Miteinander Ausgabe 9 (August 2014)

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Miteinander ... Das Magazin des Vereins „Gemeinsam leben und lernen in Europa e.V.“ ... Deutsch lernen Sprachpaten für Kinder und Flüchtlinge Seite 1 Dass es so schwer ist, neu anzufangen Seite 6 Lebendige Bücher Magische Momente des Miteinanders Seite 0 Filmfestival Keine Chance für Rassismus Seite 10 Kulturen erleben Ausgabe 9 - August 014 9

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Dieses Mal geht es in unserer Vereinszeitschrift um die Vereinsziele Integration und Toleranz, vor allem um unsere beiden Sprachpatenprojekte. Viel Spaß beim Lesen!

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Miteinander ...Das Magazin des Vereins „Gemeinsam leben und lernen in Europa e.V.“

... Deutsch lernenSprachpaten für Kinder und Flüchtlinge

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Dass es so schwer ist,neu anzufangen

Seite 6

Lebendige BücherMagische Momente des Miteinanders

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FilmfestivalKeine Chance fürRassismus

Seite 10

Kulturen erleben

Ausgabe 9 - August �014

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Wir sind ein gemeinnütziger Verein mit Sitz in Passau, der sich für Bildung und So-ziales auf regionaler und europäischer Ebene engagiert. Durch unsere Aktivitäten und Projekte wollen wir dazu beitragen, Diskriminierungen und Ungleichheiten in Gesellschaft, Bildung und Arbeitswelt zu beseitigen. Darüber hinaus möchten wir das gegenseitige Verstehen und Lernen der Menschen in Europa fördern. Schwer-punkt der Aktivitäten liegt in Ostbayern.

Wer sind wir?

Was tun wir?

Wir lieben und leben freiwilliges Engagement. Deshalb unterhalten wir die On-line-Plattform „Tatennetz“ zur Vermittlung von Ehrenämtern, bieten persönliche Ehrenamtsberatungen an und führen Schulungen und Messen durch.

Ehrenamtliches Engagement

Unsere Vision ist eine bunte Gesellschaft voller Respekt und Toleranz vor dem Nächsten. Wir ermöglichen Menschen unterschiedlichster Herkunft, Alter und Geschlecht, sich gegenseitig kennenzulernen und so Vorurteile abzubauen.

Toleranz und Vielfalt

Eine gerechte Gesellschaft lebt davon, dass sie jedem Menschen die gleichen Chancen bietet, seine Vorstellungen vom Leben zu verwirklichen. Bestehenden Unterschieden zwischen den Geschlechtern in Gesellschaft und Arbeitswelt setzen wir unser Engagement entgegen.

Chancengleichheit

Mit unseren Aktivitäten sorgen wir dafür, dass Menschen am Rande der Gesell-schaft wie sozial benachteiligte Jugendliche, Ältere, MigrantInnen, Menschen mit Behinderungen, Langzeitarbeitslose und gering Qualifizierte in die Mitte der Gesellschaft gerückt werden.

Integration von Benachteiligten

Ein vereintes Europa braucht Menschen, die sich kennen und zusammenarbei-ten. Wir fördern das Kennenlernen und Verstehen über Grenzen hinweg. Für ein besseres Miteinander in Europa.

Miteinander in Europa

Zu folgenden Themenbereichen führen wir Projekte und Aktionen durch:

Miteinander. Das Magazin von Gemeinsam leben und lernen in Europa e.V.�

Vorstellung GLL

Impressum

Miteinander. Das Magazin von Gemeinsam leben und lernen in Europa e.V.Ausgabe 9 - August �014

Herausgeber: Gemeinsam leben und lernen in Europa e.V. (GLL), Leopoldstr. 9, 94032 PassauTel. +49 (0)851/2132740, Fax +49 (0)851/2132739, [email protected], gemeinsam-in-europa.deChefredaktion: Perdita Wingerter (pw), Andreas Schrank (asc); Redaktion: Sybille Holz (sh),Teresa Anetsberger (ta); Layout und Design: Andreas SchrankV.i.S.d.P.: Perdita Wingerter, Geschäftsführerin GLL„Miteinander“ erscheint in unregelmäßigen Abständen online unter www.issuu.com. Alle Rechte vorbehalten. Text- und Bildkopien nur mit Genehmigung. Die Bildrechte liegen bei GLL, sofern nicht anders angegeben.

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Seit fast vier Jahren gibt es nun unsere Vereinszeitschrift „Miteinander“. In diesen vier Jahren hat sich der Verein verändert. Er stemmt mehr Projekte, ist enger europäisch vernetzt und wird stetig professioneller.Den hohen Anspruch an Professionalität, von dem unser Engagement lebt, wollen wir nun auch in „Miteinander“ sichtbar werden lassen. Dazu haben wir das Design und Layout der Zeitschrift komplett überarbeitet. Übersicht-lichkeit, Lesefreundlichkeit und graphischer Anspruch waren dabei die tonangebenden Prinzipien. Der Relaunch bedeutet aber nicht nur eine optische Optimierung, sondern auch eine inhaltliche Straff ung: Wir haben die Ver-einsziele in fünf klar defi nierte Punkte mit jeweils eigener Erkennungsfarbe zusammen-gefasst (siehe linke Seite), die wir von nun an bei jedem Artikel in der Vereinszeitschrift als kleine Symbole in der Kopfzeile angeben.Diese Neustrukturierung der Zeitschrift war nur möglich, da mir Perdita viel Zeit zur Ver-fügung stellte, mich ausschließlich dem lange vernachlässigten Thema „Vereinszeitschrift“ zu widmen. In dieser Zeit konnte ich mir in-tensiv Gedanken zum neuen Layout machen und diverse Artikel verfassen. Wie Sie sicher-lich schon bemerkt haben, liegt der Schwer-punkt dieser Zeitschrift auf dem Themenbe-reich „Deutschlernen“. Wir haben mittlerweile zwei Projekte, die Menschen mit nichtdeut-scher Muttersprache dabei helfen wollen, ihre Deutschkenntnisse zu verbessern. Bei beiden Projekten stellen wir diesen Ehrenamtliche an die Seite, die sich regelmäßig mit ihnen tref-fen und als Pate mit ihnen üben, sprechen und Spaß haben. Die Zielgruppen sind unterschied-lich: Einmal stehen Kinder mit Migrationshin-tergrund im Vordergrund, die in Deutschland die Schule besuchen, ohne die Sprache zu beherrschen. Im anderen Fall richtet sich un-ser Angebot an Flüchtlinge (der korrekte Titel laut deutschem Recht lautet „Asylbewerber“), die meist keinen Anspruch auf geregelten Deutschunterricht haben und denen so jede Chance auf Eingliederung in die Gesellschaft verwehrt bleibt. Als Koordinator bilden wir die Paten aus, ordnen ihnen Förderbedürftige zu und begleiten sie bei ihrem Engagement.

Mit der Fertigstellung dieser Zeitschrift möch-te ich mich auch vom Verein verabschieden. Ein ganzes Jahr lang habe ich bei „Gemeinsam leben und lernen in Europa e.V.“ Bundesfrei-willigendienst geleistet, eine Zeit, die mir ein Leben lang in Erinnerung bleiben wird. Noch nie zuvor durfte ich zugleich so anspruchsvolle und spannende Tätigkeiten ausüben, meinen Interessen nachgehen, eigenverantwortlich arbeiten, aber auch so viel Neues und Nütz-liches lernen, was ich später immer wieder brauchen werde, darunter, was Stress, Zu-verlässigkeit und Verantwortung bedeuten. Ich bin nach Litauen, Tschechien, Polen und England gereist, um Menschen aus ganz Eu-ropa zu treff en, die ebenfalls vom Geist des Ehrenamts beseelt sind. Ich durfte ihre Freude an der Arbeit spüren und sehen, was Europa bedeutet: Nicht die weit entfernte Brüsseler Bürokratie, sondern Menschen wie du und ich, die an eine gemeinsame Idee glauben.Nie werde ich bereuen, mir diese Zeit nach dem Abitur genommen zu haben. Denn sie half mir auch auf dem Weg meiner Studien-wahl. Als Verantwortlicher für die Presse- und Öff entlichkeitsarbeit des Vereins erkannte ich, nachdem ich mehrere Psychologen auf euro-päischem Parkett persönlich kennenlernen durfte, wie vielfältig und weit das Spektrum eines Psychologiestudiums ist und dass sich meine Intention, eine journalistische Laufb ahn einzuschlagen, elegant damit kombinieren lässt. Nicht zuletzt dafür möchte ich Perdita Wingerter, ihrem Team und allen Menschen, die mir während dieses Jahres zur Seite stan-den, besonders den lieben Sprachpatinnen und Sprachpaten, von ganzem Herzen dan-ken. Ihr habt mir eine wunderschöne Zeit ge-schenkt!Mit der Veröff entlichung dieser Zeitschrift möchte ich etwas davon zurückgeben und Ih-nen viel Spaß bei der Lektüre wünschen. Für Anregungen, Wünsche und Kritik sind ich und das ganze Team von GLL jederzeit off en.

Ihr

Andreas Schrank

Editorial

Andreas SchrankMitglied derChefredaktion

3Ausgabe 9 - Juli 2014

Editorial

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Miteinander. Das Magazin von Gemeinsam leben und lernen in Europa e.V.

Inhalt

Kinder - Erleben- KulturenKeine Chance für Rassismus

Lebendige BücherDass es so schwer ist,neu anzufangen

Sprache schafft ZukunftEin ausführlicher Leitartikel zum neuen Flagschiffprojekt „Sprachpaten für Kinder“

INTROVorstellung | Wer sind wir? 2

Impressum 2

Editorial 3

Inhalt 4

Lebendige Bücher | Dass es so schwer ist, neu anzufangen 6

Was ist eigentlich... | Xenos? 8

Interkulturelle Filmreihe | Von Mensch zu Mensch 8

Interkulturelles Fest | Kulturen erleben 9

Kinder - Erleben - Kulturen | Keine Chance für Rassismus 10

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�Ausgabe 9 - Juli 2014

Inhalt

Sprachpaten für FlüchtlingeIntegration leben - ganz praktisch

Filmfestival „Überall dabei“Magische Momente desMiteinanders

�Ausgabe 9 - Juli 2014

MITEINANDER DEUTSCH LERNENSprachpaten für Kinder | Sprache schafft Zukunft 12

Interview | „Jetzt trau ich mich mal!“ 16

Materialien | Was ist in der Sprachpatenkiste? 17

Ehrenamtliche | Die Sprachpatenteams im Überblick 18

Austauschtreffen | Raum für Kommunikation 20

Sprachpaten für Flüchtlinge | Integration leben - ganz praktisch

22

Materialien | Am Anfang war die Idee. Am Ende die Sprachpatenbox

25

VERMISCHTESMigNet | Willkommensstruktur mit Herzblut 21

Festival der Kulturen | Die Welt zu Gast in Passau – GLL mittendrin

27

Fotoausstellung | Interkulturalität ist überall 28

emPower | Empowerment von Migranten 30

Filmfestival | Magische Momente des Miteinanders 32

Schulranzenaktion | Teambuilding für eine gute Sache 34

Schluss | Ausblick 35

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Dass es so schwer ist,neu anzufangen

Lebendige Bücher erzählen

Schüler der Nikola-schule erleben Men-

schen mit Migrati-onshintergrund oder

Auslandserfahrung

„Ich habe mir nicht vorstellen können, dass Jugendliche sich für die Geschichte einer äl-teren Frau wie mir interessieren könnten. Aber die Schüler waren so interessiert und höfl ich und hatten auch viele Fragen,“ erzählt Zuza-na Janotta aus Tschechien, die den Kindern über ihre Kindheit im Sozialismus, aber auch über die Schönheiten Tschechiens berichtet hatte. „Ich war überrascht, die Kinder waren viel smarter, als ich mir das vorstellen konnte. Sie haben zum Teil wirklich sehr refl ektierte und intelligente Fragen über meine Heimat Äthiopien gestellt,“ bericht auch Getnet Abe-be, Doktorand der Informatik. Getnet und Zuzana haben sich zusammen mit 15 anderen Menschen bereit erklärt, Schülern der Nikola-schule in Passau an einem Vormittag von ihren Erfahrungen als Fremde in einem neuen Land zu erzählen. Dabei waren unter anderem eine Asylbewerberin aus Nigeria, ein Sprachschüler aus Moldawien, Studenten aus China, Spanien oder Mexiko, aber auch Deutsche, die selbst

längere Zeit im Ausland gelebt haben. Aber auch zwei Schülerinnen stellten sich als Le-bendiges Buch zur Verfügung und erzählten ihren Mitschülern über die Traditionen und das Land ihrer Eltern. Gülhan, 14 Jahre aus der 7. Klasse, ist selbst in Deutschland geboren, ihre Eltern kommen jedoch aus der Türkei. Sie hat von ihren Urlauben bei der Oma aus dem Dorf Aksary bei Ankara berichtet, Bräuche bei ei-

ner traditionellen türkischen Hochzeit erklärt. Aber sie beantwortete auch viele Fragen ihrer interessierten „Leser“. „So wollten die ande-ren z. B. wissen, warum Mädchen Kopftücher tragen oder ob es bei dem Dorf meiner Oma noch Plumpsklos gibt,“ erzählt Gülhan. „Von

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Toleranz und Vielfalt + Integration

