Post on 26-Jun-2020
Ausblick Deutschland
Öffentliche Investitionen: Mehr in der Pipeline. In der internationalen Debatte
werden öffentliche Investitionen vielfach als nützlicher Hebel für eine höhere
Binnennachfrage gesehen. Trotz internationaler Kritik und politischer Willensbe-
kundung sind die öffentlichen Investitionen in Deutschland in den letzten zwei
Jahren nur moderat gestiegen. In den kommenden Jahren dürften die öffentli-
chen Investitionen jedoch spürbar zulegen. So liegen die derzeitigen Investiti-
onsplanungen im Bundeshaushalt 40% über jenen, die noch 2013 verabschie-
det wurden. Allerdings dürften ausgeprägte Kapazitätsengpässe in der Bauin-
dustrie verhindern, dass die hohe Investitionsnachfrage schnell zu höherer
Bauaktivität führt. Daher bleibt unsere Prognose für die Bauinvestitionen 2017
weiterhin eher verhalten. Der mittelfristige Ausblick ist angesichts der öffentli-
chen Investitionspläne aber sehr günstig – auch jenseits des Wohnungsbaus.
Neu gebaute Wohnungen im Jahr 2016 – erste Anzeichen für ein Zyklusende?
Nach unseren Berechnungen dürften die Baufertigstellungen 2016 um 10% auf
276.000 gestiegen sein. Da der Bedarf über die nächsten Jahre bei wenigstens
350.000 Wohnungen pro Jahr liegen dürfte, ist mit hoher Wahrscheinlichkeit der
Nachfrageüberhang abermals gestiegen. Aufgrund der Knappheit an Wohnraum
dürfte sich die Hauspreisdynamik der letzten Jahre ungebremst fortsetzen. Un-
serer Prognose nach steigen die Wohnungspreise bundesweit im Jahr 2017 um
rund 6% gegenüber dem Vorjahr und um 7½% in den A-Städten. Die aktuellen
Überbewertungen drohen somit am Ende des Jahrzehntes in einer ausgewach-
senen Hauspreisblase zu enden.
Boom der Unternehmensanleihen in Deutschland. 2016 erreichte die Ausgabe
von Unternehmensanleihen mit einem Volumen von 40 Mrd. EUR (netto 22
Mrd.) ein Allzeithoch. Niedrigzinsen, enge Zinsaufschläge sowie das CSPP-
Programm der EZB waren die Haupttreiber. Bei größeren Unternehmen ist eine
Substitution des Bankkredits durch Anleiheemission klar zu erkennen. Dies
könnte die Unternehmensfinanzierung nachhaltig verändern. Eine plötzliche
Änderung der Geldpolitik könnte aber langfristige, institutionelle Investoren oder
Emittenten mit HY-Rating massiv treffen.
Die Ausstiegsstrategie der EZB. Wir gehen davon aus, dass die EZB eine
schrittweise Ausstiegsstrategie verfolgen wird: Im Juni 2018 könnte die Forward
Guidance geändert werden. Im September könnte die EZB den Beginn des
Tapering für Januar 2018 und eine einmalige Anhebung des Einlagenzinses um
15 bis 20 Basispunkte zum Jahresende ankündigen. Die Anleihekäufe dürften
Mitte 2018 auslaufen. Im Dezember 2018 könnte die EZB dann mit einer all-
mählichen, schrittweisen Anhebung des Hauptrefinanzierungssatzes beginnen.
Autor
Orçun Kaya
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Jochen Möbert
+49 69 910-31727
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Oliver Rakau
+49 69 910-31875
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Stefan Schneider
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Editor
Stefan Schneider
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Deutschland
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DB Research Management
Stefan Schneider
Inhaltsverzeichnis Seite
Prognosetabellen ............................................2
Öffentliche Investitionen: Mehr in der Pipeline ...........................................................3
Neu gebaute Wohnungen im Jahr 2016 – erste Anzeichen für ein Zyklusende? ............ 11
Boom der Unternehmensanleihen in Deutschland .................................................. 13
Die Ausstiegsstrategie der EZB .................... 17
DB Makro-Überraschungsindex Deutschland .................................................. 21
Exportindikator .............................................. 22
Eventkalender ............................................... 23
Datenkalender .............................................. 24
Finanzmarktprognosen ................................. 25
Datenmonitor ................................................ 26
7. April 2017
Ausblick Deutschland Öffentliche Investitionen und Wohnungsbau ziehen an
Ausblick Deutschland
2 | 7. April 2017 Ausblick Deutschland
Wachstum, Inflation, Leistungsbilanz, Budgetsaldo DX
BIP-Wachstum
Inflation*
Leistungsbilanzsaldo
Budgetsaldo
in % gg. Vj.
