years of Transition Post-Communist Europe and the IMF, IMF Regional Eco-nomic Issues Special Report.5Auch auf Basis von Marktwechselkursen hat sich der An-teil der Schwellenlnder am globalen BIP mageblich
erhht (von 20% im Jahr 2000 auf zuletzt 39%).6Andererseits hat die verstrkte Nachfrage der Schwellen-lnder zu einem bis vor kurzem steil aufwrtsgerichtetenPreistrend bei Rohstoffen beigetragen. Vgl.: Deutsche Bun-desbank, Der Rohlpreis und seine Bedeutung fr die Kon-junktur in den Industrielndern, Monatsbericht, Juni 2012,S. 29 53.
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tum der Schwellenlnder-Gruppe im jeweils lau-
fenden Jahr nach unten.7)
Im Zentrum der Debatte ber die Wachstumsver-
langsamung in den Schwellenlndern standen
zunchst kurzfristig wirkende Einflsse, wie bei-
spielsweise eine Rcknahme der whrend der
globalen Finanz- und Wirtschaftskrise sehr
expansiven Geld- und Fiskalpolitik. Auch wurde
vermutet, dass die gedmpfte Konjunkturent-
wicklung der Industrielnder in den letzten Jah-
ren eine wichtige Rolle gespielt hat. Insbeson-
dere in der EWU herrschte im Zusammenhang
mit Staatsschuldenkrisen und makrokono-
mischen Anpassungsprozessen in einigen Mit-
gliedslndern zeitweise eine ausgeprgte ge-
samtwirtschaftliche Flaute. Ein von den Industrie-
lndern ausgehender bremsender Effekt auf die
Schwellenlnder ber den Auenhandelskanal
erscheint auf den ersten Blick durchaus plausibel,
da die Schwellenlnder einen bedeutenden Teil
ihrer Produktion in den Industrielndern abset-
zen.8) Ein derartiger Zusammenhang wrde
jedoch nahelegen, dass von der Verlangsamung
insbesondere Volkswirtschaften mit einem sehr
aktiven Verarbeitenden Gewerbe und einer
hohen Abhngigkeit der Exporte von den Indus-
trielndern betroffen sind. Ein solches Muster ist
aber nicht erkennbar.9)Gegen die These von der
exportinduzierten Abschwchung in den Schwel-
lenlndern spricht auch, dass sich die Konjunktur
und speziell die Importentwicklung in den Indus-
trielndern in jngster Zeit wieder gefestigt
haben, whrend das Expansionstempo in denSchwellenlndern weiter nachgelassen hat.
Die Hartnckigkeit der Wachstumsschwche in
den Schwellenlndern lsst es zunehmend
unwahrscheinlicher erscheinen, dass ein ein-
ziger nachfrageseitiger Faktor oder auch eine
Kette negativer Ereignisse dafr ausschlag-
gebend ist. Vielmehr drfte sich der Pfad des
Produktionspotenzials abgeflacht haben. Das
Produktionspotenzial ist das Leistungsniveaueiner Volkswirtschaft bei einer Normalauslas-
tung ihrer Kapazitten, um das der tatschliche
Output im Konjunkturverlauf schwankt. Es wird
berwiegend durch angebotsseitige Faktoren
bestimmt, wie die Ausstattung einer Wirtschaft
mit Arbeitskrften und Sachkapital sowie eine
Produktivittskomponente. Entsprechend wirddas Wachstum des Produktionspotenzials
wesentlich von den Vernderungen dieser
Gren geformt.
Das Produktionspotenzial ist nicht unmittelbar
beobachtbar und muss daher geschtzt wer-
den. Zu den mglichen Schtzmethoden ge-
hren komplexe konometrische Modelle, da-
runter der Ansatz einer Produktionsfunktion.
Diese Verfahren setzen eine gute Datenbasis
voraus, wie sie fr die Schwellenlnder hufig
nicht vorhanden ist. Andere Vorgehensweisen
gltten direkt das reale BIP mithilfe statistischer
Prozeduren. Die Vernderung der so erzeugten
Reihe wird in Abgrenzung zu Methoden mit
einer strkeren konomischen Fundierung als
Trendwachstum bezeichnet. Fr die nachfol-
gende Analyse wird der sogenannte Hodrick-
Prescott-Filter (HP-Filter) herangezogen. Andere
Filterverfahren liefern hnliche Ergebnisse (vgl.
die Erluterungen auf S. 19 ff.).
Mithilfe des HP-Filters wird die Trendkom-
ponente des Outputs fr die Gruppe der
Schwellenlnder insgesamt geschtzt.10) Es
zeigt sich, dass das Trendwachstum bis kurz vor
der globalen Finanzkrise deutlich angestiegen
ist, sich danach allerdings erkennbar abge-
schwcht hat. Dieser Rckgang des Trend-
wachstums kann rechnerisch einen groen Teil
der Verlangsamung des beobachteten Wachs-
Wachstums-moderation alsErgebnis derFlaute in Indus-trielndern?
Persistenz derWachstums-schwchedeutet aufRckgang desPotenzialwachs-tums hin
Schtzung desTrendwachstumsmithilfe desHP-Filters
legt nach-rangige Bedeu-tung zyklischerFaktoren bei derWachstums-verlangsamungnahe
7Vgl.: Deutsche Bundesbank, Zum Korrekturbedarf der glo-balen Wachstumsprojektionen in den vergangenen Jahren,Monatsbericht, November 2014, S. 12 15.8Im Jahr 2010 betrug der Wert dieser Warenlieferungen rd.3,5 Billionen US-$, das entsprach etwa 15% der gesamtenWirtschaftsleistung der Schwellenlnder.9Vgl.: Deutsche Bundesbank, Zum Einfluss der Nachfrage-schwche im Euro-Raum auf die globale Konjunktur,Monatsbericht, November 2012, S. 12 15.10 Entsprechend der Empfehlung von Ravn und Uhlig(2002) wird hier und im Folgenden ein Glttungsparameterdes HP-Filters von 6,25gewhlt. Ebenso werden durch-
gehend die zugrunde gelegten Zeitreihen des (tatsch-lichen) realen BIP der aktuellen WEO-Datenbank des IWFentnommen, logarithmiert und fr das laufende und daskommende Jahr mithilfe der IWF-Prognose fortgeschrieben.Vgl.: M. O. Ravn und H. Uhlig (2002), On Adjusting theHodrick-Prescott Filter for the Frequency of Observations,Review of Economics and Statistics, 84 (2), S. 371 380.
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http://www.ifre.com/derivatives-inflation-options-market-booms/21004568.articlehttp://www.ifre.com/derivatives-inflation-options-market-booms/21004568.articlehttp://www.ifre.com/derivatives-inflation-options-market-booms/21004568.articlehttp://www.ifre.com/derivatives-inflation-options-market-booms/21004568.article7/26/2019 wachstumsverlagerung_schwellenlaender
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Anstze zur Bestimmung des Potenzialwachstums
in den Schwellenlndern im Vergleich
Der Potenzialoutput wird im Allgemeinen als
das Produktionsniveau einer Volkswirtschaft
definiert, bei dem die Produktionsfaktoren nor-
mal ausgelastet sind. Ein hufig verwendetes
Verfahren zur Bestimmung dieser unbeobacht-
baren Gre ist die Schtzung basierend auf
einer Produktionsfunktion. Dabei wird unter-
stellt, dass die gesamtwirtschaftliche Erzeugung
von den Produktionsfaktoren in der Regel
Arbeit und Kapital unter Bercksichtigungeiner Produktivittskomponente, der sogenann-
ten Totalen Faktorproduktivitt, erbracht wird.
Aus den trendmigen Vernderungsraten der
Bestimmungsgren lsst sich dann das
Potenzialwachstum berechnen. Dieser Ansatz
ist im Falle der Schwellenlnder jedoch schwie-
rig, weil die notwendigen Daten fr den Kapital-
stock und zum Arbeitseinsatz hufig nicht in
der bentigten Qualitt zur Verfgung stehen.1)
Die relevanten Zeitreihen mssen daher ge-
schtzt werden, was die grundstzlich vorhan-
dene Unsicherheit bei der Ableitung des
Potenzialwachstums weiter erhht und zudem
das Verfahren wenig transparent macht.2)
Eine andere Methode zur Berechnung des
Potenzialoutputs beziehungsweise des
-wachstums besteht darin, die Schtzung fr
die Produktionslcke also die Diskrepanz
zwischen dem potenziellen und dem tatsch-
lichen Produktionsniveau von beobacht-
baren Maen fr die gesamtwirtschaftliche
Auslastung abzuleiten. Eine solche Vorgehens-weise hat jngst der Internationale Whrungs-
fonds (IWF) gewhlt, als er das Potenzial-
wachstum fr eine Reihe von Industrie- und
Schwellenlndern geschtzt hat.3)Als Auslas-
tungsmae werden die Inflationsrate auf derVerbraucherstufe sowie die Arbeitslosenquote
(als Abweichung von ihrem natrlichen
Niveau) gewhlt. Fr die Bestimmung des
Potenzialoutputs in den Schwellenlndern
eignet sich diese Methode allerdings ebenfalls
nur bedingt. Das ist darauf zurckzufhren,
dass die Verbraucherpreisentwicklung in denSchwellenlndern mit dem gesamtwirtschaft-lichen Auslastungsgrad nur eingeschrnkt kor-
respondiert. In vielen aufstrebenden Volkswirt-
schaften besteht der statistische Warenkorb
der Konsumenten nmlich zu einem Groteil
aus Nahrungsmitteln. Deren Preisnderungen
sind aber hufig die Folge von Angebots-
schocks auf den entsprechenden Mrkten. Die
Arbeitslosenquote wiederum ist nur dann ein
sinnvoller Indikator fr die gesamtwirtschaft-
liche Auslastung, wenn der formale Arbeits-
markt dominiert. Dies ist in Schwellenlndern
hufig nicht oder nur eingeschrnkt gege-ben.4)
Eine Alternative zu den vorgenannten Anst-
zen stellen univariate Filter zur Glttung des
realen Bruttoinlandsprodukts (BIP) im Zeit-
ablauf dar. Dabei sind jedoch konzeptionelle
Unterschiede zu den vorgenannten Verfahren
zu beachten. Die implizite Annahme bei der
Verwendung von Filtern ist eine symmetrische
zyklische Bewegung um einen Normalauslas-
tungspfad. So knnen von einem langfristigen
Trend konjunkturelle Schwankungen bis zu
einer bestimmten Dauer separiert werden.
