Agrarforschung Schweiz, Heft 11+12, Dezember 2013

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AGRAR FORSCHUNG SCHWEIZ November–Dezember 2013 | Heft 11–12 Agroscope | BLW | HAFL | AGRIDEA | ETH Zürich Pflanzenbau Erdmandelgras (Cyperus esculentus L.): die aktuelle Situation in der Schweiz Seite 460 Umwelt Abdrift – reduzierende Massnahmen im Praxisversuch Seite 484 Agrarpolitik Ausführungsbestimmungen der Agrarpolitik 2014 – 2017 Seite 492

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AGRARFORSCHUNG SCHWEIZ

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Pflanzenbau Erdmandelgras (Cyperus esculentus L.): die aktuelle Situation in der Schweiz Seite 460

Umwelt Abdrift – reduzierende Massnahmen im Praxisversuch Seite 484

Agrarpolitik Ausführungsbestimmungen der Agrarpolitik 2014 – 2017 Seite 492

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ImpressumAgrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse ist die Zeitschrift der landwirtschaftlichen Forschung von Agroscope und ihren Partnern. Die Zeitschrift erscheint auf Deutsch und Französisch. Sie richtet sich an Fachpersonen aus Forschung, Industrie, Lehre, Beratung und Politik, an kantonale und eidgenös sische Ämter und weitere Fachinteressierte.

HerausgeberinAgroscope

Partnerb Agroscope (Forschungsanstalten Agroscope Changins-Wädenswil ACW;

Agroscope Liebefeld-Posieux und Schweizerisches Nationalgestüt ALP-Haras; Agroscope Reckenholz-Tänikon ART), www.agroscope.ch

b Bundesamt für Landwirtschaft BLW, Bern, www.blw.chb Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften HAFL, Zollikofen, www.hafl.chb Beratungszentrale AGRIDEA, Lindau und Lausanne, www.agridea.ch b Eidgenössische Technische Hochschule ETH Zürich,

Departement für Umweltsystemwissenschaften, www.usys.ethz.ch

Redaktion Andrea Leuenberger-Minger, Agrarforschung Schweiz / Recherche Agro nomique Suisse, Forschungs anstalt Agroscope Liebefeld-Posieux ALP Postfach 64, 1725 Posieux, Tel. +41 26 407 72 21 Fax +41 26 407 73 00, E-Mail: [email protected]

Judith Auer, Agrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse, Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW Postfach 1012, 1260 Nyon 1, E-Mail: [email protected]

Redaktionsteam Vorsitz: Jean-Philippe Mayor (Direktor ACW), Sibylle Willi (ACW), Evelyne Fasnacht (ALP-Haras), Erika Meili (ART), Karin Bovigny-Ackermann (BLW), Beat Huber-Eicher (HAFL), Esther Weiss (AGRIDEA), Brigitte Dorn (ETH Zürich).

AbonnementPreiseZeitschrift: CHF 61.–* (Ausland + CHF 20.– Portokosten),inkl. MWSt. und Versandkosten, Online: CHF 61.–** reduzierter Tarif siehe: www.agrarforschungschweiz.ch

AdresseNicole Boschung, Agrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse, Forschungsanstalt Agroscope Liebefeld-Posieux ALP Postfach 64, 1725 Posieux, E-Mail: [email protected], Fax +41 26 407 73 00

AdressänderungenE-Mail: [email protected], Fax +41 31 325 50 58

Internet www.agrarforschungschweiz.chwww.rechercheagronomiquesuisse.ch

ISSN infosISSN 1663-7852 (Print)ISSN 1663-7909 (Internet)Schlüsseltitel: Agrarforschung SchweizAbgekürzter Schlüsseltitel: Agrarforsch. Schweiz

© Copyright Agroscope. Nachdruck von Artikeln gestattet, bei Quellenangabe und Zustellung eines Belegexemplars an die Redaktion.

Erfasst in: Web of Science, CAB Abstracts, AGRIS

459 Editorial

Pflanzenbau

460 Erdmandelgras (Cyperus esculentus L.): die aktuelle Situation in der Schweiz Christian Bohren und Judith Wirth

Pflanzenbau

468 Wasserverfügbarkeit und Futter­produktion im Ackerbaugebiet Eric Mosimann et al.

Pflanzenbau

476 Auswirkungen einer ausgeprägten Sommertrockenperiode auf eine montane Dauerweide im Jura

Marco Meisser et al.

Umwelt

484 Abdrift – reduzierende Massnahmen im Praxisversuch

Simon Schweizer, Peter Kauf, Heinrich Höhn

und Andreas Naef

Agrarpolitik

492 Ausführungsbestimmungen der Agrarpolitik 2014 – 2017

Thomas Meier

Kurzbericht

498 Agrarpolitik im Web 2.0

Kim Anh Joly und Sylvie Aubert

501 Porträt

502 Aktuell

507 Veranstaltungen

Sortenlisten

Beilage Schweizerische Sortenliste für Kartoffeln 2014

Thomas Hebeisen, Theodor Ballmer, Tomke

Musa, Jean­Marie Torche und Ruedi Schwärzel

Merkblätter

Beilagen Kartoffelsorten Erika, Gwenne und Verdi

InhaltNovember–Dezember 2013 | Heft 11–12

Das Erdmandelgras ist ein invasiver Neophyt, der sich in den letzten zwei Jahrzehnten in der Schweiz stark verbrei-tet hat. Einmal an gesiedelt, lässt sich das gefürchtete Acker unkraut nur mit grossem Aufwand bekämpfen. (Foto: Carole Parodi, ACW)

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Editorial

459Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 459, 2013

Liebe Leserin, lieber Leser

2013 wurden verschiedene Weichen für die Zukunft der Schweizer Land­ und

Ernährungswirtschaft gestellt. Im Frühling hat das Parlament die Agrarpoli­

tik 2014 – 2017 (AP 14 – 17) verabschiedet, die einige grundsätzlich neue Ele­

mente enthält: Mit den vorgenommenen Änderungen sollen in Zukunft Leis­

tungen konsequent mit finanziellen Anreizen gefördert werden (vgl. Artikel

S. 492). Auch die Leistungen, welche die Agrarforschung des Bundes bei

Agroscope in der Periode 2014 bis 2017 erbringen soll, wurde in einem neuen

Leistungsauftrag festgehalten. Dieser basiert auf sechs thematischen Schwer­

punkten, in denen besondere Akzente gesetzt werden sollen.

Forschungsresultate wirken langfristig

Der grosse Unterschied in diesen beiden Leistungsaufträgen liegt in der zeit­

lichen Dimension der Auswirkungen. Die agrarpolitischen Massnahmen for­

dern von den Landwirten Leistungen, die einerseits jährlich kontrolliert wer­

den und andererseits rasch eine Auswirkung z.B. auf die Umwelt haben.

Demgegenüber ist der Leistungsauftrag an Agroscope eine Investition in die

Zukunft der Schweizer Land­ und Ernährungswirtschaft: Die Resultate der

Forschung von Agroscope werden eher nach 2017 Wirkung zeigen, weil das

Wissen zuerst auf die Landwirte «einwirken» muss. Deshalb wurde der Leis­

tungsauftrag an Agroscope darauf ausgelegt, dass er Herausforderungen in

der Schweizer Land­ und Ernährungswirtschaft behandelt, die mit der AP

14 – 17 wohl noch nicht gelöst werden können.

Zielkonflikte bei Ressourceneffizienz und Wettbewerbsfähigkeit

Vor allem in den Bereichen Ressourceneffizienz, Wettbewerbsfähigkeit und

in der betrieblichen Organisation (auch soziale Dimension) gibt es in der

Schweizer Landwirtschaft Gestaltungsbedarf, will man die Herausforderun­

gen der Zukunft meistern. Diese Themen werden an Aktualität gewinnen

und uns in Zukunft stark beschäftigen. Die Lösung der Probleme in diesen

Bereichen ist komplex und geprägt von starken Zielkonflikten. Diese Kom­

plexität führt dazu, dass man die Herausforderungen nicht nur mit einer Jus­

tierung des Direktzahlungssystems wird lösen können; es werden neue

Ansätze erforderlich sein. Agroscope und die weltweite Forschung müssen

und werden neue Wege aufzeigen, wie mit diesen Herausforderungen in

Zukunft umgegangen werden kann.

Forschung bildet Grundlage für Agrarpolitik

Eine Agrarpolitik kann immer nur so zielführend sein, wie der Erkenntnis­

stand und der politische Wille es zulassen. Anerkannte Forschungsergebnisse

bilden eine solide Basis für die Konzipierung der künftigen politischen Rah­

menbedingungen für die Land­ und Ernährungswirtschaft. Deshalb ist es

sehr wichtig, dass die Agrarforschung auf exzellentem Niveau an den rele­

vanten Fragestellungen forscht. Was relevant ist und in Zukunft relevant sein

wird, soll mit einem Blick auf international publizierte Forschungsresultate,

zu denen erfreulicherweise auch Agroscope mit Erfolg beiträgt, aber auch in

der Interaktion mit den verschiedenen Stakeholdern bestimmt werden.

Bernard Lehmann, Direktor des Bundesamts für Landwirtschaft BLW

Agrarforschung: mit neuen Ansätzen die Zukunft gestalten

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460 Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 460–467, 2013

Erdmandelgras (Cyperus esculentus L.var. aureus) – auch Knöllchenzypergras genannt – breitet sich in Zonen immer schneller aus, in denen Gemüse- und Ackerbau zusammentreffen. (Foto: Christian Bohren, Agroscope)

E i n l e i t u n g

Erdmandelgras (auch Knöllchen­Zypergras genannt) ist

ein Sauergras aus der Familie der Cyperaceae. Bekannt

sind zwei Unterarten (Zangheri 1976): subspecies (ssp.)

sativus Boeck. (wird vor allem in der Gegend von Valen­

cia, Spanien, wegen der grossen, süssen Knollen als

«Chufa» kultiviert) und subspecies aurea Ten. (blühendes

Sauergras mit kleinen rundlichen Knöllchen). Die genaue

Bezeichnung für unser Problemunkraut ist Cyperus escu-

lentus ssp. aurea Ten. Die Flora Helvetica (2012) verzeich­

net keine Unterarten und erwähnt die Bezeichnungen

«Essbares Zypergras», «Souchet comestible» und «Zigolo

dolce»; im englischen Sprachraum wird die Bezeichnung

«yellow nutsedge» verwendet. In der Folge wird die Un­

terart aurea besprochen und die Bezeichnung «Erdman­

delgras» verwendet. Die einkeimblättrige, ausdauernde

Pflanze ähnelt im Aussehen einheimischen Seggen

(Carex); Stängel und Blätter haben aber eine charakteris­

tisch gelbgrüne Farbe.

Lebenszyklus

Erdmandelgras kommt ursprünglich aus den Subtropen.

Die Art vermehrt sich über Knöllchen im Boden. Die

Knöllchen überleben auf der Bodenoberfläche selbst

tiefe Temperaturen (Abb. 1) und treiben zur Zeit der

Christian Bohren und Judith Wirth

Forschungstanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW, 1260 Nyon, Schweiz

Auskünfte : Christian Bohren, E-Mail: [email protected], Tel. +41 22 363 44 25

Erdmandelgras (Cyperus esculentus L.): die aktuelle Situation in der Schweiz

P f l a n z e n b a u

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Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 460–467, 2013

Erdmandelgras (Knöllchenzypergras) Cyperus

esculentus L. gehört zu den Sauergräsern

(Cyperaceae). Es vermehrt sich ausschliesslich

über Knöllchen im Boden. In den letzten zwei

Jahrzehnten hat dessen Verbreitung in der

Schweiz stark zugenommen. Gründe dafür

sind die veränderte Bewirtschaftung der

Felder, die enorm schwierige Unkrautkont-

rolle und der geringe Bekanntheitsgrad

dieses lästigen Unkrauts unter den Bewirt-

schaftern. Die Verschleppung von Knöllchen

durch Arbeitsgeräte und Ernteprodukte

(Wurzelfrüchte), der Mangel an parzellenge-

nauen Daten des Vorkommens und fehlende

flankierende Massnahmen fördern zur Zeit

die Verbreitung von Erdmandelgras. Abhilfe

würde eine Bekämpfungspflicht schaffen, die

sich Bewirtschafter, Lohnunternehmer und

Abnehmer von Ernteprodukten zu Nutze

machen könnten. Die Sanierung von stark

verseuchten Parzellen ist aufwändig und für

den Bewirtschafter kostspielig.

Erdmandelgras (Cyperus esculentus L.): die aktuelle Situation in der Schweiz | Pflanzenbau

Maissaat im Frühjahr aus, wenn es beginnt, wärmer zu

werden (ab 9 °C Bodentemperatur). Sie bevorzugen

feuchte, leicht staunasse Standorte. Trockenheit und

Kälte während der Keimzeit verzögern die Keimung,

reduzieren die Keimrate jedoch unwesentlich. Aus den

unterschiedlich grossen Knöllchen (0,5 – 15 mm Durch­

messer) treiben oft einer, meist aber mehrere Triebe aus

(Abb. 2); bis zu fünf Triebe aus einem Knöllchen wurden

beobachtet. In der Literatur sind unterschiedlichste

Informationen zur Anzahl gebildeter Knöllchen pro

Pflanze zu finden. Die Angaben reichen von 365 über

6900 bis 20 000 gebildete Knöllchen pro Pflanze und Jahr,

wobei die Knöllchenbildungsrate unter feuchten Bedin­

gungen höher ist (Webster 2005; Tumbleson und Kom­

medahl 1961; Ransom et al. 2009; Li et al. 2001). In

Gewächshausversuchen haben wir in Töpfen mit einem

Volumen von ca. 1,5 l nach 110 Tagen eine durchschnitt­

liche Knöllchenbildungsrate von 1:35 ermittelt. Die

Spanne gebildeter Knöllchen reichte dabei von 10 bis

120 pro Mutterknöllchen. Die Keimrate dieser Knöllchen

lag zwischen 85 und 90 %.

Auf kalte Temperaturen nach der Keimung reagiert

Erdmandelgras wie Mais mit verzögertem oberflächli­

chem Wachstum und deutlicher Gelbverfärbung. Das

Wurzel­ und Rhizomwachstum scheint in Kälteperioden

nach der Keimung weniger verzögert zu sein, da neue

Triebe nach sehr kurzer Zeit mit steigenden Temperatu­

ren 5 – 20 cm von der Mutterpflanze entfernt erscheinen

Abb. 1 | Wenn es im Winter auf dem Acker so aussieht, ist die höchste Alarmstufe erreicht. (Foto: Christian Bohren, Agroscope)

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462 Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 460–467, 2013

(Abb. 3). Aus einem Knöllchen treibt mindestens ein Rhi­

zom in Richtung Bodenoberfläche. Knapp unter der

Oberfläche entsteht eine Verdickung (Basalzwiebel) am

Rhizom, aus welcher Blätter und Stängel nach oben,

Wurzeln nach unten und Rhizome zur Seite hin wachsen.

Entlang der Rhizome können sich weitere Basalzwiebeln

bilden; am Ende der Rhizome bilden sich die Knöllchen

(Abb. 4). Die neu gebildeten Knöllchen sind zunächst

weiss und weich und ändern ihre Farbe im Lauf der Rei­

fung über hell­ zu dunkelbraun. Überjährige Knöllchen

sind schwarz und hart. Laut Literaturangaben befinden

sich mehr als 80 % der Knöllchen in den oberen 15 cm

der Bodenschicht (Stoller und Sweet 1987).

Die oberirdischen Triebe bilden zahlreiche lange,

grasartige, gelblich­grüne Blätter; später erscheint ein

scharf dreikantiger, ca. 30 – 70 cm hoher blatt­ und kno­

tenloser Stängel. Am oberen Ende erscheint der Blüten­

stand als Dolde, zusammengesetzt aus goldgelben Blü­

tenährchen (Abb. 5). Diese werden von mehreren

verschieden langen Hochblättern umgeben (Schmitt und

Sahli 1992). Der Beginn der Blüte ist stark temperaturab­

hängig. Die Hauptblühperiode dauert von Anfangs Juli

bis Ende August; erste Blüten können bereits Anfangs

Juni erscheinen. Erdmandelgras ist nicht selbstverträg­

lich und bildet je nach Jahr unterschiedlich viele Samen

(Dodet et al. 2008). Eine bedeutende Bestandesbildung

aus Sämlingen ist in unseren Anbaugebieten nicht

bekannt. Mit den ersten Frösten endet das Wachstum,

die oberirdischen Pflanzenteile sowie Wurzeln und Rhi­

zome sterben ab. Einzig die Knöllchen überwintern.

Standorte

Weltweit: Erdmandelgras kommt auf allen Kontinenten

vor. Ursprünglich war seine Verbreitung auf die subtro­

pischen Regionen beschränkt. Auf dem amerikanischen

Kontinent ist die Art weit verbreitet. Bereits in den

1970er Jahren wurde Erdmandelgras unter den zehn

gefürchtetsten Unkräutern weltweit aufgelistet (Mulli­

gan 1979, Holm et al. 1977). Die Art besitzt eine grosse

Anpassungsfähigkeit an ihre Umgebung. Die Standort­

ansprüche sind gering. Allerdings profitiert das Unkraut

von viel Licht, guter Stickstoff­ und Wasserversorgung

und offenem Boden.

Verbreitung in der Schweiz: In der Schweiz hat sich das

Vorkommen von Erdmandelgras in den letzten 20 Jah­

ren deutlich verändert. Schmitt und Sahli (1992) berich­

ten von Vorkommen im Tessin mit der Bolle di Magadino

als vermutlich natürlichem Standort (seit 1989 als

Problem unkraut bekannt, pers. Mitt. U. Feitknecht)

sowie isolierten Vorkommen in Herzogenbuchsee (BE)

und Otelfingen (ZH). In den Jahresberichten des Office

Central Vaudois de la Culture Maraîchère wird die Art

seit 1998 als Problemunkraut in der Region Chablais,

und seit 2004 in der Orbeebene erwähnt. Günter (2003)

berichtet von einer deutlichen Ausbreitung in Herzo­

genbuchsee mit einer Befallszunahme von 3 % Flächen­

anteil in 1992 auf 20 % im Jahre 2003. Waldispühl (2007)

erwähnt weitere Standorte in Langenthal (BE), Witzwil

(BE), Seuzach (ZH) und Jeuss (FR). Weitere Befallsmel­

dungen gab es aus den Kantonen Luzern (Ballwil, Inwil),

St.Gallen (Diepoldsau, Widnau), Tessin (Sottoceneri),

Thurgau (Frauenfeld), Zug (Cham) und Zürich (Ellikon an

der Thur). Die Liste ist unvollständig, denn jährlich kom­

men Meldungen von verseuchten Feldern hinzu (Abb. 6).

In der Schweiz sind vor allem Regionen betroffen, in

welchen Gemüse­ und Ackerbau betrieben sowie Felder

ausgetauscht werden.

Warum ein Problemunkraut?

Man erkennt es nicht früh genug: Im Jugendstadium

ähnelt Erdmandelgras von Weitem sehr stark den Hirsen.

Dies erschwert die Früherkennung. Allerdings erweisen

sich die gelblich­grüne Blattfarbe sowie die hart sich

anfühlenden Blätter sowie die typisch V­förmige Blatt­

spreite mit deutlich sichtbarer Rille als zuverlässige

Erkennungszeichen. Die Erkennung von einzelnen Pflan­

zen in neu verseuchten Feldern erfordert genaues Hinse­

hen. Je mehr Pflanzen vorhanden sind und je grösser

diese werden, desto auffallender macht sich die typische

gelbgrüne Färbung bemerkbar (Abb. 7). Gründe für die

gegenwärtig feststellbare starke Verbreitung von Erd­

mandelgras in der Schweiz sind bei der vermehrten

überbetrieblichen Zusammenarbeit zu suchen und lie­

gen in der Tatsache, dass das Unkraut noch zu wenig

bekannt ist.

Verschleppung der Knöllchen: Auf dem Acker ist die

Mehrzahl der Knöllchen, die als einziger Pflanzenteil

den Winter überdauern, vor allem in der obersten

Pflanzenbau | Erdmandelgras (Cyperus esculentus L.): die aktuelle Situation in der Schweiz

Abb. 2 | Ein Knöllchen kann mehrere Triebe bilden; Durchmesser der Knöllchen von 0.5 – 15 mm. (Foto: Christian Bohren, Agroscope)

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463Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 460–467, 2013

Invasiver Neophyt: Erdmandelgras wird auf der Watch­

Liste (Beobachtungsliste) von info flora (früher SKEW­

CPS), dem nationalen Daten­ und Informationszentrum

der Schweizer Flora, geführt (www.infoflora.ch). Auf

dieser Liste stehen invasive Neophyten, die das Potenzial

haben, grosse Schäden zu verursachen; deren Ausbrei­

tung muss daher überwacht und wenn nötig einge­

dämmt werden. Das invasive Potenzial des Erdmandel­

grases belastet landwirtschaftliche Kulturen – in anderen

Umgebungen kommt es kaum vor – durch seine spezielle

Fortpflanzungsform mittels Knöllchen (Erdmandeln).

Bodenschicht bis 20 cm zu finden; vereinzelt werden sie

auch in tieferen Schichten (bis 50 cm) aufgefunden. Die

Knöllchen haften an Wurzelfrüchten wie Kartoffeln,

Zuckerrüben, Randen, Karotten und vielen anderen Ern­

tegütern, sowie an Maschinenteilen und Rädern von

Fahrzeugen und Schuhwerk. Dadurch werden sie auf

Äckern und Gemüsefeldern mittels Maschinen und Fahr­

zeugen direkt oder über Ernteabfälle und Erdverschie­

bungen indirekt verteilt.

Schlechte Herbizidwirkung auf Knöllchenbildung: Die

nach oben strebende Stellung der Blätter sowie die

Beschaffenheit der Blattoberfläche macht es Herbiziden

nicht einfach, an den Blättern haften zu bleiben. Den­

noch gibt es einige Herbizide, mit deren Hilfe auch bei

starker Verseuchung des Feldes Erfolge erzielt werden

können (z.B Dual Gold in Mais). Allerdings findet Erd­

mandelgras trotz guter Herbizidwirkung auf die ober­

flächlich sichtbaren Blätter und Stängel (von beispiels­

weise 60 – 95 %, was zum Schutz der Kultur vor

Unkrautkonkurrenz ausreichend sein kann), immer wie­

der Nischen zur Bildung von Knöllchen. Unter dem Strich

steigt daher die gesamte Anzahl an Knöllchen stetig, ja

mit zunehmender Cyperusdichte exponentiell an. Resis­

tenzfälle von C. esculentus L. var. aurea gegen Herbizide

sind nicht dokumentiert.

Erdmandelgras (Cyperus esculentus L.): die aktuelle Situation in der Schweiz | Pflanzenbau

Abb. 3 | In wenigen Wochen nach der Keimung bilden sich viele Triebe um ein Mutterknöllchen.(Foto: Christian Bohren, Agroscope)

Abb. 4 | Einmal angesiedelt, lässt sich dieses gefürchtete Ackerun-kraut kaum mehr ausrotten. Es vermehrt sich mit winterharten Knöllchen im Boden. Die Bekämpfung von massivem Befall bedeu-tet eine grosse wirtschaftliche Belastung.

März/April

Mai/JuniSeptember

Page 8: Agrarforschung Schweiz, Heft 11+12, Dezember 2013

464 Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 460–467, 2013

Die Lebensdauer der Knöllchen im Boden wird in der

Literatur mit ca. fünf Jahren angegeben, wobei die

Keimfähigkeit mit den Jahren abzunehmen scheint

(Kassl 1992).

Bekämpfung

Griffige Methoden zur langfristig wirkungsvollen Be­

kämpfung von Erdmandelgras in Acker­ und Gemüse­

baukulturen sind bisher nicht bekannt. Die Erfahrung

zeigt, dass die bisher ergriffenen Bekämpfungsmass­

nahmen ein Fortschreiten der Invasion durch Erdman­

delgras nicht aufzuhalten vermochten. Einzelmassnah­

men wie die «normale» Unkrautbekämpfung mit

Herbiziden oder ein zusätzlicher Hackdurchgang wir­

ken zu wenig nachhaltig. Geschwächtes Erdmandelgras

kann sich in der Kultur rasch regenerieren und genü­

gend neue Knöllchen bilden, um im Folgejahr noch

zahlreicher aufzutreten. Um das Problemunkraut in

den Griff zu bekommen, braucht es eine Bekämpfungs­

strategie, die über den Feldrand hinaus reicht. Es

gelingt nur dann die Invasion zurück zu drängen, wenn

verschiedene Elemente der Bekämpfung miteinander

in Wechselwirkung stehen.

Ziele:

•• Landwirte und Lohnunternehmer müssen umfassend

über Erdmandelgras informiert werden.

•• Alle Bekämpfungsmassnahmen müssen letztlich zu

einer Reduktion der Knöllchenbildung führen.

•• Die Verschleppung der Knöllchen zwischen einzelnen

Feldern muss unterbunden werden.

•• Stark verseuchte Felder müssen saniert werden.

•• Es ist wichtig, die Entwicklung des Erdmandelgrases

während der gesamten Vegetationsperiode im Auge

zu behalten, um nach der Ernte geeignete Bekämp­

fungsmassnahmen ergreifen zu können.

Früherkennung: Die Früherkennung von neuen Befalls­

herden ist für die Wirksamkeit der Bekämpfungsmass­

nahmen von grosser Bedeutung (Neuweiler 2011).

Kleine Vorkommen mit wenigen Pflanzen können aus­

gegraben und entsorgt (nicht im Kompost und nicht auf

dem Mist) oder durch Bodensterilisation abgetötet wer­

den. Je weiter die Invasion fortgeschritten ist, desto

intensiver und teurer wird die Bekämpfung.

Erste Massnahmen: Umfassende Aufklärung und Bera­

tung der Landwirte und Lohnunternehmer sind der erste

Schritt zur erfolgreichen Bekämpfung von Erdmandel­

gras. Dabei muss jeder Bewirtschafter die Verantwor­

tung für seine Felder übernehmen. Vor allem in betrof­

fenen Regionen, aber auch in allen anderen Gebieten,

sollen die Bewirtschafter Gelegenheit bekommen, diese

Pflanze in Natura (Töpfen) zu sehen und anzufassen.

Informationen sollen mündlich und schriftlich weiterge­

geben werden. Abnehmer von Wurzelfrüchten sollen

Produkte aus verseuchten Feldern kennzeichnen und

gesondert behandeln.

Verschleppung: Die Verschleppung von Knöllchen muss

bemerkt und verhindert werden. Einerseits gilt es, die

Verschleppung innerhalb des Feldes zu unterbinden.

Dies erfordert eine frühzeitige Erkennung des ersten

Befalls. Andererseits muss die Verschleppung von Par­

zelle zu Parzelle verhindert werden. Fahrzeuge und

Maschinen sollten nicht von einem verseuchten Feld zu

einem sauberen wechseln dürfen, ohne vorher auf dem

Pflanzenbau | Erdmandelgras (Cyperus esculentus L.): die aktuelle Situation in der Schweiz

Abb. 5 | Blütenstand des Erdmandelgras. Erscheint diese Blüte auf dem Acker müssen die Alarmglocken läuten. (Foto: Christian Bohren, Agroscope)

Abb. 6 | Bekannte Standorte von Erdmandelgras (Cyperus esculen-tus L.) in der Schweiz, Sommer 2013.

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465Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 460–467, 2013

die den Boden bis zu einer Tiefe von 30 cm auf 80 – 90 °C

erhitzen (Keller 2013). Das Verfahren ist jedoch teuer;

zudem werden durch die Hitze nahezu alle Bodenlebe­

wesen vernichtet.

