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Skript zur Vorlesung Partielle Differentialgleichungen, klassische Methoden Christian Meyer basierend auf der Vorlesung Theorie partieller Differentialgleichungen“ von Prof. F. Tr¨ oltzsch, TU Berlin

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  • Skript zur Vorlesung

    Partielle Differentialgleichungen,

    klassische Methoden

    Christian Meyer

    basierend auf der Vorlesung

    ”Theorie partieller Differentialgleichungen“

    von Prof. F. Tröltzsch, TU Berlin

  • Material für: ca. 12 Vorlesungen à 90 Minuten

    Fehler und Kommentare bitte an: [email protected]

    Stand: 24. Juni 2011

  • Inhaltsverzeichnis

    Kapitel 1. Einführung und Motivation 5

    1 Notation 6

    Kapitel 2. Mathematische Modellierung 9

    1 Die Kontinuitätsgleichung 10

    2 Die Impulsbilanz 12

    3 Die Energiebilanz 15

    4 Die Wärmeleitgleichung und Laplace-Gleichung 17

    5 Die Wellengleichung 18

    6 Rand- und Anfangsbedingungen 20

    Kapitel 3. Grundbegriffe und Klassifikation 23

    Kapitel 4. Elliptische Differentialgleichungen – die Laplace-Gleichung 29

    1 Trennung der Variablen – die Fourier-Methode 30

    2 Fundamentallösung 38

    3 Die Greensche Funktion 47

    4 Maximumprinzip 53

    Kapitel 5. Parabolische Differentialgleichungen – die Wärmeleitgleichung 61

    1 Fundamentallösung 62

    2 Maximumprinzip und Eindeutigkeit 66

    Kapitel 6. Hyperbolische Differentialgleichungen – die Wellengleichung 71

    1 Die eindimensionale Wellengleichung – die d’Alembertsche Formel 71

    2 Die Wellengleichung in R3 – die Kirchhoffsche Formel 74

    Anhang A. Grundlagen für die Separationsmethode 79

    1 Fourier-Reihen 79

    2 Sturm-Liouvillesche Eigenwertprobleme 85

    Anhang. Literaturverzeichnis 89

    Anhang. Index 91

    3

  • KAPITEL 1

    Einführung und Motivation

    Inhalt

    1 Notation 6

    Partielle Differentialgleichungen (in diesem Skript mit PDGl’en abgekürzt) spie-len in zahlreichen physikalisch-technischen Anwendungen eine herausragende Rolle.Prominente Beispiele sind

    • die Navier-Stokes-Gleichungen in der Strömungsmechanik• die Maxwell-Gleichungen des Elektromagnetismus• die Schrödiner-Gleichung in der Quantenphysik.

    Aber auch in anderen Bereichen spielen PDGl’en eine wichtige Rolle wie beispiels-weise in der Chemie oder den Sozial- und Wirtschaftswissenschaften.

    Physikalische Größen hängen i.d.R. von mehreren unabhängigen Variablen ab, wiebeispielsweise der Zeit und den drei Raumrichtungen. PDGl’en setzen zeitliche undräumliche Ableitungen von Funktionen miteinander in Beziehung. Dieses Vorgehenerlaubt es zahlreiche Prozesse zu realitätsnah modellieren. Ein klassisches Beispiel istdie Wärmeleitgleichung , bei der die zeitliche Entwicklung der Temperaturverteilungin einem Körper mit dem räumlichen Temperaturgradienten in Relation gebrachtwird. der physikalische hintergrund ist anschaulich klar: je gößer die Temperaturun-terschiede in einem Körper sind, desto schneller wird sich die Temperatur an einemgegebenen Punkt des Körpers ändern.

    Es ist leider kaum möglich, eine einheitliche mathematische Theorie der PDGl’enzu formulieren, da die verschiedenen Typen von PDGl’en auf unterschiedliche Weisebehandelt werden müssen. Man unterscheidet im Wesentlichen drei Arten:

    • elliptische PDGl’en• parabolische PDGl’en• hyperbolische PDGl’en.

    Wir werden uns im Laufe der Vorlesung mit jeweils einem grundlegenden linearenBeispiel für die einzelnen Typen von PDGl’en befassen. Die mathematische Be-handlung der verschiedenen Typen unterscheidet sich nicht nur hinsichtliche derAnalysis und damit verbundenen Fragestellungen wie Existenz und Eindeutigkeiteiner Lösung, sondern auch bezüglich der Lösungsansätze und -methoden. Bei denMethoden zur Lösung einer PDGl handelt es sich im Wesentlichen um numerischeNäherungsverfahren, da PDGl’en i.A. nicht

    ”per Hand“ lösbar sind. Wir werden al-

    lerdings einige Spezialfälle kennenlernen, in denen es dennoch möglich ist, Lösungenanalytisch zu bestimmen. Hinsichtlich der numerischen Lösungsverfahren sei bei-spielsweise auf die Vorlesung

    ”Numerik parabolischer Differentialgleichungen“ ver-

    wiesen.

    5

  • 6 1. EINFÜHRUNG UND MOTIVATION

    Auch für jeweils einen der drei Typen von PDGl’en gibt es keine einheitliche Theo-rie, sondern verschiedene Zugänge. Beispielsweise können elliptische Gleichungen mitHilfe der so genannten klassischen Theorie behandelt werden, aber auch mittels derschwachen Lösungstheorie oder als Operatorgleichung im Banachraum1 betrachtetwerden. Die einzelnen Zugänge basieren auf völlig unterschiedlichen mathematischenGrundlagen. Wir werden uns im Rahmen dieser Vorlesung vor allem mit dem klassi-schen Zugang befassen, die schwache Theorie – wenn es die Zeit erlaubt – allerdingsam Ende der Vorlesung ebenfalls kurz ansprechen, da sie für wichtige numerischeVerfahren wie beispielsweise die Finite Elemente Methode unerlässlich ist.

    Das vorliegende Skript und damit die gesamte Vorlesung basiert in weiten Teilen aufden Vorlesungen

    ”Theorie partieller Differentialgleichungen“ von Prof. F. Tröltzsch

    (TU Berlin) und”Elementare partielle Differentialgleichungen“ von Prof. R. Farwig

    (TU Darmstadt). Ihnen gebührt mein Dank für die Bereitstellung des jeweiligenVorlesungsmaterials.

    § 1 Notation

    Bevor wir mit der eigentlichen Vorlesung beginnen, wird eine kurze Einführung indie verwendete Notation gegeben. Hängt eine Funktion von mehreren Veränderlichenab, wie beispielsweise f(x, t), dann bezeichnen wir die partiellen Ableitungen mit

    ∂f

    ∂x,

    ∂f

    ∂t.

    Hängt die Funktion von nur einer Variablen ab, beispielsweise f(t), so schreiben wird fd t

    . Der Gradient einer Funktion f : Rn → R, f : x 7→ f(x), ist der durch

    ∇f(x) =

    ∂f∂x1...∂f∂xn

    definierte Zeilenvektor. Die Jacobi-Matrix einer Funktion f : Rn → Rm ist definiertdurch

    f ′(x) =

    ∂f1∂x1

    ∂f1∂x2

    . . . ∂f1∂xn

    ∂f2∂x1

    ∂f2∂x2

    . . . ∂f2∂xn

    ......

    ......

    ∂fm∂x1

    ∂fm∂x2

    . . . ∂fm∂xn

    Wir bezeichnen offene, einfach zusammenhängende Teilmengen des Rn als Gebiet .Ist Ω ⊂ Rn ein beschränktes Gebiet, dann wird mit C(Ω) die Menge der stetigenFunktionen auf Ω bezeichnet. Die Menge der auf Ω k-mal stetig diffbaren Funktionenheißt Ck(Ω). Die Menge der bis zum Rand von Ω stetigen Funktionen bezeichnenwir mit C(Ω̄). Mit der Supremumsnorm

    ‖u‖∞ := ‖u‖C(Ω̄) = supx∈Ω̄|u(x)| (1.1)

    wird die Menge zu einem Banachraum, s. z.B. [Alt, 2006, Abschnitt 1.2]. Entspre-chend wird Ck(Ω̄) mit der Norm

    ‖u‖Ck(Ω̄) =∑|α|≤k

    supx∈Ω̄|Dαu(x)|

    1– was im gewissen Sinne äquivalent zur schwachen Theorie ist –

  • 1. NOTATION 7

    zu einem Banach-Raum. Hierbei ist α ein Multiindex, deren genaue Definition wirin Kapitel 3 noch kennenlernen werden.

    Sei x ∈ Rn gegeben. Die euklidische Norm von x bezeichnen wir mit

    |x| :=

    (n∑i=1

    x2i

    )1/2Die offene Kugel im euklidischen Raum mit Radius r um den Punkt x0 wird mit

    B(x; r) := {x ∈ Rn : |x− x0| < r}bezeichnet. Ihre Oberfläche wird mit S(x; r) = ∂B(x; r) bezeichnet. Ist A ⊂ Rn eine(Lebesgue-)messbare Menge, dann bezeichnen wir mit |A| =

    ∫Adx das (Lebesgue-

    )Maß der Menge A.

    Sei Ω ⊂ Rn ein Gebiet und {fn}, n ∈ N, fn : Ω → R, eine Folge von Funktionen,die gleichmäßig auf Ω gegen eine Funktion f konvergiert. Dann schreiben wir

    fn(x) ⇒ f(x) in Ω ⇔ supx∈Ω|fn(x)− f(x)| → 0

    für n→∞.

  • KAPITEL 2

    Mathematische Modellierung

    Inhalt

    1 Die Kontinuitätsgleichung 10

    2 Die Impulsbilanz 12

    3 Die Energiebilanz 15

    4 Die Wärmeleitgleichung und Laplace-Gleichung 17

    5 Die Wellengleichung 18

    6 Rand- und Anfangsbedingungen 20

    Wir beschränken uns in diesem Kapitel auf die Grundgleichungen der Kontinuums-physik in Eulerschen Koordinaten zur Beschreibung der Bewegung eines Fluids unterinneren und äußeren Kräften. Genauer gesagt betrachten wir die

    • Massenerhaltungsgleichung oder Kontinuitätsgleichung• Impluserhaltungsgleichung oder Impulsbilanz• Energieerhaltungsgleichung oder Energiebilanz .

    Im Rahmen dieser Vorlseung können wir die Herleitung dieser Gleichungen nur sehrgrob skizieren; eine wesentlich detaillierte Herleitung dieser Gleichungen lässt sichbeispielsweise in Spurk [1996] finden. Natürlich umfasst die mathematische Model-lierung weitaus mehr Gebiete als nur die Grundgleichungen der Kontinuumsphysikin dieser Form. Allerdings ist die Herleitung dieser PDGl’en als durchaus repräsen-tativ anzusehen. Darüber hinaus befassen wir uns in diesem Abschnitt mit wichtigenVereinfachungen dieser Grundgleichungen für bestimmte physikalische Spezialfälle.Diese Vereinfachungen weisen ebenfalls typische Aspekte der mathematischen Mo-dellierung auf und führen zudem auf drei spezielle PDGl’en, mit denen wir uns imLaufe der Vorlesung aus mathematischer Sicht näher befassen werden:

    • Schwingungs- und Wellengleichung• Laplace-Gleichung• Wärmeleitgleichung

    Abschließemd sei darauf hingewiesen, dass alle Umformungen und Berechnungenin diesem Kapitel rein formal sind und keineswegs mathematisch rigoros betrach-tet werden sollen, d.h. insbesondere, dass wir uns in diesem Kapitel nicht um dieRegularität der betrachteten Funktionen kümmern.

    9

  • 10 2. MATHEMATISCHE MODELLIERUNG

    § 1 Die Kontinuitätsgleichung

    Gegeben sei die Strömung eines Fluids, wie z.B. Wasser oder Luft. Wir betrachteneine feste Menge an Fluidteilchen, die wir im Folgenden als Teilchenpaket bezeich-nen. Da sich das Teilchenpaket in der Strömung bewegt, hängt auch das von ihmbedeckte Volumen von der Zeit ab. Wir wollen dieses mit dem Teilchenpaket mitbe-wegte Volumen als V (t) bezeichnen. Das Axiom der Massenerhaltung sagt aus, dassMasse weder verschwinden noch entstehen kann. Das bedeutet, dass sich die Massedes Teilchenpakets zeitlich nicht ändert. Es gilt also

    M =

    ∫V (t)

    ρ(x, t) dx = konst. ⇔ ddt

    ∫V (t)

    ρ(x, t) dx = 0, (1.1)

    wobei ρ(x, t) die Dichteverteilung des Fluids ist. Die weitere Umformung dieserGleichung ist nicht-trivial, da das vom Teilchenpaket bedeckte Volumen V (t) vonder Zeit abhängt und man deshalb nicht einfach Differentiation und Integration in(1.1) vertauschen kann. Abhilfe schafft hier das Reynoldssche Transporttheorem, daseine Überführung des obigen Ausdrucks in ein ortsfestes Volumen ermöglicht. Wirwollen das Reynoldssche Transporttheorem hier nur kurz motivieren. Eine rigoroseHerleitung basiert auf einer Integraltransformation in materielle Koordinaten undist in [Spurk, 1996, Abschnitt 1.2.3] zu finden. Sei V das (ortsfeste) Volumen, dasdas betrachtete Teilchenpaket zum Zeitpunkt t einnimmt. Da sich das Teilchenpaketin der Strömung bewegt, ist klar, dass es dieses Volumen i.d.R. sofort wieder verlässtund neue Fluidteilchen über die Oberfläche von V in das Volumen eintreten. Deshalbist die Änderung der Masse des Teilchenpakets nicht allein durch die Dichteänderungin V gegeben, sondern der Massenstrom über die Oberfläche von V muss ebenfallsberücksichtigt werden. Für den Fall der Massenerhaltung lautet das ReynoldsscheTransporttheorem daher wie folgt:

    d

    dt

    ∫V (t)

    ρ(x, t) dx =

    ∫V

    ∂ρ

    ∂tdx+

    ∫∂V

    ρ ~u · ~n dA, (1.2)

    wobei ~u die Geschwindigkeit des Fluids, ∂V die Oberfläche von V , dA das zugehörigeOberflächenelement und ~n die äußere Normale auf ∂V bezeichnen. Das Oberflächen-intgral modelliert in der Tat den Zu- bzw. Abfluss in V , da ~u · ~n dA = ~u · d ~A denVolumenstrom aus V heraus darstellt, und ρ ~u·~n dA deshalb den Massenstrom durchdie Oberfläche ∂V von V modelliert, vgl. Abb 1.1.