„Ich war überrascht, wie smart die Kinder waren“

Zuzana Janotta

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7Ausgabe 9 - Juli 2014

Toleranz und Vielfalt + Integration

Gülhans Geschichte hat mir vor allem gefallen, wie sie in der Türkei heiraten und was man so in der Türkei isst und trinkt“, erzählt Lisa, 11 Jahre, aus der 5. Klasse.Organisiert haben die Aktion der Verein „Ge-meinsam leben & lernen in Europa“ und deren Hochschulgruppe „Gemeinsam in Europa“. Unterstützt wurden sie dabei von der Volks-hochschule im Rahmen ihres XENOS-Projekts „Grenzenlos tolerant – Toleranz grenzenlos“ sowie engagierten Lehrern der Nikolaschu-le. „Wir wollen durch die persönlichen Ge-schichten Menschen berühren und ihr Denken nachhaltig im positiven Sinne beeinfl ussen. Sie sollen erfahren, wie es ist, sich fremd zu fühlen, sich in einer neuen Umgebung, Spra-che und Kultur zurechtfi nden zu müssen, um sich dann hoff entlich zukünftig gegenüber Menschen mit Migrationshintergrund tole-ranter, off ener und interessierter zu zeigen“, erklärt Perdita Wingerter von GLL, die die Idee zu dieser Aktion hatte. Dieses Ziel verfolgen auch der Lehrer Norbert Walleder und die Schulsozialarbeiterin Sibylle Wallisch und sind begeistert von dem Ergebnis: „Alle Kinder, die mitgemacht haben, waren begeistert“, erklärt Sibylle Wallisch. „Sie haben noch lange über ihre „Bücher“ und deren Geschichten, aber auch über ihre Erfahrungen

und Gefühle ge-sprochen. Es ist einfach etwas anderes, aus einem Buch oder in einem direkten Ge-spräch etwas zu lernen: es ist viel per-s ö n l i c h e r

und die Kinder nehmen es viel eher

auf.“ Davon ist auch ihr Kollege Norbert Walleder überzeugt: „Was mich

überzeugt hat, ist diese Arbeit in Kleingrup-pen. Frontalunterricht, das haben sie ja schon in der Schule. Ich bin sehr positiv überrascht, wie intensiv die Schüler auf die Geschichten ihrer Bücher eingegangen sind und wie sehr sie anschließend darüber diskutiert haben. Das müssen wir unbedingt wieder machen, das darf keine einmalige Aktion bleiben.“Daran sind auch die Organisatoren interes-siert, schließlich ist es auch sehr mühsam eine solche Aktion zu organisieren. „Es war sehr schwierig Menschen davon zu überzeugen, ihre Geschichte zu erzählen“, berichten Rahel Rude und Ramona Scharl von der Hochschul-gruppe. „Es ist – vor allem für Flüchtlinge – nicht leicht, so viel Persönliches von sich Preis zu geben und Vergangenes wieder aufl eben zu lassen.“ Aber die Mühe hat sich gelohnt, weil

die Kinder auch Fragen stellen konnten, die man sich sonst so nicht so traut zu stellen. „Ein Schüler wollte wissen, ob alle Men-schen in Äthiopien dunkle Haut ha-ben und warum die Haut überhaupt dunkel ist. Eine Schülerin konnte es kaum glauben, dass es in Äthiopien keinen Freizeitpark mit Achterbahn und Wasserrutschen gibt, schließ-lich würde das doch viel Spaß ma-chen und alle Kinder müssten doch das machen können“, berichtet Ra-hel Rude schmunzelnd.Die „Lebendigen Bücher“ waren am Schluss auch sehr berührt. „Die Schüler haben mich gesiezt und waren sehr respektvoll und inte-ressiert“, so Yining, 19 Jahre, Jurastudentin aus China. Viele fanden es schön, mal ihre Sicht erläutern zu können, selbst gehört zu werden: „Man sollte mit Afrika nicht nur Ar-mut und Hunger verbinden“, hoff t z.B. Sandra,

39, Verkäuferin und Flüchtling aus Nigeria. „Es gibt auch viel Positives. Und ich wünsche mir, dass die Menschen einfach freundlich zu Aus-ländern sind. Und das habe ich hier erlebt.“ Berührt waren sie auch von den vielen Wün-schen, die die Kinder an eine Tafel geschrieben hatten: „Ich wünsche meinem Buch, dass es schnell Deutsch lernt, viele Freunde fi ndet und viel Glück, Freude und Gesundheit in ihrem weiteren Leben in Deutschland hat!“Aber die Kinder haben auch viel Neues erfah-ren, was sie nachdenklich gestimmt hat. „In Nigeria muss man alles beim Arzt bezahlen, sonst wird man nicht behandelt, es gibt kei-ne Krankenversicherung wie bei uns. Und bei Homosexualität gibt es eine 14-jährige Ge-fängnisstrafe“, hatte z.B. Johannes, 14 Jahre, erfahren. Auf einer Tafel hatten die Schüler Gelegenheit ihr Gelerntes aufzuschreiben. „Ich habe immer gedacht, dass die Karibik ein Traumort ist, aber für die Einheimischen ist das nicht so.“ „Ich hatte nicht gewusst, dass es so schwer ist, neu anzufangen.“ „Ich kannte ja nur die Vietnamesenstände hinter der Grenze. Aber in Tschechien gibt es ja viele Sehenswür-digkeiten und Prag liegt ja gar nicht so weit weg von Passau, da könnte ich ja mal mit mei-ner Familie hinfahren.“ pw

„Die Fragen der Kinder waren wirklich erstaunlich: „Warum sind deine Haare so kraus? Haben alle Leute so dunkle Haut wie du? Warum ist die Haut eigentlich so dunkel?“ Das sind Fragen, die vielleicht viel mehr Menschen haben, aber sich nicht trauen zu fragen. Die Kinder hatten da keine Scheu und das hat mir gut gefallen, weil es sie wirklich interessiert hat. Sie haben auch ganz naive Fragen gestellt, z.B. warum es denn keinen Freizeitpark mit Wasserrutsche gibt? Aber es gab auch ganz diff eren-zierte Fragen, zum Beispiel nach den Unterschieden zu Deutschland, ob es Kriminali-tät und auch Polizei gibt. Ein Junge hat mich überrascht, da er sich im Vorfeld schon über Äthiopien informiert hatte und ganz gezielt Fragen gestellt hat, z. B. über einen ganz bestimmten Stamm. Und sie waren ganz über-rascht, dass es in Afrika auch kühl werden kann. Die Kinder waren viel reifer und smarter, als ich erwartet hatte. Ich war froh, dass ich mitgemacht habe, weil ich ja am Anfang gar nichts Persönliches über mich erzählen wollte. Aber das war eine schöne Er-fahrung, weil die Kinder so wissbegierig waren.

Getnet AbebeInformatiker, Doktorand an der

Universität Passau

Zitat

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Von Mensch zu Mensch

Machverhältnisseim Ungleichwicht

Interkulturelle Filmreihe im Scharfrichterki-no durchgehend ausverkauft

Was bedeutet Macht? Braucht es staatli-che Kontrolle und Geld, um Macht auszuü-ben, oder reichen vielleicht auch Emotionen wie Hass und Liebe? Diesen Fragen wollte das Scharfrichterkino in Zusammenarbeit mit der Hochschulgruppe des Vereins „Ge-meinsam leben & lernen in Europa“ im Rah-men einer Filmreihe auf den Grund gehen.

Vier Filme haben die Or-ganisatoren ausgewählt und näherten sich dem Thema so von völlig verschiedenen Richtungen. Beim ersten Dokumentarfi lm “Bottled Life“ deckte der Schweizer Journalist Res Gehringer auf, wie der Nestlé-Konzern den globalen Handel mit abgepacktem Trink-wasser dominiert. Der Spielfi lm „Black Brown White“ erzählte

von einem Menschen-händler, der zum ersten Mal mit der Wahr-heit der Menschen, die er transportiert, konfrontriert wird. Bei „The Act of Killing“ spielten Massenmörder, die 1965 in Indone-sien eine Millionen Chinesen umbrachten, sich selbst. Und in „Paradies Liebe“ folgten die Zuschauer einer Österreicherin auf ih-

rem Urlaub in Kenia, wo sie zur Sextouristin wurde. Zu allen Filmen war im Anschluss die Mög-lichkeit geboten, sich auch interaktiv mit der Thematik auseinander zu setzen. Bei „The Act of Killing“ war sogar die Co-Regis-seurin Christine Cynn anwesend und stand für Fragen off en. red

Das Organisationsteam der Hochschulgruppe „Gemeinsam in Europa“ (von li nach re): Ramona Scharl, Leon Biermann, Rahel Rude, Josephine Fontaine

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ganisatoren ausgewählt und näherten sich dem Thema so von völlig verschiedenen Richtungen. Beim ersten Dokumentarfi lm “Bottled Life“ deckte der Schweizer Journalist Res Gehringer auf, wie der Nestlé-Konzern den globalen Handel mit abgepacktem Trink-wasser dominiert. Der Spielfi lm „Black Brown White“ erzählte

von einem Menschen-

rem Urlaub in Kenia, wo sie zur Sextouristin wurde. Zu allen Filmen war im Anschluss die Mög-lichkeit geboten, sich auch interaktiv mit der Thematik auseinander zu setzen. Bei „The Act of Killing“ war sogar die Co-Regis-seurin Christine Cynn anwesend und stand für Fragen off en.

Was ist eigentlich...

... Xenos?Xe|nosvon altgriechisch ξένος – xénos: fremd, feindlich

Als Be-standteil des Euro-päischen Sozial-fonds (ESF) fördert das Bundesprogramm „Xenos - Integration und Vielfalt“ Maßnahmen gegen Ausgrenzung und Diskriminierung in den Bereichen Betrieb, Verwaltung, Ausbildung, Schule und Qualifi zierung. Ziel ist es, benachteiligte Jugendliche und junge Erwachsene mit und ohne Migrationshintergrund in den Arbeitsmarkt und in die Gesellschaft (wieder)einzugliedern.Für die lokalen und regionalen Problemlagen sollen praxisbezogene Lösungsansätze unter Anwendung bereits erprobter und bewährter Konzepte und Metho-den entwickelt und gute Projektansätze implementiert

werden.Eine regionale Initiative innerhalb des

Bundesprogramms ist das Projekt „Grenzenlos tolerant – Toleranz grenzenlos“, das die Volkshochschulen Passau, Freyung-Grafenau, Cham und

Hof, letzere in der Leitungsfunktion, von 2012 bis 2014 durchführen. Für Integration und gegen Fremdenfeind-lichkeit vorzugehen steht an erster Stelle des Projekts. Diese zwei Hauptanliegen sollen durch die drei Säulen „verbesserte individuelle Integrationschancen“, „neue Formen der Begegnung“ und eine „regionale Sensibili-sierung der Öff entlichkeit“ hervorgerufen werden.Auch zwei Projekte, an denen der Verein „Gemeinsam leben und lernen in Europa e.V.“ beteiligt ist, fi nanziert die vhs Passau über das Xenos-Programm: Zum einen die Informationsseite für Migranten und Zugezogene „Mignet Passau“, die online unter www.mignet-pas-sau.de Daten zu allen erdenklichen Lebensbereichen bereithält – und das in sechs Sprachen (siehe auch Seite 21). Zum anderen fi nanziert der Fonds die Sach- und Infra-strukturkosten des Sprachpatenprojekts für Kinder (siehe Seiten 12 ff .). red

Toleranz und Vielfalt + Integration

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9Ausgabe 9 - Juli 2014

Kulturen erlebenInterkulturelles Fest und Preisverleihung

Rund 1 000 Bildungsprojekte aus ganz Deutschland haben in diesem Jahr am Wettbewerb „Ideen für die Bildungsrepublik“ teilgenommen. Eine unabhän-gige Expertenjury wählte insgesamt 52 Projekte aus, die sich in herausra-gender Weise für mehr Bildung von Kindern und Jugendlichen stark machen. Ziel des Wettbewerbs ist es, die Vorreiter einer gesellschaftlichen Bewegung für mehr Bildung sichtbar zu machen und andere zum Nachahmen zu er-mutigen. Die Initiative „Deutschland – Land der Ideen“ hat den Wettbewerb zusammen mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung sowie der Vodafone Stiftung Deutschland im Januar 2013 bereits zum dritten Mal ausgerufen. Schirmherrin des Wettbewerbs ist Bundesbildungsministerin Prof. Dr. Johanna Wanka.Ausgezeichnet wurde unser Projekt „Kinder – Erleben – Kulturen“, bei dem junge und ältere Menschen mit Migrations-hintergrund Kindern im Kindergarten- und Grundschulalter ihr Land und ihre Kultur mit allen fünf Sinnen näher bringen.

oben:GLL-Vorstandsvor-

sitzender Toni Fischer (v.l.), Ehrenamtliche

Meral Tekin, Dr. Wolfgang Dorn vom

Kinderschutzbund, Ehrenamtliche Anita Windpassinger, GLL-

Geschäftsführerin Perdita Wingerter,

Projektkoordinatorin Johanna Niederho-

fer, Claudia Roth, Leiterin des Altstadt-

kindergartens, und Sibel Sagdic von der

Initiative„Deutschland - Land der Ideen“ freu-en sich über den Preis

Mitte links:Perdita Wingerter im

Gespräch mitFestgästen

Mitte rechts:Ein reichhaltiges

Buff et mit russischen Spezialitäten hatte

die Deutsch-Russische Gesellschaftvorbereitet.

unten:Auch eine „Lebendige-

Bücher“-Aktion fand während des Abends

statt.

