Agrarforschung Schweiz, Heft 6, Juni 2014

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AGRAR FORSCHUNG SCHWEIZ Juni 2014 | Heft 6 Agroscope | BLW | HAFL | AGRIDEA | ETH Zürich | FiBL Pflanzenbau Hybridgetreide hat Zukunft Seite 224 Agrarwirtschaft Milchbetriebe: Warum produziert die Schweiz teurer als Norwegen? Seite 248 Sortenliste Liste der empfohlenen Getreidesorten für die Ernte 2015 Beilage

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AGRARFORSCHUNG SCHWEIZ

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Pflanzenbau Hybridgetreide hat Zukunft Seite 224

Agrarwirtschaft Milchbetriebe: Warum produziert die Schweiz teurer als Norwegen? Seite 248

Sortenliste Liste der empfohlenen Getreidesorten für die Ernte 2015 Beilage

Page 2: Agrarforschung Schweiz, Heft 6, Juni 2014

ImpressumAgrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse ist die Zeitschrift der landwirtschaftlichen Forschung von Agroscope und ihren Partnern. Die Zeitschrift erscheint auf Deutsch und Französisch. Sie richtet sich an Fachpersonen aus Forschung, Industrie, Lehre, Beratung und Politik, an kantonale und eidgenös sische Ämter und weitere Fachinteressierte.

HerausgeberinAgroscope

Partnerb Agroscope (Institut für Pflanzenbauwissenschaften IPB;

Institut für Nutztierwissen schaften INT; Institut für Lebensmittelwissenschaften ILM; Institut für Nachhaltigkeits wissenschaften INH), www.agroscope.ch

b Bundesamt für Landwirtschaft BLW, Bern, www.blw.chb Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften HAFL, Zollikofen, www.hafl.chb Beratungszentrale AGRIDEA, Lindau und Lausanne, www.agridea.ch b Eidgenössische Technische Hochschule ETH Zürich,

Departement für Umweltsystemwissenschaften, www.usys.ethz.chb Forschungsinstitut für biologischen Landbau FiBL, www.fibl.org

Redaktion Andrea Leuenberger-Minger, Agrarforschung Schweiz / Recherche Agro nomique Suisse, Agroscope, Postfach 64, 1725 Posieux, Tel. +41 58 466 72 21, Fax +41 58 466 73 00, E-Mail: [email protected]

Judith Auer, Agrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse, Agroscope, Postfach 1012, 1260 Nyon 1 E-Mail: [email protected]

Redaktionsteam Vorsitz: Jean-Philippe Mayor (Leiter Corporate Communication Agroscope), Evelyne Fasnacht, Erika Meili und Sibylle Willi (Agroscope), Karin Bovigny-Ackermann (BLW), Beat Huber-Eicher (HAFL), Esther Weiss (AGRIDEA), Brigitte Dorn (ETH Zürich), Thomas Alföldi (FiBL).

AbonnementPreiseZeitschrift: CHF 61.–* (Ausland + CHF 20.– Portokosten),inkl. MWSt. und Versandkosten, Online: CHF 61.–** reduzierter Tarif siehe: www.agrarforschungschweiz.ch

AdresseNicole Boschung, Agrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse, Agroscope, Postfach 64, 1725 Posieux E-Mail: [email protected], Fax +41 58 466 73 00

AdressänderungenE-Mail: [email protected], Fax +41 31 325 50 58

Internet www.agrarforschungschweiz.chwww.rechercheagronomiquesuisse.ch

ISSN infosISSN 1663-7852 (Print)ISSN 1663-7909 (Internet)Schlüsseltitel: Agrarforschung SchweizAbgekürzter Schlüsseltitel: Agrarforsch. Schweiz

© Copyright Agroscope. Nachdruck von Artikeln gestattet, bei Quellenangabe und Zustellung eines Belegexemplars an die Redaktion.

Erfasst in: Web of Science, CAB Abstracts, AGRIS

223 Editorial

Pflanzenbau

224 Hybridgetreide hat Zukunft

Andreas Hund, Dario Fossati, Fabio Mascher

und Peter Stamp

Pflanzenbau

232 Holzasche: ein neuer Dünger für die Landwirtschaft Alexandra Maltas und Sokrat Sinaj

Agrarwirtschaft

240 Wie kann die betriebswirtschaftliche Weiter bildung in der Landwirtschaft optimiert werden?

Florian Sandrini, Bruno Durgiai, Sylvie Aubert

und Hansjörg Meier

Agrarwirtschaft

248 Milchbetriebe: Warum produziert die Schweiz teurer als Norwegen? Christian Gazzarin, Matthias Kohler und

Ola Flaten

Umwelt

256 Bewässerungsbedarf und Wasser dar gebot unter Klimawandel: eine regionale Defizit-analyse

Jürg Fuhrer und Pierluigi Calanca

264 Porträt

265 Aktuell

267 Veranstaltungen

Sortenliste

Beilage Liste der empfohlenen Getreidesorten für die Ernte 2015

Numa Courvoisier et al.

InhaltJuni 2014 | Heft 6

Weizen ist die weltweit wichtigste Kulturpflanze für unsere Ernährung. Die Züchtung einer neuen Weizensorte benötigt mindestens 15 Jahre. Die Juniausgabe enthält einen Beitrag zu Hybrid getreide und die Liste der empfohlenen Getreidesorten für die Ernte 2015. (Foto: Carole Parodi, Agroscope)

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Editorial

223Agrarforschung Schweiz 5 (6): 223, 2014

Liebe Leserin, lieber Leser

Markt und Gesellschaft wünschen hochwertige, gesunde und natürliche

Lebensmittel, die unter Einhaltung hoher ökologischer Standards effizient

produziert wurden. Diese komplexen Vorgaben müssen in einem dynami-

schen Umfeld mit laufend neuen gesellschaftlichen und politischen Forde-

rungen, sich rasch ändernden Marktbedingungen und unter Berücksichti-

gung des Klimawandels erfüllt werden. Von der Landwirtschaft und der sie

unterstützenden Forschung verlangt das hohe Innovationskraft und Flexibi-

lität. Wir Forschenden sind gefordert, bereits heute massgeschneiderte

Lösungen zu entwickeln, welche die landwirtschaftlichen Betriebe und die

Branche morgen brauchen.

Als Departement der Berner Fachhochschulen BFH deckt die HAFL mit

ihren Kompetenzen in Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften und

ihrem starken Netzwerk die ganze Wertschöpfungskette vom Ausgangsma-

terial bis zum ladenfertigen Produkt ab. Nachhaltigkeitsberechnungen oder

Konsumanalysen ergänzen den ganzheitlichen Ansatz. Die enge Verknüp-

fung von angewandter Forschung und Lehre ist dabei zentral. Einerseits wer-

den Bachelor- und Master-Studierende in die Forschungsarbeit eingebunden,

andererseits ergänzen Erkenntnisse aus der Forschung den Unterricht.

Eine weitere Stärke der HAFL-Forschung: In vielen unserer Projekte ent-

wickeln wir die praxistauglichen Lösungen gemeinsam mit der Branche und

direkt auf den Betrieben. Das ist oft nicht nur am effizientesten, sondern

garantiert auch, dass wir Eigenheiten von Betrieben und regionale Gege-

benheiten gebührend berücksichtigen können. Im Rahmen eines SNF-

Projektes zeigen beispielsweise unsere Schweineexperten zusammen mit

Forschungspartnern, wie sich negative Umwelteinflüsse der Produktion ver-

ringern und der Antibiotikaeinsatz reduzieren lassen. In einem anderen For-

schungsprojekt sind alle Stufen der Wertschöpfungskette eingebunden, um

die Qualität und die Verarbeitungseigenschaften des Schweizer Bio-Wei-

zens zu verbessern.

Die Zusammenarbeit mit der Branche bietet den Vorteil, dass erste

Betriebe Lösungen bereits im Verlaufe des Projektes umsetzen. Dadurch tau-

chen Hürden früh auf und können rasch angegangen werden. Bei Projekt-

ende liegen dann praxiserprobte Lösungen vor. Das wird heute nicht nur in

Branchenprojekten gefordert. Auch die Kommission für Technologie und

Innovation (KTI) und der Schweizerische Nationalfonds (SNF) verlangen oft,

dass die Umsetzung im Rahmen der Projektarbeit gestartet wird. Durch die

Zusammenarbeit lassen sich Lösungen nicht nur effizienter umsetzten, auch

neue Herausforderungen gelangen rascher auf den Tisch der Forschenden.

Damit verkürzt sich der Zyklus zwischen Problemerkennung, Lösungserarbei-

tung und Umsetzung wesentlich. Nur wenn wir neues Wissen und neue Tech-

nologien rasch praxistauglich machen, können wir in nützlicher Frist auf

neue Herausforderungen reagieren.

Peter Spring, Stellvertretender Direktor Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissen-schaften HAFL

Neue Erkenntnisse rasch umsetzen

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224 Agrarforschung Schweiz 5 (6): 224–231, 2014

zen wieder weitgehend reinerbig. Dies erschwert es bei

vielen Merkmalen, die richtigen Erbkombinationen auch

in frühen Generationen präzise zu erkennen. Um die

Eigenschaften von Kreuzungsnachkommen schon zu

diesem frühen Zeitpunkt zu erfassen, bedarf es einer

genauen Beobachtung im Feld, kombiniert mit zusätzli-

chen Laboranalysen, um bereits zu diesem Zeitpunkt sta-

tistische Abschätzungen des Zuchtwerts vorzunehmen.

Ein anderer Weg, der in der Schweiz auch bei Weizen

intensiv verfolgt wurde, führt über die Schaffung von

Doppelhaploiden. Bereits seit über dreissig Jahren kön-

Doppelhaploide (DH) verkürzen den Selektionsprozess

In der traditionellen Linienzüchtung beginnt der Werde-

gang einer neuen Sorte mit der Verkreuzung von zwei

reinerbigen Weizen- oder Gerstenlinien. Die daraus

resultierenden Hybriden der ersten Filialgeneration (F1),

sind uniform und mischerbig (Abb. 1). Lässt man diese

abblühen, bestäuben sich die Pflanzen selbst. In der Fol-

gegeneration (F2) kommt es zur Aufspaltung der Merk-

male beider Eltern. Ab jetzt kann man beginnen, für die

Zuchtziele aussichtsreiche Typen auszuwählen. Aller-

dings sind erst ab der siebten Folgegeneration alle Pflan-

Hybridgetreide hat Zukunft

Andreas Hund1, Dario Fossati2, Fabio Mascher2 und Peter Stamp1

1ETH Zurich, Institut für Agrarwissenschaften, 8092 Zürich, Schweiz2Agroscope, Institut für Pflanzenbauwissenschaften IPB, 1260 Nyon, Schweiz

Auskünfte: Andreas Hund, E-Mail: [email protected]

P f l a n z e n b a u

Abb. 1 | Die Eltern und ihr F1 Hybride.

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Hybridgetreide hat Zukunft | Pflanzenbau

225

Zusa

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ssu

ng

Agrarforschung Schweiz 5 (6): 224–231, 2014

Fehlende Lizenzeinnahmen verlangsamen die

Züchtung von traditionellen Selbstbefruch-

tersorten bei Weizen und Gerste, damit

vermindern sich die Aussichten für einen

raschen Fortschritt. Seit einigen Jahrzehnten

verändern sich aber die Sortentypen in

Europa. Bei den Fremdbefruchtern Mais, Raps

und Roggen sind erfolgreiche genetisch-

basierte Hybridsysteme geschaffen worden,

die zu preiswertem Hybridsaatgut geführt

haben. Ein entsprechendes System besteht

nun auch für Gerste, bei Weizen fehlt es

noch. Für Hybriden werden in der Regel zwei

homozygote Linien verkreuzt, deren Erschaf-

fung sieben Inzuchtgenerationen benötigt.

Bei vielen Getreidearten kann dieser Prozess

biotechnologisch auf einen Schritt abgekürzt

werden, indem haploide Keimzellen zu

Pflanzen mit verdoppelten Erbgut, Doppel-

haploiden (DH) regeneriert werden, die

genetisch identisch mit Inzuchtlinien sind.

Biologisch gesehen sind Sorten der Selbst-

befruchterarten Gerste und Weizen ertrags-

optimierte Inzuchtlinien, daher darf man im

Vergleich zu den Elternlinien nur kleinere

Heterosisleistungen erwarten. Dennoch ist

der Wiedereinstieg grosser Firmen in die

Weizen- und Gerstenzüchtung zu beobach-

ten. Warum? Selbst auf der politischen Ebene

der G20 ist mittlerweile angekommen, dass

Weizen, die Weltkulturart Nummer 1 für

unsere Ernährung, einen sogenannten

Waisenstatus eingenommen hat. Ein Weckruf

in Zusammenarbeit mit Grossfirmen ist

erfolgt. Diesen wird es genügen, wenn

Landwirtinnen und Landwirte durch erhöhte

Ertragssicherheit und soliden finanziellen

Mehrertrag vom Saatgutwechsel überzeugt

werden und damit langfristige Investitionen

in die Züchtung wieder möglich werden. Für

eher kleine Zuchtprogramme stellt sich

mittelfristig die Frage, wann und wie die

Anpassung an diese Entwicklung eingeleitet

werden kann.

nen Keimzellen von Kreuzungsnachkommen in Gewebe-

kulturen, also in Laborschalen, vermehrt werden. Wer-

den sie – alles gar nicht so einfach – wieder zu kompletten

Pflanzen angezogen, haben sie nur einen statt zwei

Sätze der Erbanlagen. Mit Colchicin, dem Toxin der

Herbstzeitlose, das die Zellteilung während der Meiose

verhindert, lassen sich die Erbanlagen wieder verdop-

peln. Sie sind damit doppelhaploid (DH), was dem Ergeb-

nis einer hundertprozentigen Inzucht entspricht.

Dadurch umgeht man den langwierigen Prozess der

Inzüchtung und erhält bereits in einer Generation rein-

erbige Individuen, in denen alle Eigenschaften sofort

nachhaltig und effizient selektierbar sind (Abb. 2). Zwar

muss man bei diesem Vorgehen sehr viele Pflanzen mit

unbrauchbaren Eigenschaften ausscheiden, gegen die

bei der traditionellen Zuchtmethode Jahr für Jahr selek-

tioniert wird. Dennoch erhöht sich die Präzision und ver-

kürzt sich die Dauer des Selektionsprozesses. Bei Weizen

wurden entsprechende Methoden auf der Basis männli-

cher Keimzellen bereits vor einigen Jahrzehnten auch an

der ETH etabliert und in Zusammenarbeit mit den For-

schungsanstalten auf ihre Praxistauglichkeit geprüft.

Dabei stellte sich folgendes heraus: die DH-Linien waren

zwar nutzbar, in ihrer Generierung aber zu stark vom

Genotyp der Mutter abhängig. Bei Mais wurde vor über

einem Jahrzehnt an der Universität Stuttgart Hohen-

heim die Generierung von DH über die Eizelle zur Praxis-

reife entwickelt. Urheberrechtlich geschützte Indukti-

onslinien veranlassen die unbefruchtete Eizelle der

Zielpflanze zur haploiden Entwicklung des Embryos.

Diese Methode wird inzwischen weltweit, selbst in den

Tropen, in der Maiszüchtung verwendet. Inzwischen

wurde diese DH-Technologie auch für Weizen in den

meisten grossen Züchtungsfirmen als Standard etabliert.

Züchtung von Hybriden bei SelbstbefruchternWarum kam die Hybridzüchtung bei Weizen und Gerste

so spät? Diese Frage wurde bereits in einem Landwirt-

schaftsfachblatt behandelt, als aus der Praxis Sorgen

zur künftigen Verfügbarkeit von Qualitätssaatgut

gestellt worden waren (Stamp 2013). Vor 100 Jahren

entdeckte man in den USA, dass ingezüchtete, also

reinerbige, miteinander verkreuzte Maislinien für eine

Anbausaison deutlich mehr Ertrag liefern können, als

die offen abblühenden Ursprungssorten der beiden

Linien. Heute werden weltweit fast nur noch Maishyb-

riden angebaut, die offen abblühenden Sorten sind

fast ganz verdrängt worden.

Die meisten bisher entwickelten Hybridsorten stam-

men von kompletten oder partiellen Fremdbefruchter-

arten. Sie leiten sich meist aus traditionellen Populati-

onssorten ab, die die Züchtung in moderne, einheitliche

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Pflanzenbau | Hybridgetreide hat Zukunft

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und ertragsstarke Hybridsorten überführt. Dadurch

ergibt sich ein Mehrwert, den sich Züchtungsfirmen und

Landwirte teilen. Da Hybriden bei Nachbau in der nächs-

ten Generation genetisch wieder aufspalten, was zu

Ertragseinbussen führt, profitiert der Bauer vom jährli-

chen Neukauf von Saatgut. Die entrichteten Lizenzge-

bühren erlauben es den Züchtungsfirmen, langfristig zu

investieren. Seit nunmehr über 20 Jahren sind auch bei

Roggen und Raps Hybridsorten erfolgreich auf dem

Markt. Bei Mais sind heute 100 % der Sorten Hybriden,

bei Roggen über 75 % und bei Raps über 50 %. Um wirt-

schaftlich erfolgreich zu sein, muss das Saatgut von Hyb-

ridsorten bezahlbar sein. Bei Mais mit seinen getrennten

weiblichen und männlichen Blütenständen wird das Ziel

der Bezahlbarkeit bereits seit 100 Jahren sehr einfach

durch mechanische Kastration der endständigen Rispe

der Mutterpflanzen erreicht. Bei den Getreidearten mit

zwittrigen Blüten ist die Kastration komplizierter.

Parallel zur mechanischen Kastration wurden für

Mais auch genetische Systeme zur «Cytoplasmatischen

Männlichen Sterilität, CMS» entwickelt, die seit Jahr-

zehnten die billige und sichere Saatgutproduktion

unterstützen – Systeme, die mittlerweile auch für Rog-

gen und Sonnenblume bestehen. Sie beruhen auf Gen-

defekten im «Kraftwerk» der Zelle, dem Mitochondrium

(Abb. 3). Diese lassen die Pollenzellen der als Mutter für

Hybridsaatgut verwendeten Linie verkümmern. Sie kann

sich also nicht selbst bestäuben, d.h. es kommt sicher zur

Hybridisierung durch Pollen der Vaterlinie. Die daraus

resultierenden Pflanzen würden aber dieselben defek-

ten, nur von der Mutter weiter vererbten Mitochondrien

tragen und wären damit ebenfalls männlich steril – eine

Katastrophe für die Bauern, denn ohne Bestäubung gibt

es keinen Ertrag. Es ist aber gelungen, im Kerngenom

Gene zu identifizieren, die diesen Defekt wieder aufhe-

ben, sogenannte Restorer Gene. Die bestäubende Vater-

linie überträgt diese Restorer Gene und sorgt so dafür,

dass das verkaufte Hybridsaatgut männlich fertile Pflan-

zen hervorbringt (Abb. 4). Vor wenigen Jahren hat die

Syngenta ein CMS-System auch für Gerstenhybriden eta-

bliert – ein Durchbruch, der auch für Weizen Hoffnung

weckt. Auch in der universitären und staatlichen Züch-

Homozygote Eltern

F1

F2 F3 F4 F5 F6 F7

0,5 0,25 0,13 0,06 0,03 0,02

Traditionelle Selbstbefruchtung

Doppelhaploid Technologie

0,00

Colchicinierung

Antheren- kultur

Abb. 2 | Gegenüberstellung der Erzeugung reinerbiger Weizensorten durch traditionelle Selbst befruchtung im Zucht-garten verglichen mit der in-vitro Erzeugung Doppelhaploider Pflanzen aus den Staubbeuteln (Antheren) der männli-chen Blütenteile. Da Antheren nur einen einfachen Chromosomensatz besitzen, sind die in-vitro-regenerierten haploi-den Embryonen nach Colchicinierung, d.h Aufdoppelung des Chromosomensatzes, in einem Schritt vollständig homo-zygot (Anteil Heterozygotie von 0,00). Im Vergleich sind die Ingezüchteten Individuen auch nach sechs Generationen Inzüchtung immer noch etwa zu einem Anteil von etwa 0,02 heterozygot. Gezeigt ist eines der 21 Paare homologer Chromosomen von Weizen.

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Hybridgetreide hat Zukunft | Pflanzenbau

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reich provisorisch zugelassen worden, aber Monsanto

nahm dennoch sein Produkt wieder vom Markt – nicht

gerade ermutigend für kleine Firmen, hierauf eigene

Zuchtprogramme aufzubauen. Mittlerweile ist das

zweite wirksame Gametozid, CROISOR®, von der deut-

schen Saaten-Union gekauft und seit 2011 in der EU

nicht nur genehmigt, sondern auch für unbedenklich

erklärt worden. Damit steht der Hybridzüchtung bei

Weizen nichts mehr im Weg und es sind bereits sehr gute

Sorten in Europa auf dem Markt. Man kann also davon

ausgehen, dass internationale und mittelständische

Unternehmen in unserem für Höchsterträge geeigneten

Klima sich vor allem auf Hybriden konzentrieren werden.

Seit 2012 setzt man an der ETH Zürich neue Akzente zur

Erforschung von genetischen Werkzeugen für die Hyb-

ridzüchtung: Die Gruppe für Futterpflanzengenetik

(Professor Bruno Studer) er-forscht Selbst-Inkompatibili-

tät, CMS Systeme und DH Induktion bei Gräsern. Hieraus

entsteht in der Schweiz eine neue Kompetenz auch für

die Züchtung des «Grases» Weizen. Dass man Heterosis

auch bei Selbstbefruchtern nutzen kann, zeigt das Bei-

tungsforschung der Schweiz ist das Interesse an Getrei-

dehybriden seit Jahrzehnten gross. Es war naheliegend,

in Kombination mit den doppelhaploiden Weizenlinien

der ETH Zürich und Agroscope , über den Einsatz von

Gametoziden, Chemikalien, die die Pollenausbildung

unterdrücken (Abb. 5), nachzudenken (Schmid et al.

1994). Grosse Hoffnungen hegte auch die Delley Samen

und Pflanzen AG (DSP), Hybriden im Rahmen des leider

aufgegebenen Triticaleprogramms von Agroscope zu

schaffen. Aus züchterischen Gesichtspunkten wäre dies

besonders reizvoll gewesen, da der Fremdbefruchter

Roggen mit seinem Genom im stark selbst befruchtenden

Triticale ansonsten einer permanenten Inzüchtung

unterläge. Für die kommerzielle Hybridproduktion wäre

Triticale vorteilhaft, denn dank der grossen Pollenaus-

beute ist die Bestäubung einfacher als beim Weizen. Die

DSP hatte hierzu mit süddeutschen Firmen ein sehr

intensives Programm gestartet. Doch eine an der Univer-

sität Zürich entwickelte transgene männliche Sterilität

kam durch den wachsenden Gentech-Widerstand nicht

zur Anwendung. Zwei Gametozide waren zwar in Frank-

Zellkern Mitochondrium

Cytoplasma

N/s Rf/rf

Interaktion

Abb. 3 | Die cytoplasmatisch-kerngenetische männliche Sterilität wird durch eine Fehlfunktion mitochond-rialer Gene verursachten. Im Vergleich zu Zellen mit einer normalen Funktion (N) führt diese Fehlfunktion zur Sterilität (s). Die Sterilität kann jedoch durch dominante Restorergene (Rf) im Zellkern aufgehoben. Da diese im Kern sitzen, können sie über den väterlichen Pollen übertragen werden. Im Gegensatz dazu lassen sich Mitochondrien, nur von der Mutter weitergeben.