    Abbildung 1.1. Massenstrom durch ein Testvolumen

  • 2. DIE KONTINUITÄTSGLEICHUNG 11

    Das Reynoldssche Transporttheorem gilt allerdings nicht nur für die Dichte ρ, son-dern allgemein für Volumen bezogene Fluideigenschaften, wie beispielsweise auchdie Energiedichte:

    Satz 1.1 (Reynoldssches Transporttheorem)Die Funktion ϕ(x, t) beschreibe eine auf das Volumen bezogene Fluideigenschaft.Des Weiteren bezeichne V (t) das mit einem beliebigen Teilchenpaket mitbewegteVolumen, während V das Volumen ist, das zu einem festen Zeitpunkt t > 0 vondiesem Teilchenpaket eingenommen wird. Dann gilt

    d

    dt

    ∫V (t)

    ϕ(x, t) dx =

    ∫V

    ∂ϕ

    ∂tdx+

    ∫∂V

    ϕ~u · ~n dA,

    wobei ~u die Geschwindigkeit des Fluids ist und ~n die äußere Normale auf V bezeich-net. �

    Mit Hilfe des Reynolds’schen Transporttheorems kann man nun die Kontinuitäts-gleichung herleiten. Dazu setzen wir (1.2) in (1.1) ein und erhalten∫

    V

    ∂ρ

    ∂tdx+

    ∫∂V

    ρ ~u · ~n dA = 0. (1.3)

    Diese Gleichung bedeutet anschaulich, dass Zu- und Abfluß in bzw. aus dem VolumenV und die Dichteänderung in V gerade im Gleichgewicht sind. Dieses entsprichtauch unserer täglichen Erfahrung, was sehr deutlich im Fall von inkompressiblenStrömungen wird, d.h. bei Strömungen von Fluiden deren Dichte konstant ist, wiez.B. Wasser. Dann vereinfacht sich (1.3) zu∫

    ∂V

    ρ ~u · ~n dA = 0,

    was nichts anderes bedeutet, als dass alles, was in V hineinströmt, auch wiederhinausströmen muss, was sehr anschaulich bei einer einfachen Rohrströmung klarwird (vgl. Übung).

    Um die Kontinuitätsgleichung in differenzieller Form herzuleiten, betrachten wirwieder (1.3) und wenden den Integralsatz von Gauß auf das Oberflächenintegral an:

    Satz 1.2 (Integralsatz von Gauß)

    Sei Ω ⊂ Rn ein Gebiet mit hinreichend glattem Rand und ~φ : Ω → Rn eine stetigdifferenzierbare Funktion.1 Dann gilt∫

    div ~φ dx =

    ∫∂Ω

    ~φ · ~n dA,

    wobei div die Divergenz bezeichnet, die durch

    div ~φ :=n∑i=1

    ∂φi∂xi

    definiert ist. �

    1Diese Voraussetzung an ~φ kann man stark abschwächen, s. beispielsweise [Evans, 1998, ...].Dort lassen sich auch die genauen Voraussetzungen an das Gebiet nachlesen.

  • 12 2. MATHEMATISCHE MODELLIERUNG

    Angewandt auf (1.3) ergibt sich damit∫V

    (∂ρ∂t

    + div (ρ~u))dx. (1.4)

    In den obigen Überlegungen war das Teilchenpaket und damit das Testvolumen Vbeliebig. Deshalb gilt (1.4) für jedes beliebige Volumen V , was nur erfüllt sein kann,wenn der Integrand verschwindet, d.h. wenn gilt

    ∂ρ

    ∂t+ div (ρ~u) = 0. (1.5)

    Diese PDGl wird auch als Massenerhaltungs- oder Kontinuitätsgleichung bezeichnet,da sie sich aus dem Prinzip der Massenerhaltung ableitet, wie wir gesehen haben.

    § 2 Die Impulsbilanz

    Der Impuls eines starren Festkörpers ist bekanntermaßen durch das Produkt ausdessen Masse und Geschwindigkeit gegeben. Analog dazu ist der Impuls eines Teil-chenpakets in einer Strömung gegeben durch

    ~I =

    ∫V (t)

    ρ(x, t) ~u(x, t) dx (2.1)

    gegeben, wobei V (t) wieder das mit dem Teilchenpaket mitbewegte Volumen be-zeichnet.2 Nach dem ersten Newtonschen Axiom ist die Änderung des Impulseseines Körpers – in unserem Fall des Teilchenpakets – gleich der auf diesen Körperwirkenden Kraft ~F :

    d

    dt~I = ~F . (2.2)

    Aus dem Reynolds’schen Transporttheorem und dem Satz von Gauß folgt für dielinke Seite mit i = 1, 2, 3

    d

    dtIi =

    d

    dt

    ∫V (t)

    ρ ui dx

    =

    ∫V

    ∂t(ρ ui) dx+

    ∫∂V

    ρ ui ~u · ~n dA

    =

    ∫V

    [ ∂∂t

    (ρ ui) + div (ρ ui ~u)]dx

    =

    ∫V

    [ρ∂ui∂t

    + ui∂ρ

    ∂t+ ui

    ∑j

    ∂ρ uj∂xj

    + ρ∑j

    uj∂ui∂xj

    ]dx

    =

    ∫V

    [ui

    ( ∂ρ∂t

    +∑j

    ∂ρ uj∂xj︸ ︷︷ ︸

    =0

    )+ ρ(∂ui∂t

    +∑j

    uj∂ui∂xj

    )]dx

    =

    ∫V

    ρ(∂ui∂t

    + ~u · ∇ui)dx,

    (2.3)

    wobei wir die Kontinuitätsgleichung (1.5) ausgenutzt haben.

    Die auf unser Teilchenpaket wirkende Kraft ~F setzt sich aus zwei Komponentenzusammen:

    2Das Integral in der Formel ist komponentenweise zu verstehen.

  • 2. DIE IMPULSBILANZ 13

    • Volumenkräften, die in jedem Punkt des betrachteten Volumens wirken, wiebeispielsweise die Erdanziehungskraft oder elektromagnetische Kraftfelderbei elektrisch leitenden Strömungen• Oberflächen- oder Kontaktkräften, die nur an der Oberfläche des Volumens

    wirken und durch die durch Reibung bedingte Wechselwirkung des Teil-chenpakets mit dem umgebenden Fluid entstehen.

    Im Fall der Volumenkräfte beschränken wir uns auf die Erdanziehungskraft. Wie beieinem starren Festkörper ist sie durch das Produkt aus Masse und Erdbeschleuni-gung gegeben, also

    ~FV =

    ∫V

    ρ~g dx, (2.4)

    wobei ~g die Erdbeschleunigung bezeichnet. Man beachte, dass wir hier nicht zwischenV und V (t) unterscheiden müssen, da das ortsfeste Volumen V ja gerade so gewähltwar, dass es zum Zeitpunkt t mit V (t) übereinstimmt, und das Integral in (2.4) imGegensatz zum Reynolds’schen Transporttheorem nicht nach der Zeit differenziertwird.

    Die Oberflächenkraft ergibt sich als Integral über den Spannungsvektor

    ~FA =

    ∫∂V

    ~t dA. (2.5)

    Der Spannungsvektor gibt an, welche Kraft pro Flächeneinheit das umgebende Fluidauf unser Teilchenpaket ausübt. Er lässt sich in drei Komponenten zerlegen, eine

    Abbildung 2.1. Der Spannungsvektor

    Druckspannung senkrecht zur Oberfläche und zwei Schubspannungen tangential da-zu (s. Abb. 2.1) und ergibt sich aus dem symmetrischen Spannungstensor 3 über

    ~t = τ · ~n =( 3∑j=1

    τijnj

    )3i=1, (2.6)

    wobei ~n wieder die äußere Normale auf ∂V bezeichnet.

    3Die Symmetrie von τ kann aus der Drehimpulserhaltung gefolgert werden, s. [Spurk, 1996,Abschnitt 2.4].

  • 14 2. MATHEMATISCHE MODELLIERUNG

    Insgesamt folgt damit aus (2.1)–(2.5), dass für i = 1, 2, 3 gilt∫V

    ρ(∂ui∂t

    + ~u · ∇ui)dx =

    ∫V

    ρ gi dx+

    ∫∂V

    ti dA

    =

    ∫V

    ρ gi dx+

    ∫∂V

    ∑j

    τij nj dA

    =

    ∫V

    ρ gi dx+

    ∫V

    ∑j

    ∂τij∂xj

    dx,

    wobei wir wieder den Satz von Gauß verwendet haben. Es gilt demnach∫V

    [ρ(∂ui∂t

    + ~u · ∇ui)− ρ gi −

    ∑j

    ∂τij∂xj

    ]dx = 0 für i = 1, 2, 3.

    Wie bei der Herleitung der Kontinuitätsgleichung war das betrachtete Teilchenpaketbeliebig, so dass die obige Gleichung für jedes Testvolumen V gelten muss, was nurerfüllt sein kann, wenn der Integrand verschwindet:

    ρ(∂ui∂t

    + ~u · ∇ui)

    = ρ gi +∑j

    ∂τij∂xj

    für i = 1, 2, 3

    oder in symbolischer Schreibweise:

    ρ(∂~u∂t

    + ~u · ∇~u)

    = ρ~g + div τ (2.7)

    Hierbei bezeichnet ∇~u die Transponierte der Jacobi-Matrix von ~u, und die einfacheÜberschiebung ~u · ∇~u ist definiert durch

    ~u · ∇~u :=(∑

    j

    ∂ui∂xj

    uj

    )i

    = (∇~u)T~u.

    Des Weiteren ist div τ := (∑

    j∂τij∂xj

    )i die tensorielle Divergenz. Die PDGl (2.7) heißt

    Impulsbilanz und stellt das erste Newtonsche Axiom im Fall strömender Fluide inEulerschen bwz. ortsfesten Koordinaten dar.

    Um mit der Kontinuitätsgleichungen ein geschlossenes Gleichungssystem für die Un-bekannten ρ und ~u zu erhalten, muss der Spannungstensor als Funktion dieser Unbe-kannten ausgedrückt werden. Dies geschieht mit Hilfe so genannter Materialgleichun-gen, also Gleichungen, die im Rahmen der Kontinuumsphysik nicht allgemein gültigsind, sondern nur für spezielle Materialien gelten und daher meistens auch nochexperimentell zu ermittelnde Materialparameter enthalten. Das weitaus wichtigsteMaterialgesetz zur Beschreibung des Spannungstensors in Fluiden ist das Cauchy-Poisson-Gesetz für Newtonsche Fluide:

    τij = −pδij + λ∑k

    ∂uk∂xk

    δij + η(∂ui∂xj

    +∂uj∂xi

    )für i, j = 1, 2, 3 (2.8)

    mit

    δij :=

    {1, i = j

    0, sonst.

    Des Weiteren bezeichnet die skalare Größe p den Druck im Fluid. Er ist eine weitereunbekannte Feldgröße des Fluids, für die ebenfalls ein Materialgesetz benötigt wird.

  • 2. DIE ENERGIEBILANZ 15

    Man erkennt an (2.8), dass der Druck die Wechselwirkungen zwischen Fluidteil-chen im hydrostatischen Fall, d.h., wenn ~u(x, t) ≡ 0, vollständig beschreibt. Danngilt τij = −p δij und für den Spannungsvektor gilt nach (2.6), dass ~t = −p~n, sodass die Oberflächenspannungen und -kräfte im Fluid senkrecht auf den Testvolu-mina stehen, vgl. Abb 2.1. Es handelt sich demnach um reine Druckkräfte und alleSchub- bzw. Scherkräfte entfallen im hydrostatischen Fall. Darüber hinaus sind λund η materialabhängige Zähigkeiten, die ihrerseits wieder Funktionen von Druckund Temperatur des Fluids sein können. Durch das Materialgesetz (2.8) wird einegroße Zahl technisch relevanter Fluide sehr gut beschrieben, wie beispielsweise Luft,Wasser oder auch Mineralöle. Es gibt allerdings auch Fluide deren Verhalten sichnicht durch (2.8) beschreiben lässt, wie z.B. Blut oder Zahnpasta.

    Wir nehmen nun an, dass λ und η konstant sind. Dann ergibt sich durch Umbenen-nung der Summationsindizes und Vertauschung der Differentiationsreihenfolge∑

    j

    ∂τij∂xj

    = − ∂p∂xi

    + λ(∑

    k

    ∂2uk∂xk∂xi

    )+ η(∑

    j

    ∂2ui∂x2j

    +∑j

    ∂2uj∂xi∂xj

    )= − ∂p

    ∂xi+ (λ+ η)

    ∂xi

    ∑j

    (∂uj∂xj

    )+ η

    ∑j

    ∂2ui∂x2j

    .

