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Wandel der Sozialstruktur eines Vereins

im Oldenburger Münsterland:

Der Schützenverein Lohne

im 19. und 20. Jahrhundert

Facharbeit

im Seminarfach Erinnerungsorte im Oldenburger

Münsterland

vorgelegt von

Tim Julian Dorniak

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Gymnasium Lohne Schuljahr 2015/2016

An der Kirchenziegelei

49393 Lohne

Fach: SF: Erinnerungsorte im Oldenburger Münsterland

Kursnummer: sf273

Verfasser: Tim Julian Dorniak

Fachlehrer: PD Dr. Michael Hirschfeld

Ausgabetermin des Themas: 01.02.2016

Abgabetermin der Arbeit: 14.03.2016

_____________________________

Verfasser

Bewertung: 13 Punkte PD Dr. Michael Hirschfeld

Fachlehrer

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Inhaltsverzeichnis

Seite

1 Vorwort ............................................................................................. 1

2 Geschichte des Schützenwesens im Allgemeinen ............................. 2

3 Entwicklung der Sozialstruktur im Lohner Schützenwesen.............. 3

3.1 Schützengesellschaft und Volksschützenverein im Vergleich .. 3

3.2 Zusammenschluss ...................................................................... 9

3.3 Schützenverein Lohne in der NS-Zeit ..................................... 11

3.4 Sozialstruktur in den Nachkriegsjahren bis heute ................... 13

4 Fazit ................................................................................................. 15

5 Danksagung ..................................................................................... 16

6 Anhang ............................................................................................ 17

7 Literaturverzeichnis ......................................................................... 20

Schülererklärung ................................................................................... 21

Einverständniserklärung ........................................................................ 22

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Vorwort 1

1 Vorwort

„Was für den Rheinländer der Karneval ist, für den Bayern das

Oktoberfest, ist für den Niedersachsen das Schützenfest.“1

Dieses Zitat beschreibt unter anderem sehr deutlich, welche Bedeutung

das Schützenwesen und das dazugehörige Schützenfest für die

Niedersachsen haben.

Die Schützenvereine im Oldenburger Münsterland sind ein elementarer

Bestandteil der deutschen Vereinskultur. Sie können aufgrund ihrer

langen Tradition und Brauchtumspflege als „Erinnerungsorte“ definiert

werden. Daher wurde das Schützenwesen 2015 in das immaterielle

UNESCO Weltkulturerbe aufgenommen und zugleich als ein Teil

deutscher Geschichte gewürdigt2.

Gerade in Vereinen spielen die Menschen eine wichtige Rolle. So gilt es

nun zu erforschen, welche Personen und Gruppen das Schützenwesen im

Oldenburger Münsterland, insbesondere in Lohne, geprägt haben. Dies

kann durchaus schon beim einfachen Schützen anfangen, welcher mit

seinem Engagement das Schützenwesen fortführt und seinen Bestand

sichert.

Überaus wichtig könnte aber auch eine Betrachtung der Schützenkönige

im Wandel der Zeit sein, die während ihrer Amtszeit gemeinsam mit

ihrem Thron das Schützenfest und somit auch den gesamten

Schützenverein individuell und nachhaltig prägen. Folgende

Fragestellungen müssen also anhand von Protokollbüchern,

Aufzeichnungen, Zeitungsartikeln sowie Chroniken und Bilddokumenten

beantwortet werden.

Welche Bevölkerungsgruppen waren im Lohner Schützenverein aktiv?

Wie hat sich die Sozialstruktur im Lohner Schützenverein im Laufe der

Zeit gewandelt? Wie haben individuelle Personen den Verein verändert?

1 von Pfeil, Sigurd. Schriften zur niederdeutschen Volkskunde (Bd.7) –

Schützenwesen und Schützenfeste in Niedersachsen Göttingen: Verlag Otto

Schwartz & Co., 1975 S. 3 2 Quelle: https://www.unesco.de/kultur/immaterielles-kulturerbe/bundesweites-

verzeichnis/eintrag/schuetzenwesen-in-deutschland.html

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Geschichte des Schützenwesens im Allgemeinen 2

Nahmen historische Epochen, wie Kaiserreich, Weimarer Republik und

NS-Zeit, Einfluss auf die sozialstrukturelle Entwicklung?

2 Geschichte des Schützenwesens im Allgemeinen

Die Ursprünge des Schützenwesens reichen bis in das frühe Mittelalter

zurück. Mit der Entwicklung des Städtewesens organisierten sich die

Bürger nicht nur in Handwerks- und Handelsgilden, sondern schlossen

sich auch zusammen, um Stadt und Gemeinde gegen vielerlei

Bedrohungen zu verteidigen. So galt es immer wieder, die Städte und

Gemeinden vor möglichen Überfällen und Plünderungen zu schützen.

Der Zusammenschluss der Bürger erfolgte durch Gründung von

Schützengesellschaften, Schützengilden, Schützenbruderschaften oder

späteren Schützenvereinen.3

Die allen Vereinsformen vorangestellte Wortsilbe „Schützen“ bedeutete

im mittelalterlichen Sprachgebrauch nicht „schützen“ im Sinne von

behüten oder beschützen, sondern „schießen“.

Die Wahl der Vereinsform als Gilde oder Bruderschaft hing im

Wesentlichen von dem örtlichen Verhältnis der Bürger zu ihren

städtischen oder kirchlichen Herren ab.

