H. Wille 11
Hans WilleInstitut für Klinische Pharmakologie Klinikum Bremen‐Mitte gGmbH
www.pharmakologie‐bremen.de
„1. Unabhängiger Fortbildungskongress“der Ärztekammer Berlin, Berlin 1.12.2012
Neue Antikoagulanzien
Workshop 2:
H. Wille 22
• Kooperationsverträge mit KV‐Bremen (institutionell)• Kooperationsverträge mit gesetzlichen Krankenkassen
(institutionell)• Erstellung von Arzneimittelbewertungen für den AOK‐BV nach §
73 Abs. 8 SGB V (institutionell)• Beratungstätigkeit als externer Sachverständiger und Reviewer
beim IQWiG für verschiedene Arzneimittel‐Bewertungen (institutionell)
• verschiedene Vorträge (AKdÄ, ÄK‐NS, ÄV‐Oldenburg, MDS Essen, HÄ‐Verband HB, ÄK‐Berlin)
• Redaktionsmitglied beim „arznei‐telegramm“• Mitglied der AKdÄ
potentielle Interessenskonflikte
H. Wille 33
Zulassungen lt. Fachinformation
• Dabigatran (Pradaxa®)– Prävention venöser Thromboembolien nach elektivem Hüft‐ (28‐35d) oder
Kniegelenksersatz (10d)– Prävention von Schlaganfällen und Embolien bei erwachsenen Patienten
mit nicht‐valvulärem VHF mit mindestens einem Risikofaktor• Rivaroxaban (Xarelto®)
– Prävention venöser Thromboembolien nach elektivem Hüft‐ (35d) oder Kniegelenksersatz (14d)
– Behandlung tiefer Venenthrombosen (DVT) und Prävention rezidivierender DVT und Lungenembolien nach DVT
– Prävention von Schlaganfällen und Embolien bei erwachsenen Patienten mit nicht‐valvulärem VHF mit mindestens einem Risikofaktor
• Apixaban (Eliquis®)– Prävention venöser Thromboembolien nach elektivem Hüft‐ (35d) oder
Kniegelenksersatz (14d)– Prävention von Schlaganfällen und Embolien bei erwachsenen Patienten
mit nicht‐valvulärem VHF mit mindestens einem Risikofaktor
H. Wille 4
Zulassungsstudien der Mittel bei VHF
RE‐LYNEJM 2009; 361: 1139
ROCKET‐AFNEJM 2011; 365: 883
ARISTOTLENEJM 2011; 365: 883
H. Wille 5
Überblick zu den Studien
RE‐LY ROCKET‐AF ARISTOTLE(Dabigatran) (Rivaroxaban) (Apixaban)
Patienten 18.113 14.264 18.201
Alter / Risiken 72a / ≥ 1 RF 73a / CHADS2 ≥ 2 70a / ≥ 1 RF
Dosis /d vs.Warfarin INR 2‐3
2 x 110mg 2 x 150mg 1 x 20mg 2 x 5mg
mediane Laufzeit 24 Monate 707 Tage 1,8 Jahre
prim. Endpunkt Insult o. Embolie Insult o. Embolie Insult o. Embolie
Testung Nichtunterlegenheit Überlegenheit
Nichtunterlegenheit Überlegenheit
Nichtunterlegenheit Überlegenheit
Verblindung offen vs. Warfarin doppelblind doppelblind
CHADS2‐Score 2,1 (in 32% 0‐1)
3,5(in 87% >2)
2,1(in 34% 0‐1)
TTR* 65,5% 58% 66%
* = Time in Therapeutic Range; Zeit der INR‐Werte im Bereich 2‐3
H. Wille 6
primärer Endpunkt RE‐LY (Dabigatran)
NEJM 2009; 361: 1139
H. Wille 7
verhinderte / zusätzliche Ereignisse vs. Warfarin pro 1.000 Pat.‐Jahre
Dabigatran2 x 110mg 2 x 150mg
Rivaroxaban1 x 20mg
Apixaban2 x 5mg
Insult / Embolie* 6,0 3,3
Insult 5,7 3,2
hämorrh. Insult 2,6 2,8 1,8 2,3
ischäm. Insult 2,9
Herzinfarkt (1,8) (1,7)
Todesfälle, gesamt 4,2
Blutung, gesamt 35 17 (4,0) 77
major Blutung 7,0 (2,0) 9,6
intrakr. Blutung 5,3 4,4 2,0 4,7
GI‐Blutung 4,9 10
* = PEP; fett = signifikant (...) = nicht signifikant
H. Wille 8
NNT / NNH für die Ereignisse vs. Warfarin pro Jahr
Dabigatran2 x 110mg 2 x 150mg
Rivaroxaban1 x 20mg
Apixaban2 x 5mg
Insult / Embolie* 167 303
Insult 175 312
hämorrh. Insult 385 357 556 435
ischäm. Insult 345
Herzinfarkt (556) (588)
Todesfälle, gesamt 238
Blutung, gesamt 29 59 (250) 17
major Blutung 143 (500) 104
intrakr. Blutung 189 227 500 213
GI‐Blutung 204 100
* = PEP; fett = signifikant (...) = nicht signifikant
H. Wille 9
weitere Daten zu den NOAK im Überblick
• eine Komedikation mit ASS verdoppelt die Rate an schwerwiegenden Blutungen unter NOAK – in gleichem Maße wie unter Warfarin
• Dabigatran erhöht die Infarktrate nach einer Metaanalyse signifikant um 30%
• nach Ende der Studienmedikation kam es im Rivaroxaban‐Arm klinisch zu einem „Rebound“ an Insulten
• verwertbare Vergleiche mit einem Gerinnungsselbst‐Management liegen für die NOAK nicht vor
• die Ergebnisse für die NOAK waren von der Güte der INR‐Einstellung im Kontrollarm mit Warfarin abhängig –beispielhaft bei Dabigatran ...
