§ 1 Die Anstellung von (Zahn)Ärzten im Bereich der ambulanten Versorgung – neues...

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§ 1

Die Anstellung von (Zahn)Ärzten im Bereich

der ambulanten Versorgung –

neues Betätigungsfeld für

Arbeitsrechtler?

12.01.2011Eine Veranstaltung des Arbeitsrechtsforums Hannover

Referent: RA Luis Fernando UretaFachanwalt für MedizinrechtFachanwalt für Handels- und

Gesellschaftsrecht

Kanzlei lehmann und partnerrechtsanwälte – fachanwälte

Zeppelinstr. 8, 30175 Hannover&Kokenhorststr. 13, 30938 Burgwedel

© RA Luis Fernando Ureta

§ 2

Gliederung

1. Allgemeines - Einführung und Begrifflichkeiten

2. Rechtsgrundlagen

3. Arztstelle (Anstellung) erschaffen und behalten

4. Steuerliche Fragestellungen

5. Vergütung und Haftung des angestellten Arztes

6. nachvertragliches Wettbewerbsverbot

7. Besonderheiten Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ)

8. Exkurs: Tätigkeit von niedergelassenen Ärzten in einer Klinik

9. Fazit – offene Fragen

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§

1. Allgemeines - Einführung und Überblick

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§ Ureta 4

1. Allgemeines

► Bis 2004 Anstellung i.d.R nur als Assistent oder im sog. Jobsharing >> wirtschaftlich zumeist uninteressant

► 2004 (GMG) Anstellung erleichtert, insb. für die neu eingeführten Medizinischen Versorgungszentren (MVZ), welche bisher strengen Sektorengrenzen aufbrechen

► 2007 (VÄndG) deutliche Erleichterung der Anstellung

► KBV (Humanmediziner) hat ca. 137.000 Mitglieder, angestellte Ärzte in MVZ von 960 (1/2006) auf 6.200 (1/2010) angestiegen

► Gesundheitssektor ist (der) Wachstumsmarkt

§ 5

1. Allgemeines

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ZivilrechtSteuerrecht

Vertrags(zahn) -arztrecht

Berufsrecht

z.B. Berufs-ordnung,

Weiterbildungs-ordnung

z.B. SGB V, ZV-

(Zahn)ärzte, BEMA , EBM ,

GOÄ, GOZ

z.B. Miet-, Kauf-,

Arbeits- oder Gesell-

schaftsrecht

z.B. Umsatz-, Einkommens- oder Gewer-

besteuer

§ Ureta 6

1. Begrifflichkeiten

Vertragsarzt, Facharzt, Schwerpunktbezeichnungen

Arztstelle („Angestelltenzulassung“)

Gemeinschaftspraxis, Berufsausübungsgemeinschaft, Praxisgemeinschaft, Jobsharing

ambulanter und stationärer Sektor

Planungsbezirk

MVZ

KV/KZV, Zulassungsausschuss

Budget, Punktwert, RLV, QZV

Arzneimittel- und Honorarregresse

§ Ureta 7

1. Allgemeines – die Zulassung

Zulassung zur vertrags(zahn)ärztlichen Versorgung

►Voraussetzung für die Versorgung von GKV-/Kassenpa-tienten

► in den meisten Fachgruppen gesperrte Planungsbezirke

►Beachte: bei Zahnärzten seit 2007 keine Zulassungsbe-schränkungen mehr

►kompliziertes Abrechnungssystem im KV/KZV-Bereich mit restriktiven Vorgaben und allenfalls begrenzten Umsatz-steigerungsmöglichkeiten

►Die Erlangung der KV-/KZV-Zulassung sowie deren Erhalt und die Abrechnungsmöglichkeiten bestimmen regelmäßig die Gedankenwelt der Mandanten und ihrer Berater

§

2. Rechtsgrundlagen, Literatur

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2. Rechtsgrundlagen

§ 95 IX SGB V Anstellung Ärzte i.R.d. Bedarfsplanung

§ 103 IVa SGB V Verzicht Zulassung zugunsten einer Arztstelle § 19 II MBO-Ärzte Anstellung fachfremde Ärzte

§ 19 III MBO-Ärzte angemessene Vergütung des Angestellten

§ 32b Ärzte-ZV Konkretisierung und Verweis auf BMV

§§ 14, 14a, 15BMV-Ärzte konkrete Vorgaben Anstellung

§§ 23i-23mBedarfsplRL-Ärzte konkrete Vorgaben Anstellung

§ Ureta 10

2. Literatur

Literaturempfehlungen

Schallen, Ärzte-ZV;