    Setzt man dies unter Benutzung des Vektor-Laplace ∆~u := (∑

    j∂2ui∂x2j

    )i in (2.7) ein,

    dann erhält man die Navier-Stokes-Gleichungen

    ρ(∂~u∂t

    + ~u · ∇~u)

    = ρ~g −∇p+ (λ+ η)∇(div ~u) + η∆~u (2.9a)

    ∂ρ

    ∂t+ div (ρ~u) = 0, (2.9b)

    wobei die zweite Gleichung gerade die Kontinuumsgleichung (1.5) ist. Um daraus eingeschlossenes Gleichungssystem zu erhalten, muss man noch ein Materialgesetz fürdie Beziehung zwischen Druck und Dichte angeben. Der einfachste Ansatz hierfürist der eines inkompressiblen Fluids, bei dem ρ(x, t) = konst. gilt. Dann folgt aus(2.9b), dass div ~u = 0, und die Navier-Stokes-Gleichungen vereinfachen sich zu

    ρ(∂~u∂t

    + ~u · ∇~u)− η∆~u+∇p = ρ~g (2.10a)

    div ~u = 0. (2.10b)

    § 3 Die Energiebilanz

    Die Energie eines strömenden Fluids setzt sich aus zwei Bestandteilen zusammen,der inneren Energie E und der kinetischen Energie K. Die innere Energie ist aufmolekulare Bewegung im Fluid zurückzuführen, was im Rahmen der Kontinuums-physik nicht explizit modelliert wird. Stattdessen führen wir eine innere Energie proMasseneinheit e als neue unbekannte Feldgröße ein, aus der sich die innere Energiedes betrachteten Teilchenpakets analog zu Masse und Impuls durch

    E =

    ∫V (t)

    e ρ dx

  • 16 2. MATHEMATISCHE MODELLIERUNG

    ergibt. Analog zum starren Festkörper ist die kinetische Energie des Teilchenpaketsdurch

    K =1

    2

    ∫V (t)

    ρ |~u|2 dx

    gegeben, wobei | . | die euklidische Norm im R3 bezeichnet.

    Nach dem Energieerhaltungssatz der klassischen Mechanik 4 ergibt sich die zeitli-che Änderung der Gesamtenergie eines Körpers durch die Leistung der am Körperangreifenden Kräfte plus der zugeführten Wärmeenergie, in Formeln:

    d

    dt(K + E) = P + Q̇, (3.1)

    wobei P die Leistung der angreifenden Kräfte und Q̇ die zugeführte Wärmemengebezeichnen. Die Leistung die eine Kraft auf einen Massepunkt ausübt ist durch dasProdukt aus den Beträgen dieser Kraft und der Geschwindigkeit in Richtung dieserKraft gegeben. Für unser Teilchenpaket folgt daher mit Hilfe des Satzes von Gauß:

    P =

    ∫V

    ρ∑i

    ui gi dx+

    ∫∂V

    ∑i

    ui ti dA

    =

    ∫V

    ρ∑i

    ui gi dx+

    ∫∂V

    ∑i

    ui∑j

    τij nj dA

    =

    ∫V

    ρ∑i

    ui gi dx+

    ∫V

    ∑ij

    ∂ui τij∂xj

    dA

    =

    ∫V

    (ρ ~u · ~g + div (~u · τ)

    )dx.

    (3.2)

    Die zugeführte Wärmemenge wiederum ergibt sich aus dem Wärmestrom ~q in dasVolumen V hinein, das das Teilchenpaket zum Zeitpunkt t einnimmt:5

    Q̇ = −∫∂V

    ~q · ~n dA = −∫V

    div ~q dx. (3.3)

    Da die im Teilchenpaket gespeicherte Energie zunimmt, falls der Wärmestrom indas Volumen V hinein und damit entgegen der äußeren Normalen ~n gerichtet ist,geht das obige Integral mit negativem Vorzeichen in die Energiebilanz ein. Darüberhinaus haben wir mit dem gleichen Argument wie im Fall von (2.4) auch in (3.2)und (3.3) das zeitabhängige Volumen V (t) durch V ersetzt. Für die linke Seitein (3.1) liefern das Reynolds’sche Transporttheorem, der Satz von Gauß und dieKontinuitätsgleichung völlig analog zu (2.3) (mit |~u|2 + e anstelle von ui)

    d

    dt(K + E) =

    d

    dt

    ∫V (t)

    ρ( |~u|2

    2+ e)dx

    =

    ∫V

    ρ[ ∂∂t

    ( |~u|22

    + e)

    + ~u · ∇( |~u|2

    2+ e)]dx.

    4Spezialfall des ersten Hauptsatzes der Thermodynamik5Der Wärmestrom tangential zur Oberfläche von V spielt dabei keine Rolle, er tritt ja nicht

    in das Volumen ein. Daher die Multiplikation mit ~n.

  • 2. DIE WÄRMELEITGLEICHUNG UND LAPLACE-GLEICHUNG 17

    Setzt man diese Gleichung zusammen mit (3.2) und (3.3) in (3.1) ein, so erhält mandie Energiebilanz in integraler Form:∫

    V

    ρ[ ∂∂t

    ( |~u|22

    + e)

    + ~u · ∇( |~u|2

    2+ e)]dx =

    ∫V

    (ρ ~u · ~g + div (~u · τ)− div ~q

    )dx.

    Auch diese Gleichung gilt wieder für beliebige Teilchenpakete, also für beliebigeVolumina, woraus die Energiebilanz in differentieller Form folgt:

    ρ[ ∂∂t

    ( |~u|22

    + e)

    + ~u · ∇( |~u|2

    2+ e)]

    = ρ ~u · ~g + div (~u · τ)− div ~q. (3.4)

    Um zusammen mit Kontinuitätsgleichung und Impulsbilanz ein geschlossenes Glei-chungssystem zu erhalten ist neben dem Materialgesetz für τ ein weiteres für denWärmestrom notwendig. Ein Beispiel hierfür lernen wir im folgenden Abschnitt ken-nen.

    § 4 Die Wärmeleitgleichung und Laplace-Gleichung

    In diesem Abschnitt werden wir die Energiebilanz für den Spezialfall des ruhen-den idealen Gases vereinfachen. Dies führt auf zwei PDGl’en, die wir im Laufe derVorlesung aus mathematischer Sicht genauer untersuchen werden.

    Zunächst führen wir die innere Energie e auf eine andere Feldgröße zurück, dieTemperatur θ = θ(x, t). Im Fall eines (kalorisch) idealen Gases gilt

    e = cv θ

    mit der spezifischen Wärmekapazität cv, die ein materialabhängiger Parameter ist.6

    Eine detaillierte Herleitung dieser Beziehung geht über diese Vorlesung hinaus undist in [Müller, 1994, Abschnitt 2.3] zu finden.

    Darüber hinaus nehmen wir an, dass das Gas ruhe, d.h. ~u(x, t) ≡ 0.7 Dann verein-facht sich (3.4) zu

    ρ∂

    ∂t(cv θ) + div ~q = 0. (4.1)

    Wie bereits oben angedeutet, benötigt man noch ein Materialgesetz für den Wärme-strom ~q. Wir betrachten hier das Fouriersche Gesetz für isotrope Materialien:

    ~q = −κ∇θ (4.2)

    mit der materialabhängigen skalaren Wärmleitfähigkeit κ. Der Hintergrund dieseslinearen Materialgesetzes ist die so genannte Gradientendiffusion: der Wärmestromzeigt entgegen des Temperaturgradienten, also vom Warmen ins Kalte, und ist umsogrößer, je größer der Temperaturunterschied ist. In (4.1) eingesetzt ergibt sich

    ρ∂

    ∂t(cv θ)− div (κ∇θ) = 0.

    6Im Fall des idealen Gases ist sie durch cv = (3R)/(2M) gegeben, wobei R die universelleGaskonstante und M die molare Masse ist.

    7Diese Annahme ist nicht ganz realistisch, da Temperaturunterschiede in Gasen immer aucheinen konvektiven Wärmetransport und damit eine Strömung induzieren. Bei geringen Tempera-turunterschieden kann diese jedoch als vernachlässigbar angesehen werden.

  • 18 2. MATHEMATISCHE MODELLIERUNG

    Nehmen wir weiterhin an, dass cv und κ konstant sind, erhält man die folgendePDGl:

    ρ cvκ

    ∂θ

    ∂t−∆θ = 0 (4.3)

    mit dem Laplace-Operator

    ∆θ := div∇θ =∑i

    ∂2θ

    ∂x2i(4.4)

    (s. Übungsaufgabe). O.B.d.A. nehmen wir an, dass ρ = cv = κ = 1,8 so dass sich die

    folgende PDGl ergibt

    ∂θ

    ∂t−∆θ = 0, (4.5)

    die als (lineare) Wärmeleitgleichung bezeichnet wird. Diese Gleichung beschreibtnicht nur die Wärmeausbreitung in ruhenden (idealen) Gasen, sondern auch inFestkörpern mit isotroper Wärmeleitfähigkeit.

    Wir konzentrieren uns nun auf den stationären Fall, d.h. den Fall bei dem die Tem-peraturverteilung zeitlich konstant ist. Dieses thermische Gleichgewicht stellt sichbeispielsweise ein, wenn in einen Köper unendlich lange eine konstante Wärmemengeeingebracht wird und die Abstrahlung an die kühlende Umgebung ebenfalls immerkonstant ist. Dann vereinfacht sich (4.5) zu

    −∆θ = 0, (4.6)der so genannten Laplace-Gleichung . Bei dieser Gleichung geht man davon aus, dassdie Wärme über den Rand des Körpers eingebracht wird, was mathematisch durcheintsprechende Randbedingungen modelliert werden muss, auf die wir in Abschnitt6 eingehen werden. Wird die Wärmeenergie als verteilte Wärmequelle eingebracht,wie beispielsweise in einem Microwellenherd, dann erhält man statt der homogenenGleichung (4.6) die folgende inhomogene PDGl

    −∆θ = f, (4.7)die auch als Poisson-Gleichung bezeichnet wird.

    Die Gleichungen (4.5)–(4.7) sind mathematisch sehr gut untersucht und stellen Re-ferenzfälle für ganze Klassen von PDGl’en dar, so genannte elliptische und para-bolische Gleichungen. Sie modellieren nicht nur die Wärmeausbreitung in ruhendenFluiden und Festkörpern; es gibt zahlreiche andere physikalische Phänomene, die gutdurch (4.5)–(4.7) abgebildet werden, wie beispielsweise das zweite Ficksche Gesetzder Spezies-Diffusion im Fall von (4.5) oder die elektrostatische Potentialgleichungim Fall von (4.6).

    § 5 Die Wellengleichung

    In diesem Abschnitt wollen wir mit Hilfe der Navier-Stokes-Gleichung (2.9) und derKontinuitätsgleichung (1.5) eine PDGl herleiten, die die Ausbreitung einer Schall-welle durch ein ruhendes Medium (Fluid) beschreibt. Schall kann als kleine Druck-schwankung interpretiert werden, die sich mit Schallgeschwindigkeit durch das Fluidbewegt.

    8Wenn dies nicht der Fall ist, kann man (4.3) durch die Variablentransormation t′ = (κ/ρ cv)tin (4.5) überführen.

  • 2. DIE WELLENGLEICHUNG 19

    Der Druck taucht als Feldgröße in den Bewegungsgleichungen eines Fluids auf, wes-halb sich die Gleichungen für die Ausbreitung des Schalls daraus ableiten lassen.Dazu spalten wir Druck, Dichte und Geschwindigkeit zunächst in einen Gleich- undeinen Schwankungsanteil auf:9

    p(x, t) = p0 + p′(x, t)

    ρ(x, t) = ρ0 + ρ′(x, t)

    ~u(x, t) = ~u0 + ~u′(x, t) = ~u′(x, t).

    (5.1)

    Die so genannten Gleichanteile p0 und ρ0 werden als sehr viel größer als die Schwan-kungsanteile angenommen, die der Schallausbreitung zugeordnet werden. Der Gleich-anteil der Geschwindigkeit erfüllt ~u0 = 0, da das Fluid als ruhend angenommenwurde, was bereits in den obigen Formeln berücksichtigt wurde. Da das Fluid ruht,werden die Gleichanteile als räumlich und zeitlich konstant angenommen.

    Bei der Schallausbreitung spielt die Reibung nur eine untergeordnete Rolle, was mandaran erkennt, dass Schallwellen als minimale Druckstörungen sich vergleichsweiseweit ausbreiten. Wir vernachlässigen daher die Reibungsterme in den Navier-Stokes-Gleichungen (2.9), sodass für die Zähigkeiten λ = η = 0 gilt. Dann resultiert aus(2.9a) die so genannte Euler-Gleichung für ein reibungsfreies Fluid:

    ρ(∂~u∂t

    + ~u · ∇~u)

    = −∇p, (5.2)

    wobei wir auch die Gravitation vernachlässigt haben, da die durch den Schall be-wegten Massen sehr klein sind. Wir setzen jetzt die Dekompositionen aus (5.1) in(5.2) und die Kontinuitätsgleichung (1.5) ein und erhalten:

    ∂t(ρ0 + ρ

    ′) + div((ρ0 + ρ

    ′)~u′)

    = 0

    (ρ0 + ρ′)(∂~u′∂t

    + ~u′ · ∇~u′)

    = −∇(p0 + p′).

    Da die Schwankungsgrößen sehr klein gegenüber dem jeweiligen Gleichanteil sind,vernachlässigen wir die Terme, in denen die Schwankungsgrößen oder deren Ablei-tungen quadratisch auftauchen, was einer Linearisierung der obigen Gleichungenentspricht.10 Wenn man zudem berücksichtigt, dass die Ableitungen der konstantenGleichanteile verschwinden, erhält man:

    ∂ρ′

    ∂t+ ρ0 div ~u

    ′ = 0 (5.3)

    ρ0∂~u′

    ∂t= −∇p′. (5.4)

    Wir haben somit vier Gleichungen für fünf Unbekannte. Um das Gleichungssystemzu schließen, benötigen wir noch ein Materialgesetz, die Druck-Dichte-Beziehung ,deren detaillierte physikalische Herleitung in Ehrenfried [2004] zu finden ist:

    p′(x, t) = c2 ρ′(x, t),

    9Die Schwankungsgeschwindigkeit ~v′ ist nicht die Schallgeschwindigkeit, sondern die Schnelle,also die Geschwindigkeit, mit der Wellenberge und -täler auf- und abschwingen.

    10Um die Ableitungen vernachlässigen zu können, sind streng genommen weitere Vorausset-zungen nötig, s. Ehrenfried [2004].

  • 20 2. MATHEMATISCHE MODELLIERUNG

    wobei c die Schallgeschwindigkeit im jeweiligen Fluid ist. Wir setzen diese Beziehungjetzt in die linearisierte Kontinuitätsgleichung (5.3) ein und differenzieren diese nachder Zeit:11

    1

    c2∂2p′

    ∂t2+ ρ0

    ∂t

    (div ~u′

    )= 0.