Türkisch schmecken, polnisch riechen, afrika-nisch trommeln, mexikanisch sehen und bul-garisch fühlen – im Rahmen des GLL-Projekts „Kinder – Erleben – Kulturen“ können Kinder im Kita- und Grundschulalter in Passau mit al-len Sinnen andere Kulturen erleben. Die Jury des bundesweiten Wettbewerbs „Deutschland - Land der Ideen“ zeichnete das Projekt bei einem Festakt in der Alten Apotheke in Passau-Innstadt als herausragende „Bildungsidee“ aus.In interkulturellen Workshops machen ehren-amtlich engagierte junge und ältere Menschen mit Migrationshintergrund Geschichte und Kul-tur ihrer jeweiligen Herkunftsländer verständlich. Den Workshops liegt ein jeweils individuell erar-beitetes Schulungskonzept zugrunde, das die ehrenamtlichen Botschafter unterschiedlicher Herkunft gemeinsam mit den Projektverant-wortlichen des Passauer Vereins „Gemeinsam le-ben & lernen in Europa“ entwickeln (Seite 10).„Vorurteile werden früh in der Kindesentwicklung durch Eltern und die Umgebung vermittelt. Wir setzen daher im Kindergarten- und Grundschul-alter an und vermitteln Wissen und Verständnis für andere Länder und Kulturen“, erläutert die Geschäftsführerin des Vereins „Gemeinsam le-ben und lernen in Europa“, Perdita Wingerter, das Konzept.Sibel Sagdic, Repräsentantin der Initiative „Deutschland – Land der Ideen“, lobte die Nach-haltigkeit des Angebots: „Durch das direkte und persönliche Erfahren anderer Kulturen bauen die Kinder frühzeitig Vorurteile ab und lernen Toleranz gegenüber Andersartigem zu üben. Wir freuen uns, dieses vorbildliche Engagement sichtbar machen zu können.“Für das leibliche Wohl und die musikalische Un-terhaltung sorgte die Deutsch-Russische Ge-sellschaft. Als Rahmenprogramm erzählten Eh-renamtliche als „Lebendige Bücher“ von ihrer Heimat oder Auslandserfahrungen.

Toleranz und Vielfalt + Integration

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Keine Chance für RassismusKinder - Erleben - Kulturen

„Mmm – das schmeckt ja lecker, kann ich noch etwas haben?“ Felix schneidet sich noch ein Stück von der bulgarischen Süßigkeit ab. Angelika Bauer hat sie von ihrer letzten Reise aus Bulgarien mitgebracht. Zusammen mit der bulgarischen Studentin Albena Sotirova hat sie 10 Kindern im Rahmen des Ferienprogramms des Kinderschutzbundes etwas über ihr Hei-matland beigebracht. Veranstaltet wurde das Ganze vom Verein „Gemeinsam leben und ler-nen in Europa“, der sich u. a. zum Ziel gesetzt hat, Vorurteile und Rassismus zu bekämpfen und sich für die Integration von Migranten ein-zusetzen. Und der Workshop bot Albena und Angelika reichlich Gelegenheit, den Kindern beizubringen, dass in Bulgarien Vieles zwar an-ders, aber genauso viel auch sehr ähnlich wie in Deutschland ist.Die Kinder durften raten, wo Bulgarien liegt,

s a h e n Bilder von verschiedenen Landschaften, hörten bulga-rische Kinderlieder und sahen Videos von typischen Volkstänzen. Aber die Kinder durften auch selbst aktiv werden. Als erstes wurde die bulga-rische Flagge und Marteniza, bulgarische Glückbringer aus roter und weißer Wolle, geba-stelt. Dann bekamen die Kinder ihren Namen in Bulgarisch, ei-ner kyrillische Schriftvariante, aufgeschrieben. Besonders Spaß machte den Kindern, auf alten Kindergarten- und Schulfotos zu raten, welches der abgebildeten Kindern wohl Albena sei. Auch die Fotos von Albenas Familie waren spannend. Das bulgarische Geld wurde neugierig betrachtet und viele Fragen wurden gestellt. Und dann wurde gemeinsam ge-kocht. Auf dem Kochplan stand Tabator, eine kalte Gurkensuppe, und Schopska-Salat geschnippelt. Die Kinder waren mit Eifer dabei. Am Ende saß man gemeinsam am Tisch und probierte das Selbstgemachte, aber auch den leckeren Osterkuchen, den Angelika mitgebracht hatte. Schon im sechsten Jahr fi ndet das Projekt nun statt. Die Ehrenamtliche des Vereins Ivett Szücs, die aus Ungarn stammt und bei „Kinder – Erleben – Kulturen“ ihre Heimat den Kindern präsentierte, war begeistert von dem Projekt, zumal es ihr erstes ehrenamtliches Engage-ment war: „Bisher habe ich mich immer nur dafür interessiert, wie man möglichst viel Geld verdienen kann. Ich habe Management

Vorurteile abbauen und Migranten die

Chance geben, selbst aktiv zu werden: Mit

diesem Ziel ist das Projekt „Kinder –

Erleben – Kulturen“ seit fünf Jahren

erfolgreich

Ivett Szücs bereitete ihr erstes eh-renamtliches Engagement große Freude, z.B. beim Kochen, Tanzen und Singen mit den Kindern

Miteinander. Das Magazin von Gemeinsam leben und lernen in Europa e.V.10

Ehrenamt + Toleranz und Vielfalt + Integration

Page 11: Miteinander Ausgabe 9 (August 2014)

Viel Spaß beim interkulturellen Workshop zu Mexiko hatten nicht nur die Kinder, etwa beim Schlagen nach der Piñata, sondern auch Ehrenamtlicher Jesus Enrique Hernandez Zu-maya (rechts) kam dabei voll auf seine Kosten

und Finanzwirtschaft studiert. Sich für andere Menschen einzusetzen kam mir nicht in den Sinn.“ Die Arbeit im Verein, besonders für den Workshop, habe ihr die Augen geöffnet, wie wichtig freiwilliges Engagement ist: „Indem man seine eigene Kultur anderen näherbringt und so zeigt, dass nichts Bedrohliches an ihr ist, baut man Vorurteile ab und nimmt den Kindern die Angst vor dem Fremden. Dadurch wird interkulturelle Verständigung möglich“,

war sich Szücs sicher. Sie hatte sehr viel Spaß in der Arbeit mit den Kindern, be-

sonders beim Tanzen und Singen blühte sie auf.

Auch für den Freiwilligen Jesus Enrique Hernandez Zu-

maya aus Mexiko

war die Arbeit mit Kindern anfangs unge-wohnt. Als Student der Elektrotechnik kam er für ein paar Wochen nach Deutschland, um seine Deutschkenntnisse zu verbessern. „Das war für mich eine völlig neue Erfahrung, die mir aber unglaublichen Spaß gemacht hat“, freute sich Hernandez Zumaya. Besonders beeindruckte ihn, wie aufgeschlossen und offen die Kinder seiner Kultur gegenüber wa-ren.„Die Kinder kamen völlig begeistert aus dem Workshop. Es scheint ihnen viel Spaß ge-macht zu haben“, erzählte Evi Buhmann, die Vorsitzende des Kinderschutzbundes. Die Verantwortlichen versprachen, auch nächstes Jahr wieder dabei zu sein, um den Kindern wieder ein neues Land erleben zu las-sen. red/asc

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Ehrenamt + Toleranz und Vielfalt + Integration

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Sprache schafftZukunft

Am Anfang war das Wort. Nicht ohne Grund beginnt die Bibel mit dieser Zeile. Denn „das Wort“, sprich: die Sprache, ist ein einzigartiges Mittel der Kommunikati-on, das in dieser ausgefeilten Form nur der Mensch besitzt. Ein Mittel, mit dem er sei-ne Gedanken und Gefühle, Erinnerungen und Pläne austauschen kann. Ein Mittel, das die „Erfolgsgeschichte“ des Menschen überhaupt erst ermöglicht hat.In der modernen Gesellschaft ist es umso wichtiger, sich sprachlich verständigen zu können. Denn nur wer die Sprache eines Landes beherrscht, hat die Aussicht auf eine gute Bildung und folglich einen zu-kunftsfähigen Beruf. Menschen, die neu nach Deutschland kommen, fehlt dieses sprachliche Fundament meistens und hindert sie, in Deutschland einen Job zu finden, soziale Kontakte aufzubauen, sich eine neue Existenz zu schaffen.Was schon für Erwachsene, die nach Deutschland einwandern, unabdingbar ist, hat für Kinder einen noch viel höheren Stellenwert. In ihrem Alter werden die Grundsteine für das spätere Leben ge-legt. Das Sprichwort „Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr“ hat da-bei durchaus einen wahren Kern: Gerade beim Sprachenlernen gibt es große Unter-

schiede zwischen Kindern und Erwachse-nen. So kann ein Kind unter 10 Jahren eine Fremdsprache noch so einwandfrei wie seine Muttersprache erlernen, während der Spracherwerb bei zunehmendem Alter immer schwerer fällt.

Warum Sprachpaten?Gerade deshalb ist es von entscheidender Bedeutung, Kindern so früh und so schnell wie möglich die Sprache des Landes, in dem sie leben, beizubringen. Leider wird von politischer Seite dafür nur wenig Un-terstützung geboten. Besonders im länd-lichen Raum stehen häufig keine eigenen Förderlehrkräfte an den Grundschulen zur Verfügung. So kommt es, dass allein im Landkreis und in der Stadt Passau mehr als 100 Kinder ohne oder mit nur sehr geringen Deutschkenntnissen im Unterricht sitzen. Sie verstehen oft kaum ein Wort, müssen aber dennoch alle Fächer besuchen, ohne etwas daraus mitnehmen zu können.An dieser Stelle dachte sich „Gemeinsam leben und lernen in Europa e.V.“: „Wir müssen etwas tun!“ Perdita Wingerter, Geschäftsführerin des überwiegend eh-renamtlich organisierten Vereins, erklärt dazu: „Wir waren damals vom Sprachpa-tenprojekt des Freiwilligenzentrums Strau-

Sprachpaten für Kinder

Inge Dick zeigt ihrem Patenkind Nihad deutsche

Kinderbücher und bringt ihm so

Deutsch bei

Es ist ein Projekt der Superlative: 8� Ehrenamtliche, �� Schulen, das Schulamt und die Volkshochschule Passau zie-hen gemeinsam mit unserem Verein an einem Strang, um 110 Kindern mit Migrationshintergrund die Integration zu erleichtern. Das Deutschlernen ist dafür essenziell.

Miteinander. Das Magazin von Gemeinsam leben und lernen in Europa e.V.1�

Ehrenamt + Toleranz und Vielfalt + Integration

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Eins zu eins erfolgt die Zuordnung zwischen Kind und Sprachpate. Nur so ist individuelle Betreuung ge-währleistet - ein Erfolgsgeheimnis des Projekts

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bing sehr beeindruckt und wollten etwas ähnliches auch in Passau und Umgebung aufziehen“ (weitere Infos zur Entstehung siehe Interview Perdita Wingerter Sei-te 16). Gemeinsam mit dem Staatlichen Schulamt sowie der Volkshochschule Passau schloss sie eine Allianz für besse-re Sprachintegration von Kindern mit Mi-grationshintergrund in Stadt und Land-kreis Passau.Während das Schulamt sich vor allem um die Koordination der Schulen kümmern und die vhs als Bildungsträger grundle-gende fi nanzielle Mittel über das EU-Pro-gramm „Xenos – Toleranz grenzenlos, grenzenlos tolerant“ akquirieren sowie geeignete Schulungsräume für die Aus-bildung zum Sprachpaten zur Verfügung stellen sollte, lag es am Verein, Ehren-amtliche für das Projekt zu aktivieren, sie auszubilden und mit einem Kind zu „mat-chen“, d.h. nach bestimmten Kriterien, vor allem der räumliche Nähe, ein Kind einem Sprachpaten zuzuordnen und die langfristige Betreuung des Projektes zu übernehmen.

AusbildungDie Schulung besteht aus drei Teilen. Mit der Frage „Was ist die Rolle und Aufga-be des Sprachpaten?“ beginnt die Aus-bildung. „Als allererstes wollen wir von unseren neuen Paten wissen, was sie sich unter dem Engagement vorstellen und wie sie mit prekären Situation, die wäh-rend der Patenschaft auftreten können, umgehen. Dann erklären wir ihnen die Rahmenbedingungen des Projekts und

klären die Teilnehmer auf, ob sie in den durchgespielten Fällen richtig gehandelt haben“, beschreibt Wingerter die ersten Schulungsinhalte.Die Referentin der zweiten Schulung ist Claudia Hasenkopf, offi zielle Berate-rin für Migration in Niederbayern. Die Grundschullehrerin gibt Seminare zum Thema „Deutsch als Zweitsprache“ für ihre Kolleginnen im ganzen Regierungs-bezirk. Doch auch die Sprachpaten pro-fi tieren von ihrer Kompetenz: „Kinder lernen eine Sprache ganz anders als Er-wachsene. Für erstere sind weniger das sture Pauken von Grammatik und Voka-beln entscheidend, sondern das ständige Hören der Sprache. Sie lernen eine zwei-te Sprache also ähnlich wie ihre Mutter-sprache. Deshalb appelliere ich an alle Sprachpaten: Versetzen Sie Ihre Kinder in ein Sprachbad!“ Den Empfehlungen der Expertin folgt der Verein und empfi ehlt den Einsatz von Spielen und Bilderbüchern. Diese konkrete und alltagsnahe Herangehens-weise ans Deutschlernen ist sicherlich ein Markenzeichen des Sprachpatenpro-jekts. Indem die Sprachpaten den Kin-dern erzählen, vorlesen, mit ihnen Spiele spielen und sie dabei stets zum Reden animieren, aktivieren sie die natürliche Veranlagung zum Spracherwerb und helfen dem Kind, ihr Deutsch spürbar zu verbessern. Die Atmosphäre unterschei-

Sprachpaten bei ihrer Ausbildung: Mit-einander zu reden und zu diskutieren ist elementarer Bestandteil der Schulungen

Praxisnah sind die drei Schulungen des Sprach-patenprojekts aufgebaut: Viele konkrete Tipps und Materialien sind ein fester Bestandteil

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Ehrenamt + Toleranz und Vielfalt + Integration

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det sich dabei von der klassischen Unter-richtssituation: Nicht 20, sondern nur ein einziges Kind wird von einem Menschen betreut, der allein des Kindes wegen, aus freiem Willen und ohne finanzielle Entschädigung in die Schule kommt und seine Unterstützung anbietet.