Bäune/Meschke/Rothfuß, Kommentar ZVO-Ärzte;

Ratzel/Luxenburger, HdBuch Medizinrecht;

Ratzel/Lippert, Kommentar MBO-Ärzte

Schäfer-Gölz, RFragen um den angestellten Arzt, ZMGR 2009, 190ff

Clausen/Schröder-Printzen, Kooperationsverträge zw. Kran-kenhäusern und niedergelassenen Ärzten, ZMGR 2010, 3 ff

Zeitschriften: MedR, GesR, ZMGR, AMR

www.kbv.de; www.baek.de; www.kvn.de; www.aekn.de; www.kzbv.de; www.zaekn.de; www.sozialgerichtsbarkeit.de

§

3. Arztstelle schaffen und erhalten

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§ Ureta 12

3. Arztstelle schaffen und erhalten

Ausgangsfall:Gemeinschaftspraxis aus 3 Ärzten mit je einer Vertragsarztzu-lassung, Arzt 3 soll zukünftig als Angestellter arbeiten

Zum Thema Scheingemeinschaftspraxis: BSG 23.06.10

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3. Arztstelle schaffen und erhalten

Fall: Arzt 3 verzichtet auf seine Zulassung zugunsten einer Arztstelle (= Anstellung). Es wird mit Arzt 3 eine Probezeit von 6 Monaten vereinbart, Kündigungsfrist 2 Wochen – Arzt 3 kündigt nach 3 Wochen

§ 103 IV b SGB V: … auf seine Zulassung verzichten, um bei einem Vertragsarzt als angestellter Arzt tätig zu werden …

Zulassungsgremien verlangen wg. Wortlaut § 103 IV b SGB V i.d.R. Anstellungsdauer von 1-2 Quartalen des verzichtenden Arztes vor einer Nachbesetzung mit einem Dritten!

„... um ... tätig zu werden ...“

Beachte: Umwandlung von Arztstelle in Vertragsarztzulas-sung nach h.M. ausgeschlossen

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3. Arztstelle schaffen und erhalten

Arzt muss nach h.M. zugunsten eines konkreten Vertrags-arztes auf Zulassung zwecks Umwandlung in eine Arztstelle verzichten, auch bei Anstellung in Gemeinschaftspraxis (GP)

anders: Verzicht zugunsten MVZ

Probleme/Fragen:

Wer ist Arbeitgeber des angestellten Arztes in GP?

Wem gehört die Arztstelle/Zulassung, wenn Gemein-schaftspraxis gekündigt wird?

Fall: Arzt 3 hat zugunsten von Arzt 1 verzichtet, Arbeitgeber ist die Gemeinschaftspraxis. Arzt 1 und 2 streiten sich, Gemeinschaftspraxis wird von Arzt 1 gekündigt.

Wem gehört die Arztstelle (=Zulassung=Budget=Umsatz)?

§

4. Steuerliche Fragestellungen

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4. Steuerliche Fragestellungen

Fallbeispiele aus der Praxis:►2 Anästhesisten (Gemeinschaftspraxis) beschäftigen einen Kollegen auf einer Arztstelle. Alle 3 Ärzte sind regelmäßig in verschiedenen OP-Zentren und Kliniken tätig ►2 Allgemeinmediziner beschäftigten einen Kinderarzt und einen Gynäkologen►Zahnarzt beschäftigt einen Kollegen, die Praxis arbeitet im Schichtsystem►Problem Gewerbesteuer:

ausreichende Prägung/Überwachung der Tätigkeit des Angestellten?

was, wenn Überwachung fachlich, räumlich oder zeitlich nicht möglich?

§

5. Vergütung und Haftung des angestellten Arztes

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§

5. Vergütung des angestellten Arztes

Fälle aus der Praxis ► Arzt erhält monatliche Grundvergütung i.H.v. 1,-- €/brutto zzgl.

Beteiligung i.H.v. 35% an den von ihm erwirtschafteten Umsätze.

► Arzt erhält eine Bruttovergütung i.H.v. 35% der von ihm erwirtschafteten KV-Umsätze sowie 45% seiner privatärztlichen Umsätze, mind. aber 5.000 €/mtl.