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Pflanzenbau | Hybridgetreide hat Zukunft

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spiel des Hybridreises. China hat in den 1970er Jahren

mit enormem Einsatz ein Hybridreis-Programm ins Leben

gerufen. Dabei wurde ebenfalls CMS genutzt. Heute

basieren 50 % des Reisanbaus in China auf Hybriden mit

einem durchschnittlichen Ertragsvorteil von 10 – 15 %

(Khush 2013).

Die vergangenen Jahre mit ihren heftigen Wetter-

schwankungen haben gezeigt, wie wichtig neben einem

maximalen Ertragspotenzial die Ertragssicherheit ist.

Hier sind Hybriden wohl im Vorteil, da die hohe Robust-

heit der Pflanzen und eine bessere Durchwurzelung des

Bodens die Ertragssicherheit erhöht. Auch kann man

eine verbesserte Stickstoffnutzung erwarten. (Schach-

schneider 2012).

Doch Hybridzüchtung ist bei Selbstbefruchtern kein

Kinderspiel, es braucht Hunderte von Testkreuzungen

und das richtige Ausgangsmaterial, um eine wirklich

überzeugende neue Hybride zu schaffen. Die Etablie-

rung der richtigen Ausgangspopulationen hat schon bei

den Fremdbefruchtern Roggen und Mais Jahrzehnte

gedauert. Bei den Selbstbefruchtern Gerste und Weizen

stehen wir bei einem viel geringeren Heterosiszuwachs

erst am Anfang. Die Probleme macht eine Panne bei der

Saatgutproduktion von Gerstenhybriden in Deutschland

2013 deutlich, die zu sehr viel Unruhe unter den Land-

wirtinnen und Landwirten geführt hatte. Für die Hybrid-

produktion braucht es Mutterlinien, die ihre Blüten

lange offen halten, dadurch wächst jedoch die Gefahr

einer Saatgutverunreinigung. Die Umstellung auf Hybri-

den wird sich dann durchsetzen, wenn die Praxis davon

überzeugt ist, dass er durch Hybridanbau ebenfalls

gewinnt und der hohe Saatgutpreis sich durch eine

frühe Aussaat mit verringerter Aussaatmenge kompen-

sieren lässt.

Wer züchtet?

Noch ist die Gesamtzahl aller in Mitteleuropa zugelasse-

nen Weizen- und Gerstensorten gross, Genauso gross ist

das Interesse der landwirtschaftlichen Praxis, nur die für

sie passenden Sorten anzubauen. Daher «überleben»

Sorten auf den EU-Sortenlisten meist nicht sehr lange.

Dies scheint auf eine dynamische Züchtungslandschaft

x

Maintainer Linie (männl. fertil)

Kreuzungspartner(Restorer Linie)

Männlich fertiler Hybride

(CMS Linie)

1

2

s rfrf

N rfrf

s rfrf

N RfRf

steril

steril

Rf rf

s

x

Abb. 4 | Schema der Vererbung der Cytoplasmatisch-männliche Sterilität: 1) Das sterile Cytoplasma (s) wird über über «Maintainer» Linien (N) erhalten. Diese Linien sind mit der CMS Linie genetisch identisch, haben aber ein norma-les Cytoplasma (N). Fertile Hybriden lassen sich durch Kreuzung der CMS Linie mit beliebigen fertilen Inzuchtlinien herstellen, sofern diese homozygot ein entsprechendes «Restorergen» (Rf) im Zellkern tragen.

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Hybridgetreide hat Zukunft | Pflanzenbau

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einigermaßen überwunden. Dies hat und wird Konse-

quenzen für die Vielfalt der Züchtungshäuser haben. Ein

Weizenzuchtprogramm kann nicht auf Knopfdruck ab-

und angeschaltet werden, wertvolles Zuchtmaterial wird

über viele Jahre aufgebaut. Selbst wenn ein Zuchtpro-

gramm steht, braucht es 15 Jahre von der ersten Kreu-

zung bis zur fertigen Sorte. Also kaufen internationale

Firmen, die neu oder erneut in die Züchtung einsteigen,

bestehende Firmen auf – so wie es beispielsweise Bayer

mit der französischen RAGT jüngst vorgemacht hat. Ins-

gesamt führte diese Strategie des Aufkaufens von kleine-

ren durch grössere Züchtungsfirmen zu einer gewaltigen

Umstrukturierung der weltweiten Züchtungsindustrie

mit wenigen, grossen Konzernen (Howard 2008). Welche

Folgen dies für das Sortenangebot im Einzelnen haben

wird, ist schwer vorhersehbar. Da der Wettbewerb aber

wie beim Mais gross bleiben wird, könnte zum Vorteil

des Weizenproduzenten die Verbesserung der Sorten

beschleunigt werden. Schlussendlich zählt für die Praxis

nicht der Umfang der Sortenliste sondern der Umfang

des Züchtungsfortschritts.

hinzuweisen. Aber 2010 wurde in Bonn an einer Konfe-

renz der deutschsprachigen Züchter grosse Besorgnis

laut, dass ungenügende Lizenzeinnahmen jede zweite

Weizenzüchterstelle gefährde. Auch international beste-

hen diese Sorgen, die auf Betreiben der G20 Gruppe zur

Weizeninitiative geführt haben (http://www.wheatiniti-

ative.org). Damit hat sich die Stimmung grundlegend

geändert. Hatten sich noch bis 2000 grosse Agrarkon-

zerne wie Monsanto aus der Weizenzüchtung zurückge-

zogen, so haben jetzt Bayer und Monsanto vor allem

durch Firmenaufkäufe ihr Engagement wieder verstärkt.

Damit soll diese plötzlich «verwaiste» Kulturart in For-

schung und Züchtung wieder den Platz zurück erobern,

die ihr als Kulturart Nummer 1 für die Welternährung

gebührt. Neben Ministerien und internationalen Züch-

tungsinstituten beteiligen sich namhafte Firmen von

KWS (D), Desprez (F), Limagrain (F) bis Syngenta (CH)

und Monsanto (USA) an dieser Weizenvision. Damit ist

zwar die Frage noch nicht beantwortet, welche Firma

wie viel Geld heute in die Weizenzüchtung investiert,

zumindest aber hat der Weizen seinen «Waisenstatus»

Abb. 5 | Produktion von Triticale Hybriden. Die Tüten erlauben es, den Anteil der Sterilität nach Anwendung des Gametozids zu bestimmen.

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Pflanzenbau | Hybridgetreide hat Zukunft

Agrarforschung Schweiz 5 (6): 224–231, 2014

S c h l u s s f o l g e r u n g e n

Bei den Fremdbefruchterarten Mais und Roggen sind

Hybriden heute selbstverständlich, Gerste und Weizen

holen derzeit auf, aber es wird sicher noch dauern, bis

genügend überzeugend robuste und ertragsstarke Hyb-

ridsorten für diese beiden Selbstbefruchterarten zur Ver-

fügung stehen. Bei den kleinkörnigen zwittrigen Getrei-

dearten geben Qualität und Preis für die Akzeptanz von

Hybridsaatgut den Ausschlag. Männlich sterile Mutter-

und Vaterlinien, die bei den Nachkommen die volle Ferti-

lität wieder herstellen, sind hierfür unabdingbar. Zwar

besteht für Weizen noch kein verlässliches genetisches

System, doch ein in der EU anerkanntes Gametozid

erlaubt nun Hybridsorten auf der Basis chemisch induzier-

ter Pollensterilität. Dies erklärt auch den Wiedereinstieg

internationaler Firmen in die Weizenzüchtung, nachdem

bereits die Politik deren Vernachlässigung beklagt hat.

Hybridsorten werden dann die Landwirtinnen und Land-

wirte überzeugen, wenn jährlicher Saatgutwechsel ihnen

einen finanziellen Mehrertrag vor allem auch durch hohe

Ertragssicherheit garantiert. Das Markenzeichen der

staatlichen Schweizer Weizenzüchtung ist die Kombina-

tion von exzellenter Backqualität mit sehr guter Pflanzen-

gesundheit. Der Einstieg in die Hybridzüchtung ist eine

von mehreren Möglichkeiten sich von der Schweiz aus auf

nationaler und internationaler Ebene erfolgreich in die

neuen Entwicklungen einzubringen. n

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231

Hybridgetreide hat Zukunft | Pflanzenbau

Ria

ssu

nto

Sum

mar

y

Hybrid cereals are progressing

Low return on investment from breeding

licenses has made breeding of self-

fertilizing species like wheat and barley

less attractive. However, for some dec-

ades, the variety types have been chang-

ing in Europe, because cytoplasmic male

sterile systems of outcrossing species like

maize, rape seed and rye exist for the

production of affordable hybrid seeds,

which have recently been introduced for

barley but not for wheat. To produce

hybrid seed, two homozygous lines must

be crossed. The development of a pure

line takes up to seven inbreeding genera-

tions. In many cereals, the process can be

shortened biotechnologically by regener-

ating plants from haploid gametes leading

to so-called double haploids (DH), which

are genetically identical to complete

inbred lines. Varieties of self-fertilizing

species, such as barley and wheat, are

yield optimized inbred lines by definition;

therefore, it requires much more investiga-

tion to find combinations with increased

hybrid vigor for self-fertilizing than for

outcrossing species, which usually show

great inbreeding depression. However, big

international companies have renewed

their interest in hybrid wheat breeding,

now that even the G20 have realized that

the global crop number 1 for food supply,

wheat, has become an orphan crop. For

big companies, it would be attractive to

ensure long-term investments when

farmers change seeds annually due to

higher yield consistency and solid financial

gains – a win-win option. Smaller breed-

ing programs will have to determine when

to join this new movement.

Key words: wheat breeding, F1 hybride,

CMS, gametozid, doppelhaploide (DH).

I cereali da paglia ibridi progrediscono

Il debole flusso di ritorno degli

investimenti nella selezione di varietà

tradizionali di cereali autogami, quali il

frumento e l’orzo, ne offusca le

prospettive per il futuro. Da alcuni

decenni, però, si nota in Europa un

rinnovo a favore delle varietà ibride.

Per le specie allogame come il mais, la

colza o la segale, la disponibilità di

sistemi genetici ha permesso la

produzione di sementi ibridi a buon

mercato. Un tale sistema è attualmente

disponibile per l’orzo, ma non ancora

per il frumento. Per le specie auto-

game, infatti, è più difficile trovare un

effetto evidente dell’eterosi, ossia una

prestazione della prole nettamente

superiore rispetto a quella dei genitori,

perché in queste specie le capacità

biologiche sono già ottimizzate.

Eppure, si assiste da qualche anno al

ritorno delle grandi ditte alla selezione

di frumento e orzo. Perché? A livello

dei G20, dopo alcuni decenni di

disinteressamento, la collaborazione

con le grandi ditte di produzione di

sementi ha condotto ad una rivaluta-

zione del frumento. Queste ditte

investiranno a lungo termine nella

selezione solo a condizione che il tasso

di rinnovamento delle sementi sia

prevedibile. Ciò pone i piccoli pro-

grammi di selezione di fronte alla

questione di come adattarsi a questa

evoluzione.

Agrarforschung Schweiz 5 (6): 224–231, 2014

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Page 12: Agrarforschung Schweiz, Heft 6, Juni 2014

232 Agrarforschung Schweiz 5 (6): 232–239, 2014

Holzasche: ein neuer Dünger für die Landwirtschaft

der zugelassenen Dünger gemäss Düngerverordnung

(RS.916.171, 2011) nicht aufgeführt. Aber sie könnten

bewilligt werden, sofern sie den geltenden Anforderun-

gen an rezyklierte Dünger gemäss Anhang 2.6 der Ver-

ordnung zur Reduktion von Risiken beim Umgang mit

bestimmten, besonders gefährlichen Stoffen, Zuberei-

tungen und Gegenständen (=Chemikalien-Risikoreduk-

tions-Verordnung = ChemRRV; RRV (RS.814.81, 2011))

entsprechen würden. Um die Qualität der Böden zu er-

halten und die Risiken eines Eintrages unerwünschter

Substanzen in die Nahrungskette zu verringern, werden

in diesem Anhang die Maximalgehalte von sechs metal-

lischen Spurenelementen aufgeführt, welche potenziell

toxisch sind (Cd, Cu, Hg, Ni, Pb und Zn).

Von Holzaschen werden diese Anforderungen selten

erfüllt, und sie werden daher im Allgemeinen auf die

Müllhalde gekippt, was jedoch einen beträchtlichen Ver-

lust an wichtigen natürlichen Nährelementen darstellt

und den Betreibern von Holzheizungen überdies Kosten

verursacht. Um Umweltschäden zu ermitteln und zu ver-

meiden genügt es jedoch nicht, den Gesamtgehalt an

metallischen Spurenelementen (MSE) zu bestimmen, da

deren Mobilität, Bioverfügbarkeit und Toxizität vor

allem von deren chemischer Form abhängt (Bruder-Hub-

scher et al. 2002). Die pro Hektare ausgebrachte Menge

an MSE ist für das Risiko der Langzeitakkumulation von

MSE in den Böden entscheidend. Der Nutzen und die

Risiken der landwirtschaftlichen Anwendung dieser

industriellen Nebenprodukte müssen daher genau

untersucht und bestimmt werden. Das Pflanzenernäh-

rungsteam von Agroscope in Changins erforscht seit

2011 die agronomischen Auswirkungen des Einsatzes

von Asche der Zentrale Enerbois. Die Forschungsziele

sind: (i) die Charakterisierung der Zusammensetzung,

der mineralogie und der chemischen Form der Hauptele-

mente und der MSE in der Asche, (ii) die Identifizierung

der Herkünfte der MSE und (iii) die Einschätzung der

Auswirkungen der Asche auf die chemischen und biolo-

gischen Eigenschaften der Böden sowie auf den Ertrag

und den Entzug von MSE durch die Kulturen. Der vorlie-

gende Artikel fasst die Resultate einer Studie zu Punkt

(iii) zusammen (Maltas und Sinaj 2013).

E i n l e i t u n g

Die Verwendung von Holzasche für die Kalkung der

Böden und die Kaliumdüngung der Kulturen war früher

ein übliches Verfahren, aber sie ist heute in der Schweiz

nicht mehr gebräuchlich. Holzaschen sind auf der Liste

Alexandra Maltas und Sokrat Sinaj

Agroscope, Institut für Pflanzenbauwissenschaften IPB, 1260 Nyon

Auskünfte: Sokrat Sinaj, E-Mail: [email protected]

Die Rostaschen der Zentrale Enerbois werden befeuchtet um deren Temperatur zu senken. Anschliessend werden sie mit einem Förder-band zu einer Mulde transportiert, wo sie bis zu ihrer Entsorgung aufbewahrt werden. (Foto: Alexandra Maltas, 2013)

P f l a n z e n b a u

Page 13: Agrarforschung Schweiz, Heft 6, Juni 2014

Holzasche: ein neuer Dünger für die Landwirtschaft | Pflanzenbau

233

Zusa

mm

enfa

ssu

ng

Agrarforschung Schweiz 5 (6): 232–239, 2014

Die Verwendung von Holzasche in der Form

eines Kaliumdüngers wurde bei Sonnenblumen

geprüft. Der Versuch wurde mit Asche der

Holzzentrale Enerbois (Waadt) in einem

Gewächshaus von Agroscope in Changins

durchgeführt. Diese Asche wies hohe Kalzium-

und Kaliumgehalte auf, sie enthielt aber auch

Spuren von metallischen Elementen, insbeson-

dere von Kupfer, Zink und Nickel. Dieser

Versuch hat belegt, dass das Kalium, welches in

dieser Asche enthalten war, eine mit einem

KCl-Dünger vergleichbare Düngungswirkung

aufwies. Unter Bedingungen mit einem

begrenzten Angebot an NPKMg führte diese

Asche zu einem positiven Effekt auf die

Biomasseproduktion und die Kaliumaufnahme

der Sonnenblumen. Die Aufnahme von Ni und

Zn nahm jedoch ab, wahrscheinlich als Folge

des negativen Effektes der Kalkdüngung auf

die Löslichkeit dieser Elemente. Unter Bedin-

gungen, welche punkto NPKMg nicht limitie-

rend waren, wurden dieselben Effekte auf die

Biomasse und die Absorption von Ni und Zn

beobachtet. Obwohl die Ni- und Cu-Gehalte

über den in der Schweiz gegenwärtig zugelas-

senen Schwellenwerten für das Ausbringen

von rezyklierten Düngern lagen, hat dieser

Versuch gezeigt, dass es vor allem die Gehalte

an Kalium sind, welche die Menge an auszu-

bringender Asche begrenzen.

M a t e r i a l u n d M e t h o d e n

Probenahme und Analyse der Asche

Die Zentrale Enerbois (Rueyres, Waadt) ist die grösste

Energieerzeugungsanlage auf der Basis von Biomasse in

der Romandie. Sie produziert Energie durch die Verbren-

nung von Nebenprodukten (Borken, Rinden, Platten)

der benachbarten Sägerei Zahnd. Beim verwendeten

Holz handelt es sich um unbehandelte Nadelhölzer aus

der Westschweiz. Die Zentrale erzeugt zwei Typen von

Asche: Rostasche, welche durch Wasser abgekühlt wird,

und Flugasche, welche stärker mit MSE belastet ist (Mal-

tas und Sinaj 2013). Bei der Probenahme stellte die

Rostasche einen Drittel der Gesamtaschemenge dar, wel-

che von der Zentrale produziert wird. Die in unserer

Arbeit analysierten Asche ist Rostasche, die im März 2011

in den Wochen 10, 11, 12 und 13 entnommen wurde.

Jede wöchentliche Probe war eine Mischprobe von fünf

bis  sieben täglichen Entnahmen von je ungefähr

500 Gramm. Die Ascheproben wurden anschliessend bei

40 °C getrocknet und bei einer Maschenweite von 2mm

gesiebt. Ihre Gesamtgehalte an Makronährstoffen, Mik-

ronährstoffen und MSE wurden bestimmt, nachdem sie

in Fluorwasserstoff- und Perchlorsäuren in Lösung

gebracht worden waren (www.lille.inra.fr/las). Minera-

logische Analysen (Röntgendiffraktion und Rasterelekt-

ronenmikroskop) wurden bei der INRA-Nancy durchge-

führt. Die Art der Makroelemente und MSE wurde durch

sequenzielle Extraktionen gemäss der BCR Methode

erhalten (Rauret et al. 2000).

Gewächshausversuch

Der in den Gewächshäusern von Agroscope in Changins

durchgeführte Topfpflanzenversuch mit Sonnenblumen

wurde am 11. Mai gesät und am 19. September 2012

geerntet. Sonnenblumen (Sorte San Lucas) wurden als

Versuchspflanzen gewählt, weil diese Pflanzenart sehr

hohe Ansprüche an die Kaliumernährung stellt. Jeder

Topf enthielt 2 kg trockene Erde und eine Pflanze. Der

Boden im Topf wurde mit entmineralisiertem Wasser bei

70 % der Feldkapazität gehalten. Die Bodentemperatur

wurde auf 20 bis 25 °C einreguliert. Es wurde ein toniger

Boden (53,8 % Tongehalt, 12,4 % Sandgehalt) mit einem

schwach saurer pH-Wert von 6,7 verwendet. Der gesamte

Nährstoffgehalt dieses Bodens belief sich auf 3,4, 0,94,

19,8 und 12,4 g/kg TS für die Elemente N, P, K und Mg.

Es wurden vier Versuchsvarianten angesetzt: (i) «Kont-

rolle» keine Zugabe von Asche und Mineraldüngern, (ii)

«Aschen», d.h. Kaliumgabe nur in Ascheform ohne Mine-

raldüngergabe, (iii) «NPMg-Aschen», d.h. Kaliumgabe in

Ascheform und Zugabe von N, P, Mg als Mineraldünger,

und schliesslich (iv) «NPMg-K», d.h. Zugabe von N, P, Mg

Page 14: Agrarforschung Schweiz, Heft 6, Juni 2014

Pflanzenbau | Holzasche: ein neuer Dünger für die Landwirtschaft

234 Agrarforschung Schweiz 5 (6): 232–239, 2014

und K als Mineraldünger. Jedes Verfahren wurde in drei-

facher Wiederholung in einem randomisierten Blockde-

sign angelegt. Die Aschegaben wurden entsprechend

den K-Bedürfnissen der Sonnenblumen berechnet (Sinaj

et al. 2009). Die Dosis an K im Verfahren (iv) war gleich

wie jene in den Verfahren mit Asche. Die andern minera-

lischen Nährelemente N, P und Mg wurden in gleicher

Weise zugefügt gemäss Sinaj et al. (2009).

Die mineralischen Dünger und die Rostasche wurden

dem Boden zugemischt, bevor die Töpfe damit abgefüllt

wurden. Als mineralische Dünger wurden verwendet:

Ammoniumnitrat (NH4NO3), Triple-Superphosphat

[Ca(H2PO4)2.H2O], Magnesiumchlorid (MgCl2), Kalium-

chlorid (KCl) und Baukalk (CaO). Zum Zeitpunkt der

Ernte wurde die gesamte Trockensubstanz (Wurzeln,

Blätter, Stängel, Körner) gemessen, und es wurden deren

Gehalte an N, P, K, Mg, Zn, Cu und Ni bestimmt. Dazu

wurde eine Trockenmineralisation und ein In-Lösung-

Bringen durch Fluorwasserstoffsäure (www.bordeaux.

inra.fr/usrave) vorgenommen.

Berechnung und statistische Analysen

Die Wirkungen der Aschezugaben unter begrenzenden

Bedingungen (Verfahren «Kontrolle» im Vergleich zu

«Aschen») sowie unter nicht begrenzenden Bedingun-

gen bezüglich NPMgK (Verfahren «NPMg-K» gegenüber

Aschen Enerbois Literatur1

pH-H2O 13,2 (1 %) 9 – 13,5

Makroelemente (g/kg TS)

Kalzium (Ca) 281,3 (2 %) 109,4 – 317,4

Kalium (K) 67,4 (9 %) 24,0 – 41,3

Magnesium (Mg) 16,5 (5 %) 16,0 – 22,5

Phosphor (P) 9,2 (9 %) 5,0 – 14,0

Stickstoff (N) 0,07 (27 %) 0,3 – 0,9

Mikroelemente (mg/kg TS)

Aluminium (Al) 17 300 (7 %) 13 000 – 23 650

Eisen (Fe) 12 175 (3 %) 3300 – 19 500

Mangan (Mn) 7550 (7 %) 3470 – 8160

Bor (B) 147 (12 %) 8 – 135

Chrom (Cr) 123 (17 %) 14 – 86

Vanadium (V) 22 (12 %) –

Kobalt (Co) 9 (168 %) 4 – 10

Molybdän (Mo) 1,1 (7 %) <5 – 1141Demeyer et al. 2001, Hébert und Breton 2008.

