Alte Pfade verlassen: Mit Kreativität zu neuen Ufern · Die „Macht der Gewohnheit“ sowie die...

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Prof. Dr. Frank E.P. Dievernich Hochschule Luzern – Wirtschaft, CC General Management Dozent und Projektleiter Stv. Studiengangsleiter Executive MBA Luzern

Alte Pfade verlassen: Mit Kreativität zu neuen Ufern Unternehmergespräche - Vortragsreihe: Innovationen auf den Weg bringen

Gegen den Strom schwimmen…

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Prägnantes Beispiel für die Wirkungsmächtigkeit einer eingefahrenen Kultur, die sich in spezifischen Ritualen und Zwangshandlungen niederschlägt.

Prägnantes Beispiel für Lernunfähigkeiten.

Prägnantes Beispiel für die „Macht“ von Erwartungserwartungen.

Prägnantes Beispiel, dass kein Verhalten von Menschen ohne den Kontext erklärt werden kann.

Prägnantes Beispiel für unser Alltagshandeln?

Reflexion „Dinner for One“

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Agenda

Von Unternehmenslenkern und Führungskräften wird erwartet, dass sie Innovationen produzieren. Dass das nicht so einfach geht, hat mit eingetretenen Pfaden und Betriebsblindheiten zu tun. Erster Schritt auf dem Weg zu mehr Innovationen muss es also sein, diese zu erkennen. Auch braucht es hierzu geeignete Techniken. Erst dann fruchten die Bemühungen zu mehr Kreativität und Innovation. Für die Unternehmensführung ist relevant zu wissen, welche Art der Führungsphilosophie und -instrumente es braucht, um neue Wege in Angriff nehmen zu können.

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Demographischer Wandel

Innovation

Globalisierung

Gesellschaftliche Werte / Verantwortung

» War for Talents

» Branchenkonsolidierung, Fusionen und Übernahmen

» Corporate Citizenship / Corporate Social Responsibility

» Sinnhaftigkeit der Arbeit als Motivationsquelle » Harmonie von

Unternehmens- und persönlichen Werten

» Innovationsfreundliche Unternehmenskultur als Wettbewerbsvorteil

» Dezentralisierte und flexible Organisations-strukturen, die hohe Reaktionsfähigkeit ermöglichen

» Effektives Knowledge Management » Management

unterschiedlicher Altersgruppen

» Qualifikation älterer MitarbeiterInnen

» Management in einem globalen, multikulturellen Umfeld

» Steigender Wettbewerbsdruck durch Marktneulinge

» Innovationsförderung als Führungsaufgabe

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Innovation: Verortet im grösseren Kontext und Anforderungen von Aussen…

Die „Macht der Gewohnheit“ sowie die „Abhängigkeit von bestimmten, eingetretenen „Pfaden“ sowie unsere Neigung als Mensch, „Unbekanntes und (daher) Unsicheres reduzieren zu wollen“, stellen im Unternehmen (und im Leben) eher die Regel als die Ausnahme dar.

Veränderung, so kann man glauben, müssen folglich die Ausnahme bleiben.

Aber ist das wirklich so?

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… der „Natur“ der Nicht-Veränderungsfähigkeit

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Wir befinden überwiegend im Muster des „downloadens“

Unser zentrales Handeln liegt darin, gewohnheitsmässig Muster aus der Vergangenheit runterzuladen

Vier Barrieren des organisationalen Lernens und der Veränderung liegen vor (Scharmer 2009):

Nicht erkennen, was man sieht (Abspulen der alten Denkschablonen) Nicht sagen, was man denkt (Abspulen der alten Sprechschablonen) Nicht tun, was man sagt (Abspulen der alten Handlungsgewohnheiten) Nicht sehen, was man tut (Abspulen der alten Sehgewohnheiten)

Folge: Bewusstwerden der eigenen download-

Mechanismen!

Barrieren gegen Veränderungsfähigkeit: „downloaden“

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Unternehmen, wie auch Menschen, sind in erster Linie „Erinnerungsmaschinen“, die stets auf der Suche nach Bewährtem sind.

Menschen sind vor allem drauf bemüht zu erläutern, was sie gelernt haben und zu „protokolieren“ was und wie sie nicht vergessen (Wissensmanagement) – keiner spricht/denkt aktiv darüber nach, was vergessen werden soll.

Dabei geht es vor allem darum, weniger die „Inhalte“, als die festgefahrenen Strukturen der Kombinationen zu vergessen.