Aufgrund der verschiedenen Herangehenswei-
sen und zur Unterscheidung von Verfahren,
die auf konomische Bestimmungsfaktoren
zurckgreifen wird die Vernderung einer
durch statistische Filter ermittelten langfris-
tigen Komponente daher auch als Trend-
wachstum bezeichnet. Die am weitesten ver-
1Vgl.: A. Burns, T. J. Van Rensburg, K. Dybczak undT. Bui (2014), Estimating potential output in developingcountries, Journal of Policy Modeling 36(4),S. 700 716.2Fr den uerst hohen Grad an Unsicherheit auch beiguter Datenverfgbarkeit spricht, dass entsprechendeSchtzungen von internationalen Organisationen fr dieIndustrielnder eine erhebliche Revisionsanflligkeitaufweisen. Vgl.: Deutsche Bundesbank, Zur Verlsslich-keit der Schtzungen internationaler Organisationen zurProduktionslcke, Monatsbericht, April 2014, S. 13 38.3Vgl.: IWF, Where are we headed? Perspectives onpotential output, World Economic Outlook, April 2015,S. 69 92.4Bspw. bezieht sich die vom chinesischen Statistikamtausgewiesene Arbeitslosenquote nur auf registriertePersonen und schliet insbesondere die wichtigeGruppe der Wanderarbeiter aus. Auerdem gilt dasMa als wenig zuverlssig, da es in den letzten Jahrenerstaunlich wenig auf niedrigem Niveau (zwischen4,0% und 4,1%) geschwankt hat.
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breitete Methode aus dieser Kategorie ist
diejenige von Hodrick und Prescott, die imFolgenden kurz erklrt und mit alternativen
Filteranstzen verglichen wird.
Der Hodrick-Prescott-Filter (HP-Filter) 5)basiert
auf einer Trennung von Trend und Zyklus
anhand eines Minimierungsproblems, in das
zum einen die Anpassungsgte als Summe
der quadrierten Abweichungen des Trends von
der Originalreihe und zum anderen das Aus-
ma der verbleibenden Schwankungen des
Trends eingehen. Mit einem Glttungspara-
meter wird dabei eine relative Gewichtungdieser beiden konkurrierenden Ziele vor-
genommen. Je kleiner ausfllt, desto nher
liegt die Trendreihe an den Ursprungswerten
und vollzieht deren Bewegungen nach. Die
Wahl eines geeigneten Wertes fr ist daher
Gegenstand intensiver Diskussion. Der fr
Jahresdaten hufig gewhlte Wert von 6,25
entspricht einer Lnge des Referenzzyklus 6)
von etwa zehn Jahren.7)
Whrend bei der Verwendung des HP-Filters
die Lnge des Referenzzyklus nur indirekt durchdie Wahl von vorgegeben wird, ermglichen
es eine Reihe weiterer statistischer Filter, Fre-quenzbereiche und damit Zyklenlngen ,
die aus einer Zeitreihe extrahiert werden sol-
len, explizit anzugeben.8)Theoretisch ist eine
ideale Filterung mglich, die jedoch unendlich
lange Datenreihen erfordern wrde, sodass in
der Praxis versucht werden muss, eine mg-
lichst gute Annherung zu erzielen. Aus dieser
Klasse der Bandpass-Filter9) werden in der
Konjunkturanalyse hufig die Verfahren vonBaxter und King (BK-Filter)10)sowie von Chris-
tiano und Fitzgerald (CF-Filter)11)eingesetzt.
Der BK-Filter verwendet ein symmetrisches Ge-
wichtungsschema, welches impliziert, dass
einige Werte am Anfang und Ende der Zeit-
reihe fr die Kalkulation bentigt werden und
die ausgewiesene Trendreihe entsprechend
krzer ausfllt.12)Dagegen nutzt der CF-Filter
wie auch der HP-Filter asymmetrische Ge-
wichte, sodass bei seiner Anwendung keine
Datenpunkte wegfallen, jedoch die letztenBeobachtungen im Zeitablauf ein verstrktes
Gewicht bei der Berechnung des Trends auf-
weisen und so das Ergebnis am aktuellen Rand
verzerrt werden kann. Das Ausma der Abwei-
chungen ist beim CF-Filter gegenber dem HP-Filter allerdings deutlich reduziert. In beiden Fl-
len kann dieses Endpunktproblem zudem durch
Erweiterung der zugrunde liegenden BIP-Reihe
um Prognosewerte in gewissem Rahmen abge-
mildert werden.13)Beim Vergleich verschiede-
ner Prognosevarianten fr das Schwellenlnder-
Aggregat zeigen sich im Ergebnis nur vernach-
lssigbare Unterschiede. So liegen die Resultate
auf Basis der Extrapolationen um zwei Jahre mit
5Vgl.: R. J. Hodrick und E. C. Prescott (1997), Postwar
U. S. Business Cycles: An Empirical Investigation, Jour-nal of Money, Credit, and Banking 29, S. 116.6Als Referenzzyklus wird dabei der Zyklus bezeichnet,dessen Schwingungen der Filter zu 50% entfernt undder somit die Grenze zwischen beibehaltenen undherausgefilterten Wellen darstellt.7Der Wert von 6,25 entspricht dem Vorschlag vonM. O. Ravn und H. Uhlig (2002), On Adjusting theHodrick-Prescott Filter for the Frequency of Observa-tions, Review of Economics and Statistics, 84(2),S. 371 380. Andere hufig verwendete Werte frJahresdaten sind 8, 20 sowie 100. Nach der Argumen-tation von Ravn und Uhlig sind diese jedoch wenigergeeignet, da sich mit ihnen grere Abweichungen zwi-schen den jeweils separat aus Jahres- und Quartalsdatenextrahierten Trendkomponenten einer Reihe ergeben,wenn fr letztere der Standardwert verwendet wird.Einschrnkend gilt jedoch, dass auch der Wert fr Quar-talsdaten von Hodrick und Prescott allein anhand empi-rischer Erkenntnisse zu BIP-Daten der Vereinigten Staa-ten von 1950 bis 1979 festgelegt wurde, die nichtzwangslufig auf andere Lnder und Zeitrume ber-tragbar sind.8blicherweise werden dabei Zyklen innerhalb einerSpanne von sechs bis 32 Quartalen oder zwei bis achtJahren als konjunkturelle Schwankungen klassifiziert,die dann mglichst exakt von den anderen Frequenzengetrennt werden sollen.9Grundstzlich sind Bandpass-Filter, die fr die Extrak-tion einer Konjunkturkomponente entwickelt wurden,nur mit Einschrnkungen fr die Bestimmung des
Trendwachstums geeignet, da neben der langfristigenEntwicklung ein Bereich hochfrequenter Schwingungenverbleibt. Bei der Betrachtung von Jahresdaten undeiner Untergrenze der Zyklenlnge von zwei Jahren ent-spricht der Bandpass-Filter jedoch einem Hochpass-Filter, der wie der HP-Filter lediglich zwei Bereichehoher und niedriger Frequenz separiert.10Vgl.: M. Baxter und R. G. King (1999), MeasuringBusiness Cycles: Approximate Band-Pass Filters forEconomic Time Series, Review of Economics and Stat-istics 81, S. 575 593.11Vgl.: L. Christiano und T. J. Fitzgerald (2003), TheBand-Pass Filter, International Economic Review 44,S. 435 465.12Fr Jahresdaten schlagen Baxter und King die Ver-wendung von drei Lags als besten Kompromiss zwischender Annherung an den idealen Filter und der Anzahlwegfallender Beobachtungen an den Reihenenden vor.13Vgl.: Deutsche Bundesbank, Zur Bestimmung desgesamtwirtschaftlichen Trendoutputs in den USA,Monatsbericht, April 2013, S. 32 ff.
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tums in den Schwellenlndern in diesem Zeit-
raum erklren. Somit scheint der Beitrag von
zyklischen Faktoren nachrangig zu sein.11)
Grnde fr den Rckgangdes Trendwachstums
Die Abschwchung des Trendwachstums in denSchwellenlndern lsst eine natrliche Verrin-
gerung des Expansionstempos vermuten, nach-
dem viele Lnder infolge des raschen Aufhol-
prozesses nher an die technologische Grenze
herangerckt sind. Allerdings ist der verbliebene
Abstand weiterhin sehr gro. Darauf deuten
beispielsweise Berechnungen hin, denen zu-
folge die Arbeitsproduktivitt in China und an-
deren wichtigen Schwellenlndern im Jahr 2011
jeweils weniger als ein Zehntel des entsprechen-den Niveaus der Vereinigten Staaten erreicht
hatte. Auch bei der sogenannten Totalen Fak-
torproduktivitt, die zustzlich den Kapitalein-
satz bercksichtigt, zeigt sich nach wie vor ein
erheblicher Rckstand gegenber den USA.12)
Vor diesem Hintergrund erscheint es wahr-
scheinlich, dass fr die relativ starke Verlang-
samung des Trendwachstums in den letzten
Jahren noch andere Faktoren von Bedeutung
waren. Um dies nher zu untersuchen, wird
nun fr alle Schwellenlnder einzeln die Ent-wicklung des Trendwachstums bestimmt.13)In
etwa zwei Dritteln der insgesamt 135 betrach-
Noch viel Raumfr weiteresAufholwachstum
Trendwachstumin vielenSchwellen-lndernabgeschwcht
den Prognosen des IWF, mit dem Wert fr
2014 und mit langfristigen Wachstumsdurch-schnitten sowohl beim HP-Filter als auch beim
CF-Filter jeweils um weniger als einen Zehntel
Prozentpunkt auseinander. Eine erhebliche Ab-
weichung ergibt sich nur, wenn die Datenreihe
gar nicht verlngert wird.
