Post on 14-Sep-2019
40 Jahre und kein bisschen weise – das CTG im Dauereinsatz
Christiane Schwarz Bad Boller Hebammentage 2012
www.geburtshilfe-rostock.de
Worum geht es?
• Warum überhaupt Herztöne hören? • Physiologie der fetalen Herzregulation • Richtlinien, Leitlinien, Standards • Tipps und Tricks
Warum Herztöne hören?
Worum geht es?
• Warum CTG? • Physiologie der fetalen Herzregulation • Richtlinien, Leitlinien, Standards • Tipps und Tricks
http://www.wikipatents.com/US-Patent-4411629/palpation-and-auscultation-teaching-method-and-apparatus
Babys Retten
• Vermeidung von Hirnschäden aufgrund Sauerstoffmangel sub partu
„Die Rate an Zerebralparesen ist in den vergangenen dreißig Jahren in den Industrieländern nicht rückläufig, obwohl die CTG Kontrolle allgemein üblich geworden ist und die Kaiserschnittrate sich verfünffacht hat.“ (Clark 2003)
Warum? Hypothese : geschädigt überlebende Frühchen “maskieren” die Verbesserungen in der
Perinatalstatistik reifer Kinder
• Zerebralparese wurde getrennt ausgewertet keine Veränderung bei reifen Neugeborenen innerhalb von 30 Jahren
• gleiche Rate von Zerebralparesen in Industrie- und Entwicklungsländern trotz großer Unterschiede in CTG- und Sectio-Raten
Bis auf wenige Ausnahmen sind Hirnschäden bei Neugeborenen unvermeidbare Ereignisse
MacLennan, A. A template for defining a causal relation between acute intrapartum events and cerebral palsy: international consensus statement. British
Medical Journal. 319:1054-59, 1999.
Worum geht es? • Warum überhaupt Herztöne hören? • Physiologie der fetalen Herzregulation • Richtlinien, Leitlinien, Standards • Tipps und Tricks
Physiologie fetale Herzaktion
Quillen College of Medicine, East Tennessee State University Center for Experiential Learning http://utilis.net/fhm/2418.htm
Zeit
Gute O2 Sättigung
Asphyxie
Hypoxie
Hypoxämie
Zellatmung
Verbrennung: Auto
2 C6H14 + 19 O2 12 CO2 + 14 H2O
Verbrennung: Zelle
C6H12O6 + 6 O2 6 CO2 + 6 H2O
Schutz vor Sauerstoffmangel 1
• gesundes Kind, intakter Abwehrmechanismus
• Optimale Reaktion • Volle Kompensation • Charakteristische
Anzeichen für Stress • Keine Schäden
Charakteristische Anzeichen
• einfache (typische, unkomplizierte)
variable; frühe Dezelerationen
• Akzelerationen
• Gute Oszillation
Fall 1 Frau S., 29 J., Grav. 2/Para 1, Z.n. Sectio wegen BEL. ET+9: Einleitung. Mm gut fidu, weich. 09.25 Uhr: Priming mit 1 mg. 15.33 Uhr: SBS, kl. FW
Aus: Gruber, Oehler, Schwarz: CTG verstehen, bewerten, dokumentieren. Staude, 2011.
Fall 1/weiter • 17.10 Uhr: FW leicht blutig. • 17.35 Uhr: PDA. Wehentropf.
• bis 18.30 Uhr: Wegen
hyperfrequenter Wehentätigkeit und wiederholten
• Dezelerationen bei guter Oszillation Tropf reduziert
• Bolus Tokolyse
• 18.30 Uhr: Rezidivierende Dezelerationen.
Fall 1/weiter • 19.00 Uhr: MBU: pH 7,38, 19.10
Uhr: Bolustokolyse • 19.20 Uhr: WT auf 16 ml/h. • Sofort weitere Dezelerationen.
• WT aus, Bolustokolyse, Entschluss
zur Sectio.
• Geburt: • 19.51 Uhr: sek. Sectio in ITN wegen path. CTG. • Mädchen, 3.920/60/37, Apgar gut, pH 7,35/7,38, BE 0,0/0,3.
Schutz vor Sauerstoffmangel 2
• Geschwächtes Kind/Reserven knapp
• unzureichende Kompensation • Wechselnde Anzeichen für
(Dis)Stress • Risiko von Schäden
Uncharakteristische Anzeichen
• Schwere (atypische,
komplizierte) und/oder
• Späte Dezelerationen
• Tachykardie
• Eingeschränkte Oszillation
Fall 2
• Frau B. 34j G1/P0, Z.n. IVF, 32+0 SSW meldet sich mit leichten Wehen
Aus: Gardosi et al. 1998: CTG Tutor.
