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Wie weiß ist Weiß?Reflektometrie
- Deutschlands nationales Metrologieinstitut
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Licht, ein Teil des elektromagnetischen Spektrums
Der für das menschliche Auge sichtbare Bereich der elektromagnetischen Strahlung erstreckt sich auf den Wellenlängenbereich von etwa 380 nm bis 780 nm und wird als Licht bezeichnet.
Quelle:Wikimedia/Commons
Licht erscheint dann als „weiß“, wenn es alle Farben des sichtbaren Spektrums enthält.Objekte erscheinen dann als „weiß“, wenn sie mit weißem Licht beleuchtet werden und alle Farben des sichtbaren Spektrums gleichermaßen reflektiert werden.
380 nm 780 nm
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Die Netzhaut des menschlichen Auges enthält zweiverschiedene Systeme von Photorezeptoren:• sog. Stäbchen (Z) für den Hell-/Dunkel-Kontrast• sog. Zapfen für die Farbwahrnehmung:
• S-Typ (Blaurezeptoren)• M-Typ (Grünrezeptoren)• L-Typ (Rotrezeptoren)
Im sichtbaren Bereich sind diese unterschiedlichempfindlich (siehe nebenstehendes Bild).
Die menschliche Wahrnehmung von Farbe ist ein subjektiver Sinneseindruck (wie Fühlen, Riechen, usw.) und entsteht als eine Kette physikalisch-physiologischer Prozesse:
Empfindlichkeitskurven der Netzhaut des Menschen in Abhängig-keit von der Wellenlänge. Die Kurve für den S-Rezeptor ist um den Faktor 3 überhöht dargestellt.
Objekt (Apfel) Gehirn(verarbeitet die
Signale zu einemFarbeindruck)
Auge(die Netzhaut empfängt dasLicht vom Objekt und sendet
Signale an das Gehirn)
Mensch
Rot
Quelle:Wikipedia/Commons
Zeichnung Quelle: Wikimedia /Commons
Wie sehen wir Farben?
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Was bedeutet „weiß”?
Die Primärfarben der "Additiven Farbmischung" sind Orangerot, Grün und Violettblau. Führtman diese wieder in Form von Lichtkegeln auf einer neutralen Oberfläche zusammen, soaddieren sich deren Farben wieder zu weißem Licht. Additive Farbmischung kommt also durchdie Addition von Wellenlängenbereichen zustande.
Der Farbeindruck einer Fläche im Auge entsteht durch Reflexion des Beleuchtungslichtes (Umgebungslichtes) an dieser Fläche.
Weiße Fläche: reflektiert alle einfallende Strahlung des sichtbaren Spektralbereiches vollständig.
In den Schnittpunkten ergeben sich die Sekundärfarben der additiven Farbmischung:Orangerot + Grün = GelbOrangerot + Violettblau = MagentarotGrün + Violett = Cyanblau
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Der „weißer als Weiß” Effekt
Behandelt mit Fluoreszenzfarbstoffen
380 nm 780 nm
Spektrale Reflexion des originalen Stoffes
380 nm 780 nm
Der Effekt von „strahlendem“, hellem Weiß liegt an der Zugabe von sog. „optischen Aufhellern“ („Weißmachern“) in die Produkte, z.B. in Papier, Waschmittel, Textilien, Haarwaschmittel.Optische Aufheller sind chemische Farbstoffe die unter UV-Strahlung fluoreszieren. Sie absorbieren Strahlung im Bereich von ca. 290 nm - 380 nm und emittieren im blauen Bereich des sichtbaren Spektrums bei ca. 400 nm - 440 nm. Das vom Auge aufgenommene Licht ist die Summe des vom Objekt direkt reflektierten Lichts plus des durch Fluoreszenz erzeugten. Durch den zusätzlichem Blau-Anteil wird der „Gelbstich“ kompensiert und der „Weißer als Weiß“ - Effekt erzeugt.
Der gelbliche Farbton von Textil- wie auch Papierfasern entsteht dadurch, dass von ihnen bevorzugt blaues Licht absorbiert wird. Diese Wellenlänge fehlt nun im reflektierten Licht-spektrum und das Objekt erscheint gelblich (Komplementärfarbe).