    Auf der anderen Seite bilden wir die Divergenz von (5.4):

    ρ0 div(∂~u′∂t

    )+ div (∇p′) = 0.

    Wegen div ( ∂∂t

    ( . )) = ∂∂t

    (div . ) und div∇ = ∆, s. (4.4), ergibt eine Subtraktion derbeiden Gleichungen:

    ∂2p′

    ∂t2− c2 ∆p′ = 0. (5.5)

    Diese PDGl wird als Wellengleichung bezeichnet. Sie kann als Referenzfall für dieKlasse der hyperbolischen Gleichungen angesehen werden. Im räumlich eindimensio-nalen Fall reduziert sie sich auf die so genannte Schwingungsgleichung

    ∂2p′

    ∂t2− c2 ∂

    2p′

    ∂x2= 0. (5.6)

    Die Wellengleichung beschreibt nicht nur die Ausbreitung von Schallwellen, sondernvon Wellen allgemein. So wird beispielsweise die Ausbreitung einer elektromagneti-schen Welle ebenfalls durch diese Gleichung beschrieben, die sich in dem Fall ausden Maxwell’schen Gleichungen ableiten lässt.

    § 6 Rand- und Anfangsbedingungen

    Wie bei gewöhnlichen Differentialgleichungen benötigt man bei PDGl’en neben derDifferentialgleichung selbst weitere Bedingungen um eine Lösung eindeutig festzu-legen, so genannte Rand- und Anfangsbedingungen.

    Wir leiten hier exemlarisch die Rand- und Anfangsbedingungen für die Wärmeleit-gleichung (4.5) und die Laplace-Gleichung (4.6) her. Dazu betrachten wir statt einesFluids die Temperaturverteilung in einem (Fest-)Körper, die ebenfalls durch die li-neare Wärmeleitgleichung (4.5) oder im stationären Fall durch (4.6) beschriebenwird. Die PDGl gilt in jedem Punkt des vom Körper bedeckten Gebietes Ω ⊂ R3,d.h. z.B.

    −∆θ(x) = 0 ∀x ∈ Ω.Am Rand von Ω, hier mit Γ bezeichnet, d.h. Γ = ∂Ω, können verschiedene Situatio-nen auftreten:

    (1) Dirichlet-Ranbedingungen:Die Temperatur am Rand ist genau gleich einer vorgebenen Temperatur θΓ,d.h.

    θ(x) = θΓ(x) ∀x ∈ Γ.Diese Wahl der Randbedingung motiviert sich dadurch, dass die Tempera-turverteilung im Raum i.d.R. stetig ist, und die Temperatur am Rand des

    11Mathematisch gesehen ist dies eine rein formale Umformung, da sie die Lösungsmenge even-tuell verändert. Gleiches gilt für die folgende Umformung.

  • 2. RAND- UND ANFANGSBEDINGUNGEN 21

    Körpers daher mit der Umgebungstemperatur übereinstimmt. Diese Rand-bedingung idealisiert die Realität allerdings im gewissen Sinne, da sie dieWirkung der Körpertemperatur auf die Umgebung nicht berücksichtigt. IstθΓ ≡ 0, dann sricht man von homogenen Dirichlet-Randbedingungen, sonstvon inhomogenen.

    (2) Neumann-Randbedingung:Hierbei wird der Wärmestrom am Rand vorgegeben. Liegt beispielsweisevollständige Isolation vor, bedeutet das, dass keine Wärme über den Randabfließen kann, also ~q(x) · ~n = 0. Unter Berücksichtigung des FourierschenGesetzes (4.2) folgt also

    κ∂θ

    ∂n(x) = 0 ∀x ∈ Γ, (6.1)

    wobei ∂θ∂n

    = ∇θ · ~n die Normalenableitung bezeichnet. Da kein Materialvollständig isolierend wirkt, ist auch dies eine idealisierte Randbedingung.Bei (6.1) handelt es sich wieder um eine homogene Neumann-Randbedingung,wäre die rechte Seite ungleich Null; hätten wir eine inhomogene Neumann-Randbedingung.

    (3) Robin-Randbedingung:Im Gegensatz zur Dirichlet- und Neumann-Randbedingung stellt die Robin-Randbedingung bei niedrigen Temperaturen ein durchaus realitätsnahesModell dar. Sie ist gegeben durch

    κ∂θ

    ∂n(x) + α θ(x) = 0 ∀x ∈ Γ,

    wobei α > 0 die materialabhängige Wärmeübergansgzahl ist. Auch hierunterscheidet man wieder zwischen dem homogenen und inhomogenen Fall.

    Die drei Randbedingungen werden manchmal auch als Randbedingung erster, zwei-ter und dritter Art bezeichnet. Es gibt weitere Randbedingungen für die Laplace-Gleichung, beispielsweise Randbedingungen, die die Wärmestrahlung berücksichti-gen, was bei hohen Temperaturen entscheidend ist. Diese Randbedingungen sinddann i.d.R. nicht-linear wie beispielsweise die Boltzmann-Randbedingung.

    Bei zeitabhängigen Problemen werden neben Randbedingungen auf Γ auch noch An-fangsbedingungen zum Startzeitpunkt t = t0 benötigt. Bei der Wärmeleitgleichungwird dazu einfach die Temperaturverteilung im Körper zur Startzeit vorgegeben:

    θ(x, t0) = θ0(x) ∀x ∈ Ω.Bei PDGl’en mit einer zweiten Zeitableitung wie der Wellengleichung (5.5) wird eineweitere Anfangsbedingung benötigt, vgl. Kapitel ??.

  • KAPITEL 3

    Grundbegriffe und Klassifikation

    In diesem Kapitel werden wir eine Schreibweise kennenlernen, mit der man eleganteine allgemeine Form einer PDGl formulieren kann. Danach werden wir PDGl’enzweiter Ordnung in drei Klassen unterteilen. Im Gegensatz zu Kapitel 2 werdenwir im Folgenden Vektoren nicht mehr durch einen Vektorpfeil kennzeichnen. DesWeiteren heißt die gesuchte Lösung einer PDGl von nun an u, und wir bezeichnenden Vektor der unabhängigen Variablen (x1, ..., xn) gelegentlich einfach als x.

    Um eine PDGl kompakt aufschreiben zu können, führen wir so genannte Multiindizesein:

    Definition 1.1Sei n ∈ N. Ein n-Tupel nicht-negativer reeller Zahlen α = (α1, ..., αn), αi ∈ N∪{0},i = 1, 2, ..., n, heißt Multiindex. Der Betrag von α ist definiert durch |α| := α1 + ...+αn. �

    Mit Hilfe von Multiindizes lassen sich (mehrfache) Ableitungen sehr kompakt schrei-ben. Dazu sei n ∈ N und α ein gegebener Multiindex. Ferner sei u : Rn → R eine|α|-mal stetig diffbare Funktion. Wir definieren

    Dαu :=∂|α|u

    ∂xα11 ∂xα22 ...∂x

    αnn

    . (1.2)

    Beispielsweise erhalten wir für n = 5, α = (0, 1, 0, 2, 0):

    Dαu =∂3u

    ∂x2∂x24.

    Derartige Differentialoperationen mit Multiindizes kann man natürlich auch mehr-fach hintereinander ausführen, z.B. für n = 3

    α = (1, 0, 2), β = (0, 1, 1) ⇒ DαDβu = ∂5u

    ∂x1∂x23∂x2∂x3=

    ∂5u

    ∂x1∂x2∂x33(wobei wir vorausgesetzt haben, dass u 5-mal stetig diffbar und somit der Satz vonSchwarz anwendbar ist, so dass die Differentiationen vertauscht werden können).Falls α = ej (j-ter kartesischer Einheitsvektor) ist D

    αu = ∂u∂xj

    . Wir schreiben

    in diesem Fall auch einfach Dju =∂u∂xj

    . Entsprechend erhält man beispielsweise

    DiDju =∂2u

    ∂xi∂xjund

    ∇u = (Diu)ni=1, ∆u =n∑i=1

    D2i u.

    Mit dieser Schreibweise ist lässt sich der allgemeine Differentialoperator aus (1.2)auch als Dαu = Dα11 D

    α22 ...D

    αnn u schreiben. Mit Hilfe von (1.2) können wir nun

    definieren, was wir unter dem Begriff”partiellen Differentialgleichung“ eigentlich

    genau verstehen wollen:

    23

  • 24 3. GRUNDBEGRIFFE UND KLASSIFIKATION

    Definition 1.2 (Partielle Differentialgleichung)Sei Ω ⊂ Rn, n ∈ N, ein Gebiet und F : Ω×Rk → R, k ∈ N, und f : Ω→ R gegebeneFunktionen. Eine Gleichung der Form

    F (x,Dα1

    u(x), ..., Dαk

    u(x)) = f(x), x ∈ Ω, (1.3)heißt partielle Differentialgleichung (PDGl) in n reellen Veränderlichen für die ge-suchte Funktion u : Ω→ R. Dabei sind α1, ..., αk Multiindizes, also jeweils Vektorender Dimension n. Gilt |αi| ≤ m für alle i = 1, ..., k, und existiert ein αj mit |αj| = m,so heißt die PDGl von m-ter Ordnung .1 (Wir gehen bei dieser und den folgenden De-finitionen davon aus, dass die Nichtlineartät F keinen Term nullter Ordnung enthält,d.h. keinen Term, der von u unabhängig ist und als Summand auftaucht. Die rechteSeite f ist somit der einzige Term dieser Art.) �

    Definition 1.3Ist f(x) ≡ 0, dann heißt eine PDGl der Form (1.3) homogen. Andernfalls nennenwir sie inhomogen. �

    Beispiel 1.4

    Es sei n = 2, sodass u = u(x1, x2). Das Gebiet ist durch den Einheitskreis gegeben,d.h. Ω = {(x1, x2)| x21 + x22 < 1}. Wir wählen k = 2 und

    F (x,w) = x1w21 + w2, α1 = (1, 0), α2 = (1, 2).

    Dann ergibt sich die folgende (homogene) PDGl

    x1(D1u)2 +D1D

    22u = 0, x ∈ Ω.

    Ihre Ordnung ist m = 3. �

    Wie bei gewöhnlichen Differentialgleichungen benötigt man noch weitere Gleichun-gen, um Lösungen von PDGlen eindeutig zu bestimmen, so geannte Anfangs- undRandbedingungen, s. Abschnitt 2.6. Wieviele derartiger Gleichungen benötigt wer-den, hängt von der Ordnung der PDGl ab. Beispiele hierfür werden wir im Laufeder Vorlesung noch kennenlernen.

    Im Folgenden werden wir verschiedene Typen von PDGl’en unterscheiden.

    Definition 1.5 (Lineare und nichtlineare PDGl)Im Folgenden sei Ω ⊂ Rn ein Gebiet und f : Ω→ R eine gegebene Funktion.

    (1) Eine partielle Differentialgleichung der Form∑|α|≤k

    aα(x)Dαu = f(x) (1.4)

    mit gegebenen Funktionen aα heißt linear .(2) Hat eine partielle Differentialgleichung k-ter Ordnung die Form∑

    |α|=k

    aα(x)Dαu+ F (x,Dα

    1

    u, ..., Dαl

    u) = f(x),

    mit |α1|, ..., |αl| < k (d.h. alle in F stehenden Ableitungen besitzen die Ord-nung kleiner als k), dann heißt sie semilinear . Der Term

    ∑|α|=k aα(x)D

    αu

    wird (linearer) Hauptteil genannt.

    1Dabei wird stillschweigend vorausgesetzt, dass nach Daj

    x u umgestellt werden kann, diese Ab-leitung also wirklich auftritt.

  • 3. GRUNDBEGRIFFE UND KLASSIFIKATION 25

    (3) Hat eine PDGl die Ordnung k und die Gestalt∑|α|=k

    aα(x,Dβ1u, ..., Dβ

    p

    u)Dαu+ F (x,Dα1

    u, ..., Dαl

    u) = f(x),

    wobei |α1|, ..., |αl|, |β1|, .., |βp| ≤ k − 1 gilt, so heißt sie quasilinear . DerHauptteil ist hier zwar nichtlinear, die höchsten Ableitungen kommen al-lerdings nur linear vor.

    (4) Trifft keiner der vorigen Fälle zu, so heißt die PDGl nichtlinear .

    Wir beobachten, dass jede lineare PDGl semilinear und jede semilineare PDGl qua-silinear ist.

    Beispiel 1.6 (1) Homogene, lineare PDGl 2. Ordnung:

    x31D2D3u+D1u = 0 ⇔

    {aαD

    αu+Dβu = 0

    mit α = (0, 1, 1), aα(x) = x31, β = (1, 0, 0)

    (2) Inhomogene, semilineare PDGl 2. Ordnung:

    x31D2D3u+ (D1u)2 = sin(x)

    (3) Homogene, quasilineare PDGl 2. Ordnung:

    x31(D2D3u)(D1u)2 = 0

    (4) Homogene, nichlineare PDGl 1. Ordnung:

    (D1u)2 + (D2u)

    2 = 0 �

    Bemerkung 1.7In der Literatur lässt sich im Falle linearer PDGl’en häufig folgende Notation fürdie linke Seite von (1.4) finden:

    Lu :=∑|α|≤k

    aα(x)Dαu.