Mit den drei vorgestellten Verfahren lassen
sich Vergleichswerte fr das Trendwachstum
des Schwellenlnder-Aggregats ermitteln.14)Es
zeigt sich, dass die Trendwachstumsraten
recht hnlich ausfallen. Whrend die mit dem
HP- und BK-Verfahren bestimmten Reihen fastidentisch sind, zeigen sich bei den Ergebnissen
des CF-Filters etwas strkere Ausschlge und
leichte Phasenverschiebungen gegenber den
beiden anderen Methoden. Der Gesamtein-
druck eines abnehmenden Trendwachstums
seit Mitte der vergangenen Dekade wird
jedoch in allen Fllen besttigt.
14Konkret wurde fr den HP-Filter ein Glttungspara-meter von 6,25 angenommen. Fr den BK- und CF-Filter wurde jeweils eine Grenzfrequenz, die acht Jah-
ren Zykluslnge entspricht, gewhlt.
Geschtzte Trendwachstumsraten fr
das Schwellenlnder-Aggregat auf Basisverschiedener Filterverfahren
Quelle: Eigene Berechnungen auf Basis von IWF, World Econo-mic Outlook, April 2015. 1Mit Referenzzyklus von acht Jahren.2Mit Glttungsparameter 6,25.
Deutsche Bundesbank
1981 85 90 95 00 05 10 14
2
3
4
5
6
7
8
in % gegenber Vorjahr
Trend extrahiert mittels ...
... Baxter-King-Filter1)
... Christiano-Fitzgerald-Filter1)
... Hodrick-Prescott-Filter2)
11Bei der Interpretation dieser Ergebnisse ist zu bercksich-tigen, dass die Trennung zwischen Trendwachstum undzyklischer Komponente am aktuellen Rand unscharf ist. Da-durch kann es zu einer Revision der Ergebnisse kommen,etwa dann, wenn sich die hier zugrunde gelegten BIP-Prog-nosen fr das Zeitreihenende als unzutreffend herausstel-len. Vgl. zur Endpunktproblematik des HP-Filters die Erlu-terungen auf S. 19 ff.
12Vgl.: M. Molnar und T. Chalaux (2015), Recent trends inproductivity in China shift share analysis of labour prod-uctivity growth and the evolution of the productivity gap,OECD Economics Department Working Papers No. 1221.13Ausgeklammert werden jene Volkswirtschaften, fr diein der WEO-Datenbank nur eine relativ kurze BIP-Zeitreihe(beginnend nach 1992) vorliegt.
Deutsche BundesbankMonatsbericht
Juli 201521
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8/18
teten Volkswirtschaften hat sich das trend-
mige Wachstum seit 2006/ 2007 verlang-
samt. Zu ihnen zhlt das konomische Schwer-gewicht China, wo sich das Trendwachstum be-
trchtlich von rund 12% auf 7 % verringert
hat. Unter den brigen Lndern mit deutlich ge-
drosseltem Grundtempo finden sich auffallend
viele Volkswirtschaften, die sich auf den Export
von Rohstoffen spezialisiert haben.
Der Eindruck, dass die Rohstoffe exportierenden
Volkswirtschaften besonders stark an Schwung
verloren haben, wird durch die Betrachtung ver-
schiedener Lndergruppen gesttzt. So hat sich
im Kreis der Rohstoffexporteure das aggregierte
Trendwachstum von etwa 6% zur Mitte der
vergangenen Dekade auf zuletzt 2% verlang-
samt.14)Dagegen hat sich diese Rate bei den
brigen Schwellenlndern im gleichen Zeitraum
verhltnismig wenig von knapp 8% auf 6%
reduziert. Ohne China gerechnet betrgt der
Rckgang sogar nur 1 Prozentpunkt. Auf Basis
dieser Ergebnisse lassen sich die Beitrge der
einzelnen Lndergruppen fr die Wachstums-
abschwchung des gesamten Schwellenlnder-
Aggregats ermitteln. Demnach ist das Absinken
der Trendrate um 2 Prozentpunkte seit 2006/
2007 rechnerisch berwiegend auf die Roh-
stoffexporteure, dabei vor allem auf die lfr-
derlnder, zurckzufhren. Ein wichtiger Anteil
kommt darber hinaus China zu. China und die
Rohstoffe exportierenden Volkswirtschaften zu-
sammen knnen etwa drei Viertel der trend-
migen Wachstumsverlangsamung in denSchwellenlndern erklren, obwohl sie vor dem
Ausbruch der globalen Finanzkrise lediglich
knapp 60% der gesamtwirtschaftlichen Erzeu-
gung dieser Gruppe generierten.
Nachfolgend werden spezifische Belastungen
fr das Trendwachstum in China sowie in der
Gruppe der Rohstoffexporteure erlutert. Im
Groer Beitragder Rohstoff-exporteure zurVerlangsamungdes Schwellen-lnder-Aggregats
Beitrge zur Wachstumsverlangsamungin den Schwellenlndern*)
Quelle: Eigene Berechnungen auf Basis von IWF, World Econo-mic Outlook, April 2015. *Rechnerische Zerlegung der Diffe-renz zwischen dem jahresdurchschnittlichen BIP-Wachstum2013/2014 und 2006/2007 fr ein Aggregat aus 135 Schwel-lenlndern. 1Trendwachstum mithilfe des Hodrick-Prescott-Fil-ters ermittelt.
Deutsche Bundesbank
4,0
3,5
3,0
2,5
2,0
1,5
1,0
0,5
0
%-Punkte
brigeSchwellenlnder
China
Rohstoffeexportierende
Volkswirtschaften
Zyklus
Trend1)
Vernderung des Trendwachstums ineinzelnen Schwellenlndern*)
Quelle: Eigene Berechnungen auf Basis von IWF, World Econo-mic Outlook, April 2015. *Trendwachstum mithilfe des Hod-rick-Prescott-Filters ermittelt. Die Kreisflche entspricht der rela-tiven Gre des jeweiligen BIP zu Kaufkraftparitten im Jahr2010. Die Lnder Angola, Aserbaidschan, quatorialguinea,Katar, Libyen und Zentralafrikanische Republik liegen auerhalbdes Darstellungsbereichs.
Deutsche Bundesbank
2 0 + 2 + 4 + 6 + 8 + 10 + 12
2
0
2
4
6
8
10
12
+
+
+
+
+
+
in % pro Jahr
Durchschnittliches Trend-wachstum 2013/2014
Durchschnittliches Trendwachstum 2006/2007
Rohstoffe exportierendeVolkswirtschaften
brige Schwellenlnder
Iran
BrasilienRussland
Saudi-Arabien
Trkei
Mexiko
Indonesien
Indien
China
unverndertesTrendwachstum
14 Die Klassifikation der Lnder in Rohstoffexporteurebasiert auf den Angaben des IWF zur Hauptquelle derExporteinnahmen; vgl.: IWF, WEO, April 2015, S. 151.Auerdem wird hier Brasilien zu den Rohstoffexportlnderngezhlt. Rohstoffe machten dort in den vergangenen Jah-ren annhernd die Hlfte der gesamten nominalen Waren-ausfuhren aus.
Deutsche BundesbankMonatsberichtJuli 201522
7/26/2019 wachstumsverlagerung_schwellenlaender
9/18
Anschluss daran wird auf die osteuropischen
Lnder eingegangen. Der Beitrag dieser Region
zur Wachstumsverlangsamung im Schwellen-lnder-Aggregat hlt sich zwar in Grenzen,
allerdings besitzt der Lnderkreis einen erheb-
lichen Stellenwert als Absatzmarkt fr die Expor-
teure aus Deutschland und anderen Lndern
der EWU.
China
Um die gesamtwirtschaftliche Verlangsamung
in China nher zu beleuchten, wird das Trend-
wachstum rechnerisch nach den Beitrgen des
Arbeitseinsatzes und der Arbeitsproduktivitt
aufgeschlsselt. Es zeigt sich, dass der Arbeits-
einsatz, gemessen an der Zahl der Beschftigten
in der Gesamtwirtschaft, wegen seiner schwa-
chen Aufwrtstendenz seit jeher nur wenig zur
Zunahme der Wirtschaftsleistung beigesteuert
hat. Der Hauptbeitrag ist dem Wachstum der
Arbeitsproduktivitt zuzuschreiben. Dieses hat
in den letzten Jahren sprbar nachgelassen und
steht hinter der Verlangsamung des Trend-
wachstums, whrend die geringen positiven
Beitrge vonseiten des Arbeitseinsatzes mehr
oder weniger unverndert geblieben sind.