Tab. 1 | Totalgehalt der Rostasche von Enerbois an Makro- und Mikroelementen und der Holzaschen gemäss Literaturangaben. Die Prozent-werte in Klammern geben die Variationskoeffizienten an

Zulässige Maximalgehalte1 Aschen Enerbois Literatur2

mg/kg TS

Zink (Zn) 400 178 (14 %) 700 – 924

Kupfer (Cu) 100 110 (21 %) 74 – 145

Nickel (Ni) 30 52 (7 %) 12 – 47

Blei (Pb) 120 21 (53 %) <22 – 130

Cadmium (Cd) 1 <0,6 3 – 21

Quecksilber (Hg) 1 <0,02 <0,11Gemäss Anhang 2.6, ch. 2.2.1 der Verordnung zur Reduktion von Risiken beim Umgang mit bestimmten besonders gefährlichen Stoffen, Zubereitungen und Gegenständen

(=ChemRRV).2Demeyer et al. 2001, Hébert und Breton 2008.

Tab. 2 | Maximal zulässige Gehalte an metallischen Spurenelementen (MSE) für rezyklierte Dünger, Gehalte der Rostaschen von Enerbois und Literaturangaben. Die Werte in Klammern geben den Variationskoeffizient an

Page 15: Agrarforschung Schweiz, Heft 6, Juni 2014

Holzasche: ein neuer Dünger für die Landwirtschaft | Pflanzenbau

235Agrarforschung Schweiz 5 (6): 232–239, 2014

«NPMg-Aschen») wurden mit dem T-Test und dem Soft-

warepaket R 2.14.1 (R Development Core Team, 2011)

untersucht.

R e s u l t a t e u n d D i s k u s s i o n

Eigenschaften der Asche von der Feuerungsanlage Enerbois

Die Asche von Enerbois weist einen sehr alkalischen pH-

Wert auf, welcher in Bezug zu setzen ist mit ihrem

hohen Gehalt an Ca und Mg (Tab. 1). Ca liegt vorwie-

gend (Abb. 1) als Karbonat [(Kalzit: CaCO3)] und als Kal-

ziumhydroxid [Portlandite: Ca(OH)2] vor, was wenig

reaktiven Formen entspricht. Dies erklärt die wenig

agressive und langsamere Wirkung der Asche auf den

pH-Wert der Böden im Vergleich zu jener des Baukalkes

(CaO) (Maltas und Sinaj 2013).

Wie erwartet ist diese Asche eine wichtige K-Quelle

und in geringerem Ausmass auch eine P- und Mg-

Quelle (Tab.1). Diese Asche enthält auch eine grosse

Zahl von Mikronährstoffen (insbsondere Al, Fe, Mn und

B) sowie MSE wie Zn, Cu, Ni und Pb (Tab. 1 und 2). Diese

MSE, welche in den Schweizerböden (Luster et al. 2006)

und damit im Holz vorhanden sind, werden in der

Asche bei der Verbrennung aufkonzentriert (Hébert

und Breton 2008; Maltas und Sinaj 2013). Die MSE wer-

den in der Flugasche stärker aufkonzentriert als in der

Rostasche (Maltas und Sinaj 2013). Die Zentrale Ener-

bois trennt diese beiden Aschetypen, während sich

jedoch die in der Literatur beschriebenen Ascheanaly-

sen im Allgemeinen auf ein Gemisch dieser beiden

Aschetypen beziehen. Entsprechend weist die Asche

von Enerbois deutlich geringere Gehalte an Zn, Pb und

Cd auf als was sich sonst in der Literatur findet (Tab. 2).

Ihre Gehalte an Cu und Ni übersteigen dennoch die

durch die ChemRRV vorgegebenen Schwellenwerte,

was einer landwirtschaftlichen Verwendung dieser

Asche im Wege steht (Tab. 2).

Wirkung der Asche auf die Biomasse von Sonnenblumen

Unter Bedingungen, die punkto NPMgK limitierend sind

(«Kontrolle» im Vergleich zu «Aschen») führt die Zugabe

von Asche zu einer signifikanten Zunahme der Trocken-

substanzproduktion (Abb. 2a). Dieselbe Tendenz wird

bei nicht limitierenden Bedingungen bezüglich NPKgK

(Abb. 2b) beobachtet. Ein positiver Effekt von Aschezu-

gaben auf die TS-Produktion ist bei zahlreichen kulti-

vierten Pflanzen wie Hafer, Winterweizen, Schwingel,

Spinat, Erbse, Mais, Pappel und Soja (Demeyer et al.

2001) beobachtet worden. Dieser Effekt kann auf der

Kalkungswirkung der Aschen im Boden und/oder der

Zufuhr von Makro- und Mirkonährstoffen durch die

Aschen zugeschrieben werden.

Kontrolle Aschen NPMg−K NPMg−Aschen

TS to

tal (

g/Pfl

anze

)

0

10

20

30

40 a)P=0,02

b)P=0,14

Abb. 2 | Gesamtmenge an Trockensubstanz (TS) von Sonnenblumen bei der Ernte unter Bedingungen a) limitierend und b) nicht limitie-rend in Bezug auf NPMgK. Die Irrtumswahrscheinlichkeit des T-Testes und der Standardfehler (vertikale Balken) sind eingetragen.

Abb. 1 | Mineralogie des Kalziums.

Portlandit (Ca(OH)2) Calcit (CaCO3) Gips (CaSO4. 2H2O)

Inte

nsitä

t (co

unts

/Sek

unde

)

CaO + H2O Ca(OH)2

Ca(OH)2 + CO2 CaCO3 + H2O CaSO4 +2H2O CaSO4. 2H2O

Portlandit

Pflanzenzellen

Weiß Mica

480

440

420

400

380

360

340

320

300

280

260

240

220

200

180

160

140

120

100

80

60

40

20

02 10 20 30

2-Theta (Grad) 40 50 60

Page 16: Agrarforschung Schweiz, Heft 6, Juni 2014

Pflanzenbau | Holzasche: ein neuer Dünger für die Landwirtschaft

236 Agrarforschung Schweiz 5 (6): 232–239, 2014

Aufnahme von Makroelementen durch Sonnenblumen

Bei limitierenden Bedingungen bezüglich NPMgK ist die

Aufnahme von K beim Vorhandensein von Asche signifi-

kant höher («Aschen» gegenüber «Kontrolle», Abb. 3a).

Dies zeigt, dass Asche Kalium in leicht durch die Planzen

aufnehmbarer Form anbietet. In der Tat sind 36 % bzw.

49 % des gesamten Kaliums in der Asche in Wasser (Mal-

tas und Sinaj 2011) bzw. Essigsäure löslich (Abb. 4). Erich

(1991) erwähnt eine gleiche K-Wirkung von Asche wie

jene der mineralischen K-Dünger. Unser Versuch bestä-

tigt dieses Resultat, denn unter nicht limitierenden

Bedingungen bezüglich NPMgK sind die von Sonnenblu-

men absorbierten K-Mengen vergleichbar, ob nun K aus

der Asche oder aus dem KCl-Dünger stammt (Abb. 3b).

Andererseits verbessert die Zugabe von Asche (P>0,05)

die Aufnahme von Stickstoff (N) und Phosphor (P) durch

Sonnenblumen unter limitierenden (Abb. 3) und beson-

ders unter nicht limitierenden Bedingungen bezüglich

0

50

100

150 Stickstoff

Phosphor

Magnesium

Kalium

Kalzium

Nickel

Kupfer

Zink

NPMg-K NPMg-Aschen

0

50

100

150 Stickstoff

Phosphor

Magnesium*

Kalium*

Kalzium

*Nickel

Kupfer

*Zink

Kontrolle Aschena) b)

Abb. 3 | Aufnahme der Nährstoffe durch Sonnenblumen unter Bedingungen a) limitierend und b) nicht limitierend in Bezug auf NPMgK. Die Ergebnisse sind als Relativwerte im Vergleich zu Verfahren ohne Asche (Verfahren «Kontrolle» und NPMg-K in Abbildung a bzw. b). Die roten Sternchen geben signifikante Unterschiede zwischen den beiden Verfahren an, bei der 5 % Schwelle des T-Testes.

0 20 40 60 80 100

Blei

Nickel

Kupfer

Zink

Phosphor

Magnesium

Kalium

Kalzium

Gehalt(% des Totals)

Fraktion 1

Fraktion 2

Fraktion 3

Restfraktion

Löslich und anCarbonate gebunden

An Fe und Mn Oxyde gebunden

An organische Substanzgebunden

In Kristallstruktur enthalten

Sofort verfügbar Nicht verfügbar

Abb. 4 | Artbildung der Makroelemente und der metallischen Spurenelemente.

Page 17: Agrarforschung Schweiz, Heft 6, Juni 2014

Holzasche: ein neuer Dünger für die Landwirtschaft | Pflanzenbau

237Agrarforschung Schweiz 5 (6): 232–239, 2014

werden, welche bei Kalkung des Bodens beobachtet

werden (Maltas et Sinaj 2013). Nimmt der pH-Wert des

Bodens zu, so werden die MSE durch Eisen- und Alumini-

umoxyde absorbiert (Havlin et al. 2005). Während Zn

und Ni diesen pH-Effekt sehr stark zeigen, ist Cu davon

wenig betroffen (Smith 1994). Weiter ist zu erwähnen,

dass die Rostasche von Enerbois sehr geringe Mengen an

leicht verfügbarem Zn, Cu, Ni und Pb mit sich bringt (0,2

bis 8 % des Totals; Abb. 4). Auch die in Québec durchge-

führten Studien zum Ausbringen von Asche für landwirt-

schaftliche Zwecke berichten von keinen kurzfristigen

durch MSE-Eintrag verursachten Problemen mit der

Bodenqualität, dem Grundwasser und der Fauna (Hébert

und Breton 2008). Hingegen bleibt langfristig das Prob-

lem der Toxizität der Schwermetalle bestehen. In den

Aschen liegen 73 % des Cu, 73 % des Zn, 44 % des Ni und

5 % des Pb in Formen vor, die potenziell – wenn auch

langsam – unter reduzierenden oder oxidierenden

Bedingungen verfügbar werden (Abb. 4).

Langfristige Risiken der MSE

Nur mit der Definition von Maximalmengen an MSE, die

dem Boden zugeführt werden (kg/ha), können Risiken

einer Akkumulation bis zu toxischen Werten langfristig

vermieden werden. Die Maximalmenge an rezykliertem

Dünger, welche für Düngungszwecke bewilligt ist,

wurde auf 25 t TS/ha festgelegt, wobei diese Menge in

einer oder mehreren Gaben über insgesamt drei Jahre

zu erfolgen hat (Anhang 2.6, ch 3.2.2 der ChemRRV).

Unter Berücksichtigung der maximal zulässigen Gehalte

(Tab. 2) erlaubt diese Menge an TS die eingetragenen

Mengen an MSE unter den in Tabelle 3 erwähnten

Schwellenniveaus zu halten. Auf der Basis der K-Gehalte

der Rostaschen von Enerbois (Tab. 1) und des K-Bedarfes

der Feldkulturen (Sinaj et al. 2009) sollte die nötige

NPMgK (Abb. 3b). Die Aschen sind praktisch N-frei

(Tab. 1). Dieser vorteilhafte Effekt auf die Entnahme von

N ist wahrscheinlich mit dem positiven Effekt der Kal-

kung auf die Mineralisation der organischen Substanz im

Boden verbunden (Maltas und Sinaj 2013). Die positive

Wirkung der Asche auf die P-Aufnahme durch Sonnen-

blumen dürfte sich aus einem doppelten Effekt auf den

austauschbaren P-Gehalt (Extraktion durch Ammonium-

acetat EDTA (AAE)) des Bodens ergeben: (i) positiver

Effekt der Kalkung auf die Verfügbarkeit von P in diesen

schwach sauren Böden und (ii) ein Effekt als Folge Men-

gen von austauschbarem P durch den Eintrag von Asche

(Abb. 4).

Unter begrenzenden Bedingungen bezüglich NPMgK

nimmt die Mg-Aufnahme durch Sonnenblumen bei Vor-

handensein von Asche signifikant ab (Abb. 3a), obwohl

ein Mg-Eintrag durch die Asche erfolgt. Bei einer Kal-

kung wird generell eine Abnahme der Mg-Aufnahme

durch die Pflanzen beobachtet, was dem Antagonismus

zwischen Ca- und Mg-Aufnahme zugeschrieben wird

(Marschner 2012, Halvin et al. 2005). In unserem Versuch

konnte bei Aschezugaben kein signifikanter Effekt auf

die Mengen an absorbiertem Ca beobachtet werden

(Abb. 3). Ein Antagonismus zur Aufnahme von K scheint

daher plausibler.

Aufnahme von MSE durch Sonnenblumen

Bei Anwesenheit von Asche war die Zn- und Ni- Auf-

nahme durch Sonnenblumen geringer. Dieser Effekt ist

unter limitierenden Bedingungen bezüglich NPMgK

(Abb. 3a) signifikant, hingegen nicht signifikant unter

nicht limitierenden Bedinungen (Abb. 3b). Die redu-

zierte Zn- und Ni-Aufnahme bei Vorhandensein von

Asche kann mit den tiefen austauschbaren Zn- und Ni-

Gehalten (Extraktion durch AAE) in Verbindung gebracht

Zugeführte Mengen (kg/ha in drei Jahren)

Maximal zulässig1 Aschen Enerbois Landwirtschaftlicher Kompost2

TS3 25000 5000 25000

Zn 10 0,89 3,71

Cu 2,5 0,55 1,59

Ni 0,75 0,26 0,37

Pb 3 0,11 1,15

Cd 0,025 <0,002 <0,003

Hg 0,025 nd4 nd4

1 Abgeleitet aus dem Anhang 2.6 der Verordnung zur Reduktion von Risiken beim Umgang mit bestimmten besonders gefährlichen Stoffen, Zubereitungen und Gegenständen

(=ChemRRV).2 Selon Kupper und Fuchs (2007), schweizerische landwirtschaftliche Komposte enthalten im Mittel an Zn, Cu, Ni, Pb und Cd 148, 64, 15, 46 et 0,1 mg/kg TS.3TS: Trockensubstanz.4nd: nicht bestimmt, da die Gehalte der Dünger unterhalb der Nachweisgrenze lagen.

Tab. 3 | Zulässige Maximalmengen an MSE für rezyklierte Dünger und mittlere Mengen, die auftreten bei der Zugabe von 25 t TS/ha eines landwirtschaftlichen Kompostes oder der Zugabe von 5 t TS/ha Rostasche von Enerbois

Page 18: Agrarforschung Schweiz, Heft 6, Juni 2014

238

Pflanzenbau | Holzasche: ein neuer Dünger für die Landwirtschaft

Agrarforschung Schweiz 5 (6): 232–239, 2014

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▪ Sinaj S., Richner W., Flisch R., & Charles R,. 2009. Données de base pour la fumure des grandes cultures et des herbages (DBF-GCH). Revue suisse d'Agriculture 41 (1), 1–98.

▪ Smith S. R., 1994. Effect of soil pH on availability to crops of metals in sewage sludge-treated soils. I. Nickel, copper and zinc uptake and toxici-ty to ryegrass. Environmental Pollution 85 (3), 321–327.

▪ Rauret G., Lopez-Sanchez J. F., Sahuquillo A. et al., 2000. Application of a modified BCR sequential extraction (three step) procedure for the de-termination of extractable trace metal contents in a sewage sludge amended soil reference material (CMR 483), complemented by a three-year stability study of acetic acid and EDTA extractable metal content. Journal of Environmental Monitoring 2, 228–233.

▪ RS.814.81. 2011. Ordonnance sur la réduction des risques liés aux produ-its chimiques (ORRChim). 18 mai 2005 (état le 1er juillet 2011).

▪ RS.814.201. 2011. Ordonnance sur la protection des eaux (OEaux). 28 octobre 1998 (état le 1er août 2011).

▪ RS.916.171. 2011. Ordonnance sur les engrais (OEng). 10 janvier 2001 (état le 1er juillet 2011).

Aschemenge zur K-Düngung einer Kultur 5 t TS/ha nicht

übersteigen. Mit einer Maximalmenge an Asche von 5 t

TS/ha, wobei diese Menge in einer oder mehreren Gaben

über insgesamt drei Jahre zu erfolgen hat, sind die mit

der Asche eingetragenen Mengen an MSE deutlich

geringer als (i) die zugelassenen Maximalmengen in

rezyklierten Düngern und (ii) als die eingebrachten

Mengen durch einen klassischen landwirtschaftlichen

Kompost, der mit der zugelassenen Maximaldosis von

25 t TS/ha in drei Jahren ausgebracht wird (Tab. 3). Diese

Feststellung wirft die Frage auf, ob die Maximalgehalte

für MSE, die momentan für Aschen gelten, sachdienlich

sind. Eine Modifikation der Maximalgehalte in Abhän-

gigkeit von der Menge an ausgebrachter TS würde

erlauben, die zulässigen Maximalmengen an MSE zu res-

pektieren, gleichzeitig könnte der Wert neuer natürli-

che Düngerquellen wie jener der Rostasche angehoben

werden.

Diese Resultate weisen in dieselbe Richtung wie

andere Studien, welche aufzeigen, dass Holzaschen, die

gelegentlich in agronomischen Dosen zum Einsatz kom-

men, keine kurz- oder langfristigen Umweltrisiken dar-

stellen würden (Demeyer et al. 2001, Hébert et Breton

2008). Demeyer et al. (2001) betonen, dass schon allein

die Bedürfnisse zur Bodenverbesserung oder zur K-Dün-

gung im allgemeinen die Dosis der auszubringenden

Asche begrenzen.

S c h l u s s f o l g e r u n g e n

Die Ergebnisse dieser Studie zeigen, dass die Rostasche

der Zentrale Enerbois keine Risiken für die Böden und

die Kulturen darstellen. Die Rostasche könnte als Kali-

umdünger auf sauren Böden eingesetzt werden. Es wäre

interessant die Forschung fortzusetzen, wobei die Aus-

wirkungen dieser Asche auf neutrale und leicht alkali-

sche Böden sowie auf die Felder zu untersuchen wäre. n

Dank

Die Autoren sind der Unternehmung Romande Energie SA für die Co-Finanzie-rung dieser Studie zu Dank verpflichtet sowie Dr. M. P. Turpault, INRA Nancy, für die mineralogischen Analysen.

Page 19: Agrarforschung Schweiz, Heft 6, Juni 2014

239

Holzasche: ein neuer Dünger für die Landwirtschaft | Pflanzenbau

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Wood ashes: a new fertilizer for Swiss

agriculture

The use of wood ashes as potash

fertilizer was tested on sunflower. The

greenhouse experiment was conducted

in Changins and used wood ashes

provided by the wood power station

Enerbois (Vaud). These ashes contained

high amounts of Ca and K but also

trace elements, particularly Cu, Zn and

Ni. Results of the trial highlighted an

efficiency of K contained in these ashes

equivalent to that of KCl used as

reference potassic fertilizer. In NPKMg-

limiting conditions, the wood ashes

had a positive effect on the biomass of

sunflower and the absorption of K, but

they reduced the amount of absorbed

Ni and Zn, probably because of the

negative effect of liming on the

solubility of these elements. In

not-NPKMg-limiting conditions, the

same trends were observed regarding

the biomass and the absorption of Ni

and Zn. This trial showed that despite

Ni and Cu contents beyond the limits

currently approved in Switzerland for

recycling fertilizer, it is above all the K

levels that limit the amount of ashes to

be spread.

Key words: wood ashes, potassium,

trace element, nutrient solubility,

liming, Swiss legislation.

Agrarforschung Schweiz 5 (6): 232–239, 2014

Le ceneri del legno: un nuovo

fertilizzante per agricoltura Svizzera

Questo articolo riassume i principali

risultati di una prova svolta in serra

allo scopo di verificare gli effetti delle

ceneri provenienti dalla centrale a

legno Enerbois e utilizzate come

fertilizzante potassico sul girasole.

Queste ceneri presentavano elevati

tenori in Ca e in K, ma contenevano

anche tracce metalliche, in particolare

Cu, Zn e Ni. Questa prova ha eviden-

ziato una disponibilità in potassio

contenuto nelle ceneri equivalente a

quella di KCI utilizzata come fertiliz-

zante potassico di riferimento. In

condizioni limitanti in NPKMg queste

ceneri hanno ottenuto un effetto

favorevole sulla biomassa del girasole

e sull’assorbimento di K, mentre le

quantità di Ni e Zn assorbite sono

diminuite, presumibilmente a causa

dell’effetto negativo sulla solubilità

della calcinazione di questi elementi. In

condizioni senza limitazioni in NPKMg

sono state osservate le stesse tendenze

sia sulla biomassa, sia sull’assorbi-

mento di Ni e ZN. Questa prova ha

mostrato che, malgrado i tenori in Ni e

Cu si situino oltre le soglie attualmente

autorizzate in Svizzera per lo spargi-

mento di fertilizzanti da riciclaggio,

siano soprattutto i tenori in K a

limitare la quantità di cenere da

spargere.

Page 20: Agrarforschung Schweiz, Heft 6, Juni 2014

240 Agrarforschung Schweiz 5 (6): 240–247, 2014

wirtschaft in ihrer Wettbewerbsfähigkeit und trägt

damit neben dem technischen Fortschritt zum Struktur-

wandel bei (BLW 2009). Die Landwirtschaft hat zwei

Möglichkeiten, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu steigern.

Zum einen durch die Steigerung der Produzentenpreise,

zum andern durch die Senkung der Produktionskosten.

Auf Grund ihrer Stellung in der Wertschöpfungskette

E i n l e i t u n g

Mit dem Landwirtschaftsgesetz von 1998 brach für die

Schweizer Landwirtschaft eine Zeitenwende an. Direkt-

zahlungen sind seither nicht mehr mengen- und

produktgebunden, sondern an gemeinwirtschaftliche

Leistungen geknüpft. Der Markt beeinflusst die Land-

Wie kann die betriebswirtschaftliche Weiter-bildung in der Landwirtschaft optimiert werden?Florian Sandrini1, Bruno Durgiai1, Sylvie Aubert2 und Hansjörg Meier2

1Hochschule für Agrar-, Forst und Lebensmittelwissenschaften HAFL, 3052 Zollikofen, Schweiz2AGRIDEA, 8315 Lindau, Schweiz

Auskünfte: Sylvie Aubert, E-Mail: [email protected]

Mitglieder der Begleitgruppe diskutieren über Massnahmen zur Optimierung der betriebswirtschaftlichen Weiterbildung.