Die Schützengemeinschaften bildeten besonders in den Städten

schlagkräftige Bürgerwehren. Die Wehrfähigkeit der Einwohnerschaft,

zunächst mit Bogen und Armbrust, später dann mit moderneren

Feuerwaffen, wurde vielfach gefördert und führte zu Privilegien aller Art,

die zum Teil noch bis in das späte 19. Jahrhundert Bestand hatten.

In Südoldenburg gibt es zwei typische Beispiele für eine frühe Gründung

von Schützenbruderschaften bzw. Schützengesellschaften im 14./15.

Jahrhundert: Friesoythe und Wildeshausen. In Wildeshausen lag der

Ursprung im religiösen Gemeinschaftsleben der „Bruderschaft der

10.000 Ritter oder Märtyrer“ und in der schon seit etwa 1500 n.Chr.

bestehenden Leichnamsbruderschaft. Zu einem anderen Zweck, bildetete

3 Krapp, Burkhard, Meyer Walter, Sieverding Bernd , Rießelmann Otmar , Rohe

Herbert , Wilke Andre . 2008 . Festschrift 400 Jahre Schützenverein Lohne e.V. v. 1608

. Herausgeber: Schützenverein Lohne v. 1608 e.V. Lohne (Oldb) ., S.21

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Entwicklung der Sozialstruktur im Lohner Schützenwesen 3

sich im Jahr 1337 die Schützengilde Friesoythe. Sie diente laut eigener

Aussage der Stadtverteidigung. 4

Weitere Schützengesellschaftsgründungen in der Region Oldenburg sind

für das späte 16. Jahrhundert und für den Anfang des 17. Jahrhunderts zu

benennen, etwa in Cloppenburg 1585 und in Lohne 1608. Die beiden

Vereine bestehen noch heute und führen die Traditions- und

Brauchtumspflege weiter fort.

Im folgenden Kapitel wird es besonders um die Menschen des Lohner

Vereins am Ende des 19. Jahrhunderts und im 20 Jahrhundert gehen.

3 Entwicklung der Sozialstruktur im Lohner

Schützenwesen

3.1 Schützengesellschaft und Volksschützenverein im

Vergleich

Als Gründungdatum der Lohner Schützengesellschaft nahm man das Jahr

1836 an. Im Jahr 1978 konnte jedoch nachgewiesen werden, dass das

Schützenwesen in Lohne schon viel früher entstanden ist, nämlich im

Jahre 1608.5

Als Gründungsjahr des Volkschützenvereins Lohne kann das Jahr 1902

benannt werden.

Jetzt gilt es herauszustellen, welche Unterschiede, z.B. bei

vereinsinternen Abläufen oder Bräuchen, und welche Hinweise auf die

Sozialstruktur und etwaige Verschiedenheiten dieser es in beiden

Vereinigungen gab.

Es zeigt sich, dass es Unterschiede bei der Historie der Schützenfeste in

der Schützengesellschaft sowie im Volkschützenverein gab. Ungeklärt ist

es, ob Schützenfeste in der Zeit von 1816 bis 1840 jährlich stattgefunden

haben. Schriftliche Aufzeichnungen sind für diesen Zeitraum nicht

vorhanden. Ob es auch bereits seit der Gründung der

Schützengesellschaft jährlich einen Schützenkönig gab, ist ebenfalls

4 Quelle: https://www.friesoythe.de/unsere-stadt/geschichte/chronik/

5 Ebd. S.43; Protokollnachweis Burgmannen von Vechta

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unklar. Allerdings ist durch einen Orden an der Königskette (Abb.1)

nachzuweisen, dass Theodor Gieske aus Lohne im Jahr 1840 der erste

heute bekannte Schützenkönig war. Das älteste vorhandene Protokoll

stammt aus dem Jahr 1868 jedoch wurden erst ab 1887 regelmäßig

Protokolle geführt. Es lässt sich anhand der alten Königskette (Abb.2)

nachweisen, dass ab dem Jahre 1840 jährlich Schützenfeste in Lohne

stattfanden. Jedoch gab es in den Jahren 1870/1871, während des

Deutsch-Französischen Krieges kein Fest. Auch während des Ersten

Weltkrieges von 1914 bis 1918, gleichermaßen während des Zweiten

Weltkrieges und der Besatzungszeit von 1940 bis 1949, fand kein

Schützenfest in Lohne statt.6

Zum Ablauf des Schützenfestes der Lohner Schützengesellschaft vor

1868 ist nichts Genaueres zu sagen; es ist außerdem nicht bekannt,

welche Personen oder Gruppen vor 1868 beteiligt waren. Das

Schützenkomitee von 1868 beschloss die Aufhebung der alten

Vereinssatzung (siehe Anhang). Daraufhin hatte die Schützengesellschaft

einen Vorstand, der aus folgenden Personen bestand: dem Oberst mit

Platzkommandanten und Adjutanten, Tambour-Major, Kassierer,

Schriftführer und außerdem Fähnriche mit Fahnenjunker. Über die

Schützenuniform ist in den Statuten soweit nichts vermerkt, es heißt

jedoch: „Jeder Schütze soll nach militärischer Vorschrift erscheinen und

den Anordnungen seiner Vorgesetzten unbedingt Folge leisten.“ 7

Ein wichtiger Aspekt ist, dass die Lohner Bevölkerung am Schützenfest

teilhaben durfte, es war also schon damals teilweise ein „Volksfest“.