Zum Teil scheint der schwchere Anstieg der
Arbeitsproduktivitt einem nachlassenden
Strukturwandel geschuldet zu sein. Ein wich-
tiger Antriebsfaktor des gesamtwirtschaftlichen
Produktivittswachstums in China ist die Migra-tion von Arbeitskrften aus dem lndlichen
Agrarsektor in die Stdte. Dort gehen sie einer
Ttigkeit im Industrie- oder Dienstleistungs-
bereich nach, in denen die Produktivitt deut-
lich hher ist. Dieser Prozess scheint sich in der
jngeren Zeit verlangsamt zu haben. So ist nach
offizieller Schtzung die Zahl der Wanderarbei-
ter im Durchschnitt der letzten vier Jahre nur
um 2% gestiegen, verglichen mit einem Zu-
wachs von 4% im Zeitraum 2004 bis 2010. EinGrund fr diese Entwicklung drfte sein, dass
die lndliche Arbeitskrftereserve mittlerweile
weitgehend absorbiert ist.15)
Wichtiger noch als das nachlassende Tempo
des sektoralen Strukturwandels drfte eine Ver-
langsamung der Produktivittsfortschritte inner-
halb der Sektoren sein.16)Hierzu drfte ma-
geblich beigetragen haben, dass die positiven
Effekte von vorangegangenen Strukturreformen
auslaufen. Ein wesentlicher Reformschritt war
die Aufnahme Chinas in die Welthandelsorgani-
sation (World Trade Organization: WTO) im Jahr
2001. Der damit verbundene hhere auen-
wirtschaftliche ffnungsgrad hat den Wett-
bewerb in China erheblich verschrft, was vor
allem in den ersten Jahren die konomische
Effizienz deutlich gesteigert haben drfte.17)
Auch andere Manahmen aus dieser Zeit, nm-
lich die Umstrukturierung und Privatisierung
von Staatsunternehmen, drften zu betrcht-
NiedrigeresWachstumder Arbeits-produktivittausschlag-gebend
Gesamtwirt-schaftlicherProduktivitts-fortschritt durchnachlassendenStrukturwandel
gebremst
Auslaufenpositiver EffektevergangenerStrukturreformen
Trendwachstum in China*)
Quelle: Eigene Berechnungen auf Basis von IWF und Nationa-lem Statistikbro China. * Trendwachstum und trendmigeBeschftigung mithilfe des Hodrick-Prescott-Filters ermittelt.
Deutsche Bundesbank
2000 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13 14
0
2
4
6
8
10
12
14
in % gegenber Vorjahr
Arbeitsproduktivitt
Beschftigung
Rechnerische Beitrgein %-Punkten
15Dabei hemmt das staatliche Meldewesen (Hukou) dieMobilitt der noch verbliebenen Landbewohner. Es verhin-dert, dass Migranten ihren Wohnsitz offiziell in die Stdteverlagern knnen und dort Zugang zu Sozial- und Bildungs-leistungen erhalten. Vgl.: Deutsche Bundesbank, Zu derEntwicklung der Arbeitskosten in China und den Wirkungenauf die Verbraucherpreise in den Industrielndern, Monats-bericht, Mai 2013, S. 13 15.16Legt man die offiziellen Schtzungen fr den Beschfti-gungsstand in den einzelnen Wirtschaftszweigen zugrunde,dann hat sich das trendmige Produktivittswachstum vorallem im Dienstleistungsbereich merklich abgeschwcht.
Allerdings sind die chinesischen Angaben zur Beschfti-gungsstruktur mit einer gewissen Unsicherheit behaftet.17Vgl. zur Rolle des WTO-Beitritts fr die Produktivittsent-wicklung in der chinesischen Industrie bspw.: R. Wakasugiund H. Zhang (2015), Impacts of the World Trade Organi-zation on Chinese Exports, RIETI Discussion Paper Series 15-E-021.
Deutsche BundesbankMonatsbericht
Juli 201523
7/26/2019 wachstumsverlagerung_schwellenlaender
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lichen Effizienzgewinnen gefhrt haben.18) In
den letzten Jahren ist dieser Transformations-
prozess jedoch weitgehend zum Stillstand ge-kommen. So hat die Zahl der Beschftigten, die
in Staatsunternehmen ttig sind, seit dem Jahr
2005 auf dem Stand von rund 65 Millionen ver-
harrt, nachdem sie in den zehn Jahren zuvor um
nicht weniger als 40% zurckgegangen war.
Zu dem krftigen intrasektoralen Produktivitts-
wachstum hat in der Vergangenheit auch die
auergewhnlich dynamische Investitionsttig-
keit beigetragen. Sie wurde durch eine hohe
inlndische Ersparnisbildung ermglicht. Wh-
rend der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise
hat sich das Wachstum der Bruttoanlageinves-
titionen nochmals verstrkt, sodass ihr Anteil
am BIP weiter gestiegen ist, und zwar von 38%
im Jahr 2007 auf 44% im Jahr 2009. Diese im
internationalen Vergleich ausgesprochen hohe
Investitionsquote wirft die Frage nach mg-
lichen Fehlinvestitionen auf. Tatschlich gibt es
Hinweise, denen zufolge die Allokationseffi-
zienz bei den Investitionen in den letzten Jahren
nachgelassen hat. Dafr spricht, dass sich in
einer Reihe von Industriebereichen mittlerweile
berkapazitten herausgebildet haben, wie
zum Beispiel in der Stahl- oder der Zementbran-
che.19)Gerade mit dem Schub whrend der glo-
balen Finanz- und Wirtschaftskrise drften viele
unrentable Projekte gettigt worden sein. Da-
mals hatte die Regierung die Staatsunterneh-
men zu zustzlichen Investitionen angeregt, um
dem Einbruch der Auslandsnachfrage ent-gegenzuwirken.20) Ein anderes Feld, das von
berinvestitionen betroffen zu sein scheint, ist
der Husermarkt. Hier ist es wahrscheinlich,
dass hinter einem Gutteil der Wohnungsbau-
investitionen in den letzten Jahren Kufe ste-
hen, die nicht auf einen tatschlichen Wohn-
raumbedarf zurckgehen, sondern Anlagemo-
tive reflektieren. Die jngste Abkhlung am chi-
nesischen Husermarkt ist somit nicht allein als
zyklisches Phnomen aufzufassen, sondernknnte vielmehr den Abbau eines strukturellen
Angebotsberhangs darstellen.21)
Ein dritter Grund fr das nachlassende Produk-
tivittswachstum, speziell in der chinesischen
Industrie, knnte mit auslndischen Direktinves-titionen in Verbindung stehen. Direktinvesti-
tionen sind fr die Aufholprozesse in Schwellen-
lndern hauptschlich deshalb von Bedeutung,
da sie mit einem Transfer von auslndischer
Technologie und Know-how einhergehen.22)
Der Zustrom an auslndischen Direktinvesti-
tionen in das Verarbeitende Gewerbe in China,
der ber viele Jahre sehr gro ausgefallen war,
hat aber zuletzt deutlich nachgelassen.23)Ent-
sprechend drften die damit verbundenen Pro-
duktivittsgewinne niedriger ausgefallen sein.
Als wesentlicher Grund fr das geringere
Auslandsengagement wird weithin gesehen,
dass die Lohnkosten in China in den vergange-
nen Jahren aufgrund der erwhnten strukturel-
len Verengung am Arbeitsmarkt massiv zu-
genommen haben. Dadurch hat China als Pro-
duktionsstandort im Vergleich zu anderen
Schwellenlndern, aber auch manchen fort-
geschrittenen Volkswirtschaften an Attraktivitt
eingebt. Darber hinaus knnte die Inves-
titionsbereitschaft auslndischer Investoren ge-
hemmt werden, weil ihre Unternehmen gegen-
Hinweise aufgeringere Inves-titionseffizienz
NachlassendeZuflsse vonauslndischen
Direkt-investitionen
18Die geringere Effizienz von staatseigenen Betrieben inChina zeigt sich etwa in ihrer niedrigeren Profitabilitt. Vgl.u. a.: D. Zhang und O. Freestone (2013), Chinas UnfinishedState-Owned Enterprise Reforms, Economic Roundup, Issue2, S. 77 99, The Australian Treasury.19Auf der Basis eines Lndervergleiches haben IWF-ko-nomen das Ausma der berinvestitionen in China auf10% des BIP geschtzt. Vgl.: Lee et al. (2012), Is ChinaOver-Investing and Does it Matter?, IMF Working Paper 12/277.20Vgl. zu den Mechanismen der Einflussnahme auf dieStaatsunternehmen whrend der globalen Finanzkrise:Y. Deng et al. (2014), Chinas Pseudo-monetary Policy,Review of Finance, 19(1), S. 55 93.21Vgl.: Deutsche Bundesbank, Zu den mglichen realwirt-schaftlichen Effekten eines Abschwungs am chinesischenWohnimmobilienmarkt, August 2014, S. 18 20; sowieM. Chivakul et al. (2015), Understanding Residential RealEstate in China, IMF Working Paper 15/84.22Vgl. hierzu u. a.: E. Borensztein et al. (1998), How doesforeign direct investment affect economic growth?, Journalof International Economics, 45, S. 115 135; sowie X. Li undX. Liu (2005), Foreign Direct Investment and Economic
Growth: An Increasingly Endogenous Relationship, WorldDevelopment, 33(3), S. 393 407.23Im vergangenen Jahr waren die auslndischen Direkt-investitionen im Verarbeitenden Gewerbe auf US-Dollar-Basis gegenber 2011 um ein Viertel niedriger. Im Verhlt-nis zur industriellen Wertschpfung war der Rckgangsogar noch wesentlich ausgeprgter.