Probleme bei Umsatzbeteiligung generell:► Wie ermitteln im Bereich KV/KZV?► Ausschluss von Manipulationen/Patientensteuerung?► Umgang mit veranlassten Leistungen (z.B. Labor, Ernährungs-

beratung, Zahnreinigung u.s.w.)► keine Konstanz im GKV-Bereich – z.T. Schwankungen 10-20%

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§

5. Haftung des angestellten Arztes

typische Klausel:

►„Der Arzt haftet für die von ihm (anteilig) verursachten Regresse (z.B. Arznei- oder Hilfsmittelverordnung, Honorar) und Ansprüchen Dritter anlässlich der Behandlung von Patienten, soweit diese nicht durch eine Haftpflichtversicherung abgedeckt sind“

Fragen/Probleme:

►(un)zulässige Haftungsverlagerung?

►Schadensverursachung ermittelbar?

►I.d.R. mehrere Jahre, bis Schaden fest steht (z.B. wg. Verfahrensdauer Regressverfahren)

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§

6. Nachvertragliches Wettbewerbsverbot

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§

6. Nachvertragliches Wettbewerbsverbot

Fall aus der Praxis:

►Wie Ausgangsfall (Gemeinschaftspraxis mit 3 Partnern), es verzichtet aber der Senior zugunsten einer Anstellung. Kaufpreis für Anteil beträgt 250.000 €

►Nachvertragliches Wettbewerbsverbot im Kaufvertrag:

„Verbot einer ambulanten ärztlichen Betätigung in einem Radius von 5 Kilometern um den Praxissitz für einen Zeitraum von 2 Jahren nach Übernahme.“

►Nach 2 Jahren Anstellung kündigt der angestellte „Senior“ und lässt sich in direkter Nachbarschaft (als Privatarzt) nieder

►Frage: kann Wettbewerbsverbot aus Anteilskaufvertrag für Dauer der Anstellung ruhen und danach aufleben oder muss ein solches auch im Anstellungsvertrag vereinbart werden?

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§

6. Nachvertragliches Wettbewerbsverbot

Klausel zur Karenzentschädigung:

„Der ArbN muss sich auf die Karenzentschädigung an-rechnen lassen, was er durch anderweitige Verwertung seiner Arbeitskraft während der Dauer des Konkurrenz-verbotes erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Vorstehendes gilt nur dann, wenn die Entschädigung unter Hinzurechnung dieses Betrages den Betrag des zuletzt vom ArbN bezogenen vertragsmäßigen Arbeitsentgelts um mehr als 10% übersteigt. In gleicher Weise wird das von der BfA an den ArbN gezahlte Arbeitslosengeld auf die Entschä-digung angerechnet.“

(Vertragsmuster ZÄKN)

►►Ureta 22

§

6. Nachvertragliches Wettbewerbsverbot

►► Folge:

► Arzt verdiente bisher 2.200 €/mtl.► in neuer Anstellung 2.100 €/mtl.► Karenzentschädigung verringert sich von 1.100

auf 320 €/mtl.•2.100 + 1.100 = 3.200;•Diff. zu 2.200 = 1.000;•10% von 2.200 = 220;•1.000 - 220 = 780; •1.100 - 780 = 320,-- €

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§

7. Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ)

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§ Ureta 25

7. Besonderheiten MVZ

Fall:

Wie Ausgangsfall: Arzt 3 (Anästhesist) verzichtet auf seine Zulassung zugunsten einer Arztstelle (= Anstel-lung) im MVZ, welches gerade gegründet wird.

Im MVZ sind 2 Orthopäden und der Anästhesist als Angestellte tätig.

Anästhesist kündigt nach 3 Monaten, aber noch während der Probezeit (2-Wochen-Frist)

Klinik findet in 6 Monaten keinen Nachfolger

Folgen für das MVZ?

§ Ureta 26

7. Besonderheiten MVZ

Voraussetzungen MVZ: ► ärztlich geleitet► fachübergreifend (mind. 2 versch. Vollzulassungen

/ Arztstellen)► Träger müssen Leistungserbringer ambulante

Versorgung sein

Probleme:► Wenn Zulassungsvoraussetzungen (-), dann► Verlust Zulassungsstatus als MVZ, dann► Entschädigungsloser Verlust der Arztstellen

(Zulassungen)► Frage: Arzt wird für mehrere Monate freigestellt –

Zulassungsvoraussetzung noch gegeben?