Kombination der Massnahmen: Alle beschriebenen Ein­

zelmassnahmen alleine sind nicht ausreichend, da sie

hinsichtlich des Zurückdrängens der Art ungenügend

sind. Um eine erfolgreiche und nachhaltige Bekämp­

fungsstrategie zu entwickeln, müssen die Massnahmen

kombiniert getestet werden. Dazu sind bei Agroscope

entsprechende Versuche in Planung. Ausserdem müss­

ten Hygienemassnahmen zur Verhinderung der weite­

ren Ausbreitung – wie Reinigung von Schuhwerk, Gerä­

ten und Fahrzeugen – durchgesetzt werden können.

Durch eine gründliche Kontrolle von verseuchtem Sub­

strat, Ernteprodukten und Ernteabfällen sowie Pflanz­

gut wie Kartoffeln, Gemüsepflanzen, Blumenzwiebeln

(­knollen), Baumschulerzeugnisse und Zierpflanzen­

stauden würde eine weitere Ausbreitung verhindert.

Letztendlich müssen alle Bekämpfungsmassnahmen

auf eine deutliche Reduktion der Knöllchenzahl im

Boden abzielen.

Fruchtfolge: Der Anbau von Hackfrüchten auf verseuch­

ten Parzellen ist problematisch. In Kartoffeln, Zuckerrü­

ben und Wurzelgemüse ist die Verschleppungsgefahr

durch Erntegüter und Erntemaschinen sehr hoch. Das

gleiche gilt für die Stoppelbearbeitung, sofern die

Geräte nach der Arbeit nicht sorgfältig gereinigt wer­

den. In konkurrenzstarkem Getreide verhindern auch

dichte Bestände nicht, dass sich Erdmandelgras vor allem

in Bestandeslücken und Fahrgassen entwickeln und eine

genügende Anzahl Knöllchen bilden kann, die das Prob­

verseuchten Feld aufs gründlichste gereinigt zu werden.

Auch Schuhwerk muss gereinigt werden. Feldmäuse

können ebenfalls Knöllchen verschleppen. Verseuchte

Parzellen müssen kartiert werden. Diese Karten müssen

vor allem Lohnunternehmern zur Verfügung stehen, um

ihre Maschineneinsätze so zu planen, dass verseuchte

Parzellen zuletzt an die Reihe kommen. Ernterückstände

von Wurzelfrüchten aus verseuchten Parzellen sollten

nicht mit Ernterückständen aus sauberen Parzellen ver­

mischt werden, sondern auf verseuchte Parzellen zurück­

gebracht werden. Verseuchte Ernterückstände oder

Abfälle von Gärtnereien sollten nicht auf Felder oder in

Feldrandkompostierungen gelangen, da diese Art Kom­

postierung die Knöllchen nicht zum Absterben bringt.

Herbizide: Die chemische Bekämpfung ist nur bedingt

erfolgversprechend. Innerhalb der Kulturpflanzenbe­

stände können nur wenige Herbizide angewendet wer­

den, die einen guten Wirkungsgrad besitzen. Die spezi­

fischen Gräserherbizide wirken auf Erdmandelgras nicht.

An der Forschungsanstalt Agroscope ACW laufen zur

Zeit Versuche mit verschiedenen herbiziden Wirkstoffen.

Der Wirkungsgrad der Methode wird anhand der Anzahl

gefundener Knöllchen im folgenden Herbst und Früh­

jahr bestimmt. Die alleinige Beurteilung der Wirkung

nach der Herbizidapplikation anhand des Schadens an

oberirdischen Pflanzenteilen ist nicht optimal, da von

der sichtbaren Biomasse nicht direkt auf die gebildete

Knöllchenzahl geschlossen werden kann. Nur die Reduk­

tion der Knöllchenzahl im Boden trägt zu einer nachhal­

tigen Wirkung der Bekämpfung bei.

Bodenbearbeitung: Erste Erfahrungen aus unseren Ver­

suchen zeigen, dass eine Bodenbearbeitung im frühen

Wachstumsstadium des Erdmandelgrases die Knöllchen­

bildung erheblich reduziert. Eine Wiederholung dieser

Massnahme verbunden mit sofortiger Einarbeitung von

Herbiziden erhöht den Effekt. Hacken oder Striegeln in

Hackkulturen sind für die Cyperusbekämpfung nicht

ausreichend, da nur etwa zwei Drittel der Fläche bear­

beitet werden können.

Gründünger: Der Anbau von konkurrenzstarken Grün­

düngern wie Grünroggen, Buchweizen, Sorghum oder

Hafer nach einer späten Bodenbearbeitung kann die

Vermehrung von Erdmandelgras erheblich bremsen.

Erste Ergebnisse aus Gewächshausversuchen sind vielver­

sprechend; Feldversuche dazu sind in Planung.

Bodensterilisation: Kleine verseuchte Flächen, die der

Produktion von Spezialkulturen dienen, können sterili­

siert werden. Es gibt Apparate zur Dampfbehandlung,

Erdmandelgras (Cyperus esculentus L.): die aktuelle Situation in der Schweiz | Pflanzenbau

Abb. 7 | Oft breitet sich der Befall vom Feldrand aus; typisch für Erdmandelgras ist die gelbgrüne Farbe. (Foto: Christian Bohren, Agroscope)

Page 10: Agrarforschung Schweiz, Heft 11+12, Dezember 2013

466 Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 460–467, 2013

lem im Folgejahr verstärken. In Kunstwiesen kann sich

Erdmandelgras vor allem im ersten Jahr noch stark ver­

mehren, wenn deren Bestand noch nicht die volle Dichte

erreicht hat. Die Zerstörung eines dichten Kunstwiesen­

Bestandes durch Weide kann die Knöllchenbildung för­

dern. Es wird angenommen, dass eine dreijährige, dichte

Kunstwiese den Besatz an Erdmandelgras stark vermin­

dert, sodass das Problem in den Folgejahren überschau­

bar bleibt. Diese Vermutung ist bisher noch nicht durch

Versuche belegt.

Sanierung von verseuchten Feldern: Stark verseuchte

Felder müssen aus der Fruchtfolge genommen und

saniert werden. Gemäss ersten Versuchsergebnissen von

ACW führt eine Herbizidbehandlung im späten Frühjahr

auf die jungen Triebe mit anschliessender Bodenbearbei­

tung zu einer sehr hohen Bekämpfungswirkung. Der

Erfolg ist noch besser, wenn das Verfahren sechs bis acht

Wochen später wiederholt wird. Das ist zeitraubend und

eine Kultur könnte erst im Frühsommer angebaut wer­

den, wobei diese mit dem eingesetzten Herbizid ver­

träglich sein muss. Diese Massnahme müsste über meh­

rere Jahre wiederholt werden, bis die Verseuchung ein

erträgliches Mass erreicht hat. Die Planung der Massnah­

men zur Sanierung eines Feldes muss in der Fruchtfolge­

planung berücksichtigt werden.

Bekämpfung ist aufwändig und teuer: Erdmandelgras

ist ein äusserst hartnäckiges Unkraut. Seine Biologie

macht die Bekämpfung ausgesprochen schwierig.

Bekämpfungsmassnahmen sind aufwändig und mit

einer grossen wirtschaftlichen Belastung verbunden. Bei

Erstbefall fällt zeitraubende Handarbeit an; bei fortge­

schrittener Verseuchung muss der Verzicht der Nutzung

zu Gunsten von Sanierungsmassnahmen ins Auge gefasst

werden. Es ist damit zu rechnen, dass Massnahmen über

längere Zeit wiederholt und angepasst werden müssen.

All dies verursacht zusätzliche Kosten, welche der Bewirt­

schafter tragen muss.

Flankierende Massnahmen

Die Produzenten allein können die Invasion und Ver­

schleppung von Erdmandelgras nicht aufhalten. Eine

wichtige Voraussetzung für eine effiziente Bekämpfung

wäre eine Deklaration als «besonders gefährliches

Unkraut» sowie eine Melde­ und Bekämpfungspflicht.

Die Meldepflicht darf nicht als Instrument zur Bestra­

fung betroffener Bewirtschafter dienen. Die Melde­

pflicht würde es erleichtern, befallene Parzellen zu kar­

tieren. Diese Kartierung könnte einerseits dazu dienen,

den Maschinen­ und Fahrzeugverkehr von verseuchten

zu sauberen Feldern zu unterbinden. Den Bewirtschaf­

tern und vor allem den Lohnunternehmern würde so die

bedeutsame Rolle zufallen, die weitere Verschleppung

von Knöllchen zu unterbinden. Andererseits würde die

Bekämpfungspflicht die Abnehmer von Erntegütern wie

Zuckerrüben, Kartoffeln und Wurzelgemüse verpflich­

ten, die Reihenfolge der Abnahme so zu steuern, dass

Produkte von verseuchten Feldern gesondert angenom­

men werden können. Eine Bekämpfungspflicht, welche

nie eine Ausrottungspflicht sein kann, würde das Durch­

setzen koordinierter Hygienemassnahmen erleichtern.

Es sollte keinen Bewirtschafter mehr geben, der auf dem

Feld bemerken muss, dass «das neue Gras» nicht auf die

Gräserbekämpfung reagiert und sich bereits stark ausge­

breitet hat. Die Beratung ist gefordert, alle Landwirte –

nicht nur diejenigen in betroffenen Gebieten – rechtzei­

tig zu informieren.

Alle Beteiligten müssen am gleichen Strick ziehen.

Nur so kann eine Verseuchung des Agrarlandes im gan­

zen Mittelland verhindert werden.

S c h l u s s f o l g e r u n g e n

•• Erdmandelgras (Knöllchenzypergras) überwintert und

vermehrt sich ausschliesslich über Knöllchen im Boden;

hohe Vermehrungsrate.

•• Knöllchen werden mit Maschinen, Fahr zeugen,

Schuhwerk und Wurzelfrüchten aller Art verschleppt.

•• Herbizide – auch in Kombination mit Hacken – in

Kulturpflanzenbeständen wirken meist zu schwach,

um die Knöllchenzahl derart zu reduzieren, dass die

Gefahr der Verschleppung abnimmt.

•• Flankierende Massnahmen wie Melde­ und Bekämp­

fungspflicht sowie Kartierung der Parzellen sollen

Lohnunternehmern helfen, ihre Arbeitspläne anzupas­

sen und Abnehmern von Landesprodukten helfen,

Wurzelfrüchte in der richtigen Reihenfolge anzuneh­

men und mit Ernteabfällen sinnvoll umzugehen.

•• Zur Sanierung von stark verseuchten Parzellen ist der

Verzicht auf Ertrag ins Auge zu fassen. n

Pflanzenbau | Erdmandelgras (Cyperus esculentus L.): die aktuelle Situation in der Schweiz

Page 11: Agrarforschung Schweiz, Heft 11+12, Dezember 2013

467

Ria

ssu

nto

Sum

mar

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Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 460–467, 2013

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▪ Zangheri P., 1976. Flora Italica I. Cedan Casa Editrice, Padova.

Yellow nutsedge: Actualities on

Cyperus esculentus L. in Switzerland

Yellow nutsedge (Cyperus esculentus L.),

a Cyperaceae species, propagates

exclusively with tubers in the ground.

Its abundance in Switzerland has

largely increased in the last 20 years,

due to changes of land use and

important difficulties to control. The

species is not well known to farmers

yet, and tubers are increasingly

displaced by vehicles, machines, root

crops and with shoes. Infested fields

are not mapped yet. Effective strate-

gies to control the weed in the sense

of reducing tuber production and

therefore reducing contamination of

neighboring fields are missing.

Agroscope started recently a trial

programme for development of control

strategies. A legal obligation to

announce foci and to control would

help farmers, contractors and purchas-

ers of crops to coordinate actions for

preventing tuber production and

displacement.

Key words: Cyperaceae, changes of

land use, invasive species, manage-

ment, herbicide.

Novità sullo zigolo dolce (Cyperus

esculentus L.)

Lo zigolo dolce (Cyperus esculentus L.)

fa parte della famiglia delle ciperacee.

Si moltiplica esclusivamente attraverso

piccoli tuberi nel suolo. Negli ultimi

due decenni la sua diffusione in

Svizzera è fortemente aumentata,

poiché è cambiata la gestione dei

campi. Controllare questa malerba è

enormemente difficile e questa

fastidiosa malerba non è abbastanza

conosciuta dagli agricoltori. L’attuale

diffusione dello zigolo dolce è favorita

dalla disseminazione dei tuberi

attraverso macchine agricole e prodotti

raccolti (frutti a radice), la mancanza di

un registro dettagliato delle parcelle

contaminate e l’assenza di misure di

accompagnamento. La lotta obbligato-

ria rappresenterebbe una soluzione

che potrebbe essere sfruttata da

produttori, contoterzisti e consumatori

di prodotti vegetali. Per gli agricoltori il

risanamento di parcelle fortemente

infestate è oneroso e impegnativo.

Erdmandelgras (Cyperus esculentus L.): die aktuelle Situation in der Schweiz | Pflanzenbau

Page 12: Agrarforschung Schweiz, Heft 11+12, Dezember 2013

468 Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 468–475, 2013

Futterbauvergleich mit und ohne Bewässerung.

E i n l e i t u n g

Eine Teilnahme am Bundesprogramm «Graslandbetonte

Milch­ und Fleischproduktion» (Barth et al. 2011) setzt

voraus, dass die Futterrationen von Raufutter verzehren­

den Nutztieren zu mindestens 80 % auf Gras basieren.

Gegenwärtig erfüllen rund die Hälfte der schweizeri­

schen Milchviehbetriebe dieses Kriterium nicht (Schmid

und Lanz 2013). In Wirklichkeit verwendet die Mehrheit

der Mittellandbetriebe Maissilage, da diese Kultur ein

hohes Produktionspotenzial aufweist (Winckler et al.

2012). Silomaisfutter, das den Kühen im Stall verabreicht

wird, ermöglicht eine höhere Milchleistung als wenn die

Tiere mit Weidefutter versorgt werden. Die letztge­

nannte Tiergruppe erzielt jedoch ein signifikant höheres

Einkommen, wie ein Versuch aus der Zentralschweiz

belegt (Hofstetter et al. 2011; Gazzarin et al. 2011). Ver­

gleiche verschiedener Futterstrategien fehlen jedoch für

andere Regionen, insbesondere für solche mit trockene­

ren Bedingungen. Im Sommer erhält das Genferseege­

biet weniger Niederschläge als die Zentralschweiz. Von

Mai bis August beläuft sich die mittlere Niederschlags­

menge auf 325 mm für das Genferseegebiet und auf

530  mm für die Zentralschweiz (Daten von Meteo

Schweiz für Changins und Sempach, Mittelwerte der

Jahre 1981 bis 2010). Mit dem Klimawandel und der vor­

hersehbaren Abnahme der Niederschläge in den Som­

mermonaten wird das Bedürfnis an Bewässerungswasser

im Westen des Landes (Fuhrer und Jasper 2009) ausge­

prägter werden, insbesondere dort, wo man eine

Zunahme der Maisanbaufläche erwartet. Bereits in den

Jahren 2003 und 2011 wurden die Grünlandflächen im

Genferseegebiet durch Trockenperioden stark beein­

trächtigt, was sich in einer etwa 40 %­igen Abnahme der

Jahreserträge der Weiden gezeigt hat (Mosimann et al.

2012). Um im Ackerbau in den trockenen Regionen Ver­

Eric Mosimann, Claire Deléglise, Marielle Demenga, David Frund, Sokrat Sinaj und Raphaël Charles

Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW, 1260 Nyon, Schweiz

Auskünfte: Eric Mosimann, E-Mail: [email protected], Tel. +41 22 363 47 36

Wasserverfügbarkeit und Futterproduktion im Ackerbaugebiet

P f l a n z e n b a u

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Wasserverfügbarkeit und Futterproduktion im Ackerbaugebiet | Pflanzenbau

469

Zusa

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Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 468–475, 2013

Im Jahre 2009 wurde im Genferseegebiet auf

einer Höhe von 390 Meter über Meer ein

Versuch mit verschiedenen Futterbaustrate-

gien (Ackerfruchtfolgen im Vergleich zu

Kunstwiesen) angelegt. Ab 2010 wurden

zwei Wasserversorgungsstrategien vergli-

chen, welche einem Jahresniederschlag von

900 mm (mittlerer Jahresniederschlag des

Standortes) und einem von 1200 mm

(zusätzliche Wassergaben durch Bewässe-

rung) entsprachen. Während der Trockenheit-

sperioden der Jahre 2010 und 2011 zeigten

die Wassergaben in den Klee-Gras-Mischun-

gen die grösste Wirkung. Eine Wassergabe

von zehn Litern pro Quadratmeter erlaubte

es, den Ertrag der Klee-Gras-Mischungen um

120 kg TS/ha zu erhöhen, während dieselbe

Wassergabe bei Mais lediglich eine Zunahme

von 50 kg TS/ha bewirkte. Allerdings

verschlechterte sich die botanische Zusam-

mensetzung der Kunstwiesen ab dem dritten

Nutzungsjahr merklich. Damit einher ging

auch eine konstante Abnahme der Futterpro-

duktion. In sämtlichen Kulturen bewirkten

die Wassergaben im Grossen und Ganzen

eine geringe Abnahme des Stickstoffgehaltes

und eine Zunahme der Kaliumgehalte in den

Klee-Gras-Mischungen (Luxuskonsum). Die

Gehalte der anderen untersuchten Elemente

(P, Ca und Mg) veränderten sich wenig. Die

vorliegende Studie verdeutlicht die Schwä-

chen des Grünlandes unter Trockenheitsbe-

dingungen und zeigt die Vorteile auf, welche

die Kulturen Mais und Luzerne aufweisen.

gleiche zwischen Futterbaustrategien anstellen zu kön­

nen, sind bessere Kenntnisse über die Einflüsse von

begrenzter Wasserverfügbarkeit nötig. Im Genferseege­

biet wurde ein Versuch durchgeführt, bei welchem ver­

schiedene Wege der Futterproduktion verglichen wur­

den (ackerbauliche Fruchtfolgen versus langdauernde

Ansaatwiesen). Auf diesen Flächen wurden zwei unter­

schiedliche Wasserversorgungsstrategien angewandt:

«limitiert» = lokal verfügbarer Regen versus «nicht­limi­

tiert» = lokal verfügbarer Regen plus zusätzliche Wasser­

gaben. Das Ziel dieses Versuchs war es, Antworten auf

folgende Fragen zu finden:

1. Welchen Einfluss hat die Verfügbarkeit von Wasser

auf die Futterproduktion ?

2. Welche Futterpflanzen sollen in Ackerbaugebieten

mit Trockenperioden ausgewählt werden?

Die Resultate des dreijährigen Versuchs (2010 − 2012)

werden hier vorgestellt, mit besonderer Berücksichti­

gung der Erträge und der Nährstoffentzüge.

M a t e r i a l u n d M e t h o d e n

Versuchsstandort

Der Versuch wurde nach einer Pflugfurche im April 2009

auf einer vormaligen Winterweizenparzelle in Prangins

(Waadt, 390 M.ü.M.) angelegt. Die Niederschlagsdaten

während der Wintermonate wurden von der Meteosta­

tion in Changins geliefert, welche durch Erhebungen auf

der Versuchsparzelle während der frostfreien Periode

ergänzt wurden. Der braune, kalkhaltige Boden kann als

schwacher Pseudogley mit geringem Skelettgehalt und

einer Gründigkeit von 90 cm eingestuft werden. Die

mittlere Textur der ersten 20 cm ist Ton­Lehm betont mit

Anteilen von 31 % Ton und 43 % Schluff. Unterhalb von

30 cm ist der Boden weniger tonhaltig. Zu Beginn des

Versuches ergaben die Analysen einen pH­H2O­Wert

von  8,2, eine Kationenaustauschkapazität (KAK) von

17,7 Milli­Aequivalent pro 100 Gramm Boden und einen

Gehalt an organischer Substanz von 3 %. Die mit Ammo­

nium­Acetat EDTA (Sinaj et al. 2009) extrahierten Men­

gen an Phosphor (P) und Kalium (K) waren befriedigend

beziehungsweise sehr hoch.

Versuchsanlage

Die Versuchsanlage war ein Split­Plot mit fünf Hauptver­

suchsvarianten bestehend aus verschiedenen Kulturen

(Tab. 1) sowie zwei Unterversuchsvarianten mit unter­

schiedlicher Wasserversorgung («limitiert» und «nicht­

limitiert») und vier Wiederholungen. Die insgesamt 40

Versuchsparzellen waren je 12 m lang und 6 m breit. Die

Kulturen wurden mit üblichen landwirtschaftlichen

Maschinen bestellt und bearbeitet (Bodenbearbeitung,

Saat, Pflege, Unkrautbekämpfung). Die Kulturen wur­

den mit speziellen Erntemaschinen gemäht, welche es

ermöglichen, , den gesamten Biomasseertrag pro Par­

zelle und den TS­Gehalt zu erheben.

Fruchtfolgevarianten

Die beiden ersten Versuchsvarianten waren zweijährige

Fruchtfolge bestehend aus Mais, Gerste und einer Zwi­

schenfrucht mit Luzerne und Italienischem Raigras,

wobei diese beiden Varianten um ein Jahr gegeneinan­

der verschoben waren. Die dritte Versuchsvariante

enthielt eine Abfolge verschiedener Kulturen (lange

Page 14: Agrarforschung Schweiz, Heft 11+12, Dezember 2013

Pflanzenbau | Wasserverfügbarkeit und Futterproduktion im Ackerbaugebiet

470 Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 468–475, 2013

Fruchtfolge). Die Versuchsvarianten 4 und 5 bestanden

aus langjährigen Kunstwiesen (vierjährige Klee­Gras­

Mischung) . Sie wurden mit zwei unterschiedlichen Häu­

figkeiten gemäht (Versuchsvariante 4: 7 bis 8 Schnitte

pro Jahr = Simulation einer Weidefläche; Variante 5:

5 Schnitte pro Jahr = Mähwiese).

Weitere technische Details des Versuchs sind in

Tabelle 1 zusammengestellt.

Unterversuchsvarianten: Wasserverfügbarkeit

Basierend auf Tensiometermessungen im Boden wur­

den ab April 2010 zusätzliche Wassergaben in den Par­

zellen mit der Unterversuchsvariante «nicht­limitiert»

verabreicht. Dazu wurden Tröpfchenbewässerungslei­

tungen im Abstand von 50 cm (75 cm in den Mais­

flächen) direkt auf den Boden gelegt. Die Wassergaben

betrugen je nach dem erreichten Wasserdefizit 5 bis

15 l/m² pro Tag. Die Tensiometermessungen wurden in

allen Versuchsvarianten und Unterversuchsvarianten in

einer Wiederholung mit Watermark©­Sonden (poröse

Kerzen) durchgeführt, welche in zwei Tiefen (20 und

40 cm) plaziert waren. Diese porösen Kerzen waren mit

einem Datenlogger verbunden, welcher drei Messungen

pro Stunde aufzeichnete. Die Zuleitungen wurden von

Hand abgekoppelt, sobald die Wasserspannung im

Boden 60 cb (1cb = 1 kPa) überstieg, was der theoreti­

schen Schwelle der Erschöpfung der nutzbaren Wasser­

reserven des Bodens entspricht (Puech et al., 2003).

Düngung

Die Versuchsparzellen wurden mit handelsüblichen

Mineralstoffdüngern gedüngt. Die N­Düngung wurde

auf die Kulturen abgestimmt (Tab. 1) und in Form von

Ammoniumnitrat (27,5 %) und punktuell im Getreide als

Flüssigharnstoff verabreicht. Angesichts des Versor­

gungszustandes der Versuchsfläche bei Versuchsbeginn

V1 V2 V3 V4 V5

zweijährige Fruchtfolge zweijährige Fruchtfolge lange Fruchtfolge Kunstwiese Kunstwiese

2009

27/04 27/04 Frühlingsgerste 14/04 14/04 14/04Mais Eunova StM 210 StM 430 StM 430

Ronaldinio 29/07 N 40 4 Schnitte 7 Schnitte 5 SchnitteN 110 30/07

26/08 Luzerne-RGI N 130 N 220 N 1602 Schnitte

02/10 Wintergerste N 30Plaisant 29/10 29/10 19/11 22/10

2010

1 SchnittN 100 25/04 N 30 15/03 14/04

Sommererbsen 07/0511/05 Gregor

25/06 Mais N 0 7 Schnitte 5 Schnitte25/06 Ricardinio 19/07

Luzerne-RGI N 120 20/07 AP N 240 N 1502 Schnitte 16/09 1 Schnitt

N 30 30/09 N 029/09 Wintergerste 08/10 Winterweizen

19/10 Plaisant Arina 27/10 19/10

2011

1 Schnitt20/04 N 30 N 100 N 100 06/04

11/0506/05

Mais 24/06 15/07 8 Schnitte 5 SchnitteRicardinio 24/06 15/07 AP

N 120 Luzerne-RGI 1 Schnitt N 180 N 15001/09 2 Schnitte 30/09 N 004/10 Wintergerste N 30 04/10 Wintergerste

Fredericus 07/10 Fredericus 09/11 07/10

2012

1 SchnittN 100 30/04 N 30 N 100 04/04

04/0514/05 Mais 8 Schnitte StM 330 MA

04/07 Ricardinio 04/07 4 Schnitte10/07 N 120 10/07 Sorgho N 180

Luzerne-RGI 28/08 Hayking N 902 Schnitte 2 Schnitte

N 30 29/09 Wintergerste N 80Plaisant 22/10

24/10 25/10Getreide-Erbse

Mischung29/10 24/10

Tab. 1 | Merkmale der fünf Fruchtfolgevarianten: Datum der Saat und der Ernte (erster und letzter Schnitt für die Fruchtfolgen 4 und 5), Kulturen, Sorten, Anzahl Schnitte und Menge an mineralischem N (kg N/ha)

Folgende Saatdichten wurden verwendet: Mais 95 000 Körner/ha; Wintergerste 300 Körner/m2; Luzerne - Italienisches Raigras (RGI) 35 kg/ha; Standardmischung 210* = Rotklee, Alexandrinerklee + Italienisches und Westerwoldisch Raigras 30 kg/ha; Sommererbsen 262 kg/ha; AP = Sommerwickhafer 200 kg/ha; Winterweizen 450 Körner/m2; Hybridsorghum 40 kg/ha; Standardmischung 430* = Weiss- und Rotklee, Englisches Raigras, spätreifes Knaulgras, Timothe, Rotschwingel und Wiesenrispengras 36 kg/ha; Standardmischung 330 A* = Weissklee, Rot-klee, Alexandrinerklee, Englisches Raigras, späteifendes Knaulgras, Timotheund Wiesenschwingel 34 kg/ha.*Standardmischungen: die Zusammensetzungen der Mischungen von Gräsern und Leguminosen sind in der Liste der Standardmischungen aufgeführt (Suter et al. 2012).