Deutsche BundesbankMonatsberichtJuli 201524
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ber heimischen Firmen benachteiligt werden,
etwa durch einen eingeschrnkten Markt-
zugang oder andere ungnstige Regulierun-gen.24)
Rohstoffe exportierendeVolkswirtschaften
Die internationalen Rohstoffmrkte haben in
der vergangenen Dekade einen beraus krf-
tigen Boom erlebt. Auf US-Dollar-Basis haben
sich die Notierungen fr Energieprodukte sowie
andere Rohstoffe zwischen 2000 und 2011
jeweils mehr als verdoppelt. In den Schwellen-
lndern, die auf den Export dieser Gter spezia-
lisiert sind, hat die Hausse die gesamtwirtschaft-
liche Entwicklung ber eine Reihe von Kanlen
beflgelt: Zum einen verbesserten sich infolge
der hheren Exportpreise die Terms of Trade.
Zum anderen steigerten die Lnder ihre men-
genmigen Rohstofflieferungen stark. Bei-
spielsweise konnte Brasilien das Volumen seiner
Rohstoffausfuhren im Verlauf des vergangenen
Jahrzehnts ungefhr verdreifachen. Um die da-
fr erforderliche Produktionsausweitung zu er-
mglichen, ttigten die Rohstoffexporteure um-
fangreiche Investitionen.25)Schlielich verwen-
dete eine Reihe von Lndern im Nahen Osten
einen Teil der staatlichen Mehreinnahmen aus
dem lhandel, um die Infrastruktur massiv
auszubauen.26)
Der Rohstoffboom hat in den Exportlndernsomit nicht nur die Nachfrage angetrieben, son-
dern angesichts der angestoenen Investitionen
zudem die gesamtwirtschaftlichen Kapazitten
erhht. Vor diesem Hintergrund hat sich in den
meisten dieser Lnder auch das trendmige
reale BIP-Wachstum deutlich verstrkt. In den
lfrderlndern lag das Trendwachstum zu Be-
ginn des Jahrtausends noch bei etwa 4% und
stieg dann zur Mitte des vergangenen Jahr-
zehnts bis auf 7% an; in den brigen Rohstoff-exportlndern ging es von 2% auf 5% in den
Jahren 2007/2008 nach oben. Der Hhepunkt
des Wachstums fllt in beiden Lndergruppen
zeitlich ungefhr mit der Spitze der trendmi-
gen Preissteigerung fr die jeweiligen Rohstoffe
zusammen. Diese Beobachtung deckt sich mit
den Erkenntnissen aus der Literatur, wonach
das Wirtschaftswachstum in Rohstoffexportln-
dern von der Vernderung der Rohstoffpreise
abhngt und nicht von deren Niveaus.27)
In den letzten Jahren drfte die Hausse auf den
Rohstoffmrkten geendet haben. Die Preise fr
Metalle und Nahrungsmittel tendieren schon
seit dem Jahr 2011 deutlich nach unten. Auf
dem lmarkt konnten die Notierungen hin-
gegen ihr hohes Niveau noch recht lange hal-
ten, bevor sie schlielich Ende 2014 erheblich
gefallen sind. Das trendmige Wachstum in
den Exportlndern hat sich infolge der dadurch
Krftiger Preis-anstieg bei Roh-stoffen in dervergangenenDekade
hat Wachs-tum der Roh-stoffexporteurebeflgelt
Rohstoffhaussezu Endegegangen
Rohstoffpreisindizes fr Schwellenlnder*)
Quelle: Weltbank. *Die Gewichtung einzelner Rohstoffe ba-siert auf den entsprechenden Anteilen an den Exporten vonVolkswirtschaften mit niedrigen und mittleren Einkommens-niveaus in den Jahren 2002 bis 2004.
Deutsche Bundesbank
1980 85 90 95 00 05 10 15
50
100
150
200
250
300
350
US-Dollar-Basis, 2000 = 100, log. Mastab
1. Hj.Nichtenergierohstoffe
Energierohstoffe
24Vgl. u. a.: European Union Chamber of Commerce inChina (2015), European Business in China Business Confi-dence Survey; sowie American Chamber of Commerce inShanghai (2015), China Business Report.25Laut Weltbank haben sich die weltweiten Investitionenvon l-, Gas- und Bergbauunternehmen zwischen 2000und 2012 um ein Mehrfaches erhht. berdies scheint derRohstoffpreisanstieg auch gewerbliche Investitionen auer-halb des Rohstoffsektors angeregt zu haben. Vgl.: Welt-bank, After the Commodities Boom: What Next for Low-Income Countries?, Global Economic Prospects, Juni 2015,S. 93 ff.; sowie N. Magud und S. Sosa (2015), Investment inEmerging Markets We Are Not in Kansas Anymore Or
Are We?, IMF Working Paper 15/77.26Vgl.: M. Albino-War et al. (2014), Making the Most ofPublic Investment in MENA and CCA Oil-Exporting Coun-tries, IMF Staff Discussion Note 14/10.27Vgl. etwa: B. Gruss (2014), After the Boom Commod-ity Prices and Economic Growth in Latin America and theCaribbean, IMF Working Paper 14/154.
Deutsche BundesbankMonatsbericht
Juli 201525
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ausgelsten gesamtwirtschaftlichen Anpas-
sungsprozesse etwa niedrigere Investitionen
in den Rohstoffsektor weiter verlangsamt.
Der ausgedehnte Preisanstieg und die anschlie-
ende Abkhlung auf den internationalen Roh-
stoffmrkten drften nicht zuletzt mit der Strke
der gesamtwirtschaftlichen Dynamik in China
zusammenhngen. China hat im vergangenenJahrzehnt seinen Rohstoffverbrauch beraus
krftig ausgeweitet und dadurch sogar den
Hauptbeitrag zum Anstieg der globalen Roh-
stoffnachfrage gestellt. Dahinter stand nicht nur
der rasante chinesische Aufschwung, sondern
auch eine hohe Rohstoffintensitt des dortigen
Wachstums. Im Bereich der Metalle war die
Nachfrageexpansion besonders beeindruckend.
China verbraucht mittlerweile rund 40% der
weltweit hergestellten Metalle; sie werden ins-besondere fr den Aufbau der Infrastruktur und
in der Bauwirtschaft eingesetzt. Auch im Be-
reich der Energietrger ist China inzwischen
zum weltgrten Konsumenten aufgestie-
gen.28) Im Gefolge der aktuellen gesamtwirt-
schaftlichen Verlangsamung hat das Wachstum
der Rohstoffnachfrage des Landes nachgelas-sen. Dies wird besonders deutlich an den chine-
sischen Einfuhren. Beispielsweise ist das Wachs-
tum der Rohlimporte, das zwischen 2000 und
2010 noch durchschnittlich 13% pro Jahr betra-
gen hatte, seither auf die Hlfte zurckgegan-
gen. Bei einigen Industriemetallen, etwa
Eisenerz und Kupfer, war die Abschwchung
noch ausgeprgter.
Der Rohstoffhunger Chinas im vergangenen
Jahrzehnt drfte den Boom an den Rohstoff-
mrkten mageblich gesttzt haben. Umge-
kehrt drfte die gedrosselte Dynamik der chine-
sischen Rohstoffnachfrage im Zusammenspiel
mit einer erheblichen Angebotsausweitung auf
den entsprechenden Mrkten auch einen
wesentlichen Beitrag dazu geliefert haben, dass
die Rohstoffpreise in den letzten Jahren tenden-
ziell gefallen sind. So gesehen besteht ber die-
sen Kanal eine enge wirtschaftliche Abhngig-
keit der Rohstoffexportlnder von China.29)
Die kraftlose Entwicklung der Rohstoffexport-
lnder in den letzten Jahren deutet darauf hin,
dass diese Volkswirtschaften ohne den Rcken-
wind vonseiten der Rohstoffmrkte nur be-
scheidene Aktivittssteigerungen erzielen kn-
nen.30)Das niedrige originre Trendwachstum
scheint zum einen mit der Erosion der preis-
lichen Wettbewerbsfhigkeit zusammenzuhn-
gen, zu der es im Zuge des vorangegangenenPreisbooms in vielen Rohstoffexportlndern ge-
Einfluss Chinasauf Rohstoff-mrkte
fhrt zuwirtschaftlicherAbhngigkeitder Rohstoff-exporteure vonChina
OriginresTrendwachstumin Rohstoff-exportlndernsehr niedrig,
Trendwachstum in Rohstoffeexportierenden Schwellenlndern
und trendmige Preisvernderungbei Rohstoffen*)
Quelle: Eigene Berechnungen auf Basis von IWF, World Econo-mic Outlook, April 2015, sowie Weltbank. *Trendwachstumsowie trendmige Preisvernderung mithilfe des Hodrick-Pres-cott-Filters ermittelt. Rohstoffpreise auf US-Dollar-Basis; zu-grunde gelegte Rohstoffpreisreihe fr 2015 und 2016 gemWeltbank-Prognose vom Juni 2015 fortgeschrieben.
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5
6
7
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in % gegenber Vorjahr
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5
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+ 5
+ 10
+ 15
+ 20
+ 25
+ 30
Trendwachstumin brigenRohstoffexportlndern(linke Skala)
Trendwachstum inl exportierenden Schwellenlndern(linke Skala)
Vernderungdes Preisindex frNichtenergierohstoffe(rechte Skala)
lpreisvernderung(rechte Skala)
28Vgl.: Asiatische Entwicklungsbank, Asian DevelopmentOutlook 2013: Asias Energy Challenge, S. 29 ff.29Die Abhngigkeit der Rohstoffexporteure von China istin diversen empirischen Studien belegt worden. Vgl. bspw.:B. Gruss (2014), a. a. O.; sowie L. Gauvin und C. Rebillard(2015), Towards Recoupling? Assessing the Global Impactof a Chinese Hard Landing through Trade and Commodity
Price Channels, Banque de France Working Paper No 562.30Dazu passen Schtzungen, denen zufolge in Russlanddie Trendwachstumsrate ohne lpreissteigerungen geradeeinmal 2% betrgt. Vgl.: J. Rautava (2013), Oil Prices, ExcessUncertainty and Trend Growth, Focus on European Eco-nomic Integration, Oesterreichische Nationalbank, Issue 4,S. 77 87.