Das Geheimnis: eins zu einsIn der Eins-zu-Eins-Zuordnung liegt auch ein Erfolgsgeheimnis des Projekts. „So stellen wir eine individuelle Betreuung sicher, die ganz auf die Bedürfnisse des Kindes eingeht“, führt Wingerter aus. Zudem werde der Pate zu einer Bezugs-person für das Kind, um das sich die El-tern häufig nicht in ausreichender Weise kümmerten. „Viele Kinder freuen sich tierisch auf die wöchentlichen Treffen“, ergänzt sie.Zurück zur Ausbildung: Nachdem die Sprachpaten die Prinzipien des Projekts kennen und viele praktische Tipps zum Spracherwerb mitgenommen haben, beschäftigen sie sich mit Interkulturali-tät. „Uns ist bewusst, dass zwischen Pate und Kind häufig kulturelle Unterschiede bestehen. In der dritten Schulung wollen wir die Freiwilligen deshalb für das Thema sensibilisieren und beleuchten, wie man diese Unterschiede überwinden kann“, erklärt Verena Hosbach, die das Seminar ehrenamtlich hält. Sehr konkret wird es dann im zweiten Teil, wenn es da-rum geht, wie der Sprachpate das erste Treffen mit dem Kind am be-sten gestaltet.Nach erfolgreich abgeschlossener Aus-bildung geht es endlich los: Hat der Sprachpate alle nötigen Unterlagen ein-gereicht und erfüllt er die Teilnahmevo-raussetzungen, macht sich der Verein daran, jedem Sprachpaten „sein“ Kind zuzuweisen. Sobald die Paare festste-hen, informiert er gleichzeitig Sprach-paten und Schule des zugeordneten Kindes. „Wir statten den Sprachpaten außerdem mit Basisinfos zur Schule aus, die auch die Kontaktdaten des dortigen Ansprechpartners enthalten“, weiß An-dreas Schrank. Als Bundesfreiwilligen-dienstleistender ist er für die Organisati-on verantwortlich. Auch die Schule erhält einen Brief mit den Angaben zum neuen Sprachpaten.Schule wie Sprachpate sind nun aufge-rufen, miteinander in Kontakt zu tre-ten. „Wir gehen so auf Nummer sicher,

dass die Kontaktaufnahme tatsächlich erfolgt“, erläutert er diesen organisato-rischen Kniff. Die Partner vereinbaren auf der Grundlage der Angaben im Schulin-foblatt den wöchentlichen Termin für das gemeinsame Treffen. Im Idealfall erhält der Sprachpate eine kleine Einführung zu Schule und Patenkind.Wie die Sprachpaten ihre Stunde inhalt-lich aufziehen, ist ihnen freigestellt. „Wir setzen lediglich voraus, dass die Kinder dabei Deutsch lernen“, formuliert Perdita Wingerter das freie Konzept. Auch steht das spielerische Lernen im Vordergrund. Doch der Kreativität der Sprachpaten sind keine Grenzen gesetzt – und viele von Ihnen nutzen diese Freiheit ausgie-big (Seite 20).

Unterstützung auf DauerSie sind aber keinesfalls auf sich alleine gestellt: Neben der praktischen Anre-gungen aus den Deutschkursen ist der Verein immer damit beschäftigt, neue Materialien, Methoden, Übungen und Spiele zu finden und diese allen Sprach-paten verfügbar zu machen – nicht nur bei den monatlichen Austauschtreffen, sondern auch über eine geplante Online-Plattform, auf die Sprachpaten auch ei-gene Inhalte hochladen können.Bei diesen Veranstaltungen geht es aber nicht nur um den Austausch von

M a t e r i a l i e n und Metho-den, sondern gegenseit ige Erfahrungsbe-richte über die Arbeit mit den

Patenkindern stehen im Vordergrund und sind Teil jedes Treffens. Darüber hinaus bietet der Verein auch Fortbildungen zu bestimmten Themen an, die die Sprach-paten selbst mitbestimmen können.Dass dieses Projekt nicht auf die Regi-on Passau beschränkt bleiben wird, ist schon jetzt absehbar. „Wir haben schon Anfragen von Freyung-Grafenau über München bis Bocholt in Nordrhein-West-falen erhalten“, ist Andreas Schrank stolz auf das gemeinsame Projekt, das mitt-lerweile auch Bestandteil des Bildungs-netzwerks „PASSgenAU“ ist. „Das Wort“ verbreitet sich so über ganz Deutschland – und schafft damit eine bessere Zukunft für Kinder. asc

„Versetzen Sie Ihre Kinder in ein Sprachbad!“

Claudia Hasenkopf

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Ehrenamt + Toleranz und Vielfalt + Integration

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Auf welchem Weg kam dir die Idee zumProjekt?Bei der Verleihung des Integrationspreises der Regierung von Niederbayern an unseren Ver-ein unterhielt ich mich mit dem Deutsch-als-Fremdsprache-Lehrer Hans Witzlinger von der vhs Passau. Er beklagte sich darüber, dass es zwar viele Angebote zum Deutschlernen für Erwachsene gebe, aber keine für Kinder. So passiere es häufig, dass Kinder eingeschult würden und im Unterricht säßen, ohne dem Unterrichtsgeschehen folgen zu können. Bei der Preisverleihung waren außerdem Vertre-ter der Sprachpaten aus Straubing dabei, die sehr begeistert von ihren Erfahrungen mit dem Projekt erzählt haben. Wir haben dann einfach nur eins und eins zusammengezählt und uns an die Planung gemacht.

Warum gerade diese Form der Sprachförderung?Der Ansatz einer Patenschaft ist sehr gut geeignet für die Lösung eines komplexen Problems wie des Spracherwerbs. Das Kind be-kommt einen individuellen An-sprechpartner, den es regelmä-ßig trifft, und kann so sukzessive ein Vertrauensverhältnis zu ihm aufbauen.Außerdem mussten wir auch die örtlichen Rahmenbedingungen berücksichtigen. Der Landkreis Passau ist ein Flächenlandkreis; die Kinder mit Migrationshinter-grund leben sehr weit gestreut, pro Schule gibt es häufig nur einige wenige von ihnen. Von staatlicher Seite lohnen sich Massenangebote, wie sie sie in Großstädten gibt, nicht. Wir haben uns daher für ein dezen-trales Angebot – jeweils vor Ort

in den Schulen – mit zentraler Koordinierung durch unseren Verein entschieden.Im Schulamt und der Volkshochschule haben wir dafür zwei gute Kooperationspartner ge-funden.

Inwiefern passt das Projekt zu den Grundsät-zen des Vereins?Wir sind gut darin, Menschen zu motivieren, sich gesellschaftlich einzubringen. Kindern mit Migrationshintergrund ehrenamtlich Deutsch

beizubringen passt daher sehr gut zu unseren Zielen. Gleich mehrere von ihnen treffen auf das Projekt zu: Förderung von Integration und Vielfalt in der Gesellschaft, Vernetzung von Akteuren, bürgerschaftliches Engagement und natürlich die Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit.Doch auch die Art, wie wir arbeiten, spiegelt das Sprachpatenprojekt sehr gut wider: Wir er-mächtigen Menschen, selbst aktiv zu werden und zusammenzuarbeiten. Wir reden nicht nur über Probleme, sondern wir tun etwas dage-gen und zeigen so auch anderen, dass man et-was tun kann.

Wie wird das Projekt finanziert?Engagierte Leute allein reichen nicht für die erfolgreiche Umsetzung eines Projekts. Wir haben uns daher über die vhs um Mittel aus dem EU-Förderprogramm „Xenos“ bemüht und diese auch erhalten. Sie decken allerdings nur unsere Sach- und Infrastrukturkosten ab – und auch das nur bis Ende 2014. Die Arbeit im Projekt geschieht dagegen fast ausschließ-lich ehrenamtlich.

90 Ehrenamtliche sind in dem Projekt invol-viert – und das, obwohl die Bereitschaft zu freiwilligem Engagement in der Gesellschaft generell rückläufig ist. Wie passt das zusam-men?Das Ehrenamt ist nicht auf dem Rückzug, son-dern es wandelt sich. Leute wollen sich nicht mehr auf unbestimmte Zeit für unbestimm-te Aufgaben verpflichten. Ämter in Vereins-vorständen zu besetzen wird so zunehmend schwieriger.

Das Sprachpatenprojekt hat jedoch zwei ent-scheidende Vorteile. Zum einen ist die Aufga-be klar definiert: Dem Patenkind die deutsche Sprache beizubringen. Zum anderen steht auch das Ende der Sprachpatenschaft von Be-ginn an fest: Sobald das Kind Deutsch verste-hen und sich auf Deutsch verständigen kann – nicht früher und auch nicht später. Diese inhaltliche und zeitliche Überschaubarkeit be-wegt viele Leute dazu, über ihren Schatten zu springen und sich für andere einzusetzen.

„Jetzt trau ich mich mal!“Perdita Wingerter,

die Projektinitiatorin und Geschäftsfüh-

rerin des Vereins, spricht mit Miteinan-

der über das Pro-jekt „Sprachpaten

für Kinder“ – und erklärt, warum die

Teilnehmerzahlen so explodiert sind.

Perdita Wingerter im Interview über Sprachpaten

Perdita Wingerter bei einer Sprachpaten-Schulung

„Wir zeigen anderen: Man kann etwas machen!“

Perdita Wingerter

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Ehrenamt + Toleranz und Vielfalt + Integration

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Auch unsere mediale Präsenz spielt sicherlich eine Rolle. Viele haben häufi g Zeitungsartikel zu unserem Projekt gelesen und so gesehen, dass das Projekt seriös und eff ektiv ist. Das gab ihnen die Gewissheit, sich zu sagen: „Jetzt trau ich mich mal!“

Ursprünglich war das Programm nur als Pilot-projekt mit 15 Teilnehmern geplant. Wie kam es zu der massiven Ausweitung der Teilneh-merzahlen?Zu Beginn unserer Planungsphase wollten wir das Potenzial des Projekts herausfi nden und haben daher die Schulen gefragt, ob und wie-viele Sprachpaten sie gebrauchen könnten. Unsere Recherche brachte insgesamt 30 bis 40 in Frage kommende Kinder hervor. Viele Schulen sagten uns sogar, sie hätten gar kei-nen Bedarf. Auch das Anwerben von Schulungsteilneh-mern war anfangs extrem mühsam. Zur er-sten Infoveranstaltung in Vilshofen kam kein einziger, auch die Treff en in Passau und Pok-king waren sehr schlecht besucht. So konnten wir in der ersten Schulungsreihe in Passau nur

drei Sprachpaten ausbilden. Doch nachdem das Bild und ein Artikel in der Zeitung waren, hatten wir für die zweite Schulung in Pocking schon 20 Interessenten und letztlich 13 fertig ausgebildete Sprachpaten.Dann kam das neue Schuljahr. Wir haben noch-mals bei den Schulen nach dem Bedarf gefragt und wurden jetzt mit ganz anderen Zahlen konfrontiert: 80 Kinder mit Förderbedarf! Al-lerdings hatten wir zu diesem Zeitpunkt nur 16 Sprachpaten. Ich konnte es nicht aushal-ten, so vielen Kinder keinen Ehrenamtlichen an die Seite stellen zu können – und brachte daher ein Foto von der zweiten Schulungsrei-he in die Zeitung. Von nun an klingelte das Te-lefon fast im Minutentakt. 40 Leute nahmen an der dritten Schulung teil. Nach der fünften Schulungsreihe konnten wir jedem Kind einen Sprachpaten zuordnen, eine vollständige Ver-sorgung war sichergestellt.Jetzt sind wir gespannt auf die Anmeldungen zum neuen Schuljahr und führen zu Schuljah-resbeginn möglicherweise eine weitere Schu-lung durch. asc

Spaß am Lernen steht bei uns an oberster Stelle. Das zeigt sich auch am Inhalt der Sprachpaten-kiste, welcher von uns sorgfältig ausgewählt wird, um eine gute Balance zwischen Lernmaterial an sich, in Form von Büchern, und Spielen zu fi nden. Um ein abwechslungsreiches Lernen zu gestalten, werden von unse-rer Seite stets neue Materialien hinzugefügt. Auch die Sprach-paten bzw. Sprachpatinnen an sich sind Mitgestalter dieser Vielfalt an Möglichkeiten, Kin-dern Deutsch beizubringen, da sie uns Anregungen und Vor-schläge geben, die mithilfe der Sprachpatenkiste für alle zur Verfügung stehen. In der folgenden Infobox sehen Sie einen Überblick über den derzeitigen Bestand der Sprach-patenkiste. ta

Was ist in der Sprachpatenkiste?