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ρθθ
Φr
reg
Φi
ρreg=Φr
Φi
ρdiff =
Φr
ρdiff
Φi
Φr
Φi
Reguläre (gerichtete, spekulare) Reflexion Diffuse Reflexion
An einer Grenzfläche zwischen zwei Medien mit verschiedenen Brechzahlen ändert Licht seine Ausbreitungsrichtung - man nennt es Reflexion.
Prinzipiell unterscheidet man zwischen gerichteter und diffuser Reflexion. In der täglichen Praxis treten beide Phänomene oft in gemischter Form auf.
Gerichtete Reflexion: An glatten, polierten Oberflächen wird das Licht überwiegend gerichtet reflektiert, wobei der Ausfallswinkel (Reflexionswinkel) gleich dem Einfallswinkel ist (Bild links).
Diffuse Reflexion: An rauen Oberflächen oder opaken Materialien mit internen Streuzentren (z.B. Milchglasscheibe) wird das Licht diffus gestreut (Bild rechts).
ρ - Reflexionsgrad
Φ - Strahlungsleistung
Reflexion des Lichtes an einer Oberfläche
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Lambertsches Gesetz: die Strahlstärke* I einer von einerFläche A ausgesandten Strahlung nimmt mit flacherwerdenden Winkel θ ab (lambertsches Kosinusgesetz):
I(θ) = A·cos(θ)·L
A: Flächenelementθ: Ausstrahlungswinkel (Betrachtungswinkel)L: Strahldichte der Lichtquelle
Ein lambertscher Strahler liegt vor, wenn die Strahldichte L derLichtquelle orts- und richtungs- unabhängig ist.
Eine lambertsche Fläche („ideal mattweißer Körper“, „perfectlyreflecting diffusor“ (PRD)) ist eine Fläche, die unabhängig vonder Bestrahlungsrichtung die eingestrahlte Leistung gemäßdem lambertschen Gesetz reflektiert.
Ein lambertscher Strahler und eine lambertsche Flächeerscheinen daher unter allen Betrachtungswinkeln gleich hell:
L = I(θ)/(A·cos(θ))
InθA
θcos⋅nI
LL ≡)θ(
L
ρ
θ LL
*Die Strahlstärke (W/sr) gibt an, welche Lichtleistung in einen Raumwinkel abgestrahlt wird.Die Strahldichte (W/m2) gibt an, welche Lichtleistung von einer Fläche eines Strahlers ausgesandt wird.
Diffuse Reflexion – Lambertsches Gesetz
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Wie werden Weiß und andere Farben bestimmt ?
Für viele Industriebranchen und Endverbraucher ist die Spezifizierung des Begriffes „Weiß“ sehr wichtig und stellt ein Qualitätssiegel dar.
Aus Weiß kann im Auge auch „Grau“ werden -der neutrale Farbton, der entsteht, wenn die drei Farbrezeptoren im Auge zwar mit gleicher aber nicht maximaler Intensität gereizt werden.
Mit der Messung diffus reflektierter Strahlung befasst sich Reflektometrie.Die Methoden der Reflektometrie ermöglichen es mit Hilfe von Standards eine in der jeweiligen Industriebranche gebräuchliche Skala für die Farbmessung festzulegen. Damit Weiß und auch andere Farben genau spezifiziert und vergleichbar werden könnten, gibt es weltweit anerkannte Standards (Normale), die für viele industrielle Bereiche bindend sind.Standards (Normale) für Weiß, Grau und Farben werden in der PTB kalibriert.
Weiß-, Grau- und Farbstandards
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Wer braucht reflektometrische Messungen und Skalen?
Zuckerindustrie (Weißgrad)
Papier-, Textilindustrie
Automobil- Druck- und Farbindustrie
Hersteller von Spektrophotometern, Farbmessgeräten, etc.