in % gg. Vj.
in % des BIP
in % des BIP
2016 2017P 2018P
2016 2017P 2018P
2016 2017P 2018P
2016 2017P 2018P
Euroland 1,7 1,3 1,5
0,2 1,4 1,5
3,4 2,8 2,5
-1,8 -1,5 -1,5
Deutschland 1,9 1,1 1,6
0,5 1,7 1,6
8,4 8,0 7,8
0,8 0,5 0,2
Frankreich 1,1 1,3 1,1
0,3 1,2 1,3
-1,2 -0,3 -0,1
-3,2 -3,2 -3,1
Italien 0,9 0,7 0,7
-0,1 1,0 1,2
2,9 2,7 2,3
-2,3 -2,3 -2,3
Spanien 3,2 2,5 2,2
-0,4 1,7 1,7
2,0 1,7 1,7
-4,4 -3,2 -2,8
Niederlande 2,1 2,1 1,5
0,1 1,0 1,2
8,4 10,2 10,2
-1,1 -0,7 -0,5
Belgien 1,2 1,1 1,3
1,8 2,0 1,8
-0,4 1,0 1,0
-3,0 -2,5 -2,6
Österreich 1,5 1,5 1,6
1,0 1,8 1,6
1,7 2,8 3,1
-1,4 -1,2 -1,0
Finnland 1,4 1,2 1,5
0,4 1,3 1,4
-1,1 -0,4 -0,3
-2,3 -2,2 -1,7
Griechenland -0,1 1,4 1,6
0,2 1,3 1,0
-0,6 1,2 1,5
-3,7 -2,4 -2,2
Portugal 1,4 1,2 1,1
0,7 1,4 1,5
1,0 0,7 0,7
-2,8 -2,5 -2,5
Irland 5,2 2,8 3,0
-0,2 1,1 1,4
4,7 10,0 8,0
-1,1 -1,1 -1,0
Großbritannien 1,8 1,7 1,1
0,7 2,3 2,7
-5,2 -4,8 -4,0
-3,3 -2,9 -2,5
Dänemark 1,3 1,7 1,8
0,3 1,1 1,4
6,5 6,5 6,5
-2,1 -2,5 -1,9
Norwegen 0,7 1,6 1,8
3,6 2,7 2,5
4,4 6,2 7,0
3,7 3,9 4,2
Schweden 3,1 2,0 2,3
1,0 1,7 1,9
4,6 4,2 4,4
2,0 -0,2 0,0
Schweiz 1,3 1,5 1,7
-0,3 0,5 0,7
9,5 9,3 9,0
-0,1 -0,1 -0,1
Tschech. Rep. 2,5 2,7 2,8
0,7 2,3 2,0
2,0 1,2 1,1
0,1 -0,6 -0,6
Ungarn 2,0 2,8 2,9
0,4 2,9 3,2
4,2 3,7 3,3
-1,8 -2,5 -2,3
Polen 2,8 3,2 3,4
-0,6 1,7 2,0
-0,5 -1,2 -1,4
-2,6 -3,0 -2,9
USA 1,6 2,6 3,6
1,3 2,1 2,2
-2,8 -3,4 -4,1
-3,1 -2,9 -2,4
Japan 1,0 1,1 1,2
-0,1 0,7 1,1
3,8 3,8 3,9
-3,4 -3,6 -3,3
China 6,7 6,5 6,0
2,0 2,2 2,6
2,4 2,1 1,8
-3,8 -4,0 -4,0
Welt 3,1 3,5 3,8
4,2 5,2 4,4
*Inflationsdaten für EU-Länder basieren auf harmonisierten Verbraucherpreisindizes außer bei Deutschland. Dies kann zu Diskrepanzen zu anderen DB Publikationen führen.