Jedoch hatte die Schützengesellschaft nachweislich der vorhandenen

Mitgliederlisten durchgängig zwischen 136 und 160 feste Mitglieder. Der

Gesichtspunkt, dass es Gastschützen aus dem Kreise der Einwohner gab,

die nur auf Empfehlung eines Mitglieds mit ausmarschieren durften, lässt

6 Protokolle des Schützenvereins Lohne e.V. v. 1608

7 Krapp, Burkhard, Meyer Walter,Sieverding Bernd , Rießelmann Otmar, Rohe Herbert,

Wilke Andre. 2008 . Festschrift 400 Jahre

Schützenverein Lohne e.V. v. 1608 . Herausgeber: Schützenverein Lohne v. 1608 e.V.

Lohne (Oldb), S.75

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erahnen, dass nicht jeder die Möglichkeit hatte, am Schützenfest

teilzunehmen bzw. Mitglied in der Schützengesellschaft zu werden.

Dies kommentierte auch die Vechtaer Zeitung durchaus kritisch, wie der

folgende Artikel aus der Ausgabe vom 23. Juli 1892 zeigt:

„Die Tage des Schützenfestes sind vorüber. Sie haben gewiss bei

manchem einen angenehmen bzw. unangenehmen Eindruck hinterlassen.

Namentlich in Beziehung auf das Portemonnaie wird der unangenehme

Eindruck bei vielen nicht ausgeblieben sein, da in Lohne bekanntlich

alles „flott“ ist. Auch ein Karussell und eine Schießbude fehlten nicht.

Obgleich die Beteiligung der Ortsbewohner eine rege genannt werden

kann, so ist die Beteiligung der zu Lohne gehörenden Bauernschaften

gleich Null. Der Grund hierfür dürfte sein, dass das hiesige Schützenfest

sowohl Fest für die Honoratioren, aber kein eigentliches Volksfest ist

bzw. nicht volkstümlich genug gehalten wird. Würde das Fest mit etwas

weniger Aufwand respektive Ausgaben gefeiert, so wäre die Beteiligung

sicher eine Allgemeinere, was zu wünschen wäre.“8

Die Vechtaer Zeitung kritisiert vor allem, dass das Schützenfest zu teuer

sei und zudem nicht zugänglich für die zum großen Teil auf dem Land

lebende Bevölkerung. Am Lohner Schützenfest beteiligen sich Ende des

19. Jahrhunderts hauptsächlich Bürger aus dem Ort Lohne. Im Jahr 1894

lebten im Lohner Ortskern etwa 1.300 Einwohner im gesamten Ort

waren, es etwa 4.500. Der größte Teil der Bevölkerung lebte jedoch in

den Bauernschaften. Dadurch, dass in Lohne die Industrialisierung schon

relativ früh eingesetzt hatte, gab es zahlreiche Handwerks- und

Kaufmannsfamilien, die sicherlich relativ wohlhabend waren. Es gab

etwa 30 größere Fabriken, jedoch ist zu nennen, dass die

Tabakverarbeitung und Zigarettenproduktion eine sehr große Rolle

spielten. Hinzu kamen etwa 100 Handwerksbetriebe in Lohne. Diese

Kaufleute oder Handwerker standen finanziell meist deutlich besser da

8 Vechtaer Zeitung vom 23. Juli 1892

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als die zahlreichen Heuerleute in den Lohner Bauernschaften. 9 Es kann

nun auch die Kritik der Vechtaer Zeitung vom 23. Juli 1892 bestätigt

werden. Angehörige der Schützengesellschaft seien abgesehen von

wenigen Ausnahmen nur Fabrikanten, Kaufleute, Handwerker und

Großbauern. Die „unteren“ weniger wohlhabenden

Bevölkerungsschichten wie Heuerleute, Arbeiter und Dienstboten

beschränkten sich hauptsächlich, wenn überhaupt, auf die Rolle der

Zuschauer und Besucher des Festplatzes. Letzteres war aber aufgrund

von relativ hohen Preisen eher nicht der Fall.

Ab 1902 gab es zu der schon bestehenden Schützengesellschaft den

Lohner Volksschützenverein.

Die Hauptinitiatoren der Vereinsgründung waren der spätere Lohner

Bürgermeister Clemens Schürmann, Heinrich Schürmann, Bernhard

Buschmann und diverse andere Bürger.10

Es ist unklar, an welchem

genauen Datum der Verein gegründet wurde, außerdem liegen aus den

ersten Jahren weder ein Gründungsprotokoll noch andere

Aufzeichnungen vor. Die Reaktionen der traditionsreichen Lohner

Schützengesellschaft waren eher negativ, der zweite Verein wurde als

Konkurrenz angesehen. Hinzu kam, dass auch noch zu diesem Zeitpunkt

durchaus einige Mitglieder die Meinung vertraten, dass die Zugehörigkeit

zu einem Schützenverein nur dem Lohner Bürgertum vorbehalten sei. Zu

besagtem Bürgertum gehörten u.a. Kaufleute, Fabrikanten und Bauern;

Arbeiter, Heuerleute und andere Bedienstete hatten nach ihrer Ansicht im

Schützenwesen nichts zu suchen.11

Diese Meinung einiger Mitglieder

wird in der Oldenburgischen Volkszeitung vom 12. Juli 1902 deutlich:

9 Sieve, Bernhard „Vor 100 Jahren gegründet“ in Laon-Lohne 2002, S.22f

10 Lohne, Schützenverein, Hrsg. 1961. Festschrift 125 Jahre Schützenverein Lohne.

Lohne (Oldb)., S.18

11

Krapp, Burkhard, Meyer Walter, Bernd Sieverding , Rießelmann Otmar, Rohe

Herbert, Wilke Andre. 2008 . Festschrift 400 Jahre

Schützenverein Lohne e.V. v. 1608 . Herausgeber: Schützenverein Lohne v. 1608 e.V.