Folge: Unternehmen müssen vergessen lernen, um Speicherkapazität frei machen zu können!

Barrieren gegen Veränderungsfähigkeit: Kein Vergessen

Wer glaubt, dass Abteilungsleiter Abteilungen leiten, der glaubt auch, dass Zitronenfalter, Zitronen falten!

Klassische Führung denkt kausal und vergibt dadurch die Chancen, die Selbstorganisationsprozesse der Organisation wahrnehmen und nutzen zu können.

Klassische Führung ist blind für Strukturen. Sie fokussiert nach wie vor auf Individuen und Eigenschaften und nicht auf den Kontext. Dieser ist es aber, der bestimmte Eigenschaften zulässt, und andere nicht.

Folge: Führung nicht zu Ernst nehmen und auf Selbst-organisationsprozesse richten!

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Barrieren gegen Veränderungsfähigkeit: Führung

(Quelle: Schreyögg/Sydow/Koch 2006)

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Barrieren gegen Veränderungsfähigkeit: Pfadabhängigkeit

Verbreitung des IBM PCs mit dem Betriebssystem Windows (Microsoft). Alternativen haben es schwer, sich am Markt durchzusetzen.

Leica hatte seine gesamte Produktionstechnologie auf die Analogfotografie ausgerichtet. Der Trend zur Digitalfotografie wurde verschlafen.

Videosystem BETA vs. VHS. Trotz des technisch überlegeren Systems BETA setzt sich auf dem Markt VHS durch.

QWERTZ-Tastatur unserer „Schreibgeräte“. Trotz Tastaturen, die uns um ein Vielfältigeres schneller schreiben lassen, bleibt die sogenannte QWERTZ-Anordnung der Tasten bestehen.

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Prominente Beispiel der Pfadabhängigkeit

Hohe (psychischen) Transaktionskosten Hohe materielle Umstellungskosten Hohe Gründungskosten bei technologischen Entwicklungen Koordinations- und Netzwerkeffekte Kein Bruch der Erwartungserwartungen Machterhaltung Konformität und Entscheidungsentlastung Unsicherheitsabsorbtion …

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Ursachen für die Etablierung von Pfadabhängigkeiten

(Quelle: Dievernich 2007)

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Folge: Wer Innovationen will, muss erst alte Pfade verlassen, um neue Wege entdecken zu können!

Raus aus der Abhängigkeit, rein in die Pfadkreation

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Wieder „Herr der Pfade“ werden (I)

Pfadbruch - Pfade erkennen, Pfade brechen, Pfade bewerten

Pfadgestaltung

- Schlafende Pfade: der Organisation nicht völlig unvertraute Optionen, alternative nicht direkt sichtbare Optionen (in Form informeller Kommunikation, alternative techn. Entwürfe, usw.)

- Pfadkreation: Individuelle und organisationale Sensibilisierung für schlafende Pfade, Schaffung von (sozialen) Räumen zur Zukunftsgestaltung durch alle Mitarbeitenden

Pfad-Monitoring

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Wieder „Herr der Pfade“ werden (II)

Achten Sie auf sich abzeichnende positive Rückkopplungen.

Achten Sie darauf, Alternativen, die beim Treffen von Entscheidungen ausgeschlossen werden, nicht zu vergessen.

Achten Sie auf politische Lager und deren Ideen, die derzeit aber nicht en vogue sind (Informelle Organisation).

Achten Sie auf «leise» Potenziale und Ressourcen, die in der Organisation liegen (Schlafende Pfade, kleine Innovationen).

Halten Sie Alternativszenarien stets verfügbar («second, third option»).

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Wieder „Herr der Pfade“ werden (III)

Generierung von weiteren Handlungsoptionen durch: - Mehr Partizipation (Informations-, Gestaltungs- und

Entscheidungspartizipation); Bsp.: Ideenmanagement, Mitarbeiterbefragungen, Tür-und-Angel-Gespräche, Projektarbeiten, etc.

- Mehr Teamarbeit (Dichte Kommunikationsräume, es sind kleine Organisationen in der Organisation); Flexibilisierung und Lernen.

- Mehr externe Perspektiven (Beratung) integrieren.

- Mehr Sensibilisierung der Führungskräfte für die Thematik (Führungskräfteentwicklung lehrt den Pfadabhängigkeits- und Gestaltungsblick; Führungskräfte beginnen sich gegenseitig auf abzeichnende Pfadabhängigkeiten zu beobachten «shadowing»).