Bücher zum Thema Grammatik, ein Buch mit 200 Diktaten, ein Bildwörterbuch, ein dialogisiertes Lesetraining und ein Buch zum Thema EuropaEin Hefter mit Übungsmaterial und einem LerntagebuchSpiele (z.B. ein Tier-Memory, ein Ball-Domino, ein Sportquiz, ein Kartenspiel, ein Würfelspiel…)Laminierte Karten (z.B. das ABC, Wortkarten, Wiewörter, Tunwörter, Übersicht über das Haus und seine Räume…)Ein MaßbandEin SpringseilSpielgeld Ein Stempel und ein Stempelkissen

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Ehrenamt + Toleranz und Vielfalt + Integration

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Schulungsreihe 1

Passau, Juni 2013

3 ausgebildete Sprachpaten

Schulungsreihe �

Pocking, Juli-August 2013

13 ausgebildete Sprachpaten

Schulungsreihe �

Passau, Februar 2014

32 ausgebildete Sprachpaten

Miteinander. Das Magazin von Gemeinsam leben und lernen in Europa e.V.18

Die Sprachpaten-teams im Überblick

Ehrenamt + Toleranz und Vielfalt + Integration

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Schulungsreihe 4

Passau, November-Dezember 2013

23 ausgebildete Sprachpaten

Schulungsreihe 3Passau, September-Oktober 201330 ausgebildete Sprachpaten

19Ausgabe 9 - Juli 2014 19Ausgabe 9 - Juli 2014

Ehrenamt + Toleranz und Vielfalt + Integration

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Die monatlichen Austauschtreffen führen wir immer ab-wechselnd in Passau, im südlichen und im nördlichen Land-kreis durch, damit die Sprachpaten dabei keine übermäßi-gen Anfahrtswege auf sich nehmen müssen. Um die Vielfalt der Möglichkeiten eines erfolgreichen Ler-nens darzustellen, steht jedes Treffen unter einem anderen Motto. „Grammatik leicht erklärt“ stand im Mittelpunkt der letzten Zusammenkunft im Juni in Vilshofen a. d. Donau. Häufig tauchen Fragen wie „Was ist nochmal ein Nomen?“, „Wie erkläre ich, wann ich welchen Artikel verwende?“ oder „Wie bringe ich dem Kind die deutsche Grammatik spiele-risch bei?“ auf.

Austausch steht im VordergrundNach einer Einführung von unserer Seite mit hilfreichen Grammatiktipps begann der gemeinsame Austausch, bei dem jeder die Möglichkeit ergriff, um zu erzählen, auf wel-che Art und Weise er die Grammatik erklärt und welche Materialien der Sprachpate oder die Sprachpatin verwen-det. Nach diesen neuen Anregungen besteht bei jedem Treffen die Gelegenheit seine grundsätzlichen Erfahrungen mit dem Kind sowie eventuell auftretende Fragen und Pro-bleme anzusprechen. Dieser Teil ist für unseren Verein von entscheidender Bedeutung, um das Konzept und die Um-setzung des „Sprachpatenprojekts für Kinder“ ständig zu verbessern und weiterzuentwickeln. Der Anfang und das Ende jedes Austauschtreffens wird jeweils individuell ge-staltet. So stand in Vilshofen a. d. Donau zu Beginn eine Entspan-nungsübung von einem Sprachpaten auf dem Programm, die allen zeigen sollte, dass man das richtige Maß an Ler-nen bei jeder Einheit mit dem Kind treffen sollte, indem man anfangs zuerst vom Schulunterricht abschalten kann. Schließlich steht bei uns der Spaßfaktor des Kindes am Ler-nen im Vordergrund. Das zeigt sich auch an den Materialien und Spielen, die von uns vorbereitet werden. Bunte Memorys, wie z.B. das Tier-Memory, und ein Kartenspiel sind ebenso Bestandteil unserer Sprachpatenkiste, die man an jeder Schule vorfin-det, wie ein Bildwörterbuch und ein Grammatikbuch. Jeder Sprachpate bzw. jede Sprachpatin entscheidet selbst, wel-che Materialien er oder sie aus der Kiste verwendet und in welchem Maß. Bei jedem Austauschtreffen kommen neue Materialien von unserer Seite hinzu.Abschließend führten wir beim letzten Austauschtreffen in Vilshofen a. d. Donau eine Evaluation zu dem komplet-ten Sprachpatenprojekt für Kinder durch. 13 auf Plakaten geschriebene Fragen wurden im gesamten Raum verteilt und von jedem Einzelnen mithilfe eines Klebepunktes be-antwortet. Beispiele dafür sind folgende Fragen: „Wie zu-frieden sind Sie insgesamt mit dem Sprachpatenprojekt?“, „Sehen Sie Fortschritte bei dem Kind?“ und „Kommen Sie gerne zum Austauschtreffen?“ ta

Raum für KommunikationAustauschtreffen Sprachpaten für Kinder

„Sprechen und Hören ist Befruchten undEmpfangen“

Novalis

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Ehrenamt + Toleranz und Vielfalt + Integration

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Referenten bei den Austauschtreffenwaren bisher:

Perdita WingerterGeschäftsführerin von „Ge-meinsam leben und lernen in Europa e.V.“ und Projekt-initiatorin

Sylvia Seider-RosenlehnerGesundheitsamt Passau -Präventionsstelle

Marietta StöcklSprachpatin

Alois WeberSprachpate

Marina Guggenthaler/ Teresa AnetsbergerGLL-Praktikanten

„Am Anfang kannte ich mich gar nicht aus, als ich nach Passau kam. Ich konnte zwar ganz gut Deutsch, aber hier war alles ganz anders als in Ungarn. Daher brauchte ich ziemlich lange, bis ich wusste, wie alles in Deutschland funktio-niert und wer für was zuständig ist,“ erzählt Krisztina Lantos aus Pécs, die wegen ihres Studiums nach Passau kam.Und bei solchen Pro-blemen will die vhs Passau helfen. Zusam-men mit drei anderen Volkshochschulen aus der Region führen sie im Rahmen des Förderprogramms Xenos Projekte durch, um Integration zu fördern und Rassismus zu bekämpfen. „Wir wollen eine Willkom-mensstruktur schaffen,“ erklärt Verbands-vorsitzender Herman Baumann. „Wenn wir im Ausland sind, sind wir die Ausländer und wollen schließlich auch gut behandelt wer-den. Denn wir sind ja alle Menschen.“So gibt es bei der vhs eine Beratungsstelle als erster Anlaufpunkt für Migranten, die hier eine individuelle Integrationsplanung und -begleitung brauchen. Dabei steht das Dialogzentrum in Kontakt mit anderen Fachdiensten und Einrichtungen, an die eventuell weiter verwiesen wird.Seit kurzem gibt es unter der Webadresse www.mignet-passau.de auch ein Informa-tionsportal für Migranten aus Stadt und Landkreis Passau. Hier finden Menschen aus dieser Region – egal ob sie zugezogen sind oder ursprünglich aus einem anderen Land kommen – alle wichtigen Informa-tionen zu Leben, Lernen und Arbeiten in Deutschland und der Region. „Mit dem Informationsportal „MigNet Passau“, das über das EU-Programm XENOS finanziert wurde, wollen wir den Menschen - vor allem aber Migrantinnen und Migranten - helfen, sich besser orientieren, informieren und damit integrieren zu können,“ erklärt Hans Martin, Ansprechpartner bei der vhs für das Programm Xenos.Unterstützung holte sich die vhs beim Verein „Gemeinsam leben & lernen in Europa“, der das Projekt praktisch umsetzte. Im Rahmen

des Programms Xenos hat die vhs Passau den Verein „Gemeinsam leben & lernen in Europa“ beauftragt, für Migranten aus Stadt und Landkreis Passau eine umfassende onlinegestützte Informationsplattform zu schaffen. Projektleiterin Perdita Wingerter erklärt dazu: „Unser Ziel war es, die Fülle an Informationen, die für das Leben, Lernen und Arbeiten in Deutschland relevant sind, übersichtlich und einfach formuliert darzu-stellen, und eine intuitive Menüführung zu ermöglichen.“ Für weiterführende Informa-tionen werden bei den einzelnen Einträgen die relevanten Ansprechpartner vor Ort inklusive Name, Adresse, Telefonnummer, Email, Homepage genannt. Damit ist diese Plattform auch für Bürgerinnen und Bürger ohne Migrationshintergrund eine wichtige Informationsplattform geworden. Bei der Entwicklung und Umsetzung des Online-Projektes wurden von Anfang an im-mer Migranten eingebunden und das End-produkt von Teilnehmern des letzten Inte-grationskurses getestet. „Wir wollten sicher stellen, dass die Webseite wirklich ihren Zweck erfüllt und nah an den Bedürfnissen der Menschen ist“, sagt Krisztina Lantos, die maßgeblich bei dem Projekt mitgewirkt hat. Überhaupt haben viele Menschen an dem Projekt mitgewirkt, erzählt Perdita Wingerter : „Es steckt viel Herzblut und auch viel zusätzliches ehrenamtliches En-gagement in dieser Webseite, sonst hätten wir ein solch komplexes und umfangreiches Projekt nie stemmen können!“ red www.mignet-passau.de www.mignet-cham.de

Willkommensstruktur mit HerzblutOnline-Informationsplattform „MigNet“

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Integration

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Zweiseitige Vorlage Nr. 3

Gemeinsam mit 17 anderen Teilnehmern ab-solvierte der Gymnasiast eine entsprechende Ausbildung des gemeinnützigen Vereins „Ge-meinsam leben und lernen in Europa e.V.“ (GLL). Als jüngster Pate will der 17-Jährige nun dafür sorgen, dass Asylbewerber die deutsche Sprache und Kultur kennenlernen.Denn deren Situation ist in unserem Land al-les andere als einfach: Gefl ohen vor Krieg und Hunger, landen sie nach abenteuerlichen Rei-sen in Deutschland. Sie verbringen Monate in den Aufnahmelagern und werden dann auf die Landkreise verteilt, wo sie meist in Ge-meinschaftsunterkünften ihr Dasein fristen. Staatliche Angebote zur Integration, wie Deutschkurse, stehen nur für einen Bruchteil der Asylbewerber zur Verfügung.„Dagegen wollten wir etwas tun“, erklärt Perdita Wingerter. Die Geschäftsführerin des überwiegend ehrenamtlich organisierten Vereins hatte die Idee zum Projekt „Rede mit

mir“. Nach dem Vorbild von „Sprachpaten für Kinder“, die der Verein seit einem Jahr erfolg-reich schult und koordiniert, bildete er nun Sprachpaten für erwachsene Flüchtlinge aus. Pate und Flüchtling treff en sich einmal wö-chentlich für mindestens eine Stunde, um im Gespräch das Deutsch des Flüchtlings zu ver-bessern – und nebenbei auch sein Verständnis der deutschen Kultur zu erhöhen.

Ausbildung in fünf EinheitenViel zu tun gibt es für die Ehrenamtlichen Ka-thrin Zenger und Sybille Holz, die das Projekt planen und umsetzen. Um die Paten optimal auf ihre Aufgabe vorzubereiten, konzipierten sie in Zusammenarbeit mit Organisationen aus dem Bereich Migration eine fünfteilige Schulungsreihe. Unterstützt wird das Projekt vom Bayerischen Sozialministerium und der Landesarbeitsgemeinschaft der Freiwilligena-genturen (LAGFA) Bayern.

„Ich will nicht immer nur klug daherreden, sondern was ganz Praktisches machen, um Flüchtlingen zu helfen“: Diese Mo-tivation bewegte Jakob Donath dazu, sich als Sprachpate zu engagieren.

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Das neue Pilotprojekt von GLL:

Ehrenamtliche Paten helfen Flüchtlingen

beim Deutschlernen

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Integration leben -ganz praktisch

Miteinander Sprechen ist die Essenz des Projekts „Sprachpaten für Flüchtlinge“

In der Einführungsveranstaltung machten die Praktikantinnen die Freiwilligen mit der recht-lichen Situation von Flüchtlingen in Deutsch-land vertraut. Vertreterinnen der Flüchtlings-hilfeorganisation „NoBorder“ erläuterten anschaulich, mit welchen Schwierigkeiten Asylbewerber hier zu kämpfen haben. Die GLL-Ehrenamtliche Verena Hosbach, der ehemalige Schulleiter Hannes Schober, der sich für ein Schulpro-jekt in Uganda enga-giert, sowie Marcel und Azzan Hassan von der Deutsch-Musli-mischen Gesellschaft verbesserten die in-terkulturelle Kompetenz der neuen Paten. Der dritte Termin stand ganz im Zeichen der Sprachförderung: Antje Hausold und Theresa Vatter, Engagierte bei den ehrenamtlichen Deutschkursen der Evangelischen Studieren-

dengemeinde, informierten über bestehende Angebote, Deutsch zu lernen. Sybille Holz stellte die von ihr eigens für das Projekt ent-wickelten Lern- und Arbeitsmaterialien vor und gab den Teilnehmern gemeinsam mit Kathrin Zenger viele konkrete Hilfestellungen zum besseren Deutschlehren und -lernen an

die Hand.Tipps aus der Praxis präsentierte Isabel Wagner vom Asylca-fé, die gemeinsam mit zwei Flüchtlingen an der vierten Schulung

teilnahm. Die Ehe-, Familien- und Lebensbe-raterin Eva Freymadl von „Pro Familia“ ver-mittelte Strategien zur Abgrenzung. Perdita Wingerter erklärt hierzu: „Wir können nicht die Vielfältigkeit der Probleme lösen, denen Flüchtlinge täglich ausgesetzt sind. Deshalb haben wir einen Aspekt ausgewählt, um den

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Sprachpaten für Flüchtlinge

„Es hat mich gefreut, zu jedem Abend hinzugehen“

Bernhard Krohn

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wir uns kümmern: Deutsch und Deutschland verstehen.“ Mithilfe dieses Trainings soll es den Ehrenamtlichen leichter fallen, in ihrem Ehrenamt auch Grenzen zu setzen, so die Ge-schäftsführerin.