Lohne (Oldb), S.86f

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„Vom schönsten Wetter begünstigt wurde hier am Sonntag und Montag

das vielbesprochene und, wie man sagt, „bekämpfte“ Volksschützenfest

gefeiert ...“12

Der Lohner Bernhard Sieve kommt zu dem Ergebnis, dass das Ziel der

Initiatoren um Clemens Schürmann, Heinrich Schürmann und Bernhard

Buschmann war, allen Ständen, egal ob arm oder reich, die

Mitgliedschaft in einem Schützenverein zu ermöglichen.13

Jedoch geht er

auch davon aus, dass die Mehrheit der Mitglieder der

Schützengesellschaft diese oben beschriebene sehr verschlossene

Meinung nicht vertrat. Es lässt sich feststellen, dass es in Lohne mit

Sicherheit keinen Klassenkampf gegeben hat. Im Gegensatz zu den

großen Industriestädten, in denen dies oft der Fall war. Das Verhältnis

zwischen Arbeitern und Arbeitgebern sei in Lohne schon immer relativ

positiv gewesen.14

Für die Gründung des Volksschützenvereins sei auch

die seit 1850 fortschreitende politische Trennung der Bürger des

Ortskernes von den umliegenden Bauernschaften mitursächlich.

Zur Strukturierung und Organisation des Volksschützenvereins kann

festgestellt werden, dass der neu gegründete Schützenverein bei weitem

nicht so gut strukturiert war wie die schon lange bestehende

Schützengesellschaft Lohne. So ist zum Beispiel kein

Gründungsprotokoll vorhanden, ferner fehlen sämtliche Aufzeichnungen

aus den ersten Vereinsjahren. Zum Ablauf des Schützenfestes ist im

Vergleich zum sog. Bürgerschützenfest der Lohner Schützengesellschaft

kein Unterschied zu erkennen. Es wurde in einem Festzug

kompanieweise und geordnet marschiert. Wie viele Kompanien es

damals gab und welche Namen sie trugen, ist nicht bekannt. Der

Festmarsch wurde von Berittenen, Oberst, Platzkommandant und

12 Oldenburgische Volkszeitung (OV) vom 12. Juli 1902

13 Sieve, Bernhard „Vor 100 Jahren gegründet“ in Laon-Lohne 2002, S.23f

14

Krapp, Burkhard, Meyer Walter, Bernd Sieverding , Rießelmann Otmar, Rohe

Herbert, Wilke Andre. 2008 . Festschrift 400 Jahre

Schützenverein Lohne e.V. v. 1608 . Herausgeber: Schützenverein Lohne v. 1608 e.V.

Lohne (Oldb), S.87

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Entwicklung der Sozialstruktur im Lohner Schützenwesen 8

Adjutant sowie Tambourmajor und Musikkapelle angeführt, die Schützen

trugen Schützenhut und Gewehr. Es wurde nur auf einen Königsthron mit

dem damit verbundenen „Glanz“ verzichtet.15

Über das erste Schützenfest 1902 ist bekannt, dass der neue Vorstand

vergessen hatte, die Veranstaltung ordnungsgemäß anzumelden. Der

Karussellbetreiber Wegener aus Quakenbrück und der Lohner Franz

Wilke, der die „Kuchenbude“ gepachtet hatte, hatten keine Betriebs- oder

Verkaufserlaubnis.16

Anhand dieser am Anfang doch relativ

unorganisierten Vereinsstruktur und am Beispiel der Organisation des

ersten Schützenfestes lässt sich ein Unterschied zur Schützengesellschaft

feststellen.

Auch der Vergleich der Königsketten beider Schützenorganisationen

ermöglicht einen Überblick über die Sozialstruktur. So findet man an der

Königskette der Schützengesellschaft sehr prunkvolle und aufwändig

verarbeitete Königsorden. Die Orden des Volksschützenvereins sind

deutlich einfacher gestaltet. (Abb. 3) Dies kann unter anderem als

Ursache haben, dass der später gegründete Volksschützenverein wie oben

genannt, auch aus vielen „einfachen“ Bürgern bestand, die ein eher

bodenständigeres Schützenwesen in Lohne aufbauen wollten.

Unterschiede beider Vereine kann man auch anhand der

Ausmarschzahlen erkennen. (Abb. 4). Die Beteiligung im

Volksschützenverein lag deutlich höher. Dies liegt auch daran, dass

immer mehr Bürger aus allen Bevölkerungsschichten diesem beitraten.

Eine weitere Besonderheit ist außerdem, dass der erste Vorsitzende des

Vereins bis zum Jahre 1907 Clemens Schürmann war. Der spätere

Bürgermeister der Stadt Lohne war zugleich auch Mitglied der Lohner

Schützengesellschaft. Dies war jedoch nicht unüblich, da es mehrere

Lohner gab, die in beiden Vereinigungen aktiv waren. So errang z.B.