Deutsche BundesbankMonatsberichtJuli 201526
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kommen ist.31)Vor diesem Hintergrund hat vor
allem das Verarbeitende Gewerbe einen schwe-
ren Stand, was sich daran zeigt, dass diese Ln-der auf den globalen Exportmrkten fr indus-
triell gefertigte Waren weiterhin erheblich
unterreprsentiert sind. Vielerorts ist whrend
der Rohstoffhausse der Aussto des Verarbei-
tenden Gewerbes auch in realer Rechnung
im Vergleich zu den brigen Sektoren deutlich
schwcher gewachsen und hat dadurch ge-
samtwirtschaftlich an Gewicht verloren. Diese
Entwicklung ist nicht zuletzt deswegen Besorg-
nis erregend, da die Produktivitt im Verarbei-
tenden Gewerbe international stark zu konver-
gieren scheint. Daher wird dem Sektor eine
Schlsselrolle bei gesamtwirtschaftlichen Auf-
holprozessen beigemessen, die er aber nur bei
entsprechender Gre erfllen kann.32)
Neben der Schwche der preislichen Wett-
bewerbsfhigkeit drften verschiedene struktu-
relle Faktoren das Wachstum in den Rohstoff-
exportlndern zurckhalten. Zum Teil bestehen
diese Probleme schon seit Lngerem und sind
durch den Rohstoffboom lediglich berdeckt
worden. Dazu gehren etwa im Falle Brasiliens
und anderer lateinamerikanischer Staaten
Defizite in der Infrastruktur sowie eine hohe
Steuer- und Abgabenbelastung. In Sdafrika
und anderen Volkswirtschaften des afrikani-
schen Kontinents sind ein niedriges Qualifikati-
onsniveau der Arbeitnehmer sowie ein Mangel
an innerer Sicherheit wesentliche Hindernisse
fr ein krftigeres Wachstum. In Russland sowieverschiedenen zentralasiatischen Energieexport-
lndern scheinen eine hohe politische Unsicher-
heit und weit verbreitete Korruption das Ver-
trauen privater Investoren zu untergraben.
Aufstrebende Volkswirt-schaften in Osteuropa
hnlich wie im Falle der Rohstoffexporteure istauch in den osteuropischen Schwellenlndern
der starke Aufschwung des vergangenen Jahr-
zehnts durch gnstige externe Einflsse befl-
gelt worden. Hier waren es aber keine steigen-
den Rohstoffpreise, sondern erhebliche kurzfris-
tige Kapitalzuflsse, welche die Konsumnach-
frage und die Investitionen angetrieben hatten.
In einigen Lndern kam es dabei zum Aufbau
von enormen Leistungsbilanzdefiziten, einer
massiven Zunahme privater Verschuldung sowie
bertreibungen an den Immobilienmrkten.
Mit dem Austrocknen externer Finanzierungs-
quellen im Sog der weltweiten Krise mussten
sich die betreffenden Lnder einem schmerz-
haften Anpassungsprozess unterziehen. Eine
gewisse Ausnahme stellt Polen dar, die grte
unter den osteuropischen Volkswirtschaften;
hier waren die makrokonomischen Ungleich-
gewichte erheblich weniger ausgeprgt. Auch
deshalb erlitt die polnische Wirtschaft whrend
der globalen Finanzkrise keine Rezession.
Seit ein paar Jahren tendiert die Wirtschaftsleis-
tung in vielen osteuropischen Staaten wieder
deutlich aufwrts, aber die Zuwachsraten sind
zumeist sprbar niedriger als im Vorkrisenzeit-
raum. Dabei scheint die moderatere Gangart
zum Teil eine Normalisierung zu reflektieren,
nachdem sich das schnelle Tempo in den Jahren
auch wegenstrukturellerFaktoren
DurchkurzfristigeKapitalzuflsseangetriebenesWachstum nichtnachhaltig
NiedrigeresWachstumreflektiert auchanhaltendeBeeintrchtigungder Investitions-ttigkeit
Bedeutung des Verarbeitenden Gewerbesin ausgewhlten Rohstoffexportlndern
Quelle: Nationale Statistiken. 1 Vor 2002 keine Angaben ver-fgbar.
Deutsche Bundesbank
2000 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13 14
10
12
14
16
18
20
in % der gesamten Bruttowertschpfung
Sdafrika
Brasilien
Russland1)
31Dieser Effekt ist als Hollndische Krankheit (DutchDisease) bekannt und empirisch gut belegt. Vgl. bspw.: F.van der Ploeg (2011), Natural Resources: Curse or Blessing?,Journal of Economic Literature, 49(2), S. 366 420.32Vgl.: D. Rodrik (2013), Unconditional Convergence inManufacturing, Quarterly Journal of Economics, 128(1),S. 165 204.
Deutsche BundesbankMonatsbericht
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vor 2008 vielerorts als nicht nachhaltig heraus-
gestellt hat. Darber hinaus drften noch die
Sptfolgen der Krise das gesamtwirtschaftliche
Wachstum bremsen. Insbesondere ist wohl in
einigen Lndern die Investitionsttigkeit nach
wie vor beeintrchtigt. Dahinter steht wahr-
scheinlich nicht nur das Bestreben von Unter-
nehmen, ihre hohen Schulden abzubauen.
Hinzu kommt offenbar, dass sich die Banken bei
der Kreditvergabe zurckhalten, unter ande-
rem, weil sie mit einem groen Bestand an not-
leidenden Krediten zu kmpfen haben.33)
Des Weiteren drfte das Trendwachstum da-
durch gedmpft werden, dass der marktwirt-
schaftliche Reformkurs, den die Lnder Anfang
der neunziger Jahre eingeschlagen hatten, injngerer Zeit nicht mehr mit Nachdruck verfolgt
worden ist. Dabei hat sich das Reformtempo
keineswegs nur in Bereichen verlangsamt, in
denen bereits groe Annherungen an die
Industrielnder erreicht worden sind, wie etwa
bei der Preisliberalisierung oder der ffnung des
internationalen Handels. Vielmehr sind auch auf
den Feldern, in denen noch ein erheblicher
Rckstand besteht, geringere Fortschritte zu be-
obachten. Das betrifft beispielsweise die Wett-bewerbspolitik.34)
Zu den Wachstumsperspek-tiven der Schwellenlnder
Die vorliegende Analyse deutet an, dass die ge-
samtwirtschaftliche Verlangsamung in der
Gruppe der Schwellenlnder berwiegend auf
einen Rckgang ihres trendmigen Wachs-
tums zurckzufhren ist. In China knnte sich
das Grundtempo mittelfristig sogar nochmals
verringern. Dafr spricht zum einen, dass der
positive Effekt aus dem Strukturwandel weiter
abnehmen sollte. Ferner drften demografische
Einflsse das gesamtwirtschaftliche Wachstum
beeintrchtigen. So erreicht die chinesische Be-
vlkerung im erwerbsfhigen Alter (15 bis 64
Jahre) gem der Projektion der Vereinten Na-
tionen derzeit ihren Hhepunkt und wird in den
nchsten Jahren schrumpfen.35)Hinzu kommt
eine Vernderung der Altersstruktur. Bis zum
Jahr 2025 wird nmlich die Zahl der 55- bis
64-jhrigen Personen von 155 Millionen auf
210 Millionen anwachsen. Da mit steigendem
Alter die Erwerbsbeteiligung deutlich zurck-
geht, drfte bei unvernderten Verhaltenswei-
sen das Arbeitskrftepotenzial auch von dieser
Seite belastet werden.36)
Die weitere gesamtwirtschaftliche Entwicklung
der Rohstoffe exportierenden Schwellenlnder
drfte, wie bisher, stark vom Auf und Ab an den
internationalen Rohstoffmrkten abhngen.
Angesichts eines voraussichtlich dauerhaft nied-
rigeren Expansionstempos in China spricht
derzeit wenig fr einen erneuten krftigen Preis-auftrieb ber einen mehrjhrigen Zeitraum auf
diesen Mrkten. Das impliziert, dass die Roh-
sowienachlassendesReformtempo
In China in dennchsten JahrenzunehmendedemografischeBelastungen
SchlechteAussichten frdeutlicheWachstums-verstrkung inRohstoffexport-lndern undosteuropischenStaaten
Trendwachstum in osteuropischen
Schwellenlndern*)
Quelle: Eigene Berechnungen auf Basis von IWF, World Econo-mic Outlook, April 2015. * Trendwachstum mithilfe des Hod-rick-Prescott-Filters ermittelt. 1 Aggregat aus Albanien, Bulgari-en, Kroatien, Mazedonien, Polen, Rumnien und Ungarn.