H. Wille 10
Dabigatran: Insulte + Embolien nach Güte der INR‐Einstellung
INR=2-3 in >72,6%
INR=2-3 in 57,1-65,5%
INR=2-3 in 65,5-72,6%
INR=2-3 in <57,1%
Lancet 2010; 376: 975‐83
H. Wille 1111
Einfluss der INR‐Einstellung auf die Ergebnisse
• in Zentren mit guter INR‐Einstellung profitieren die Patienten nicht von Dabigatran vs. Warfarin– klinischer Nettoeffekt (= kombinierter Endpunkt aus Insult, Embolie, Infarkt, Lungenembolie, Tod oder schwere Blutung) fällt dann eher zugunsten von Warfarin aus
als Faustregel– falls INR‐Werten in >65% im therapeutischen Bereich
Warfarin = Dabigatran– falls INR‐Werten in >72% im therapeutischen Bereich
Warfarin ≥ Dabigatran
• für Apixaban sind die Daten ähnlich• für Rivaroxaban liegen keine verwertbaren TTR‐Angaben vor
H. Wille 12
Beispiel aus Schweden – Registerdaten
• TTR im Mittel 76% (über alle, unausgewählte Zentren; Routinedaten)• hohe inverse Korrelation zwischen TTR und Blutungskomplikationen• inverse Korrelation zwischen TTR und thromboembolischen Ereignissen• insgesamt niedrige Raten für Thromboembolien (1,6% pro Jahr) und
Blutungen (2,6% pro Jahr) ... vergleichbar denen in NOAK‐Studien
Eur Heart J 2011; 32: 2282
H. Wille 13
CHADS2‐ und CHA2DS2‐VASc‐Score
nach: JAMA 2001; 285: 2864 und Chest 2010; 137: 263
Instrumente zur Abschätzung des Schlaganfall‐Risikos bei VHF
H. Wille 14
Insultrisiko pro Jahr nach Score‐Punkten
a) b)c)
a): JAMA 2001; 285: 2864 b): Chest 2010; 137: 263c): Eur Heart J 2012; 33: 1431‐33 & 1500‐10 (schwedische Kohorte; 90.000 Pat.)
c) a) c)
H. Wille 15
Vergleich CHADS2‐mit CHA2DS2‐VASc‐Score
schwedische Kohorte, 90.000 nicht antikoagulierte Pat. mit VHF
Eur Heart J 2012; 33: 1431-33 und 1500-10
ischäm
ische Insulte
pro 100 Jahre
CHADS2-Score ≥ 2 60% CHA2DS2-VASc-Score ≥ 2 87%
H. Wille 16
Empfehlung der aktuellen ESC‐Leitlinie (2012)
Eur Heart J 2012: doi:10.1093/eurheartj/ehs253
*
* außer Frauen < 65a mit „lone AFib“
H. Wille 17
Folge der aktualisierten ESC‐Empfehlung
… wäre eine deutliche Ausweitung der Indikation für orale Antikoagulanzien1– 95% aller Patientenmit nicht‐valvulärem VHF müssten eine orale Antikoagulation erhalten
– 85% der Patienten mit einem CHADS2‐Score von 0 – 1müssten eine orale Antikoagulation erhalten
– 60% der Patienten mit einem CHADS2‐Score von 0müssten eine orale Antikoagulation erhalten
Ob diese Indikations‐Ausweitung unter Aspekten von Nutzen/Schaden im Praxisalltag vertretbar oder gar
begründet ist, bleibt zu belegen !
1) nach Daten aus: Eur Heart J 2012: doi:10.1093/eurheartj/ehs253
H. Wille 18
ESC‐Empfehlungen präferieren NOAK
„beste Option“
„Alternative“
Eur Heart J 2012: doi:10.1093/eurheartj/ehs253
H. Wille 19
CHA2DS2‐VASc‐Score und ESC‐Leitlinie
• die Einführung des neuen CHA2DS2‐VASc‐Score erfolgte in auffälliger zeitlicher Parallelität zur Zulassung der neuen oralen Antikoagulanzien für das VHF
• der Autor des CHA2DS2‐VASc‐Score ist gleichzeitig einer der leitenden Autoren des Updates der ESC‐Leitlinie 2012
• der Autor des CHA2DS2‐VASc‐Score und alle Autoren des Updates der ESC‐Leitlinie haben intensive Verbindungen mit der Industrie– unter: http://www.escardio.org/guidelines‐surveys/esc‐guidelines/Documents/DOI_AFIB_%202012.pdf
– persönliche Honorare etc u.a. von Boehringer, Bayer, BMS und Pfizer
H. Wille 20
Vielen Dank für dieAufmerksamkeit !
Top Related