§

7. Besonderheiten MVZKonsequenzen im Ausgangsfall

► falls nicht spätestens binnen 6 Monaten Arztstelle mit Anästhesist neu besetzt, Verlust der entsprechenden Arztstelle

► Verlust Kriterium „fachübergreifend“ (nur Orthopäden)

► d.h. Verlust Zulassungsvoraussetzung

► d.h. Verlust Zulassung MVZ

► d.h. Verlust auch der beiden orthopädischen Zulassungen/Arztstellen

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§

8. Tätigkeit niedergelassener Ärzte in Klinik

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§

8. Tätigkeit niedergelassener Ärzte in Klinik

Typische Fallgestaltungen:

►Belegarzt: niedergelassener Arzt behandelt eigene Patienten in Klinik im eigenen Namen und auf eigene Rechnung, Klinik rechnet Hotel- und Pflegeleistung mit Krankenkasse oder Patient ab

►Konsiliararzt: (niedergelassener) Arzt wird zur Beratung in seinem Fachgebiet hinzugezogen

►Honorararzt (schwarzer/unechter Belegarzt): erbringt als freier Mitarbeiter ärztliche Hauptleistung, Klinik rechnet gesamte Leistung ggü. Krankenkassen / Patienten ab.

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§

8. Tätigkeit niedergelassener Ärzte in Klinik

Frage: Darf eine Klinik Leistungen eines „unechten“ Honorararztes abrechnen?

► NEIN: z.B. LSG Sachsen v. 30.04.2008, Klage im Rahmen der Revision vor BSG zurückgenommen; SG v. 24.11.2010

► JA: z.B. VerwG Hannover v. 22.07.2010, Berufung erfolgt; VerwG FaM v. 09.02.2010

in Literatur höchst umstritten

Konsequenz wenn unzulässig: kompletter Verlust des Vergütungsanspruchs (streng formale Betrachtungsweise)

► z.T. bieten Kliniken daher Ärzten nur Anstellung an

§

8. Tätigkeit niedergelassener Ärzte in Klinik

BILD v. 29.09.10 – Der Skandal um Schwarzarbeit in hanno-verschen Kliniken:

Haben Top-Manager Sozialversicherungen und Fiskus betrogen? Im Januar durchsuchten 150 Beamte von Steuerfahndung und Zoll die 13 Krankenhäuser des Klinikums der Region Hannover.

Jetzt stehen die Ermittlungen vor dem Abschluss: Nach BILD-Informationen bereitet Staatsanwalt Dr. Daniel Blankenburg (31) die Anklage vor – drei Vorstände sollen sich vor Gericht verantworten! Im Visier der Fahnder: die Klinikum-Geschäftsführer …… . Es geht um Schwarzarbeit, Nichtabführen von Sozialversicherungsbeiträgen.

Die Manager sollen dafür verantwortlich sein, dass von Sommer 2005 bis März 2009 mehr als 140 Mitarbeiter als so genannte Scheinselbständige von der Krankenhausgesellschaft beschäftigt wurden. Darunter Rettungs- und Transportsanitäter, Rettungshelfer, Ärzte, Krankenschwestern, Patientenbetreuer, Kraftfahrer und Mitarbeiter der Fuhrparklogistik. ......

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§

8. Tätigkeit niedergelassener Ärzte in Klinik

Rechtlicher Status des Honorararztes - Arbeitnehmer oder Selbständiger? Konsequenzen in unterschiedlichen Bereichen:

►Arbeitsrecht (Kündigungsschutz, Tarifrecht, Betriebs-/Personalrat …)?

►Sozialversicherungspflicht?►Lohnsteuerpflicht?

Auswirkungen auf Position des Chefarztes (CA) - CA-Verträge i.d.R. mit Entwicklungsklausel:

►Wenn durch KoopVerträge mit niedergelassenen Ärzten Ab-rechnungsmöglichkeiten des CA beeinflusst werden?

►vgl. dazu Clausen & Schröder-Printzen, ZMGR 2010, 3/13; BAG 12.01.2005 zu CA-Verträgen (Änderungsvorbehalte, Widerruf, Transparenz u.s.w.)

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§ Ureta/Lange 33

9. Fazit - Fragen

•Noch Zeit?

•Noch Fälle?

•Noch Fragen?

§ Luis Fernando UretaFachanwalt für Medizinrecht

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Vielen Dank!Vielen Dank!

§ Rechtsanwalt Luis Fernando UretaFachanwalt für MedizinrechtFachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

kanzlei lehmann und partnerrechtsanwälte - fachanwälte

www.ralehmannundpartner.deureta@ralehmannundpartner.de

Zeppelinstr. 8 (Villa Tram) – 30175 HannoverTel. 0511/300257-0 – Fax 0511/300257-11

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