Forschungsinstitute, Universitäten
Ausländische nationale Metrologieinstitute (NMI) ohne eigene absolute Reflexionsskala
Reflektometrie an der PTB
Fluoreszierendes Papier
Standard: Spectralon
FarbstandardsEffektpigment
Zuckerstandards
Farbstandards für Farbmessgeräte
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Messprinzip in der Reflektometrie
Lampe
Probe
Spektrale Analyse(Gitter)
Detektor
Prinzip der absoluten Reflexionskalibrierung:Die Probe wird mittels einer Lampe polychromatisch bestrahlt. Das von der Probereflektierte Licht wird durch einen Monochromator spektral zerlegt und analysiert.Ein Detektor und eine geeignete Auswerteelektronik messen das Spektrum derreflektierten Strahlung.Das Reflexionsspektrum der Probe wird mit dem Spektrum des absolutenmattweißen Körpers verglichen, wenn er unter denselben Bedingungen gemessenwürde.Die Messungen können in verschiedenen Reflexionsgeometrien durchgeführt werden.
Detektor
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Reflektometrische Standards
Weiße Standardreflexionsmaterialien
Ein idealer mattweißer Körper (ein „perfekt reflektierender Diffusor“, PRD) wäre ein Normal für diffuse Reflexion. Definitionsgemäß reflektiert er die auf ihn auftreffende Strahlung:
• verlustfrei,• vollständig diffus,• mit einer lambertschen Richtungscharak-
teristik.
Ein idealer mattweißer Körper ist technisch (noch) nicht realisierbar, deshalb wird er durch das Messprinzip im Rahmen einer Absolutmessung dargestellt . Die Realisierung erfolgt mit physikalischen Methoden, d.h. durch die Messapparatur selbst.
Durch radiometrische Messungen werden die Reflexionseigenschaften einiger geeigneter Substanzen bestimmt, die näherungsweise dem ideal mattweißem Körper entsprechen. Diese Substanzen sind Standardreflexionsnormale und dienen als Transfernormale für die Industrie.
Für den alltäglichen Gebrauch in der Industrie werden (möglichst verschleißfreie) Arbeitsnormale benutzt, die wiederum auf die Transfernormale rückgeführt sind.
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( ) ( )PRDr
rLLλβ λ
=
In der Messung wird der Strahldichtefaktor bestimmt:
Die Reflexionseigenschaften des Reflexionsstandards werden nach der so genannten Korte-Schmidt Methode bestimmt:
• Der Weißstandard wird im Zentrum einer Ulbrichtkugel (engl. „Integrating Sphere“) montiert mit der Oberfläche in der Äquatorialebene der Kugel
• Der Weißstandard wird aus allen Richtungen über die Kugelhälfte I mit konstanter Strahldichte bestrahlt (mittels der Lampe L und Kugelhälfte II)
• Der ideal mattweiße Körper montiert in der Kugelmitte würde die gleiche Strahldichte besitzen wie die Wand der ihn bestrahlenden Halbkugel I
• Die Messung der Strahldichte dieser Halbkugel ist daher der Messung der vom ideal mattweißen Körper reflektierten Strahldichte gleichwertig
I II
LPB
directional
radiance,reflected (0°)
sample measurement
wall measurement
directional
radiance,reflected
Strahldichteder Probe Lr(λ)
Strahldichte der Wand = Strahldichte des ideal mattweißen Körpers Lr
PRD
LrPRD
Lr(λ)
Kalibrierung von Reflexionsstandards: Ulbrichtkugeln
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Kalibrierung von Reflexionsstandards: Ulbrichtkugeln
Ulbrichtkugel (engl. „Integrating Sphere“):Homogene diffuse Innenbeschichtung aus Bariumsulfat (BaSO4) für Wellenlängen zwischen 250 nm und 2400 nm, oder aus Gold für Wellenlängen oberhalb von 2400 nm.
Räumlich-integrierende Methode: Bestrahlung aus dem Halbraum.
Hemisphärisch/gerichtet (halbräumlich/gerichtet) auflösende Methode:
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Räumlich-auflösende Methode: (nahezu) beliebige Einfalls- und Ausfallswinkel!