Quellen: Nationale Behörden, Nationale Zentralbanken, Deutsche Bank
Prognosen Deutschland: BIP-Wachstum nach Komponenten, % gg.Vq., Jahresdaten % gg.Vj. DX
2016 2017
2014 2015 2016 2017P 2018P
Q1 Q2 Q3 Q4
Q1P Q2P Q3P Q4P
BIP 1,6 1,7 1,9 1,1 1,6
0,7 0,5 0,1 0,4
0,4 0,3 0,4 0,4
Privater Konsum 0,9 2,0 2,0 1,0 1,4
0,7 0,2 0,2 0,3
0,3 0,2 0,4 0,3
Staatsausgaben 1,2 2,8 4,0 1,5 1,0
1,3 0,9 0,2 0,8
0,3 0,2 0,3 0,3
Anlageinvestitionen 3,4 1,7 2,3 0,4 2,8
1,8 -1,5 -0,2 0,8
-0,2 1,2 0,6 0,7
Ausrüstungen 5,5 3,7 1,1 -0,2 2,4
0,9 -2,3 -0,5 -0,1
1,1 0,3 0,3 0,3
Bau 1,9 0,3 3,0 1,0 3,7
2,7 -1,7 -0,3 1,6
-1,4 2,2 1,0 1,2
Lager, %-Punkte -0,3 -0,5 -0,1 0,2 0,0
-0,4 -0,1 0,3 0,3
-0,1 -0,1 0,0 0,0
Exporte 4,1 5,2 2,6 3,0 3,7
1,4 1,2 -0,3 1,8
0,8 0,7 1,1 1,0
Importe 4,0 5,5 3,7 3,6 4,1
1,4 0,1 0,4 3,1
0,1 0,6 1,3 1,1
Nettoexport, %-Punkte 0,4 0,3 -0,4 -0,1 0,0
0,1 0,5 -0,3 -0,4
0,4 0,1 0,0 0,0
Konsumentenpreise* 0,9 0,2 0,5 1,7 1,6
0,3 0,1 0,5 1,1
1,9 1,6 1,6 1,8
Arbeitslosenquote, % 6,7 6,4 6,1 5,8 6,0
6,2 6,1 6,1 6,0
5,9 5,8 5,7 5,8
Industrieproduktion 1,5 0,5 1,3 0,6 1,4
Budgetsaldo, % BIP 0,3 0,7 0,8 0,5 0,2
Öffentlicher Schuldenstand, % BIP 74,9 71,2 68,3 65,9 63,4
Leistungsbilanzsaldo, % BIP 7,3 8,3 8,4 8,0 7,8
Leistungsbilanzsaldo, EUR Mrd. 213 253 263 259 260
*Inflationsdaten für Deutschland basieren auf nationaler Abgrenzung. Dies kann zu Diskrepanzen zu anderen DB Publikationen führen.
Quellen: Statistisches Bundesamt, Deutsche Bundesbank, Arbeitsagentur, Deutsche Bank Research
Ausblick Deutschland
3 | 7. April 2017 Ausblick Deutschland
Öffentliche Investitionen: Mehr in der Pipeline
— Die deutsche Wirtschaftspolitik bleibt international weiterhin stark umstritten.
Stein des Anstoßes ist meist der hohe Leistungsbilanzüberschuss. Insbe-
sondere werden in der internationalen Debatte öffentliche Investitionen viel-
fach als nützlicher Hebel für eine höhere Binnennachfrage gesehen.
— Trotz der internationalen Kritik und politischer Willensbekundung sind die
öffentlichen Investitionen in Deutschland in den letzten zwei Jahren nur mo-
derat angestiegen und blieben auf einem im internationalen Vergleich bes-
tenfalls durchschnittlichen Niveau.
— In den kommenden Jahren dürften die öffentlichen Investitionen jedoch
spürbar zulegen. So liegen die derzeitigen Investitionsplanungen für den
Bundeshaushalt 40% über jenen, die noch 2013 verabschiedet wurden. Die
öffentlichen Aufträge für das Bauhauptgewerbe lagen in 2016 um 15-27%
über dem Durchschnitt der 10 Vorjahre. Auch die ausgeprägt gute Lage der
öffentlichen Finanzen auf den unterschiedlichen staatlichen Ebenen stützt
die Investitionsaussichten.