A g r a r w i r t s c h a f t

Page 21: Agrarforschung Schweiz, Heft 6, Juni 2014

Wie kann die betriebswirtschaftliche Weiter bildung in der Landwirtschaft optimiert werden? | Agrarwirtschaft

241

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Agrarforschung Schweiz 5 (6): 240–247, 2014

Bei der Wettbewerbsfähigkeit der landwirt-

schaftlichen Betriebe nehmen die Produkti-

onskosten eine Schlüsselrolle ein. Verschie-

dene Akteure in der landwirtschaftlichen

Beratung und Bildung boten dazu in der

Vergangenheit Weiterbildungen an. Dabei

blieben die Teilnehmendenzahlen unter den

Erwartungen. Die Arbeitsgruppe Opticost

wollte den Gründen auf die Spur kommen,

um Verbesserungsmassnahmen abzuleiten.

Dazu führte sie halbstrukturierte Expertenin-

terviews auf den Stufen Projektleitende,

Beratende und Teilnehmende in fünf

betriebswirtschaftlichen Weiterbildungs-

projekten der Schweizer Landwirtschaft

durch. Zusätzlich analysierte sie auf Stufe

Beratende je ein betriebswirtschaftliches

Weiterbildungsprojekt der französischen,

deutschen und österreichischen Landwirt-

schaft sowie ein branchenfremdes Projekt in

der Schweiz. Die Analyse der Experteninter-

views fand nach Meyer (2009), das theoreti-

sche Kodieren nach Böhm (1994) statt. Die

Resultate zeigten, dass bei der Zielgruppe

zwischen innovativen und reaktiven Teilnah-

memustern unterschieden werden kann.

Personen mit innovativem Teilnahmemuster

kamen aus eigenem Antrieb heraus an die

Weiterbildungen. Für Personen mit reaktivem

Muster bestand eine betriebliche Notwendig-

keit. Bei der Gestaltung der Weiterbildungen

beeinflusste die Gewichtung von Bildungsan-

spruch und Zielgruppenorientierung die

Zusammensetzung des Teilnehmerkreises.

Die Direktkommunikation zeigte bei der

Sensibilisierung der Teilnehmenden die beste

Wirkung. Sie sollte zukünftig besser auf die

Zielgruppe abgestimmt werden und ver-

mehrt landwirtschaftliche Verbände, Bera-

tende, Treuhänderinnen und Treuhänder usw.

mit einbeziehen.

können Einzelbetriebe vor allem auf die Produktions-

kosten direkten Einfluss nehmen. Eine Steigerung der

Produzentenpreise ist auf Grund der politischen Ent-

wicklung mit zunehmenden Freihandelsabkommen und

sinkendem Grenzschutz in den nächsten Jahren nicht zu

erwarten.

Die Politik, die AGRIDEA und der Schweizer Bauern-

verband (SBV) haben die Schlüsselrolle der Produktions-

kosten für die landwirtschaftlichen Betriebe erkannt.

Gemeinsam mit dem Bundesamt für Landwirtschaft BLW

gründeten sie die Arbeitsgruppe Opticost. Diese unter-

suchte mit anderen Stakeholdern der Branche die Strate-

gie- und Kostenentwicklung aus bildungspolitischer

Sicht. Dabei erkannte die Arbeitsgruppe, dass die Bera-

tungs- und Bildungsorganisationen verschiedene Mass-

nahmen zur Förderung der Kostenoptimierung und stra-

tegischen Betriebsentwicklung unternommen hatten.

Die Teilnehmendenzahlen blieben aber oftmals unter

den Erwartungen. Gleichzeitig zeigten Auswertungen

verschiedener landwirtschaftlicher Organisationen ein

ungünstiges Input/Output-Verhältnis und damit ein

erhebliches Einsparungspotenzial auf den Betrieben.

Dazu kam, dass oftmals Betriebe mit dem höchsten Opti-

mierungspotenzial nicht an den betriebswirtschaftlichen

Weiterbildungen teilnahmen. (Die Begriffe Weiterbil-

dung und Kurs werden in diesem Artikel gleich gesetzt.

Sie beinhalten speziell ausgerichtete Bildungsveranstal-

tungen, Arbeitskreise und individuelle Beratung inner-

halb eines Beratungs- oder Bildungsprojekts).

Diesem Sachverhalt wollte die Arbeitsgruppe Opti-

cost auf den Grund gehen. Sie formulierte ein Projekt,

das den Teilnahme- und Umsetzungsprozess einer

betriebswirtschaftlichen Weiterbildungsveranstaltung

untersuchte und Verbesserungsmassnahmen für die

Zukunft ableitete.

M a t e r i a l u n d M e t h o d e n

Organisation der Verantwortlichkeiten

Für die Bearbeitung des Projekts kreierte die Arbeits-

gruppe Opticost ein Projektteam und eine Begleit-

gruppe. Letztere wurde im Rahmen dieser Arbeit um

Vertretende der Organisationen Agroscope, des Bera-

tungsforums Schweiz (BFS) und der Schulleiterkonferenz

der landwirtschaftlichen Berufsfachschulen ergänzt.

Dem Projektteam gehörten je zwei Vertretende der

AGRIDEA und der Hochschule für Agrar-, Forst und

Lebensmittelwissenschaften (HAFL) an.

Die Begleitgruppe bestimmte die strategische Aus-

richtung des Projekts. Sie beschloss, welche Projekte in

der Schweiz untersucht und welche Fragen beantwortet

werden sollten. Das Projektteam war mit der operatio-

Page 22: Agrarforschung Schweiz, Heft 6, Juni 2014

Agrarwirtschaft | Wie kann die betriebswirtschaftliche Weiter bildung in der Landwirtschaft optimiert werden?

242 Agrarforschung Schweiz 5 (6): 240–247, 2014

nellen Untersuchung der ausgewählten Projekte und der

Beantwortung der Fragen beauftragt. Zudem konnte sie

die zu untersuchenden ausländischen Projekte mit vor-

heriger Konsultation der Begleitgruppe auswählen, um

eine zielgerichtete Auswahl in Bezug zu den bereits

untersuchten Schweizer Projekten sicherzustellen.

Beschreibung der Projektauswahl

Meier (2012) identifizierte in der ersten Analyse im

Opticost-Projekt acht verschiedene kostenbezogene

Wirkungsbereiche, die die Landwirte beeinflussen kön-

nen. Daraus leitete die AGRIDEA verschiedene Einfluss-

bereiche ab, mit denen über die Landwirte Einfluss auf

die Wirkungsbereiche genommen werden kann (Abbil-

dung  1). Zwei der identifizierten Einflussbereiche sind

die Bildung und die Beratung. Auf dieser Grundlage

wählte die Begleitgruppe nach einer Expertendiskussion

folgende fünf zu analysierende Projekte aus:

•• Actif Regional Creatif (ARC)

•• Bergmilch-Projekt

•• Betriebsmanagement im Obstbau (Interreg IV CH-D)

•• Kostenoptimierung Milchproduktion

•• Kurs Maschinenkostenberechnung einer landwirt-

schaftlichen Schule

Mit der Projektauswahl wollte die Begleitgruppe eine

möglichst grosse Bandbreite der acht Wirkungsbereiche

bearbeiten und eine gleichmässige geografische Vertei-

lung der Projekte in der Schweiz sicherstellen.

Nach dem Vorliegen der Resultate aus den analysier-

ten Schweizer Projekten, wählte das Projektteam drei

ausländische Beratungsprojekte in Frankreich, Öster-

reich und Deutschland aus. Um einen Einblick in eine

andere Branche zu erhalten, wurde zudem ein Weiter-

bildungsangebot aus dem Gesundheitsbereich analy-

siert.

Analyse der Projekte

Das Ziel der Projektanalysen bestand in der Ausarbei-

tung neuer Fakten, die in Zusammenhang mit der Teil-

nahme und der Durchführung einer Weiterbildung stan-

den. Die Weiterbildungsphasen teilte man in eine

Vorkurs-, eine Kurs- und eine Nachkursphase ein. Ergän-

zend dazu gab es einen Bereich, der nicht direkt einer

Kursphase zuzuordnen war.

Die jeweiligen Weiterbildungsunterlagen und halb

strukturierten Interviews mit den Projektleitenden und

einer Auswahl an Beratungskräften (Kursleitenden) und

Teilnehmenden waren die Grundlage der Analyse der

Schweizer Projekte. Bei den ausländischen Projekten

beschränkte sich die Analyse auf die halb strukturierten

Interviews mit den Beratenden.

Bei der Interviewanalyse orientierte sich das Projekt-

team an Meyer (2009) zur Auswertung von Expertenin-

terviews. Die daraus erfolgte Theoriebildung ergänzte

man mit der Vorgehensweise des theoretischen Kodie-

rens nach Böhm (1994). Durch die Kombination der Inst-

rumente war es möglich, Gemeinsames über die Pro-

jekte zu erarbeiten und Unterschiede aufzuzeigen.

Gleichzeitig konnten konkurrierende Deutungen mini-

miert werden, die bei qualitativen Analysemethoden

möglich sind, da es keine eindeutige Interpretation von

Texten gibt (Meyer 2009).

Beeinflusser Entscheider Wirkungsbereich

1. Strategie festlegen

2. Kooperationen eingehen

3. Investitionen tätigen

4. Investitionen finanzieren

5. Produktionsmittel einkaufen

6. Controlling durchführen

7. Betrieb entwickeln

8. Organisieren

Bildung

Beratung

Forschung

Agridea

Firmen

Führungskompetenz

Fachkompetenz

Sozialkompetenz Selbstkompetenz

Familie

Verbände Verwaltung

Organisationen

Abb. 1 | Beeinflussung der landwirtschaftlichen Entscheider. (AGRIDEA 2012)

Page 23: Agrarforschung Schweiz, Heft 6, Juni 2014

Wie kann die betriebswirtschaftliche Weiter bildung in der Landwirtschaft optimiert werden? | Agrarwirtschaft

243Agrarforschung Schweiz 5 (6): 240–247, 2014

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Sensibilisierung

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Abb. 2 | Sensibilisierungsmodell zu betriebswirtschaftlichen Weiterbildungen in der Landwirtschaft. Der blau hinter-legte Bereich ist der Prozess, den die Teilnehmenden durchlaufen, der grün hinterlegte Bereich derjenige, den die Be-ratungsorganisationen durchlaufen. Beide decken die Vorkursphase ab. Die Kursphase entspricht dem rosa Feld und die Nachkursphase dem grauen Feld. Rechteckige Körper stellen Prozessschritte dar, ovale Körper Einflussfaktoren.

Page 24: Agrarforschung Schweiz, Heft 6, Juni 2014

Agrarwirtschaft | Wie kann die betriebswirtschaftliche Weiter bildung in der Landwirtschaft optimiert werden?

244 Agrarforschung Schweiz 5 (6): 240–247, 2014

Entwicklung des Sensibilisierungsmodells

Aus den Erkenntnissen der Interviews und der Weiter-

bildungsunterlagen entwickelte das Projektteam ein

Sensibilisierungsmodell. Dieses Modell stellt einerseits

das Verhalten der Zielgruppe in Bezug zu einer Kurs-

teilnahme dar. Andererseits nimmt es auch diejenigen

Elemente auf, die betriebswirtschaftliche Weiterbil-

dungsveranstaltungen in Zukunft erfolgreicher machen

sollen. Für die praktikable Umsetzung der im Modell

beschriebenen Vorgehensweise wurden wiederum

operationelle und strategische Verbesserungsmassnah-

men abgeleitet.

R e s u l t a t e u n d D i s k u s s i o n

Die Resultate dieser Arbeit werden im Rahmen des

Sensibilisierungsmodells dargestellt und diskutiert

(Abb. 2).

Teilnehmendenperspektive

Ausschlaggebend für den Besuch einer betriebswirt-

schaftlichen Weiterbildung sind Betrieb und Familie. Die

Teilnehmenden setzten die Informationen aus der

Umwelt und aus Sensibilisierungsmassnahmen in Bezug

zu ihrem eigenen Wissen. Die Art der Informationen

beeinflusste dabei die kognitive Verarbeitung. Die Per-

sonen wurden in eine Gruppe mit innovativem Muster

und eine Gruppe mit reaktivem Muster unterteilt.

Innovatives Muster

Diese Personengruppe bearbeitete die Umwelt- und Sensi-

bilisierungsinformationen in Bezug auf die persönlichen

Ziele. Die Teilnehmenden erkannten aus diesen Informati-

onen eine Chance für die zukünftige Betriebsentwicklung.

Für sie resultierte ein persönliches und/oder betriebsbezo-

genes Handlungspotenzial. Daraus formulierten sie unab-

hängig von den bisherigen Sensibilisierungsinformatio-

nen Kursziele in Bezug auf Inhalt und Aufbau (Form).

Stimmten diese Ziele mit einem Angebot überein, bilde-

ten diese Teilnehmenden für einen bestimmten Kurs eine

Teilnehmendenperspektive und nahmen am Kurs teil.

Damit die Teilnehmendenperspektive gebildet werden

konnte, mussten die Sensibilisierungsmassnahmen der

Zielgruppe zu diesem Zeitpunkt Informationen über die

Weiterbildungsziele und -form bereitstellen.

Reaktives Muster

Diese Personengruppe verarbeitete die Umwelt- und

Sensibilisierungsinformationen in Bezug auf ihren

Betrieb und erkannte daraus eine Gefahr. Für diese

Gruppe ergab sich eine Handlungsrelevanz. Die Kurs-

ziele formulierte sie analog der Personengruppe mit

innovativem Muster und ging auch beim weiteren Teil-

nahmeprozess gleich vor.

Eine weitere Untergruppe mit reaktivem Muster

konnte die Gefahrenanzeichen für ihren Betrieb nicht

aus den Umwelt- oder sonstigen Sensibilisierungsinfor-

mationen entnehmen. Sie musste durch produktions-

technische Beratende oder Treuhänderinnen und Treu-

händer auf eine betriebsbezogene Gefahr aufmerksam

gemacht werden. In Einzelfällen wiesen diese die Betrof-

fenen direkt an eine Weiterbildung weiter. War dies

nicht der Fall, vergingen zwischen dem Wissen um die

Gefahr und einer Kursteilnahme mitunter mehrere Jahre.

Veranstalterorientierung

Bei der Gestaltung von Weiterbildungsangeboten traten

verschiedene Anspruchsgruppen auf. Die Beratung ver-

suchte unter Berücksichtigung der eigenen Bedürfnisse

(Bildungsanspruch) und in Einzelfällen derjenigen der

Landwirtschaft (Zielgruppennachfrage) relevante Wei-

terbildungsangebote zu schaffen. Mit der Gestaltung

des Weiterbildungsangebots nahm die Beratung eine

Relevanzperspektive ein. Sie begründete, weshalb eine

Weiterbildung relevant ist und leitete daraus die Kurs-

ziele und damit den Kursinhalt und den Kursaufbau ab.

Bei der Kursgestaltung gewichteten die untersuch-

ten Projekte den Bildungsanspruch und die Zielgruppen-

orientierung unterschiedlich. Das beeinflusste die

Zusammensetzung der Teilnehmenden in den Projekten.

Angebote mit einer hohen Zielgruppenorientierung

sprachen vor allem Teilnehmende an, die einem innova-

tiven Muster folgten.

Erfolgsfaktoren Vorkursphase

Die Sensibilisierungsmassnahmen haben entscheiden-

den Einfluss auf die Weiterbildungsteilnahme. In diesem

Zusammenhang gilt es zwei grundsätzliche Fragen zu

beantworten:

1. Wie kann die Zielgruppe am besten sensibilisiert

werden?

Die Direktkommunikation zwischen Vertretenden land-

wirtschaftlicher Organisationen und den Landwirtinnen

und Landwirten erzielte die beste Wirkung. Aber auch

Printmedien erreichten die Zielgruppe.

2. In welcher Phase sollen die Sensibilisierungsmass-

nahmen auf die Zielgruppe treffen?Allgemeine Sensibilisierungsinformationen (Zeitungs-

artikel, Vorträge usw.) müssen dann auf die Zielgruppe

treffen, wenn sie sich mit dem Thema auseinandersetzt.

Dazu ist eine breite Streuung der Informationen nötig. Je

nach Zielgruppe reichen diese Massnahmen aber nicht aus.

Page 25: Agrarforschung Schweiz, Heft 6, Juni 2014

Wie kann die betriebswirtschaftliche Weiter bildung in der Landwirtschaft optimiert werden? | Agrarwirtschaft

245Agrarforschung Schweiz 5 (6): 240–247, 2014

Nachkursphase

Im Anschluss an eine Kursphase ging es um die eigentli-

che Umsetzung des Gelernten aus der Kursphase. Die

Teilnehmenden setzten bei der Umsetzung im Anschluss

an eine Weiterbildung den Kursoutput in Bezug zum

Betrieb und zur Familie.

Wenn Weiterbildungen auf einzelne Bereiche oder

Instrumente fokussierten, waren Handlungen auf strate-

gischer Ebene nur in Einzelfällen möglich. Die Umset-

zungen aus solchen Kursen beschränkten sich primär auf

den behandelten Themenbereich. Trotzdem konnten sie

die strategische Dimension eines Betriebes beeinflussen.

Erfolgsfaktoren Nachkursphase

Eine zielgerichtete Umsetzung im Anschluss an einen

Kurs kann erhöht werden, wenn die Teilnehmenden in

der Lage sind, ihre Erkenntnisse in Bezug zu ihrem Vor-

haben und dem Umfeld zu reflektieren. Eine erfolgrei-

che Nachkursphase kann in diesem Zusammenhang auch

bedeuten, dass nichts aus dem Kurs umgesetzt wird.

Von der Veranstalterseite her kann die Erfolgschance

einer Umsetzung durch eine fakultative Umsetzungsbe-

ratung erhöht werden.

S c h l u s s f o l g e r u n g e n

Aus den Erkenntnissen zog das Projektteam Schlussfol-

gerungen auf strategischer und operationeller Ebene.

Diese Schlussfolgerungen sollen dazu dienen, die

Erkenntnisse auf eine anwendungsbasierte Ebene zu

transferieren.

Strategische Ebene

•• Die Sensibilisierungsmassnahmen müssen zukünftig

besser auf die Zielgruppe ausgerichtet sein. Dazu

sollten wichtige Beeinflussende wie Beratungskräfte,

Treuhänderinnen und Treuhänder, landwirtschaftliche

Verbände usw. in die Sensibilisierung mit einbezogen

werden. Damit sie die Landwirte an eine Weiterbil-

dung der eigenen oder einer externen Organisation

weiterleiten können, muss die Vernetzung zwischen

den verschiedenen Stellen zunehmen.

•• Um verschiedene Kursformen zu unterschiedlichen

Zeitpunkten anbieten zu können und genügend

Teilnehmende zu erhalten, sollten entsprechende

Veranstaltungen interkantonal koordiniert werden.

Damit kann gleichzeitig auch den ausgeprägten

Anonymitätsbedürfnissen der Zielgruppe entsprochen

werden.

•• Die Inhalte von Weiterbildungen müssen sich zwin-

gend an den Bedürfnissen der Zielgruppe orientieren,

der die landwirtschaftliche Beratung in erster Linie

Für die Bildung der Teilnehmendenperspektive muss

die Zielgruppe unmittelbar nach der Formulierung

ihrer Kursziele mit weiteren, spezifischeren Kursinfor-

mationen bedient werden. In dieser Phase ist es gut

möglich, dass die Zielgruppe aktiv nach Kursangebo-

ten sucht.

Kursphase

In der Kursphase waren die Kursziele, der Kursinhalt

und der Kursaufbau von zentraler Bedeutung. Für die

Bewertung der Kursziele waren Relevanz und Erreich-

barkeit zentral. Nur wenn beide Faktoren erfüllt

waren, konnten die Ziele erreicht werden. Für eine

hohe Relevanz mussten die Ziele der Weiterbildungs-

veranstaltung mit jenen der Teilnehmenden überein-

stimmen. Dies wurde erreicht, indem die Teilnehmen-

den in die Ausarbeitung der Ziele miteinbezogen

wurden.

Für ein optimales Vorgehen innerhalb der Kurse

waren ziel- und anwendergerechte Inhalte wichtig.

Einige der Projekte erreichten dies, indem sie die Teil-

nehmenden- und die Zielorientierung optimal aufein-

ander abstimmten.

Der Kursaufbau spielt in Bezug auf den Veranstal-

tungsort, die Lernräume und die Zeitstruktur (Zeitpunkt

und Dauer) eine wichtige Rolle (Siebert 2003). Der Kurs-

aufbau war in den untersuchten Projekten nie der allei-

nige Grund für eine Kursteilnahme, konnte aber je nach

Gestaltung der Lernräume (Einzeldiskussion vs. Grup-

pendiskussionen, Angst vor Blossstellung) von einem

Kursbesuch abhalten. Je nach Kurszielen spielte der

Angebotszeitpunkt eine wichtige Rolle. Themen, die im

Rahmen von Umwelteinflüssen (Milchpreis, Agrarpolitik

usw.) auftraten, waren in einem begrenzten Zeitrah-

men relevant. Probleme, die in Zusammenhang mit dem

Betriebsentwicklungszyklus der Landwirtinnen und

Landwirte standen (Strategieentwicklung, Generatio-

nenwechsel usw.), waren unbegrenzt relevant. Ein per-

manentes Kursangebot für die zweitgenannte Gruppe

ist daher unbedingt nötig.

Erfolgsfaktoren Kursphase

In den Kursen galt es, die Bedürfnisse der Veranstalten-

den mit jenen der Teilnehmenden zu vereinen. Je besser

die Weiterbildungen die Zielgruppen- und Teilnehmen-

denorientierung praktizierten, desto besser konnten die

Ziele aufeinander abgestimmt werden. Damit stieg die

Erfolgschance einer Weiterbildung.

Weiterbildungen, die bei thematisch gleichem Inhalt

Veranstaltungen in verschiedenen Formen anboten,

konnten mehr Teilnehmende erreichen. Die Kursform als

Hemmfaktor fiel dabei weg.

Page 26: Agrarforschung Schweiz, Heft 6, Juni 2014

246

Agrarwirtschaft | Wie kann die betriebswirtschaftliche Weiter bildung in der Landwirtschaft optimiert werden?

Agrarforschung Schweiz 5 (6): 240–247, 2014

verpflichtet ist. Die Rolle verschiedener Anspruchs-

gruppen ist auf die finanzielle Trägerschaft und den

Einsatz zur Sensibilisierung zu beschränken.

Operationelle Ebene

•• Die Sensibilisierungsmassnahmen müssen sich besser

an den Eigenheiten der Zielgruppe orientieren. Sie

müssen ihre Informationen so gestalten, dass sie der

Zielgruppe in Bezug auf die Weiterbildung einen

Problem-Zielbezug ermöglichen.

•• Anhand der Zielgruppe muss für die Sensibilisierungs-

massnahmen definiert werden, ob sie lediglich den

Zugang zu einer Weiterbildung schaffen sollen oder

ob sie auch den Grund (Gefahr für den Betrieb) für

eine Weiterbildungsteilnahme identifizieren müssen.