Deutsche Bundesbank
2000 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13 14
1,5
2,0
2,5
3,0
3,5
4,0
4,5
5,0
in % gegenber Vorjahr
OsteuropischeSchwellenlnder1)
darunter:Polen
33Vgl.: IWF (2015), Central, Eastern, and SoutheasternEurope Regional Economic Issues, Mai, Chapter 2,S. 1741.34Vgl.: Europische Bank fr Wiederaufbau und Entwick-lung, Stuck in Transition?, Transition Report 2013.35Vgl.: Vereinte Nationen, World Population Prospects:The 2012 Revision.36Laut Schtzung der Internationalen Arbeitsorganisation
betrug die Erwerbsquote in China bei den 55- bis 64-Jh-rigen im Jahr 2013 59,8%, verglichen mit 80,3% in derbrigen Erwerbsbevlkerung. Die zunehmende Alterungder Bevlkerung knnte berdies einen negativen Effekt aufdie gesamtwirtschaftliche Produktivitt ausben, da die Pro-duktivitt einer Person typischerweise im mittleren Ab-schnitt des Berufslebens ihren Hhepunkt erreicht.
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stoffexporteure zumindest vorerst auf einem
flachen gesamtwirtschaftlichen Wachstumspfad
bleiben werden. Auch bei den osteuropischenSchwellenlndern ist nicht davon auszugehen,
dass sich das Grundtempo in absehbarer Zeit
merklich erhhen wird. Soweit das gegenwr-
tige Wirtschaftswachstum noch von den Folgen
der Anpassungskrise 2008/2009 belastet wird,
knnten diese Einflsse zwar schrittweise
schwinden. Zugleich drften aber in einer Reihe
von Lndern ungnstige demografische Ent-
wicklungen die Expansion dmpfen.37)
Insgesamt spricht vieles dafr, dass sich die ge-
samtwirtschaftliche Aufwrtsbewegung in den
Schwellenlndern bis auf Weiteres mit dem zu-
letzt eingeschlagenen, verhaltenen Tempo fort-
setzen wird. Diese Einsicht teilen inzwischen
auch die internationalen Organisationen. So
geht der IWF in seinem aktuellen WEO davon
aus, dass sich das Wirtschaftswachstum der
Schwellenlnder-Gruppe im Durchschnitt der
nchsten fnf Jahre auf etwa 5% belaufen wird,
was nherungsweise der hier geschtzten Trend-
wachstumsrate am aktuellen Rand entspricht.
Unter Umstnden knnte sich das Wirtschafts-
wachstum der Schwellenlnder noch deutlicher
abschwchen. Seit der globalen Finanzkrise sind
die externen Finanzierungsbedingungen fr die
Schwellenlnder infolge der auerordentlich
expansiven Geldpolitik in den Industrielndern
sehr gnstig. Eine Normalisierung der Geldpolitik,
speziell in den USA, knnte jedoch zu verringer-ten Kapitalzuflssen in die Schwellenlnder fh-
ren. Dass sich solche Prozesse abrupt vollziehen
und starke Spannungen auf den Finanzmrkten
auslsen knnen, haben die Ereignisse im Mai
2013 gezeigt. Damals hatten Diskussionen in der
amerikanischen Zentralbank ber einen mg-
lichen Ausstieg aus den Staatsanleihekufen
(Tapering) in einigen aufstrebenden Volkswirt-
schaften eine Verkaufswelle bei Vermgenstiteln
und Whrungen ausgelst. Betroffen waren vorallem Lnder mit ausgeprgten Leistungsbilanz-
defiziten. Derartige Schwachstellen bestehen
zum groen Teil weiter und machen diese Volks-
wirtschaften nach wie vor verwundbar.
Neben diesen externen Risiken stellen inln-
dische Ungleichgewichte bedeutende Gefahren
dar. Dazu zhlt vor allem eine beraus krftigeZunahme der Verschuldung in den letzten Jah-
ren.38) Sowohl der Unternehmensbereich als
auch die ffentlichen Haushalte haben zu die-
sem Anstieg beigetragen. Gerade in Verbin-
dung mit dem zu erwartenden langsameren
Trendwachstum knnte im Falle von internen
oder externen Schocks die Tragfhigkeit der
Schulden in einzelnen Lndern nicht mehr
sicher gewhrleistet sein.39)
Das voraussichtlich anhaltend schwchere
Wachstumstempo der Schwellenlnder drfte
wichtige Implikationen fr die fortgeschrittenen
Volkswirtschaften haben. Zum einen wre es
fr die privaten Haushalte und Unternehmen in
den Industrielndern von groer Tragweite,
wenn die Preise fr Rohstoffe, speziell Rohl,
angesichts einer mglichen zurckhaltenden
Nachfrageentwicklung speziell vonseiten Chinas
tatschlich dauerhaft niedriger blieben. Darber
hinaus drfte eine langsamere gesamtwirt-
schaftliche Nachfrageexpansion in den Schwel-
lenlndern bedeuten, dass diese ihre Importe
aus den Industrielndern verhaltener ausweiten
als zuvor. Das wrde auch die deutsche Export-
wirtschaft treffen, die angesichts einer starken
Marktstellung in den Schwellenlndern von
dem krftigen Aufschwung dieser Lnder-
gruppe in der Vergangenheit in erheblichem
Mae profitiert hat. Zwischen 2000 und 2010
legten die wertmigen WarenlieferungenDeutschlands in die Schwellenlnder auf Euro-
InsgesamtFortsetzung dergebremstenExpansion inSchwellen-lndernwahrscheinlich
Abwrtsrisikenim Zusammen-hang mitFinanzmarkt-spannungeninfolge volatilerKapital-zuflsse
sowie mitstarkem Anstiegder Verschuldung
MglicheImplikationenfr dieIndustrielnder
37Bspw. wird in Polen die Zahl der Personen im erwerbs-fhigen Alter von 27,2 Millionen im Jahr 2013 auf voraus-sichtlich 25,5 Millionen im Jahr 2020 zurckgehen. Vgl.:Europische Kommission (2015), The 2015 Ageing Report:Economic and budgetary projections for the 28 EU Mem-ber States (20132060), European Economy 3.38Nach Angaben der Bank fr Internationalen Zahlungs-ausgleich hat die durchschnittliche Verschuldung der ffent-lichen und nichtfinanziellen privaten Sektoren in den
Schwellenlndern mittlerweile 150% des BIP erreicht.39 In der Vergangenheit war ein auerordentlich hohesWachstum der Kredite an den privaten Sektor, wie es in ein-zelnen Schwellenlnder derzeit zu beobachten ist, hufigein Vorbote von schweren Anspannungen im Bankensys-tem. Vgl.: Bank fr Internationalen Zahlungsausgleich(2015), 85th Annual Report, Chapter III, S. 45 63.
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http://www.federalreserve.gov/monetarypolicy/fomcminutes20141217.htmhttp://www.federalreserve.gov/monetarypolicy/fomcminutes20141217.htmhttp://www.federalreserve.gov/monetarypolicy/fomcminutes20141217.htmhttp://www.federalreserve.gov/monetarypolicy/fomcminutes20141217.htm7/26/2019 wachstumsverlagerung_schwellenlaender
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Zu den internationalen Ausstrahleffekten
einer starken Konjunkturabkhlung in China
Die gesamtwirtschaftliche Expansion in China
war in den vergangenen Jahren zwar wesentlich
langsamer als zuvor, aber insgesamt recht stetig.Allerdings zeichnete sich zuletzt wegen des mas-
siven Anstiegs der inlndischen Verschuldung
eine erhhte Stranflligkeit der chinesischenWirtschaft ab. Vor allem im Bau- und Immobilien-
bereich sind die Kreditverbindlichkeiten erheblich
gestiegen. Falls der chinesische Husermarkt
einen lngeren und krftigen Abschwungerleiden sollte oder der gewerbliche Sektor durch
einen anderen schweren Schock getroffenwrde, gbe es vermutlich umfangreiche Kredit-
ausflle, die das Finanzsystem belasten wrden.1)
Mgliche Probleme im chinesischen Finanzsektorknnten auf die Realwirtschaft des Landes zu-
rckwirken. In einem ungnstigen Fall wrde sich
dadurch das Wirtschaftswachstum stark ab-schwchen. Ein solches hard landing der chine-
sischen Wirtschaft wird vom Internationalen
Whrungsfonds (IWF), der Weltbank sowie der
OECD als ein relevantes Risiko fr die globaleKonjunktur eingestuft.2)Auch fr die deutsche
Wirtschaft wren die Auswirkungen aufgrundder engen Handelsbeziehungen zu China wohl
sprbar. Deutschland hat im vergangenen Jahr
Waren im Wert von 75 Mrd nach China gelie-fert; das entspricht 6% der gesamten deut-
schen Warenexporte.
Um die mglichen realwirtschaftlichen Effekte
einer starken Konjunkturabkhlung in China ab-
zuschtzen, wurde eine entsprechende Simula-
tion mit dem globalen makrokonometrischenModell NiGEM durchgefhrt.3)Konkret wurde ein
vorbergehender negativer Schock auf die (reale)Inlandsnachfrage in China unterstellt, durch den
sich deren Niveau im Vergleich zur Basislinie um
knapp 6% im ersten und um 9% im zweiten Jahrverringert.4)Die chinesische Wirtschaftsleistung
wrde in einem solchen Szenario um bis zu 4%
vom ursprnglich angelegten Pfad nach untenabweichen. Fr die abgeschwchte Reaktion auf
die inlndische Wertschpfung spielt eine Rolle,
dass sich der Ausfall der gesamtwirtschaftlichenNachfrage nicht nur auf Waren und Dienstleis-
tungen aus heimischer Produktion, sondern auch
auf importierte Gter bezieht. ber diesen Kanalbertrgt sich der Schock dann auf die chine-
sischen Handelspartner. In Deutschland wrde
sich NiGEM zufolge das reale Bruttoinlandspro-
dukt (BIP) gegenber der Basislinie in den ersten
beiden Jahren um % reduzieren. In den ande-ren groen EWU-Mitgliedstaaten fielen die Out-
putverluste aufgrund der geringeren Export-abhngigkeit von China zwar kleiner aus, blieben
aber sprbar. Umgekehrt wren die Effekte inVolkswirtschaften mit einer engeren Auenhan-
delsverflechtung mit China, etwa in Japan und
Sdkorea, teilweise deutlich strker.