— Allerdings dürften die ausgeprägten Kapazitätsengpässe in der Bauindustrie
verhindern, dass die hohe Investitionsnachfrage schnell zu höherer Bauak-
tivität führt. So ist der Fachkräftemangel in den Baubranchen besonders
stark ausgeprägt, die von der öffentlichen Nachfrage profitieren. Daher
bleibt unsere Prognose für die Bauinvestitionen 2017 weiterhin eher verhal-
ten. Die mittelfristigen Aussichten sind angesichts der beschriebenen öffent-
lichen Investitionspläne allerdings sehr günstig auch jenseits des Woh-
nungsbaus.
Die deutsche Wirtschaftspolitik wird international weiterhin stark kritisiert. Stein
des Anstoßes ist meist der hohe Leistungsbilanzüberschuss, der 2016 absolut
und relativ zur Wirtschaftsleistung der höchste unter den großen Industrie-
staaten war. Während US-Präsident Donald Trump den (angeblich) zu schwa-
chen Euro und die damit verbundenen Wettbewerbsvorteile für die deutschen
Exporteure kritisiert, fokussieren die meisten anderen Kritiker – wir z.B. der In-
ternationale Währungsfonds oder die EU-Kommission – deutlich stärker eine
(angeblich) zu niedrige Binnennachfrage. Insbesondere werden öffentliche In-
vestitionen als nützlicher, aber nicht ausreichend genutzter Hebel für eine höhe-
re Binnennachfrage und damit niedrigere Überschüsse gesehen. So merkte der
französische EU-Währungskommissar Pierre Moscovici kürzlich an: „Ich glaube,
es gibt bei den [deutschen öffentlichen] Investitionen noch viel Luft nach oben.“
(Die Zeit, 9. März 2017).
Wir haben uns an verschiedenen Stellen skeptisch geäußert, ob die Kritik und
vor allem ihr Ausmaß gerechtfertigt sind.1 Dabei bleiben wir. In dem vorliegen-
den Artikel wollen wir jedoch von der normativen Frage des tatsächlichen Inves-
titionsbedarfs und den vielen Fallstricken bei direkten internationalen Verglei-
chen abstrahieren.
Stattdessen wollen wir erreichte Fortschritte aufzeigen. Dabei wird offensicht-
lich, dass die Kombination aus mangelnden Planungs- und Umsetzungskapazi-
täten sowie komplexen Genehmigungsprozessen und komplizierten öffentlichen
Finanzbeziehungen schneller steigenden Investitionen vielfach entgegenstehen.
Was kurzfristig zwar die Wachstumswirkungen begrenzt, aber dafür auch auf
mittlere Sicht die gesamtwirtschaftliche Nachfrage stützen dürfte. Fehlende Be-
reitschaft der Politik spielt dagegen wohl keine Rolle.
1 Rakau, Oliver (2014). Mehr Infrastrukturinvestitionen – trotz fragwürdiger Lückenanalyse. Stand-
punkt Deutschland. Deutsche Bank Research. 5. Dezember 2014 sowie Gräf, B. und O. Rakau
(2014). Ice bucket challenge und strukturelle Investitionslücke. Ausblick Deutschland. September
2014.
Öffentliche Investitionen: Eine Abgrenzung 1
In der öffentlichen / medialen Diskussion wer-
den öffentliche Investitionen und Infrastruktur-
investitionen meist nicht klar voneinander
abgegrenzt.
Laut der engen Definition der volkswirtschaftli-
chen Gesamtrechnung (VGR) zählen Investiti-
onen der unterschiedlichen staatlichen Ebenen
(Bund, Länder, Gemeinden, Sozialkassen) in
Bauten, Ausrüstungen und sonstige Anlagen
zu den öffentlichen Investitionen (siehe Abb.
10). Bei den Bauten entfallen nahezu zwei
Drittel auf den Tiefbau (z.B. Straßen, Zugtras-
se, Brücken) und der Rest auf den Hochbau
(z.B. öffentliche Verwaltungsgebäude). Die
Ausrüstungsinvestitionen bestehen vor allem
aus Fahrzeugen und militärischen Waffensys-
temen. Investitionen in geistiges Eigentum
(Forschung und Entwicklung) gelten als sons-
tige Anlagen.
In der Debatte wird häufig nicht zwischen
öffentlichen Investitionen und Infrastrukturin-
vestitionen unterschieden. Soweit sich die
Investitionsobjekte im Staatsbesitz befinden,
zählen diese zu den öffentlichen Investitionen.