Gewappnet für schwierige Situationen„Wie gehe ich mit schwierigen Situationen um?“: Mit dieser Frage beschäftigte sich die letzte Schulung. Außerdem erarbeiteten die Teilnehmer Vorschläge für die Gestaltung des ersten Treffens. Zum Abschluss stellte der Verein den Sprachpaten Personen und Orga-nisationen vor, die sich in der Region mit der komplexen Flüchtlingsthematik beschäftigen – „ein Netzwerk, auf das sie sich verlassen kön-nen“, ist sich Wingerter sicher.Das Fazit von Bernhard Krohn zur Ausbildung fiel eindeutig aus: „Die Vorbereitung war sehr abwechslungsreich und super strukturiert, ich habe Klarheit über meine Aufgabe als Sprach-pate gewonnen. Es hat mich gefreut, zu jedem Abend hinzugehen“, war der Berufsschulleh-rer begeistert. Auch der Direktor des Land-wirtschaftsamtes, Wolfgang Niller, war voll des Lobes: „Klare Struktur, professionelle Um-setzung – ich fühle mich gut auf mein neues Ehrenamt vorbereitet.“„Jetzt kann es losgehen“, freut sich Organi-satorin Kathrin Zenger. Insgesamt elf Män-ner und sieben Frauen im Alter von 17 bis 76 Jahren, die die Ausbildung zum Sprachpaten erfolgreich abgeschlossen haben, werden in den nächsten zwei Wochen auf einer Kennen-lernveranstaltung ihren Sprachpartner finden – weit mehr als ursprünglich geplant. „Wir sind erstaunt, wie viele Menschen bereit sind, sich

ehrenamtlich für die Integration von Flüchtlin-gen einzusetzen“, betonen Zenger und Holz. „Sie schaffen so die Grundlage dafür, dass die-se sich langfristig in Deutschland willkommen fühlen.“ red/asc

Ein erstes Beschnuppern wagen Sprachpaten und Flüchtlinge beim Kennenlerntreffen.

Als Teil ihrer Ausbildung unterhalten sich die angehenden Sprachpa-tinnen und -paten intensiv über ihre neue Aufgabe.

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Ehrenamt + Toleranz und Vielfalt + Integration + Chancengleichheit

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Ehrenamt + Toleranz und Vielfalt + Integration + Chancengleichheit

Das Projekt „Rede mit mir: Sprachpaten für Flüchtlinge“ wurde vom Verein entwickelt, um Flüchtlingen durch die Verbesserung ih-rer Deutschkenntnisse die Möglichkeit zu ge-ben, sich mit der einheimischen Bevölkerung auseinanderzusetzen und Alltagsprobleme selbstständig lösen zu können. In Zusammen-arbeit mi der ESG Passau (Evangelische Stu-dierenden Gemeinde) entwickelten wir daher 10 verschiedene Redeanlässe, die von den dortigen, ehrenamtlichen Sprachlehrerinnen und -lehrern als oftmals problematisch für die Flüchtlinge beschrieben wurden.

Kommunikation steht im VordergrundWir hatten somit inhaltlich ein Projektziel vor Augen, die Frage war nur, auf welchem Weg wir dieses Ziel bestmöglich erreichen. Die im Handel erhältlichen Bücher für Deutsch als Zweitsprache haben ihren Fokus meist auf Grammatik und Vokabeln. In unserem Projekt sollte aber die Kommunikation das bedeu-tendste Element sein. Also entschieden wir uns dazu, das benötigte Material selbst herzu-stellen. Ähnlich zu dem, was wir auch bereits bei unserem Sprachpatenprojekt für Kinder realisiert haben: einen Sprachpatenkoff er. Aber nicht einen Koff er pro Schule, sondern einen Koff er pro Sprachpate, da sich Pate und

Sprachpartner immer individuell an ganz un-terschiedlichen Orten treff en.Und der Sprachkoff er wurde ziemlich schnell zur Sprachpatenbox. Die Gründe liegen darin, dass die Box handlicher ist und mehr Materi-al Platz darin fi ndet. Gerade der letzte Punkt sollte sich bis kurz vor Übergabe der Boxen als Knackpunkt erweisen. Zunächst fi ng ich aber damit an, mir zu überlegen, wie man den je-weiligen Gesprächsanlass am sinnvollsten auf-bereitet. Dabei stellte ich mir Fragen in Bezug auf die Grundkenntnisse der Sprachpartner im Deutschen, ihrer Lesefähigkeit und ihren Einblick in das deutsche Schriftsprachsystem generell. Wenn ich an die Sprachpaten dachte, war mir klar, dass nicht jeder Pate einen päda-gogischen Hintergrund vorweisen konnte. So wird es von unserem Projekt ja auch gar nicht erwartet. Also lag mein Auftrag darin, Materi-al zu erstellen, das von „Sprachschülern“ mit unterschiedlichem Niveau und „Sprachleh-rern“ mit weit streuenden pädagogisch-didak-tischen Erfahrungen benutzt werden konnte.

Für Anfänger und FortgeschritteneDa die Sprachniveaus der Sprachpartner sich auf ganz unterschiedlichen Leveln befi nden konnten, war es ein Anliegen, dass man mit dem Material sowohl als Einsteiger als auch als Fortgeschrittener im Umgang mit der deut-

schen Sprache arbeiten konnte. Aus diesem Grund versuchte ich, wo es mir möglich war, mit aussagekräf-tigen Bildern als Unterstützung zu arbeiten. Die verwendeten Bilder haben aber noch einen weiteren Vorteil: Sie sprechen den visuellen Lerntyp an. Dieser reagiert beim Lernen besonders gut auf visuelle Reize, wie etwa Farben oder Mu-ster. Der eher auditive Lerntyp wird in unserem Projekt durch das Hören der Wörter und Sätze angesprochen, die der Sprach-pate mit richtiger Betonung und Satzmelodie ausspricht. Und nicht zuletzt haben wir auch viele Mate-rialien, die den haptischen Lerntyp ansprechen: er hat Dinge gerne in der Hand, ordnet und sortiert nach einem bestimmten System. Für die-sen Lerntyp habe ich einige Spiele gestaltet, bei denen Kärtchen zu-geordnet oder Reihenfolgen gelegt werden müssen. Als Beispiel sei das Lebensmittelmemory genannt, dass

Am Anfang war die Idee.Am Ende die Sprachpatenbox.

Materialien Sprachpaten für Flüchtlinge

Lebensmittelmemory, Deutschlandkarten und Wort-Bild-Tabellen sind nur einige der Materi-alien, die die Sprachpatenbox beinhaltet

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Ehrenamt + Toleranz und Vielfalt + Integration + Chancengleichheit

sich sowohl beim Gesprächsanlass „Einkau-fen“, aber auch bei der Thematik „Kochen“ verwenden lässt.Die in der Sprachpatenbox enthaltenen Spiele sollen aber nicht nur unterschiedliche Lern-typen ansprechen. Sie sollen dem Sprach-partner auch die Möglichkeit geben, sich in Eigeninitiative mit dem Lernstoff auseinan-derzusetzen und somit vom passiven Wissens-aufnehmer zum aktiven Wissensanwender zu werden. In vielen Herkunftsländern unserer zu betreuenden Flüchtlinge herrscht ein eher au-toritär aufgebautes Schulsystem vor. Sie sind es daher gewohnt, in sehr großen Klassen zu sitzen und den ganzen Tag etwas von der Tafel abzuschreiben, was ihnen der Lehrer vorgibt. Lernen ist dann oftmals reines auswendig ler-nen. Nur beim Sprachenlernen funktioniert das nicht zu hundert Prozent. Natürlich braucht

man einen Grundwortschatz und einen Ein-blick in die Grammatik, aber das Anwenden der Sprache hängt auch mit kulturellen Gege-benheiten zusammen. Als Beispiel wäre hier die Verwendung des „Sie“ und des „du“ an-geführt. In manchen Sprachen, wie beispiels-weise im Englischen, gibt es gar keine Höflich-keitsform bei der Anrede. Diesen Unterschied klar zu machen, damit beispielsweise auf dem Amt keine Missverständnisse aufkommen, ist auch ein Teil der Aufgabe eines Sprachpaten.

Vorbereitung auf deutsches SchulsystemEng damit verbunden ist auch der Versuch, die Flüchtlinge auf das deutsche Schulsystem vorzubereiten. Viele Flüchtlinge möchten hier eine Ausbildung machen oder sogar studieren, weil ihnen die Abschlüsse aus dem Heimatland hier nicht anerkannt werden und sie sich ihren Lebensunterhalt selbst verdienen wollen. Wie bereits erwähnt, sind sie aber ein ganz anderes Schulsystem gewohnt und ohne Vorbereitung auf das deutsche Schulsystem zunächst über-fordert. In der Berufsschule müssen sie näm-lich eigenaktiv arbeiten, Problemlösestrate-gien entwickeln und sich mit Transferaufgaben auseinandersetzen. Unser Material gibt hierzu Möglichkeiten. Zu Beginn können die Sprach-paten noch vermehrt Anweisungen geben. Mit der Zeit können dann aber Spiele und Bildkar-

ten eingesetzt werden, um freier zu arbeiten und dem Sprachpartner mehr Verantwortung für seinen Lernerfolg zu geben.Diese Verantwortung für den eigenen Lern-fortschritt wird auch durch Hausaufgaben ver-deutlicht. Sie sind ein Bestandteil des Materi-als und dienen dazu, den Lernfortschritt des Sprachpartners festzustellen. Entweder setzt sich der Flüchtling noch einmal vertiefend mit einem Thema in der Hausaufgabe auseinan-der, dass heißt, er beschreibt oder zeichnet beispielsweise das beim Thema „Kochen“ be-reits mündlich erwähnte Lieblingsgericht oder er bereitet sich mit der Hausaufgabe auf die nächste Sitzung vor, zum Beispiel zum Thema „Mein Heimatort“. Die Hausaufgaben sind kei-ne Verpflichtung, stellen aber ein Angebot dar, sich über das Treffen mit dem Sprachpaten hi-naus noch mit der deutschen Sprache ausein-anderzusetzen.

1000 Blatt Papier und 400 Stunden ArbeitDie erwähnten Hausaufgabenblätter befinden sich in einer gesonderten Mappe, genauso wie die pädagogisch-didaktischen Anleitungen für die Sprachpaten und das Material selbst. Die in Handarbeit ausgeschnittenen und laminierten Kärtchen, Puzzleteile und Dominosteinchen haben wir jeweils einzeln in Umschläge ver-packt, damit nichts in der Sprachpatenkiste durcheinanderkommt. Um die 1000 Blatt Pa-pier, nahezu 200 Laminierfolien, 200 Briefum-schläge und 400 Stunden Arbeit stecken in unseren 20 Kisten. Dazu kommt noch ein Bild-wörter- und ein Grammatikbuch ebenso wie reichlich Zusatzmaterial, zum Beispiel Bus-pläne, Infomaterial zum Thema „Europa“ und ein Passauer Stadtplan. Die Kapazität der Bo-xen stellte sich am Ende dann gerade noch als passend heraus. Je nachdem, wie das Projekt sich in Zukunft gestaltet und wie viele Zusatz-materialien bei den jeweiligen Austauschtref-fen hinzukommen, müssen wir unsere Boxen vielleicht bald etwas größer kalkulieren und uns eine kreative Idee zum Platzmanagement einfallen lassen.Gerade diese Kreativität und Liebe zum De-tail merkt man an unserer Sprachpatenbox. In jeder freien Minute haben die im Büro anwe-senden Mitarbeiter ausgeschnitten und lami-niert und sogar einige der Sprachpaten haben uns unterstützt. Bei der Präsentation der Bo-xen waren die Sprachpaten begeistert, einige hätten am liebsten sofort mit ihrer Patenschaft begonnen. Wir hoffen nun, dass sich das Mate-rial in der Praxis bewährt und das Projekt gut anläuft. Schließlich würde sich jeder im Büro freuen, wenn es zu einer zweiten Ausbildungs-runde für Sprachpaten für Flüchtlinge kommt! Im Ausschneiden und Laminieren sind wir in-zwischen geübt… sh

So sehen die Koffer im fertigen Zustand aus

Sybille HolzAls ausgebildete Lehr-kraft für Grundschule mit Schwerpunkt Anglistik konzipierte sie die Lehr- und Lernmaterialien der Sprachpatenbox. Das Er-gebnis lesen Sie in diesem Artikel.

Page 27: Miteinander Ausgabe 9 (August 2014)

�7Ausgabe 9 - Juli 2014

Ehrenamt + Toleranz und Vielfalt

Festival der Kulturen

Die Welt zu Gast in Passau – GLL mittendrin

Das Motto des ersten Festivals der Kulturen in Passau vom 28.Mai bis 31.Mai hieß „die Welt zu Gast in Pas-sau“. Wenn man durch die Straßen der Innen- und Altstadt schlenderte, bestä-tigte sich dieser Eindruck recht schnell. Fremde Kulturen aus aller Welt und Gä-ste aus Passaus neun Partnerstädten trugen zu einem bunten Stadtbild bei. Durch dieses besondere Kulturangebot hatten aber auch Passauer Vereine und Institutionen die Möglichkeit, sich der Passauer Bevölkerung vorzustellen.