•• Damit sich die Weiterbildungsveranstaltungen an den

Bedürfnissen der unterschiedlichen Zielgruppen

orientieren, müssen verschiedene Themen in variabler

Form und Zeitdauer angeboten werden.

•• Auch bei einem klar auf ein Ziel ausgerichteten

Weiterbildungsangebot, muss es den Teilnehmenden

möglich sein, von den Beratungskräften unabhängige

Entscheidungen zu treffen.

•• Die Beratungsorganisationen sollten den Teilnehmen-

den adäquate Mittel für eine freiwillige Nachkursbe-

treuung zur Verfügung stellen. Dabei ist generell

darauf zu achten, dass es sich um dieselben Beraterin-

nen und Berater handelt, die schon in der Kursphase

anwesend waren.

Diese Schlussfolgerungen wurden mit der Arbeitsgruppe

Opticost diskutiert, wobei diese keinen Einfluss nehmen

konnte. Es liegt nun an den Vertreterinnen und Vertre-

tern der Arbeitsgruppe, die vorliegenden Erkenntnisse

in der Praxis umzusetzen, um langfristig eine effiziente

und effektive betriebswirtschaftliche Beratung und Wei-

terbildung in der Landwirtschaft zu ermöglichen. Insbe-

sondere die operationellen Verbesserungen sollten

unmittelbar in Angriff genommen werden. n

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Page 27: Agrarforschung Schweiz, Heft 6, Juni 2014

247

Wie kann die betriebswirtschaftliche Weiter bildung in der Landwirtschaft optimiert werden? | Agrarwirtschaft

Ria

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nto

Sum

mar

y

Agrarforschung Schweiz 5 (6): 240–247, 2014

How to optimize agricultural extension

for a successful farm management?

Production costs play a key role in the

competitiveness of agricultural

enterprises. In the past, various actors

in agricultural consultancy and

education offered advanced training,

but the number of participants

remained below expectations. To

investigate the reasons for this low

participation and determine measures

for improvement, the Opticost working

group conducted semi-structured

interviews with experts who were

project managers, consultants and

participants in five economic advanced

training projects in Swiss agriculture.

The group also interviewed consult-

ants from economic training projects

on French, German and Austrian

agriculture and from another project

outside this sector in Switzerland. The

analysis of the expert interviews was

carried out according to Meyer (2009),

the theoretical coding according to

Böhm (1994). The results showed that

a distinction could be made in the

target group between innovative and

reactive participation behaviour

patterns. Persons with innovative

behaviour patterns participated in the

advanced training programmes out of

their own initiative, whereas persons

with reactive patterns participated out

of operational necessity. In the

configuration of the training pro-

grammes, the importance of educa-

tional demands and target groups

orientation influenced the composition

of the participants. Direct communica-

tion showed the best effect in raising

the awareness of the participants.

Lastly there should be more adaptation

to the target group in future, and more

agricultural associations, consultants,

fiduciaries etc. should be included.

Key words: agricultural extension,

extension approaches, extension activi-

ties, extension strategies.

Come migliorare la formazione continua

nella gestione aziendale nell’agricol-

tura?

I costi di produzione svolgono un ruolo

chiave per la concorrenzialità di un’a-

zienda agricola. In passato, diversi

istituti di consulenza e formazione nel

settore primario hanno proposto corsi di

aggiornamento. Il numero di iscritti,

tuttavia, si è sempre situato al di sotto

delle aspettative. Il gruppo di lavoro

Opticost ha voluto risalire alle cause di

questo disinteresse, per individuare i

possibili correttivi. A questo scopo ha

condotto una serie di interviste semi-

strutturate con diversi esperti (responsa-

bili di progetto, consulenti e parteci-

panti) a margine di cinque progetti di

aggiornamento avviati dall’agricoltura

svizzera nel settore della gestione

aziendale. Per quanto concerne la

consulenza, inoltre, ha analizzato tre

progetti analoghi, sempre nel settore

agricolo (uno francese, uno tedesco e

uno austriaco), e un progetto svizzero,

riguardante invece un altro settore.

L’analisi delle interviste si è basata su

Meyer (2009), mentre la parte teorica si

è riferita piuttosto a Böhm (1994). Da

questi lavori emerge che, nel gruppo

target, è possibile distinguere tra due

comportamenti, uno più innovativo e

uno più reattivo. Le persone che

presentano il primo comportamento

hanno partecipato ai corsi di propria

iniziativa, mentre le altre vi sono state

spinte da necessità legate alla gestione

della loro azienda. Nell’assetto degli

aggiornamenti, la ponderazione delle

esigenze di formazione e l’orientamento

in funzione dei gruppi target hanno

influito sulla composizione dei parteci-

panti. Quando si è trattato di sensibiliz-

zare i partecipanti, la comunicazione

diretta è il metodo che ha ottenuto i

migliori risultati. Questo tipo di approc-

cio, pertanto, andrebbe meglio regolato

in funzione dei gruppi target; occorrerà

anche coinvolgere maggiormente le

associazioni agricole, i consulenti, le

fiduciarie attive nel settore e così via.

Page 28: Agrarforschung Schweiz, Heft 6, Juni 2014

248 Agrarforschung Schweiz 5 (6): 248–255, 2014

A g r a r w i r t s c h a f t

dingt erschwerenden Produktionsbedingungen der

beiden Länder haben Ähnlichkeiten. Trotzdem weisen

norwegische Milchbetriebe aufgrund von Auswertun-

gen des IFCN (Hemme 2013) tiefere Produktionskosten

aus als vergleichbare Schweizer Betriebe. In einer

Bachelorarbeit an der ETH Zürich (Kohler 2013) wurde

in Zusammenarbeit mit Agroscope eine vergleichende

Kostenanalyse erstellt und den Ursachen der Kostenun-

terschiede auf den Grund gegangen.

Vergleich Schweizer und norwegischer Milchmarkt

Für die Interpretation der Kostenunterschiede müssen

vorerst die Rahmenbedingungen der beiden Länder

bekannt sein.

Norwegen hat – ähnlich wie die Schweiz – einen

ausgebauten Agrarschutz, wobei insbesondere der

Milchpreis stärker gestützt wird als in der Schweiz. Nor-

wegen hat die Milchproduktion durch eine Milchquote

begrenzt. Bei der Betrachtung von Tabelle 1 fällt auf,

dass die Kuhmilchproduktion und der Milchkuhbestand

E i n l e i t u n g u n d P r o b l e m s t e l l u n g

Die Schweiz exportiert traditionell einen beachtlichen

Teil der Milchproduktion. Allerdings wird die Milch auf

einem sehr hohen Kostenniveau produziert. Auswertun-

gen des International Farm Comparison Network (IFCN)

zeigen, dass die Kostendifferenz zu anderen europäi-

schen Ländern seit Jahren mehr oder weniger konstant

blieb (Hemme 2013; Hemme 2003). Durch die weltweit

steigenden Futterpreise ergab sich zwar eine gewisse

Annäherung zum Ausland, doch gleichzeitig verteuert

der starke Franken die Schweizer Export-Milchprodukte

zusätzlich.

Das hohe Kostenniveau wird meist mit dem hohen

Lohn- und Preisumfeld der Schweiz in Verbindung

gebracht – so auch in einem Betriebsvergleich mit Öster-

reich (Gazzarin et al. 2011). Mit Norwegen − Nicht-EU-

Mitglied mit hohem Preis- und Lohnumfeld − ergibt

sich für die Schweiz ein weiteres interessantes Ver-

gleichsland. Die Betriebsstrukturen und die naturbe-

Milchbetriebe: Warum produziert die Schweiz teurer als Norwegen?Christian Gazzarin1, Matthias Kohler2 und Ola Flaten3

1Agroscope, Institut für Nachhaltigkeitswissenschaften INH, 8356 Ettenhausen, Schweiz2ETH Zürich, Institut für Umweltentscheidungen IED, 8092 Zürich, Schweiz3Norsk institutt for landbruksøkonomisk forsking (NILF), 0155 Oslo, Norwegen

Auskünfte: Christian Gazzarin, E-Mail: [email protected]

Die Futterkosten sind in der Schweiz deutlich höher als in Norwe-gen – eine günstige Weidehaltung könnte hier Abhilfe schaffen. (Foto: Christian Gazzarin, Agroscope)

Tiefere Baustoffpreise, höhere Subventionen und weniger Platz für die Tiere sind die Ursachen für die tieferen Gebäudekosten in Nor-wegen. (Foto: Rasmus Lang-Ree, Geno)

Page 29: Agrarforschung Schweiz, Heft 6, Juni 2014

Milchbetriebe: Warum produziert die Schweiz teurer als Norwegen? | Agrarwirtschaft

249

Zusa

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enfa

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ng

Agrarforschung Schweiz 5 (6): 248–255, 2014

Die Milchproduktion in der Schweiz und

Norwegen hat vieles gemeinsam: Ein hohes

Preis- und Lohnumfeld, erschwerte natürliche

Bedingungen und ähnliche Betriebsstruktu-

ren. Ein Kostenvergleich mit Daten vom

International Farm Comparison Network

(IFCN) zeigt, dass die Schweizer Betriebe

trotzdem höhere Produktionskosten auf-

weisen. Die Analyse der Kostenpositionen

lokalisiert Unterschiede vor allem im Struk-

turkostenbereich. Höhere Gebäudekosten

können mit höheren Baustoffpreisen,

grösseren Gebäudevolumen, geringeren

Unterstützungszahlungen und häufigeren

Umbauten erklärt werden. Höhere Maschi-

nen- und Arbeitskosten stehen indirekt in

Zusammenhang mit den höheren Kraft-

futterpreisen und dem deutlich geringeren

Kraftfuttereinsatz auf den Schweizer

Betrieben. Zur Gewährleistung ähnlich

hoher Milchleistungen betreiben Schweizer

Betriebe einen vergleichsweise hohen

Aufwand für die Raufutterproduktion,

was zu höheren Arbeits-, Maschinen- und

Gebäudekosten führt. Im Hinblick auf

Kostensenkungsbemühungen kann eine auf

das Notwendige beschränkte Futterkonser-

vierung am ehesten eine Wirkung zeigen.

in der Schweiz deutlich höher sind. Vergleicht man die

vermarktete und konsumierte Menge an Milch, wird im

Unterschied zu Norwegen klar, dass die Schweiz eine

Überproduktion an Milch aufweist und folglich im

Unterschied zu Norwegen als Nettoexporteur da steht

(TSM 2013; Statistics Norway 2011).

Vergleich gesetzlicher Rahmenbedingungen

Zur Unterstützung der Multifunktionalität der Landwirt-

schaft werden gemäss OECD auch in Norwegen eine Viel-

zahl produktungebundener Zahlungen entrichtet, deren

Anteil an der gesamten Unterstützung jedoch im Ver-

gleich zur Schweiz geringer ist (Hemme 2013). Neben

den Direktzahlungen sind auch Investitionshilfen ein

Mittel zur Unterstützung der Betriebe. In der Schweiz

werden gemäss Strukturverbesserungsverordnung (SVV,

Art. 19) neben den Investitionskrediten zusätzlich Bei-

träge für Bauvorhaben in den Hügel- und Bergzonen

entrichtet. In Norwegen sind diese beiden Systeme zur

Investitionshilfe ebenso bekannt. Die Unterstützungs-

zahlungen sind umgerechnet pro GVE in Norwegen

jedoch höher. Der Vergleich der Investitionshilfen in den

beiden Ländern ist in Tabelle 2 anhand einer Beispielsbe-

rechnung mit 50 GVE in zentraler Lage und mit 18 GVE in

peripherer Lage dargestellt (Agroscope Baukostenerhe-

bung 2012; Ottesen et al. 2008). In der Schweiz bringen

die Investitionshilfen je nach Betriebsgrösse und Lage

eine Baukostenersparnis von 13−19 %. In Norwegen wer-

den bis 30 % der Baukosten übernommen (Gesetz Nr. 75,

Art. 3, Abs. 3, Nr. 2). In der Schweiz führt neben den deut-

lich höheren Erstellungskosten der geringere Unterstüt-

zungsanteil des Staates zu einer zusätzlichen Differenz.

In der Schweiz werden zudem Gebäudeinvestitionen

im Vergleich zu Norwegen stark von gesetzlichen Bestim-

mungen beeinflusst (zum Beispiel Tierschutzgesetz).

Schweiz Norwegen

Milchkonsum1, 4 [t/a] 2 959 120 1 626 500

Milchkonsum pro Kopf5 [kg/a] 376 327

Kuhmilchproduktion1, 2 [t/a] 4 079 000 1 642 000

Vermarktete Kuhmilch1, 2 [t/a] 3 410 000 1 524 000

Milchkühe1, 3 Anzahl 590 000 233 000

Milchleistungen pro Kuh5 [kg/a] 6914 7047

Milchviehbetriebe1, 3 Anzahl 28 973 10 545

Milchproduktion pro Betrieb5 [t/a] 140,8 155,7

Milchpreis1, 2 [Fr./100 kg] 62,06 74,95

Quellen: 1)Milchstatistik der Schweiz 2011, SBV 2)Norwegian Agriculture Economics Research Institute 2010 3)Statistics Norway 2011 4)FAO Statistics 2009 5)eigene Berechnung

Tab. 1 | Gegenüberstellung wichtiger Kennzahlen des Schweizer und norwegischen Milchmarktes. Alle Gewichtsangaben beziehen sich auf ein Milchäquivalent (1 kg Milch mit 73 g Fett und Eiweiss, definiert durch das BLW)

Page 30: Agrarforschung Schweiz, Heft 6, Juni 2014

Agrarwirtschaft | Milchbetriebe: Warum produziert die Schweiz teurer als Norwegen?

250 Agrarforschung Schweiz 5 (6): 248–255, 2014

Dies führt tendenziell zu jüngeren und grösseren

Gebäuden, die höhere Abschreibungen verursachen.

Demgegenüber gibt es in Norwegen geringere Restrik-

tionen im Bereich Tierschutz. Betrachten wir in Tabelle

3 die «Mindestmasse pro Tier» beim Anbindestall, so

zeigt sich, dass die norwegischen Betriebe ihren Tieren

deutlich weniger Platz zur Verfügung stellen müssen

als die  Schweizer Betriebe. In Norwegen erfolgt eine

Gebäudeinvestition damit mehrheitlich nach ökonomi-

schen Kriterien mit dem Ziel, die Prozesse zu optimie-

ren und Kosten zu senken (Flaten 2002), was bei einem

gemässigten Strukturwandel eher zu älteren Gebäu-

den führt.

Vergleich der Preise

Ein umfangreicher Preisvergleich von Produktionsmitteln

bestätigte das hohe Preis- und Lohnumfeld beider Länder.

Tabelle 4 listet Preise von Produktionsmitteln und

Investitionsgütern auf, die grössere Unterschiede auf-

weisen. Betroffen sind die Preise für Baustoffe, insbeson-

dere für Holz, die in der Schweiz deutlich höher sind als

in Norwegen. Lediglich beim Preis für Baustahl liegen

beide Länder gleich auf. Der Vergleich der Anschaf-

fungspreise für Maschinen zeigte für beide Länder rela-

tiv geringe Unterschiede.

Ein grösserer Preisunterschied ist bei den verarbeite-

ten Futtermischungen (Kraftfutter) erkennbar. Kraftfut-

Kosten (in Fr.)18 GVE 50 GVE

Schweiz Norwegen Schweiz Norwegen

Baukosten pro GVE 25 275 19 900 21 520 14 200

Totale Baukosten 455 000 358 000 1 076 000 710 000

Beiträge (inkl. Sockelbeitrag) 87 000 107 000 155 0001 145 0001

Effektive Baukosten für den Betrieb 368 000 251 000 921 000 565 000

Effektive Baukosten pro GVE 20 444 13 944 18 420 11 300

Kostenvorteile in Prozent – 32 – 391)entspricht Maximalbeitrag

Quelle: Agroscope Baukostenerhebung 2012, SVV Art. 19, Gesetz Nr. 75, Art. 3, Abs.3; Ottesen et al. 2008, eigene Berechnungen und Darstellung

Tab. 2 | Beispielsberechnung der Kosten für zwei typische Bauvorhaben in der Schweiz und in Norwegen (GVE = Grossvieheinheit)

Tiergrösse Beschreibung

Breite Länge

Kurzstand Langstand

Schweiz1 Norwegen2 CH NO CH NO

klein Widerristhöhe ab 1,2 m (CH), bis 350 kg (NO) 1 0,9 1,65 1,3 1,8 1,8

mittel Widerristhöhe ab 1,3 m (CH), ab 350 kg (NO) 1,1 1 1,85 1,5 2 1,9

gross Widerristhöhe ab 1,4 m (CH), über 500 kg (NO) 1,2 1,2 1,95 1,7 2,4 2,1

Quellen: 1)TschV, Anhang 1 2) Mattilsynet, 2010; eigene Darstellung

Tab. 3 | Mindestmasse (in m) für Standplätze in Anbindeställen der beiden Länder pro Tier

Produktionsfaktor Beschreibung Einheit Schweiz Norwegen

Baustoffe1-9

Standardbeton SN EN 206-1 Chloridgehalt: 0,10 Fr./m3 192–219 171–207

Sägerundholz Fichte Fr./m3 100–108 60–70

Flachstahl S235JR 100 kg 235–330 236–395

Futtermittel10,11,12

Milchleistungsfutter Rohprotein: 17 % Fr./dt 62 53

Boden13

Pachtpreise Grünland Zentral gelegen Fr./ha 600–800 700

abgelegen Fr./ha 540 220

Quellen: 1)betonsor.no 2)heidelbergcement.com 3)holcim.com 4)wvs.ch 5)slf.dep.no 6)bfs.ch 7)ferroflex.ch 8)norskstaal.no 9)riedo.ch 10)beutler-muehle.ch 11)slf.dep.no 12)finn.no 13)IFCN-Bericht 2012

Tab. 4 | Vergleich der Preise (inkl. Mehrwertsteuer – dargestellt sind nur die Positionen mit grösseren Unterschieden)

Page 31: Agrarforschung Schweiz, Heft 6, Juni 2014

Milchbetriebe: Warum produziert die Schweiz teurer als Norwegen? | Agrarwirtschaft

251Agrarforschung Schweiz 5 (6): 248–255, 2014

(CH-18) liegt in der Bergregion und basiert auf Daten von

125 Buchhaltungsbetrieben (Mouron und Schmid 2011).

Der Betrieb mit 22 Milchkühen (CH-22) stammt aus der

Hügelregion und basiert auf Daten von 110 Buchhaltungs-

betrieben. Beide Betriebe repräsentieren einen namhaften

Anteil der Milchproduktion in der entsprechenden Region.

Während die beiden Schweizer Betriebe grundsätzlich

nach der Höhenlage differenziert sind, gelten bei den

norwegischen Betrieben geografische Unterscheidungs-

kriterien. Die weniger dicht besiedelte Region Nord-

Østerdalen (NO-20) liegt abgelegen und weiter nördlich.

Dies bedeutet für die Milchproduzenten zusätzlich

erschwerte Bedingungen (kürzere Vegetationsdauer) und

höhere Kosten, die jedoch durch höhere Produktepreise

und höhere Direktzahlungen teilweise ausgeglichen wer-

den. Mit 20 Kühen auf 27  ha ist NO-20 von der Besatz-

dichte her ziemlich extensiv. Das Milchleistungsniveau ist

jedoch auffallend hoch, für die Region aber typisch. Der

Betrieb NO-20 ist trotzdem am ehesten mit dem Betrieb

aus der Schweizer Bergregion (CH-18) zu vergleichen.

Betrieb NO-35 liegt in Jæren, am Meer im Südwesten

Norwegens mit milderem Klima und Anschluss an eine

Stadt, was tiefere Produktionskosten ermöglicht. Der

Betrieb ist mit seinen 35 Milchkühen leicht grösser als

die durchschnittlichen Milchbetriebe der Region. Er hat

dank seiner klimatischen Vorteile eine höhere Besatz-

dichte und ist mit dem Anbindestall und dem ähnlichem

Milchleistungsniveau grundsätzlich mit dem Schweizer

Betrieb CH-22 aus der Hügelregion gut zu vergleichen −

abgesehen von der grösseren Kuhanzahl.

Obwohl beide Länder ein ähnliches Lohnniveau auf-

weisen, werden für die Betriebe unterschiedliche

Ansätze gewählt, wobei insbesondere für Betrieb NO-35

aufgrund der zentralen Lage mit Fr. 37,2 ein deutlich

höherer Ansatz als auf den Schweizer Betrieben festge-

legt wird, denen eine einheitliche Bewertung von Fr. 28.−

zugrunde liegt (Gazzarin und Lips 2013).

ter ist in der Schweiz deutlich teurer als in Norwegen.

Bei den Pachtpreisen hat in beiden Ländern die geogra-

fische Lage der Fläche einen hohen Einfluss. Aufgrund

der oft dezentralen Lage von norwegischen Betrieben

lässt sich folgern, dass die Pachtpreise in der Schweiz im

Durchschnitt höher sein dürften.

Insgesamt kann festgehalten werden, dass auf

Fremdkostenebene in erster Linie die Baustoffpreise

und die Kraftfutterpreise den norwegischen Betrieben

einen Kostenvorteil verschaffen.

Daten für die Kostenerhebung

Für den Vergleich der Produktionskosten pro kg Milch

in der Schweiz und Norwegen werden die Daten aus

dem IFCN herangezogen. Anhand von typisierten

Betrieben können detaillierte Betriebsinformationen

verglichen werden, während die Repräsentativität weit-

gehend gewährleistet bleibt (Deblitz 2005). Die Reprä-

sentativität bezieht sich dabei auf eine gewisse Betriebs-

struktur (Betriebsgrösse), ein Produktionssystem und/

oder eine bestimmte Produktionsregion. Die Grösse des

Betriebes wird anhand der Anzahl Kühe meist so

gewählt, dass sie der meistverbreiteten Betriebsgrösse

entspricht (Hemme 2000).

Im Falle von Norwegen und der Schweiz werden aus-

gehend von der Struktur eines Einzelbetriebes statisti-

sche Daten (Buchhaltungsdaten) einer entsprechenden

Betriebsgruppe verwendet. Die Typisierung erfolgt in

beiden Ländern nach ähnlichen Kriterien. Die Daten

werden aufbereitet und in das Modell TIPICAL (Techno-

logy Impact Policy Impact Calculation Model) integriert,

sodass für alle Betriebe im Netzwerk eine vergleichbare

Kosten- und Leistungsanalyse erstellt wird.