Page 15: Agrarforschung Schweiz, Heft 11+12, Dezember 2013

Wasserverfügbarkeit und Futterproduktion im Ackerbaugebiet | Pflanzenbau

471Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 468–475, 2013

Jahr Kultur

Trockensubstanzertragdt TS/ha

Wassermenge(l/m2)

Wassergabe

Menge Reaktion

begrenzt unbegrenzt begrenzt unbegrenzt (l/m2) (g TS/l)

Variante 1 Total 2010-12 585,6 641,1*** 2711 3630 920 0,6

2010Gerste Körner 90,7 94,3

371 474 1030,3

Gerste Stroh 60,4 69,9 0,92010 Luzerne-RGI (Herbst) 37,8 55,8 442 719 277 0,62011 Luzerne-RGI (Frühling) 55,0 53,0 106 132 25 -0,82011 Mais 172,4 195,0 311 677 366 0,6

2011-12Gerste Körner 83,5 77,2

812845

033

-1,9Gerste Stroh 57,4 54,2 -1,0

2012 Luzerne-RGI (Herbst) 28,3 41,8 669 784 115 1,2Variante 2 Total 2010-12 539,4 590,4** 2711 3844 1133 0,52010 Luzerne-RGI (Frühling) 29,4 27,9 218 218 02010 Mais 167,7 179,9 321 710 389 0,3

2010-11Gerste Körner 54,4 63,1

496792

0296

0,3Gerste Stroh 31,3 46,2 0,5

2011 Luzerne-RGI (Herbst) 29,9 33,7 534 744 210 0,22012 Luzerne-RGI (Frühling) 42,2 40,9 228 234 7 -1,92012 Mais 184,4 198,6 332 563 231 0,62012 Gerste 583 583Variante 3 Total 2010-12 366,3 417,4** 2711 3522 811 0,62010 StM 210 143 143 02010 Erbse Körner 29,9 24,5 256 415 159 -0,32010 Sommerwickhafer (AP) 49,6 66,2 154 301 147 1,1

2010-11Gerste Körner 48,7 59,7

540857

0317

0,3Gerste Stroh 31,3 60,1 0,9

2011 Sommerwickhafer (AP) 36,9 34,5 172 251 79 -0,3

2011-12Gerste Körner 84,5 74,0

777801

024

-4,5Gerste Stroh 60,1 66,6 2,7

2012 Sorgho 25,1 31,8 231 317 86 0,82012 Roggen-Weizengemisch 438 438 0Variante 4 Total 2010-12 251,4 377,3*** 2711 3871 1159 1,12010 StM 430: 8 Schnitte 110,3 165,0 813 1320 507 1,12011 StM 430: 8 Schnitte 78,0 125,7 756 1144 388 1,22012 StM 430: 8 Schnitte 63,1 86,7 1142 1407 264 0,9Variante 5 Total 2010-12 258,8 402,5*** 2711 3834 1122 1,32010 StM 430: 5 Schnitte 117,0 172,3 813 1309 496 1,12011 StM 430: 5 Schnitte 85,2 122,3 756 1185 429 0,92012 StM 330: 4 Schnitte 56,7 107,8 1142 1339 197 2,6

Tab. 2 | Trockensubstanzertrag und Wassermenge pro Fruchtfolgevariante und Wasseruntervariante sowie Reaktion auf die Wassergaben während dreier Jahre. Die statistischen Signifikanzwerte der Gesamterträge ergeben sich aus Vergleichen auf Grund der Varianzanalyse (*** P < 0,001; ** P < 0,01; * P < 0,05).

wurden im März 2011 und im April 2012 alle Versuchsva­

rianten mit einer Grunddüngung von 90 kg P2O5/ha und

280 kg K2O/ha versehen, um eine sichere, gute Entwi­

ckung der Kulturen zu gewährleisten.

Messungen und Berechnungen

Bei Gerste und Weizen wurden Körner und Stroh geson­

dert geerntet. Das Erbsenstroh wurde zerkleinert im

Feld belassen. Alle geerntete und aus den Parzellen

abgeführte Biomasse hat man gewogen und in zwei

Muster aufgetrennt. Das eine Muster wurde gewogen

und getrocknet, um den Anteil an Trockensubstanz zu

ermitteln und den Ertrag an Trockensubstanz zu berech­

nen. Die zweite Probe wurde getrocknet und vermahlen,

um den Gehalt an Nährelementen zu bestimmen. Die

Gehalte an N, P, K, Ca und Mg wurden gemäss den Refe­

renzmethoden der Agroscope­Forschungsanstalten

(1996) bestimmt. Die Nährstoffentzüge wurden bei jeder

Ernte durch Multiplikation von produzierter Trockensub­

stanz und den ermittelten Nährstoffgehalten berechnet.

Die Effizienz der Wasserversorgung wurde berechnet,

indem die Differenz des Trockensubstanzertrages bei

den beiden Unterversuchsvarianten durch die zugege­

bene Wassermenge in den Parzellen «nicht­limitiert»

dividiert wurde.

Statistische Analysen

Die Auswirkungen der Hauptvarianten (V1 bis V5) des

Versuches und der Untervarianten («limitiert» und

«nicht­limitiert») auf die Trockensubstanzerträge und

Page 16: Agrarforschung Schweiz, Heft 11+12, Dezember 2013

Pflanzenbau | Wasserverfügbarkeit und Futterproduktion im Ackerbaugebiet

472 Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 468–475, 2013

die Nährstoffentzüge wurden mit einer Zwei­Faktor­

Varianzanalyse untersucht. Anschliessend wurden noch

post­hoc­Tests durchgeführt. Die verwendeten abhängi­

gen Variablen waren die Erträge oder die Nährstoffent­

züge jeder der Versuchsvarianten (Kumulierung der ver­

schiedenen Kulturen und der drei Versuchsjahre; Tab. 2

und 4). Die Auswirkungen der Wassergaben auf die

Mineralstoffgehalte der Kulturen sowie auf die Nähr­

stoffentzüge pro Kultur wurden mit einer Ein­Faktor­

Varianzanalyse (Verfügbarkeit von Wasser) durchge­

führt. Dabei wurden die Daten der verschiedenen Jahre

und der verschiedenen Versuchsvarianten als Wiederho­

lungen betrachtet (Tab. 3 und 5). Diese statistischen Ana­

lysen wurden mit dem Softwarepaket R, Version 3.0.1. (R

Development Core Team 2008) durchgeführt.

R e s u l t a t e u n d D i s k u s s i o n

Im Jahre 2009 wurde der Versuch ohne unterschiedliche

Wasserversorgung abgewickelt. Damit wurde sicherge­

stellt, dass die Parzelle einheitlich war und sich die

Erträge der Kulturen im Vergleich zu den Referenzwer­

ten der schweizerischen Landwirtschaft auf einem mitt­

leren bis guten Niveau befanden (Sinaj et al. 2009). Die

in der vorliegenden Arbeit vorgestellten Ergebnisse

beziehen sich auf die Jahre 2010 bis 2012, während derer

die beiden Unterversuchsvarianten mit unterschiedlicher

Wasserverfügbarkeit geprüft wurden.

Wasserverfügbarkeit

Nach zwei eher trockenen Jahren (813 und 756 l/m² pro

Jahr), besonders ausgeprägt im Sommer 2010 und im

Frühling 2011, folgte dann 2012 ein feuchteres Jahr

(1142 l/m²). Phasen, in denen die höchsten Wasseran­

sprüche auftreten, sind typischerweise begleitet von

einem starken Anstieg der Wasserspannung im Boden

(>200 cb in 20 cm, Abb. 1), wobei zwischen den Kulturen

Unterschiede zu verzeichnen sind. Im Sommer 2010 lit­

ten vor allem der Mais und die Wiesen am meisten unter

der Trockenheit. Im weiteren Verlauf litten auch die

übrigen Kulturen unter der Trockenheit, so die Wiesen

und der Zwischenfutterbau im Herbst 2010, das Getreide

und die Wiesen im Frühling 2011, der Mais und der Zwi­

schenfutterbau am Ende des Sommers 2011, sowie der

Mais und die Wiesen am Ende des Sommers 2012. So

wurden, um ein Beispiel zu nennen, in den Unterver­

suchsvarianten «nicht­limitiert» im Juli 2010 dem Mais

(V2) 220 l/m² zusätzliches Wasser verabreicht und im Mai

2011 erhielt die Kunstwiese (V5) eine Wassergabe von

159 /m². Im Mittel der drei Versuchsjahre ergab sich eine

mittlere jährliche Wasserverfügbarkeit von 900 mm für

das Unterverfahren «limitiert» und 1250 mm für das

Unterverfahren «nicht­limitiert». Untersucht man den

Wasserbedarf in einer Sojakultur, was in Analogie auch

für andere Sommerkulturen wie beispielsweise Mais gilt,

so zeigt sich, dass in Abhängigkeit vom Jahr, der Region

und dem Boden Phasen mit Wasserstress 0 bis 5 mal pro

Jahr auftreten (Waridel et al. 1997). Es stellte sich auch

heraus, dass eine Bewässerung im Genferseegebiet jedes

Jahr angezeigt ist, sofern man die Wasseransprüche der

Kulturen befriedigen will.

Abb. 1 | Wasserspannung in 20cm Bodentiefe bei den fünf Frucht-folgevarianten der Jahre 2010 bis 2012.

010

020

030

0cb

V1 − zweijährige FruchtfolgeLuzerne-RGI Mais Gerste Luzerne-RGI

010

020

030

0cb

V2 − zweijährige FruchtfolgeMais Gerste Luzerne-RGI Mais

010

020

030

0cb

V3 − lange Fruchtfolge

Zwi. Weizen Zwi. Gerste Zwischenf.

010

020

030

0cb

V4 − Kunstwiese (7 bis 8 Schnitte pro Jahr)

010

020

030

0cb

V5 − Kunstwiese (5 Schnitte pro Jahr)

1,06 1,08 1,10 1,04 1,06 1,08 1,10 1,04 1,06 1,08 1,10

2010 2011 2012

Erbsen

Page 17: Agrarforschung Schweiz, Heft 11+12, Dezember 2013

Wasserverfügbarkeit und Futterproduktion im Ackerbaugebiet | Pflanzenbau

473Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 468–475, 2013

Mais um 7 % bis 13 % in der Untervariante «nicht­limi­

tiert» zu. Gemäss einer neueren Studie lässt sich ein gros­

ser Teil der Ertragsschwankungen durch die Temperatu­

ren während der Ährenbildung erklären (Baux 2013).

Die Klee­Gras­Mischungen (V4 und V5) haben die Was­

sergaben sehr gut verwertet. Ihre Produktion hat jedoch

im Laufe der Jahre abgenommen, was vor allem auf eine

Verschlechterung der botanischen Zusammensetzung

zurück zu führen ist. Im Herbst 2011 zeigte sich in Vari­

ante 5 ein massives Auftreten von Knaulgras (Dactylis

glomerata L.), was im folgenden Frühling eine Neuan­

saat erforderte. Danach hat diese Kunstwiese sehr gut

auf die Bewässerung mit einem Ertragszuwachs von

90 % im Jahre 2012 reagiert. Das Verhältnis der Ertrags­

unterschiede zwischen den Untervarianten und den

Wassergaben präzisiert diese Beobachtungen. Der Effekt

der Bewässerung (Tab. 2) war am deutlichsten in den

Varianten 4 und 5 mit einer durchschnittlichen Trocken­

substanzproduktion von 1,1 und 1,3 g pro Liter Wasser

und Quadratmeter. So kann in Kunstwiesen mit 10 Liter

Wasser pro Quadratmeter ein Ertragszuwachs von

120 kg TS/ha erzielt werden. In den einjährigen Kulturen

wird das Wasser weniger effizient umgesetzt. Ausnah­

men zeigen sich beim Stroh des Getreides und den Zwi­

schenfutterbaukulturen im Herbst (0,5 bis 0,6 g TS pro

Liter Wasser pro Quadratmeter in den Varianten 1 bis 3).

Im Frühling wurde die Luzerne­Raigras­Mischung durch

die Bewässerung eher negativ beeinflusst.

Trockensubstanzproduktion und Einfluss von

Wassergaben

Die Kulturen in den zweijährigen Fruchtfolgen der Ver­

suchsvarianten 1 und 2 bewirkten die höchsten Trocken­

substanzerträge. Im Mittel der drei Jahre wurden 188 dt

TS/Jahr in der Untervariante «limitiert» und 205 dt TS/

Jahr in der Untervariante «nicht­limitiert» erreicht

(Tab.2). Die Kunstwiesen (Varianten 4 und 5) erzielten

für die beiden entsprechenden Unterversuchsvarianten

Trockensubstanzerträge von 85 und 130 dt/Jahr. Die Tro­

ckensubstanzproduktion, welche während dreier Jahre

bei Vermeidung von Wasserdefiziten erreicht wurde, ist

signifikant höher. (Varianten 1, 4 und 5: p < 0,001; Vari­

anten 2 und 3: p < 0,01). Die markanteste Produktions­

steigerung wurde bei den Klee­Gras­Mischungen (V4

und V5) festgestellt. Im Mittel der drei Jahre nahm der

Ertrag dank Bewässerung um 53 % zu. Der mittlere

Ertragszuwachs erreichte bei den einjährigen Kulturen

9 %, wobei zwischen den Jahren grosse Unterschiede

auftraten, insbesondere bei Gerste, Weizen oder der

Sommer–Wickhafer­Mischung (AP). Im Jahre 2012 ergab

die Bewässerung beim Getreide sogar negative Effekte,

möglicherweise hervorgerufen durch physiologische

Ungleichgewichte. Bewässerungsversuche in Soja haben

zwischen den vegetativen und generativen Pflanzentei­

len Antagonismen aufgezeigt, die als Folge einer zu

hohen Wasserverfügbarkeit vor der Blüte auftraten

(Charles et al. 1999). Je nach Jahr nahm der Ertrag bei

Variante KulturN (g/kg TS) P (g/kg TS) K (g/kg TS) Ca (g/kg TS) Mg (g/kg TS)

begrenzt unbegrenzt begrenzt unbegrenzt begrenzt unbegrenzt begrenzt unbegrenzt begrenzt unbegrenzt

1 - 2 Mais 10,1 9,2 * 1,8 1,8 7,3 7,6 2,5 2,1 * 1,4 1,2 *1 - 3 Gerste Körner 16,3 15,9 ms 4,0 4,2 4,9 5,0 0,5 0,5 1,3 1,31 - 3 Gerste Stroh 4,3 3,9 ms 1,0 0,9 15,6 17,2 ms 3,2 3,2 0,7 0,71 - 2 Luzerne-RGI 33,4 31,4 * 3,7 3,8 32,9 36,0 ** 17,3 14,5 *** 2,1 1,9 ms3 Erbse Körner 33,4 34,3 4,8 5,3 ** 10,6 11,8 ** 1,1 1,1 1,3 1,33 Zwischenfrucht AP 23,0 24,5 3,5 3,8 24,2 26,1 11,0 12,0 1,7 2,0 **3 Gerste Körner 19,0 16,3 * 3,5 3,5 4,4 4,4 0,5 0,4 1,2 1,3 *3 Gerste Stroh 5,8 4,0 ms 1,0 0,8 ms 11,5 9,8 3,6 2,7 ms 0,7 0,6 ms3 Sorgho 18,9 17,9 ms 4,4 4,1 24,7 24,1 8,3 7,3 * 1,8 1,94 StM 430: 8 Schnitte 27,1 26,5 4,1 4,3 31,4 34,7 ** 11,6 11,4 2,4 2,45 StM 430: 5 Schnitte 25,5 23,6 3,7 3,8 29,5 32,2 * 14,4 14,5 2,7 2,6

Tab. 3 | Mineralstoffgehalte der Kulturen (g/kg TS) im Mittel der drei Jahre 2010-2012. Statistisch signifikante Unterschiede ergeben sich aus der Varianzanalyse (*** P < 0,001; ** P < 0,01; * P < 0,05 ; ms [knapp signifikant] 0,05<P<0,1; kein Symbol = nicht signifikant)

Variante KulturN-Entzüge P-Entzüge K-Entzüge Ca-Entzüge Mg-Entzüge

begrenzt unbegrenzt begrenzt unbegrenzt begrenzt unbegrenzt begrenzt unbegrenzt begrenzt unbegrenzt

1 Fruchtfolge 2 Jahre 921 967 159 176 * 813 987 *** 318 321 82 882 Fruchtfolge 2 Jahre 784 780 121 138 * 659 786 ** 257 238 77 763 lange Fruchtfolge 616 657 116 127 494 592 160 197 44 534 Kunstwiese 692 1017 *** 101 159 *** 775 1294 *** 293 437 *** 60 90 ***5 Kunstwiese 661 944 *** 94 152 *** 742 1284 *** 365 577 *** 67 104 ***

Tab. 4 | Entzug an Mineralien bei den fünf Fruchtfolgevarianten während der drei Jahre von 2010 bis 2012 (kg/ha). Die Signifikanzunter-schiede ergeben sich auf Grund der Varianzanalyse (*** P < 0,001; ** P < 0,01; * P < 0,05)

Page 18: Agrarforschung Schweiz, Heft 11+12, Dezember 2013

474

Pflanzenbau | Wasserverfügbarkeit und Futterproduktion im Ackerbaugebiet

Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 468–475, 2013

Nährstoffgehalte und Verluste

In Tabelle 3 sind die Mittelwerte der drei Versuchsjahre

für die Gehalte an N, P, K, Ca und Mg in der Biomasse der

verschiedenen Kulturen aufgeführt. Im allgemeinen hat

die Bewässerung zu tieferen N­Gehalten (signifikant für

die meisten Kulturen in den Fruchtfolgen) und Ca­Gehal­

ten (signifikant für Mais, Sorghum und die Luzerne­Rai­

gras­Mischung geführt. Die Zunahme der K­Gehalte (sig­

nifikant für die Luzerne­Raigras­Mischung, Erbsen und

Kunstwiesen) kommt dadurch zu Stande, dass das Was­

ser Kalium aus den Tonkomplexen im Boden freisetzt.

Bei den erwähnten Kulturen führt dies zu einem Luxus­

konsum an Kalium. Die Nährstoffentzüge über drei

Jahre (Tab. 4) waren in der getreidebetonten Variante 3

am geringsten. Die Grünlandkulturen, die Luzerne­Rai­

gras­Mischung und die Standardmischung 430 (mehrjäh­

rige Kunstwiese) haben die grössten Nährstoffmengen

mobilisiert (Tab. 5), insbesondere N, K und Ca in der

Untervariante «nicht­limitiert». Ohne Wasserstress wird

die Mineralisation der organischen Substanz des Bodens

durch Mikroorganismen gefördert, was den hohen Stick­

stoffentzug zu erklären vermag. Gleichzeitig mit der

bereits erwähnten, starken Trockensubstanzzunahme

haben die Wassergaben in den Verfahren 4 und 5 im

Lauf der drei Jahre zu 1,5 bis 1,7 mal höheren Nährstoff­

entzügen geführt. Dieser Effekt war hingegen bei den

meisten einjährigen Kulturen in den Varianten 1 bis 3

nicht signifikant.

S c h l u s s f o l g e r u n g e n

Die Futterproduktion ist unter dem Aspekt von zwei ver­

schiedenen Systemen der Wasserverfügbarkeit beleuch­

tet worden, nämlich eines mit 900 mm Jahresnieder­

schlag und eines mit 1250 mm Jahresniederschlag, wie

man sie typischerweise im schweizerischen Mittelland

beobachten kann. Für die Jahre 2010 und 2011 lassen

die Resultate erkennen, dass die Grünlandflächen mehr

unter der Trockenheit gelitten haben als die einjährigen

Ackerkulturen. Unter diesen Bedingungen reagieren die

Grünlandflächen ausgezeichnet auf Wassergaben: zehn

Liter Wasser pro Quadratmeter ermöglichen einen

Ertragszuwachs in der Grössenordnung von 120 kg TS/ha.

Bei Mais und Getreide fällt die Reaktion auf Wasserga­

ben von Jahr zu Jahr schwächer und viel variabler aus.

Die Analysen haben gezeigt, dass die Mineralstoffge­

halte durch die Wasserverfügbarkeit kaum beeinflusst

werden. Dementsprechend ist es möglich, die Berech­

nung des Düngerbedarfes auf der Basis der Jahreser­

träge vorzunehmen. Die Schwankungen in der Produk­

tion der Kunstwiesen sind nicht nur durch die

Wasserreserven im Boden zu erklären. Sie stehen auch in

Verbindung mit einem Alterungseffekt, der in einer

Degradation der Vegetationsdecke sichtbar wird. Die

vorliegende Studie zeigt deutlich, dass es wichtig ist,

spezifische Mischungen für trockene Regionen zu entwi­

ckeln. Diese Feststellung betrifft vor allem Mischungen

mit Gräsern und Leguminosen, welche Kunstwiesen mit

einer Dauer von mehr als drei Jahren (längerdauernde

Mischungen) ergeben sollen. Die Resultate zeigen auf,

dass die einjährigen Kulturen für Zonen, die Trocken­

phasen ausgesetzt sind, von besonderem Interesse sind.

Hier können der Mais und die Luzerne die Futterversor­

gung sicherstellen. n

Dank

Die Studie Maïzen'herbe erhielt finanzielle Unterstützung von der Arbeitsgemein-schaft zur Förderung des Futterbaues (AGFF).

Variante KulturN-Entzüge P-Entzüge K-Entzüge Ca-Entzüge Mg-Entzüge

begrenzt unbegrenzt begrenzt unbegrenzt begrenzt unbegrenzt begrenzt unbegrenzt begrenzt unbegrenzt

1 - 2 Mais 176,7 175,9 31,0 35,2 ** 128,4 145,7 44,2 40,9 24,1 23,31 - 3 Gerste Körner 126,8 122,3 31,3 32,2 38,6 39,4 4,1 4,1 10,2 10,31 - 3 Gerste Stroh 21,8 23,0 5,2 5,5 81,5 101,9 * 16,6 19,1 ms 3,4 4,3 *1 - 2 Luzerne-RGI 185,2 197,1 20,3 24,0 185,7 227,7 96,4 92,8 11,5 12,33 Erbse Körner 100,0 84,0 14,2 13,0 31,7 28,9 3,2 2,7 ms 3,8 3,1 ms3 Zwischenfrucht AP 98,5 123,0 14,8 18,5 ms 103,4 130,5 47,7 62,8 7,2 10,13 Gerste Körner 92,2 97,3 17,2 21,1 21,3 26,3 2,6 2,7 5,9 7,53 Gerste Stroh 17,9 23,5 3,1 4,7 * 35,4 59,1 * 11,5 15,9 2,2 3,4 *3 Sorgho 47,3 56,7 11,0 13,0 62,4 76,8 20,9 23,1 4,6 6,1 ms4 StM 430: 8 Schnitte 230,7 339,1 * 33,6 53,1 *** 258,4 431,3 *** 97,5 145,5 * 20,0 30,1 **5 StM 430: 5 Schnitte 220,4 314,8 * 31,3 50,7 *** 247,3 428,0 *** 121,5 192,4 ** 22,3 34,8 ***

Tab. 5 | Entzug an Mineralien durch die Kulturen im Mittel der drei Jahre von 2010 bis 2012 (kg/ha/Jahr). Die Signifikanzunterschiede erge-ben sich auf Grund der Varianzanalyse (*** P < 0,001; ** P < 0,01; * kein Symbol = nicht signifikant)

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Wasserverfügbarkeit und Futterproduktion im Ackerbaugebiet | Pflanzenbau

Ria

ssu

nto

Sum

mar

y

Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 468–475, 2013

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Water availability and forage production in

arable crops areas

A comparison trial between various feed

strategies (crop rotation versus ley) was estab-

lished in 2009 in the western part of Switzerland,

at an altitude of 390 m. From 2010, two water

regimes were tested, corresponding to the

average annual amounts of 900 mm (local

rainfall) and 1200 mm (additional water supply

by drop irrigation).

During periods of drought in 2010 and 2011,

water supplies were the most effective on

grass-clover mixtures. A quantity of ten liters of

water per square meter has increased perfor-

mance of 120 kg DM/ha, while the increase was

only 50 kg DM/ha for maize. In contrast, a sharp

deterioration in the botanical composition of

leys was observed from the third year. It was

accompanied by a steady decline in production.

The effect of additional water supply results in a

small decrease in N contents for all crops and an

increase in K content of grass-legume mixtures

(luxury consumption). The contents of the other

elements analyzed (P, Ca and Mg) have been

little affected. This study highlights the weak-

nesses of grassland during drought and the

benefits of maize and alfalfa.

Key words: forage, water availability, grassland,

crops.

Disponibilità in acqua e produzione foraggera

in zona di campicoltura

Nel 2009 è stato istituito nel bacino lemanico

ad un altitudine di 390 m, una prova di

confronto tra diverse strategie foraggere

(rotazione delle colture vs prati temporanei). A

partire dal 2010 si sono testati due regimi

d’approvvigionamento idrico, corrispondenti

alle quantità annuali medie di 900 mm (pluvio-

metria del luogo) e di 1200 mm (apporti

supplementari d’acqua per irrigazione).

Durante i periodi di siccità nel 2010 e 2011 gli

apporti d’acqua sono stati più efficaci sulle

miscele graminacee-trifogli. Una quantità di

dieci litri d’acqua per metro quadrato ha

permesso di aumentare la loro resa di 120 kg

SS/ha, mentre questo aumento raggiungeva

solamente i 50 kg SS/ha per il mais. Tuttavia, si

è constatato, a partire dal loro terzo anno, una

forte degradazione della composizione

botanica dei prati temporanei. Essa era

accompagnata da una costante riduzione di

produzione. L’effetto degli apporti in acqua si

traduce in una debole riduzione dei tenori in N

per l’insieme delle colture e in un aumento dei

tenori in K delle miscele graminacee-legumi-

nose (consumazione di lusso). I tenori degli

altri elementi analizzati (P, Ca e Mg) sono stati

poco influenzati. Questo studio evidenzia le

debolezze degli erbai in caso di siccità e i

benefici che offrono le colture di mais e di erba

medica.

Page 20: Agrarforschung Schweiz, Heft 11+12, Dezember 2013

476 Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 476–483, 2013

P f l a n z e n b a u

Auswirkungen einer ausgeprägten Sommertrocken­periode auf eine montane Dauerweide im JuraMarco Meisser1, Claire Deléglise1, Eric Mosimann1, Constant Signarbieux2, Robert Mills2, Patrick Schlegel3,

Alexandre Buttler2 und Bernard Jeangros1

1Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW, 1260 Nyon 1, Schweiz 2Laboratoire des systèmes écologiques (ECOS), EPFL, 1015 Lausanne, Schweiz3Forschungsanstalt Agroscope Liebefeld-Posieux ALP-Haras, 1725 Posieux, Schweiz

Auskünfte: Marco Meisser, E-Mail: [email protected], Tel. +41 22 363 47 42

E i n l e i t u n g

Die Wiesen und Weiden sind für die Landwirtschaft des

Juras von zentraler Bedeutung, da sie die Grundlage für

ihre typischen, auf Gras basierenden Produkte bilden

(Kennzeichnung AOC­AOP). Das Klima und die Boden­

eigenschaften dieser Region sind sehr unterschiedlich.

Die Niederschläge sind eher umfangreich, doch der

Unterboden ist wegen der Rissbildung und der karstarti­

gen Natur des Gesteins oft wasserdurchlässig. Diese

besonderen Bedingungen führen zu einem erhöhten

Risiko von Wasserdefiziten. Im Kontext des Klimawan­

dels werden die Zusammenhänge der unter Wasserstress

leidenden Futterpflanzen während Trockenperioden

noch wenig verstanden. Aus agronomischer Sicht erwar­

tet man als ersten Effekt eine Ertragsverminderung. Als

Folge der Trockenheitsperioden in den Jahren 2003,

2010 und 2011 betrugen die Einbussen bei den Weideer­

trägen etwa 40 % (Mosimann et al., 2012 und 2013). Es

sind auch Veränderungen im Nährwert und im Nähr­

stoffgehalt des Futters sowie in der botanischen Zusam­

mensetzung vorauszusehen, aber es fehlen Referenzen,

welche die Art und das Ausmass dieser Veränderungen

aufzeigen können. Die Auswirkungen sind grundsätzlich

verschieden und hängen von zahlreichen Faktoren ab

(Dauer des Trockenstresses, Art der Vegetation, mittleres

Niederschlagsniveau, Häufigkeit der Nutzungen; Fay et

al. 2000; Gilgen und Buchmann 2009; Vogel et al. 2012).

Zudem sollte auch der Einfluss der Bewirtschaftungs­

weise während Trockenperioden genauer verstanden

werden.

Die Reaktion der Pflanzen auf Trockenstress äussert

sich in morphologischer und physiologischer Hinsicht.