Kuchenverkauf und KinderrallyeDer Verein „Gemeinsam leben und ler-nen in Europa e.V.“ beteiligte sich am Festival der Kulturen mit einem Info- und Kuchenstand. Bereits am Donners-tag, den 26. Mai stellten Mitarbeiter des Vereins trotz schlechter Wetterbe-dingungen unseren Stand in der Lud-wigstraße vor dem K&L auf. Am darauf-folgenden Tag wurde der Stand in der Früh bereits von fleißigen Kuchenliefe-ranten bestückt. Später folgten noch die selbstgemachte Ingwer-Zitronen-Limo-nade und Blätterteigtaschen. Um den Durst zu stillen, hatten wir auch noch Kaffee und alkoholfreie Getränke im An-gebot. Gemütliche Bierbänke luden die

Passanten zum Verweilen ein und ganz nebenbei konnten sich die Menschen über den Verein und laufende Projekte informieren.Für die kleinen Besucher gab es das An-gebot, an einer interkulturellen Kinder-rallye teilzunehmen. Hier war vor allem die Kommunikation mit den Standbe-treibern am Festival gefragt, um bei-spielsweise die Frage zu beantworten, was „Vielen Dank“ auf Italienisch heißt oder Flaggen zuzuordnen. Auf einer großen Weltkarte konnten die Erwach-senen die Orte markieren, an denen sie schon zu Besuch waren und an einer langen Schnur ihre schönsten interkul-turellen Erinnerungen oder besondere Sprüche niederschreiben.

Viele Menschen über Verein informiertAlles in allem konnten viele Menschen über die Arbeit des Vereins informiert werden. Es fanden sich sogar Interes-senten für die Ausbildung zum Sprach-paten für Kinder oder für Flüchtlinge. Beim nächsten Festival der Kulturen wird der Verein mit Sicherheit wieder vertreten sein! sh

„Es sind Begegnungen mit Menschen, die das Leben lebenswert machen“: Getreu dieses Mottos beteiligte sich GLL mit einem Stand am Festival der Kulturen, das

dieses Jahr im ganzen Innenstadtbereich stattfand. Sprachpaten berichtetenpersönlich von ihren Erfahrungen.

Alle Bilder S. 27 © Tobias Schmidt/Mein Passau

Page 28: Miteinander Ausgabe 9 (August 2014)

Fotoausstellung „Off en für Fremdes“

Interkulturalität ist überall. Um diese sichtbar zu machen, wurden

Einwohner Passaus nach ihren interkulturellen Erfahrungen und

Beziehungen, dem damit verbun-denen persönlichen Gewinn sowie

der Off enheit gegenüber „Frem-dem“ in ihrem Leben befragt und

fotografi ert. Die befragten Per-sonen stammen aus verschiedenen

Nationen und gehören unter-schiedlichen Altersgruppen an, um

eine möglichst breite Schicht zu repräsentieren.

Die Fotoausstellung soll die Be-trachter der Bilder dazu anregen,

sich über die Vorteile und den Gewinn, den das interkulturelle

Miteinander für einen selbst birgt, Gedanken zu machen sowie die

eigenen Einstellungen und Erfah-rungen zu refl ektieren.

Die Projektidee wurde durch den Verein „Gemeinsam leben & lernen

in Europa e.V.“ in Kooperation mit der Hochschulgruppe „Gemeinsam

in Europa“ umgesetzt.

Interkulturalität...

Miteinander. Das Magazin von Gemeinsam leben und lernen in Europa e.V.�8

Toleranz und Vielfalt

Page 29: Miteinander Ausgabe 9 (August 2014)

AusstellungDie Ausstellung umfasst nach voll-ständiger Umsetzung 40 Leinwände im DIN A3-Format. Jede Leinwand bildet eine oder mehrere Personen mit einem Zitat ab. Die Eigentümer der Ausstellung sind der Verein „Gemeinsam leben & lernen in Europa e.V.“ (GLL) sowie die vhs, welche die Umsetzung des Projektes zugleich als Sponsor mit 2000 Euro unterstützte. GLL und vhs sind Eigentümer der Leinwände, das Ausleihen ist jedoch möglich.

Ausleihen der AusstellungDie Leinwände können zum Zweck einer Ausstellung gegen eine Auf-wandsentschädigung ausgeliehen werden. Als erstes hat davon das City-Marketing Passau (CMP) Ge-brauch gemacht und beim Festival der Kulturen Ende Mai 2014 die ersten 20 Leinwände in den Schau-fenstern ihrer Mitgliedergeschäfte ausgestellt.

...ist überall

�9Ausgabe 9 - Juli 2014

Toleranz und Vielfalt

Page 30: Miteinander Ausgabe 9 (August 2014)

Miteinander. Das Magazin von Gemeinsam leben und lernen in Europa e.V.30

Toleranz und Vielfalt + Integration + Europa

Empowerment von Migranten EU-Projekt „em:Power“

Migranten bringen ihre Erfahrungen, ihr Wis-sen und ihre Begabungen mit in ihre neue Heimat. Allerdings werden diese Fähigkeiten nicht immer anerkannt oder genutzt. Aber es gibt viele gute Beispiele, wie Menschen und Organisationen Migranten dabei unterstüt-zen können, sich zu integrieren, aber auch vor allem sich aktiv gesellschaftlich zu enga-gieren, mitzuwirken und ihr Können und ihre Fähigkeiten einzubringen.Vor diesem Hintergrund entstand eine Pro-jektidee: „In unserem Verein ist das Mitei-nander und das Engagement von Migranten eine Selbstverständlichkeit. Sie sind bei uns im Vorstand, Mitglieder, engagieren sich in Projekten oder nehmen an unseren Veran-staltungen teil“, erklärt Perdita Wingerter, Ge-schäftsführerin von GLL. „Empowerment von Migranten wird oft gefordert, aber wie man dies praktisch mit Leben füllt, das ist vielen Verantwortlichen dann doch nicht klar.“ Und daher suchte Frau Wingerter Partner in Euro-pa, die ähnliche Ziele verfolgen. Sie fand das interkulturelle Zentrum „Kompassi“ in Kuo-pio/Finnland und das bfi in Linz/Oberösterrei-ch, dem größten privaten Bildungsanbieter in Österreich, als engagierte Mitstreiter. Und über das EU-Programm „Grundtvig Learning Partnerships“ konnten sie sich gegenseitig besuchen, Erfahrungen austauschen und ge-meinsam ihre positiven Beispiele sammeln.

Aktives Engagement in der GesellschaftGemeinsames Ziel war es, erfolgreiche Bei-spiele für aktives Engagement und Beteili-gung von Migranten in der Gesellschaft und entsprechende Projekte aufzeigen, die als sogenannte „best practices“ auch auf ande-re Länder übertragbar sind. Im Fokus stehen Projekte, die Migranten aktiv beteiligen und zur Mitwirkung und aktivem Engagement in der Gesellschaft auff ordern, und damit zur sozialen Integration beitragen. Außerdem wollten sie – basierend auf eigenen Erfah-rungen – praktische Tipps sammeln, wie man die Kommunikation, Begegnung und das Miteinander zwischen Migranten und der ört-lichen Bevölkerung gut gestalten kann. Das Ergebnis des Projektes war ein Leitfaden für Organisationen und Kommunen, wie man Empowerment von Migranten ganz praxisnah umsetzen kann. Um so viele engagierte Men-schen, Organisationen und Kommunen zu er-reichen, ist der praxisbezogene Leitfaden als kostenloser Download auf den Webseiten der

Vorstellung einer good practice

Bei der Arbeit am neuen Leitfaden (rechte Seite unten), der zahlreiche gute Beispiele aus der Praxis enthält

Die gemein-same Vorstel-lungsrunde

10titel

_3_3 Los geht’s –Informationensammeln

Bevor Sie ein Projekt mit MigrantInnen ins Leben rufen, sollten Sie

sich über die Situation von MigrantInnen in Ihrem Land und be-

sonders in Ihrer Region informieren. Dies soll zum einen dazu bei-

tragen, dass Sie ein besseres Verständnis für MigrantInnen in Ihrer

Region haben und zum anderen, dass Sie die gesetzlichen Rahmen-

bedingungen für Integration, die von der Regierung auf nationaler

und regionaler Ebene aufgestellt wurden, besser verstehen.

Wie man Migranten praktisch da-bei unterstützen kann, sich aktiv in ihrer neuen Heimat einbringen zu könnenihrer neuen Heimat einbringen zu können

Page 31: Miteinander Ausgabe 9 (August 2014)

31Ausgabe 9 - Juli 2014

Toleranz und Vielfalt + Integration + Europa

Projektpartner zu fi nden. „Dabei war es uns aber von Anfang an wichtig, nicht ‚über‘ Migranten zu sprechen, sondern ‚mit‘ ihnen,“ so Wingerter. Daher waren von Anfang an Migranten an der Entwicklung des Leitfadens beteiligt: Varsha Shurpali aus Indien und Tse-ga Kifl ie aus Äthopien, die beide seit Jahren in Finnland leben und im interkulturellen Zentrum arbeiten, sowie die Ungarin Krisztina Lantos, die sich als Freiwillige im Verein GLL enga-gierte. Außerdem wurden viele Migranten nach ihren per-sönlichen Einschätzungen und Erfahrungen befragt, um ih-nen eine Stimme zu geben und nah an deren Lebenspraxis zu sein. Perdita Wingerter und Johanna Niederhofer, Ehrenamt-liche von GLL, Gabriele Einsiedler, Projektkoordinatorin bei bfi Oberösterreich sowie Maarit Rönkönharju, Leiterin des interkulturellen Zentrums in Kuopio, hingegen brachten ihre praktischen Erfahrungen in der Projektarbeit mit Migranten ein.

Harmonische ZusammenarbeitDie Zusammenarbeit der Partner gestaltete sich sehr harmo-nisch. „Manchmal denke ich, wir hätten noch einen Partner aus Südeuropa gebraucht: wir arbeiteten alle so effi zient und hielten uns an unsere Arbeits- und Zeitpläne. Vielleicht fehlte uns noch ein wenig Chaos und Aufregung“, bemerkte Maarit Rönkönharju lachend. Ihre Kollegin Gabriele Einsiedler, die viel in europäischen Projekten arbeitet, war hingegen sehr froh über diese konstruktive Zusammenarbeit. „Ich habe wirklich sehr gerne in dem Projekt mitgearbeitet. Besonders beeindruckt hat mich, mit wie viel ehrenamtlichen Enga-gement und mit wie vielen geringen Mitteln meine Partner ihre vielen Projekte stemmen. Das war sehr beeindruckend.“ Und Perdita Wingerter hat viele neue Inspirationen von ihren Partnern mitbekommen: „Meine mittelfristige Vision ist es, auch ein vergleichbares interkulturelles Zentrum wie unsere fi nnischen Kollegen in Passau zu haben, nämlich einen Ort, der viele Freiräume für ehrenamtliches Engagement von Mi-granten und Einheimischen lässt und unkomplizierte Begeg-nung ermöglicht. Auch die Idee der Kulturlotsinnen aus Linz hat mich sehr beeindruckt, da es Besuchern schnell den Blick dafür eröff net, wie Migranten ihre neue Heimat sehen und erleben. Das könnte man ohne Probleme hier organisieren.“Und auf das Ergebnis, den Praxisleitfaden, sind alle Beteili-

gten stolz: „Wir alle hoff en, dass unsere Beiträge und Rat-schläge motivierend und hilfreich dabei sein werden, bürgerliches Engagement, Beteiligung und Empowerment von Mi-granten in ganz Europa zu fördern. Es ist unsere Vision, dass nicht nur Entschei-dungsträger, sondern auch ganz normale Menschen begreifen, dass in Migranten Potenzial steckt, sie voller Fähigkeiten sind und dass sie Stärken und Ressourcen besitzen, von denen ihr neues Heimatland auf allen Ebenen profi tieren kann, wenn Migranten in der Gesellschaft integriert sind und aktiv daran teilnehmen können.“ pw

Der Leitfaden ist kostenlos und kann online heruntergeladen werden: www.issuu.com/gemeinsam-in-europa/docs/guide_design_endversion

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10titel

_3_3 Los geht’s –Informationensammeln

Bevor Sie ein Projekt mit MigrantInnen ins Leben rufen, sollten Sie

sich über die Situation von MigrantInnen in Ihrem Land und be-

sonders in Ihrer Region informieren. Dies soll zum einen dazu bei-

tragen, dass Sie ein besseres Verständnis für MigrantInnen in Ihrer

Region haben und zum anderen, dass Sie die gesetzlichen Rahmen-

bedingungen für Integration, die von der Regierung auf nationaler

und regionaler Ebene aufgestellt wurden, besser verstehen.

gten stolz: „Wir alle hoff en, dass unsere Beiträge und Rat-schläge motivierend und hilfreich dabei sein werden, bürgerliches Engagement, Beteiligung und Empowerment von Mi-granten in ganz Europa zu fördern. Es ist unsere Vision, dass nicht nur Entschei-dungsträger, sondern auch ganz normale Menschen begreifen, dass in Migranten Potenzial steckt, sie voller Fähigkeiten sind und dass sie Stärken und Ressourcen besitzen, von denen ihr neues Heimatland auf allen Ebenen profi tieren kann, wenn Migranten in der Gesellschaft integriert sind und aktiv daran teilnehmen können.“ pw

Der Leitfaden ist kostenlos und kann online heruntergeladen werden: www.issuu.com/gemeinsam-in-europa/docs/guide_design_endversion

GUIDE

em:PowerEngaged Migrants: PathwaysOvercoming Worries, Exclusion & Racism

Wie sollen die Migranten Empowerment erfahren und wie sollen sie aktiv in

unserer Gesellschaft involviert werden?