Auswahl der Betriebe

In Tabelle 5 sind einige Kenndaten der ausgewählten

Betriebe dargestellt. Der Betrieb mit 18 Milchkühen

CH-18 CH-22 NO-20 NO-35

Milchkühe Anzahl 18 22 20 35

Landwirtschaftliche Nutzfläche (LN) ha 22 23 27 30

Besatzdichte Kühe/ha 0,82 0,96 0,74 0,86

Produzierte Milch t/Jahr 105 141 146 213

Milchleistung kg/Kuh 5820 6402 7314 6078

Kraftfutterkonsum Kg/Kuh und Tag 1,9 2 7,5 5,2

Stallsystem Anbindestall Anbindestall Anbindestall Anbindestall

Weideperiode Monate 5 6 4 5,5

Lohnansatz für eigene Arbeit CHF/Akh 28 28 26,2 37,3

Region Bergregion Hügelregion Nord-Østerdalen Jæren

Quelle: IFCN-Bericht 2012, eigene Darstellung

Tab. 5 | Kenndaten der Vergleichsbetriebe (IFCN-Bericht 2012; CH-18 = Schweizer Betrieb mit 18 Milchkühen, NO-35 = Norwegischer Be-trieb mit 35 Milchkühen)

Page 32: Agrarforschung Schweiz, Heft 6, Juni 2014

Agrarwirtschaft | Milchbetriebe: Warum produziert die Schweiz teurer als Norwegen?

252 Agrarforschung Schweiz 5 (6): 248–255, 2014

In Tabelle 5 ist weiter ersichtlich, dass die norwegischen

Betriebe bis zu viermal höhere Mengen an Kraftfutter ver-

füttern. Gemäss nationaler Statistik werden in der Schweiz

pro Milchkuh 640–710 kg Kraftfutter pro Jahr verfüttert

(SBV, Kraftfutterbericht 2011). In Norwegen liegt dieser

Wert über 2200 kg Kraftfutter pro Kuh (Tine 2013).

Vergleichsbedingte Datenanpassungen

Der Vergleich der Schweizerischen Betriebe mit den

norwegischen Betrieben erfolgt durch eine einfache

Gegenüberstellung der Kosten und Erlöse der einzel-

nen Betriebe im Vollkostenformat. Der Betrieb NO-35

weist gegenüber den beiden Schweizer Betrieben

strukturelle Vorteile auf, die zu tieferen Kosten führen.

Insofern muss der Struktureffekt sorgsam differenziert

werden. Dies erfolgte über eine Korrektur, indem der

Betrieb CH-22 auf 35 Kühe hochgerechnet wurde (CH-

22korr). Entsprechende Korrekturfaktoren für grössen-

relevante Kostenpositionen (z.B. Maschinen, Gebäude,

Arbeit) wurden anhand des  Kalkulationsmodells für

Milchproduktionssysteme (PARK) berechnet (Gazzarin

und Schick 2004). So haben die Kosten für Maschinen,

Gebäude, allgemeine Betriebskosten, Arbeit und Kapi-

tal pro kg Milch bei ««CH-22korr» zwischen 20 und 30

Prozent abgenommen. Dabei ist jedoch zu berücksichti-

gen, dass die Leistungsseite dieses Betriebs nicht korri-

giert wurde, in der Annahme, dass die Leistungen mit

der Bestandsgrösse proportional ansteigen. Dies ist im

Falle der Direktzahlungen nur annähernd der Fall.

R e s u l t a t e

Kosten und Leistungen

Die Ergebnisse beziehen sich auf Daten des Erhebungs-

jahres 2011. Alle Werte sind in Schweizer Franken pro

100 kg ECM (Energy Corrected Milk) umgerechnet. In

den Abbildungen 1–5 sind die Leistungen, Direktkosten,

fremde Strukturkosten, Opportunitätskosten (eigene

Strukturkosten) und Gewinn/Verlust dargestellt. Bei der

Interpretation der Ergebnisse werden jeweils CH-18 mit

NO-20 und CH-22korr mit NO-35 verglichen.

Betrachten wir die Leistungen der Betriebe (Abb. 1), so

zeigt sich, dass die Schweizer Betriebe zwar einen etwas

tieferen Milcherlös erreichen, jedoch mit leicht höheren

Erlösen für Schlachtvieh und deutlich höheren Direkt-

zahlungen insgesamt mehr Einnahmen generieren als

ihre norwegischen Vergleichsbetriebe.

Die Kostenstruktur bei den Direktkosten unterscheidet

sich bei den beiden kleineren Betrieben erheblich

(Abb. 2). Während der Schweizer Betrieb für den Futter-

zukauf (v.a. Kraftfutter) und für die Futterproduktion

(Hilfsstoffe wie Dünger, Saatgut) deutlich weniger aus-

gibt als der norwegische Betrieb, liegt dieser bei den

Tierarzt- und Medikamentenkosten und v.a. bei den all-

gemeinen Direktkosten (inkl. Tierzukauf) deutlich tiefer,

was insgesamt zu einem Direktkostenvorteil des norwe-

gischen Betriebes von rund 10 % führt. Beim Vergleich

CH-22korr und NO-35 ist das Verhältnis ähnlich, ausser

dass der Futterzukauf bei beiden Betrieben nahezu iden-

tisch ist. Auch hier stechen die grossen Unterschiede bei

den allgemeinen Direktkosten ins Auge. Letztere können

aufgrund fehlender Informationen nicht weiter analysiert

0

50

100

150

200

CH-18 NO-20 CH-22 CH-22korr NO-35

CHF/

100

kg E

CM

Direktzahlungen Nebenerlös aus Milchproduktion Milcherlös

Abb. 1 | Erlöse und Direktzahlungen (Leistungen) je 100 kg ener-giekorrigierte Milch (ECM).

0

5

10

15

20

25

30

35

40

CH-18 NO-20 CH-22 CH-22korr NO-35

CHF/

100

kg E

CM

Allg. Direktkosten (inkl. Tierzukauf) Besamungen Tierarzt / Medikamente Futterproduktion Futterzukauf

Abb. 2 | Direktkosten je 100 kg energiekorrigierte Milch (ECM).

0

10

20

30

40

50

60

70

80

CH-18 NO-20 CH-22 CH-22korr NO-35

CHF/

100

kg E

CM

Weitere Kosten Schuldzinsen Arbeitskosten fremd Versicherung Gebäude Energiekosten Maschinen

Abb. 3 | Fremde Strukturkosten je 100 kg energiekorrigierte Milch (ECM).

Page 33: Agrarforschung Schweiz, Heft 6, Juni 2014

Milchbetriebe: Warum produziert die Schweiz teurer als Norwegen? | Agrarwirtschaft

253Agrarforschung Schweiz 5 (6): 248–255, 2014

betrieb einen mehr oder weniger deutlichen Verlust

aufweisen. Erst der auf 35 Kühe hochkorrigierte Hügel-

betrieb (CH-22korr) erreicht ebenfalls eine kostende-

ckende Produktion.

D i s k u s s i o n

Strukturbedingte Unterschiede

Die Betriebsgrösse hat einen wesentlichen Einfluss auf

die Kosten je Produkteeinheit. Während bei CH-22 der

Struktureffekt durch eine Korrektur ausgeklammert

werden konnte, ist beim kleineren Schweizer Bergbe-

trieb zu berücksichtigen, dass dieser aufgrund der

deutlich tieferen Milchleistung je Kuh rund ein Viertel

weniger Milch produziert als der Vergleichsbetrieb

NO-20 (Tab. 5). Insofern ist festzuhalten, dass ein Gross-

teil der hohen Kostenunterschiede auf die höhere

Milchmenge von NO-20 zurückgeführt werden kann.

Die höheren Kosten beim Futterzukauf (trotz tieferer

Kraftfutterpreise) und bei den Hilfsstoffen (Dünger)

bestätigen die höhere Intensität von NO-20, der darum

bei den Strukturkosten eine deutliche Senkung erreicht

und so die Mehrkosten überkompensiert. Das grosse

Ausmass der Unterschiede dürfte jedoch nicht aus-

schliesslich strukturbedingt sein. Dies zeigt auch CH-

22korr, der trotz Korrektur höhere Kosten aufweist als

NO-35.

werden. Insgesamt liegen die Direktkosten beim norwe-

gischen Betrieb NO-35 um knapp 25 % tiefer.

Besonders deutliche Unterschiede ergeben sich bei den

fremden (Abb. 3) und eigenen (Abb. 4) Strukturkosten.

Auffällig sind dabei in erster Linie die Kostenunterschiede

bei den Maschinen und bei den Gebäuden, die auf den

kleineren Betrieben noch etwas ausgeprägter sind. Eben-

falls deutlich sind die Kostenunterschiede bei den Arbeits-

kosten − vor allem bei den beiden kleineren Betrieben.

Tabelle 6 zeigt Arbeitszeitaufwand und Arbeitsprodukti-

vität im Vergleich. Die höheren Arbeitskosten trotz tiefe-

rem Lohnansatz bei CH-22korr (im Vergleich zu NO-35)

erklären sich durch die tiefere Arbeitsproduktivität.

CH-18 weist mit 29 kg ECM pro eingesetzte Arbeitsstunde

im Vergleich zu NO-20 eine um 40 % tiefere Arbeitspro-

duktivität auf. Bei CH-22korr liegt die Arbeitsproduktivi-

tät immer noch um 20 % unter derjenigen von NO-35.

Der einzige, eher wenig relevante, Kostenvorteil der

Schweizer Betriebe liegt bei den Kapitalkosten (Zinsan-

spruch und Schuldzinsen), die durch den günstigeren

Zinssatz bedingt sind. Die übrigen Positionen weisen

geringere Unterschiede auf und sollen nicht weiter ana-

lysiert werden.

Abbildung 5 schliesslich zeigt, dass beide norwegi-

schen Betriebe ihre Kosten mit den Produkterlösen

und den Direktzahlungen decken können, während

der Schweizer Bergbetrieb und der Schweizer Hügel-

Abb. 4 | Eigene Strukturkosten je 100 kg energiekorrigierte Milch (ECM).

Abb. 5 | Leistungen und Kosten total je 100 kg energiekorrigierte Milch (ECM).

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90

100

CH-18 NO-20 CH-22 CH-22korr NO-35

CHF/

100

kg E

CM

Zinsanspruch Lohnanspruch Landkosten

0

50

100

150

200

250

CH-18 NO-20 CH-22 CH-22korr NO-35

CHF/

100

kg E

CM

Leistungen Totale Kosten

Arbeit Einheit CH-18 CH-22 CH-22korr NO-20 NO-35

Arbeitsaufwand

Arbeitsstunden Familie h/Jahr 3009 2830 2635 2240

Arbeitsstunden Fremd h/Jahr 643 643 383 680

Arbeitsaufwand total h/Jahr 3652 3473 3882* 3018 2920

Arbeitsproduktivität kg ECM/h 29 41 58* 48 73

*intrapolierter Wert basierend auf PARK-Modellkalkulation: auf 35 Kühe hochgerechnet.

Quelle: IFCN-Bericht 2012, eigene Darstellung

Tab. 6 | Arbeitsaufwand und Arbeitsproduktivität (CH-22korr: Schweizer Betrieb mit 22 Kühen auf 35 Kühe hochgerechnet)

Page 34: Agrarforschung Schweiz, Heft 6, Juni 2014

254

Agrarwirtschaft | Milchbetriebe: Warum produziert die Schweiz teurer als Norwegen?

Agrarforschung Schweiz 5 (6): 248–255, 2014

Preisbedingte Unterschiede

Bei den Preisen für Kraftfutter und Baustoffe konnten

grössere Unterschiede festgestellt werden. Die höheren

Erstellungskosten der Gebäude können nur teilweise mit

den höheren Baustoffpreisen in der Schweiz erklärt wer-

den. Die vermutlich neueren und aufgrund der gesetzli-

chen Vorschriften vor allem grösseren Gebäude führen

zusammen mit den vergleichsweise geringeren Investiti-

onshilfen letztlich zu effektiven Bauinvestitionen, die in

der Schweiz nach Abzug der Unterstützungszahlungen

47−63 % höher liegen als in Norwegen.

Hinsichtlich Maschinen konnten ähnliche Anschaf-

fungspreise festgestellt werden. Vergleicht man jedoch

den Anteil an neugekauften Traktoren am Gesamtbe-

stand (BFS 2013; SLV 2013), fällt auf, dass dieser in der

Schweiz mit 2 % höher ist als in Norwegen (1,5 %; Koh-

ler 2013), was auf einen jüngeren Maschinenpark mit

höheren Abschreibungen hinweist. Im Weiteren dürf-

ten die Kostenunterschiede vor allem auch im Bereich

der variablen Kosten begründet liegen (Unterhalt,

Reparatur, Treibstoff, Arbeiten für Dritte), die auf Unter-

schiede im Maschineneinsatz hindeuten.

Erstaunlich ist die Tatsache, dass der Betrieb CH-22korr

höhere Arbeitskosten aufweist als NO-35, obwohl letzte-

rer seine Arbeit mit 37,3 Fr./h deutlich höher entlohnt. Die

Ursache muss somit ein höherer Arbeitseinsatz bezie-

hungsweise ein unterschiedliches Produktionssystem sein.

Systembedingte Unterschiede

Die struktur- und preisbedingten Unterschiede zwischen

den beiden Ländern erklären die Kostendifferenzen bei

Gebäuden, Maschinen und Arbeit nicht hinreichend.

Hinsichtlich der Maschinenkosten stellt sich die Frage,

ob der Maschinenpark und der Maschineneinsatz in der

Schweiz umfangreicher ist als in Norwegen. Tatsächlich

müssen Schweizer Betriebe aufgrund des tieferen Kraft-

futtereinsatzes nicht nur mehr, sondern auch qualitativ

hochwertigeres Raufutter produzieren, um ähnliche

Milchleistungen zu erreichen. Dies ist nur mit einer deut-

lich höheren Schnitthäufigkeit zu erreichen. Das wiede-

rum stellt nicht nur höhere Anforderungen an den

Maschinenpark hinsichtlich des Umfangs (Schlagkräftig-

keit) und des technischen Zustands, sondern führt auch

zu deutlich höheren variablen Kosten. Davon betroffen

sind nicht nur Treibstoffkosten, sondern auch Lohn-

unternehmerkosten.

Auch die unterschiedlichen Arbeitskosten können zu

einem grossen Teil mit dem Fütterungssystem erklärt wer-

den. Zwar ist die Betriebsgrösse respektive die Produkti-

onsmenge der Haupteinflussfaktor der Arbeitsproduktivi-

tät. Daneben erhöht aber auch ein höherer Einsatz an

Hilfsstoffen wie insbesondere Kraftfutter die Arbeitspro-

duktivität. Der hohe Aufwand bei der Raufutterproduk-

tion führt damit nicht nur zu höheren Maschinenkosten,

sondern folgerichtig auch zu einem höheren Arbeitszeit-

bedarf. Die norwegischen Betriebe profitieren so von den

tieferen Kraftfutterpreisen, die ihre Direktkosten nicht

übermässig belasten, dafür jedoch zu geringeren Struktur-

kosten führen. Der Effekt einer aufwändigen Raufutter-

konservierung auf die Arbeits- und Maschinenkosten

wurde bereits im Vergleich mit den österreichischen

Betrieben festgehalten (Gazzarin et al. 2011). Auch die

Gebäudekosten sind davon betroffen, da ein grösseres

Grundfutterlager vonnöten ist.

S c h l u s s f o l g e r u n g e n

Norwegen und die Schweiz weisen mehrheitlich ein ähn-

lich hohes Preis- und Lohnniveau auf. Wichtige Preisun-

terschiede sind bei den Baustoffen und beim Kraftfutter

festzustellen. Die Preisdifferenzen können die Kosten-

unterschiede jedoch nicht hinreichend erklären, was

schliesslich auf systembedingte Ursachen hindeutet. Zu

erwähnen sind die höheren Anforderungen im Tier-

schutz, die zu höheren Investitionen führen. Relevant

sind zudem die hohen Kraftfutterpreise in der Schweiz,

die zu einem raufutterbetonten Fütterungssystem bei-

tragen. Dieses führt wiederum zu deutlich höheren

Strukturkosten im Bereich der Maschinen, der Arbeit

und der Gebäude. Die höheren Kosten auf den Schwei-

zer Betrieben werden mit einem erheblichen Anteil an

Direktzahlungen entschädigt, wobei diese für eine Kos-

tendeckung nicht ausreichen. Demgegenüber können

die norwegischen Betriebe ihre Kosten mit höheren

Milchpreisen weitgehend decken. Als Nettoexporteur ist

der Spielraum für höhere Schweizer Preise beschränkt.

Der geringere Kraftfutteraufwand könnte allenfalls zu

einer höheren Zahlungsbereitschaft führen, sofern dies

entsprechend wirksam kommuniziert würde.

Auf der Kostenseite gilt es für die Produzenten, den

Aufwand der Raufutterproduktion möglichst zu redu-

zieren, indem die Konservierung auf das Nötigste

beschränkt wird und der Anteil an Frischfutter (Weide/

Eingrasen) erhöht wird. � n

Page 35: Agrarforschung Schweiz, Heft 6, Juni 2014

255

Milchbetriebe: Warum produziert die Schweiz teurer als Norwegen? | Agrarwirtschaft

Ria

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Sum

mar

y

Agrarforschung Schweiz 5 (6): 248–255, 2014

Produttori di latte: perché produrre in Svizzera

costa di più che in Norvegia?

Per quanto riguarda la produzione di latte,

Svizzera e Norvegia hanno molto in comune:

prezzi e salari elevati, condizioni naturali avverse

e strutture di produzione analoghe. Un confronto

dei costi basato sui dati dell'International Farm

Comparison Network (IFCN) mostra che, nono-

stante le analogie, le aziende svizzere presen-

tano costi di produzione più elevati. L'analisi

delle voci di spesa ha portato alla luce varie

differenze, in particolare in termini di costi delle

strutture. Tale discrepanza può essere imputata

ai prezzi più alti dei materiali da costruzione, ai

volumi più ampi degli edifici, ai sostegni finan-

ziari inferiori e alle ristrutturazioni più frequenti.

I costi più elevati dei macchinari e del lavoro

sono correlati in maniera indiretta con i prezzi

più alti del foraggio concentrato che, di conse-

guenza, viene impiegato in misura significativa-

mente inferiore dalle aziende svizzere. Garantire

un'elevata qualità del latte pesa ulteriormente

sulle spalle delle aziende svizzere, che devono

produrre foraggio secco, con conseguente

aumento dei costi per manodopera, macchinari e

strutture. Per quanto concerne le misure di

contenimento dei costi, la conservazione delle

quantità di foraggio strettamente necessarie

sortirà molto presto i suoi effetti.

Literatur ▪ Agroscope, 2012. Baukostenerhebung 2012. Zugang: http://www.agroscope.admin.ch/tierhaltung/06683/06935/index.html?lang=de [05.08.2013].

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Dairy farms: why does Switzerland spend more

on production than Norway?

Dairy production in Switzerland and Norway has

a lot in common: a high price- and wage environ-

ment, difficult natural conditions and similar

farm structures. A cost comparison using data

from the International Farm Comparison Net-

work (IFCN) shows that Swiss farms have higher

production costs, however. Analysis of the cost

positions pinpoints the differences mainly in the

structural costs sphere. Higher construction costs

can be explained by higher building material

prices, greater building volumes, lower benefit

payments and more-frequent building altera-

tions. Higher machinery and labour costs are

indirectly associated with the higher concentrate

prices and the markedly lower use of concen-

trates on Swiss farms. To ensure similarly high

milk yields, Swiss farms spend a comparatively

high amount on roughage production, leading to

higher labour, machinery and building costs. As

far as cost-reduction efforts are concerned,

forage conservation, i.e. limiting forage use to

essential levels, is most likely to produce an

impact.

Key words: dairy, farm comparison, production

systems, production costs, price comparison,

Norwegian dairy farm, Swiss dairy farm.

Page 36: Agrarforschung Schweiz, Heft 6, Juni 2014

256 Agrarforschung Schweiz 5 (6): 256–263, 2014

2009). Effektiv bewässert werden aber nur Kulturen, bei

denen sich der Aufwand wirtschaftlich lohnt, z.B. bei

Kartoffeln, Zuckerrüben, Mais oder Spezialkulturen.

In den nächsten Jahrzehnten könnten viele Land-

wirte zur Sicherung von Ernteertrag und -qualität mit

einem steigenden Bewässerungsbedarf konfrontiert

sein. Klimaprojektionen für die Zeit um 2050 gehen bei

einer Zunahme des atmosphärischen CO2 auf 530 ppm

(A1B Emissionsszenario) von einer Temperaturerhöhung

im Mittel um 3–4 °C und einer Niederschlagsabnahme im

Sommer von 5–20 % aus (CH2011 2011). Gleichzeitig

nehmen in vielen Gewässern die Abflüsse im Sommer

deutlich ab (BAFU 2012). Zur Vermeidung von Konflik-

ten bei Wasserknappheit bedarf es deshalb neuer

E i n l e i t u n g

Die Betriebszählung des Bundesamts für Statistik ergab,

dass 2010 rund 36 000 ha der landwirtschaftlichen Nutz-

fläche (LN) bewässert wurden (BFS 2012). Dies entspricht

3,4 % der gesamten LN. Die meisten Betriebe verwende-

ten Wasser aus Bächen, Flüssen und Seen (46 %) oder

Grundwasser (37 %). Die «bewässerungsbedürftige» Flä-

che ist aber wesentlich grösser. Modellrechnungen für

die ganze Schweiz ergaben für 26 % der gesamten LN

eine «potenzielle» Bewässerungsbedürftigkeit, was

bedeutet, dass auf dieser Fläche eine Bewässerung

durchschnittlich mindestens in jedem dritten Jahr eine

positive Wirkung auf den Ertrag hat (Fuhrer und Jasper

Bewässerungsbedarf und Wasserdar gebot unter Klimawandel: eine regionale DefizitanalyseJürg Fuhrer und Pierluigi Calanca

Agroscope, Institut für Nachhaltigkeitswissenschaften INH, 8046 Zürich, Schweiz

Auskünfte: Jürg Fuhrer, E-Mail: [email protected]

Mobile Wasserentnahme zur Bewässerung aus einem Kanal im Broyetal (Foto: Jürg Fuhrer, Agroscope)

U m w e l t

Page 37: Agrarforschung Schweiz, Heft 6, Juni 2014

Bewässerungsbedarf und Wasserdar gebot unter Klimawandel: eine regionale Defizitanalyse | Umwelt

257

Zusa

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enfa

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ng

Agrarforschung Schweiz 5 (6): 256–263, 2014

Mit dem Klimawandel nimmt der Wasserbe-

darf landwirtschaftlicher Kulturen tendenzi-

ell zu. Dies führt zu einem höheren Bewässe-

rungsbedarf. Gleichzeitig sinkt die

Wasserverfügbarkeit, da im Sommer die

Wasserstände in vielen Einzugsgebieten des

Mittellandes zurückgehen. Um Gebiete mit

einem erhöhten Risiko für Wasserknappheit

zu identifizieren, wurde mit Hilfe eines

hydrologischen Modells das Verhältnis des

potenziellen Bewässerungsbedarfs zum

Dargebot (verfügbares Wasser, Gebietsab-

fluss) für 39 Einzugsgebiete während

1981–2010 berechnet. Die Ergebnisse zeigen,

dass in Extremjahren wie 2003 in einzelnen

Regionen das Dargebot schon heute unge-

nügend ist. Mit dem Klimawandel spitzt sich

diese Situation zu und führt vermehrt zu

Wasserknappheit, wie Modellierungen für

ausgewählte Gebiete anhand von zwei

Klimaszenarien für die Periode 2036–2065

zeigen. In den Einzugsgebieten von Glatt-

Töss, Birs, oder Broye-Mentue steigt die

Häufigkeit der Jahre mit Wasserknappheit

im Falle eines starken Klimawandels um ein

Vielfaches an. In diesen Gebieten sind

Massnahmen für eine angepasste Wasser-

bewirtschaftung angesagt, die sowohl den

Schutz der Gewässer als auch die Ansprüche

der Landwirtschaft berücksichtigen.