Beispielsweise schliesst die Pflanze ihre Spaltöffnungen

(Stomata) zur Vermeidung von Wasserverlusten. Dieses

Phänomen verlangsamt die Assimilation und insbeson­

dere das Wachstum (Volaire et al. 2009), was die Höhe

der Pflanzen stark verringert und deren Trockensubs­

tanzgehalt erhöht.

Das Studium der funktionalen Merkmale der Pflan­

zen ermöglicht eine Beschreibung der Reaktionen der

Pflanzengesellschaften und/oder der Ökosysteme bei

Veränderungen der Umweltfaktoren (Schellberg und

Pontes 2012). Die funktionalen Merkmale sind morpho­

logische und physiologische Eigenschaften, welche an

der Pflanze messbar sind und indirekt die Leistung der

Pflanzenarten (Individuen) beeinflussen, indem sie das

Wachstum, die Reproduktion oder das Überleben beein­

trächtigen (Violle et  al. 2007). Beispiele funktionaler

Merkmale sind die Höhe des vegetativen Wachstums der

Pflanzen oder der Trockensubstanzgehalt der Blätter.

Gewichtete Mittelwerte der funktionalen Merkmale

(Community weighted means, CWMs) können für die

ganze Pflanzengesellschaft berechnet werden, indem

man von Beobachtungen ausgeht, die man an den häu­

figsten Arten der Pflanzengesellschaft gemacht hat

(Garnier et al. 2004). Gemäss Grime (1998) kann die

Abb. 1 | Eine überdeckte Parzelle (Trockenverfahren) wurde mit Schafen bestossen (Weideverfahren).

Page 21: Agrarforschung Schweiz, Heft 11+12, Dezember 2013

Auswirkungen einer ausgeprägten Sommertrockenperiode auf eine montane Dauerweide im Jura | Pflanzenbau

477

Zusa

mm

enfa

ssu

ng

Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 476–483, 2013

Auf dem Betrieb von La Frêtaz (VD, 1200 m)

wurde im Sommer 2012 ein Versuch durch-

geführt mit dem Ziel, die Auswirkungen von

Wasserstress auf die agronomischen, physio-

logischen und funktionalen Merkmale einer

Dauerweide genauer zu untersuchen. In

einer 2 × 2 Versuchsanlage wurden zwei

Faktoren geprüft: die Nutzungsart (Schnitt

versus Weiden) und der Wasserhaushalt

(Trocken versus Kontrolle) sowie die Interak-

tion zwischen den beiden Faktoren. Eine

Trockenperiode wurde simuliert, in dem

Plastiktunnels aus dem Gemüsebau während

84 Tagen installiert waren. Die beweideten

Parzellen wurden etwa alle vier Wochen mit

Schafen bestossen, während die Schnittpar-

zellen im Verlauf der Saison dreimal gemäht

wurden.

Der Biomasseertrag und die Qualität des

Futters wurden während der ganzen Saison

erhoben. Die botanische Zusammensetzung

und die funktionale Merkmale der wichtigs-

ten Pflanzenarten wurden vor und nach der

Trockenperiode ermittelt. Ebenso wurden die

Nettophotosynthese, die Bodenatmung und

das Bodenwasserpotenzial gemessen.

Abgesehen von markanten Ertragssenkungen

zeigte der Versuch, dass eine ausgeprägte

Trockenheit den Nährstoffgehalt und den

Nährwert des Futters wenig beeinflusst. Die

ökophysiologischen Messungen belegten

eine generelle Verlangsamung des ganzen

Ökosystems (geringerer Metabolismus der

Pflanzen und der Bodenbakterien, geringere

Mineralisation). Die beweideten Parzellen,

geprägt durch eine kürzere Bestandeshöhe,

haben mehr unter der Trockenheit gelitten

als die gemähten Parzellen.

Funktionsweise eines Ökosystems beschrieben werden,

indem die Bedeutung der Merkmale der häufigsten

Arten berücksichtigt wird. Die funktionalen Merkmale

treten nicht nur als Antwort der Pflanzengesellschaft auf

Umweltveränderungen zu Tage; sie beeinflussen auch

die Funktionsweise des Ökosystems (Effect traits). Die

«agronomischen Dienstleistungen», insbesondere die

Ertragsleistung und der Nährwert, können so anhand

gewisser Merkmale vorausgesagt werden (Louaut et al.

2005; Pontes et al. 2007).

Die vorliegende Studie beschreibt die Auswirkungen

einer ausgeprägten, experimentell erzeugten Trocken­

heit auf die ökologischen, agronomischen und physiolo­

gischen Eigenschaften einer Dauerweide im Jura, wel­

che zwei Nutzungsarten unterzogen wurde, nämlich

Mähen oder Beweiden. Es sollen insbesondere die agro­

nomischen Reaktionen im Falle von Trockenheit erklärt

werden, wobei verschiedene Disziplinen zum Zuge kom­

men: botanische Analyse, Ökophysiologie des Bodens

und der Pflanzen sowie die Erhebung der funktionalen

Merkmale der Pflanzen.

M a t e r i a l u n d M e t h o d e n

Der Versuch wurde im Sommer 2012 auf dem Betrieb La

Frêtaz auf 1200 Meter über Meer im Waadtländerjura

durchgeführt. Die Versuchsanlage enthielt zwei Haupt­

faktoren: der Wasserhaushalt und die Nutzung. Von ins­

gesamt 16 Versuchsparzellen (6 × 12 m) wurden deren 8

mit einem Gemüsebautunnel vom 19. Juni bis 3. Septem­

ber überdeckt (Verfahren Trocken – T), womit eine län­

gerdauernde Trockenheit simuliert wurde. Die übrigen

acht Parzellen wurden nicht überdeckt (Verfahren Kont­

rolle – K). Innerhalb der beiden Gruppen von Parzellen

wurden jeweils vier gemäht (Verfahren Schnitt – St) und

die vier anderen wurden beweidet (Verfahren Wei­

den – Wn). Im Verfahren St führte man während der Sai­

son drei Schnitte; im Verfahren Wn wurde sechs Mal

geweidet. Diese Parzellen wurden etwa alle vier Wochen

während 36 bis 60 Stunden von Schafen beweidet

(Abb. 1). In jeder Parzelle wurden in vorgängig definier­

ten Unterabschnitten an fünfzig Punkten botanische

Untersuchungen vorgenommen. Diese Beobachtungen

wurden zu Beginn der Vegetationsperiode (Mai) und am

Ende der Trockenperiode (Ende August) durchgeführt.

Bei jedem Beobachtungspunkt wurden die vorgefunde­

nen Arten nur einmal gezählt. Die Artenanteile (Daget

und Poissonet 1969) wurden gesondert für jede der

16 Parzellen berechnet.

Vor jeder Nutzung (Schnitt oder Weiden) und auf

jeder der 16 Parzellen wurden vier Teilflächen von 1 m²

gemäht. Das Futter von diesen Teilflächen wurde gewo­

gen und anschliessend durchmischt. Es wurden zwei Fut­

terproben gezogen: die erste Probe diente der Bestim­

mung des Trockensubstanzgehaltes und die zweite der

chemischen Analyse. Die Erträge an Biomasse wurden als

Mittelwert der vier Teilflächen von 1 m2 berechnet. Bei

den beweideten Flächen führte man die Ernteerhebun­

gen unmittelbar vor dem Bestossen der Versuchsflächen

durch. Der Rohproteingehalt (RP), die Zellwandbestand­

teile (NDF = Neutral Detergent Fibre; und ADF  =  Acid

Detergent Fibre), die Rohasche (RA) und die löslichen

Page 22: Agrarforschung Schweiz, Heft 11+12, Dezember 2013

Pflanzenbau | Auswirkungen einer ausgeprägten Sommertrockenperiode auf eine montane Dauerweide im Jura

478 Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 476–483, 2013

Kohlenhydrate (Zucker) wurden mittels NIRS bestimmt.

Die Mineralstoffgehalte (Ca, P, Mg, K, Cu, Fe, Mn und Zn)

wurden nach Veraschung (550 °C) durch optische Emissi­

onsspektrometrie (ICP­EOS) bestimmt. Schliesslich wurde

der Energiegehalt des Futters (NEL) auf Grund von

Regressionen berechnet (Agroscope 2003).

Ökophysiologische Messungen wurden bei zwei

wichtigen Parametern durchgeführt: bei der Nettopho­

tosynthese und beim Wasserpotenzial der Blätter. Der

erste Parameter gibt einen Anhaltswert zur Menge des

assimilierten Kohlendioxids pro Einheit Blattfläche. Er

wird mittels eines tragbaren Infrarot­Gasanalysegerätes

gemessen. Der zweite Parameter liefert eine Schätzung

des Wasserhaushaltes der Pflanze unter Versuchsbedin­

gungen; er wird mit einer Druckkammer nach Scholan­

der gemessen. Erhebungen führte man bei zwei Pflan­

zenarten durch, nämlich beim Knaulgras (Dactylis

glomerata) und beim Gemeinen Frauenmantel (Alche-

milla vulgaris).

Die Bodenatmung wurde alle 15 Tage mit einem Inf­

rarotgasanlysator LI­Cor 8100 gekoppelt an eine Mess­

kammer erhoben. Auf jeder Parzelle wurden die Mes­

sungen während zwei Minuten auf einem PVC­Ring von

10 cm Durchmesser (ohne Pflanzendecke) vorgenommen.

Der CO2­Fluss wurde automatisch auf Grund der von LI­

COR mitgelieferten Regression berechnet.

Die Werte der Merkmale wurden gemäss den Stan­

dardprotokollen von Cornelissen et al. (2003) bestimmt.

Berücksichtigte Parameter waren: (i) die Höhe der Pflan­

zen, (ii) der Trockensubstanzgehalt der Blätter (LDMC),

(iii) die spezifische Blattfläche (SLA, Verhältnis von Ober­

fläche und Gewicht der Blattspreite) sowie (iv) der Roh­

proteingehalt der Blätter (LNC). Die Angaben wurden

für die 16 Hauptarten, welche auf den Parzellen vorka­

men, erhoben. Gewichtete Mittelwerte der funktiona­

len Merkmale (Community weighted means, CWMs)

wurden gemäss dem spezifischen Beitrag der häufigsten

Arten berechnet (Garnier et al. 2004).

Die statistische Bewertung der Jahreserträge wurde

mittels einer zweifaktoriellen Varianzanalyse (ANOVA)

vorgenommen. Ebenso wurden die am Ende der Tro­

ckenperiode durchgeführten Beobachtungen (botani­

sche Analysen, Nährstoffgehalte, Nährwerte und funk­

tionale Merkmale) analysiert. Die Reaktion der acht

häufigsten Arten (Agrostis capillaris, Dactylis glomerata,

Festuca pratensis, Lolium perenne, Poa pratensis, Poa

trivialis, Trifolium repens und Ranunculus acris) auf die

Versuchsverfahren wurde ebenfalls mittels eines

ANOVA getestet. Dabei wurden auf jeder Parzelle die

Unterschiede der prozentualen Anteile zwischen Mai

und August berücksichtigt (Unterschiede in der Häufig­

keit vor und nach der Trockenheit). Die statistische

Bewertung der ökophysiologischen Beobachtungen

(Nettophotosynthese und Wasserpotenzial der Blätter)

wurde nur in Bezug auf die Beweidung vorgenommen;

es wurde eine einfaktorielle Varianzanalyse ANOVA

(Wasserhaushalt) durchgeführt. Schliesslich wurden die

Beziehungen zwischen den funktionalen Merkmalen

und den Nährstoffgehalten einerseits und den Energie­

gehalten andererseits mittels einfacher linearer Regres­

sion oder mittels Regressionen höheren Grades

beschrieben.

0

5

10

15

20

25

30

01/06 01/07 01/08 01/09 01/10

Tem

pera

tur (

° C)

Date

0

200

400

600

800

1000

01.06 01.07 01.08 01.09 01.10

PAR

(µ m

ol ·

m-²

· s-¹)

Datum

KontrolleTrocken

Abb. 2 | Lufttemperatur 30 cm über dem Boden und photosynthetisch aktive Strahlung (PAR). Die Trocken-periode ist durch das blaue Rechteck gekennzeichnet.

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Auswirkungen einer ausgeprägten Sommertrockenperiode auf eine montane Dauerweide im Jura | Pflanzenbau

479Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 476–483, 2013

deren Pflanzen in einem jungen Stadium gehalten wer­

den, sind gegenüber Wasserstress empfindlicher als die

Pflanzenbestände, die weniger häufig genutzt werden

(Vogel et al. 2012; Mosimann et al. 2013).

Botanische Zusammensetzung

Die botanische Zusammensetzung hat sich durch die

Versuchsverfahren nur wenig verändert. Ende August

waren die Anteile der drei Hauptpflanzengruppen in

Bezug auf die Versuchsverfahren vergleichbar (Tab. 1).

Eine genauere Analyse zeigte hingegen, dass gewisse

Arten stärker auf den Wasserstress reagieren als andere,

so zum Beispiel der Weissklee (Trifolium repens). Zwi­

schen Mai und August hat sich der Weissklee im Kont­

rollverfahren stark vermehrt, während er im Verfahren

Trocken stabil blieb (p < 0,001; Unterschied von Mai bis

August). Auch der Wiesenschwingel (Festuca pratensis)

und das Wiesenrispengras (Poa pratensis) wurden von

der Trockenheit beeinflusst, wenn auch in geringerem

Ausmass (p < 0,10; Unterschied von Mai bis August). Wie

beim Weissklee haben die Anteile dieser beiden Grasar­

ten nur im Kontrollverfahren zugenommen.

Nährwert des FuttersTabelle 2 zeigt die Nährstoffgehalte und den Energiege­

halt am Ende der Trockenperiode. Die Gehalte an Ca, Mg,

Cu, Mn und Zn wurden durch die Verfahren nicht beein­

flusst und sind deshalb in der Tabelle nicht aufgeführt.

Die Nährstoffgehalte der Kontrollverfahren entsprechen

den Referenzwerten eines Futters des Typs A2 (ausgewo­

gen, Stadium 2) aus den beweideten Parzellen und des

Typs A4 (ausgewogen, Stadium 4) aus den gemähten Par­

zellen (Agroscope 2013). Zum Zeitpunkt der Ernte Ende

August war das Futter der Variante Schnitt älter (Wieder­

aufwuchs aus neun Wochen, zweiter Zyklus) als jenes,

das von der Variante Weiden (Wiederaufwuchs nach fünf

Wochen, vierter Zyklus) stammte. Dieser Unterschied im

Entwicklungsstadium erklärt die festgestellten Unter­

schiede zwischen Mähen und Beweiden in Bezug auf den

Gehalt an Rohprotein, NEL, Zucker und Kalium.

R e s u l t a t e u n d D i s k u s s i o n

Während der Trockenperiode, die während 84 Tagen

(Mitte Juni bis Anfang September) eingehalten wurde,

erhielten die Parzellen T (=  Trocken) keinerlei Regen,

während die Parzellen K (= Kontrolle) 300 l/m² Wasser

erhielten. Dieser Wert entspricht einer mittleren Regen­

menge für die Beobachtungsperiode. Die Temperaturen,

welche auf den trockenen Parzellen gemessen wurden,

waren dieselben wie jene, die auf den Kontrollparzellen

ermittelt wurden (Abb. 2). Im Gegensatz dazu war die

photosynthetisch verwertbare Strahlung (PAR) etwas

geringer: an Tagen mit starker Einstrahlung gab es

Unterschiede zwischen den bedeckten und den unbe­

deckten Parzellen von etwas mehr als 20 % (Abb. 2).

Jährlicher Ertrag an Biomasse

Die Trockenheit hat die Biomasseproduktion stark beein­

flusst. Für die ganze Saison belief sich die Ertragsreduk­

tion beim Verfahren Trocken gegenüber der Kontrolle

auf 25 % für die Mähvariante, und auf 49 % bei der Wei­

devariante (Abb. 3). Die Erträge der gemähten und

beweideten Kontrollparzellen (K­St, K­Wn) waren ver­

gleichbar. Die Bestände der oft genutzten Parzellen,

0

20

40

60

80

100

Kontrolle Trocken Kontrolle Trocken

Ertr

ag (d

t TS

· ha-

¹)

Schnitt Weiden

a b ab c

Abb. 3 | Jährlicher Biomasseertrag (Mittelwert und Standardfeh-ler). Die verschiedenen Schraffuren entsprechen den Ernten. Werte, welche unterschiedliche Kleinbuchstaben tragen, unterscheiden sich signifikant voneinander (post-hoc Tukey HSD, p < 0,05).

Nutzungsart Signifikanzniveau

Schnitt WeidenSEM

Nutzung (N)

Wasserhaushalt(W)

N × WKontrolle Trocken Kontrolle Trocken

Gräser 65,0 67,5 66,7 69,8 4,2 ns ns ns

Leguminosen 17,1 18,2 19,3 12,6 2,7 ns ns ns

Kräuter 17,9 14,3 14,0 17,6 2,7 ns ns ns

SEM = Standardfehler des Mittelwertes.

ns = nicht signifikant.

Tab. 1 | Anteil (%) der drei Pflanzengruppen (Gräser, Leguminosen und Kräuter) am Ende der Trockenperiode (Ende August). Dargestellt sind auch die Resultate der Varianzanalyse.

Page 24: Agrarforschung Schweiz, Heft 11+12, Dezember 2013

Pflanzenbau | Auswirkungen einer ausgeprägten Sommertrockenperiode auf eine montane Dauerweide im Jura

480 Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 476–483, 2013

Die Gehalte an Rohprotein, NEL, Phosphor und Kalium

waren im Verfahren Trocken signifikant tiefer als im

Kontrollverfahren. Diese durch die Trockenheit hervor­

gerufenen tieferen Gehalte wurden vor allem im Weide­

nutzungsverfahren festgestellt (Interaktion zwischen

Nutzung und Wasserhaushalt). Die löslichen Kohlenhyd­

rate (Zucker) zeigen ein anderes Profil: die Gehalte

haben im Verfahren Trocken zugenommen. Die

geringste Kontamination des Futters durch Erde wäh­

rend der Trockenperiode mag erklären, weshalb die

Asche­ und Eisengehalte im Verfahren Trocken geringer

ausfielen.

Ökophysiologische Beobachtungen

Die Beobachtungen an zwei Pflanzenarten (Dactylis glo-

merata und Alchemilla vulgaris) auf den beweideten

Parzellen haben gezeigt, dass die Photosynthese durch

die Trockenheit massiv verringert wird. Die Reduktion

war bei Dactylis geringer als bei Alchemilla (Abb. 4a).

Auch beim Wasserpotenzial der Blätter waren die Werte

für Dactylis weniger negativ als jene bei Alchemilla (Abb.

4b). Diese Resultate weisen darauf hin, dass Dactylis tro­

ckenheitstoleranter ist als Alchemilla. Bei Trockenheit

schliesst die Pflanze ihre Spaltöffnungen, um Wasserver­

luste durch Evapotranspiration zu vermeiden. Dieses

Verhalten kann jedoch von Art zu Art unterschiedlich

ausfallen (Signarbieux und Feller 2011). Durch diese

Reaktion wird die Assimilation verringert, aber in gerin­

gerem Ausmass als das Wachstum (Boschma et al. 2003).

Zucker wird für andere Pflanzenteile weniger remobili­

siert und reichert sich in den Blättern an, um den Was­

serverlust durch Evapotranspiration einzuschränken.

Dies geschieht durch eine Erhöhung des osmotischen

Drucks in den Blattzellen (Thomas und James 1999). Die

in unserer Studie festgestellten Unterschiede bezüglich

Photosynthese (Abb. 4a) und Nährwert (Tab. 2) zwischen

Nutzungsart Signifikanzniveau

Schnitt WeidenSEM

Nutzung (N)

Wasserhaushalt(W)

N × WKontrolle Trocken Kontrolle Trocken

RP (g/kg TS) 146 123 194 144 3,7 *** *** ***

NDF (g/kg TS) 456 461 452 488 17 ns ns ns

ADF (g/kg TS) 277 267 264 267 3,7 ns ns ns

RA (g/kg TS) 100 90 105 77 6,2 ns ** ns

Zucker (g/kg TS) 101 108 83 104 4,5 * ** ns

NEL (MJ/kg TS) 5,8 5,8 6,3 6,0 0,05 *** ** *

P (g/kg TS) 3,9 2,9 4,3 2,6 0,14 ns *** *

K (g/kg TS) 27,8 27,4 35,6 25,6 0,71 *** *** ***

Fe (mg/kg TS) 486 240 503 159 126 ns * ns

SEM = Standardfehler des Mittelwertes.

*** P < 0,001; ** P < 0,01; * P < 0,05; ns = nicht signifikant.

Tab. 2 | Gehalte an Rohprotein (RP), Zellwände (NDF), Lignozellulose (ADF), Asche (RA), löslichen Kohlenhydraten (Zuckern), Energie (NEL), Phosphor (P), Kalium (K) und Eisen (Fe) am Ende der Trockenperiode (Ende August). Die Resultate der Varianzanalyse sind ebenfalls aufgeführt.

0

5

10

15

20

25

30

24.05 19.06 19.07 09.08 20.08 18.09 17.10

P n (µ

mol

CO

2 . m-²

. s-¹)

-5

-4

-3

-2

-1

0

24.05 19.06 19.07 09.08 20.08 18.09 17.10

Ψb(

Mpa

)

D. glomerata K D. glomerata T A. vulgaris K A. vulgaris T

****** ** ***

************ ***

******

***

Abb. 4 | Entwicklung der Nettophotosyntheserate (Pn) und des Wasserpotentials der Blätter (Ψb) für die beiden in der Sai-son 2012 geprüften Arten, Dactylis glomerata und Alchemilla vulgaris (nur Weideverfahren). Die Trockenperiode ist durch die beiden vertikalen gestrichelten Linien gekennzeichnet. Aufgeführt sind die Mittelwerte, die Standardfehler und die sig-nifikanten Unterschiede für die jeweilige Art bei den Verfahren Kontrolle (K) und Trocken (T). *** P < 0,001; ** P < 0,01.

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Auswirkungen einer ausgeprägten Sommertrockenperiode auf eine montane Dauerweide im Jura | Pflanzenbau

481Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 476–483, 2013

2000; Davidson et al. 2000). Nach der Trockenheit hat der

erneut einsetzende Regen die Unterschiede zwischen

den Verfahren grösstenteils zum Verschwinden gebracht.

Der im September festgestellte Anstieg der Atmung auf

den beweideten Parzellen im Verfahren Trocken (im Ver­

gleich zu den beweideten Parzellen im Kontrollverfah­

ren) könnte mit der Mineralisierung der tierischen Exkre­

mente im Anschluss an die Trockenperiode erklärt

werden.

Funktionale Merkmale und Beziehungen zum Nährwert

Die Trockenheit hat auch die gewichteten Mittelwerte

der Funktionalen Merkmale beeinflusst: im Vergleich

zum Kontrollverfahren waren die Pflanzenhöhen und

die spezifische Blattfläche (SLA) im Verfahren Trocken

(Tab. 3) geringer. Die Trockensubstanzgehalte der Blätter

(LDMC) waren hingegen höher. Der Parameter SLA ist

stark mit der relativen Wachstumsrate der Pflanzen kor­

reliert (Poorter und Remkes 1990), ebenso wie mit der

Konkurrenzfähigkeit der Pflanze um Licht und weitere

Ressourcen. Pflanzenarten, welche eine hohe spezifische

Blattfläche aufweisen, zeichnen sich durch die Fähigkeit

aus, häufig neue Blätter zu bilden (junges Gewebe).

Ebenso vermögen sie Blattstickstoff zu rezyklieren (hohe

Gehalte in den Blättern) und sie sind bezüglich Lichtaus­

beute konkurrenzfähig (rasches Wachstum; Wright et al.

2004). Unter Wasserstress verlangsamt sich der Metabo­

lismus und die Dichte der Gewebe nimmt zu. Die Pflanze

wechselt von einer Wachstumsstrategie zu einer Strate­

gie der Ressourcenschonung (Grime et al. 1997; Lavorel

und Garnier 2002). Das Absinken der SLA und die

Zunahme des Trockensubstanzgehaltes in den Blättern

widerspiegelt diesen Prozess. Tabelle 4 zeigt, dass die

SLA und der LDMC recht gute Indikatoren sind zur Schät­

zung der RP­ und Energie­Gehalte. Diese Untersuchung

bestätigt im Wesentlichen die Resultate von anderen

Forschern (Louaut et al. 2005; Al Haj Khaled et al. 2006;

Pontes et al. 2007).

dem Verfahren Trocken und dem Kontrollverfahren

widerspiegeln die Verlangsamung des Pflanzenmetabo­

lismus während Trockenperioden sehr schön.

Bodenatmung

Abbildung 5 illustriert die Bodenatmung am Ende der

Trockenperiode (Ende August) und etwas danach (Sep­

tember). Die Trockenheit hat zu einer markanten Verrin­

gerung der Bodenatmung geführt, wobei dieser Effekt

in den gemähten Parzellen ausgeprägter war als in den

beweideten Parzellen. Nach der Trockenheit wiesen die

gemähten Parzellen erneut vergleichbare Werte auf

(keine signifikanten Unterschiede zwischen dem Kont­

rollverfahren und dem Verfahren Trocken). Auf den

beweideten Parzellen war die Atmungsrate im Verfah­

ren Trocken höher. Die Absenkung der Bodenatmung

während des Höhepunktes der Trockenheit beweist, wie

wichtig der Wasserhaushalt für die Atmung der Wurzeln

und der Mikroorganismen ist (Raich und Tufekcioglu

0

2

4

6

8

10

12

Schnitt Weide Schnitt Weide

Bode

natm

ung

(µ m

ol ·

m² ·

s-¹)

ab c a b

a a a b

Trockenheit (Ende August) Erholungsphase (September)

Kontrolle Trocken Kontrolle Trocken Kontrolle Trocken Kontrolle Trocken

Abb. 5 | Bodenatmung am Ende der Trockenperiode (Ende August) und während der Erholungsphase (September). Aufgeführt sind die Mittelwerte und die Standardfehler. Für dieselbe Messperiode sind jene Werte signifikant verschieden, welche unterschiedliche Klein-buchstaben tragen (post-hoc Tukey HSD, p < 0,05).

Nutzungsart Signifikanzniveau

Schnitt WeidenSEM

Nutzung (N)

Wasserhaushalt(W)

N × WKontrolle Trocken Kontrolle Trocken

Höhe (cm) 28,8 18,9 19,4 9,2 0,67 *** *** ns

SLA (m2/kg) 27,3 23,3 32,3 24,2 0,68 *** *** *

LDMC (%) 24,5 30,0 21,5 28,3 0,57 *** *** ns

SEM = Standardfehler des Mittelwertes.

ns = nicht signifikant.

Tab. 3 | Trockensubstanzgehalt der Blattspreiten (LDMC), spezifische Blattfläche (SLA) und Höhe der Vegetation am Ende der Trockenperio-de (Ende August). Die Resultate der Varianzanalyse sind ebenfalls angeführt.

Page 26: Agrarforschung Schweiz, Heft 11+12, Dezember 2013

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Pflanzenbau | Auswirkungen einer ausgeprägten Sommertrockenperiode auf eine montane Dauerweide im Jura

Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 476–483, 2013

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▪ Volaire F., Norton M. R. & Lelièvre F., 2009. Summer drought survival strategies and sustainability of perennial temperate forage grasses in Mediterranean areas. Crop Science 49 (6), 2386–2392.

▪ Wright I. J. et al. 2004. The worldwide leaf economics spectrum. Nature 428, 821–827.