    L wird als Differentialoperator bezeichnet. Er bildet Funktionen auf andere Funktio-nen ab. Beispielsweise bildet L = ∆ =

    ∑iD

    2i zweimal stetig diffbare Funktionen auf

    stetige ab. Differentialoperatoren sind deshalb Abbildungen in Funktionenräumen.�

    Wir hatten bereits in Kapitel 2 die Begriffe”elliptische“,

    ”parabolische“ und

    ”hyper-

    bolische“ PDGl erwähnt. Wir wollen diese Begriffe nun für den Fall von semilinearenPDGl’en zweiter Ordnung exakt definieren. PDGl’en zweiter Ordnung kommt einebesondere Bedeutung zu, da sie in vielen physikalischen Modellen auftreten, vgl.(4.5), (4.6) und (5.5). Nach Definition 1.5(2) kann eine solche PDGl in die Form

    n∑i=1

    n∑j=1

    aij(x)DiDju+ F (x, u,D1u, . . . , Dnu) = f(x) (1.5)

    gebracht werden. Hierbei sind |α1|, ..., |αl| < 2 wie in Definition 1.5(2) und dieaij : Ω → R sind so gewählt, dass aij = aα, falls die i-te und j-te Komponentedes entsprechenden Multiindex α ungleich Null sind, und aij ≡ 0, sonst. Die aijdefinieren eine Matrix A ∈ Rn×n, A = (aij)ni,j=1, die wir Koeffizientenmatrix nennen

  • 26 3. GRUNDBEGRIFFE UND KLASSIFIKATION

    wollen. Wir können o.B.d.A. annehmen, dass A symmetrisch ist. Falls dies nichtder Fall ist, können wir die PDGl so umformen, dass eine symmetrische Koeffizien-tenmatrix entsteht, denn wegen des Satzes von Schwarz , also DiDju = DjDiu fürzweimal stetig diffbare u, gilt:

    n∑i,j=1

    aijDiDju =n∑

    i,j=1

    aij + aji2

    DiDju =:n∑

    i,j=1

    ãijDiDju.

    Die neue Koeffizientenmatrix à ist dann symmetrisch.

    Die Einteilung der PDGl ist durch die Vorzeichen der Eigenwerte von A gegeben:

    Definition 1.8 (Elliptische, parabolische, hyperbolische PDGl’en)Wir betrachten eine PDGl der Form (1.5) mit symmetrischer KoeffizientenmatrixA. Die PDGl heißt

    (1) elliptisch in x ∈ Ω, falls die Eigenwerte von A(x) entweder alle positiv oderalle negativ sind,

    (2) parabolisch in x ∈ Ω, falls alle Eigenwerte von A(x) entweder positiv odernegativ sind, außer einem, der gleich Null ist.

    (3) hyperbolisch in x ∈ Ω, falls A(x) nur einen negativen Eigenwert hat undalle anderen Eigenwerte positiv sind, oder falls A(x) nur einen positivenEigenwert hat und alle anderen negativ sind.

    Falls die entsprechende Eigenschaft in jedem Punkt x ∈ Ω gilt, heißt die PDGlelliptisch, parabolisch bzw. hyperbolisch. �

    Bemerkung 1.9Falls es sowohl mehrere positive als auch negative Eigenwerte gibt und keiner derEigenwerte gleich Null ist, nennt man die PDGl ultrahyperbolisch. Derartige Glei-chungen werden wir im Rahmen dieser Vorlesung nicht behandeln. �

    Bemerkung 1.10Wir beobachten, dass diese Einordnung von PDGl’en nur vom Hauptteil abhängt.Lineare PDGl’en zweiter Ordnung als Spezialfall semilinearer Gleichungen werdendaher genauso eingeteilt wie in Definition 1.8.

    Des Weiteren spielt auch die Inhomogenität keine Rolle bei der Einteilung vonPDGl’en in elliptische, parabolische und hyperbolische Gleichungen. �

    Lemma 1.11Sei n = 2 (zweidimensionales Gebiet). Dann ist die PDGl in (1.5)

    • elliptisch, falls a11 a22 − a212 > 0• parabolisch, falls a11 a22 − a212 = 0• hyperbolisch, falls a11 a22 − a212 < 0.

    Beweis: Der Einfachheit halber unterdrücken wir die (mögliche) Abhängigkeit vonA von x. Für die Eigenwerte λi, i = 1, 2, von A ∈ R2×2 gilt

    λ1 λ2 = detA = a11 a22 − a12 a21 = a11 a22 − a212.

    Ist die PDGl elliptisch, dann gilt nach Definition 1.8(1) λ1λ2 > 0, woraus die ersteAussage folgt. Entsprechend diskutiert man die anderen Fälle. �

  • 3. GRUNDBEGRIFFE UND KLASSIFIKATION 27

    Beispiel 1.12Wir betrachten u.a. die PDGl’en aus Kapitel 2.

    (1) Lapace-Gleichung: Nach (4.6) ist die Laplace-Gleichung durch

    −∆u = −n∑i=1

    D2i u = 0

    gegeben. Da keine gemischten Ableitungen auftreten, gilt A = −I :=diag(−1, ...,−1) in (1.5). Die Eigenwerte von A sind also alle negativ, sodass die Laplace-Gleichung elliptisch ist. Wir beobachten außerdem, dassdie PDGl linear ist. Die gleichen Aussagen gelten natürlich auch für diePoisson-Gleichung (4.7), da die Inhomogenität bei der Einordnung derPDGl keine Rolle spielt.

    (2) Wärmeleitgleichung: Die Wärmeleitgleichung lautet nach (4.5)

    ∂u

    ∂t−

    n∑i=1

    ∂2u

    ∂x2i= 0. (1.6)

    Hierbei ist Anzahl der reellen Veränderlichen durch n + 1 gegeben, undt =: xn+1 ist die (n+ 1)-ste Variable. Damit ist (1.6) äquivalent zu

    −n∑i=1

    D2i u+Dn+1u = 0,

    so dass

    A =

    −1 0 0 . . . 00 −1 0 . . . 0

    . . .0 0 . . . −1 00 0 0 . . . 0

    da keine Ableitung nach xn+1 im Hauptteil der PDGl auftaucht. Nach De-finition 1.8(2) ist die PDGl daher parabolisch.2 Wie die Laplace-Gleichungist auch diese PDGl linear.

    (3) Wellengleichung: Wieder setzen wir xn+1 := t. Dann ist die Wellengleichungdurch

    −c2n∑i=1

    D2i u+D2n+1u = 0,

    gegeben, vgl. (5.5). Damit ist

    A =

    −c2 0 0 . . . 0

    0 −c2 0 . . . 0. . .

    0 0 . . . −c2 00 0 0 . . . 1

    und die Wellengleichung nach Definition 1.8(3) deshalb hyperbolisch. WieWärmeleit- und Laplace-Gleichung ist auch die Wellengleichung linear.

    2Beachte, dass die Eigenwerte der Diagonalmatrix A gerade die Diagonaleinträge sind.

  • 28 3. GRUNDBEGRIFFE UND KLASSIFIKATION

    (4) Tricomi-Gleichung: Diese PDGl ist definiert durch

    x2∂2u

    ∂x21+∂2u

    ∂x22= 0 ⇔ x2D21u+D22u = 0.

    Sie taucht bei der Modellierung transsonischer Fluide auf. Hierbei ist dieKoeffizientenmatrix gegeben durch

    A(x) = A(x1, x2) =

    (x2 00 1

    )Demnach ist die Tricomi-Gleichung elliptisch in {x ∈ R2 : x2 > 0}, para-bolisch auf {x ∈ R2 : x2 = 0} und hyperbolisch in {x ∈ R2 : x2 < 0}.�

    Die zunächst willkürlich erscheinende Einteilung von PDGl’en zweiter Ordnung nachden Vorzeichen der Eigenwerte der Koeffizientenmatrix ist dadurch begründet, dassdie PDGl’en in der jeweilige Klasse durch ähnliche Techniken analytisch behan-deln und lösen lassen.3 Wir werden uns in den nächsten Kapiteln eingehender mitLaplace-, Wärme- und Wellengleichung als Prototypen für elliptische, parabolischeund hyperbolische PDGl’en befassen. Andere lineare PDGl’en dieser Typen lassensich mit ähnlichen Techniken behandeln.4 Nichtlineare PDGl’en dagegen erfordernandere Techniken, auf die wir aus Zeitgründen nicht eingehen können.

    3Das gilt sowohl für analytische wie auch numerische Lösungstechniken.4Vorausgesetzt die Daten, wie z.B. die Koeffizientenfunktionen, sind genügend regulär.

  • KAPITEL 4

    Elliptische Differentialgleichungen – die Laplace-Gleichung

    Inhalt

    1 Trennung der Variablen – die Fourier-Methode 30

    2 Fundamentallösung 38

    3 Die Greensche Funktion 47

    4 Maximumprinzip 53

    Im folgenden Kapitel untersuchen wir die Klasse der elliptischen PDGl’en. Wir kon-zentrieren uns dabei auf die Laplace- bzw. Poisson-Gleichung (4.6) und (4.7), also1

    −∆u(x) = 0 für x in Ωund Randbdg.

    −∆u(x) = f(x) für x in Ωund Randbdg.,

    wobei wir die ersten zwei Randbedingungen aus Abschnitt 2.6 betrachten, d.h.

    u(x) = g(x) für x auf Γ oder∂u

    ∂n(x) = g(x) für x auf Γ,

    wobei Γ = ∂Ω wieder der Rand von Ω ist. Die Lösung u wird im Folgenden alsskalarwertig angenommen.

    Zunächst lernen wir ein Verfahren kennen, mit dem man Lösungen der Laplace-bzw. Poisson-Gleichung in bestimmten Situationen explizit ausrechnen kann. Da-nach analysieren wir diese Gleichungen aus mathematischer Sicht. Wir zeigen, unterwelchen Umständen eindeutige Lösungen dieser Gleichung existieren, und entwi-ckeln eine allgemeine Darstellung solcher Lösungen. Diese Darstellung lässt zudemverschiedene Aussagen über die jeweilige Lösung zu. Die damit zusammenhängen-de Theorie wird klassische Theorie genannt. Diese Theorie diskutiert Fragen nachExistenz und Eindeutigkeit in den Räumen die sich beim ersten Blick auf die PDGlanbieten, im Fall der Laplace-Gleichung z.B. im Raum der zweimal stetig diffbarenFunktionen.

    Bemerkung 0.13Auf ähnliche Weise wie für die Laplace- bzw. Poisson-Gleichung kann man dieseTheorie auch für eine ganze Klasse von elliptische PDGl’en der Form

    −divA(x)∇u(x) = f(x) für x in Ω(A(x)∇u(x)) · n(x) + α(x)u(x) = g(x) für x auf Γ

    entwickeln. Hierbei ist A : Ω̄ → Rn×n eine für alle x ∈ Ω̄ (uniform) positiv definiteMatrix, und α : Γ → R erfüllt α(x) ≥ α0 > 0 für alle x ∈ Γ. Hierzu muss man

    1Wie schon im vorigen Kapitel bezeichnen wir die Lösung einer PDGl mit u.

    29

  • 30 4. ELLIPTISCHE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN – DIE LAPLACE-GLEICHUNG

    allerdings hohe Regularitätsanforderungen an A und α stellen. Diese kann man um-gehen, wenn man elliptische PDGl’en mit Hilfe der so genannten schwachen Theoriediskutiert, s. Abschnitt ??. �

    § 1 Trennung der Variablen – die Fourier-Methode

    Bei der Fourier-Methode handelt es sich um eine Technik, mit der man eine großeZahl linearer PDG’en auf einfachen Gebieten, wie beispielsweise einem Rechteck odereinem Kreis, lösen kann. Sie ist auch als Methode der Trennung der Variablen oderSeparationsmethode bekannt. Als Lösungen ergeben sich i.A. allerdings unendlicheReihen, also etwas unhandliche Objekte. Wir erläutern in dieser Vorlesung dieseTechnik nur für homogene PDGl’en. Man kann sie auch auf inhomogene PDGl’enadaptieren, worauf wir aber nicht eingehen werden, s. Bemerkung 1.5.

    Die Fourier-Methode erklärt man am einfachsten an Beispielen, was wir im Folgen-den anhand zweier Laplace-Gleichungen ausführen werden.

    1. Beispiel – Die Laplace-Gleichung auf dem Einheitsquadrat

    Wir betrachten die Laplace-Gleichung auf dem Einheitsquadrat mit inhomogenenDirichlet-Randbedingungen

    −∆u = 0 in Ω = (0, 1)× (0, 1) (1.1a)u = g auf Γ = ∂Ω. (1.1b)

    Die Rand-Inhomogenität g habe folgende Struktur:

    g(0, y) = g(1, y) = 0 ∀ y ∈ [0, 1],g(x, 0) = 0 ∀x ∈ [0, 1], g(x, 1) = f(x) ∀x ∈ [0, 1]

    mit einer gegebenem Funktion f . Die Inhomogenität g ist also nur auf dem oberenRand des Quadrats ungleich Null.

    Wir nehmen an, dass die Lösung folgende Struktur hat

    u(x, y) = X(x)Y (y) (1.2)

    (oder eine additive Superposition solcher Lösungen ist). Hierbei sind X, Y : [0, 1]→R Funktionen, die nur von einer Variablen abhängen. Bei (1.2) handelt es sich umeinen Ansatz, den Separationsansatz , d.h. wir vermuten nur, dass eine möglicheLösung so aussehen könnte.2 Beim Separationsansatz treten die unabhängigen Va-riablen x und y (multiplikativ) getrennt voneinander auf, daher der Name

    ”Trennung

    der Variablen“.

    Setzt man den Seperationsansatz in die Laplace-Gleichung (1.1a) ein, ergibt sich(unter der Annahme, dass X(x) 6= 0, Y (y) 6= 0)

    −X′′(x)

    X(x)=Y ′′(y)

    Y (y).

    2Die Struktur des Gebiets, also des Quadrats {(x, y) ∈ R2 : x ∈ (0, 1), y ∈ (0, 1)}, bei dessenBeschreibung x und y unabhängig voneinander sind, deutet darauf hin, dass der Separationsansatzzum Erfolg führen könnte.

  • 4. TRENNUNG DER VARIABLEN – DIE FOURIER-METHODE 31

    Die linke Seite dieser Gleichung hängt nur von x ab, die rechte nur von y. Dannkönnen die beiden Seiten nur gleich sein, wenn sie gleich einer Konstanten sind, diewir λ ∈ R nennen wollen. Es folgt also

    − X′′(x)

    X(x)=Y ′′(y)

    Y (y)= λ (1.3)

    bzw.

    X ′′(x) + λX(x) = 0 in (0, 1) (1.4)

    Y ′′(y)− λY (y) = 0 in (0, 1). (1.5)Die erste GDGl (1.4) entspricht gerade dem Sturm-Liouvilleschen Eigenwertproblem(A.2.1) aus Anhang A. Aus der Dirichlet-Randbedingungen (1.1b) ergeben sich fol-gende Randbedingungen für (1.4):

    u(0, y) = X(0)Y (y)!