5-Achsen Industrieroboter als ProbenhalterDrehkranz, Ø = 1,6 m, Ausleger als LampenträgerWellenlängenbereich: 250 nm – 1700 nmSpektrale Aussonderung im Detektionsarm mit MonochromatorWinkelbereich bei der Messung: °−°=θ°−°=θ°−°=φ 850,900,3600, riri
Kalibrierung von Reflexionsstandards: Gonioreflektometer
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Messgröße Strahldichtefaktor und Messgeometrien
( )PRDr
r
LL λβ(λ) =
Strahldichtefaktor β: Verhältnis der Strahldichte (bzw. Leuchtdichte) des Materials zur Strahldichte (bzw. Leuchtdichte) des vollkommen mattweißen Materials bei Reflexion, das in gleicher Weise bestrahlt (bzw. beleuchtet) wird.
• Absolut mattweißer Körper:β = 1 (immer, unabhängig von der
Wellenlänge und dem Einstrahl-ungs- und Reflexionswinkel)
• Für reale Körper:
β kann auch > 1 werden !
Von der CIE, der internationalen Beleuchtungskommission, werden derzeit drei Geometrien für die Messung des Strahldichtefaktors empfohlen:
β45/0
β0/45
βd/0
-90 -80 -70 -60 -50 -40 -30 -20 -10 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90
0,4
0,5
0,6
0,7
0,8
0,9
1,0
1,1
gepresstes BaSO4poliertes Opalglas
45/0
Stra
hldi
chte
fakt
or β
(θi )
Einstrahlungswinkel [°]
Einstrahlungswinkel 45°Reflexionswinkel 0°
diffuse Einstrahlung aus dem HalbraumReflexionswinkel 0°
Einstrahlungswinkel 0°Reflexionswinkel 45°
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Reflektometrie ist noch mehr ...
Reflektometrische Methoden ermöglichen es, das „visuelle Aussehen“ von Objekten (engl. Appearance) umfassend zu messen und zu beschreiben. Eigenschaften wie Farbe, Glanz, Transparenz, Milchigkeit, Welligkeit, Textur sollen so gut wie möglich durch Modelle und Kennzahlen beschrieben werden.
Messung der kompletten Reflexionsindikatrix (alle Ein- und Ausfallswinkel) für Standardreferenz-materialien (Weiß-, Grau-, Farbstandards) sowie auch für moderne funktionale Oberflächen (z.B. Metalliclacke, Effektpigmente, texturierte Oberflächen),unterschiedliche Beleuchtungsbedingungen werden berücksichtigt,Die Ergebnisse können mit Hilfe moderner elektronischen Mittel (CCD-Zeilenkamera, Photometriekamera) umfangreicher aufgenommen und danach modelliert werden.
Die Aktivitäten im Bereich der modernen Reflektometrie umfassen:
Beispiele: Effektpigmentlacke und texturierte Oberflächen
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Mehr Informationen unter: www.ptb.dehttp://www.ptb.de/cms/fachabteilungen/abt4/fb-45/ag-452/allgemeines-zur-reflektometrie.htmlhttp://www.ptb.de/cms/fachabteilungen/abt4/fb-45/ag-452/begriffe.htmlhttp://www.ptb.de/de/aktuelles/archiv/presseinfos/pi2010/pitext/pi100823.html
Andere Quellen:http://physics.unifr.ch/pk2000/index.html - eine didaktische Seite über Physik (u. a. Elektromagnetische Wellen, Licht, Farben und Farbmischung ...)http://www.itp.uni-hannover.de/~zawischa/ITP/ursachen.html (u.a. kleine Farbenlehre, Quantenmechanische Grundlagen von Farbigkeit, Farbstoffe, der schwarze Körper ...)
Weiterführende Literatur
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Abteilung 4 - Optik, Sekretariat: Tel.: (05 31) 592-40 11E-Mail: [email protected]
Physikalisch-Technische Bundesanstalt PTBBundesallee 10038116 Braunschweighttp://www.ptb.de
Photo: Wächtergruppe von Friedrich-Wilhelm Voswinkel (1982) am Eingang der PTB, Braunschweig
Kontakt
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