S c h l u s s f o l g e r u n g e n u n d A u s b l i c k

Die Trockenheit bringt insgesamt eine Verlangsamung

des Pflanzenmetabolismus und eine abgesenkte mikrobi­

elle Aktivität im Boden (Reduktion der Mineralisierung)

mit sich. Diese Prozesse erklären, unter anderem, den

Ertragsrückgang und die Abnahme der Gehalte an Roh­

protein, Energie, Phosphor und Kalium. Die Interaktion

zwischen dem Wasserhaushalt und der Nutzung werden

ebenfalls deutlich: die häufig genutzten und damit kurz

gehaltenen Pflanzenbestände leiden stärker unter den

Auswirkungen der Trockenheit. Die funktionalen Merk­

male stellen ein interessantes Werkzeug dar, um die

Reaktion der Pflanzenbestände auf den Wasserstress zu

ermitteln. Sie sind überdies bei der Schätzung des Nähr­

wertes des Raufutters von Interesse. Da in der Schweiz

die Umweltbedingungen und die Pflanzengesellschaften

regional grosse Unterschiede aufweisen, ist es wichtig,

die Beobachtungen auf andere Situation auszudehnen,

damit man die Auswirkungen der Trockenheit im Kon­

text des Klimawandels besser verstehen kann.� n

y x r 2 Gleichung P

RP LDMC 0,75 y = – 7,98∙x + 365 ***

NDF LDMC 0,43 y = + 9,29∙x + 208 ***

NEL LDMC 0,53 y = + 13,6∙x - 0,25 ***

RP LNC 0,61 y = + 60,6∙x – 1,05 ***

NEL LNC 0,52 y = + 0,503∙x + 4,70 ***

RP SLA 0,88 y = + 7,23∙x – 40 ***

NEL SLA 0,71 y = + 0,058∙x + 4,44 ***

Das Signifikanzniveau der Gleichungen ist mit dem P-Wert (F-Test von Fischer) angegeben.

*** P < 0,001.

Tab. 4 | Beziehungen zwischen den Merkmalen: Trockensubstanz-gehalt der Blattspreiten LDMC (%), Stickstoffgehalt der Blätter LNC (%), spezifische Blattfläche SLA (m2/kg) und dem Rohproteingehalt RP (g/kg TS), den Zellwänden NDF (g/kg TS) und dem Energiegehalt NEL (MJ/kg TS); n = 24.

Page 27: Agrarforschung Schweiz, Heft 11+12, Dezember 2013

483

Auswirkungen einer ausgeprägten Sommertrockenperiode auf eine montane Dauerweide im Jura | Pflanzenbau

Ria

ssu

nto

Sum

mar

y

Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 476–483, 2013

Effects of a severe drought on a

permanent meadow in the Jura

mountains

In order to determine the impacts of

a severe summer drought on the

agronomic value and diverse physi-

ological and functional characteristics

of a permanent meadow, a trial was

carried out in 2012 on a mountain farm

located in the Swiss Jura (1200 m). Two

factors – management type (mowing

vs grazing) and moisture (drought

vs control) – were tested with a

2 × 2-design. The drought stress was

simulated by means of rain shelters for

a duration of 84 days. The grazed plots

were grazed every four weeks with

ewes, whereas the mowed plots were

cut three times in the season.

The biomass and the quality of the

forage were monitored across the

season. The botanical composition of

the meadow and the functional traits

of the 16 most abundant species were

assessed before and after the drought

treatment. The photosynthesis rate,

the pre-dawn leaf water potential and

the respiration of the soil were all

measured.

Apart from important yield losses, the

drought stress also led to changes in

the nutrient contents and the nutritive

value of the forage. The ecophysiologi-

cal measurements reflected a slow-

down of the whole ecosystem. The

grazed plots, characterized by a

shorter vegetation, were more

impacted by the drought than the

mown plots.

Key words: grassland, permanent

meadow, drought, nutritive value,

photosynthesis rate, leaf water

potential, soil respiration, functional

traits.

Effetti di una grave siccità estiva sui

pascoli permanenti della montagna

giurassiana

Durante l’estate 2012 si è condotto una

prova presso il demanio di La Frêtaz

(VD, 1200 m) per poter precisare gli

impatti dello stress idrico sul valore

agronomico e diverse caratteristiche

fisiologiche e funzionali di un pascolo

permanente. Due variabili sono state

testate in un disegno 2 × 2: il modo

d’uso (sfalcio vs pascolo) è stato

incrociato con il regime idrico (secco vs

testimone). Per una durata di 84 giorni

è stata simulata una siccità mediante

l’uso di tunnel orticoli. Le parcelle da

pascolo erano utilizzate praticamente

tutte le quattro settimane da pecore,

mentre quelle falciate sono state

utilizzate tre volte durante la stagione.

La produttività e la qualità del foraggio

sono stati oggetto di un monitoraggio

durante tutta la stagione. La composi-

zione botanica e i valori delle caratteri-

stiche delle principali specie sono state

valutate prima e dopo la siccità. Si

sono anche realizzate delle misurazioni

della fotosintesi netta, del potenziale

idrico e della respirazione del suolo.

Oltre le importanti riduzioni di resa,

l’esperienza ha mostrato che una grave

siccità comporta anche degli impatti

sui tenori nutrienti e sul valore

nutritivo del foraggio. Le misure

ecofisiologiche e pedologiche testimo-

niano un rallentamento generale di

tutto l’ecosistema (riduzione del

metabolismo delle piante e dell’attività

microbica del suolo, minore mineraliz-

zazione). Le parcelle pascolate,

caratterizzate da una coperture più

rada hanno sofferto molto più la siccità

di quelle falciate.

Page 28: Agrarforschung Schweiz, Heft 11+12, Dezember 2013

484 Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 484–491, 2013

E i n l e i t u n g

Bei der Sprühapplikation von Pflanzenschutzmitteln (PSM)

entsteht Abdrift: Wirkstoffhaltige Tröpfchen, die ausser­

halb des Zielbereichs abgelagert werden. Dieser direkte

Eintrag in Gewässer und andere Nichtzielflächen stellt

einen wichtigen Teil der Umweltbelastung durch PSM dar

(Abb.1). Verschiedene Massnahmen können Abdrift redu­

zieren und damit einen Beitrag zur angestrebten Ökologi­

sierung der Landwirtschaft leisten – ohne einhergehende

Einschränkungen für die Produktion.

Risikomindernde Massnahmen

Die Menge PSM, die ausserhalb der Kulturfläche abgela­

gert wird, nimmt mit der Distanz schnell ab. Das Umwelt­

risiko kann also vermindert werden, wenn ein Sicher­

Simon Schweizer1, Peter Kauf2, Heinrich Höhn1 und Andreas Naef1

1Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil, 8820 Wädenswil, Schweiz2Institut für Angewandte Simulation IAS, Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW,

8820 Wädenswil, Schweiz

Auskünfte: Simon Schweizer, E-Mail: [email protected], Tel. +41 44 783 61 91

Abdrift – reduzierende Massnahmen im Praxisversuch

U m w e l t

Abb. 1 | Bei jeder Sprühapplikation von Pflanzenschutzmitteln entsteht Abdrift.

Page 29: Agrarforschung Schweiz, Heft 11+12, Dezember 2013

Abdrift – reduzierende Massnahmen im Praxisversuch | Umwelt

485

Zusa

mm

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ssu

ng

Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 484–491, 2013

Bei der Sprühapplikation von Pflanzenschutz-

mitteln (PSM) werden Gewässer und andere

benachbarte Nichtzielflächen durch direkte

Abdrift belastet: Wirkstoffhaltige Tröpfchen

werden verfrachtet und ausserhalb der

Zielfläche abgelagert. Bei der Zulassung eines

PSM wird das zu erwartende Umweltrisiko

durch Abdrift abgeschätzt. Wenn nötig,

werden Abstandsauflagen zwischen 6 und

100 Metern zu Oberflächengewässern

verfügt (Sicherheitsabstand mit Einsatzver-

bot). Wird die Abdrift mit geeigneten

Massnahmen reduziert, dürfen diese

Abstände verkleinert werden. Vier abdrift-

reduzierende Massnahmen wurden unter

Praxisbedingungen der Schweizer Apfelpro-

duktion geprüft. Hecke und Injektordüsen

reduzierten die Abdrift je um rund 75 %, ein

Hagelnetz über der Obstanlage um rund

65 %. Ein grobmaschiges Netz als Windschutz

am Feldrand wirkte schlecht im Bereich von

20 % Abdriftreduktion.

heitsabstand zur sensiblen Fläche eingehalten wird, in

welchem auf die Anwendung des PSM verzichtet wird.

Genauso gut kann aber auch die Abdrift an sich redu­

ziert werden. Abdriftreduzierende Spritztechnik (Sprüh­

gerätetyp, Düsentyp, Düsengrösse, Spritzdruck, Luftun­

terstützung und Fahrgeschwindigkeit) oder physische

Barrieren (Windschutzhecken oder Netze) leisten dies

effektiv. Weitere Möglichkeiten wie z.B. einseitiges

Sprühen der Randreihen oder der Zusatz von Adjuvan­

tien wurden hier nicht berücksichtigt.

Situation in der Schweiz

Bei der Zulassung eines PSM wird das zu erwartende

Umweltrisiko durch Abdrift abgeschätzt. Die Höhe des

Risikos ergibt sich aus dem Verhältnis von Toxizität (Gif­

tigkeit) und Exposition (zu erwartende Menge). Dieses

Verhältnis wird als TER­Wert (Toxicity Exposure Ratio)

angegeben, ein Indikator für die Risikobewertung. Die

Toxizität eines Wirkstoffs wird durch ökotoxikologische

Tests mit Modellorganismen ermittelt. Für die Abschät­

zung der Exposition durch Abdrift werden standardi­

sierte Depositionsfunktionen herangezogen, welche auf

zahlreichen Praxismessungen basieren (Ganzelmeier et

al. 1995; FOCUS 2001; Rautmann et al. 2001). Es wird

unterschieden zwischen verschiedenen Kulturen und

Applikationstechniken. Die wichtigsten Kategorien sind

Obst, Wein und Flächenkulturen, wobei frühe und späte

Kulturstadien bei den Raumkulturen Obst und Wein

unterschieden werden. Bei der Abschätzung der Risiken

durch Abdrift wird davon ausgegangen, dass nach guter

agronomischer Praxis behandelt wird: Gesprüht wird nur

bei geeigneter Witterung und mit gewartetem Gerät

und die Applikationsparameter sind an die Kultur und

deren Stadium angepasst (BAFU und BLW 2013).

Je nach Ergebnis der Risikoabschätzung werden

Sicherheitsabstände zu Gewässern verfügt, welche die

Einhaltung der TER­Grenzwerte gewährleisten. Diese

Abstände können 6, 20, 50 oder 100 m betragen. Mit

dem Einsatz von abdriftreduzierender Technik dürfen

verfügte Sicherheitsabstände verkleinert werden (BLW

2008). Der absolute Mindestabstand zu Gewässern für

alle PSM­Anwendungen beträgt in der Schweiz drei

Meter gemäss ChemRRV (2005) und sechs Meter für

Betriebe, die den ökologischen Leistungsnachweis (ÖLN)

erbringen.

Sicherheitsabstände zu Gewässern betreffen einen

wesentlichen Anteil der produktiven Fläche der Schwei­

zer Landwirtschaft. In den Kantonen TG, ZH, VD und VS

würde ein Abstand von 100 Metern zu Oberflächenge­

wässern mehr als 20 % aller Kulturflächen (ohne Grün­

land) mit Einschränkungen belegen, wie eine Abklärung

der räumlichen Situation mittels Geoinformationssystem

(GIS) ergab (Publikation in Vorbereitung). Es ist deshalb

von grossem Interesse, die Abdrift an sich zu vermindern,

um die Abstände zu verkleinern.

Die Schweizerische Regelung zur Risikoverminde­

rung im Pflanzenschutz wird aktuell überarbeitet. Für

die Abdrift wird ein kumulatives System diskutiert, wel­

ches eine Verkleinerung des verfügten Sicherheitsab­

standes durch die Kombination verschiedener abdriftre­

duzierender Massnahmen ermöglichen soll.

Ziel des Versuchs

Es wurden Abdrift­Reduktionsfaktoren für das oben

erwähnte System ermittelt. D.h., jede der untersuchten

Massnahmen wurde in verschiedenen Kombinationen

getestet, um einen mittleren Reduktionsfaktor angeben

zu können.

Der Versuch wurde praxisnah geplant und durchge­

führt. Als Modellkultur wurde Obstbau gewählt. Trotz

seiner beschränkten Gesamtfläche ist Obstbau bezüglich

Abdrift wichtig, einerseits wegen dem intensiven PSM­

Einsatz, andererseits weil die Abdrift in Raumkulturen

stärker ist als im Feldbau.

Page 30: Agrarforschung Schweiz, Heft 11+12, Dezember 2013

Umwelt | Abdrift – reduzierende Massnahmen im Praxisversuch

486 Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 484–491, 2013

M a t e r i a l u n d M e t h o d e n

Versuchsanordnung

Die Abdrift­Messungen wurden vom 30. Oktober bis am

16. November 2012 auf dem Obstbau­Versuchsbetrieb

des BBZ Arenenberg in Güttingen durchgeführt, in einer

Apfelparzelle mit Golden Delicious, Arlet und Idared,

alles Spindelbäume auf M9 vf, Pflanzdistanz 3,5 × 1,1 m,

Baumhöhe 2,80 m (Höhe Hagelnetz), mittlerer Baum­

durchmesser 1,25 m, Pflanzjahr 1998. Die halbe Breite

der Parzelle wurde durch eine Windschutzhecke

begrenzt (Abb. 2, Messfläche a), die andere Hälfte

konnte wahlweise frei bleiben oder mit einem vertika­

len Netz abgeschlossen werden (Messfläche b).

Die Abdrift wurde in Zusammenarbeit mit der Gruppe

«Global Application Technology» der Firma Syngenta

ermittelt, mittels Tracertechnologie. D.h., an Stelle

eines PSM wurde eine Tracersubstanz (fluoreszierender

Farbstoff) gesprüht und ausgewertet. Die Deposition

des Tracers wurde in den Abständen 0, 1, 3, 5, 10, 15,

20, 30, 50 und 75 m vom Feldrand gemessen. Pro

Abstand und Messung wurden fünf Kollektoren aus Fil­

terpapier mit einer Fläche von je 250 cm2 ausgelegt

(Abb. 2, Abb. 3a). Bei jedem Applikationsdurchgang

wurden die äussersten fünf Obstreihen beidseitig mit

einem praxisüblichen Sprühgerät behandelt: Holder

NI800 mit Gebläse OVS50, beidseitig je sieben Düsen

Albuz ATR80 gelb, Spritzdruck 9,5 bar, Fahrgeschwin­

digkeit 6,2 km/h, Gebläseleistung insgesamt 13 000 m3/h,

Brühmenge 400 l/ha mit 180 g Tracerfarbstoff Helios

SC500 (Syngenta). Die Deposition auf den Kollektoren

(Abb. 3b) wurde in den Labors von Syngenta fluorime­

trisch quantifiziert.

Es wurden vier abdriftreduzierende Massnahmen

getestet: 1. Injektordüsen (Lechler ID 90 – 015 grün mit

8,5 bar), 2. Hagelnetz über der Obstanlage (Maschen­

weite 3,3 × 8 mm, optische Dichte 15 %), 3. Windschutz­

hecke (Hagebuche, 4,4 m hoch, 85 cm breit, optische

Dichte 82 %) und 4. vertikales Netz am Feldrand (3,8 m

hoch, gleiches Netz wie über der Anlage). Die zu prü­

fenden Massnahmen wurden in die Kategorien (Fakto­

ren) ‹Düsentechnologie›, ‹physische Barriere über dem

Feld› und ‹physische Barriere am Feldrand› gegliedert

und in allen sinnvollen Varianten kombiniert. Dies

ergab zwölf verschiedene Kombinationen (Verfahren T1

bis T12, Abb. 4). Jedes Verfahren wurde mindestens drei

Mal wiederholt.

3 m

Wetter-station

Heck

e

Verti

kales

Net

z /

Keine

Barri

ere

Kolle

ktore

n

Appli

katio

nsflä

che m

it den

5 äus

serst

en O

bstre

ihen

Mes

sfläc

he b

Mes

sfläc

he a

40 m

40m

Ausrichtung der Versuchsanordnung

5 m

10

m 1

5 m

20

m

Abb. 2 | Versuchsaufbau, massstäbliche Darstellung.

Abb. 3a | Depositionsmessung mit Filterstreifen. Im Vordergrund die abdriftreduzierende Massnahme «Netz am Feldrand», im Hin-tergrund die Windschutzhecke.

Abb. 3b | Kollektoren unter UV-Licht. Oben: Injektordüse. Unten: Hohlkegeldüse. Beide in 5 m Abstand vom Feldrand. (Foto: Stefan Wolf, Syngenta)

Page 31: Agrarforschung Schweiz, Heft 11+12, Dezember 2013

Abdrift – reduzierende Massnahmen im Praxisversuch | Umwelt

487Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 484–491, 2013

suchsdesign ein verallgemeinertes multi­faktorielles

Regressionsmodell verwendet. Dies war hier nicht mög­

lich, denn die Beeinflussung der Messwerte durch die

Wetterbedingungen konnte nicht quantifiziert werden.

Keiner der geprüften Ansätze (lineare und nicht­lineare

Modelle) lieferte zufriedenstellende Ergebnisse.

Alternativ wurde ein zweistufiges Verfahren entwi­

ckelt: Im ersten Schritt wurden Verfahrens­Paare vergli­

chen, welche sich nur in einer bestimmten Massnahme

unterschieden. Für die Düsen z.B. standen sechs solcher

Paarungen zur Verfügung (Abb. 4 vordere Ebene ↔

hintere Ebene). Für jedes dieser Vergleichspaare wurde

ein Reduktionsfaktor berechnet, wobei nur Depositi­

onswerte aus Messungen mit ähnlichen Windbedin­

gungen verglichen wurden (Ähnlichkeitsannahme:

Unterschiede der Windrichtungen ≤ 30°, der Windge­

schwindigkeiten ≤ 0,5 m/s). Nach Anwendung der Ähn­

lichkeitskriterien für die Windverhältnisse standen für

diese paarweisen Vergleiche jeweils 10 bis 30 Mess­

werte je Abstand vom Feldrand zur Verfügung. Im

zweiten Schritt wurden die individuellen Reduktions­

wirkungen dieser Paarungen zusammengeführt, um

die mittlere Abdriftreduktion für die Massnahme ange­

ben zu können. Für die Berechnung der Abdrift­Reduk­

tionsfaktoren mit ihren realistischen Variabilitäten

wurde ein nicht­parametrisches Bootstrap Verfahren

verwendet (Efron und Tibshirani 1998; Davison und

Hinkley 2003).

Die Wetterbedingungen waren während der ganzen

Messperiode sehr wechselhaft. Während jedem Mess­

durchgang (Applikation inkl. 8 Min. Wartezeit für die

vollständige Deposition) wurden alle 30 s Windrichtung,

Windgeschwindigkeit, Temperatur und Luftfeuchtigkeit

aufgezeichnet. Für die Auswertung wurden deren Mit­

telwerte verwendet (vektorielle Mittel für Windge­

schwindigkeit und ­richtung). Die Windrichtung wurde

als Abweichung zur Ausrichtung der Versuchsanordnung

berechnet. Für die Auswertung wurden alle Wiederho­

lungen mit Abweichung der Windrichtung > 40° und

Windgeschwindigkeiten < 0,5 m/s ausgeschlossen (18

von 56). Die verwendeten Messwerte wurden bei Wind­

richtungen zwischen ­39,6 und 20,3°, bei Windgeschwin­

digkeiten zwischen 0,6 und 2,8 m/s, bei Temperaturen

zwischen 3 und 10,5 °C und bei relativer Luftfeuchtigkeit

zwischen 59,3 und 100 % erhoben.

Berechnung der Abdrift-Reduktionswerte mit nicht-

parametrischem Bootstrap

Abdrift­Reduktionsfaktoren werden nach ISO 22369 – 2

(2010) durch den Vergleich eines Kandidaten mit einem

Referenzverfahren ermittelt. Dieses Experiment hatte

jedoch nicht das Ziel, eine einzelne Technologie mit

einer gegebenen Referenz zu vergleichen. Es wurden

Reduktionsfaktoren für mehrere Massnahmen gesucht,

welche in Kombination eingesetzt werden können. Übli­

cherweise würde für ein solches mehrfaktorielles Ver­

T10T6

T12T8

T2

T4

Feld

rand

frei

Win

dsch

utzh

ecke

Vert

ikal

es N

etz

T 7 T11

Injektor-Düse

T3

T5 T9T1

X

Y

Z

Hohlkegel-Düse

Abb. 4 | Darstellung aller Verfahren als dreidimensionale Matrix. Jede Box steht für ein Verfahren (T: Treatment), jede Ebene steht für eine Faktorstufe. X: Physische Barriere am Feldrand, Y: Physische Barriere über dem Feld, Z: Düsentechnologie.

Page 32: Agrarforschung Schweiz, Heft 11+12, Dezember 2013

Umwelt | Abdrift – reduzierende Massnahmen im Praxisversuch

488 Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 484–491, 2013

Im nichtparametrischen Bootstrap wurde aus den ver­

fügbaren Messwerten einer Vergleichspaarung eine

realistische Verteilung des Reduktionsfaktors simuliert

(Abb. 5a). Dafür wurden je Variante und Abstand zufäl­

lig Messwerte gezogen (mit Zurücklegen). Aus dem

Vergleich der Mediane der beiden Ziehungen ergab

sich dann jeweils ein Reduktionsfaktor. Diese Ziehun­

gen mit Medianvergleichen (Replicates) wurden

solange wiederholt, bis sich die Verteilung des Redukti­

onsfaktors stabilisierte (Abb. 5b). Statistisch entspricht

dies einem Sampling von Stichproben aus nicht­parame­

trischen Ver teilungen zur Bestimmung der Verteilung

einer Zielgrösse (parametrische Methoden sind hier

nicht sinnvoll, da z.B. eine Normalverteilung aufgrund

kleiner Samplezahlen nicht plausibilisiert werden kann).

Für jedes Vergleichspaar, das für die Bestimmung

einer Massnahme zur Verfügung stand, wurde eine sol­

che Reduktionsfaktor­Verteilung ermittelt. Diese Vertei­

lungen wurden dann aggregiert und ergaben so das

Endresultat: Den Reduktionsfaktor für eine bestimmte

Massnahme mit seiner Variabilität, unter Berücksichti­

gung der verschiedenen Massnahmen­Kombinationen

und Wetterverhältnisse.

R e s u l t a t e

Die Plausibilität der Güttinger Messungen wurde im

Vergleich mit den Depositionsfunktionen (90. Perzen­

tile und Mediane) nach Rautmann (Rautmann et al.

2001; Rautmann 2003) bestätigt. Die Depositionen aus

Verfahren T1 (Abb. 6) entsprechen weitgehend diesen

Funktionen.

Die Auswertung wurde auf die Distanzen zwischen drei

und 20 Metern beschränkt, korrespondierend mit ISO

22866 (2005), wonach die Messdistanz höchstens halb

so weit sein darf, wie die Applikationsfläche breit ist

(hier 40 m je Messfläche). Die mittels nichtparametri­

schen Bootstraps ermittelten Abdrift­Reduktionswerte

für die vier geprüften Massnahmen sind in Tabelle 1

zusammengestellt.

D i s k u s s i o n

Abdriftreduzierende Massnahmen

Die eingesetzte Injektordüse reduzierte die Drift

um  rund 75 %, was der Einschätzung nach Van de

Zande et al. (2012) für die gleiche Düse entspricht.

Deren Resultate wurden anhand einer Untersuchung

des Tropfengrössenspektrums (Volumenanteil von

Tropfen < 100 µm) erstellt und per Feldmessung verifi­

ziert.

Ein Hagelnetz über der Obstanlage reduziert nach

Herbst et.al. (2012) die Abdrift um mindestens 50 %, je

nach Düsentyp auch bis 75 %. Auch dies wurde in Güt­

tingen bestätigt, indem das Hagelnetz eine mittlere

Reduktion (d.h., sowohl die Verfahren mit Injektor­

düse wie auch jene mit Hohlkegeldüse wurden berück­

sichtigt) von 67 bis 84 % bewirkte.

Verteilung desReduktionsfaktorsfür T1 / T2

Messwerte derVergleichspaarung T1 / T2 (n=15)

nicht-parametrischer Bootstrap (Replicates)

T1 (5 m) T2 (5 m)

Anzahl Bootstrap Replicates

10 20 30 100 300 500 700 1000 1500Re

dukt

ion

0,5

0,6

0,7

0,8

Stabilisierung der Reduktionsfaktor-Verteilung

Abb. 5 | A) Aus den Stichproben wurde eine Verteilung des Reduktionsfaktors bestimmt (Bsp. Düsen, Vergleichs-paarung T1 / T2, Abstand 5m). B) Bei ca. 500 Replicates stabilisierte sich die Verteilung für den Reduktionsfaktor.

A) B)

Page 33: Agrarforschung Schweiz, Heft 11+12, Dezember 2013

Abdrift – reduzierende Massnahmen im Praxisversuch | Umwelt

489Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 484–491, 2013

diesem Hintergrund zu sehen. Trotzdem kann festgehal­

ten werden, dass mit dem Einsatz des vertikalen Netzes

kaum eine Abdriftreduktion erzielt werden konnte,

obwohl das gleiche Netz verwendet wurde wie über der

Obstanlage. Weitere Untersuchungen müssen zeigen,

ob mit einem anderen Material – z.B. mit einem feinma­

schigen Insektenschutznetz oder mit einem Windschutz­

flies – bessere Effekte erzielt werden können.

Interpretation der Resultate

Die in Tabelle 1 angegebenen Reduktionsfaktoren lie­

gen im Rahmen der Resultate verschiedener Europäi­

scher Institutionen, obwohl in diesem Versuch die

Massnahmen in unterschiedlichen Kombinationen eva­

luiert wurden. Eine Regelung zur Verkleinerung von

Sicherheitsabständen, welche die Reduktionsfaktoren

kumulativ interpretiert, ist also möglich. Aus Sicht der

Praxis ist dies zu wünschen, denn so bleibt den Produ­

zenten grösstmögliche Freiheit in der Wahl der Mass­

nahmen. Die Streuungen der Reduktionswerte sind

jedoch relativ gross; die Quartile liegen z.T. weit vom

Median entfernt (Tab. 1). Dafür verantwortlich ist zu

weiten Teilen der Einbezug dieser verschiedenen Mass­

nahmen­Kombinationen, aber auch die praxisgerechte

Berücksichtigung der unterschiedlichen Wetterbedin­

Für Hecken werden Reduktionswerte von 10 % im Win­

ter (Wenneker und Van de Zande 2008) bis zu 90 % im

vollen Laub (Ucar und Hall 2001) angegeben. Nach

Richardson et al. (2004) reduziert eine Hecke die Abdrift

am besten in ihrer nächsten Nähe. Je weiter weg, desto

kleiner erscheint ihre Reduktionswirkung, was die vor­

liegenden Ergebnisse tendenziell bestätigen. Kriterien

für die Beurteilung einer Hecke bezüglich ihrer abdrift­

reduzierenden Eigenschaft sind ihre Höhe (höher als

die behandelte Kultur), die Dichte (nicht zu dünn, nicht

zu dicht) und die Art: Es ist wichtig, dass die Hecke früh

Laub entwickelt. Wenneker und Van de Zande (2008)

empfehlen Ahorn, Holunder, Weissdorn oder Hagebu­

che. Die Hagebuchenhecke in Güttingen hatte eine

optische Dichte von 82 % und zeigte eine vergleichs­

weise gute Abdriftreduktion mit Medianwerten zwi­

schen 78 und 95 %.