Fr die USA, die vergleichsweise wenig nachChina ausfhren, zeigt die Modellsimulation
sogar eine etwas hhere Wirtschaftsleistung im
zweiten Jahr an. Dies hngt nicht zuletzt damitzusammen, dass in China die Preisentwicklung
aufgrund des Nachfrageschocks gedmpft wird
und sich dies ber die Importe von chinesischenWaren auch auf die Verbraucherpreise in ande-
ren Lndern auswirkt, sodass die dortigen Noten-banken einen expansiveren geldpolitischen Kurs
einschlagen knnen.5) Da die amerikanischeWirtschaft in hohem Umfang Waren aus China
importiert, fllt dieser Effekt hier vergleichsweisestark aus. Hinzu kommt, dass der lpreis wegen
der nachgebenden chinesischen Nachfrage leichtsinkt. Klammert man diese beiden entlastenden
Einflsse aus, dann wrde sich auch fr die USA
ein negativer BIP-Effekt im zweiten Jahr ergeben,
und in Deutschland fielen die Produktionsein-buen im gleichen Zeitraum um etwa zwei zehn-
tel Prozentpunkte hher aus.
1Vgl.: M. Chivakul und W. R. Lam (2015), AssessingChinas Corporate Sector Vulnerabilities, IMF WorkingPaper 15/72.2Vgl. u. a.: IWF, World Economic Outlook, April 2015,S. 22.3NiGEM, das vom britischen National Institute of Eco-nomic and Social Research (NIESR) entwickelt wird, istein Modell mit neukeynesianischen Eigenschaften. Esumfasst rund 60 Lnder und Regionen, die unter-schiedlich detailliert abgebildet sind. Fr weitere Infor-mationen zur Modellstruktur siehe: http://nimodel.niesr.ac.uk.4Der Schock hlt zwei Jahre an. Ab dem dritten Jahrkehrt die Inlandsnachfrage wieder allmhlich zur Basis-linie zurck.5Die Lockerung der Geldpolitik geschieht in Volkswirt-schaften, in denen die Nullzinsgrenze berhrt wird, da-durch, dass zuknftige Zinserhhungen aufgeschobenwerden.
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Basis um durchschnittlich 10% pro Jahr zu. Be-
reits in den letzten Jahren haben sich die ent-
sprechenden Zuwchse auf etwa die Hlfte
reduziert.40) Angesichts des beschriebenen
Wachstumsausblicks fr die Schwellenlnder
drfte diese flachere Grundtendenz in den
nchsten Jahren anhalten. Die auenwirtschaft-
liche Verflechtung Deutschlands mit China ist
besonders eng und wird wahrscheinlich weiterzunehmen. Fr den Fall, dass sich das dortige
Wachstum stark abschwchen sollte, wren die
Folgen hierzulande sprbar (vgl. die Erluterun-
gen auf S. 30 f.).
Herausforderungenfr die Wirtschaftspolitik
Der nach wie vor groe Einkommens- und Pro-duktivittsabstand zu den Industrielndern legt
nahe, dass die Schwellenlnder grundstzlich
noch ein erhebliches Wachstumspotenzial be-
sitzen. Allerdings sind nachhaltige Fortschritte
bei der konomischen Konvergenz nur unter
passenden wirtschaftspolitischen Rahmenbe-
dingungen mglich. Dies wird daran erkennbar,
dass der Aufholprozess, der in einer Vielzahl
von Schwellenlndern in der Mitte der neunziger
Jahre eingesetzt hat, erst nach der Einleitung
tiefgreifender Reformen in Gang gekommen ist.
In einer Reihe von Schwellenlndern, darunterChina und die osteuropischen Staaten, hat sich
das Wachstum auch abgeschwcht, weil der
wirtschaftspolitische Reformkurs in den letzten
Jahren vernachlssigt worden ist. Um das
Wachstum mittelfristig wieder auf einen
hheren Trendpfad zu heben, bentigen diese
Lnder neue Reformimpulse. Aus China sind in
dieser Hinsicht erste hoffnungsvolle Signale zu
Fortsetzungeines schwung-vollen Aufhol-prozesses trotzerheblichenRckstandes keinSelbstlufer
NeueReformimpulsenotwendig
Alles in allem zeigen die Simulationen, dass einhard landing in China sprbare realwirtschaft-
liche Effekte auf Deutschland und andere Lnder
htte. Vermutlich unterschtzen die Modellsimu-lationen die Wirkungen sogar. Eine markante ge-
samtwirtschaftliche Abschwchung in China
ginge mglicherweise mit einem Vertrauensver-
lust und steigender Verunsicherung einher. Dieswird in NiGEM so nicht abgebildet.6)Derartige
Vertrauenseffekte drften noch ungleich hherausfallen, falls der Konjunktureinbruch in China
politische und soziale Anspannungen auslsen
wrde. Bei den fr Deutschland ausgewiesenenEffekten kommt hinzu, dass NiGEM einen
homogenen gesamtwirtschaftlichen Outputunterstellt. Die starke Spezialisierung der deut-schen Wirtschaft auf Investitionsgter, die gerade
bei den Exporten nach China von Bedeutung
sind, wird ausgeblendet. Mithin reflektieren dieSimulationen auch nicht, dass in dem Szenario
eines finanzmarktinduzierten Abschwungs in
China wohl vor allem die dortige Investitions-nachfrage in Mitleidenschaft gezogen wrde.
6Umgekehrt knnte der Rckgang der Rohstoffpreise,die im Modell nur rudimentr abgebildet sind, hherausfallen. Allerdings besteht hinsichtlich der Wirkungvon niedrigeren lpreisen auf die Wirtschaftsaktivitteine erhebliche Unsicherheit. Vgl.: Deutsche Bundes-bank, Zu den mglichen realwirtschaftlichen Auswir-kungen des lpreisrckgangs, Monatsbericht, Februar2015, S. 13 15.
Kurzfristige Outputeffekte einer
Abschwchung der realen Inlands-nachfrage in China*)
Abweichung des realen BIP von der Basislinie in %
Jahr 1 Jahr 2
China 2,3 4,1Euro-Raum 0,2 0,2
darunter: Deutschland 0,3 0,3Vereinigtes Knigreich 0,2 0,2USA 0,0 + 0,2Japan 0,5 0,8Sdkorea 0,8 1,5
Quelle: Simulation mit NiGEM. * Temporrer Schock derrealen Inlandsnachfrage in China, der zu einer Absenkung
derselben im Vergleich zur Basislinie um knapp 6% imersten und 9% im zweiten Jahr fhrt.
Deutsche Bundesbank
40Im Falle der deutschen Exporte nach China hat fr dieVerlangsamung auch eine Rolle gespielt, dass deutschePkw-Hersteller den chinesischen Markt verstrkt direkt also ber eine Produktion vor Ort bedienen. Vgl.: Deut-sche Bundesbank, Zu den Ursachen fr die jngste Schw-che der deutschen Warenexporte nach China, Monats-bericht, November 2013, S. 50 52.
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Juli 201531
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vernehmen. Die chinesische Staatsfhrung hat
im November 2013 auf einem Parteikongress
das Bekenntnis zu einem Umbau der Volkswirt-schaft abgelegt und ihre wirtschaftspolitischen
Reformabsichten umrissen. Allerdings kommen
die Ausformulierung der Plne sowie deren Um-
setzung bislang eher langsam voran.
Fr die Rohstoffe exportierenden Schwellenln-
der ist es wichtig, sich auf das genderte externe
Umfeld einzustellen und die sektorale Diversifi-
kation ihrer Volkswirtschaften voranzutreiben.
Dazu zhlt vor allem das Schaffen gnstigerer
Rahmenbedingungen fr die Entfaltung des
Verarbeitenden Gewerbes, dem im Rahmen von
Konvergenzprozessen eine entscheidende Be-
deutung zukommen drfte. Die Bereitschaft der
betroffenen Lnder zu entsprechenden Ma-
nahmen scheint bislang noch eher gering zu
sein. In Russland hatte es in den letzten Jahren
zwar erste begrenswerte Schritte in diese
Richtung gegeben, die mit dem WTO-Beitritt im
Jahr 2012 gipfelten. Durch die jngsten poli-
tischen Ereignisse im Zusammenhang mit derUkraine wurden die damit verbundenen Fort-
schritte jedoch erheblich zurckgeworfen.
Die Wirtschaftspolitik in den Schwellenlndern
ist angesichts des umfassenden Reformbedarfs
vor groe Herausforderungen gestellt. Eine Sti-
mulierung der gesamtwirtschaftlichen Nach-
frage durch eine expansivere Fiskal- oder Geld-
politik, wie sie vermeintlich als der einfachere
Weg erscheinen mag, wre dagegen in den
meisten Fllen das falsche Rezept. Solche Ma-
nahmen wrden angesichts der strukturell an-
gelegten Verlangsamung nicht die zugrunde
liegenden Probleme lsen. Sie knnten in
einigen Lndern auerdem die bereits vorhan-
denen internen Ungleichgewichte verschrfen
und damit die Gefahr von Rckschlgen im Auf-
holprozess erhhen.
In Rohstoff-exportlndernsektoraleDiversifikationgeboten
ExpansivereFiskal- und Geld-politik keineAlternative zuStrukturreformen
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