- Mehr «richtige» Nutzung bestehender Führungsinstrumente.

Sinnhaftigkeit von Innovationsmassnahmen und -instrumenten

(Quellen: Kienbaum 2008/Rampf & BFH 2011)

Mit Führungsinstrumenten zu Innovationen – Studienergebnisse

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Mit Führungsinstrumenten zu Innovationen – Die Art der Anwendung macht‘s!: Drei Beispiele (I)

Mitarbeiterbefragungen – Falsche Handhabung und negative Folgen (I)

MAB werden von vielen Führungskräften nicht ernst genommen.

MAB werden nur sporadisch eingesetzt (keine Regelkommunikation); sie erhalten «Event»-Charakter.

MAB werden überwiegend nur bei bestehender «guter Stimmung» durch das Management eingesetzt.

Trotz hoher Kosten der MAB werden nur wenige Konsequenzen aus den Ergebnissen gezogen.

Veränderungen, die dennoch aufgrund der Befragung erfolgen, werden aufgrund langer Reaktionszeiten dieser nicht mehr zugerechnet.

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Mit Führungsinstrumenten zu Innovationen – Die Art der Anwendung macht‘s!: Drei Beispiele (II)

Mitarbeiterbefragungen – Falsche Handhabung und negative Folgen (II)

Eine MAB wird zu wenig als Kommunikationsinstrument verstanden; sie ist eine Kommunikationseinladung; werden die Erwartungen nicht erfüllt, steigt die Enttäuschung.

Wer Kommunikation einführt, steigert das Bedürfnis nach Kommunikation; nur ein nachhaltiges «Dran-Bleiben» kann tatsächlich zu einer Umkehrung des negativen Kommunikationspfades (kommunikationsarme Organisation) führen.

Je geringer die Beteiligung und je negativer die Ergebnisse ausfallen, desto weniger wird erneut auf eine MAB zurückgegriffen. Der Pfad der Nicht-Kommunikation und Nicht-Beteiligung wird stabilisiert.

Folge: Ein gutes Führungsinstrument verliert an Schärfe!

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Mit Führungsinstrumenten zu Innovationen – Die Art der Anwendung macht‘s!: Drei Beispiele (III)

Zielvereinbarungs-/Mitarbeitergespräche – Falsche Handhabung und negative Folgen (I)

Instrument wird lediglich als Pflichtübung angesehen; Ziele werden nicht SMART formuliert.

Ein organisationsweiter Gesamtüberblick über alle vereinbarten Ziele fehlt.

Die Praxis der Organisation ist immer schon weiter als die vereinbarten Ziele; es wird der Status Quo für die nächste Messperiode festgeschrieben.

Ziele werden „kurz vor Schluss“ noch „irgendwie“ erfüllt – jenseits des Nutzens für die Gesamtorganisation; Nichterreichen von Zielen wird nicht entsprechend sanktioniert.

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Mit Führungsinstrumenten zu Innovationen – Die Art der Anwendung macht‘s!: Drei Beispiele (IV)

Zielvereinbarungs-/Mitarbeitergespräche – Falsche Handhabung und negative Folgen (II)

Je intensiver der Steuerungswunsch ist, desto kürzer werden die Zielvereinbarungsperioden und je unwahrscheinlicher wird die Bearbeitung langfristiger und nachhaltiger Themen; Innovation hat keinen Platz im ZV/MAG

Es etabliert sich der Pfad der kurzfristigen Effizienzsteigerung (weiter), ohne korrigierend die Langfristperspektive der Innovation strukturell verankert aufzunehmen.

Folge: Ein gutes Führungsinstrument verliert seine Schärfe!

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Zu grosse zeitliche Differenz zwischen Ideenformulierung, Bewertung und Feedback; das Verhältnis zwischen Aufwand und Resultat wird oft kritisch gesehen.

Auslagerung der Innovationsfunktion in gesonderte Einheiten reduziert die Innovationsfähigkeit; direkte Führungskräfte haben dann keine Innovationsverantwortung mehr.

Auslagerung von Ideengenerierung an die Randlagen der Arbeitszeit (z.B. bei gesonderten Innovationsevents); fehlende Wertschätzung.

Ideengenerierung findet zunehmend nur mehr im Bereich der Effizienssteigerung statt (single loop-learning).