Ein praxisorientierter Leitfaden.

Die Teilnehmer des Arbeits-treff ens in Linz (AT)

Führung durch dieProduktionsschule

Gemeinsam kochen als positives Beispiel fürEmpowerment

Page 32: Miteinander Ausgabe 9 (August 2014)

Mit einem begeisternden Auftritt von G-Schü-lern vor den Besuchern des ausverkauften Scharfrichterkinos endete das inklusive Film-festival „Überall dabei“. Und als dann noch Ju-dith, eine junge Schülerin mit Downsyndrom, enthusiastisch zu der Musik ihrer Mitschüler tanzte, war die Stimmung auf dem Höhepunkt. Anschließend wurde weitergefeiert und disku-tiert. Markus Schedina, ein junger Musiker mit Downsydrom, bezauberte die Zuhörer mit sei-ner Musik auf dem Keybord. Bereits zum vierten Mal organisierte der Ver-ein „Gemeinsam leben und lernen in Europa“ (GLL) zusammen mit den Kinobetreibern Ves-

Miteinander. Das Magazin von Gemeinsam leben und lernen in Europa e.V.3�

Ehrenamt + Toleranz und Vielfalt + Integration + Chancengleichheit

Magische Momente des MiteinandersFilmfestival „Überall dabei“

Rachels Weg. Aus dem Leben einer Sexarbeiterin Deaf Jam

Zwillingsbrüder.53 Szenen einer Kindheit

Gezeigte Filme

per das bundesweite Filmfestival der „Aktion Mensch“ in Passau. Insgesamt waren sechs ausgewählte Spiel- und Dokumentarfi lme zur Inklusion von Menschen mit Behinderungen zu sehen gewesen. Die sechs Filme von „überall dabei“ machen Menschen mit Behinderungen selbst zum Thema: Wie kommunizieren sie, wie nehmen sie die Welt wahr, wie überwin-den sie die oftmals gleichen Hürden mit un-terschiedlichen Fähigkeiten? Aber die Filme stellen auch die Frage: Wie entwickeln wir uns weiter, wie verändern wir uns und unsere Ge-sellschaft? Und zu solchen Diskussionen kam es immer nach den Filmen. Der Verein GLL hat-te zu jedem Film Organisationen als Filmpaten gewinnen können, die sich für Menschen mit Behinderungen einsetzen und die bei jedem Film anschließend als Diskussionspartner zur Verfügung standen und berichteten, wie es Betroff enen hier vor Ort geht und welche Be-einträchtigungen sie erleben.

Bei der Pressekonferenz im Vorfeld des Fe-stivals waren Vertreter aller Filmpartnerorgani-sationen und die Veranstalter von „Gemeinsam leben und lernen in Europa e.V.“ mit dabei

Das bundesweite Filmfestival der „Ak-

tion Mensch“ zum Thema Inklusion

organisiert GLL für Passau

Fleißig getrommelt wurde bei der Eröff nung: Das inklusive „Passauer Trash Orchester“ unter der Leitung von Stefan Spatz präsentierte sein Können

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Page 33: Miteinander Ausgabe 9 (August 2014)

33Ausgabe 9 - Juli 2014

Ehrenamt + Toleranz und Vielfalt + Integration + Chancengleichheit

Absolut barrierefreiZugleich wollte das Filmfestival Barrieren für Behinderte abbauen: Durch die weitgehend barrierefreie Organisation konnten auch blin-de und gehörlose Menschen per Audiode-skription und Untertitel die Filme genießen. Die jeweils anschließenden Diskussionen wur-den zusätzlich von der Gebärdensprachdol-metscherin Sabine Schwarzberg und einem

Schriftdolmetscher synchron übersetzt. Und für Rollstuhlfahrer stellte die Lebenshilfe ihre Auff ahrrampen zur Verfügung. So konnten auch Blinde, Taubstumme, Rollstuhlfahrer etc. am Filmfestival teilnehmen und sich aktiv an den Diskussionen beteiligen. „Wir haben ma-gische Momente in diesem Filmfestival erlebt: Gebärdende, Blinde, Schwerhörige und Nicht-Behinderte diskutierten intensiv miteinander – seltene Momente, wo ein Miteinander mög-lich wurde“, erklärt Perdita Wingerter, Leite-rin des Filmfestivals. „Es war eine ganz neue Erfahrung für mich so viele unterschiedliche Möglichkeiten der Kommunikation gleichzei-tig zu erleben. Das hat mich sehr beeindruckt,“ resümiert Mitorganisatorin Katharina Grimbs vom Verein GLL. Sie hat auch die begleitende Fotoausstellung „Überall dabei“, die behin-derte Menschen aus unserer Region im Forum des Cineplex-Forums zeigte, organisiert. Diese gesamte Ausstellung „Überall dabei“ war bei der nun abschließenden Finissage mit einem interkulturellem Adventskonzert der Linzer

BlindDie Kunst sich die Schuhe zu binden

Kappelle Franck in der Alten Apotheke zu se-hen.

Inklusion miterlebenInsgesamt war das Filmfestival eine Gelegen-heit Inklusion nicht nur theoretisch zu thema-tisieren, sondern Inklusion unmittelbar und praktisch mitzuerleben. „Dies passiert leider viel zu selten und ich wünsche mir viel mehr Veranstaltungen dieser Art in unserer Region, damit mehr Menschen daran teilnehmen können!“ erklärte Konrad Lorenz, 1. Vorsitzender des Gehörlosenvereins „Dreifl üsse“ Passau, der als Schirmherr des Filmfestivals an jedem Spieltag mit Begeiste-rung dabei war.Auch die 8 Filmpaten, Organisationen und Ver-eine aus der Region und Österreich, zeigten sich sehr zufrieden mit dem gelungenen Fe-stival. „Wir sind natürlich auch gerne beim nächsten Filmfestival wieder dabei“, kündigte Sissi Geyer, 2. Vorsitzende der Lebenshilfe an. „Es war ein schönes Gefühl, auch mal von un-serer Arbeit und unseren Angeboten sprechen zu können und wahrhaftes Interesse daran zu verspüren“, betonte Josef Wenk, Leiter der Passauer Donauhof-Werkstätten. „In Nieder-bayern gibt es nichts Vergleichbares. Wir kön-nen wirklich auch stolz sein, dass es so eine Veranstaltung bei uns gibt,“ betonte Gottfrie-da Kues, Fachbereichsleiterin für Wohnen und Tagesstätten im Caritasverband Passau. red

Gelebte Inklusion: Audiodeskriptionen für seh-behinderte Menschen, Untertitel für hörbehin-derte Menschen und Gebärdensprachdolmet-schern für Gehörlose

Auch viele Gelegenheiten zur Diskussion über Inklusion bot das Fimfestival

„Überall dabei“ ist das fünfte bundesweite Filmfestival der „Aktion Mensch“. Es zeigt in 40 Städten sechs ausgewählte Spiel- und Dokumentarfi lme zur Inklusion von Menschen mit Behinderung. „Das Film-festival ermöglicht uns, für das Thema Inklusion zu sen-sibilisieren, aufzuzeigen, wer hier vor Ort in dem Bereich aktiv ist und Unterstützung anbietet und eine Diskussion zur praktischen Umsetzung von Inklusion anzuregen“, erklärt die Geschäftsführerin Perdita Wingerter, die zusam-men mit Katharina Grimbs und einigen Ehrenamtlichen das Filmfestival organisiert.

Die sechs Filme von „Überall dabei“ machen Menschen mit Behinderungen selbst zum Thema: Wie kommunizieren sie, wie nehmen sie die Welt wahr, wie überwinden sie die oftmals gleichen Hür-den mit unterschiedlichen Fähigkeiten? Aber die Filme stellen auch die Frage: Wie entwickeln wir uns weiter, wie verändern wir uns und unsere Gesellschaft? Das Filmfestival will die Besucher anregen, über eine lebenswerte, gerechte, men-schenwürdige und inklusive Gesellschaft zu diskutieren.

Mensch 2.0

Page 34: Miteinander Ausgabe 9 (August 2014)

Warum nicht Teambuilding mit einer guten Sache verbin-den? Die kanadische Investmentfirma IG Investors Group hat-te für über 100 Mitarbeiter eine Flusskreuzfahrt von Vilshofen nach Budapest gebucht und nutzte den Aufenthalt auf dem Boot für verschiedene Gruppenbildungsprozesse – aber auch

für eine gute Tat. Mit Unterstützung der amerika-nischen Firma impact4good wurde für die Mitarbeiter eine philanthropische Veranstaltung mit dem Namen „Tri-vial Pursuit – School Supply Edition“ organisiert: die Mitarbeiter packten Schulmaterialien in 180 Schulranzen, die dann bedürftigen Kindern in Pas-sau und Umgebung zu Gute kommen sollten.

Von Kanada über Nairobi zu GLLUnd um dies realisieren zu können, suchte Alan Ranzer, Chef von im-pact4good einen lokalen Ansprech-partner. Sein deutscher, ehemaliger Studienkollege Holger Wagner, der mittlerweile in Nairobi für Oxfam als Landesdirektor für den Südsudan arbeitet, half ihm bei der Suche. Bei seinen Recherchen stieß er auf das „Tatennetz“, eine Passauer Ehren-

amtsbörse im Internet, die der Verein „Gemeinsam leben & ler-nen in Europa“ betreibt. Er kontaktierte die Geschäftsführerin Perdita Wingerter, die sofort zusagte, die Koordination der Ver-teilung der Schulranzen durch den Verein zu übernehmen. Zu-sammen mit der Caritas, der Diakonie, dem Kinderschutzbund aus Passau und Vilshofen sowie der pro familia Passau wird der

Verein sicherstellen, dass die Schulranzen an bedürftige Kinder verschenkt werden. Eva Hörtner, eine Ehrenamtliche des Ver-eins, übernahm die praktische Organisation vor Ort.Am Donnerstag besuchten dann die Vertreter der verschie-denen Organisationen die kanadische Firma auf dem Schiff, das in Passau ankerte. Auch Kinder waren mitgekommen: die kleine Moischell aus Afghanistan und Jetina, Eblina und Pleron aus dem Kosovo. Die Mitarbeiter von IG Investors Group hatten schon am frühen Nachmittag Taschenrechner, Blöcke, Stifte, Spitzer, Lineal, Tacker, Farbstifte, Textmarker und Notizblöcke in jeden Schulranzen gepackt. Und Alan Ranzer hatte für alle eine Überraschung vorbereitet: zusammen mit Mitarbeitern von IG Investors Group bastelten die Vertreter aus Passau und die Kinder dann noch Schultüten, die reichlich mit Spielzeug und Süßigkeiten gefüllt wurden. Diese deutsche Tradition der Schultüten kannten weder die Kanadier noch die anwesenden Kinder. Die bunten, voll gepackten Schultüten werden nun in Passau an Flüchtlingskinder verteilt. Murray Taylor, Präsident und Geschäftsführer von IG Investors Group, bedankte sich am Schluss bei den Anwesenden: „Ihre Arbeit hier vor Ort ist wirklich beeindruckend. Ich hoffe, wir konnten Sie mit unserer Aktion ein klein wenig unterstützen. Es ist schließlich wichtig, dass wir uns auch als Firma für eine gute Sache einsetzen.“ red/pw

Teambuilding für eine gute SacheKanadische Investmentfirma spendet Schulranzen

180 Schulranzen spen-dete die IG Investors Group an bedürftige

Kinder in Passau und Umgebung

Miteinander. Das Magazin von Gemeinsam leben und lernen in Europa e.V.34

Integration

Page 35: Miteinander Ausgabe 9 (August 2014)

EuropaEine Vorstellung unserer europäischen ProjekteVoluMe undReference, ein Rückblick auf dasEuropäische Jahr der Bürgerinnen und Bürger, das 2013 stattfand, und eineEuropaveranstaltung im Passauer Rathaussaal.

Miteinander der GenerationenDie ProjekteSMILE zum generationenübergreifenden Lernen undWords connecting generations, das sich mit der mündlichen Verbreitung von persönlichen Geschichten und Geschichte, ebenfalls in generationenübergreifender Zusammenarbeit, beschäftigt.

GenderDer diesjährige Boys‘ Day im Fokus von Miteinander, mit besonderem Blick auf die erstmals stattgefundene Haushaltsrallye, sowie dieKulturabende, eine neue Veranstaltungsreihe des Internationalen Frauentreffs.

#10In der nächsten Ausgabe lesen Sie:

3�Ausgabe 9 - Juli 2014

Integration

Das Team von GLL beim ge-meinsamen Betriebsausflug

an die Schlögener Schlinge

Als Organisation, die sich der Gleichberechtigung von Mann und Frau verschrieben hat, versuchen wir, wann immer es uns möglich ist, sowohl die weibliche als auch die männliche Geschlechtsform zu verwenden. Aufgrund der besseren Lesbar-keit und zur Vermeidung von Redundanzen verzichten wir allerdings gelegentlich darauf. Die dann verwendete männliche Form ist geschlechtsneutral und wertfrei zu verstehen und bezieht selbstverständlich die weibliche Form mit ein.

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Page 36: Miteinander Ausgabe 9 (August 2014)

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V Gemeinsam leben und lernen in Europa e.V.Leopoldstr. 9 - 94032 Passau

Tel. 0049 (0)851 2132740 - Fax 0049 (0)851 [email protected]

www.gemeinsam-in-europa.de

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