Lösungsansätze und Strategien der Wassernutzung,

besonders in Regionen, in welchen sich das Verhältnis

von Bedarf und Dargebot durch den Klimawandel in

einen kritischen Bereich verschiebt. Die vorliegende Stu-

die hatte zum Ziel, dieses Verhältnis für mittelgrosse Ein-

zugsgebiete der Schweiz unter heutigen Klimabedin-

gungen zu modellieren, um im Sinne einer Defizitana-

lyse besonders betroffene Regionen auszuscheiden. Für

diese Gebiete wurde die Veränderung unter zwei Kli-

maszenarien für den Zeithorizont um 2050 berechnet.

M e t h o d e n

Simulationen mit dem hydrologischen Modell WaSim-ETH

Die Berechnungen für den Bewässerungsbedarf wurden

mit Hilfe des hydrologischen Abfluss- und Wasserhaus-

haltsmodell WaSiM-ETH (www.wasim.ch) durchgeführt.

Das Modell erlaubt eine zeit- und flächendetaillierte

Simulation aller hydrologisch relevanten Wasserflüsse.

Die Berechnung des Bewässerungsbedarfs entspricht

einer bedarfsgesteuerten Simulation, bei welcher der

Bedarf anhand der Reduktion der aktuellen Evapotran-

spiration (ET) gegenüber der potenziellen Evapotrans-

piration (ETP) bestimmt wird. Dazu wird über die mitt-

lere Bodenfeuchte im durchwurzelten Bodenprofil das

Verhältnis ET/ETP berechnet. Wie bereits in früheren

Studien (Fuhrer und Jasper 2009; Fuhrer 2010) wurde

eine bodenfeuchteabhängige Reduktion der aktuellen

ET um 20 % als Auslöser für die Bewässerung festgelegt

(ET/ETP = 0,80). Der Beginn von Trockenstress wird über

einen vegetationsspezifischen Grenzwert der Boden-

wasserspannung bestimmt. Dieser Grenzwert wurde für

alle betrachteten Landnutzungsarten einheitlich auf

350 hPa festgelegt (pF-Wert: 2,54) (Fuhrer und Jasper

2009). Die Bewässerungsmenge ermittelt sich aus der

Differenz zwischen der über die Wurzeltiefe gemittel-

ten Bodenfeuchte beim Zielwert (ET/ETP = 1) und dem

aktuellen Wert. Bewässerungsverluste wurden im

Gegensatz zu Fuhrer (2012) berücksichtigt, indem die

berechneten Mengen mit einer Bewässerungseffizienz

von 70 % korrigiert wurden.

Modell-Setup

Analog zu Fuhrer und Jasper (2009) sowie Fuhrer (2010)

wurden in einem ersten Schritt Modellrechnungen für

die Einzugsgebiete von Thur, Emme, Broye, Rhone,

Ticino und des Dischmabachs durchgeführt. Zur Identifi-

zierung der Flächen (Acker, Grasland und Obstanbau)

wurden die Daten der Arealstatistik 2004/09 (Stand:

August 2011) und für noch nicht erfasste Gebietsanteile

der Datensatz der Arealstatistik 1992/97 (BFS 2001)

genutzt. In letzterem müssen Ackerflächen mittels Ablei-

tungsverfahren bestimmt werden (Fuhrer und Jasper

2009). Man spricht daher auch von «potenziell nutzba-

rem Ackerland», das in seiner Lage und Ausdehnung von

den tatsächlich ackerbaulich genutzten Flächen abwei-

chen kann. Die Modellrechnungen erfolgten als konti-

nuierliche Tageswertsimulationen in einer Auflösung

von 500 m × 500 m, ohne spezifische Parameterwerte für

einzelne Kulturarten, d.h. mit mittleren Parameterwer-

ten zur phänologischen Beschreibung des Bewuchses

von Ackerkulturen und Grasland sowie von Obstanbau-

flächen. Für Grasland wurden jeweils drei Grasschnitte

pro Vegetationsperiode vordefiniert, wobei diese Ter-

mine je nach Höhenlage variierten.

Kalibrierung und Verifikation des Modells erfolgten

aufgrund gemessener Abflussdaten (Fuhrer und Jasper

2009). Für die Aufskalierung der gebietsspezifischen

Bewässerungsmengen auf die gesamte LN wurde im

zweiten Schritt die in Fuhrer (2010) beschriebene

Page 38: Agrarforschung Schweiz, Heft 6, Juni 2014

Umwelt | Bewässerungsbedarf und Wasserdar gebot unter Klimawandel: eine regionale Defizitanalyse

258 Agrarforschung Schweiz 5 (6): 256–263, 2014

Methode der Mehrfachregression verwendet. Diese

berücksichtigt die Abhängigkeit des Wasserbedarfs von

Klima, Topographie und Bodeneigenschaften.

Einzugsgebiete

Die Ausgrenzung individueller Einzugsgebiete wurde

auf Basis von zwei Flächendatensätzen durchgeführt:

Mit Hilfe des RIMINI-Höhenmodells (swisstopo 2004)

wurden für ausgewählte Abflussstationen die zugehö-

rigen Entwässerungsgebiete bestimmt und mit Daten

aus der «Einzugsgebietsgliederung Schweiz» (BAFU

2011) ergänzt. Hierzu wurden Datensätze aus der

Aggregationsebene 1000 km² berücksichtigt. Insgesamt

wurden 39 Regionen ausgegrenzt mit Flächen zwischen

526 und 1722 km² und einem Anteil der LN zwischen

6 % und 66 %.

Gebiete mit einem erhöhten Bedarf relativ zum Dar-

gebot unter heutigen Klimabedingungen, einem bedeu-

tenden Anteil LN (42–67 %) und mit allen drei Nutzungs-

kategorein (Ackerland, Grünland und Obstanbau),

wurden erweiterten Modellrechnungen und Analysen

unterzogen («Hotspot»-Gebiete; Tab. 1).

Zwei dieser Gebiete (Emme und Birs) wurden unver-

ändert aus der ursprünglichen Einteilung übernommen.

Die restlichen drei Gebiete (Thur, Glatttal-Tösstal und

Broye-Mentue) erfuhren hingegen eine Gebietsausdeh-

nung. Für Thur und Töss wurden auch ihre jeweiligen

Mündungsareale, bei Broye-Mentue zusätzlich auch die

Zuflussbereiche zum Murten- und Neuenburgersee, auf-

genommen. Für diese Gebiete wurde eine eigene

Modellkalibration und -verifikation durchgeführt und

anschliessend Bedarf und Dargebot für zukünftige

Klima bedingungen (2036–2065) berechnet.

Abschätzung des Dargebots

Das Dargebot an Bewässerungswasser in öffentlichen

Fliessgewässern wurde anhand von beobachteten

Abflussvolumina abgeschätzt (Daten: http://www.bafu.

admin.ch). Dazu wurden von den Abflussstationen für

jede Region die monatlichen Abflusssummen bestimmt.

Neu wurde eine gesetzlich vorgeschriebene Restwasser-

menge verwendet, welche die Abflussmenge definiert,

die in 95 % aller Fälle erreicht oder überschritten wird

(Q347; BUWAL 2000). Die Berechnung des Q347 erfolgte

auf Basis einer 30-jährigen Reihe mit Tageswerten. Für

den Projektionszeitraum 2036–2065 wurden die Q347-

Werte für die Hotspot-Gebiete anhand der simulierten

Abflussreihen bestimmt.

Klimadaten und -szenarien

Für das Referenzklima wurde das Zeitfenster 1981–2010

gewählt, das die aktuelle Referenzperiode in der Klima-

modellierung darstellt (CH2011 2011). Die Projektionen

für die Zeitspanne 2036–2065 basierten auf dem Emissi-

onsszenario A1B (Nakicenovic und Swart 2000). Im EU-

Projekt ENSEMBLES (van der Linden und Mitchell 2009)

kamen mehr als 30 verschiedene Modellkombinationen,

d.h. Modellketten bestehend aus einem globalen Klima-

Gebiet Thur Emme Glatt-Töss BirsBroye-Mentue

Gesamtfläche (km2) 1758 939 862 911 755

Anteil LN (%) 57 52 42 42 67

Ackerland (ha) 36 100 17 800 18 400 10 500 35 000

Grasland (ha) 60 300 30 500 16 200 27 000 14 900

Obstanbau (ha) 4200 800 1200 700 700

Tab. 1 | Landwirtschaftlich genutzte Flächenanteile (LN) in den ausgewählten Hotspot-Gebieten

Abb. 1 | Monatsmittel der erwarteten Änderung in Temperatur (a), Niederschlag (b) und Globalstrahlung (c). Dargestellt sind die Mittel-werte der fünf Hotspot-Regionen für den Zeitraum 2036–2065 aufgrund der zwei Klimaszenarien ETHZ (blau) und SMHI (rot).

0,0

0,5

1,0

1,5

2,0

2,5

3,0

3,5

4,0

Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez

Ände

rung

der

Tem

pera

tur (

ºC)

0,80

0,85

0,90

0,95

1,00

1,05

1,10

1,15

Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez Ände

rung

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Glo

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(rel

.)

0,5

0,6

0,7

0,8

0,9

1,0

1,1

1,2

Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez

Ände

rung

im N

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lag

(rel.)

(a) (b) (c)

ETHZ

SMHI

Page 39: Agrarforschung Schweiz, Heft 6, Juni 2014

Bewässerungsbedarf und Wasserdar gebot unter Klimawandel: eine regionale Defizitanalyse | Umwelt

259Agrarforschung Schweiz 5 (6): 256–263, 2014

R e s u l t a t e

Bedarf vs. Dargebot – Referenzperiode

Im Durchschnitt der Jahre 1981–2010 liegen die Werte

für den potenziellen Bedarf während der kritischen

Sommermonate Juni–August in der Mehrzahl der Ein-

zugsgebiete unter 1 % des Dargebots und maximal bei

16 % (Broye-Mentue). Die Lage der Gebiete mit Werten

über 1 % ist aus Abbildung 2 ersichtlich.

Im Extremjahr 2003 sieht die Situation anders aus; in

mehreren Gebieten werden Werte von über 100 %

erreicht (Abb. 3). Aufgrund der Rangfolge für 2003 las-

sen sich Regionen mit einem besonders hohen Risiko für

Wasserknappheit leicht erkennen.

Die Lage der Gebiete mit erhöhten Werten ist in

Abbildung 4 erkennbar. Gebiete mit einem potenziellen

Bedarf von 30–60 % gegenüber dem Dargebot sind ins-

besondere das Glatt-Töss-Gebiet, die Zuflussgebiete zum

Neuenburger- und Bielersee (Orbe-Areuse-Seyon-Suze)

und das Doubs-Gebiet. Der Vergleich von Bedarf und

Dargebot setzt allerdings voraus, dass jede landwirt-

schaftliche Fläche durch Flusswasser bewässert werden

kann, was in der Praxis jedoch kaum gewährleistet sein

dürfte (lange Transportwege etc.), und keine Grundwas-

servorkommen genutzt werden.

Bedarf vs. Dargebot – 2050

Für diese Defizitanalyse gilt es zu berücksichtigen, dass

die Belastungssituation in Extremjahren nicht nur von

der Zunahme der Verdunstung, sondern auch stark vom

modell (GCM) und einem daran gekoppelten regionalen

Klimamodell (RCM) zum Einsatz (http://ensemblesrt3.

dmi.dk; Christensen et al. 2010). Die Klimaprojektionen

von zwei dieser Modellketten wurden hier verwendet,

um eine obere beziehungsweise untere Grenze mögli-

cher Klimaentwicklungen darzustellen: ETHZ-CLM (nach-

folgend als ETHZ bezeichnet) und SMHIRCA-BCM (nach-

folgend als SMHI bezeichnet). Die Szenarien standen in einer Auflösung von 25 km

als mittlere monatliche Abweichung zur Referenz

(Delta-Werte) für Temperatur, Niederschlag und Strah-

lung zur Verfügung (Abb. 1). Mit ETHZ sind die Sommer-

monate deutlich wärmer und auch niederschlagsärmer.

Mit SMHI sind die Tendenzen ähnlich, aber deutlich

weniger stark ausgeprägt. Der stärkste Temperaturan-

stieg wird mit ETHZ für August berechnet, mit SMHI für

Dezember. Die jahreszeitliche Mitteltemperatur erhöht

sich bei ETHZ um etwa 2,6 °C; bei SMHI liegt diese Schät-

zung bei etwa 1,2  °C. Im Mittel über alle Hotspot-

Gebiete beträgt der Rückgang des Niederschlags mit

ETHZ 22 % (Juni–August). Im Vergleich dazu fällt die

sommerliche Niederschlagsabnahme im SMHI-Szenario

deutlich geringer aus (–8 %). Der Jahresgang der Ände-

rung zeigt für SMHI eine markante Erhöhung ausser-

halb der Sommerzeit. Fürs ganze Jahr wird von SMHI

eine leichte Zunahme der Jahresniederschläge (+4 %),

mit ETHZ eine mittlere Abnahme um 8 % projiziert. Für

die Verdunstung ist zusätzlich zur Temperatur auch die

Zunahme der Strahlung während der Sommermonate

mit maximal 10 % im Juli (ETHZ) relevant.

Abb. 2 | Verteilung des regionalen Verhältnisses von Bewässerungsbedarf und Dargebot (Abflussvolumen) für die Sommermonate (Juni–August) der Periode 1981–2010 (mit Regions-nummerierung).

Bedarf vs. Dargebot (%)< 11–22–55–1010–1515–25> 25

Page 40: Agrarforschung Schweiz, Heft 6, Juni 2014

Umwelt | Bewässerungsbedarf und Wasserdar gebot unter Klimawandel: eine regionale Defizitanalyse

260 Agrarforschung Schweiz 5 (6): 256–263, 2014

Abflussregime abhängt. Da in einzelnen Monaten das

Dargebot (= Abfluss) auf 0 sinkt, wurde hier die Diffe-

renz von Dargebot und Bedarf (=  Defizit) betrachtet.

Wird diese Differenz negativ, so bedeutet dies, dass

unter Berücksichtigung von Q347 der Bedarf an Bewäs-

serungswasser nicht mehr durch Entnahmen aus den

Flüssen gedeckt werden kann. In der Mehrzahl der

betrachteten 30 Jahre (Medianwert) ist dies in keiner

Region der Fall, auch nicht in den Szenarien-Simulatio-

nen mit SMHI (Abb. 5). Einzelne kritische Jahre während

der Referenzperiode treten in den Regionen der Birs

und der Broye-Mentue auf und widerspiegeln die Situa-

tion im Jahr 2003. Mit dem «extremen» Szenario (ETHZ)

nimmt die Anzahl der Unterschreitungen deutlich zu,

insbesondere in den beiden oben erwähnten Regionen.

Betrachtet man die Häufigkeit (%) der Jahre, in welchen

Abb. 3 | Rangfolge des Verhältnisses von Bedarf und Dargebot für die einzelnen Einzugsgebiete im Trockenjahr 2003. Karte: Lage der aus-gegrenzten Einzugsgebiete mit den zugehörigen Abflussstationen (Kreise).

Abb. 4 | Regionale Verteilung des Verhältnisses von Bewässerungsbedarf und Dargebot (Abflussvolumen) im Sommer (Juni–August) des Jahres 2003 (mit Regionsnummerierung).

Bedarf vs. Dargebot (%)< 11–22–55–1010–1515–25> 25

0

100

200

300

400

500

600

700

800

31 37 20 39 32 34 19 18 30 22 29 10 33 36 11 25 13 21 3 35 38 14 1 28 17 8 7 24 16 27 15 12 2 4 5 9 23 26 6

Beda

rf/Da

rgeb

ot (%

)

Region

Page 41: Agrarforschung Schweiz, Heft 6, Juni 2014

Bewässerungsbedarf und Wasserdar gebot unter Klimawandel: eine regionale Defizitanalyse | Umwelt

261Agrarforschung Schweiz 5 (6): 256–263, 2014

Defizitanalyse besonders betroffene Regionen zu eruieren.

Dazu wurde ein Vergleich zwischen dem potenziellen

Bewässerungsbedarf und dem nutzbaren Wasserdargebot

durchgeführt. Aus Gründen der Datenverfügbarkeit wurde

das Dargebot vereinfachend mit der Wasserführung in den

Flüssen gleichgesetzt (ohne Berücksichtigung von Seen

oder Grundwasserreservoirs), und es wurde keine Ein-

schränkung im Zugang zu Wasserquellen berücksichtigt.

Durch die Berücksichtigung einer Restwassermenge (Q347)

wird im Vergleich zu den Daten von Fuhrer (2012) die nutz-

bare Wassermenge kleiner und mit nur 70 % Bewässe-

rungseffizienz der Bedarf entsprechend höher.

Die Auswertung der Simulationen zeigt, dass in Tro-

ckenjahren wie 2003 Regionen wie Broye-Mentue, Glatt-

Töss und Birs vor Problemen in der Deckung ihres land-

wirtschaftlichen Wasserbedarfes stehen könnten. Mit

dem Klimawandel nimmt das Risiko für solche Situatio-

nen zu und betrifft auch andere Regionen mit intensiver

landwirtschaftlicher Nutzung. Die Klimaszenarien wei-

sen in Richtung eines mittleren Niederschlagsdefizits im

Sommer, was bei einer Zunahme der potenziellen Ver-

die Differenz negativ ist, so ergibt dies eine Quantifizie-

rung des regionalen Risikos für Wasserknappheit. Mit

dem ETHZ-Szenario steigt dieses Risiko stark an, z.B. in

der Birs-Region von ca. 7 % auf 83 %. Mit dem SMHI-Sze-

nario gibt es keinen oder einen geringen Anstieg.

D i s k u s s i o n

Insgesamt ist der Wasserbedarf für die Bewässerung in der

Schweizer Landwirtschaft bescheiden. Schätzungen gehen

von jährlich 144 Mio m3 (Weber und Schild 2007) bezie-

hungsweise 150 Mio m3 (Fuhrer 2010) aus. Zum Vergleich:

Die gesamte Wasserabgabe der öffentlichen Wasserversor-

gungen im Jahr 2012 betrug 935 Mio m3 (http://www.svgw.

ch), und der Gesamtabfluss des Landes beträgt durch-

schnittlich 53 km3 pro Jahr (Blanc und Schädler 2013). Trotz

dieses scheinbaren Überangebots an Wasser kommt es

periodisch zu regionalen Engpässen, verbunden mit zeit-

lich beschränkten Entnahmeverboten. Diese Situationen

könnten im Zuge des Klimawandels häufiger werden. Mit

der vorliegenden Studie wurde versucht, anhand einer

Abb. 5 | Differenz zwischen Dargebot und Bedarf in den Hotspot-Gebieten für die Refe-renzperiode und unter dem milden (SMHI) und dem starken (ETHZ) Klimaszenario. Darge-stellt sind Median, 25/75-%-Quantile (Box), 5/95-%-Quantile (Whiskers) sowie die Ext-remwerte (Punkte). Werte im farblich hinterlegten Bereich bedeuten Wasserknappheit.

Szenario Thur Emme Glatt-Töss Birs Broye-Mentue

Referenz (1981-2010) 3,3 3,3 6,7 6,7 26,7

SMHI (2036-2065) 3,3 10 6,7 33,3 26,7

ETHZ (2036-2065) 10 36,7 53,3 83,3 83,3

Tab. 2 | Häufigkeit (%) der Jahre, in denen der Wasserbedarf regional höher ist als das -dargebot in der jeweils 30-jährigen Periode

600

500

400

300

200

100

0

-100

-200

Dar

gebo

t-Be

darf

(M

io m

3 )

Thur Emme Glatt-Töss Birs Broye-Mentue

Referenz, 1981 – 2010

SMHI, 2036 – 2065

ETHZ, 2036 – 2065

Page 42: Agrarforschung Schweiz, Heft 6, Juni 2014

262

Umwelt | Bewässerungsbedarf und Wasserdar gebot unter Klimawandel: eine regionale Defizitanalyse

Agrarforschung Schweiz 5 (6): 256–263, 2014

Literatur ▪ BFS, 2001. Bodennutzung im Wandel: Arealstatistik Schweiz. Bundesamt für Statistik, Neuenburg. 32 S. Zugang: http://www.bfs.admin.ch/bfs/portal/de/index/news/publikationen.html?publicationID=796 [03.03.14].

▪ BFS, 2012. Landwirtschaftliche Betriebszählung: Zusatzerhebung 2010. Medienmitteilung. Bundesamt für Statistik, Neuenburg. Zugang: http://www.news.admin.ch/message/index.html?lang=de&msg-id=44014 [03.03.13].

▪ BAFU, 2011. EZGG-CH – Einzugsgebietsgliederung Schweiz. Produkt-dokumentation. Bundesamt für Umwelt, Bern. 27 S.

▪ BAFU, 2012. Auswirkungen der Klimaänderung auf Wasserressourcen und Gewässer. Synthesebericht zum Projekt «Klimaänderung und Hydro-logie in der Schweiz» (CCHydro). Umwelt-Wissen Nr. 1217. Bundesamt für Umwelt, Bern. 76 S.

▪ Blanc P. & Schädler B., 2013. Das Wasser in der Schweiz – ein Überblick. Schweizerische Hydrologische Kommission, Bern. 28 S.

▪ BUWAL, 2000. Angemessene Restwassermengen – Wie können sie bestimmt werden? Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft, Bern. 139 S.

▪ CH2011, 2011. Swiss Climate Change Scenarios CH2011. Hrsg: C2SM, MeteoS-wiss, ETH, NCCR Climate, und OcCC, Zürich. 88 S. Zugang: http://www.bafu.admin.ch/publikationen/publikation/00402/index.html?lang=de [03.03.14].

▪ Fuhrer J., 2010. Abschätzung des Bewässerungsbedarfes in der Schwei-zer Landwirtschaft. Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART, 26 S. Zugang: http://www.agroscope.admin.ch/publikationen/ein-zelpublikation/index.html?lang=de&aid=26436&pid=26884&vmode=fancy [03.03.14].

▪ Fuhrer J., 2012. Bewässerungsbedarf und Wasserdargebot unter heutigen und künftigen Klimabedingungen. Forschungsanstalt Agroscope Recken-holz-Tänikon ART, 46 S. Zugang: http://www.agroscope.admin.ch/publi-kationen/einzelpublikation/index.html?lang=en&aid=29699&pid=29493 [03.03.14].

▪ Fuhrer J. & Jasper K., 2009. Bewässerungsbedürftigkeit von Acker- und Grasland im heutigen Klima. Agrarforschung 16, 396–401.