    = 0 ∀ y ∈ [0, 1]

    u(1, y) = X(1)Y (y)!

    = 0 ∀ y ∈ [0, 1]

    ⇒ X(0) = X(1) = 0, (1.6)also Randbedingungen der Form (A.2.2). Nicht-triviale Lösungen für (1.4) mit diesenRandbedingungen sind nach Satz A.2.2 nur möglich, falls λ mit einem Eigenwertλn = (nπ)

    2, n = 1, 2, ..., übereinstimmt. Die zugehörige nicht-triviale Lösung istdann die Eigenfunktionen in (A.2.11), also

    Xn(x) = sin(nπ x),

    bzw. jedes beliebige Vielfache davon. Um also überhaupt nicht-triviale Lösungen zuerhalten, muss die Konstante in (1.3) also gleich einem Eigenwert sein, so dass diezweite GDGl für Y durch

    Y ′′(y)− (nπ)2Y (y) = 0 in (0, 1) (1.7)gegeben ist. Nach den Überlegungen im vorigen Abschnitt ist die Lösung dieserGleichung durch (2.5) gegeben, also:

    Y (y) = c1enπ y + c2e

    −nπ y.

    Die Randbedingung bei y = 0 lautet u(x, 0) = 0 für alle x ∈ [0, 1], so dass Y nachderselben Argumentation wie in (1.6) die Randbedingung Y (0) = 0 erfüllen muss.Es gilt also

    Y (0) = c1 + c2!

    = 0 ⇒ c1 = −c2.Die Lösung von (1.7) hat daher die Form

    Y (y) = c1(enπ y − e−nπ y

    )= 2 c1 sinh(nπ y) =: 2 c1 Yn(y)

    mit Yn(y) = sinh(nπ y). Zusammenfassend haben wir damit gezeigt, dass die Funk-tionen

    un(x, y) := Xn(x)Yn(y) = sin(nπ x) sinh(nπ y)

    die Laplace-Gleichung (1.1a) und die Randbedingungen u(x, 0) = 0 und u(0, y) =u(1, y) = 0 erfüllen. Man sieht leicht, dass wegen der Linearität der Laplace-Gleichungdasselbe auch für beliebige Linearkombinationen der un gilt. Um auch die Randbe-dingung u(x, 1) = f(x) zu erfüllen, wählen wir als Ansatz für die Lösung der PDGleine unendliche Linearkombination der un:

    u(x, y) =∞∑n=1

    cnun(x, y) =∞∑n=1

    cn sin(nπ x) sinh(nπ y). (1.8)

  • 32 4. ELLIPTISCHE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN – DIE LAPLACE-GLEICHUNG

    Dieser Ausdruck muss zu diesem Zeitpunkt noch formal aufgefasst werden, da wirja noch gar nicht wissen, ob und in welchem Sinne die obige Reihe konvergiert,geschweige denn, ob die Grenzfunktion differenzierbar ist. Bevor wir uns mit diesenFragen beschäftigen, rechnen wir formal weiter und bestimmen die Koeffizienten cn.Um auch die Randbedingung bei y = 1 zu erfüllen, muss

    u(x, 1) =∞∑n=1

    cn sinh(nπ) sin(nπ x)!

    = f(x) (1.9)

    gelten. Wenn wir nun f in eine Sinus-Reihe entwickeln, vgl. (1.6), d.h.

    f(x) =∞∑n=1

    bn sin(nπ x) mit bn = 2

    ∫ 10

    f(x) sin(nπ x) dx,

    ergibt ein Koeffizientenvergleich in (1.9), dass

    cn =bn

    sinh(nπ).

    Man beachte hierbei: die Fourierreihenentwicklung von f ist eindeutig, so dass dieKoeffizienten bn bzw. cn eindeutig festgelegt sind. Unser Kandidat für die Lösungvon (1.1) lautet also

    u(x, y) =∞∑n=1

    bnsinh(nπ)

    sin(nπ x) sinh(nπ y) mit bn = 2

    ∫ 10

    f(x) sin(nπ x) dx.

    (1.10)Um zu beweisen, dass dies wirklich eine (die3) Lösung von (1.1) ist, müssen wirzunächst einmal definieren, was wir unter einer Lösung von (1.1) verstehen wollen.

    Definition 1.1Eine Funktion u : Ω̄ → R heißt (klassische) Lösung der Laplace-Gleichung (1.1),falls u ∈ C2(Ω) ∩ C(Ω̄) und −∆u(x) = 0 für alle x ∈ Ω und u(x) = g(x) für allex ∈ Γ. �

    Man beachte, dass Ω = (0, 1) × (0, 1) eine offene Menge ist, und die Stetigkeit derersten und zweiten Ableitungen von u auf dem Rand nicht gefordert wird. Da füru ∈ C2(Ω) ∩ C(Ω̄) die Funktion u zweimal stetig diffbar in Ω und stetig bis zumRand ist, sind ∆u in Ω und die Randwerte von u wohl-definiert, so dass Definition1.1 Sinn macht.

    Um zu beweisen, dass die Reihe in (1.10) tatsächlich eine Lösung im Sinne der obigenDefinition ist, müssen wir zeigen, dass die Reihe konvergiert und den entsprechen-den Regularitätsanforderungen genügt. Dann erfüllt u nach Konstruktion die PDGl(1.1).

    Satz 1.2Die Funktion f : [0, 1]→ R erfülle die folgenden Voraussetzungen:

    (1) f sei stetig und stückweise stetig differenzierbar.(2) f habe homogene Randwerte.

    3Wir werden noch sehen, dass Lösungen der Laplace-Gleichung mit Dirichlet-Randbedingungeneindeutig sind, vgl. Abschnitt 4.

  • 4. TRENNUNG DER VARIABLEN – DIE FOURIER-METHODE 33

    Dann ist die Reihe in (1.10) gleichmässig konvergent mit einem Grenzwert u ∈C(Ω̄)∩C2(Ω), der die Laplace-Gleichung mit inhomogenen Randbedingungen (1.1)erfüllt.

    Beweis: Wir zeigen zunächst die gleichmäßige Konvergenz der Reihe in (1.10). Dazuseien cn und un wie oben definiert. Mit der Supremumsnorm aus (1.1.1) gilt

    ∞∑n=1

    ‖cnun‖∞ =∞∑n=1

    supx∈Ω̄|cnun(x, y)|

    ≤∞∑n=1

    |bn| supx∈[0,1]

    | sin(nπ x)| supy∈[0,1]

    ∣∣∣sinh(nπ y)sinh(nπ)

    ∣∣∣≤

    ∞∑n=1

    |bn|

  • 34 4. ELLIPTISCHE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN – DIE LAPLACE-GLEICHUNG

    falls y < 1. Nach dem Majorantenkriterium für Reihen konvergiert die Reihe deshalbpunktweise gegen eine Funktion v(x, y), falls y < 1, also insbesondere in Ω.4 Dasreicht aber noch nicht, um zu zeigen, dass v die stetige zweite partielle Ableitungvon u ist. Auf der anderen Seite kann man aber auch keine gleichmäßige Konvergenzder Reihe erwarten, da aus den obigen Überlegungen folgt:

    (n∗)2sinh(n∗π y)

    sinh(n∗π)≥ 4

    (1− y)2π2e−2 − 1→∞ für y ↗ 1.

    Hier muss man etwas subtiler argumentieren. Dazu sei ξ̃ = (x̃, ỹ) ∈ Ω beliebigaber fest. Da Ω offen ist, existiert ein ε > 0, so dass Bε(ξ̃) ⊂ Ω, wobei Bε(ξ̃)die abgeschlossene Kugel um ξ̃ mit Radius ε bezeichnet. Auf dem Kompaktum[ỹ − ε, ỹ + ε] ist C(y) stetig (da ỹ + ε < 1), so dass C(y) nach dem Satz vonWeierstraß dort sein Maximum annimmt, dass wir mit C̃ < ∞ bezeichnen wollen.Dieses hängt natürlich von ξ̃ und ε ab. Dann folgt

    ∞∑n=1

    supx∈Bε(ξ̃)

    ∣∣∣π2n2 bnsinh(nπ)

    sin(nπ x) sinh(nπ y)∣∣∣ ≤ π2 C̃ ∞∑

    n=1

    |bn|

  • 4. TRENNUNG DER VARIABLEN – DIE FOURIER-METHODE 35

    Dazu müssen wir den Faktor n2 kompensieren. Hierfür intergrieren wir den Ausdruckfür die Fourier-Koeffizienten von f zweimal partiell und erhalten:

    bn =

    ∫ 10

    f(x) sin(nπ x) dx

    =1

    (− f(x) cos(nπ x)

    ∣∣∣10

    +

    ∫ 10

    f ′(x) cos(nπ x) dx)

    =1

    ∫ 10

    f ′(x) cos(nπ x) dx

    =1

    (nπ)2

    (f ′(x) sin(nπ x)

    ∣∣∣10−∫ 1

    0

    f ′′(x) sin(nπ x) dx)

    = − 1(nπ)2

    ∫ 10

    f ′′(x) sin(nπ x) dx =: − 1(nπ)2

    βn,

    wobei βn gerade die Fourier-Koeffizienten der Sinus-Reihe von f′′ sind. Für die Reihe

    in (1.11) folgt damit

    ∞∑n=1

    supx∈Ω

    ∣∣∣π2n2 bnsinh(nπ)

    sin(nπ x) sinh(nπ y)∣∣∣

    =∞∑n=1

    supx∈Ω

    ∣∣∣ βnsinh(nπ)

    sin(nπ x) sinh(nπ y)∣∣∣ ≤ ∞∑

    n=1

    |βn|

  • 36 4. ELLIPTISCHE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN – DIE LAPLACE-GLEICHUNG

    Dann wird f in gleicher Weise in eine Fourier-Reihe eintwickelt. Durch einen Koef-fizientenvergleich erhält man auf diese Weise GDGl’en für die unbekannten Fourier-Koeffizienten der Lösung u. Für nähere Einzelheiten sei auf [Tychonoff and Samarski,1959, Abschnitt II.3.4] verwiesen. �

    Bemerkung 1.6Die Methode der Trennung der Variablen funktioniert analog auch für parabolischeund hyperbolische PDGl’en, s. Übung. �

    2. Beispiel – Die Laplace-Gleichung auf dem Einheitskreis

    Am ersten Beispiel erkennt man, dass die Form des Gebiets für die Anwendung derFourier-Methode essentiell ist. Wenn das Gebiet Ω kein Rechteck ist, kann man esin manchen Fällen durch eine geeignete Transformation darauf zurückführen, wasdie Anwendung der Fourier-Methode ermöglicht. Ein Beispiel hierfür ist der Kreis.Wir betrachten daher die Aufgabe

    −∆u = 0 in Ωu = f auf Γ = ∂Ω.

    für den Einheitskreis

    Ω = {(x, y) ∈ R× R : x2 + y2 < 1}.Um den Kreis auf ein Quadrat zu überführen, transformieren wir das Problem inPolarkoordinaten (r, ϕ), d.h.

    x = r cosϕ, y = r sinϕ

    mit r ≥ 0 und ϕ ∈ [0, 2π]. Der Laplace-Operator in Polarkoordinaten lautet∆(.) = (1/r)∂r(r∂r(.)) + (1/r

    2)∂2ϕϕ(.),

    s. Übung. Um auch die Randbedingung in Polarkoordinaten zu überführen, nehmenwir an, dass die Funktion f die Form f = f(ϕ) mit f(0) = f(2π) hat. Dann lautet dieDirichlet-Randbedingung in Polarkoordinaten u(1, ϕ) = f(ϕ). Die Randbedingungfür ϕ ergibt sich aus unserem Lösungsbegriff: da wir nur zweimal stetig partielldiffbare Lösungen betrachten, sind Sprünge von u und seiner Ableitung nicht erlaubt.Daraus resultiert, dass u und ∇u bzgl. ϕ 2π-periodisch sein müssen, d.h. u(r, 0) =u(r, 2π) und ∂ϕu(r, 0) = ∂ϕu(r, 2π).

    5 Damit erhalten wir die folgende transformiertePDGl:

    −∂2u

    ∂r2− 1r

    ∂u

    ∂r− 1r2∂2u

    ∂ϕ2= 0 in Ω = (0, 1)× (0, 2π) (1.14a)

    u(1, ϕ) = f(ϕ) für ϕ ∈ (0, 2π). (1.14b)u(r, 0) = u(r, 2π) für r ∈ (0, 1). (1.14c)

    ∂u

    ∂ϕ(r, 0) =

    ∂u

    ∂ϕ(r, 2π) für r ∈ (0, 1). (1.14d)

    Analog zu (1.2), wählen wir den Separationsansatz

    u(r, ϕ) = R(r)Φ(ϕ). (1.15)

    5Beachte: ∂ru(r, 0) = ∂ru(r, 2π) muss man nicht explizit fordern, da diese Gleichheit für diff-bare periodische Funktionen automatisch erfüllt ist.

  • 4. TRENNUNG DER VARIABLEN – DIE FOURIER-METHODE 37

    Setzt man diesen in (1.14a) ein, ergibt eine zu (1.3) analoge Argumentation diefolgenden GDGl’en für R und Φ:

    Φ′′(ϕ) + λΦ(ϕ) = 0 in (0, 2π) (1.16)

    r2R′′(r) + rR′(r)− λR(r) = 0 in (0, 1) (1.17)

    Die Randbedingungen für Φ folgen aus den periodischen Randbedingungen (1.14c)und (1.14d)

    Φ(0) = Φ(2π), Φ′(0) = Φ′(2π). (1.18)

    Damit erhalten wir ein Sturm-Liouvillesches Eigenwertproblem mit periodischenRandbedingungen für Φ. Die zugehörigen Eigenwerte sind nach (A.2.10) mit l = 2πdurch λn = n

    2 gegeben und die Eigenfunktionen lauten nach (A.2.14)

    Φn(ϕ) = cos(nϕ), Φ̃n(ϕ) = sin(nϕ), n ∈ N ∪ {0}.

