Post on 05-Apr-2015
A P SRegionaltagung Nord
Elbingerode November2010
Seelsorgerlicher Umgang mit traumatisierten Soldaten
nach belastenden Einsätzen
Militärpfarrer Martin HüfkenTheologe / Suchtberater / Sozialtherapeut
Zahlen
Innerhalb der letzten 20 Jahre sind ca. 280.000 Bundeswehrsoldaten in einem Auslandseinsatz gewesen.Ca. 180 sind getötet(in Afghanistan bis jetzt 48) Dutzende sind verwundet. Die Dunkelziffer derer, die mit einer Belastungsstörung zurückgekommen sind, wird auf 20.000 geschätzt.
Trauma ?
Ein Trauma ist eine unvorbereitete, plötzliche,
über den Menschen hereinbrechende höchstmögliche Konfrontation mit der Endlichkeit des Seins,
welche den Menschen mit überfordernden Gefühlen und unbeantwortbarenFragen zurücklässt.
Zu unterschiedlichen Zeiten können die Erinnerungsspuren dieser Konfrontationen ins Bewusstsein zurückkehren.
Je nach Veranlagung und individueller Lebensgeschichte resultieren hieraus unterschiedliche Beeinträchtigungen bis hin
zum Krankheitswert.
Traumatisierung ist ein Diskrepanzerlebnis
A ) bedrohliche SituationsfaktorenB ) individuelle Bewältigungsmöglichkeiten,
verbunden mit Gefühlen von Hilflosigkeit und Schutzlosigkeit
Ergebnis des Disk.Erlbn.: C) zunehmende, oftmals dauerhafte Erschütterung von Selbst- und
Weltverständnis
Trauma(Fischer/Riedesser 1998)
Bezug zur eigenenBiographie
eigener Identifikation mitdem Opfer
Einsätze sindfür Einzelne belastend
vor allem bei
kognitiveReaktionen
Gedächtnisverlust (Amnesie)
Entscheidungsschwierigkeiten Problemlösungsschwierigkeiten Konzentrationsprobleme
Derealisation/ Depersonalisation
„festen Boden unter den Füßen verloren“ Zweifel an / Verlust von
grundlegendenGlaubensüberzeugungen
Rückzug von Orten des Glaubens
Zorn auf Gott Zorn auf Pfarrer /
Kirchenvertreter
„spirituelle“Reaktionen
Gebete erscheinen sinnlos Rückzug in eigenes „Schicksal“ Gefühl, von Gott und der Welt verlassen zu sein Welt nicht stabil sondern feindlich
Sich aufdrängende Wieder-erinnerungen (Intrusionen)Bilder, Gerüche, Geräuschetaktile Eindrücke - Albträume, Flashbacks
VermeidungsverhaltenOrte, Menschen, TätigkeitenGespräche, Gedanken,Gefühle
Spätere Reaktionen auf belastende Ereignisse
Veränderung im sozialenVerhaltensoziale/berufliche Schwierigkeiten,sozialer Rückzug, Schwierig-keiten, um Hilfe zu bitten
Angst oder erhöhterErregungszustandSchlafstörungen, Reizbarkeit,Konzentrationsstörungen,Überwachheit, Ruhelosigkeit
Für das Ausmaß der Belastung ist entscheidend
wie das Ereignis durch denBetroffenen
bewertet / beurteilt wird!
Belastungsschema
A. Traumatisierendes Erlebnis1. Tod
2. Angst/ Hilflosigkeit/ Entsetzen
3. Selbmordanschlag 4. Minendetonation
B. Dissoziative SymptomeEmotionale Taubheit, Trance,Derealisation, Depersonalisation,Amnesie
D. VermeidungsverhaltenOrte, Menschen, Tätigkeiten,Gespräche, Gedanken, Gefühle
C. Sich aufdrängende Erinnerungen(Intrusionen)Bilder, Gerüche, Geräusche, taktile Eindrücke - Albträume,Flashbacks
Schützende „Strategien“ bei Soldaten
Sprüche klopfen
Berufsjargon
Sich ablenken
Rationalisierung
Humor
Schützende Strategien sollen helfenSich vom Erlebten zu distanzieren
Öffnende Strategien für Soldaten
Erzählen (Gesprächskultur aufbauen)
Sich etwas von der Seele reden (Akzeptanz von Hilfe)
Eindrücke ausdrücken (z.B. Körperarbeit)
Erlebtes aufschreiben (persönliches Einsatztagebuch)
Erinnerungskultur aufbauen (Gedenktag / Jahrestage)
Öffnende Strategien sollen helfendas Erlebte zu integrieren
Interventionsarten(Critical Incident Stress Management)
CISM
Einzelgespräche
„Belastende Einsätze“ in Aus-/Fort- und
Weiterbildung
Nachfolgeangebote
CISM-EinsatzabschlussDemobilization
CISM-Nachbesprechung Debriefing
CISM-Kurzbesprechung Defusing
EinsatzbegleitendeAngebote
Anlassbezogene Infoveranst.für Führungskräfte
Für positive Bewältigungwesentliche Erlebniswelten (Mitchell)
1. Ich möchte jemandem meine Geschichte erzählen können der mich versteht.
kollegiale Hilfe erleben
2. Ich möchte das erzählen können, was mich am meisten fertiggemacht hat.
strukturiert reden dürfen / reden lernen
3. Ich will hören, dass meine Reaktionen normal sind und ich da heil wieder raus komme.
positive Aussichten ( psycho-Edukation )
Einzelgespräche imS A F E R - Modell
S Stabilisieren
A Anerkennen der Krise
F Förderung des Verstehens
E Ermutigung zu aktiver Stressbewältigung
R Rückführung zurEigenständigkeit
S Stabilize Stabilisierung
Sicheren Raum schaffen BEHUTSAM ! Distanz zum Einsatzort/Krisenherd Anlass des Gesprächsoffen benennen An Gemeinsames anknüpfen Gesprächsbeginn wichtig! Distanz - Nähe beachten LANGSAM ! Schweigen aushalten Erzählen lassen ggf. Nichtreden-Wollen akzeptieren
A Acknowledge Anerkennen der Krise
Erzählen lassen Aktives Zuhören aber: nicht „bohren“!!
F Facilitate Normalisierung Understanding Förderung des Verstehens
Kognitive Einordnung des Erlebten und der Phänomene Erklären: Akute Belastungsreaktion „Normale Reaktion auf ein unnormales Erlebnis!“
E Encourage Ermutigung Effective zu aktiver Coping Stressbewältigung
Was kann dir jetzt gut tun? Ressourcen erschließen Tipps zur Stressbearbeitung geben Plan für gute Stressbearbeitung entwickeln ggf. weitergehende Angebote machen ggf. Weitervermittlung anbieten/ besprechen
R Restoration Wiederherstellung of der Independence Lebensfähigkeit
Ziel und oft Ergebnis der ersten vier Phasen Soziales Netz einbeziehen (Familie, Kollegen, Freunde) wenn nicht, für weitere Hilfen sorgen, z.B.: Weitervermittlung an andere Fachkräfte/ Institutionen
eigene Stressbewältigung nach belastenden Ereignissen
Ordnung schaffen(Gegenpol zum Erleben von Chaos)
Sich der eigenen Lebendigkeit vergewissern(Gegenpol zum Erleben von Tod)
Beziehung(en) stärken(Gegenpol zum Gefühl des der Vereinzelung)
Sich ausruhen(Gegenpol zum Erleben innerer Unruhe)
(Schema von O. Gengenbach 1997)
Wer meint etwas zu sein, –
der verpasst etwas zu werden.