▪ Fuhrer J., Tendall D., Klein T., Lehmann N. & Holzkämper A., 2013. Water demand in Swiss Agriculture – Sustainable Adaptive Options for Land and Water Management to Mitigate Impacts of Climate Change. ART Schriftenreihe 19, 56 S.

▪ Nakicenovic N. & Swart R., 2000. IPCC Special Report on Emission Scena-rios, Intergovernmental Panel on Climate Change, Cambridge University Press, Cambridge, UK. 570 S.

▪ Nash J.E. & Sutcliffe J.V., 1970. River flow forecasting through conceptu-al models. Part I. A discussion of principles. Journal of Hydrology 10, 282–290.

▪ Swisstopo, 2004. RIMINI – Das preisgünstige digitale Höhenmodell der ganzen Schweiz. Bundesamt für Landestopografie, Wabern.

▪ van der Linden P. & Mitchell J.F.B. (eds.), 2009. ENSEMBLES: Climate Change and its Impacts: Summary of research and results from the ENSEMBLES project. Met Office Hadley Centre, FitzRoy Road, Exeter EX1 3PB, UK. 160 S.

▪ Weber M. & Schild A., 2007. Stand der Bewässerung in der Schweiz. Bericht zur Umfrage 2006. Bundesamt für Landwirtschaft, Bern. S. 17ff.

dunstung den Bedarf an Zusatzbewässerung steigert,

bei gleichzeitiger Abnahme des Abflussvolumens. Im

Extremfall (ETHZ) tritt Wasserknappheit bis zur Mitte

des Jahrhunderts in 10 % (Thur) bis über 80 % (Birs,

Broye-Mentue) der Jahre auf. Besonders betroffen vom

Rückgang der Abflüsse im Sommer sind Regionen mit

einem mittelländischen oder jurassischen Abflussregime

(BAFU 2012; Blanc und Schädler 2013).

Allerdings ist zu beachten, dass es sich hier um Schät-

zungen eines potenziellen Bewässerungsbedarfs handelt.

Genauere Abschätzungen des aktuellen Bewässerungs-

bedarfs wären unter Verwendung kulturspezifischer

Inputdaten möglich, und müssten sich auf die bewässe-

rungswürdigen Kulturen beschränken. Zudem bestehen

Unsicherheiten bei den landesweit verwendeten Daten

zu Bodeneigenschaften und auch bezüglich der Klimas-

zenarien. Unberücksichtigt bleibt ausserdem die Nieder-

schlagsverteilung, beziehungsweise die von den Szena-

rien angegebene Zunahme in der Länge der

Trockenphasen (aufeinander folgende Tage ohne nen-

nenswerte Niederschläge) im Sommer, und schliesslich

die Möglichkeit, dass mit steigender CO2-Konzentration

die Effizienz der Wasserausnutzung der Pflanzen steigt.

Die Ergebnisse sollten dementsprechend nicht in ihrer

Absolutheit, sondern eher als Basis für regional differen-

zierte Risikobetrachtungen verwendet werden.

S c h l u s s f o l g e r u n g e n

Trotz methodischer Einschränkungen ergeben sich aus

den Ergebnissen Erkenntnisse, die für die weitere Dis-

kussion möglicher Massnahmen im Bereich der Gewäs-

serbewirtschaftung und insbesondere der landwirt-

schaftlichen Ansprüche wertvoll sein können. Zur

Vermeidung von möglichen Konfliktsituationen und zur

Schonung der Gewässer sind in Risikoregionen ange-

passte, vorsorgliche Massnahmen vordringlich. Dazu

gehören Anpassungen bei der Bewirtschaftung (u.a.

Kulturen-, Sorten- und Standortwahl, Bodenbearbei-

tung etc.) (Fuhrer et al. 2013) oder im Bereich der Infra-

struktur (u.a. Zuleitungen) für zusätzliche Bewässerung

mit Wasser aus grösseren Reservoiren (Seen, grosse

Flüsse). n

Dank

Die Modellrechnungen wurden mit Unterstützung von Karsten Jasper durchge-führt und vom Bundesamt für Landwirtschaft finanziell gefördert.

Page 43: Agrarforschung Schweiz, Heft 6, Juni 2014

263

Bewässerungsbedarf und Wasserdar gebot unter Klimawandel: eine regionale Defizitanalyse | Umwelt

Ria

ssu

nto

Sum

mar

y

Agrarforschung Schweiz 5 (6): 256–263, 2014

Irrigation requirement and available

water supply under changing climatic

conditions: a regional deficit analysis

As the climate changes, the water

requirement of agricultural crops tends

to increase. This leads to a higher

irrigation requirement. At the same

time, water availability falls, since

water levels in many catchment areas

of the Swiss Central Plateau decline in

the summer. In order to identify areas

with an increased risk of water

shortage, a hydrological model was

used to calculate the ratio of the

potential irrigation requirement to the

available supply (regional outflow) for

39 catchment areas during the period

1981–2010. The results show that in

years with extreme climatic events

such as 2003, the available supply in

individual regions is already insuffi-

cient. Climate change causes this

situation to intensify, leading in many

cases to water shortages, as shown by

modelling for selected areas based on

two climate scenarios for the period

2036–2065. In the catchment areas of

Glatt-Töss, Birs and Broye-Mentue, the

frequency of water-shortage years

rises many times in the event of

dramatic climate change. In these

areas, there is a demand for measures

for appropriate water management

which take account of the protection

of waters as well as the demands of

agriculture.

Key words: agriculture, climate change,

irrigation, water availability.

Esigenza d’irrigazione e disponibilità di

risorse idriche in presenza di cambia-

menti climatici: un'analisi dei deficit a

livello regionale

Con i cambiamenti climatici, il fabbiso-

gno idrico delle colture tenderà ad

aumentare, accrescendo l’esigenza

d’irrigazione. Allo stesso tempo la

disponibilità di risorse idriche diminu-

irà, poiché in estate il livello d'acqua in

molti bacini idrografici dell'altopiano è

destinato a calare. Al fine di identifi-

care le regioni a maggior rischio di

penuria d'acqua, è stato calcolato con

l'aiuto di un modello idrologico il

rapporto fra il fabbisogno irriguo

potenziale e la disponibilità di risorse

(deflusso regionale) per 39 bacini

idrografici, nel periodo compreso fra il

1981 e il 2010. I risultati rivelano che in

anni estremi come il 2003 le risorse

idriche di alcune regioni sono già oggi

insufficienti. Il cambiamento climatico

non farà che aggravare questa situa-

zione, riducendo ulteriormente la

disponibilità d'acqua, come mostrano

simulazioni effettuate sulla base di due

scenari climatici validi per il periodo

2036–2065. Nei bacini idrografici dei

fiumi Glatt-Töss, Birs o Broye-Mentue

la frequenza di anni caratterizzati da

penuria d'acqua aumenterà notevol-

mente in presenza di un cambiamento

climatico marcato. In queste regioni è

pertanto necessario adottare misure

volte a un utilizzo oculato delle risorse

idriche, al fine di tutelare i corsi

d’acqua e soddisfare le esigenze

dell'agricoltura.

Page 44: Agrarforschung Schweiz, Heft 6, Juni 2014

264

P o r t r ä t

Agrarforschung Schweiz 5 (6): 264, 2014

Der Werdegang jedes Ingenieur-Agronoms ist einzigar-

tig… jener von Sokrat Sinaj, seit 2007 Projektleiter im

Bereich «Pflanzenernährung» bei Agroscope und inter-

nationaler Experte in seinem Forschungsgebiet, ist in

vielfacher Hinsicht untypisch. Sokrat Sinaj wurde in den

50er Jahren im kommunistischen Albanien als Sohn eines

Ingenieur-Agronoms geboren. Das Agronomiestudium

wählte er aus persönlichem Interesse, aber auch in der

Hoffnung, das damals geschlossene Land verlassen zu

können. Dafür musste er aber zu den Besten gehören!

Eine Herausforderung, die geschaffen war für Sokrat

Sinaj. Seit seiner Kindheit war er getragen vom Stolz sei-

ner Eltern. Seine Ziele waren immer hoch angesetzt.

Sokrat Sinaj ist in einem Dorf im Süden von Albanien

aufgewachsen, im engen Kontakt mit der Natur. Sein

Vater war Leiter einer staatlichen landwirtschaftlichen

Kooperative (Kolchose). «Es war ganz normal, dass ich

das gleiche Studium machen wollte wie er. Die Agrono-

mie war für mich das Mittel, um die Welt zu ernähren,

aber auch eine Wissenschaft, welche grenzüberschrei-

tend und frei von politischen Einflüssen war. In meiner

Jugend konnte man das italienische Fernsehen empfan-

gen und ich erfuhr, dass die Jugendlichen in anderen

Ländern reisen konnten. Bei uns war die Ausreise verbo-

ten. In gut situierten Familien studierte man Recht,

Medizin oder Wirtschaft, um in der Gesellschaft aufstei-

gen zu können; aber es war ausgerechnet die Agrono-

mie, die normalerweise als Wissenschaft des Volkes gilt,

die es mir erlaubt hat, ein Stipendium für Frankreich zu

erhalten». Warum Frankreich? Weil Enver Hoxha, der

damalige Diktator, selber in Frankreich studiert hatte...

und entschied, dass jedes Jahr eine Anzahl Albaner

(etwa dreissig aus den verschiedensten Studienrichtun-

gen) dort ihr Studium fortsetzen durften.

Im Jahr 1988 verliess der junge Agronom also seine

Stelle als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für

Bodenkunde in Tirana und flog nach Frankreich... Bei der

Arbeit lernte er Französisch und erhielt den Master in

Agrarwissenschaften an der Ecole nationale supérieure

d’agronomie et des industries alimentaires in Nancy.

Dort folgte im Jahr 1993 ein Doktorat in Agrarwissen-

schaften am Institut national polytechnique de Lorraine.

1994 erhielt sein Doktorvater, Emmanuel Frossard, eine

Professur an der ETH Zürich und fragte ihn, ob er in sei-

ner Gruppe arbeiten möchte. Die beiden arbeiteten

zwölf Jahre lang zusammen am Departement für Agrar-

und Lebensmittelwissenschaften. Sokrat Sinaj leitete

eine Forschungsgruppe und war «senior scientist» am

Lehrstuhl für Pflanzenernährung. Während seiner letz-

ten Jahre an der ETH Zürich arbeitete der Forscher teils

in der Schweiz, teils in Albanien, wo er vom albanischen

Parlament zum Leiter der Staatlichen Agentur für Eigen-

tumsrückgabe und Entschädigung in der Landwirtschaft

gewählt wurde.

Als seine Zeit an der ETH Zürich zu Ende ging, woll-

ten sich Sokrat Sinaj und seine Familie in der Westschweiz

niederlassen. Er erhielt eine Stelle als wissenschaftlicher

Mitarbeiter bei Agroscope – eine neue Tätigkeit, die ihm

grosse Befriedigung bringt: die Möglichkeit, Nachwuchs

auszubilden, was ihm ein grosses Anliegen ist, sowie die

Gewissheit, das Wissen in seinem Fachgebiet vorantrei-

ben zu können. Eines seiner Forschungsprojekte (Einsatz

von Holzasche als neue Nährstoffquelle für die Landwirt-

schaft) ist sehr erfolgversprechend und Gegenstand

eines Artikels in dieser Ausgabe (siehe S. 232).

Der berufliche Werdegang von Sokrat Sinaj ist sehr

vielfältig und lang. Dieses Portrait beschreibt davon nur

einige wenige Facetten. Begleitet hat ihn bis heute seine

Lebensphilosophie: der Stolz und der Ehrgeiz seines

Vaters, die er seinen zwei erwachsenen Söhnen weiter-

gibt, immer auf der Suche nach Bestleistungen. «Wir

durften in die Schweiz kommen. Darum müssen wir uns

umso mehr anstrengen, um besser zu sein als die ande-

ren. Denn wofür bräuchte uns denn sonst die Schweiz?».

Sibylle Willi, Agrarforschung Schweiz

Sokrat Sinaj, ein Agronom ohne Grenzen

Page 45: Agrarforschung Schweiz, Heft 6, Juni 2014

265

A k t u e l l

Agrarforschung Schweiz 5 (6): 265–267, 2014

N e u e P u b l i k a t i o n e n

Agroscope Science Nr. 1 / März 2014

In den Jahren 2011–2013 konzentrierten sich die For-

schungsarbeiten im Rahmen von NutriScope betreffend

Ernährung im Wesentlichen auf Milch und Milchpro-

dukte, Fleisch und Fleischprodukte sowie pflanzliche

Lebensmittel. Weitere Forschungsbereiche waren Nut-

rigenomik/ Nutrigenetik/Nutriepigenetik, Lebensmit-

telsicherheit und -qualität, Salz, Sensorik und Konsu-

mentenforschung sowie die Ökobilanzierung von

Lebensmitteln.

Die vorliegende, zweite Synthese fasst die Inhalte der

in den Jahren 2011–2013 durchgeführten bzw. publi-

zierten Arbeiten im Rahmen des Agroscope Forschungs-

programms NutriScope auf dem Gebiet der Ernährung

zusammen (www.nutriscope.ch). Eine erste Synthese

wurde im März 2011 zu den in den Jahren 2008–2010

publizierten Arbeiten im Rahmen von NutriScope ver-

öffentlicht.

Nachfolgend sind die Haupterkenntnisse aus den

Arbeiten zusammengefasst, die im Rahmen von Nutri-

Scope 2011–2013 auf dem Gebiet der Ernährung durch-

geführt bzw. publiziert wurden.

Pascale Mühlemann und Ueli Bütikofer, Agroscope

Agroscope Science erscheint nur in elektronischer Form. Download

im PDF-Format: www.agroscope.ch > Publikationen

Agroscope Science Nr. 1 | März 2014

Synthese NutriScope

2011 – 2013 Technisch-wissenschaftliche Informationen

Autoren Pascale Mühlemann Ueli Bütikofer

Synthese NutriScope 2011 – 2013

Page 46: Agrarforschung Schweiz, Heft 6, Juni 2014

266

www.agroscope.admin.ch/medienmitteilungen

Aktuell

Agrarforschung Schweiz 5 (6): 265–267, 2014

M e d i e n m i t t e i l u n g e n

www.agroscope.admin.ch/medienmitteilungen

29.04.2014 Leicht sinkende Treibhausgas-Emissionen aus der Schweizer Landwirtschaft Die Landwirtschaft ist eine wichtige Verursacherin von

Treibhausgasen in der Schweiz. Besonders ins Gewicht

fallen einerseits die Methan-Emissionen aus der Rind-

viehhaltung und der Lagerung von Hofdüngern. Ander-

seits trägt das Lachgas aus der Düngewirtschaft mass-

geblich zu den klimawirksamen Emissionen bei. Die

Landwirtschaft stiess 2012 gegenüber dem Stand von

1990 rund neun Prozent weniger Treibhausgase aus.

25.04.2014 Was ist aus dem Rapskrebs geworden? Der Rapskrebs wird durch den Pilz Sclerotinia sclerotio-

rum verursacht. Die Krankheit hat in der Schweiz früher

jahrelang zu erheblichen Ernteverlusten geführt. Be -

o bachtungen von Agroscope haben ergeben, dass diese

Krankheit seit fast zwanzig Jahren verschwunden ist.

Wo ist sie geblieben? Aktuelle Analysen von Agroscope

zeigen, dass die Klimaveränderung damit zu tun hat.

15.04.2014 Modell-Versuch zur Biodiversität im Boden: Grosse Bedeutung kleiner Organismen In einer Hand voll Feldboden lassen sich Milliarden Bak-

terien, viele hundert Meter an Pilzfäden und eine Viel-

falt an Milben, Fadenwürmern, Regenwürmern und

Gliedertieren finden. Deren Einfluss auf verschiedene

Ökosystemfunktionen untersuchten Agroscope und die

Universität Zürich in kontrollierten Modell-Ökosystemen.

Die Ergebnisse, die im Wissenschaftsmagazin «Procee-

dings of the National Academy of Sciences of the USA»

veröffentlicht wurden, zeigen, dass die Menge und Viel-

falt an Organismen im Boden wichtige Ökosystemfunkti-

onen beeinflussen.

Aktuelle Forschungsergebnisse

für Beratung und Praxis:

Agrarforschung Schweiz publiziert 10-mal

im Jahr Forschungsergebnisse über

Pflanzenbau, Nutztiere, Agrarwirtschaft,

Landtechnik, Lebensmittel, Umwelt und

Gesellschaft.

Agrarforschung ist auch online verfügbar

unter: www.agrarforschungschweiz.ch

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RECHERCHEAGRONOMIQUESUISSE

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Die Zeitschrift erscheint in Deutsch und Fran-

zösisch. Sie richtet sich an Fachpersonen aus

Forschung, Industrie, Lehre, Beratung

und Politik, an kantonale und eidgenössische

Ämter und an weitere Fachinteressierte.

Agrarforschung Schweiz /RechercheAgronomique Suisse ist die Zeitschrift

der landwirtschaftlichen Forschung von

Agroscope und ihren Partnern. Partner der

Zeitschrift sind das Bundesamt für Landwirt-

schaft,die Hochschule für Agrar-, Forst- und

Lebensmittelwissenschaft HAFL, die Bera-

tungszentralen AGRIDEA, die Eidgenössische

Technische Hochschule ETH Zürich, Departe-

ment für Umweltsystemwissenschaften, das

Forschungsinstitut für biologischen Landbau

FiBL und Agroscope, die gleichzeitig Heraus-

geberin der Zeitschrift ist.

Page 47: Agrarforschung Schweiz, Heft 6, Juni 2014

267

Informationen: www.agroscope.admin.ch/veranstaltungen

Aktuell

Agrarforschung Schweiz 5 (6): 265–267, 2014

V e r a n s t a l t u n g e n

Informationen: www.agroscope.admin.ch/veranstaltungen

I n t e r n e t l i n k s

Die Weizeninitiative

www.wheatinitiative.org

Die Plattform ist eine Informationsquelle für die Wei-

zenintiative und ein Forum für die internationale Wei-

zen-Forschungsgemeinschaft. Die Website erlaubt einen

Zugang zu Datenbanken, Diskussionsforen und den

aktuellsten Publikationen über Weizen.

Juni 2014

27.6.2014Nationale Tagung zum internationalen Jahr der bäuerlichen FamilienbetriebeSAB, Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für die BerggebieteLandwirtschaftliches Institut Grangeneuve, Posieux (FR)

Juli 2014

06. – 10.07.2014AgEng 2014 ZurichInternational Conference of Agricultural EngineeringAgroscope, ETH ZürichZürich

August 2014

09.08.2014Geschmackserlebnis Kartoffelvielfalt in MaranProSpecieRara und Forschungsanstalt Agroscope (IPB, INH)Schaugarten Maran, Arosa/GR

14.08.2014Ostschweizer AGFF-Tagung 2014Agroscope INH, AGFF, Landw. Zentrum SG, Profi-LaitMoorhof, 9464 Rüthi SG

28.08.2014AGFF-WaldhoftagungINT, INH, AGFF, Inforama, HAFL, Profi-LaitInforama Langenthal

30. – 31.08.2014Tage der offenen Tür: Forschung berührenAgroscope Conthey

September 2014

11.09.201437. Informationstagung AgrarökonomieAgroscopeAgroscope INH, 8365 Ettenhausen

V o r s c h a u

Juli–August 2014 / Heft 7–8

Der Rotklee (Trifolium pratense L.) erfüllt seit gut zweihundert Jahren eine wichtige Aufgabe in unseren Ansaatwiesen. In dieser Zeit ist ein breites Sortenangebot entstan-den. Agroscope führte von 2011 bis 2013 Sortenversuche mit 30 Neuzüchtungen und 24 bereits empfohlenen Sorten durch und stellte dabei deutliche Zuchtfort-schritte fest. (Foto: Gabriela Brändle, Agroscope)

V o r s c h a u

•• Sortenprüfung mit Rotklee: deutliche Fortschritte,

Daniel Suter et al., Agroscope

•• Unkrautunterdrückung durch Zwischenfrüchte:

Analyse verschiedener Faktoren, Frédéric Tschuy et al.,

Agroscope

•• Einfluss von Streptomycin in Apfelanlagen auf

Resistenzen in der Umwelt, Fiona Walsh et al.,

National University of Ireland, Agroscope, Zürcher

Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZAHW

und Argonne National Laboratory, USA

•• Sorten- und Anbauversuche mit winterhartem Mohn,

Jürg Hiltbrunner et al., Agroscope

•• Rundballenraufe für Pferde mit zeitgesteuerter

Fütterungsplane, Sabrina Briefer et al., Agroscope,

Schweizerisches Nationalgestüt

•• Erhaltung der genetischen Vielfalt der Nutztiere in

der Schweiz, Maurice Tschopp et al., BLW

Page 48: Agrarforschung Schweiz, Heft 6, Juni 2014

Samstag, 9. August 2014

Geschmackserlebnis Kartoffelvielfalt in MaranSchaugartenMaran /Golf-& Sporthotel HofMaran / Institut für Nachhaltigkeitswissenschaften INH

Auf 1800 m ü.M. gedeihen im Schaugarten Maran oberhalbArosa mehr als 150 Kartoffelsorten. Auf Führungen von Fach-experten von Agroscope und ProSpecieRara erfahren Sie mehrzu den Raritäten der Kartoffelsammlung und des Alpengartens.

ProgrammDegustation verschiedener Kartoffelsorten-Chips (ab 11.30 h)Führungen durch Kartoffel- und Alpengarten (11.30−15.30 h)Sensorik-Workshops Kartoffeln (14−15 Uhr & 15.30−16.30 h)5-gängiges Diner mit seltenen Kartoffelsorten (ab 17.30 h)

Anmeldeschluss: 5. 8. 2014 (nur für Workshops und Diner nötig)

Detailprogramm und Anmeldungwww.prospecierara.ch > News & mehr> Veranstaltungen

Veranstalter: ProSpecieRara und Agroscope

AuskunftTheo Ballmer, [email protected] Holzherr, [email protected]

KostenFührungen: gratis, Workshop: Fr. 40.−, Diner: Fr. 65.–

Schweiz. Bäuerinnen- und Landfrauenverband|Slow Food CH|Agroscope|Alimentarium|Berner Fachhochschule; Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissen-schaften|HES-SO FachhochschuleWestschweiz-Wallis|Grangeneuve|SchweizerischeGesellschaft für Lebensmittelhygiene SGLH|Schweizerischer Verband dipl. Ernährungs-berater/innen HF/FH SVDE|Schweizerischer Verband der Ingenieur-Agronomen und Lebensmittel-Ingenieure SVIAL|Strickhof – Vom Feld aufs Teller|Swiss Food Research|World Food System Center|Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften ZHAW|Emmentaler Switzerland|Fromarte|Proviande |Schweizerischer Bauernverband|Schweizerische Vereinigung der AOP-IGP|Switzerland Cheese |Marketing AG|Bundesamt für Landwirtschaft BLW|Bundeseinheit für die Lebensmittelkette BLK