15 Ebd. S.88

16 Lohne, Schützenverein, Hrsg. 1961. Festschrift 125 Jahre Schützenverein Lohne.

Lohne (Oldb)., S.18

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Entwicklung der Sozialstruktur im Lohner Schützenwesen 9

Aloys Willen 1926 in der Schützengesellschaft die Königswürde und im

Jahr 1932 beim Volksschützenfest den Königspreis. 17

3.2 Zusammenschluss

Eine weitere Besonderheit bei der Betrachtung des Schützenwesens in

Lohne ist außerdem, dass es im Laufe der Zeit nicht bei der Spaltung in

zwei verschiedene Vereine blieb. So gab es schon im Jahr 1902 Stimmen,

die sich einen gemeinsamen Schützenverein in Lohne wünschten. Nach

dem ersten Schützenfest des Volksschützenvereins im Juli 1902 erschien

am 17. Juli 1902 folgender Artikel in der Oldenburgischen Volkszeitung:

„Es wird gewiss der Wunsch aller sein, dass im nächsten Jahre ein

Schützenfest und zwar ein Volksfest gefeiert wird, an dem alle Stände

gemeinsam teilnehmen. Hoffentlich reichen sich die Parteien

freundschaftlich die Hand, damit wird dann der Friede gewahrt und

jeglicher Erbitterung der Boden entzogen. Unser Bestreben geht nun

dahin, diese beiden Schützenfeste im nächsten Jahre zu vereinigen,

welches auch gelingen wird, da fast alle Bürger dafür sind und zweifellos

einig vorgehen werden.“18

Dieser Artikel zeigt nochmal sehr deutlich, dass es viele Stimmen gab,

die die Standesunterschiede in der Lohner Gesellschaft und im Lohner

Schützenwesen beseitigen wollten. Jedoch kam es erst im Jahre 1933 zu

einer Annäherung. In den Protokollen vor 1932 ist hinsichtlich einer

Annäherung relativ wenig zu erkennen. Jedoch ist festzustellen, dass der

Schützenplatz dem Volksschützenverein ab 1919 zur Verfügung gestellt

wurde. Ebenfalls hat der Volksschützenverein im Jahr 1929 der

Schützengesellschaft seine Kleinkalibergewehre für das Königs- und

Preisschießen, ausgeliehen. Die Schützen der Schützengesellschaft und

des Volksschützenvereins marschierten 1933 erstmalig gemeinsam aus.

An diesem sogenannten Ausmarsch auf Probe nahmen schätzungsweise

etwa 400 Schützen teil. Auf dem ersten gemeinsamen Schützenfest

wurde auch der Brauch der Schützengesellschaft übernommen und ein

17 Ebd. S. 27

18 Oldenburgische Volkszeitung (OV) vom 17. Juli 1902

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Schützenkönig proklamiert. Bernhard Bunte aus Lohne wurde mit Lissy

Heseding als Königin im Jahr 1933 Schützenkönig. Am 6. Mai 1934

wurde schließlich eine Generalversammlung einberufen, auf der offiziell

der Zusammenschluss beider Vereine abgewickelt wurde. Der

Vorsitzende der Lohner Schützengesellschaft, Anton Engelmann, ein

Lohner Tabakfabrikant, stellte auf der Versammlung fest, dass die beiden

Vereine aufgelöst seien und die Gründung eines gemeinsamen Vereines

erfolge.19

Der Name des „Schützenvereins für Alle“, so der Wortlaut in der

Bevölkerung, sollte „Lohner Schützenverein“ sein. Nach der ersten Wahl

des neuen Vereins ergab sich folgender Vorstand: Leonhard Niehaus,

August Hane, Josef Burhorst, Alwin Hinners, Gottfried Hodes als

Kassierer und Hermann Zumbrägel als Schriftführer. Inwiefern die

Machtübernahme der Nationalsozialisten in Deutschland und spezielle

Personen, einen Einfluss auf die Abläufe im Lohner Schützenwesen und

den Zusammenschluss beider Vereine nahm, wird im nächsten Kapitel

erläutert. Der bis dato

Vorsitzende des

Volksschützenvereins,

Anton Engelmann, wurde

zum Ehrenvorsitzenden

des neu gegründeten

Vereins gewählt.

20

Das erste Schützenfest des nun neu gegründeten Vereins fand im Jahr

1934 statt. Auf nebenstehendem Bild sieht man das erste gemeinsame

Antreten aller Schützen in Lohne. Im Vordergrund dieser Fotografie

erkennt man den Fahnenzug. Vorne Links ist die Musikkapelle zu

erkennen, im Zentrum befindet sich der berittene Stab des

Schützenvereins. Im Hintergrund des Fotos sieht man die Lohner Kirche

19 Lohne, Schützenverein, Hrsg. 1961. Festschrift 125 Jahre Schützenverein Lohne.

Lohne (Oldb)., S.29 20

Ausmarsch 1934 Quelle: Schützenverein Lohne e.V. v. 1608

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Entwicklung der Sozialstruktur im Lohner Schützenwesen 11

St. Gertrud, der Platz, auf dem die Schützen antreten, ist der Platz an der

Gertrudenschule. Von dort aus marschierten die Schützen, die nunmehr

in Kompanien eingeteilt waren, die nach Ort bzw. Straße geordnet waren.