Mit Führungsinstrumenten zu Innovationen – Die Art der Anwendung macht‘s!: Drei Beispiele (V)

Ideenmanagement – Falsche Handhabung und negative Folgen (I)

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Die Organisation eines ausgelagerten Ideenmanagements führt zu einer Reduzierung der Innovationskompetenz in der Gesamtorganisation; je weniger Innovationen produziert werden, desto höher wird das Bemühen, Innovationen organisiert zu fördern.

Je weniger Führungskräfte in die Pflicht genommen werden, Innovationen zu produzieren, desto stabiler wird der Status Quo des Bestehenden; eine innovationsorientierte Unternehmenskultur kann sich nicht etablieren.

Folge: Ein gutes Führungsinstrument verliert seine Schärfe!

Mit Führungsinstrumenten zu Innovationen – Die Art der Anwendung macht‘s!: Drei Beispiele (VI)

Ideenmanagement – Falsche Handhabung und negative Folgen (II)

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Sorgen Sie dafür, dass Ihre Mitarbeiter keine Leidenschaft für ihre Arbeit, dafür aber eine möglichst grosse Angst vor dem Scheitern von Innovations- und Veränderungsprojekten entwickeln.

Führen Sie nach der Devise: Wer eine Idee hat und etwas verändern will, muss es ausschliesslich selbst machen.

Bestrafen Sie Mitarbeiter, die Innovationen angehen und sich kreativ zeigen – bestrafen Sie gleich die Kollegen mit.

Bewerten Sie Ideen Ihrer Mitarbeiter zu möglichen Veränderungen oder Innovationen immer am Status Quo.

Zwingen Sie Ihre Mitarbeiter Ihre Ideen – egal wie klein sie sind – über mögliche Innovationen oder konkreten Veränderungsprojekten in detaillierte Skizzen und Berichten zu verfassen.

… und zum Schluss – 11 kreative paradoxe Interventionen zur Steigerung der Innovationsfähigkeit (I)

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Gestalten Sie Ihre Teams derart, dass Ideen und Veränderungsprojekte von Aussen immer abgelehnt werden, schaffen Sie Skepsis.

Schaffen Sie Diskussionsrunden, bei der wirklich jede Meinung zum Innovationsprojekt eine Bühne bekommt – und sollte sich gegenüber dem Veränderungsprojekt eine gute Stimmung einstellen, erweitern sie erneut den Teilnehmerkreis um weitere Perspektiven.

Zeigen Sie sich kostenbewusst: Fragen Sie, was die Kosten sind, wenn das Innovationsprojekt scheitert, Fragen Sie nach den Kosten der Umstellung – und bezweifeln Sie alle Antworten, die in Richtung einer Bestätigung des Projektes gehen.

Machen Sie stets deutlich, dass der bestehende Status Quo bereits die beste Lösung ist – warum leben sie ihn sonst noch? Zeigen Sie, dass der Zweifel am Status Quo ein persönlicher Angriff auf Sie ist.

… und zum Schluss – 11 kreative paradoxe Interventionen zur Steigerung der Innovationsfähigkeit (II)

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Bezweifeln Sie konsequent Vergleichbarkeiten: Bei uns im Unternehmen funktioniert das nicht.

Verbünden Sie sich im Status Quo mit Ihren Kunden: Wollen wir den Kunden die Neuerung wirklich zumuten – unsere Kunden wollen es, so wie es ist, sie haben sich daran gewöhnt.

Handeln Sie stets so und versichern Sie sich laufend, dass Sie auch wirklich nicht anders handeln!

… und zum Schluss – 11 kreative paradoxe Interventionen zur Steigerung der Innovationsfähigkeit (III)

(Vgl. Deckert 2009) 29

Zusammenfassung – 5 „lessons learned“

Betriebsblindheit ist Normalität; lernen Sie, ihr immer wieder auf die Schliche zu kommen.

Bevor Sie sich damit befassen, innovativ oder kreativ sein zu wollen, müssen Sie erkennen, in welchen Pfaden Sie gefangen sind.

Nutzen Sie als Gestaltungspotential, was schon in Ihrem Unternehmen als Potenzial vorhanden ist: schlafende Pfade.

Nutzen Sie Führungsinstrumente richtig und konsequent.

Entwickeln Sie Strategie, Organisation, Technik, Kultur, Führungskräfte, Mitarbeitende und Kunden unter einem innovationsorientierten Handlungsparadigma.

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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

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Diskussion – Fragen und Antworten