Diagnostik + Therapie
• VU: Mm geschl • US: männl. Fet, strukturell ohne
Auffälligkeiten, aber • Größe = 5. Perzentile
Geburt: Primäre Sectio: Junge, 1520g, 8/10/10, pH 7,29, BE -3,2 Kleine, infarzierte Plazenta
Schutz vor Sauerstoffmangel 3
• Krankes Kind, Reserven erschöpft
• Kaum Reaktion • keine Kompensation • untypische Anzeichen
für Distress • Hohes Risiko von
Schäden
abgeschwächte Anzeichen
• „Vogelschwingen“
• Sinusoidale Muster
• Prolongierte Bradykardie
• Fehlende Oszillation
Fall 3
• Frau M., G3/P2 kommt in 31+3 SSW mit leichten Wehen und abnehmenden KB
Aus: Gruber, Oehler, Schwarz: CTG verstehen, bewerten, dokumentieren. Staude, 2011.
Diagnose: fetale Anämie
• Therapie: intrauterine Transfusion
5 Stunden nach der Transfusion
• Sectio: in SPA, Junge, 1.940/44/31, Apgar 7/8/8, pHa 7,23, pHv 7,27.
• Verlegung in die Kinderklinik mit Hb < 5. • Kind lebt und ist gesund.
Zeit
Gute O2 Sättigung
Hypoxämie
Hypoxie
Asphyxie
Geburt beginnt
Wehen
Wehenmittel
Amniotomie
Medikationen
Rückenlage
Analgesie
Hypoglykämie
Tokolyse
Dehydrierung
Kind geboren
Kind fit
Kind deprimiert
Feta
ler Z
usta
nd
Forciertes Pressen
Fetale Stressoren
Geburt beginnt
Wehen
Wehenmittel
Amniotomie
Medikationen
Rückenlage
Analgesie
Hypoglykämie
Tokolyse
Dehydrierung
Kind geboren
Kind fit
Kind deprimiert
Feta
ler Z
usta
nd
Forciertes Pressen
Fetale Stressoren durch Interventionen
Worum geht es? • Warum überhaupt Herztöne hören? • Physiologie der fetalen Herzregulation • Richtlinien, Leitlinien, Standards • Tipps und Tricks
„Kardiotokographische Untersuchungen können in der Schwangerenvorsorge nicht routinemäßig durchgeführt werden.“
…CTG
DGGG Leitlinie
DGGG: CTG Leitlinie (Auszug)
DGGG, 2006
DGGG, 2010
Registrierdauer NEU 2012
DGGG, 2012
36 DGGG; Anwendung des CTG während SS und Geburt / Stand Juni 2012
CTG Beurteilung
CTG Beurteilung
Auskultation
• Was will ich finden? – Bewegung – Akzeleration – Normale Baseline
– Was will ich nicht finden?
• Späte Dezelerationen • Prolongierte, komplizierte Dezelerationen • Tachykardie
NICE Leitline 2007 •Kein CTG bei gesunden Schwangerschaften und normalen Geburten •Geburt: •EP 15‘ auskultieren •AP 5‘ auskultieren
•CTG nur wenn auskult. •HT < 110 •Dezelerationen •Komplikationen
•Kein Aufnahme- CTG
Worum geht es? • Warum überhaupt Herztöne hören? • Physiologie der fetalen Herzregulation • Richtlinien, Leitlinien, Standards • Tipps und Tricks
Intelligente Auskultation • Die Frau fragen, wann sie die letzten
Kindsbewegungen bemerkt hat • Herztöne außerhalb der Wehe hören, Baseline
notieren • Hand auf Abdomen, nächste spürbare
Kindsbewegung abwarten • Herztone nochmals auskultieren: höher? • Wehe abwarten, auskultieren • im weiteren Verlauf der Geburt intermittierend
auskultieren
Gibb D, Arulkumaran S. 2008. Fetal Monitoring in Practice. 2. Auflage. Edinborough: Churchill Livingstone
Oszillation
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100
160
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140
130
120
110
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Der Kumpel-Trick • In jeder Schicht Hebammen zu Paaren
„verkuppeln“ • CTG-Aufzeichnungen immer von beiden
Hebammen (laut Score) bewerten • „Kumpel“ soll die eigene Beurteilung
innerhalb einer Stunde nach der Bewertung durch die erste Hebamme eintragen
• Falls keine Übereinstimmung diensthabende/r Ärzt/in zum Konsil
Fitzpatrick T, Holt L. 2008. A „buddy” approach to CTG. Midwives. 5: 40-41
Interdisziplinäre Fallbesprechungen • regelmäßig multidisziplinäre Fallbesprechungen • Schwerpunktthemen vereinbaren • CTG-Dokumentation gemeinsam bewerten und
analysieren (Kommunikationsregeln • Moderation • standardisierte Fragen:
– Beurteilung des CTG-Abschnitts – Fragen zur Situation – Handlungsmöglichkeiten – angemessenes Vorgehen? – angemessene Kommunikation (Hinzuziehung) – Dokumentation
Tucker S, Miller L, Miller D. 2009. Fetal Monitoring – A MultidisciplinaryApproach. 6. Aufl. St. Louis: Mosby
…übrigens: • Hat eigentlich schon mal jemand die Frauen
und Kinder gefragt, was sie möchten?
?