Vor dem Zusammenschluss waren die Kompanien, jeweils nach den

Berufsgruppen eingeteilt. Es wurde also eine soziale Einteilung nach dem

Stand in der Gesellschaft vorgenommen. Dies konnte aber durch die

neuen Vereinsziele, allen Gesellschaftsschichten in Lohne eine Chance

zu geben, am Schützenwesen teilzunehmen, geändert werden. 21

3.3 Schützenverein Lohne in der NS-Zeit

Die Herrschaft der Nationalsozialisten begann im ehemaligen Land

Oldenburg bereits nach den Landtagswahlen vom 29. Mai 1932. Dies

geschah also schon vor der Machtübernahme im Reich, am 31. Januar

1933. Bei den Reichstagswahlen vom 05.03.1933 erhielt die NSDAP im

Bereich der Stadt Lohne nur 7,26 % der Stimmen. Von der NSDAP

angesetzte Veranstaltungen trafen in Lohne nicht auf Begeisterung und

blieben laut Zeitzeugenberichten jahrelang unbesucht. Mit einer

Verordnung vom 9. März 1933 wurde der Lohner Bürgermeister

Schürmann, einer der Hauptinitiatoren der Gründung des

Volksschützenvereins Lohne, von seinem Amt enthoben. Nach einigen

kommissarischen Beamten wurde der gebürtige Cloppenburger, und im

vorherigen Kapitel genannte Leonhard Niehaus als Bürgermeister der

Stadt Lohne eingesetzt.

Es lässt sich feststellen, dass sowohl der Zusammenschluss beider

Vereine als auch die Besetzung des „Vereinsführerpostens“ mit L.

Niehaus auf Druck der Nationalsozialisten durchgeführt wurde.

Standesunterschiede in der Gesellschaft waren nach der propagierten

Ideologie der Nationalsozialisten nicht vorgesehen. So war das

Schützenwesen in den Kommunen entweder aufzulösen oder, wie es in

Lohne der Fall war zu einer „kontrollierbaren“ Vereinigung

21

Ebd. S.29

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Entwicklung der Sozialstruktur im Lohner Schützenwesen 12

zusammenzuschließen. 22

Nun stellt sich selbstverständlich die Frage, ob

die damaligen Schützen nichts gegen die, von den Nationalsozialsten

durchgeführten Wechsel im Lohner Schützenwesen unternommen haben.

Dies wird auch in der Festschrift des Lohner Schützenvereins e.V. v.

1608 aus dem Jahr 2008 deutlich:

„Der Abschluss des Reichskonkordats im Jahre 1933 erweckte nach den

Aussagen von Zeitzeugen in den katholischen Bevölkerungskreisen den

Eindruck, Hitler wolle dem deutschen Volke wahrhaft dienen.“23

Dieses Zitat lässt aus heutiger Sicht selbstverständlich Unverständnis

aufkommen. Es muss jedoch dazu gesagt werden, dass sich gerade die

Bürger in Lohne und Südoldenburg, zwar erst zu einem späteren

Zeitpunkt gewehrt haben, aber dass sie relativ früh erkannt haben, dass

Hitler die Menschenrechte mit Füßen trat.

Als nach dem Zusammenschluss beider Vereine der neue Schützenverein

Lohne weiter von den Nationalsozialisten umstrukturiert werden sollte,

begannen die Schützen, sich zu wehren. Zu diesen

Strukturveränderungen zählten z.B. der Beitritt in den Deutschen

Schützenverband, der ab 1937 im Deutschen Sportbund für

Leibesübungen aufging sowie die Übersendung neuer Vereinssatzungen.

Aus einer Urkunde (Abb.5) lässt sich erkennen, dass der alte

Vereinsführer durch einen neuen ersetzt wurde. Franz Beckmann wurde

zum neuen Leiter des Schützenvereins berufen, da Leonhard Niehaus die

Vorgaben der NSDAP nicht erfüllte. Er hatte es nicht geschafft, den

Vorstand mit mindestens 51% Mitgliedern der NSDAP zu besetzen.

Mehrere Lohner Persönlichkeiten hatten sich öffentlich gegen die

Nationalsozialisten geäußert, darunter August Hane, Josef Burhorst,

Alwin Hinners und Hermann Zumbrägel.

22 Krapp, Burkhard, Meyer Walter, Bernd Sieverding , Rießelmann Otmar, Rohe

Herbert, Wilke Andre. 2008 . Festschrift 400 Jahre

Schützenverein Lohne e.V. v. 1608 . Herausgeber: Schützenverein Lohne v. 1608 e.V.

Lohne (Oldb) ., S.117

23

Ebd. S.118, (Z. 7-10)

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Entwicklung der Sozialstruktur im Lohner Schützenwesen 13

Dieser Widerstand lässt sich auch daran belegen, dass einige

Vorstandsmitglieder des Schützenvereins auch unter der Drohung, dass

der Schützenverein durch die Gestapo aufgelöst wird, die neuen

Satzungen nicht angenommen haben. Das Schützenfest am 20. und 21.

Juni 1937 konnte nur mit einer Sondergenehmigung stattfinden.

Nachdem oben genannte Satzungen im September 1937 immer noch

nicht unterschrieben waren, wurde dem Schützenverein Lohne die

Ausführung seiner Tätigkeiten verboten.

Zu einem späteren Zeitpunkt und nach Wechsel des Vorstandes wurden

diese Satzungen dennoch unterschrieben. Dies sollte vermutlich eine

endgültige Auflösung des Schützenwesens in Lohne verhindern. Das

letzte Schützenfest in Lohne fand im Jahr 1939 statt. Erst nach dem

Zweiten Weltkrieg fanden in Lohne wieder regelmäßig Schützenfeste

statt.