    Jede Linearkombination dieser Eigenfunktionen ist nach Satz A.2.2 eine nicht-trivialeLösung von (1.16) mit den periodischen Randbedingungen.

    Die GDGl für R ist eine Euler-DGl , deren Lösung für λn = n2 durch

    R0(r) = k(1)0 + k

    (2)0 log(r), n = 0

    Rn(r) = k(1)n r

    n + k(2)n r−n, n > 0

    gegeben ist, s. Übung. Da wir in Ω stetige Lösungen suchen, muss k(2)n = 0 (denn

    sonst hätten die Rn eine Singularität bei r = 0).

    Aus diesen Überlegungen folgern wir, dass Funktionen der Form

    un(r, ϕ) = Rn(r)(c(1)n Φn(ϕ) + c

    (2)n Φ̃n(ϕ)

    )= rn

    (c(1)n r

    n cos(nϕ) + r−n sin(nϕ))

    die beiden GDGl’en (1.16) und (1.17) lösen und die Periodizitätsbedingung (1.18)erfüllen. Ähnlich wie in (1.8) wählen wir daher den Ansatz

    u(r, ϕ) =∞∑n=0

    un(r, ϕ) =∞∑n=0

    rn(c(1)n cos(nϕ) + c

    (2)n sin(nϕ)

    )und hoffen, durch die Wahl einer unendlichen Reihe auch die Randbedingung beir = 1, d.h. (1.14b) erfüllen zu können. Wie im vorigen Abschnitt entwickeln wir die2π-periodische Funktion in eine Fourier-Reihe, und zwar

    f(ϕ) =a02

    +∞∑n=1

    (an cos(nϕ) + bn sin(nϕ)

    )mit

    an =1

    π

    ∫ 2π0

    f(ϕ) cosnϕ dϕ, n = 0, 1, 2, ...,

    bn =1

    π

    ∫ 2π0

    f(ϕ) sinnϕ dϕ, n = 1, 2, ...,

    vgl. (1.5). Dann folgt aus der Randbedingung (1.14b) mittels Koeffizientenvergleich,dass

    c(1)0 =

    a02, c(1)n = an, c

    (2)n = bn, n > 0.

  • 38 4. ELLIPTISCHE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN – DIE LAPLACE-GLEICHUNG

    Damit ist der Kandidat für die Lösung gefunden:

    u(r, ϕ) =a02

    +∞∑n=1

    rn(an cos(nϕ) + bn sin(nϕ)

    ), (1.19)

    mit den Fourier-Koeffizienten an und bn von f . Bleibt die Frage zu klären, ob dieseReihe tatsächlich eine Lösung im Sinne der Lösungsdefinition 1.1 (mit f anstelle vong) ist.

    Satz 1.7Die Funktion f : [0, 2π] → R sei stetig, stückweise stetig differenzierbar und 2π-periodisch. Dann konvergiert die Reihe in (1.19) und der Grenzwert erfüllt u ∈C(Ω̄)∩C2(Ω) und löst die PDGl (1.14) im Sinne einer klassischen Lösung (vgl. Def.1.1).

    Beweis: Der Beweis ist dem Beweis von Satz 1.2 sehr ähnlich, weshalb wir ihn nurskizzieren. Die gleichmäßige Konvergenz von der Reihe in (1.19) in Ω̄ zeigt manwieder mit Hilfe des Majorantenkriteriums von Weierstraß. Hierbei benötigt manwieder absolute Konvergenz der Fourier-Koeffizienten von f , die aus der gleichmäßi-gen Konvegenz der entsprechenden Fourier-Reihe nach Proposition 1.11 folgt. (Dieseist anwendbar, da f u.a. 2π-periodisch ist.) Damit ist u stetig bis zum Rand, so dassdie Dirichlet-Randbedingungen wohl definiert sind.

    Um die zweimalige Diffbarkeit von u in Ω zu zeigen, geht man ebenfalls genau wie imBeweis von Satz 1.2 vor. Wieder entsteht bei (formaler) zweimaliger Differentiationder lästige Faktor n2. Diesmal können wir ihn im Inneren des Gebiets, d.h. für r < 1,mit dem Faktor rn kompensieren. (rn spielt also die Rolle des sinh-Terms im Beweisvon Satz 1.2). Dann argumentiert man genau wie im Beweis von Satz 1.2, um zuzeigen, dass u in Ω, d.h. im Inneren des Kreises, zweimal stetig diffbar ist. Dass udie PDGl inkl. der Randbedingungen erfüllt folgt gerade wieder nach Konstruktion.�

    Bemerkung 1.8

    In [Tychonoff and Samarski, 1959, Abschnitt IV.3.2] wird für das Beispiel der Laplace-Gleichung auf einem Kreisgebiet gezeigt, dass man sogar Lösungen im Sinne derDefinition 1.1 erhält, falls f nur stetig und nicht auch stückweise stetig diffbar ist.Wir wollen auf diesen etwas technischen Beweis hier nicht eingehen. �

    § 2 Fundamentallösung

    Eine Kernaussage der klassischen Theorie partieller Differentialgleichungen ist dieIntegraldarstellung von Lösungen mit Hilfe der so genannten Greenschen Funktion.Diese Darstellung von Lösungen erlaubt theoretische Aussagen, führt aber auch aufnumerische Verfahren, wie beispielsweise die Boundary Element Methode.

    Bei dieser Integraldarstellung spielt die Fundamentallösung der Laplace-Gleichungeine wesentliche Rolle. Wir werden sehen, dass sie als Greensche Funktion für denganzen Raum interpretiert werden kann. Die Fundamentallösung, die wir mit Φbezeichnen, ist eine Lösung der Laplace-Gleichung, sie erfüllt also ∆Φ = 0. SolcheFunktionen nennen wir harmonisch.

  • 4. FUNDAMENTALLÖSUNG 39

    Definition 2.1Eine Funktion u ∈ C2(Ω), welche die Laplace-Gleichung löst, heißt harmonisch inΩ. �

    Die Fundamentallösung ist harmonisch in Rn \ {0}, und gleichzeitig radialsymme-trisch, d.h. es gilt

    Φ(x) = φ(r(x)) mit r = r(x) = |x| =

    (n∑i=1

    x2i

    )1/2.

    Man sieht leicht (vgl. Übung), dass solche Funktionen die folgende Form habenmüssen:

    φ(r) =

    {c1 +

    c2rn−2

    , n ≥ 3c1 + c2 ln r, n = 2.

    mit beliebigen c1, c2 ∈ R.

    Definition 2.2Die Funktion Φ : Rn \ {0} → R,

    Φ(x) =

    {− 1

    2πln |x|, n = 2

    1(n−2)ωn

    1|x|n−2 , n ≥ 3

    nennt sich Fundamentallösung für die Laplace-Gleichung. Dabei bezeichnet ωn =|S(0; 1)| =

    ∫S(0;1)

    ds das Oberflächenmaß der Einheitskugel in Rn (also den Fächen-inhalt der n-dimensionalen Einheitskugeloberfläche). �

    Bemerkung 2.3

    Nach Lemma 4.1 (s.u.) gilt für das Volumen Vn der Einheitskugel des Rn

    Vn =

    ∫B(0;1)

    dx =

    ∫ 10

    ∫S(0,r)

    ds dr =

    ∫ 10

    rn−1∫S(0;1)

    ds dr =1

    nωn,

    wobei wir ausgenutzt haben, dass |S(0; r1)| = (r1/r2)n−1|S(0; r2)| (s. Übung). Daherist die obige Definition der Fundamentallösung äquivalent zu

    Φ(x) =

    {− 1

    2πln |x|, n = 2

    1n(n−2)Vn

    1|x|n−2 , n ≥ 3,

    welche in der Literatur ebenfalls häufig verwendet wird. �

    Den Grund für die spezielle Normierung in dieser Definition sehen wir später. DieFundamentallösung hat eine Singularität bei x = 0. Sie ist trotzdem integrierbar,wie das folgende Lemma zeigt:

    Lemma 2.4Es bezeichnen B(0;R) und S(0;R) die Kugel im Rn um 0 mit Radius R > 0 und ihreOberfläche, s. Abschnitt 1.1. Die Fundamentallösung und ihre partiellen Ableitungensind integrierbar, d.h. insbesondere, dass die uneigentlichen Integrale∫

    B(0;R)

    Φ(x) dx

  • 40 4. ELLIPTISCHE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN – DIE LAPLACE-GLEICHUNG

    existieren. Darüber hinaus gilt∫B(0;ε)

    Φ(x) dx→ 0,∫S(0;ε)

    Φ(x) ds→ 0 für ε ↓ 0.

    Beweis: s. Übung. Der Beweis beruht im Wesentlichen darauf, dass DiΦ(x) ∼ |x|1−n.�

    Bemerkung 2.5Die zweiten partiellen Ableitungen von Φ sind allerdings nicht mehr integrierbar,denn DiDjΦ(x) ∼ |x|−n. �

    Mit Hilfe der Fundamentallösung kann man Lösungen der Poisson-Gleichung in Rn,also6

    −∆u = f in Rn,in Form eines Integrals darstellen. Dafür benötigen wir allerdings noch folgendeDefinitionen und Hilfssätze.

    Definition 2.6Sei Ω ⊂ Rn ein Gebiet und f : Ω→ R eine Funktion. Die Menge

    supp f := {x ∈ Ω : f(x) 6= 0}

    heißt Träger von f (engl.”support“). Es ist die kleinste abgeschlossene Menge,

    außerhalb derer f verschwindet. �

    Definition 2.7Mit Ck0 (Rn) bezeichnen wir die Menge der auf Rn k-mal stetig diffbaren Funktionenmit kompaktem (also beschränktem und abgeschlossenem) Träger.

    Lemma 2.8Sei K ⊂ R eine offene und beschränkte Menge und f : K → R eine stetig diffba-re Funktion, deren Ableitung sich stetig zum Rand von K fortsetzen lässt. Dannkonvergiert der Differenzenquotient gleichmäßig auf K gegen die Ableitung von f ,d.h.

    f(x+ h)− f(x)h

    ⇒ f ′(x) für h→ 0 in K.

    Beweis: Sei x ∈ K beliebig. Nach dem Mittelwertsatz existiert ein λ = λ(x, h) ∈[0, 1], sodass ∣∣∣∣f(x+ h)− f(x)h − f ′(x)

    ∣∣∣∣ = |f ′(x+ λh)− f ′(x)|. (2.1)Nach dem Satz von Heine ist die stetige Funktion f ′ gleichmäßig stetig auf demKompaktum K, so dass es zu jedem ε ein h(ε) > 0, unabhängig von x, gibt mit

    |f ′(x+ λh)− f ′(x)| < ε

    für alle h < h(ε), alle λ ∈ [0, 1] und alle x ∈ K. Zusammen mit (2.1) folgt darausdie Aussage. �

    6Da das Gebiet hier der ganze Raum ist, macht es keinen Sinn Randbedingungen zu fordern.

  • 4. FUNDAMENTALLÖSUNG 41

    Bemerkung 2.9Völlig analog zeigt man im Mehrdimensionalen die entsprechende Aussage für diepartiellen Ableitungen, also

    f(x+ hei)− f(x)h

    ⇒ Dif(x) für h→ 0,

    wobei ei der entsprechende karthesische Einheitsvektor ist. �

    Lemma 2.10Sei x ∈ Rn ein gegebener Punkt und f : Rn → R eine in x stetige Funktion. Danngilt

    f(x) = limε↓0

    1

    |B(x; ε)|

    ∫B(x;ε)

    f(y) dy und f(x) = limε↓0

    1

    |S(x; ε)|

    ∫S(x;ε)

    f(y) dsy.

    Hierbei bezeichnen |B(x; ε)| und |S(x; ε)| das Maß von B(x; ε) und S(x; ε), also z.B.|B(x; ε)| =

    ∫B(x;ε)

    dx.

    Beweis: Wir beweisen die Aussage für B(x; ε). Die zweite Behauptung zeigt manvöllig analog. Es gilt

    1

    |B(x; ε)|

    ∫B(x;ε)

    f(y) dy =1

    |B(x; ε)|

    [ ∫B(x;ε)

    f(x) dy +

    ∫B(x;ε)

    (f(y)− f(x)

    )dy]

    = f(x) +1

    |B(x; ε)|

    ∫B(x;ε)

    (f(y)− f(x)

    )dy.

    Die Stetigkeit von f in x liefert für den zweiten Summanden∣∣∣ 1|B(x; ε)|∫B(x;ε)

    (f(y)− f(x)

    )dy∣∣∣

    ≤ 1|B(x; ε)|

    ∫B(x;ε)

    dy supy∈B(x;ε)

    |f(y)− f(x)| = supy∈B(x;ε)

    |f(y)− f(x)| → 0 für ε ↓ 0,

    woraus die Aussage folgt. �

    Bemerkung 2.11Für Mathematiker: Die erste Aussage gilt bis auf Nullmengen auch für lokal Lebesgue-integrierbare Funktionen und ist als Lebesguescher Differentiationssatz bekannt, s.[Evans, 1998, Thm. E.6]. �

    Lemma 2.12 (Greensche Formel)Sei Ω ⊂ Rn eine beschränktes Gebiet mit glattem Rand7. Die äußere Normale auf ∂Ωbezeichnen wir mit ν. Weiter seien zweimal stetig diffbare Funktionen u, v : Ω̄→ Rgegeben, d.h. u, v ∈ C2(Ω̄). Dann gelten die erste und zweite Greensche Formel :∫

    ∇u · ∇v dx = −∫

    u∆v dx+

    ∫∂Ω

    u∂v

    ∂νds (2.2)∫

    (u∆v − v∆u) dx =∫∂Ω

    (u∂v

    ∂ν− v ∂u

    ∂ν

    )ds. (2.3)

    7genauer: C1-Rand, s. Definition 3.1.