Die Verfahren, welche das vertikale Netz am Feld­

rand als Faktor integrierten, wurden unter besonders

ungünstigen Windbedingungen durchgeführt. Nach

Anwendung der Ähnlichkeitskriterien (s.o.) konnten nur

35 Messwerte je Abstand verwendet werden. Wenige

Messwerte mit grossen Variabilitäten führten zu enor­

men Streuungen der Resultate. Dass für das vertikale

Netz z.T. negative Reduktionswerte erscheinen, ist vor

Abstand vom Feldrand [m]

Depo

sitio

n in

% d

er A

ufw

andm

enge

Median (Rautmann 2003)90. Perzentil (Rautmann et al. 2001)Verfahren T1, Güttingen 2012

0 20 40 60

0,01

0,1

1

10

Abb. 6 | Vergleich der Depositionswerte in Güttingen (Verfahren T1) mit den Depositionsfunktionen (90. Perzentile und Mediane) nach Rautmann (Rautmann et al. 2001; Rautmann 2003).

Page 34: Agrarforschung Schweiz, Heft 11+12, Dezember 2013

490

Umwelt | Abdrift – reduzierende Massnahmen im Praxisversuch

Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 484–491, 2013

gungen. Dies sollte bei der Ausarbeitung einer Rege­

lung zur Verkleinerung der Sicherheitsabstände berück­

sichtigt werden. Insbesondere bei der Kombination

mehrerer Massnahmen, welche zusammen eine sehr

grosse Abdriftreduktion ergeben würden, ist Vorsicht

angebracht. Herbst et al. (2012) hielten in diesem

Zusammenhang fest, dass in Obstanlagen nie eine

Abdriftreduktion von 99 % gemessen wurde, mit Aus­

nahme beim Einsatz von Tunnelsprühgeräten.

Die Reduktionswerte konnten für drei bis 20 Meter

Abstand vom Feldrand berechnet werden. Aus diesen

Resultaten kann nicht ohne Weiteres auf die Deposition

in grösseren Distanzen geschlossen werden: Rautmann

et al. (2001) zeigten, dass in Raumkulturen die Funktion

Deposition pro Abstand nicht kontinuierlich extrapoliert

werden kann. Es ist insbesondere zu erwarten, dass beim

Einsatz von physischen Barrieren am Feldrand die

Abdriftreduktion mit zunehmender Distanz abnimmt

(vgl. Richardson et al. 2004).

S c h l u s s f o l g e r u n g e n

Die Wirkungen der abdriftmindernden Massnahmen im

Güttinger Versuch entsprechen weitgehend den Ergeb­

nissen aus anderen Europäischen Versuchen.

Eine Regelung für die Verkleinerung von Sicherheits­

abständen, welche abdriftreduzierende Massnahmen

frei kombinierbar einsetzt, ist aufgrund der Resultate

möglich. Die grossen Streuungen der Reduktionsfakto­

ren sind jedoch bei der Verwendung der Werte zu

berücksichtigen. Sie zeigen die Variabilität der Abdrift­

reduktion unter Praxisbedingungen.

Mit dem nichtparametrischen Bootstrap im mehrfak­

toriellen Versuchsdesign wurde eine Methode gefunden,

welche die Bewertung einer abdriftreduzierenden Mass­

nahme in unterschiedlichen Kombinationen und bei ver­

schiedenen Wetterbedingungen ermöglichte.� n

Mediane und Quartile derAbdriftreduktion [%]

3 m 5 m 10 m 15 m 20 m

Injektordüsen (n=105) 8086

8187

7985

8389

7688

74 74 67 45 33

Hagelnetz (n=105) 6778

6787

7696

8492

7994

49 56 64 67 57

Windschutzhecke (n=80) 9598

8494

8598

8696

7892

89 73 62 66 48

Vertikales Netz (n=35) 2178

2970

1955

735

-44-13

-8 8 -36 -22 -73

Tab. 1 | Mediane und Quartile der Abdriftreduktion in %, für die vier geprüften Massnahmen je Abstand zum Feldrand. Resultate der Berechnung aus dem mehrfaktoriellen Versuchsdesign mittels nichtparametrischem Bootstrap. n: Anzahl Messwerte je Abstand.

Page 35: Agrarforschung Schweiz, Heft 11+12, Dezember 2013

491

Abdrift – reduzierende Massnahmen im Praxisversuch | Umwelt

Ria

ssu

nto

Sum

mar

y

Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 484–491, 2013

Spraydrift – mitigation measures in field

trials

Drug-containing droplets from the applica-

tion of plant protection products (PPP) can

be transported and deposited outside of the

target area, which is called direct spray drift

and affects adjacent waterbodies and other

non-target areas. The environmental risk

expected through spray drift of PPP is

estimated as part of the authorization-pro-

cess. If necessary, spray free buffer zones of

6 to 100 m must be applied towards surface

waters. If drift is reduced by appropriate

measures, the width of these buffer zones

could be diminished. Four drift reduction

measures have been tested under practical

conditions of Swiss apple production.

Windbreak hedges or injector nozzles

reduced drift by approx. 75 % each, a hail

net on the top of the orchard by approx.

65 %. A coarse-mesh net as a windbreak at

the edge of the field showed an effect of

about 20 % drift reduction only.

Key words: risk mitigation measures, spray

drift, nozzles, windbreaks, hail net, vertical

net, buffer zones, plant protection products,

orchard, bootstrap, tracer.

Misure per ridurre la deriva in una prova

nella pratica

Nell’applicazione mediante irroratrice di

prodotti fitosanitari le acque superficiali e

altre superficie limitrofe non interessate

sono contaminate dalla deriva: goccioline

contenenti sostanze attive vengono

trasportate e depositate al di fuori della

zona di destinazione. Nel corso del

processo di omologazione di un prodotto

fitosanitario l’atteso rischio ambientale è

stimato attraverso la deriva. Se necessario

si stabiliscono delle zone cuscinetto tra 6 e

100 m di distanza dalle acque superficiali

(distanza di sicurezza con divieto d’appli-

cazione). Queste distanze possono essere

ridotte, se la deriva è ridotta mediante

delle misure idonee. Quattro misure per

ridurre la deriva sono state testate alle

condizioni pratiche nella produzione di

mele svizzere. Sia siepi che ugelli a

iniezione hanno ridotto la deriva di ca. il

75 %, la posa di una rete antigrandine a

coprire il frutteto di ca. il 65 %, mentre una

rete a maglie larghe posata come frangi-

vento a bordo del campo ha ottenuto

solamente il 20 % di riduzione.

Literatur ▪ BAFU & BLW, 2013. Pflanzenschutzmittel in der Landwirtschaft. Ein Mo-dul der Vollzugshilfe Umweltschutz in der Landwirtschaft. Bundesamt für Umwelt, Bern. Umwelt-Vollzug 1312. 58 S.

▪ BLW, 2008. Weisungen betreffend der Sicherheitsabstände, die bei Ober-flächengewässern einzuhalten sind, und der Massnahmen, die eine Reduktion dieser Abstände erlauben. Bundesamt für Landwirtschaft BLW, Bern.

▪ ChemRRV, 2005. Verordnung zur Reduktion von Risiken beim Umgang mit bestimmten besonders gefährlichen Stoffen, Zubereitungen und Gegenständen (Chemikalien-Risikoreduktions-Verordnung, ChemRRV). 814.81. Stand am 1. Juni 2013.

▪ Davison A. C. & Hinkley D. V., 2003. Bootstrap methods and their application. Cambridge University Press, Cambridge. 582 S.

▪ Efron B. & Tibshirani R. J., 1998. An introduction to the bootstrap. Chapman and Hall/CRC, Boca Raton, Florida. 436 S.

▪ FOCUS, 2001. FOCUS Surface Water Scenarios in the EU Evaluation Process under 91/414/EEC. Report of the FOCUS Working Group on Surface Water Scenarios, EC Document Reference SANCO/4802/2001-rev.2. 245 S.

▪ Ganzelmeier H., Rautmann D. et al., 1995. Untersuchungen zur Abtrift von Pflanzenschutzmitteln. Mitteilungen aus der Biologischen Bundesan-stalt für Land- und Forstwirtschaft Berlin-Dahlem 304.

▪ Herbst, A., Osteroth, H.-J. et al., 2012. Test procedure for drift reducing equipment. Fourth European Workshop on Standardised Procedure for the Inspection of Sprayers, SPISE 4, Lana (South Tirol), Julius-Kühn- Archiv 439, 234–238.

▪ ISO, 2005. Equipment for crop protection – Methods for field measure-ment of spray drift. Ref. Nr. ISO 22866:2005(E).

▪ ISO, 2010. Crop protection equipment – Drift classification of spraying equipment. Part 2: Classification of field crop sprayers by field measure-ments. Ref. Nr. ISO 22369-2:2010(E).

▪ Rautmann D., 2003. Drift reducing Sprayers – Testing and Listing in Ger-many. ASAE Annual International Meeting 27-30 July, Las Vegas, Nevada (USA).

▪ Rautmann D., Streloke M. et al., 2001. New basic drift values in the authorization procedure for plant protection products. Mitteilungen aus der Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft Berlin-Dahlem 383, 133–141.

▪ Richardson G. M., Walklate P. J. et al., 2004. Spray drift from apple orchards with deciduous windbreaks. Aspects of Applied Biology 71, 149–156.

▪ Ucar T. & Hall F. R., 2001. Windbreaks as a pesticide drift mitigation strategy: a review. Pest Management Science 57 (8), 663–675.

▪ Van de Zande J. C., Wenneker M. et al., 2012. Nozzle classification for drift reduction in orchard spraying. Aspects of Applied Biology 114, 253–261.

▪ Wenneker M. & Van de Zande J. C., 2008. Spray drift reducing effects of natural windbreaks in orchard spraying. In: International advances in pesticide application: Robinson College, Cambridge, UK, 9–11 January 2008 (Ed. Alexander, L. S.). Association of Applied Biologists, Welles-bourne, 25–32.

Page 36: Agrarforschung Schweiz, Heft 11+12, Dezember 2013

492 Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 492–497, 2013

E i n l e i t u n g

Die Agrarpolitik  2014 – 2017(AP  14 – 17) führt einen

Grossteil der agrarpolitischen Massnahmen kontinuier­

lich weiter. Wesentlichste Änderungen und innovative

Neuerungen erfährt das Direktzahlungssystem. Dessen

Wirksamkeit und Effizienz wird erhöht. Massnahmen

mit unspezifischer Zielausrichtung werden durch zielge­

richtete Instrumente ersetzt. Die tierbezogenen Bei­

träge für Raufutter verzehrende Nutztiere und die Tier­

haltung unter erschwerenden Produktionsbedingungen

werden in flächenbezogene Versorgungssicherheitsbei­

träge überführt. Der allgemeine Flächenbeitrag wird

aufgehoben. Die dadurch frei werdenden Mittel werden

für Instrumente zur Behebung von Ziellücken und den

Übergangsbeitrag verwendet. Letzterer stellt den sozial­

verträglichen Wechsel vom heutigen zum weiterentwi­

ckelten Direktzahlungssystem sicher. Die Summe der

Übergangsbeiträge reduziert sich jährlich in dem Aus­

mass, wie der Mittelbedarf für die leistungsorientierten

Instrumente steigt.

Im Rahmen der Qualitätsstrategie werden die Instru­

mente der Qualitäts­ und Absatzförderung erweitert.

Mit dem Ausbau von Artikel 11 Landwirtschaftsgesetz

(LwG) kann der Bundesrat Massnahmen der Branche

subsidiär unterstützen. Damit sollen Qualität, Nachhal­

tigkeit und Wertschöpfung in Produktion, Verarbeitung

und Vermarktung gesichert und verbessert sowie die

Mit der Agrarpolitik 2014 – 2017 sind neu Steillagenbeiträge und höhere Hangbeiträge vorgesehen. Sie sollen die Offenhaltung von steilen Wiesen fördern. (Foto: BLW)

Thomas Meier, Bundesamt für Landwirtschaft BLW, 3003 Bern, Schweiz

Auskünfte: Thomas Meier, E-Mail: [email protected], Tel. +41 31 322 25 99

Ausführungsbestimmungen der Agrarpolitik 2014 – 2017

A g r a r p o l i t i k

Page 37: Agrarforschung Schweiz, Heft 11+12, Dezember 2013

493

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Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 492–497, 2013

Ausführungsbestimmungen der Agrarpolitik 2014 – 2017 | Agrarpolitik

Nachdem sich das Parlament klar für die

Revision des Landwirtschaftsgesetzes, die

sogenannte Agrarpolitik 2014-2017, ausge-

sprochen hat und das Referendum nicht

zustande kam, hat der Bundesrat nun die

Ausführungsbestimmungen beschlossen.

Die geänderten Erlasse treten am 1. Januar

2014 in Kraft. Der Artikel skizziert das

Kernstück, die Regelungen der neuen

Direktzahlungsinstrumente, und zeigt auf,

wie die Verordnungsänderungen und die

Gesetzesanpassungen zusammenhängen.

Zahlreiche neue Gesetzesbestimmungen

sind zudem ohne Verordnungsbestimmun-

gen direkt anwendbar.

Zusammenarbeit innerhalb der Wertschöpfungsketten

gestärkt und Innovationen in diesen Bereichen geför­

dert werden.

Mit Artikel 14 LwG kann der Bund die Kennzeich­

nung besonders nachhaltig hergestellter Produkte

öffentlichrechtlich schützen. Die Umsetzung dieser

Bestimmung wird in einem Multistakeholderprozess

konkretisiert. Sie soll zu einem späteren Zeitpunkt auf

Verordnungsstufe umgesetzt werden.

Mit der Revision des LwG treten auch Änderungen

in neun anderen Bundesgesetzen in Kraft. Die Anpas­

sungen im Bundesgerichtsgesetz, im Bundesgesetz

über das bäuerliche Bodenrecht, im Bundesgesetz über

die landwirtschaftliche Pacht, im Raumplanungsgesetz

und im Gentechnikgesetz erfordern keine Verord­

nungsanpassungen, da diese Bestimmungen direkt

anwendbar sind. Die Änderungen im Zolltarifgesetz, im

Gewässerschutzgesetz und im Tierseuchengesetz wer­

den im Rahmen des vorliegenden Verordnungspakets

umgesetzt.

R e s u l t a t e u n d D i s k u s s i o n

Konkrete Neuerungen bei den Direktzahlungen

Die neue Direktzahlungsverordnung (DZV) ist grösser

geworden, weil die Sömmerungsbeitragsverordnung,

die Öko­Qualitätsverordnung und die Ethoprogramm­

verordnung integriert wurden. Der Gegenstand der

DZV erfasst neu alle Direktzahlungsarten. In der Ver­

ordnung werden die allgemeinen und massnahmen­

spezifischen Voraussetzungen und Begrenzungen, die

Höhe der Beiträge und das Verfahren festgelegt. Dazu

gehören auch die Bestimmungen zu den Kontrollen

und den Kürzungen. Sie enthält die folgenden neuen

Regelungen:

Voraussetzungen

Die Abstufung der Beiträge nach Tierzahl wird aufgeho­

ben. Die Abstufung nach Fläche wird nur beim Basisbei­

trag der Versorgungssicherheitsbeiträge weitergeführt.

Begrenzungen nach Einkommen und Vermögen gelten

nur beim Übergangsbeitrag.

Ökologischer Leistungsnachweis (ÖLN)

Neu wird im ÖLN die vorschriftsgemässe Bewirtschaf­

tung von Objekten in nationalen Inventaren aufgenom­

men. Beim Boden­ und Pflanzenschutz sowie bei der

Nährstoffbilanz erfolgen Anpassungen. Der ÖLN soll

integral auch bei der biologischen Landwirtschaft vor­

ausgesetzt werden, wobei für die geregelte Fruchtfolge

und den Bodenschutz die Anforderungen der nationa­

len Fachorganisation massgebend sein können.

Page 38: Agrarforschung Schweiz, Heft 11+12, Dezember 2013

Agrarpolitik | Ausführungsbestimmungen der Agrarpolitik 2014 – 2017

494 Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 492–497, 2013

Berechtigende Flächen und massgebende Tierbestände

Die beitragsberechtigte Fläche ist im Grundsatz die land­

wirtschaftliche Nutzfläche (LN). Für neu als Bauzone ein­

gezonte Flächen werden keine Direktzahlungen mehr

ausgerichtet. Die Bemessungsperiode für die massge­

benden Tierbestände wird aufgrund des Systemwechsels

neu auf das vorangehende Kalenderjahr bezogen. Bei

Tieren der Pferdegattung wird auf eine Unterscheidung

von Heim­ und Nutztieren bei der Bemessung der Direkt­

zahlungen verzichtet. Die heutigen Voraussetzungen

und Anforderungen für die Sömmerung werden grund­

sätzlich weitergeführt. Sie gelten neu auch für die Biodi­

versitäts­ und Landschaftsqualitätsbeiträge, die ab 2014

im Sömmerungsgebiet ausgerichtet werden.

Kulturlandschaftsbeiträge

Zu den Kulturlandschaftsbeiträgen zählen der Offenhal­

tungs­, der Hang­, der Sömmerungs­ und der Alpungs­

beitrag. Ein Anteil des bisherigen allgemeinen Flächen­

beitrags wird als Offenhaltungsbeitrag ausgerichtet.

Diese sollen das Verbuschen oder Verwalden von Flä­

chen verhindern. Weil in der Talzone die Offenhaltung

ohne Beiträge gewährleistet ist, gibt es keinen generel­

len Beitrag für die LN. Bei den Kulturlandschaftsbeiträ­

gen werden die bisherigen Hangbeiträge und der Söm­

merungsbeitrag integriert. Für Betriebe, die mehr als

30 % ihrer beitragsberechtigten Flächen in Hanglagen

über 35 % Neigung aufweisen, wird ein zusätzlicher

Steillagenbeitrag ausgerichtet. Dieser steigt linear mit

zunehmenden Anteil Hanglagen: Beitrag von Fr. 100.–/

ha bei einem Steillagenanteil von 30 %: Er nimmt bis

Fr.  1000.–/ha bei einem Steillagenanteil von 100 % zu.

Hangbeiträge sollen ab 2017 auch im Talgebiet und für

eine neue dritte Hangneigungsstufe über 50 % ausge­

richtet werden. Zur Sicherstellung einer angemessenen

Bestossung des Sömmerungsgebietes wird für Ganzjah­

resbetriebe, die ihre Tiere im Inland sömmern, ein

Alpungsbeitrag eingeführt. Dieser ersetzt den heutigen

Sömmerungszuschlag, der mit der Aufhebung der Bei­

träge für Raufutterverzehrer (Beiträge für RGVE und

Tierhaltung unter erschwerten Produktionsbedingun­

gen) entfällt. Er wird einheitlich über alle Zonen in glei­

cher Höhe ausgerichtet. Beim Sömmerungsbeitrag wird

für Schafe in Umtriebsweiden mit Herdenschutzmassnah­

men neu der gleiche Beitrag bezahlt wie für Schafe mit

ständiger Behirtung. Die spezifischen Beiträge für Kurzal­

pung von Milchvieh werden bis Ende 2017 fortgeführt.

Versorgungssicherheitsbeiträge

Zu den Versorgungssicherheitsbeiträgen zählen der Basis­

beitrag, der Produktionserschwernisbeitrag und der Bei­

trag für die offene Ackerfläche und Dauerkulturen. Der

heutige RGVE­Beitrag und der Zusatzbeitrag für offene

Ackerflächen und Dauerkulturen werden in einen einheit­

lichen Basisbeitrag umgelagert. Die Basisstützung für den

Ackerbau und die Dauerkulturen wird so auf das Stüt­

zungsniveau des Grünlands angehoben. Die erschwerten

Produktionsbedingungen im Berg­ und Hügelgebiet, die

heute für die Tierhaltung mit dem TEP­Beitrag berücksich­

tigt wurden, werden ab dem nächsten Jahr durch den Pro­

duktionserschwernisbeitrag ausgeglichen. Eine Abstufung

nach Produktionsintensität erfolgt bei der Dauergrünflä­

che. Für Biodiversitätsförderflächen (BFF) wird der halbe

Basisbeitrag ausgerichtet. Damit Beiträge auf den Dauer­

grünflächen bezahlt werden, muss ein Mindesttierbesatz

erreicht werden. Nur diejenigen Dauergrünflächen eines

Betriebes, die den erforderlichen Mindesttierbesatz auf­

weisen, zählen bei den Versorgungssicherheitsbeiträgen.

Biodiversitätsbeiträge

Zu den Biodiversitätsbeiträgen zählen der Qualitäts­ und

der Vernetzungsbeitrag. Sie entsprechen weitgehend

den bisherigen Beiträgen für den ökologischen Aus­

gleich, die biologische Qualität und die Vernetzung.

Qualitätsbeiträge werden neu vollständig durch den

Bund finanziert und für drei Stufen ausgerichtet. Die

Stufe I entspricht dem heutigen DZV­Niveau, die Stufe II

dem heutigen Ökoqualitäts­Niveau, in der Stufe III kön­

nen Objekte in Inventaren von nationaler Bedeutung

(z.B. Flachmoore, Amphibienlaichgebiete, Trockenwie­

sen und ­weiden) ab 2016 gefördert werden. Zusätzlich

zu den bisher geförderten Ökoelementen werden die

Elemente Uferwiese und artenreiche Grün­ und Streue­

fläche im Sömmerungsgebiet eingeführt. Für die Vernet­

zung wird der Bund neu 90 % der Beiträge übernehmen.

Synergien zu Landschaftsqualitätsprojekten sollen ins­

Abb. 1 | Mit den neuen Landschaftsqualitätsbeiträgen können Leistungen zur Erhaltung und Weiterentwicklung der Vielfalt und Qualität der Kulturlandschaft gefördert werden. (Foto: BLW)

Page 39: Agrarforschung Schweiz, Heft 11+12, Dezember 2013

Ausführungsbestimmungen der Agrarpolitik 2014 – 2017 | Agrarpolitik

495Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 492–497, 2013

Übergangsbeitrag

Der Übergangsbeitrag federt die finanzielle Differenz

zwischen den heutigen allgemeinen Direktzahlungen

und den neuen leistungsbezogenen Direktzahlungen

eines Betriebs ab. Als Residualgrösse im Direktzahlungs­

kredit wird er mit der zunehmenden Beteiligung an den

freiwilligen Programmen sinken. Für jeden Betrieb wird

ein Basiswert berechnet. Am Jahresende wird festgelegt,

welche Mittel noch für den Übergangsbeitrag zur Verfü­

gung stehen und welchen Prozentsatz beziehungsweise

Faktor vom Basiswert den Betrieben ausbezahlt wird.

Schlussbestimmungen

Die dritte Hangneigungsstufe über 50 % Hangneigung

und die Hangbeiträge im Talgebiet werden per 2017

eingeführt, weil auch die obligatorische Erfassung der

Flächen und deren Nutzung mit einem geografischen

Informationssystem erst 2017 in Kraft treten. Beiträge

der Qualitätsstufe III für Inventare von nationaler

Bedeutung sollen 2016 eingeführt werden. Für den

Nachweis zur Erfüllung des ÖLN im 2014 gelten grund­

sätzlich die bisherigen Bestimmungen der DZV. (Stand

am 1. Januar 2013).

Mittelverteilung

Gemäss dem vom Bundesrat beantragten Budget 2014

stehen für die Direktzahlungen 2809 Millionen Franken

zur Verfügung (Tab.1).

Ein Teil der Beiträge werden erst 2017 ausbezahlt.

Für die Förderung der Biodiversität nimmt der Bedarf

wegen zunehmender Beteiligung an den Massnahmen

von 306 auf etwa 350 Millionen Franken im Jahr 2017 zu.

Für den Landschaftsqualitätsbeitrag ist aufgrund des

grossen Interesses der Kantone ein höherer Finanzbe­

darf zu erwarten als ursprünglich angenommen wurde.

Er steigt von 35 auf 110 Millionen bis 2017. Ein Zuwachs

bis 2017 ist auch bei den Produktionssystembeiträgen

von 390 auf 417 und bei den Ressourceneffizienzbeiträ­

gen von 48 auf 74 Millionen Franken zu erwarten. Der

Faktor für die Berechnung der einzelbetrieblichen Über­

gangsbeitrags dürfte aus heutiger Sicht im Jahr 2014

demnach rund 0,60 und 2017 rund 0,32 betragen.

Wichtigste Änderungen in den übrigen Ausführungs-

bestimmungen

Insgesamt werden 21 Bundesratsverordnungen per

1.  Januar 2014 angepasst. In der Tabelle 2 sind bedeu­

tende Änderungen aufgeführt.

Weitere Informationen zu den Verordnungspaketen bie­

tet die BLW­Internetseite: http://www.blw.admin.ch/.

besondere beim Verfahren genutzt werden, um so den

administrativen Aufwand bei den Landwirten und den

Vollzugsstellen zu senken.

Landschaftsqualitätsbeitrag

Mit den neuen Landschaftsqualitätsbeiträgen können

Leistungen zur Erhaltung und Weiterentwicklung der

Vielfalt und der Qualität der Kulturlandschaft gefördert

werden (Abb. 1). Die Massnahmen werden in Projekten

auf Basis regionaler Ziele entwickelt. Die Beiträge wer­

den anhand eines projektspezifischen Beitragsschlüssels

und auf der Grundlage vertraglicher Vereinbarungen

ausgerichtet. Bis Ende 2017 werden die Mittel des Bun­

des für Landschaftsqualitätsbeiträge plafoniert und ent­

sprechend der LN und den Normalstössen (NST) im Söm­

merungsgebiet auf die Kantone aufgeteilt. Es gibt keine

Limitierung der Anzahl Projekte pro Kanton.

Produktionssystembeiträge

Der bisherige Bio­ und Extensobeitrag sowie die heuti­

gen Tierwohlbeiträge (BTS und RAUS) werden im Rah­

men der Produktionssystembeiträge weitergeführt. Der

Extensobeitrag soll auch für Eiweisserbsen, Ackerboh­

nen und Sonnenblumen ausgerichtet werden. Einge­

führt wird ausserdem ein Beitrag für eine graslandba­

sierte Milch­ und Fleischproduktion. Der Mindestanteil

von Wiesen­ und Weidefutter in der Futterration beträgt

im Berggebiet 85 % und im Talgebiet von 75 %. Die

RAUS­Beiträge werden leicht erhöht.

Ressourceneffizienzbeiträge

Zur Verbesserung der nachhaltigen Nutzung der natürli­

chen Ressourcen und der Effizienz beim Einsatz von Pro­

duktionsmitteln werden neu auf nationaler Ebene Mass­

nahmen zeitlich befristet gefördert (bis 2019). Eine

ausgewiesene Wirkung haben emissionsmindernde Aus­

bringverfahren, schonende Bodenbearbeitung sowie

der Einsatz von präziser Applikationstechnik im Bereich

Pflanzenschutzmittel.

(in Mio. Fr.)

Versorgungssicherheitsbeiträge 1111

Kulturlandschaftsbeiträge 501

Biodiversitätsbeiträge 307

Landschaftsqualitätsbeitrag 35

Produktionssystembeiträge 390

Ressourceneffizienzbeiträge 48

Übergangsbeitrag 417

Total 2809

Tab. 1 | Geschätzter Finanzbedarfs für die Direktzahlungs-instrumente im Jahr 2014

Page 40: Agrarforschung Schweiz, Heft 11+12, Dezember 2013

496

Agrarpolitik | Ausführungsbestimmungen der Agrarpolitik 2014 – 2017

Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 492–497, 2013

VerordnungSR-Nr.

Geänderte gesetzliche Grundlagen(Artikel im LwG, wo nichts anderes ver-merkt)

Wichtigste Änderungen

Verordnung über das bäuerliche Bodenrecht (VBB) 211.412.110

• keine

• Berücksichtigung Arbeitsaufwand für Lagerung und Verkauf selbstproduzierter Erzeugnisse bei Berechnung der Standardarbeitskräfte (SAK).

• Zusätzliche SAK-Faktoren und Zuschlägen für landwirtschaftliche Spezialkulturen und spezielle Betriebszweige.

Einzelkulturbeitragsver-ordnung (bisher: Acker-baubeitragsverordnung) 910.17

• Neuer Art. 54;• Aufhebung Art. 55, 56 und 59.