3.4 Sozialstruktur in den Nachkriegsjahren bis heute

Hinsichtlich der Sozialstruktur in den frühen Jahren der jungen

Bundesrepublik bis heute sind große Unterschiede z.B. im Vergleich zum

Ende des 18. Jahrhunderts bis Anfang des 19. Jahrhunderts zu erkennen.

Das Schützenwesen in Lohne wurde nach dem Zweiten Weltkrieg mit

der Generalversammlung des Schützenvereins, am 15.03.1950 wieder

neu belebt. Der im Zuge der Herrschaft der Nationalsozialisten aus dem

Vorstand ausgeschlossene Lohner Franz Beckmann wurde auf oben

genannter Generalversammlung einstimmig zum Ersten Vorsitzenden des

Schützenvereins gewählt.

Das erste Schützenfest nachdem Zweiten Weltkrieg fand am 16. und 17.

Juli 1950 statt. Dort marschierten ca. 600 Schützen aus. Auch die

allgemeine Bevölkerung habe sich rege am Schützenfest beteiligt.24

An diesem Schützenfest, des gemeinsamen Schützenvereins nahmen

Menschen aus allen Bevölkerungsschichten teil. Auch die Menschen aus

den Bauernschaften konnten nun am Schützenfest teilnehmen, es wurde

im Laufe der Zeit immer mehr zu einem Volksfest. Dies soll wiederum

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Entwicklung der Sozialstruktur im Lohner Schützenwesen 14

nicht bedeuten, dass es in der Nachkriegszeit zu einer rein kommerziellen

Veranstaltung geworden ist. Auch Traditionen und Bräuche wurden

übernommen, jedoch wurden keine echten Gewehre mehr zum

Ausmarsch getragen. 25

Eine Besonderheit ist außerdem, dass der König von 1939 und der

gesamte Thron von 1939 im Krieg gefallen ist. Statt dem gefallenen

König Paul Zumbrägel marschierte der Lohner Franz-Josef Buschmann

als letzter Kinderschützenkönig vor dem 2. WK, nun als richtiger König

aus.

Vom letzten Thron vor dem 2. WK ist heute nur noch eine Fotografie

vorhanden. Dort sieht man den Thron beim „Frühschoppen“ bei der

Gaststätte Schomaker am Dümmer. (Abb.6) In den späteren Jahren

prägten verschiedenste Menschen den Schützenverein in Lohne und das

Schützenwesen allgemein.

Dies war z.B. der Lohner Aloys Diekstall. Der Diplom-Kaufmann und

Steuerbevollmächtigte wurde in der Generalversammlung vom

05.12.1958 im Alter von 46 Jahren zum Präsidenten des Schützenvereins

Lohne gewählt.26

Viele Erneuerungen, die den Schützenverein und den Ablauf des

Schützenfestes bis heute prägen, sind auf Aloys Diekstall

zurückzuführen. Eine genaue Auflistung, auf der auch die Maßnahmen

zur „Öffnung“ des Vereins nach außen deutlich werden, ist im Anhang

dieser Arbeit zu finden. Diese Maßnahmen haben entscheidend zu der

Entwicklung des Schützenvereins im späten 20. Jahrhundert beigetragen.

Heute versteht sich der Schützenverein Lohne e.V. v. 1608 als ein

offener Verein, der sich dem Allgemeinwohl widmet. Außerdem ist es

für die Schützen elementar sich für Kranke, Schwache und Bedürftige

einzusetzen. Fester Bestandteil des Lohner Schützenfestes ist seit dem

Jahr 1996 die Teilnahme der Integrationsgruppe Lohne.

24

Ebd. S. 133 25

Lohne, Schützenverein, Hrsg. 1961. Festschrift 125 Jahre Schützenverein Lohne.

Lohne (Oldb)., S.39 26

Vgl. Protokoll Generalversammlung vom 5.12.1958

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Fazit 15

Dies hebt nochmal hervor, welchen Stellenwert gerade in allen Formen

bedürftige Menschen haben. Mit der Teilnahme der Integrationsgruppe

Lohne bietet man Menschen mit Behinderungen die Chance aktiv am

Schützenleben teilzunehmen und dieses auch zu prägen. Ein weiteres

Beispiel für den Einsatz der Lohner Schützen ist die „Eieraktion“ der

Kompanie „Rießeler Jäger“ oder Benefizveranstaltungen der jeweiligen

Königsthrone.

Die Entwicklung der Sozialstruktur im Lohner Schützenverein ist ein

stetiger, immer fortlaufender Prozess. Heute kann man feststellen, dass

die Hürden, die es z.B. damals in der Schützengesellschaft gab, am

Schützenleben teilzuhaben, heute nicht mehr vorherrschen.

4 Fazit

Insgesamt lässt sich sagen, dass es eine rasante sozialstrukturelle

Entwicklung des Schützenwesens in Lohne gab. Gerade im 20.

Jahrhundert gab es viele Ereignisse, die eine große Rolle spielten. Auch

konnten Personen benannt werden, die dafür verantwortlich waren, dass

sich die Sozialstruktur verändern konnte bzw. auch verändert hat. Im

Laufe der Zeit waren verschiedenste Bevölkerungsgruppen im Lohner

Schützenverein aktiv.

Es konnte festgestellt werden, dass es früher nur wohlhabendere Lohner

Bürger waren, die am Schützenwesen beteiligt wurden. Durch die

Gründung des Volksschützenvereins in Lohne ebnete man erstmals

Menschen aus dem Umland und gerade den „durchschnittlichen“

Bürgern den Weg in das Schützenwesen. Dieser Versuch einen

„Schützenverein für alle“ zu etablieren, stieß auf großen Zuspruch in der

Allgemeinheit.