  • 42 4. ELLIPTISCHE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN – DIE LAPLACE-GLEICHUNG

    Beweis: s. Übung. Beide Gleichungen ergeben sich direkt aus dem Satz von Gauß2.1.2. Um (2.2) herzuleiten, setzt man im Satz von Gauß φ = v∇u. Vertauscht manu und v in (2.2) und subtrahiert die entstehende Gleichung von (2.2), erhält man(2.3). �

    Jetzt können wir die oben angedeutete Integraldarstellung von Lösungen der Poisson-Gleichung herleiten.

    Satz 2.13Es sei f ∈ C20(Rn) gegeben und u durch

    u(x) =

    ∫Rn

    Φ(x− y)f(y) dy (2.4)

    definiert. Dann gilt u ∈ C2(Rn) und

    −∆u = f in Rn. (2.5)

    Beweis: Wir beweisen zunächst, dass u tatsächlich zweimal stetig diffbar ist. Mitder Substitution ỹ = x− y erhält man

    u(x) =

    ∫Rn

    Φ(x− y)f(y) dy =∫Rn

    Φ(ỹ)f(x− ỹ) dỹ.

    (Wir schreiben im Folgenden y statt ỹ.) Dass u (punktweise) wohl definiert ist, folgtdann sofort aus ‖f‖∞ < ∞ und der Integrierbarkeit von Φ auf dem kompaktenTräger von f nach Lemma 2.4. Wir vermuten, dass die partiellen Ableitungen vonu durch

    Diu(x) =

    ∫Rn

    Φ(y)Dif(x− y) dy

    DiDju(x) =

    ∫Rn

    Φ(y)DiDjf(x− y) dy

    gegeben sind. Da supp f kompakt also beschränkt ist, gibt es ein R > 0, so dassf(x − y) für alle y /∈ B(x;R), also außerhalb des Kreises mit Radius R, mitsamtseinen Ableitungen verschwindet. Wählen wir R genügend groß, dann gilt dies auchfür f(x− y + hei), falls h > 0 hinreichend klein ist. Damit ergibt sich für beliebigesaber festes x ∈ Rn:∣∣∣u(x+ hei)− u(x)

    h−Diu(x)

    ∣∣∣=∣∣∣ ∫

    RnΦ(y)

    (f(x− y + hei)− f(x− y)h

    −Dif(x− y))dy∣∣∣

    =∣∣∣ ∫

    B(x;R)

    Φ(y)(f(x− y + hei)− f(x− y)

    h−Dif(x− y)

    )dy∣∣∣

    ≤∫B(x;R)

    |Φ(y)| dy supy∈B(x;R)

    ∣∣∣f(x− y + hei)− f(x− y)h

    −Dif(x− y)∣∣∣→ 0

    für h ↓ 0 wegen der Integrierbarkeit von Φ und der gleichmäßigen Konvergenz desDifferenzenquotienten nach Lemma 2.8. Im Fall der zweiten Ableitung argumentiertman völlig analog. Um die Stetigkeit der zweiten Ableitung zu zeigen, betrachtenwir zwei beliebige aber feste Punkte x, x̃ ∈ Rn. Wegen der Kompaktheit von supp f

  • 4. FUNDAMENTALLÖSUNG 43

    verschwinden f ′′(x − y) und f ′′(x̃ − y) wieder, falls y /∈ B(x;R) mit hinreichendgroßem R. Daraus folgt

    |DiDju(x)−DiDju(x̃)| ≤∫B(x;R)

    |Φ(y)| dy supB(x;R)

    |DiDjf(x− y)−DiDjf(x̃− y)|,

    so dass |DiDju(x) − DiDju(x̃)| → 0, falls |x̃ − x| → 0 wegen der gleichmäßigenStetigkeit der Hessematrix von f auf dem Kompaktum B(x;R). Daher ist u ∈C2(Rn) wie behauptet.

    Es bleibt nachzuweisen, dass u wie in (2.4) definiert tatsächlich die Poisson-Gleichungerfüllt. Dazu sei x ∈ Rn beliebig aber fest. Wir wissen bereits, dass ∆u(x) =∫Rn Φ(y)∆xf(x− y) dy, allerdings ist eine Auswertung dieses Integrals nicht trivial,

    da Φ eine Singularität bei x = 0 hat. Wir spalten daher das Integral wie folgt auf:

    ∆u(x) =

    ∫Rn

    Φ(y)∆xf(x− y) dy

    =

    ∫B(0;ε)

    Φ(y)∆xf(x− y) dy +∫Rn\B(0;ε)

    Φ(y)∆xf(x− y) dy

    =: Iε + Jε.

    (2.6)

    Der erste Term Iε wird mit ε klein, denn aus Lemma 2.4 und der stetigen Diffbarkeitvon f folgt:

    |Iε| ≤ ‖∆f‖∞∫B(0;ε)

    |Φ(y)| dy → 0 für ε ↓ 0. (2.7)

    Bei Jε integrieren wir partiell und verwenden die Kurzschreibweisen Bε = B(0; ε)und Sε = ∂Bε. Die Kettenregel impliziert, dass ∆xf(x − y) = ∆yf(x − y), so dassaus der ersten Greenschen Formel (2.2) folgt:

    Jε =

    ∫Rn\Bε

    Φ(y)∆xf(x− y) dy

    =

    ∫Rn\Bε

    Φ(y)∆yf(x− y) dy

    =

    ∫Sε

    Φ(y)∂f

    ∂ν(x− y) dsy −

    ∫Rn\Bε

    ∇Φ(y)∇yf(x− y) dy

    = Kε + Lε.

    (2.8)

    Streng genommen gilt der Satz von Gauß und die Greensche Formel nur auf be-schränkten Gebieten. Wenn wir aber berücksichtigen, dass f kompakten Träger hatund daher samt seinen Ableitungen außerhalb und auf dem Rand von B(0;R) ver-schwindet, wenn R nur groß genug gewählt wird, dann kann man statt über Rnauch über {x} −B(0;R) integrieren und dort die Greensche Formel anwenden. Diedabei entstehenden Randintegrale entfallen, da ∇f auf ∂B(0;R) gleich Null ist. DasIntegral über B(0;R) kann anschließend wieder durch das über Rn ersetzt werden,da ∇f außerhalb von B(0;R) verschwindet.

    Der Term Kε wird wieder mit ε klein, denn

    |Kε| ≤ ‖∇f‖∞∫Sε

    |Φ(y)| dsy → 0 für ε ↓ 0 (2.9)

  • 44 4. ELLIPTISCHE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN – DIE LAPLACE-GLEICHUNG

    nach Lemma 2.4. Bei Lε benutzen wir noch einmal die erste Greensche Formel, um∆Φ = 0 in R \ {0} ins Spiel zu bringen:

    Lε = −∫Sε

    ∂Φ

    ∂ν(y)f(x− y) dsy +

    ∫Rn\Bε

    ∆Φ(y)f(x− y) dy

    = −∫Sε

    ∂Φ

    ∂ν(y)f(x− y) dsy,

    (2.10)

    weil Φ außerhalb des Nullpunktes harmonisch ist. Wie bei Jε müsste man bei derpartiellen Integration streng genommen wieder einen Umweg über B(0;R) mit hin-reichend großem R machen. Die Ableitung von Φ für n ≥ 2 ist durch

    ∇Φ(y) = − 1ωn

    y

    |y|n(2.11)

    gegeben (s. Übung) und die äußere Normale auf Sε ist ν = − y|y| = −yε

    (negativ, da

    partielle Integration über das Außengebiet!). Daher ergibt sich für die Normalena-bleitung von Φ auf Sε

    ∂Φ

    ∂ν= ∇Φ · ν = 1

    ωn

    |y|2

    εn+1=

    1

    |S(0; 1)| εn−1=

    1

    |Sε|,

    wobei wir wie in Bemerkung 2.3 wieder |S(0; r1)| = (r1/r2)n−1|S(0; r2)| verwendethaben. Mit der Koodinatentransformation ỹ = x− y folgt daraus

    Lε = −1

    |Sε|

    ∫Sε

    f(x− y) dsy

    = − 1|S(x; ε)|

    ∫S(x;ε)

    f(ỹ) dsỹ → −f(x) für ε ↓ 0(2.12)

    nach Lemma 2.10. Vollziehen wir also den Grenzübergang ε ↓ 0, so erhalten wirinsgesamt

    ∆u(x) =

    ∫Rn

    Φ(y)∆xf(x− y) dy = −f(x).

    Da x ∈ Rn beliebig war, ist das äquivalent zu (2.5). �

    Bemerkung 2.14Man kann Satz 2.13 auch unter wesentlich schwächeren Voraussetzungen an f be-weisen, z.B. für Funktionen aus C10(Rn), vgl. [Farwig, SoSe 2008, Korollar 4.5] oder[Gilbarg and Trudinger, 1977, Abschnitt 2]. �

    Die Integraldarstellung (2.4) erlaubt es nun bei gegebener rechte Seite f die Lösungan jedem Punkt x ∈ Rn durch Berechnung des Integrals zu bestimmen. Man kanndarüber hinaus mit Hilfe von (2.4) die Fundamentallösung genauer charakterisieren.Dazu benötigen wir allerdings den etwas unhandlichen Begriff der Distribution, fürdessen Definition wir wiederum folgenden Konvergenzbegriff für Funktionen ausC∞0 (Rn) brauchen:

    Definition 2.15Es sei ϕ ∈ C∞0 (Rn) und eine Folge {ϕk}k∈N ∈ C∞0 (Rn) gegeben. Wir sagen, die Folge{ϕk} konvergiert in D gegen ϕ und schreiben

    ϕkD→ ϕ für k →∞,

    wenn gilt:

  • 4. FUNDAMENTALLÖSUNG 45

    (1) Es gibt eine kompakte Menge K ⊂ Rn mit suppϕk ⊂ K für alle k ∈ N undsuppϕ ⊂ K.

    (2) Gleichmäßige Konvergenz aller Ableitungen auf K, d.h. supx∈K |Dαϕk(x)−Dαϕ(x)| → 0 für alle Multiindizes α. �

    Definition 2.16 (Distributionen)Eine Distribution T : C∞0 (Rn) → R ist eine lineare Abbildung von C∞0 (Rn) in R,für die gilt:

    ϕkD→ ϕ ⇒ T (ϕk)→ T (ϕ)

    (Stetigkeit bzgl. Konvergenz in D). �

    Beispiel 2.17Zwei Beispiele für Distributionen sind die Folgenden:

    (1) Es sei f ∈ C(Rn) gegeben. Wir definieren für ϕ ∈ C∞0 (Rn)

    Tf (ϕ) :=

    ∫Rnf(x)ϕ(x) dx.

    (Beachte: da ϕ kompakten Träger hat, ist das obige Integral wohl definiert.)Dann ist Tf eine Distribution, denn Linearität von Tf folgt aus der Linea-rität des Integrals und die Stetigkeit von Tf folgt aus

    |Tf (ϕk)− Tf (ϕ)| = |∫K

    f(x)(ϕk(x)− ϕ(x)

    )dx|

    ≤∫K

    |f(x)| dx supx∈K|ϕk(x)− ϕ(x)| → 0

    wegen der gleichmäßigen Konvergenz von {ϕk}. Distributionen, die wie Tfdurch Integrale definiert sind, nennt man auch reguläre Distributionen.

    (2) Ein weiteres Beispiel ist die Diracsche Delta-Distribution. Seien ϕ ∈ C(Rn)und x ∈ Rn beliebig aber fest. Dann ist die Delta-Distribution δx : C(Rn)→R definiert durch:

    δx(ϕ) := ϕ(x)

    Man zeigt leicht, dass δx linear ist und im Sinne der Konvergenz in Dstetig, also in der Tat eine Distribution ist, s. Übung. Allerdings ist δx keinereguläre Distribution. �

    Definition 2.18 (Distributionelle Ableitung)Es sei T eine Distribution und α ein Multiindex. Die Ableitung T (α) von T istdefiniert durch

    DαT (ϕ) = (−1)|α|T (Dαϕ). �

    Mit ϕ ∈ C∞0 (Rn) gilt auch Dαϕ ∈ C∞0 (Rn), damit ist T (Dαϕ) und somit auchDαT (ϕ) wohl definiert und selbst wieder eine Distribution. Da ϕ unendlich oft dif-ferenziebar ist, besitzt jede Distribution alle Ableitungen beliebig hoher Ordnung.Das zeigt, wie allgemein dieser Ableitungsbegriff ist.

    Beispiel 2.19Wir betrachten die Ableitungen der Distributionen aus Beispiel 2.17.

  • 46 4. ELLIPTISCHE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN – DIE LAPLACE-GLEICHUNG

    (1) Für Tf ergibt sich

    DαTf (ϕ) = (−1)|α|∫Rnf(x)Dαϕ(x) dx.

    Man spricht im Fall regulärer Distributionen auch von der distributionellenAbleitung von f und meint damit DαTf , also die Ableitung von Tf . Andieser Formel sieht man auch, warum es Sinn macht von distributionellerAbleitung zu sprechen. Denn, wenn wir annehmen, dass f selber |α|-malstetig differenzierbar ist, also f ∈ C |α|(Rn), dann ergibt |α|-malige partielleIntegration (beachte: ϕ hat kompakten Träger), dass

    DαTf (ϕ) =

    ∫RnDαf(x)ϕ(x) dx.

    DαTf ist also gerade die (reguläre) Distribution, die durch Dαf gebildet

    wird. Auf ähnliche Weise kann man auch den Begriff der schwachen Ablei-tung einführen, s. Abschnitt ??.

    (2) Die Ableitung der Delta-Distribution ist gegeben durch

    Dαδx(ϕ) = (−1)|α|δx(Dαϕ) = (−1)|α|Dαϕ(x).Wie δx selber ist auch sie keine reguläre Distribution. �

    Bemerkung 2.20Genau wie auf Rn definiert man Distributionen und ihre Ableitung auf GebietenΩ ⊂ Rn. �

    Was hat die distributionelle Ableitung nun mit der Fundamentallösung zu tun?Dafür setzen wir (2.5) in (2.4) ein und erhalten:

    −∫Rn

    Φ(x− y)∆u(y) dy = u(x).

    Diese Formel gilt nach Satz 2.13