• Einzelkulturbeiträge, auch zur Gewährleistung einer angemessenen Versorgung mit Nutztierfutter.

• Der Attraktivität des Futtergetreideanbaus wird durch die stärkere relative Stützung des Ackerbaus gegenüber der Grünfläche über die Versorgungssicherheitsbeiträge verbessert.

• Unter Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit kann im Gegenzug der Einzelkulturbei-trag für Zuckerrüben von heute Fr. 1900.–/ha auf Fr. 1400.–/ha und der Beitrag für Ölsaaten (exkl. Soja) und Saatgut von Fr. 1000.–/ha auf Fr. 700.–/ha reduziert wer-den.

• Zur Förderung der Produktion von pflanzlichen Eiweissen bleibt der Beitrag für Körnerleguminosen (inkl. Soja) unverändert (Fr. 1000.–/ha).

• Keine Beiträge mehr für Faserpflanzen und für die technische Verwendung in Pilot- und Demonstrationsanlagen.

Landwirtschaftliche Begriffsverordnung (LBV) 910.91

• Beschränkung der Massnahmen zuguns-ten landwirtschaftsnaher Tätigkeiten auf Investitionshilfen, Forschung und Beratung (Art. 3 Abs. 1bis)

• Definition der landwirtschaftlichen Produktion und landwirtschaftsnahen Tätigkeiten.

• Untere Grenze für Anerkennung eines Betriebes bei 0,25 SAK.• Ausschluss von Flächen mit Fotovoltaik-Anlagen von der LN.• Erhöhung des GVE-Faktors für «andere Kühe» auf 1,0 wie für gemolkene Kühe.

Strukturverbesserungs-verordnung (SVV) 913.1

• Art. 89 Abs. 1 Bst. d und 93 Abs. 1 Bst. e: Anpassungen der Investitionshilfen zur Senkung der Produktionskosten und zur Verbesserung der langfristigen Wettbe-werbsfähigkeit der unterstützten Betrie-be

• Art. 89a, 97 Abs. 1 und 7, 108 Abs. 1bis und 2 und 166 Abs. 2 LwG, Aufhebung Art. 87 Abs. 2

• Art. 106 Abs. 1 Bst. d und Abs. 2 Bst. e• Art. 107a Abs. 1

• Förderung von Kooperationen zur Senkung der Produktionskosten.• Langfristige Tragbarkeit und gesamtbetriebliche Risikobeurteilung als Voraussetzung

für Investitionshilfen.• Ersatz des Begriffs «ortsüblicher Bewirtschaftungsbereich» durch maximale Fahrdis-

tanz von 15 km.• Aufhebung Einkommensgrenze und Erhöhung der Vermögensgrenze für verheiratete

Gesuchstellerinnen oder Gesuchsteller.• Erhöhung der Anreize für Pachtlandarrondierungen durch höhere Entschädigungs-

ansätze und Reduktion der minimalen Abtretungsdauer.• Sicherstellung der Wettbewerbsneutralität durch ein Anhörungsverfahren bei grossen

Projekten, die obligatorische Publikation im kantonalen Amtsblatt und Einsprache-möglichkeit für betroffene Gewerbebetriebe.

• Ausdehnung der Investitionskredite auf Massnahmen zur Marktanpassung von Spezialkulturen und zur Erneuerung von Dauerkulturen.

• Investitionskredite für Bauten und Einrichtungen gewerblicher Kleinbetriebe auch im Talgebiet.

Verordnung über die so-zialen Begleitmassnah-men in der Landwirt-schaft (SBMV)914.11

• Die Befristung der Umschulungsbeihilfen wird um vier Jahre bis Ende 2019 verlän-gert werden (Art. 86a Abs. 3).

• Rechtliche Grundlage zur Umverteilung der Bundesmittel im Fonds de roulement zwischen Kantonen mit hoher und knapper Liquidität.

• Harmonisierungen mit der Strukturverbesserungsverordnung.

Agrareinfuhrverordnung (AEV) 916.01

• Das BLW kann gewisse Zollansätze an-passen (Zolltarifgesetz Art. 10 Abs. 3).

• Kompetenz des BLW zur Festsetzung der Zollansätze für Zucker und Brotgetreide.• Reduktion des Referenzpreises zur Bemessung der Grenzabgaben für Brotgetreide

um 3  Franken je 100 kg.

Landwirtschaftliche Absatzförderungsver-ordnung (LAfV) 916.01

• Der Bund kann Massnahmen zu treffen, um angesichts der stetigen Öffnung der Märkte die Ausrichtung der Land- und Ernährungswirtschaft auf eine gemeinsa-me Qualitätsstrategie zu unterstützen (Art. 2 Abs. 3, 10, 11, 12 Abs. 1-3, 14 Abs. 4).

• Der Bund erhält die Kompetenz, die Kennzeichnung besonders nachhaltig hergestellter Produkte öffentlich-recht-lich zu schützen (Art. 14 Abs. 1 Bst. f).

• Rechtsgrundlage zur Förderung von Exportinitiativen.• Aufhebung der Kofinanzierung von regionalen Absatzförderungsprojekten; Teilpro-

jekte von nationalen oder überregionalen Projekten können jedoch weiterhin unter-stützt werden.

• Unterstützung von Massnahmen im Bereich der Verpackungsgestaltung (Layout/ Design), wenn sie die Wiedererkennbarkeit der Schweizer Herkunft am Verkaufs-punkt sicherstellen.

• Anforderungen an das gemeinsame Erscheinungsbild (Schweiz.Natürlich) gelten neu auch für überregionale Projekte und nicht produktgebundene Vorhaben (z.B. Kom-munikation für gemeinwirtschaftliche Leistungen).

Verordnung über die Förderung von Qualität und Nachhaltigkeit in der Land- und Ernäh-rungswirtschaft

• Befristete Unterstützung von wertschöpfungsrelevanten Qualitäts- und Nachhaltigkeits-programmen.

• Befristete Förderung innovativer Projekte der Wertschöpfungskette.

Obstverordnung (bis-her: Obst- und Gemüse-verordnung) 916.131.11

Art. 58 • Abs. 1: Neu auch für Beerenobst. • Abs. 2: Bis 2017 befristete Umstellungs-

beiträge für Früchte und Gemüse.

• Einführung von Beiträgen zur Herstellung von Beerenobstprodukten. • Die Einführung von Massnahmen gemäss Art. 58 Abs. 2 wird im Jahr 2014 zusam-

men mit der Branche geprüft.

Tab. 2 | Weitere Verordnungsänderungen und deren neue gesetzliche Grundlagen

Page 41: Agrarforschung Schweiz, Heft 11+12, Dezember 2013

497

Ausführungsbestimmungen der Agrarpolitik 2014 – 2017 | Agrarpolitik

Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 492–497, 2013

Literatur ▪ 12.021, 2012. Botschaft zur Weiterentwicklung der Agrarpolitik (Agrar-politik 2014-2017) vom 1. Februar 2012.

▪ Mo 06.3635 Weiterentwicklung des Direktzahlungssystems

VerordnungSR-Nr.

Geänderte gesetzliche Grundlagen(Artikel im LwG, wo nichts anderes ver-merkt)

Wichtigste Änderungen

Schlachtviehverordnung (SV) 916.341

• Art. 48 Abs. 2bis

• Zuteilung von 40 % der Zollkontingentsanteile bei Fleisch von Rindern, Schafen, Ziegen und Pferden, nach der Zahl der geschlachteten Tiere ab 2015.

• Aufhebung der Beiträge für öffentliche Kälbermärkte.

Milchpreisstützungs-verordnung (MSV) 916.350.2

• Festlegung der Verkäsungszulage bei 15 Rp./kg und der Zulage für silagefreie Fütterung bei 3 Rp./kg (Art. 38 und 39 jeweils Abs. 3);

• Der Bundesrat kann neu Käse mit einem geringen Fettgehalt von diesen Zulagen ausschliessen (Art. 38 Abs. 2 und 39 Abs. 2).

• Keine Zulage für verkäste Milch und für Fütterung ohne Silage für Milch, die zu Käse mit einem Fettgehalt von weniger als 150 g/kg Trockenmasse verarbeitet wird. Aus-genommen davon sind Glarner Schabziger (traditionelles und regionalwirtschaftlich bedeutendes Produkt), Werdenberger und Liechtensteiner Sauerkäse sowie Bloder-käse (eingetragen im Register der Ursprungsbezeichnungen und geografischen Angaben).

• Zulage für Fütterung ohne Silage für silofreie Schaf- und Ziegenmilch, die zu extra-hartem, hartem oder halbhartem Käse oder Weichkäse mit geschützter Ursprungsbe-zeichnung verarbeitet wird.

• Zulagen werden nur für die Ausgangsrohstoffe Vollmilch, Magermilch und standardi-sierte Milch ausbezahlt; keine Zulagen für Rahm, der zu Mascarpone verarbeitet wird.

Verordnung über die Ausrichtung von Beiträ-gen an die Kosten der Entsorgung von tieri-schen Nebenprodukten916.407

Tierseuchengesetz• Art. 45a • Aufhebung Art. 62

• Ausweitung der Entsorgungsbeiträge für Tiere der Pferdegattung und Geflügel ab 2014; • Die Beiträge zur Entsorgung tierischer Nebenprodukte in ausserordentlichen Situati-

onen kann nicht mehr nur in Zusammenhang mit BSE, sondern auch aufgrund ande-rer Tierseuchen ausgerichtet werden.

Tab. 2 | Fortsetzung

Ria

ssu

nto

Sum

mar

y

New regulation on the Swiss agricultural

policy for 2014–2017

Since the Swiss parliament voted

overwhelmingly in favour of the revised

Federal Act on Agriculture, the so-called

Agriculture Policy for 2014–2017, and too

few signatures in favour of a referendum

against the policy were collected, the

Federal Council has now drawn up

provisions for implementation. The

modified decrees will come into force on

1st January 2014. This article outlines the

key points, the regulations concerning

the new tools for direct payments, and

demonstrates how the changes to the

regulation relate to the modifications of

the law. In addition, many provisions in

the revised Act can be applied without

the need for implementing regulations.

Key words: agricultural policy 2014–2017,

legislation, direct payments, market

subsidies, reform of agricultural policy.

Disposizioni d’esecuzione sulla Politica

agricola 2014–2017

Alla luce della chiara posizione del

Parlamento a favore della revisione

della legge sull’agricoltura, la cosid-

detta Politica agricola 2014–2017 e del

fallimento del referendum, il Consiglio

federale ha varato le rispettive

disposizioni d’esecuzione. Le modifiche

degli atti normativi entreranno in

vigore il 1° gennaio 2014. L’articolo

illustra l’elemento cardine, vale a dire il

disciplinamento dei nuovi strumenti

dei pagamenti diretti, nonché le

interazioni tra le modifiche d’ordi-

nanza e gli adeguamenti della legge.

Numerose nuove disposizioni conte-

nute nella legge sono direttamente

applicabili senza dover essere discipli-

nate a livello d’ordinanza.

Page 42: Agrarforschung Schweiz, Heft 11+12, Dezember 2013

498 Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 498–500, 2013

Die Zeit bis zum Inkrafttreten der Agrarpolitik

2014 – 2017 (AP 14 – 17) ist kurz. Die unternehmerischen

Fähigkeiten der landwirtschaftlichen Betriebsleiterin-

nen und Betriebsleiter sollen zur Geltung gebracht und

die Wettbewerbsfähigkeit ihrer Betriebe weiter erhöht

werden. Im Vordergrund stehen eine strategisch

geschickte Platzierung der Produkte auf den Märkten

und ein kluges Ressourcenmanagement. Mitte Oktober

2013 war den Bauernfamilien und den sie begleitenden

Multiplikatorinnen und Multiplikatoren noch nicht

bekannt, wie das neue Direktzahlungssystem im Detail

funktionieren wird. Nichtsdestotrotz wollen sie die Her-

ausforderungen der Reform gemeinsam angehen. Um

das in vielerlei Hinsicht komplexe und anspruchsvolle

Unterfangen zu unterstützen, hat die AGRIDEA die

Internetplattform «Focus AP-PA.ch» lanciert.

Im Nachgang zu den parlamentarischen Debatten zur

Agrarpolitik 2011 wurde der Bundesrat beauftragt, das

Direktzahlungssystem zu überprüfen. Im März 2011

wurde das Projekt für eine neue agrarpolitische Basis für

die Periode 2014 – 2017 vom Bundesrat in die Vernehm­

lassung geschickt. Seither ist der Gesetzgebungsmecha­

nismus in vollem Gang: Hin und Her zwischen Bundesrat,

Eidgenössischen Räten sowie Akteurinnen und Akteuren

der Agrarpolitik, Vernehmlassungen und Referendums­

möglichkeiten. In diesem 30 Monate anhaltenden Klima

der Ungewissheit setzten die Bauernfamilien ihre Strate­

gien um und versuchten, trotz vielen Unbekannten, vor­

auszuplanen.

Um bestmöglich auf die Anliegen und Bedürfnisse

der Akteurinnen und Akteure des landwirtschaftlichen

Wissens­ und Innovationssystems reagieren zu können

und sie umfassend an den aktuellen Entwicklungen

teilhaben zu lassen, wurde am 19. April 2013, einen Tag

nach Vernehmlassungsbeginn zu den Ausführungsbe­

stimmungen der Agrarpolitik 14 – 17, die Plattform

Focus AP­PA.ch (www.focus­ap­pa.ch) aufgeschaltet.

Die Plattform wächst mit den vom Bundesamt für Land­

wirtschaft (BLW) mitgeteilten Neuerungen und Infor­

mationen.

Plattform «Focus AP-PA.ch»

Die Plattform «Focus AP­PA.ch» ist ein Web 2.0­Instru­

ment. Es stellt den Multiplikatorinnen und Multiplikato­

ren in der Landwirtschaft und im ländlichen Raum Infor­

mationen aus erster Hand sowie Unterlagen und

Arbeitsinstrumente zu den Neuerungen zur Verfügung,

die die Umsetzung der AP 14 – 17 erleichtern. Um die

Adressatinnen und Adressaten gut zu erreichen, ist die

Plattform dreisprachig: Deutsch, Französisch und in eini­

gen Bereichen Italienisch.

Einen Tag nach Beginn der Vernehmlassung zu den Ausführungsbestimmungen zur AP 14–17 hat die AGRIDEA die Plattform www.focus-ap-pa.ch im Internet aufgeschaltet.

Agrarpolitik im Web 2.0

Kim Anh Joly und Sylvie Aubert

Agridea, 1006 Lausanne

Auskünfte: Kim Anh Joly, E-Mail: [email protected], Tel. +41 21 619 44 57

K u r z b e r i c h t

Page 43: Agrarforschung Schweiz, Heft 11+12, Dezember 2013

Agrarpolitik im Web 2.0 | Kurzbericht

499Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 498–500, 2013

Focus AP­PA.ch ist

•• ein Informationsportal, auf dem die AGRIDEA mit

Unterstützung ihrer Partner – dem BLW und dem

BeratungsForum Schweiz (BFS) – die wesentlichen

Informationen zur AP 14 – 17 zusammenträgt und zur

Verfügung stellt;

•• ein Dokumentationspool, der im Hinblick auf die

Umsetzung der neuen Massnahmen den Austausch

und die Nutzung von Dokumenten und praktischen

Hilfsmitteln fördert;

•• ein Ort für den Wissens- und Erfahrungsaustausch:

Die Partner im Landwirtschaftlichen Wissenssystem

– Verwaltung, Forschung, Beratung und Bildung sowie

die Kantone – arbeiten eng zusammen, um aktuelle

Fragestellungen, Erfahrungen und Erkenntnisse bereit

zu stellen. Die Plattform unterstützt den Austausch im

Netzwerk.

Zwei interessante Hilfsmittel

Berechnung der Beiträge gemäss AP 14 – 17

Die AGRIDEA stellt mit dem Beitragsrechner AP 14 – 17

ein Tool für die Berechnung der neuen Direktzahlungen

zur Verfügung (Excel). Das Tool basiert auf dem neuen,

am 1. Januar in Kraft tretenden Direktzahlungssystem.

Ziel ist es, die Bauernfamilien zu ermutigen, über ihre

Betriebsstrategie nachzudenken. Beim Download des

Instruments wird auf die kantonalen Beratungsstellen

verwiesen, die die Überprüfung und die Interpretation

der Ergebnisse gerne begleiten.

Bisher war der Rechner nur einem geschlossenen Kreis

von Multiplikatorinnen und Multiplikatoren zugänglich.

Durch das freie und unentgeltliche Herunterladen des

Berechnungstools im Internet haben nun alle Interessier­

ten Zugang. Sowohl Beratungskräfte als auch interes­

sierte Landwirtinnen und Landwirte haben die Möglich­

keit, die voraussichtlichen Direktzahlungsbeträge für

einen Landwirtschaftsbetrieb zu berechnen. Die Basis

bilden die neusten veröffentlichten offiziellen Zahlen.

Eine neu überarbeitete Version des Tools, mit den defini­

tiven Beträgen, wurde kurz nach Bekanntgabe des defi­

nitiven Verordnungspakets AP 14 – 17 aufgeschaltet.

Seit der Rechner online zur Verfügung steht, haben

verschiedene Beratungsdienste ihre Kunden auf die

Möglichkeit aufmerksam gemacht und ihnen empfoh­

len, die künftige Situation betreffend die Direktzahlun­

gen ihres Betriebs zu prüfen. Basierend darauf boten sie

Unterstützung in Form einer individuellen Beratung

oder − wie beispielsweise mit dem «AP14­Check» des

Kantons Bern − die Möglichkeit, in einem Arbeitskreis

mitzuwirken (http://www.inforama.vol.be.ch/inforama_vol/de/index/beratung/beratung/agrarpolitik_2014 – 2017/

ap14­check.html). Bei den Unterstützungsangeboten

geht es darum, dass die Bauernfamilien die Entwicklung

ihres Betriebs im Hinblick auf die sich ändernden Rah­

menbedingungen überdenken und allenfalls anpassen.

Berechnung der Futterbilanz

Die Graslandbasierte Milch- und Fleischproduktion war

das grosse, umstrittene Thema im Frühjahr, als das Ver­

ordnungspaket mit den Ausführungsbestimmungen

zur AP 14 – 17 in die Vernehmlassung gegeben wurde.

In Zusammenarbeit mit dem BLW erarbeitete die AGRI­

DEA darauf innert kurzer Frist ein erklärendes Doku­

ment (Factsheet) sowie das GMF­Tool (Excel) für die

Berechnung der Futterbilanz für die Graslandbasierte

Milch- und Fleischproduktion und stellte es online zur

Verfügung. Die Hilfsmittel erklären die neu vorgeschla­

gene Beitragsart und zeigen vor allem die Bedingun­

gen für die Gewährung des Beitrags auf. Eine offene

Diskussion über die Schwierigkeiten, die neue Mass­

nahme umzusetzen, wurde somit zwischen den bäuer­

lichen Kreisen und der Bundesverwaltung möglich. Die

Erkenntnisse daraus konnten in die Stellungnahmen

zur AP 14 – 17 einfliessen.

Möglichkeiten noch nicht ausgeschöpft

Bei der AGRIDEA ist eine vierköpfige «Task Force» beauf­

tragt, die Plattform zu betreiben (Abb.1). Die Task Force

koordinierte im Frühjahr auch die Inbetriebnahme.

Heute betreibt sie die Plattform und ist für den techni­

schen Unterhalt zuständig. Vor allem jedoch veröffent­

Abb. 1 | Die Mitglieder der AGRIDEA-Task Force «Focus AP-PA.ch» (von links nach rechts) Esther Thalmann, Bruno Arnold, Sylvie Aubert, Kim Anh Joly.

Page 44: Agrarforschung Schweiz, Heft 11+12, Dezember 2013

Kurzbericht | Agrarpolitik im Web 2.0

500 Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 498–500, 2013

licht sie die Inhalte und die Informationen über die Ent­

wicklungen im Zusammenhang mit der AP 14 – 17. Die

Erledigung all dieser Aufgaben war nur dank der erfolg­

reichen Zusammenarbeit und des guten Arbeitsklimas

zwischen allen beteiligten Projektpartnern möglich.

Das BeratungsForum Schweiz unterstützt den Ansatz

von Focus AP­PA.ch voll und ganz, denn sie ermöglicht

der Beratung

•• die Bündelung der Kräfte durch das einheitliche,

gesamtschweizerische Vorgehen und die gemeinsa­

men Tools. Diese Synergie spart Arbeitskraft und

­mittel der kantonalen Beratungsdienste, die ander­

weitig zugunsten der Bäuerinnen und Bauern einge­

setzt werden können;

•• die laufende Aktualisierung der Informationen und

Berechnungstools für einen grösstmöglichen Realitäts­

bezug. Alle verfügen gleichzeitig über die gleichen

Informationen am selben Ort und haben so die

gleichen Voraussetzungen und Möglichkeiten.

Von den Partnern wird die Möglichkeit, sich auf Focus

AP­PA.ch über das Geschehen in der Praxis auszutau­

schen und die Beratungs­ und Weiterbildungsangebote

bekannt zu machen, leider noch wenig genutzt.

In Arbeit … eine FAQ-Sammlung

Die Plattform Focus AP­PA.ch bietet einen Raum für Wis­

sen an. «Le savoir? Le voilà, partout sur la toile, disponi­

ble, objectivé. (…) Objectivé, certes, mais, de plus, distri­

bué», wie sich Michel Serres ausdrückt. Die AGRIDEA will

einen Schritt weiter gehen, um noch besser auf die

Erwartungen der Partner eingehen zu können, die die

Schweizer Landwirtschaftsbetriebe begleiten. Die kon­

krete und operationelle Umsetzung der neuen Rahmen­

bedingungen ist in den nächsten Monaten eine Heraus­

forderung. Ziel: Den Zug der neuen Agrarpolitik nicht

verpassen! Die Plattform baut deshalb eine Sammlung

häufig gestellter Fragen, ein FAQ, auf. Hier können inte­

ressierte Nutzerinnen und Nutzer ihre Fragen stellen

und sachliche fachliche Antworten erhalten. Die aktive

Teilnahme und die Zusammenarbeit der Akteurinnen

und Akteure der AP 14 – 17 werden für den Erfolg der

neuen Dienstleistung FAQ ausschlaggebend sein.

S c h l u s s f o l g e r u n g

Die Inangriffnahme einer so bedeutenden Agrarreform

wie die der AP 14 – 17 bedeutet einen Schritt ins Unbe­

kannte und erfordert neue Strategien. Auf allen Ebenen

gilt es, sich anzupassen: sowohl bei der Bauernfamilie als

auch bei der landwirtschaftlichen Beratung und Bildung,

bei der beruflichen Interessenvertretung und bei der

Verwaltung. Das Web 2.0, wie es auf Focus AP­PA.ch ein­

gesetzt wird, ermöglicht es, zum selben Zeitpunkt die

gleiche Sprache zu sprechen, rasch über die gleichen

aktuellen Informationen zu verfügen und sich unterein­

ander auszutauschen.

Diese neue Art zu kommunizieren eröffnet viele

Möglichkeiten, an Informationen und Hilfsmittel zu

gelangen und sich eine eigene Meinung zu einem Thema

zu bilden. Die grosse Flut an Wissen und Informationen

bedingt jedoch eine geschulte Begleitung, um Abwehr­

reaktionen auf Grund von Überforderung zu vermeiden.

Dies wäre genau das Gegenteil der Wirkung, die die

Partner mit Focus AP­PA.ch erzielen wollen. Das Vorha­

ben hat jedoch ein grosses Erfolgspotenzial, weil es auf

die professionelle Unterstützung der Multiplikatorinnen

und Multiplikatoren und die durch das Web 2.0 eröffne­

ten Möglichkeiten abgestimmt ist. n

Die Agrarpolitik 2014–2017 in den sozialen

Medien

Dieses Logo ist auf den BLW-

Internetseiten über die Agrarpolitik 2014-2017

zu sehen. Das BLW testet einen neuen Infor-

mationskanal für die Aktualitäten aus der

Agrarpolitik und hat dafür im April 2013 ein

Konto auf Twitter eröffnet. Bis heute erfolg-

ten 34 Tweets und es gibt 120 Follower.

Die ersten Erfahrungen zeigen, dass es vor al-

lem Journalisten, landwirtschaftliche Presse-

agenturen und Meinungsmacher im Thema

sind, die sich in diesem sozialen Netzwerk

aktiv betätigen. Eine erste Bilanz wird Anfang

2014 gezogen, bei der Inkraftsetzung der

Verordnungen.

Anne Rizzoli, Bundesamt für Landwirtschaft

Page 45: Agrarforschung Schweiz, Heft 11+12, Dezember 2013

501Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 501 2013

P o r t r ä t

«Mit meiner Tätigkeit in der Agrarforschung leiste ich

einen Beitrag an die Grundlagen der Ernährung. Ich

arbeite für etwas Gutes. Das motiviert!», sagt Corinne

Jud. Seit Juni 2013 leitet sie in Posieux FR den Fachbe­

reich Analytik am zukünftigen Institut für Nutztierwis­

senschaften von Agroscope. Forschen, organisieren,

managen – «ich habe einen sehr abwechslungsreichen

Job.» Und: «Die Mischung stimmt.»

Dass Corinne Jud (Jahrgang 1979) Forscherin wurde,

ist kein Zufall. «Schon als Kind fragte ich meinen Eltern

Löcher in den Bauch, um das Lebendige zu verstehen»,

erklärt sie. – Ihre Eltern hätten ihr schliesslich ein Armee­

täschli aus Leder besorgt, in das sie ihre Bücher wasser­

dicht verstauen konnte. Zur Ausrüstung gehörte auch

eine Pfeife, mit der sie um Hilfe rufen konnte, wenn sie

wieder einmal in einem Gestrüpp festsass.

Corinne Jud besuchte die Kantonsschule Wattwil SG.

Nach der Matura folgte ein Zwischenjahr in Genf bei

Ares­Serono SA als Datatypistin für klinische Versuche;

sie lernte Französisch und Englisch. Danach stand das

Berufsziel fest: Biochemie. Sie schrieb sich an der Univer­

sität Freiburg ein, wo sie das Studium bilingue – zwei­

sprachig – absolvierte. Nach der Diplomarbeit 2003 über

Circadiane Rhythmen, auf Deutsch «24­Stunden­Rhyth­

men», folgte 2009 die Doktorarbeit zum Thema «Der

Einfluss von Licht auf die innere Uhr von Mäusen und

Menschen». Für ihre Dissertation erhielt sie einen der

international vergebenen Chorafas*­Preise 2009.

Das nächste berufliche Kapitel schrieb sie am Adol­

phe Merkle Institut für Nanotechnologie der Universität

Freiburg: Von Anfang 2010 bis Mitte 2011 führte sie das

Protein­Labor des Lehrstuhls für Physik der Weichen

Materie. Sie arbeitete vor allem an der Verbesserung der

Aufreinigung von Proteinen aus Kälberaugenlinsen. Ziel

war es, das Zusammenspiel der Augenlinsenproteine zu

untersuchen, um längerfristig die physikalischen und

molekularen Ursachen des grauen Stars zu verstehen.

Ab Mitte 2011 war sie am Lehrstuhl für Bionanomateria­

lien beschäftigt und für den Aufbau und die spätere Lei­

tung des Zellkulturlabors verantwortlich. Gleichzeitig

leitete sie – von Seiten der künftigen Nutzer – den

Umbau der Klinik Garcia ins Adolphe Merkle Institut. Im

Januar 2013 wurde sie zur Oberassistentin befördert. Sie

arbeitete weiter daran, ein Lungenmodell der alveolä­

ren Region in Zellkultur aufzusetzen, um an diesem

Modell den Einfluss von Nanopartikeln auf die unterste

Lungenregion zu testen.

Corinne Jud ist verheiratet und wohnt in Marly FR.