Dennoch nahmen auch historische Epochen ihren Einfluss auf das

Schützenwesen in Lohne. Wegen des Ersten Weltkrieges konnte z.B.

kein Schützenfest stattfinden. Die wichtigste Epoche ist in diesem

Zusammenhang wohl die NS-Zeit, es konnte herausgestellt werden, dass

die Nationalsozialisten die Vereinsstruktur im Schützenverein Lohne

verändern wollten. Dies ist ihnen anfangs nicht gelungen, da der Protest

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Danksagung 16

bzw. der passive Widerstand der katholisch geprägten Lohner

Schützengemeinde zu groß war. Dennoch konnte durch eine

Hinhaltetaktik der Einfluss der Nationalsozialisten auf die Abläufe des

Schützenfestes und des Vereinslebens nicht verhindert werden.

Auch die Wiederbelebung des Schützenvereins nach dem Zweiten

Weltkrieg und der unmittelbaren Nachkriegszeit wurde untersucht. Diese

Entwicklung wurde von verschiedensten Menschen geprägt, die nun auch

aus allen Berufsgruppen stammten. Auch gibt es eine stätige

Entwicklung des Vereins zu einer klassenübergreifenden Gemeinschaft.

Es wurde auch festgestellt, dass sich die Aufgaben des Schützenvereins

geändert haben. Damals als Bürgerwehr gegründet, ist er heute eine

Institution, die aus Lohne nicht mehr wegzudenken ist. Die neuen

Gedanken wie Fürsorge, Hilfe von Bedürftigen, jeder Altersklasse, egal

welcher Herkunft oder welchen Berufes, wurden durch verschiedenste

Persönlichkeiten geprägt.

Unter Beachtung all dieser Umstände hat sich ein Schützenverein sowie

ein Erinnerungsort entwickelt, der Traditionen beibehält, aber dennoch

den Fortschritt sowie den Menschen nicht aus den Augen verliert.

5 Danksagung

Ein besonderer Dank gilt dem Schützenverein Lohne e.V. v. 1608.

Insbesondere dem Vereinschronisten Andre Wilke, der mir bei der Suche

und Bereitstellung der zu verwendenden Quellen für die Facharbeit im

Seminarfach „Erinnerungsorte im Oldenburger Münsterland“ behilflich

war. Auch die Bereitstellung sämtlicher Protokolle, Daten aus dem

Bildarchiv sowie historischer Urkunden und Briefe war durchaus nicht

selbstverständlich.

Page 20: Wandel der Sozialstruktur eines Vereins im … · Wandel der Sozialstruktur eines Vereins im Oldenburger Münsterland: Der Schützenverein Lohne im 19. und 20. Jahrhundert Facharbeit

Anhang 17

6 Anhang

Abbildung 1: Abbildung 2:

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Anhang 18

Abbildung 3:

Abbildung 4:

Volkschützenverein

Schützengesellschaft

1905 201 1886 105

1906 175 1909 126

1909 151 1912 138

1919 267 1914 151

1921 300 1919 176

1929 170 1923 191

1930 230 1924 203

1932 140 1929 186

Abbildung 5:

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Anhang 19

Abbildung 6:

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Literaturverzeichnis 20

7 Literaturverzeichnis

Buchquellen:

1. Krapp, Burkhard, Meyer Walter, Sieverding Bernd , Rießelmann

Otmar , Rohe Herbert , Wilke Andre .2008 . Festschrift 400 Jahre

Schützenverein Lohne e.V. v. 1608 . Herausgeber: Schützenverein

Lohne v. 1608 e.V. Lohne (Oldb)

2. Lohne, Schützenverein, Hrsg. 1961. Festschrift 125 Jahre

Schützenverein Lohne. Lohne (Oldb)

3. Sieve, Bernhard „Vor 100 Jahren gegründet“ in Laon-Lohne 2002

4. Sämtliche Protokolle und Aufzeichnungen des Schützenvereins

Lohne e.V. v. 1608

5. von Pfeil, Sigurd. Schriften zur niederdeutschen Volkskunde

(Bd.7) – Schützenwesen und Schützenfeste in Niedersachsen

Göttingen: Verlag Otto Schwartz & Co.

Internetquellen:

1. https://www.unesco.de/kultur/immaterielles-

kulturerbe/bundesweites-verzeichnis/eintrag/schuetzenwesen-in-

deutschland.html Zugang vom 10.03.2016

2. https://www.friesoythe.de/unsere-stadt/geschichte/chronik

Zugang vom 10.03.2016

Abbildungen:

Sämtliche Abbildungen wurden mit der Genehmigung des

Schützenvereins Lohne e.V. v. 1608, aus dem Archiv benutzt.

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Schülererklärung 21

Schülererklärung

Hiermit erkläre ich, dass ich die vorliegende Facharbeit

selbstständig angefertigt, keine anderen als die angegebenen

Hilfsmittel benutzt und die Stellen der Facharbeit, die im

Wortlaut oder im wesentlichen Inhalt aus anderen Werken

entnommen wurden, mit genauer Quellenangabe kenntlich

gemacht habe.

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Verfasser

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Einverständniserklärung 22

Einverständniserklärung

Hiermit erkläre ich, dass ich damit einverstanden bin, wenn

die von mir verfasste Facharbeit der schulinternen

Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird.

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Verfasser