Gelbe Tomaten, violette Rüebli und blaue Kartoffeln – in

der Freizeit baut sie mit ihrem Mann in ihrem Garten mit

Leidenschaft nicht alltägliche Gemüsesorten an. Weitere

Hobbys sind Spazieren, Ägyptologie, Sport treiben –

«das kommt im Moment leider zu kurz!» – und sich um

ihre drei Katzen kümmern.

Bei Agroscope in Posieux hat sie sich gut eingelebt. In

den nächsten Monaten will sie mithelfen, das neue Insti­

tut für Nutztierwissenschaften aufzubauen, damit es

sich als Institut positionieren kann. «Das Potenzial ist

vorhanden», ist sie überzeugt. Ein weiteres ihrer Ziele ist,

gute Ergebnisse mit dem Team Analytik zu erreichen –

trotz Personalreduktionen in den vergangenen Jahren –,

dabei jedoch darauf zu achten, dass die Mitarbeitenden

zwar gefordert aber nicht überfordert werden.

Und wenn sie einen Wunsch in Bezug auf die For­

schung frei hätte? – Corinne Jud: «Einen vernünftigeren

Publikationsdruck. Die Qualität und nicht die Quantität

sollte im Vordergrund stehen.»

Christine Caron-Wickli, Agroscope Liebefeld-Posieux ALP-Haras

Corinne Jud: «Ich arbeite für etwas Gutes»

*Die Dimitris N. Chorafas Stiftung vergibt ihren Preis alljährlich an junge Forschende für aussergewöhnliche Forschungsresultate in den Bereichen Biotechnologie, Umweltschutz, Informationstechnologie, Mathematik, Medizin, Physik oder im Finanzwesen. Berücksichtigt werden dabei 26 ausgewählte Universitäten in 15 Län-dern weltweit; in der Schweiz sind es die beiden ETH und die Universität Freiburg.

Page 46: Agrarforschung Schweiz, Heft 11+12, Dezember 2013

502 Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 502–507, 2013

A k t u e l l

Theodor Ballmer, Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART, 8046 Zürich

Henri Gilliand und Brice Dupuis, Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW, 1260 Nyon

Feldbesichtigt anerkannte Pflanzkartoffelflächen* 2013 in der Schweiz

Sorteangemeldete Fläche

(ha)

davon abgewiesen oder zurückgezogen

(%)

anerkannte Fläche

Total aller Zertifizierungs-klassen (ha)

Flächenanteil pro Sorte (%)

Lady Christl 32,2 0,1 32,1 2,2

Agata 44,5 0,0 44,5 3,0

Annabelle 46,3 5,5 43,8 2,9

Amandine 46,1 0,0 46,1 3,1

Celtiane 12,5 0,0 12,5 0,8

Charlotte 174,2 1,7 171,3 11,5

Lady Felicia 42,3 6,2 39,7 2,7

Gourmandine 32,3 12,2 28,4 1,9

Bintje 20,0 0,6 19,9 1,3

Victoria 110,0 4,8 104,7 7,0

Ditta 52,3 0,0 52,3 3,5

Nicola 14,6 0,0 14,6 1,0

Désirée 39,3 0,0 39,3 2,6

Laura 13,9 9,9 12,5 0,8

Agria 431,8 4,8 410,8 27,5

Jelly 29,9 0,0 29,9 2,0

Challenger 17,7 17,5 14,6 1,0

Lady Claire 53,6 0,0 53,6 3,6

Innovator 97,5 0,0 97,5 6,5

Lady Rosetta 37,0 0,5 36,8 2,5

Pirol 12,0 0,0 12,0 0,8

Fontane 57,9 0,0 57,9 3,9

Hermes 12,1 1,7 11,9 0,8

Markies 68,9 5,4 65,1 4,4

Antina 2,5 0,0 2,5 0,2

Panda 31,5 3,2 30,5 2,0

Blaue St-Galler 6,1 0,0 6,1 0,4

Alexandra 3,1 0,0 3,1 0,2

2013 1541,9 3,1 1493,9 100

2012 1532,0 3,2 1483,0 100

* Provisorische Flächen, Veränderungen zum Beispiel durch Abweisungen aufgrund der Virusuntersuchungen (ELISA) bleiben vorbehalten.

Aktuelles

Page 47: Agrarforschung Schweiz, Heft 11+12, Dezember 2013

503

A k t u e l l

Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 502–507, 2013

N e u e P u b l i k a t i o n e n

ALP aktuell 47

Futtermittel sind keine Heilmittel. Deshalb sind Heilan­

preisungen für Futtermittel unzulässig, was auch in der

Futtermittelgesetzgebung fest verankert ist.

Das Pferd ist für viele Menschen ein treuer Freizeit­

und Sportpartner. Deshalb erstaunt es nicht, dass Mann

oder Frau für sein Tier nur das Beste kaufen will und sich

vom Futtermittel mit «innovativer» Aufmachung ange­

sprochen fühlt. Derartige Produkte entsprechen jedoch

häufig nicht den Vorschriften der Futtermittel­Gesetz­

gebung, vor allem nicht in Bezug auf die Anpreisungen

von (Heil­)Wirkungen. Werden die Vorschriften nicht

beachtet, kann die amtliche Futtermittelkontrolle von

Agroscope ALP­Haras Verwaltungsmassnahmen anord­

nen, um den rechtskonformen Vertrieb der Produkte

sicherzustellen. Der Vertrieb von nicht konformen Pro­

dukten kann verboten werden.

Dieses Merkblatt

•• zeigt auf, wie Pferdefreunde unzulässige Formulierun­

gen und nicht konforme Futtermittel rasch erkennen

können;

•• erklärt die Abgrenzung von Futtermitteln zu

Tierarzneimitteln;

•• gibt Hinweise zu den allgemeinen Deklarations­

vorschriften.

Walter Glauser und Heinrich Boschung

Agroscope Liebefeld-Posieux ALP-Haras

ALP aktuell

Futtermittel für Pferde: Aufgepasst vor Heilanpreisungen!Merkblatt für die Praxis

Nr. 47 | 2013

Autoren

Walter Glauser Heinrich BoschungAgroscope Liebefeld-Posieux ALP-HarasTioleyre 4CH-1725 [email protected]@agroscope.admin.ch

Futtermittel sind keine Heilmittel. Deshalb sind Heilanpreisungen für Futtermittel unzulässig, was auch in der Futtermittel-gesetzgebung fest verankert ist. Das Pferd ist für viele Menschen ein treuer Freizeit- und Sportpartner. Deshalb er-staunt es nicht, dass Mann oder Frau für sein Tier nur das Beste kaufen will und sich vom Futtermittel mit „innovativer“ Auf-machung angesprochen fühlt. Derartige Produkte entsprechen jedoch häufig nicht den Vorschriften der Futtermittel-Gesetz-gebung, vor allem nicht in Bezug auf die Anpreisungen von (Heil-)Wirkungen. Wer-den die Vorschriften nicht beachtet, kann die amtliche Futtermittelkontrolle von Agroscope ALP-Haras Verwaltungsmass-

nahmen anordnen, um den rechtskonfor-men Vertrieb der Produkte sicherzustellen. Der Vertrieb von nicht konformen Produk-ten kann verboten werden.

Dieses Merkblatt

• zeigt auf, wie Pferdefreunde unzulässige Formulierungen und nicht konforme Futtermittel rasch erkennen können;• erklärt die Abgrenzung von Futtermitteln zu Tierarzneimitteln;• gibt Hinweise zu den allgemeinen Deklarationsvorschriften.

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ier

Bloc

h, A

gros

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Impressum

Herausgeber: AgroscopeLiebefeld-Posieux ALP-Haraswww.agroscope.ch

Redaktion:Christine Caron-Wickli, Agroscope

Gestaltung:RMG Design, Fribourg

Druck:Tanner Druck AG,Langnau im Emmental

Copyright:Nachdruck, auch auszugsweise, bei Quellenangabe und Zustellung eines Belegexemplars an die Herausgeberin gestattet.

ISSN 1660-7570

alp actuel 47_all.indd 1 23.10.13 09:24

Futtermittel für Pferde:Aufgepasst vor Heilanpreisungen!

Page 48: Agrarforschung Schweiz, Heft 11+12, Dezember 2013

504

Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 502–507, 2013

N e u e P u b l i k a t i o n e n

ART-Bericht 767

Die vorliegende Datensammlung enthält Grundlagen

und Richtwerte für die Entschädigung überbetrieblich

eingesetzter Landmaschinen. Die Entschädigungsan­

sätze sind ausdrücklich als Richtwerte zu verstehen. Sie

sind kalkulatorische Grössen, die unter den getroffenen

Annahmen eine kostendeckende Benutzung der

Maschine zwischen landwirtschaftlichen Betrieben

erlauben. In der Praxis sind die verhandelten Entschädi­

gungsansätze auch durch Angebot und Nachfrage

bestimmt, sodass sich mehr oder weniger grosse Abwei­

chungen zu den ART­Ansätzen ergeben können. Die

Arbeitsleistungen beziehen sich nur auf die effektive

Feldarbeitszeit; entsprechend sind Stör­, Rüst­ und Weg­

zeiten (ausser bei Transportgeräten) nicht berücksich­

tigt. Deshalb können die angegebenen Ansätze bei­

spielsweise nicht direkt mit jenen der Lohnunterneh­

mungen (www.agrartechnik.ch) verglichen werden.

Die Entschädigungsansätze gelten pro Arbeitsdurch­

gang. Die Treibstoffkosten sind immer inbegriffen. Für

Kostenberechnungen im Einzelfall sind die Annahmen

entsprechend der konkreten Betriebssituation anzupas­

sen.

Christian Gazzarin und Markus Lips, ART

Impressum

Herausgeber:Forschungsanstalt AgroscopeReckenholz-Tänikon ARTTänikon, CH-8356 Ettenhausen,Redaktion: Etel Keller, ART

Die ART-Berichte/Rapports ART erscheinen in rund 20 Nummern pro Jahr. Jahresabonnement Fr. 60.–. Bestellung von Abonne-ments und Einzelnummern: ART, Bibliothek, 8356 EttenhausenT +41 (0)52 368 31 31 F +41 (0)52 365 11 [email protected]: www.agroscope.ch

ISSN 1661-7568

ART-Bericht 767

Maschinenkosten 2013

Gültig bis September 2014

Inhaltsverzeichnis

1. Motorfahrzeuge 8

2. Zusatzgeräte für Motorfahrzeuge 12

3. Transport 16

4. Bodenbearbeitung 16

5. Saat, Pflege und Pflanzenschutz 20

6. Düngung und Kompostierung 24

7. Getreide-, Raps- und Körnermaisernte 28

8. Kartoffel-, Tabak- und Rübenernte 30

9. Raufutterernte 32

10. Futtereinlagerung, Futterentnahme

und Fütterung 36

11. Übrige Geräte in der Innenwirtschaft 38

12. Forstwirtschaft und Bauarbeiten 40

13. Obstbau 42

14. Rebbau und Weinbereitung 44

15. Gemüsebau 48

September 2013

Die vorliegende Datensammlung enthält Grundlagen und Richtwerte für die Ent-schädigung überbetrieblich eingesetzter Landmaschinen. Die Entschädigungsan-sätze sind ausdrück lich als Richtwerte zu verstehen. Sie sind kalkulatorische Grössen, die unter den getroffenen Annahmen eine kosten deckende Benutzung der Maschine zwischen landwirtschaftlichen Betrieben erlauben. In der Praxis sind die verhandel-ten Entschädigungs ansätze auch durch An- gebot und Nachfrage bestimmt, sodass sich mehr oder weniger grosse Abweichun-gen zu den ART-Ansätzen ergeben können.

Die Arbeitsleistungen beziehen sich nur auf die effektive Feldarbeitszeit; entsprechend sind Stör-, Rüst- und Wegzeiten (ausser bei Transportgeräten) nicht be rücksichtigt. Des-halb können die angegebenen Ansätze bei-spielsweise nicht direkt mit jenen der Lohn-unternehmungen (www.agrartechnik.ch) verglichen werden.Die Entschädigungsansätze gelten pro Ar- beits durchgang. Die Treibstoffkosten sind immer inbegriffen.Für Kostenberechnungen im Einzelfall sind die Annahmen entsprechend der konkreten Betriebssituation anzu passen.

Die Selbstkosten pro Produkteeinheit werden zu einem wesentlichen Anteil von den Maschinenkosten bestimmt. (Fotos: Christian Gazzarin, ART)

Autoren

Christian Gazzarin und Markus Lips, ART [email protected]

Maschinenkosten 2013

Aktuell

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Agrarforschung Schweiz 4 (11–12): 502–507, 2013

ART-Bericht 768

Im Jahr 2012 sind die Einkommen je Betrieb im Vergleich

zum Vorjahr hauptsächlich wegen tieferer Erlöse im

Pflanzenbau gesunken. Das landwirtschaftliche Einkom­

men der Referenzbetriebe erreichte 56 000 Franken je

Betrieb gegenüber 59 500 Franken im Vorjahr, was einer

Abnahme von 5,9 % entspricht. Das landwirtschaftliche

Einkommen verzinst einerseits das im Betrieb investierte

Eigenkapital von 465 200 Franken, andererseits ist damit

die Arbeit der 1,21 Familienarbeitskräfte zu entschädi­

gen. Der Arbeitsverdienst pro Familienjahresarbeitsein­

heit steigt infolge deutlich tieferer Zinssätze im Vergleich

zu 2011 um 0,5 % von 43 500 Franken auf 43 700 Franken.

Die Veränderung des Arbeitsverdienstes gegenüber dem

Vorjahr ist stark von der Betriebsausrichtung abhängig.

So konnten die Veredelungsbetriebe den Arbeitsver­

dienst pro Familienarbeitskraft gegenüber dem Vorjahr

unter anderem dank guter Leistungen aus der Schweine­

haltung um 28 % steigern, während dieser bei den Acker­

baubetrieben um knapp 9 % gefallen ist, da das durch­

schnittliche Landwirtschaftsjahr 2012 nicht an das sehr

gute Pflanzjahr 2011 anknüpfen konnte.

Das ausserlandwirtschaftliche Einkommen bleibt auf

dem Niveau des Vorjahres. Der Anteil am Gesamtein­

kommen beträgt knapp 32 %. Das Gesamteinkommen je

Betrieb ist um 3500 Franken (–4,0 %) auf 82 700 Franken

gesunken.

Dierk Schmid und Andreas Roesch, ART

Impressum

Herausgeber: Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART Tänikon 1, CH-8356 Ettenhausen, Redaktion: Etel Keller, ART

Die ART-Berichte/Rapports ART erscheinen in rund 20 Nummern pro Jahr. Jahresabonnement Fr. 60.–. Bestellung von Abonne-ments und Einzelnummern: ART, Bibliothek, 8356 EttenhausenT +41 (0)52 368 31 31 F +41 (0)52 365 11 [email protected]: www.agroscope.ch

ISSN 1661-7568

ART-Bericht 768

Die wirtschaftliche Entwicklung der schweizerischen Landwirtschaft 2012

Hauptbericht Nr. 36 der Zentralen Auswertung von Buchhaltungsdaten (Zeitreihe 2003–2012)

Autoren

Dierk Schmid und Andreas Roesch, [email protected]@agroscope.admin.ch

September 2013

Im Jahr 2012 sind die Einkommen je Betrieb im Vergleich zum Vorjahr hauptsächlich wegen tieferer Erlöse im Pflanzenbau gesunken. Das landwirtschaftliche Einkom-men der Referenzbetriebe erreichte 56 000 Franken je Betrieb gegenüber 59 500 Fran-ken im Vorjahr, was einer Abnahme von 5,9 % entspricht. Das landwirtschaftliche Einkommen verzinst einerseits das im Betrieb investierte Eigenkapital von 465 200 Franken, andererseits ist damit die Arbeit der 1,21 Familienarbeitskräfte zu entschädigen. Der Arbeitsverdienst pro Familienjahres-arbeitseinheit steigt infolge deutlich tiefe-rer Zinssätze im Vergleich zu 2011 um 0,5 % von 43 500 Franken auf 43 700 Fran-ken. Die Veränderung des Arbeitsver-dienstes gegenüber dem Vorjahr ist stark von der Betriebsausrichtung abhängig. So konnten die Veredelungsbetriebe den Ar-

beitsverdienst pro Familienarbeitskraft ge- genüber dem Vorjahr unter anderem dank guter Leistungen aus der Schweinehal-tung um 28 % steigern, während dieser bei den Ackerbaubetrieben um knapp 9 % gefallen ist, da das durchschnittliche Land-wirtschaftsjahr 2012 nicht an das sehr gute Pflanzjahr 2011 anknüpfen konnte.Das ausserlandwirtschaftliche Einkommen bleibt auf dem Niveau des Vorjahres. Der Anteil am Gesamteinkommen beträgt knapp 32 %. Das Gesamteinkommen je Betrieb ist um 3500 Franken (–4,0 %) auf 82 700 Franken gesunken.

Das durchschnittliche Landwirtschaftsjahr 2012 konnte nicht an das sehr gute Pflanzjahr 2011 anknüpfen. (Foto: Robert Meier, Agroscope)

Ausführliche gesamtbetriebliche Ergeb-nisse finden Sie in den Tabellen auf den Seiten 10 bis 19.

Die wirtschaftliche Entwicklungder schweizerischen Landwirtschaft 2012

Aktuell

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Aktuell

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M e d i e n m i t t e i l u n g e n

18.10.2013 Universität Hohenheim und Agroscope unter-zeichnen Kooperationsvertrag Von den natürlichen Standortbedingungen her sind sich

die Landwirtschaft in der Schweiz und in Süddeutschland

sehr ähnlich. Die politischen Rahmenbedingungen dage­

gen sind verschieden. Die Kooperation ist deshalb für

Agrarwissenschaftler beider Länder reizvoll und vielver­

sprechend. Mit einer feierlichen Vertragsunterzeichnung

am 17.10.2013 beschlossen die Universität Hohenheim

und Agroscope, die Zusammenarbeit künftig deutlich zu

vertiefen.

14.10.2013 Ist 2013 wirklich ein so später Weinjahrgang wie angenommen? Agroscope zieht BilanzDie Reben blühten schon lange nicht mehr so spät wie in

diesem Jahr: Frostige Temperaturen im Mai und ein hef­

tiger Kälteeinbruch Ende Juni sind der Grund dafür.

Diese langsame Entwicklung im Frühling 2013 fiel des­

halb auf, weil in den vorangegangenen zwanzig Jahren

fast ausnahmslos frühreife Jahrgänge zu verzeichnen

waren. Verschiedene Medien haben die Sorgen einiger

Produzenten aufgenommen und schrieben von einem

besonders späten Jahrgang. Trifft das zu? Experten von

Agroscope in Pully führen seit 1925 Buch über die Haupt­

Entwicklungsstadien der Rebsorte Chasselas. Jetzt zie­

hen sie Bilanz.

Auf einen äusserst unwirtlichen Frühling folgte glück­

licherweise ein prächtiger Sommer im Juli und August.

Lediglich ein paar heftige Gewitter mit Hagel richteten in

einigen Rebbergen Schaden an. MeteoSchweiz meldete

sogar, dass es sich um den siebtwärmsten Sommer seit

Beginn der nationalen Messungen 1864 handelte. Die

Blüte begann am 1. Juli und endete bereits am 8. Juli.

Somit konnte der Rückstand reduziert werden. Während

der Rückstand zu Beginn der Blüte noch zwei Wochen

betrug, waren es am Ende der Blüte nur noch 9 Tage.

Unter den günstigen Sommer­Bedingungen begann

die Reife am 18. August. Der Rückstand reduzierte sich

auf noch 5 Tage verglichen mit dem Durchschnitt von

1925­2013 (respektive auf 11 Tage verglichen mit den

letzten 20 Jahren). Die äusserst guten Bedingungen zu

Beginn und gegen Ende des Monats September wirkten

sich positiv auf die Reife aus. Somit wurde der grosse

Rückstand von fast zwei Wochen, der bei Beginn der

Blüte festgestellt wurde, bis Ende September fast voll­

ständig aufgeholt. Die Weinlese 2013 erfolgte im Okto­

ber somit zu einem Zeitpunkt, der über eine längere

Dauer betrachtet durchschnittlich ist.

03.10.2013 Grüne Wirtschaft: Ökodesign soll die Land- und Ernährungswirtschaft weiterbringen Auch die Land­ und Ernährungswirtschaft muss ihren

Beitrag zur Grünen Wirtschaft leisten. Eine Grundlage

für die Entwicklung ressourcenschonender Produkte

sind Ökobilanzen. Der Einsatz von Ökodesign­Methoden

steht in der Landwirtschaft jedoch noch am Anfang.

01.10.2013 AlpFUTUR: Welche Zukunft hat die Alpwirtschaft in der Schweiz? Im Forschungsprogramm «AlpFUTUR – Zukunft der Söm­

merungsweiden in der Schweiz» haben sich 17 Instituti­

onen während fünf Jahren intensiv mit den Zukunfts­

perspektiven der Schweizer Alpwirtschaft auseinander

gesetzt. Am 1. Oktober verschafften sich rund 160 For­

schende, Älplerinnen, Behördenvertreter, Beraterinnen

und andere Alpinteressierte in Schüpfheim (LU) eine

Gesamtsicht über die Resultate und Handlungsempfeh­

lungen. Das neu vorgestellte AlpFUTUR­Buch mit seinen

beiden Dokumentarfilm­DVDs steht beispielhaft für die

Umsetzung der Resultate in die Praxis.

26.09.2013 Sortenvielfalt an Schweizer Pflaumen und Zwetschgen höher als erwartet Die Sortenvielfalt beim Obst ist eine wichtige Basis für

Landwirtschaft und Forschung – für optimal an lokale

Bedingungen angepasste Bäume und für die Züchtung

neuer Sorten mit guten Eigenschaften alter Sorten. Jetzt

stehen bei Agroscope die Resultate für die Sortenvielfalt

bei Pflaumen und Zwetschgen fest. Die Ausbeute an ein­

zigartigen Sorten ist höher als erwartet – von 400 Her­

künften erwiesen sich rund zwei Drittel als einzigartig,

das entspricht 285 Sorten. Zum Vergleich: Bei Schweizer

Äpfeln war die Ausbeute prozentual geringer – unter

2500 Apfel­Herkünften aus der ganzen Schweiz stellten

sich 1300 als einzigartige Sorten heraus, also etwas mehr

als die Hälfte.

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Informationen: www.agroscope.admin.ch/veranstaltungen

Aktuell

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V e r a n s t a l t u n g e n

Informationen: www.agroscope.admin.ch/veranstaltungen

I n t e r n e t l i n k s

Das nationale Daten- und Informations-zentrum der Schweizer Flora

www.infoflora.ch

Info Flora ist eine gemeinnützige, privatrechtliche Stif­

tung zur Dokumentation und Förderung der Wildpflan­

zen in der Schweiz .Im Internet­Portal findet man ein

Online­Feldbuch, Informationen zu invasiven Neophyten,

Publikationen und Kurse zur Schweizer Wildflora und

vieles mehr.

November 2013

21.11.2013Fachtagung NAP-PGREL 15 Jahre Nationaler Aktionsplan Die Erhaltung der Kulturpflanzenvielfalt ­ Wo stehen wir heute?BLW und Schweizerische Kommission zur Erhaltung der KulturpflanzenInforama Rütti, ZollikofenInformationen: www.cpc­skek.ch

25. – 26.11.2013Swiss Food InnoTech ForumSwiss Food ResearchCongress Center, Messe Basel

Januar 2014

18. 01. 2014Infotag HAFLHochschule für Agrar­, Forst­ und Lebensmittel­wissenschaftenZollikofenInformationen: www.hafl.bfh.ch

21. – 24.01.2014Agroscope an der AgrovinaMartigny

23. 01. 2014Nachhaltigkeitstagung 2014«Wasser in der Landwirtschaft – heute und in Zukunft»AgroscopeAgroscope, 8046 Zürich

31.01.2014Pflanzenschutztagung Feldbau 2014Agroscope, 8046 Zürich

V o r s c h a u

Januar 2014 / Heft 1

Auf den 1. Januar 2014 werden un-ter dem Dach von Agroscope die drei bisherigen Forschungsanstal-ten (ACW, ALP-Haras und ART) zusammengeführt. Der neue Leistungsauftrag an Agroscope (2014 – 2017) beinhaltet sechs thematische Schwerpunkte, welche jeweils von mehreren Agroscope-Forschungs instituten gemeinsam bearbeitet werden. Die Forschung der Land- und Ernährungswirt-schaft richtet sich dabei insbe-sondere auf die voraussehbare Ressourcenknappheit aus.

•• Die Land­ und Ernährungswirtschaft steht vor

grossen Herausforderungen, Michael Gysi und

Bernard Lehmann, Agroscope und BLW

•• Genetische Diversität in der Landwirtschaft,

Roland Kölliker et al., Agroscope

•• Serie Proficrops: Ideen, welche die pflanzenbauliche

Forschung verändert haben, Anna Crole­Rees et al.,

Agroscope und Institut Entrepreneurship & Manage­

ment IEM

•• Feine und grobe Strukturen von Rohkomponenten

im Futter für Mastpoulets, Danielle Albiker und

Ruedi Zweifel, Aviforum

•• Netzwerk agri benchmark: Vergleich der landwirt­

schaftlichen Produktion im internationalen Kontext,

Hildegard Garming und Ester Bravin, Johann

Heinrich von Thünen­Institut (Braunschweig) und

Agroscope

V o r s c h a u

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Donnerstag, 23. Januar 2014

1.Agroscope-Nachhaltigkeitstagung 2014«Wasser in der Landwirtschaft – heute und künftig»

Institut für Nachhaltigkeitswissenschaften

Themen• Wasserressourcen in der Schweiz heute und morgen• Auswirkungen des Klimawandels auf die Landwirtschaft• Anpassungen bei Landnutzung und Bodenbearbeitung• Neues zur Bewässerung verschiedener Kulturen• Politische Rahmenbedingungen

Anmeldeschluss: 10. Januar 2014

TagungsortAgroscopeVortragssaal in Zürich, ReckenholzReckenholzstrasse 191, 8046 Zürich

Detailprogramm und Anmeldungwww.agroscope.ch > Veranstaltungen> 1. Agroscope-Nachhaltigkeitstagung

Aktuelle Forschungsergebnisse

für Beratung und Praxis:

Agrarforschung Schweiz publiziert 10-mal

im Jahr Forschungsergebnisse über

Pflanzenbau, Nutztiere, Agrarwirtschaft,

Landtechnik, Lebensmittel, Umwelt und

Gesellschaft.

Agrarforschung ist auch online verfügbar

unter: www.agrarforschungschweiz.ch

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Talon einsenden an:redaktion Agrarforschung Schweiz, Forschungsanstalt AgroscopeLiebefeld-Posieux ALP-haras, Postfach 64, 1725 PosieuxTel. +41 26 407 72 21, Fax +41 26 407 73 00e-mail: [email protected] | www.agrarforschungschweiz.ch

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Agrarforschung Schweiz/RechercheAgronomique Suisse ist die zeitschrift

der landwirtschaftlichen Forschung von

Agroscope und ihren Partnern. Partner der

zeitschrift sind das Bundesamt für Landwirt-

schaft, die hochschule für Agrar-, Forst- und

Lebensmittelwissenschaft hAFL, die Bera-

tungszentralen AGriDeA, die eidgenössische

Technische hochschule eTh zürich, Departe-

ment für Umweltsystemwissenschaften und

Agroscope, die gleichzeitig herausgeberin der

zeitschrift ist.

Die zeitschrift erscheint in Deutsch und Fran-

zösisch. Sie richtet sich an Fachpersonen aus

Forschung, industrie, Lehre, Beratung

und Politik, an kantonale und eidgenössische

Ämter und an weitere Fachinteressierte.