Allerdings werden Investitionen in Kommunika-
tions- und Elektrizitätsnetze nicht berücksich-
tigt, wenn sie durch private Unternehmen
vorgenommen werden. Berücksichtigt werden
lediglich Investitionen, wenn sich die Unter-
nehmen selbst in staatlichem Besitz befinden
und Waren oder Dienstleistung produzieren,
die sie zu „nicht ökonomischen“ Kosten (sub-
ventioniert) verkaufen.
Im Bereich Bildung muss zwischen Ausgaben
und Investitionen unterschieden werden. Zwar
könnte man argumentieren, dass höhere Bil-
dungsausgaben (z.B. Lehrergehälter) das
Humankapital stärken und damit wie eine
Investition wirken; allerdings ist das Humanka-
pital nicht Bestandteil des in der VGR gemes-
senen Kapitalstocks. Damit werden nur Investi-
tionen beispielsweise in Schulgebäude in der
VGR tatsächlich als Investitionen verbucht.
Aufgrund des starken Fokus auf die physische,
öffentliche Infrastruktur in der öffentlichen
Diskussion und der besseren Datenverfügbar-
keit in diesem Bereich werden wir uns auf
diese konzentrieren.
Ausblick Deutschland
4 | 7. April 2017 Ausblick Deutschland
Öffentliche Investitionen: Dynamik überdurchschnittlich …
In der Abgrenzung der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (Abb. 1) stiegen
die öffentlichen Investitionen in Deutschland 2016 um nominal knapp 4%, nach
knapp 5% in 2015. Das war deutlich mehr als in den Jahren zuvor, als das Aus-
laufen der zur Bekämpfung der Wirtschafts- und Finanzkrise geschnürten Kon-
junkturpakte (2008: +8,5%; 2009: +9,8%; Abb. 2) zu fallenden Raten geführt
hatte. Insgesamt unterliegen die öffentlichen Investitionen ausgeprägten Um-
schwüngen, was die Bestimmung des zugrundeliegenden Trends erschwert.
Dabei spielen neben Konjunkturpaketen auch Großprojekte, z.B. im Bereich der
militärischen Beschaffung, eine Rolle. Unseres Erachtens markieren die letzten
zwei Jahre aber dennoch den Beginn einer länger anhaltenden positiven Ent-
wicklung.
Im europäischen Vergleich ist die deutsche Investitionsdynamik seit der globa-
len Finanzkrise deutlich überdurchschnittlich. Während die deutschen Investitio-
nen von 2007 bis 2016 nominal um insgesamt 40% angestiegen sind, sind sie in
der Eurozone um 6% gesunken, ohne Deutschland sogar um -15%. Vor allem
im Verlauf von 2016 zog die Dynamik in Deutschland wieder deutlich an und
erreichte zwischenzeitlich Quartalsraten von etwa +10% gg. Vj. In der Eurozone
ließ sie nach einer moderaten Beschleunigung insgesamt wieder nach; eine
Gegenbewegung zu den massiven Rückgängen seit Krisenbeginn blieb bislang
aus (Abb. 3).2 Die temporäre Belebung im Rest der EWU war zudem weitge-
hend auf einen Schub in Spanien zurückzuführen, der sich jedoch schon wieder
umgedreht hat.
… aber Niveau weiterhin eher unterdurchschnittlich …
Angesichts der tiefen Krise in einigen EWU-Staaten und der notwendigen Spar-
programme, die nicht zuletzt die Investitionen trafen, sowie der Übertreibungen
vor der Krise ist dies freilich ein schmeichelhafter Vergleich. Zudem folgt die
relative deutsche Stärke auf eine lange Phase unterdurchschnittlicher Investitio-
nen. Es gibt einige internationale Vergleichsmaße für das Investitionsniveau
jenseits deren absoluten Höhe. Alle Maße kranken allerdings daran, dass sie
länderspezifische Gegebenheiten nicht berücksichtigen, z.B. die Rolle des Staa-
tes in der Gesamtwirtschaft, unterschiedliche Entwicklungsniveaus des Infra-
strukturstocks und ggf. unterschiedliche geografische Anforderungen.
2 Der Vergleich der europäischen Daten basiert auf nominalen Daten aufgrund der Datenverfüg-
barkeit, während wir bei den nur auf Deutschland abzielenden Daten meist auf realen Entwick-
lungen abstellen.
-10
-5
0
5
10
15
96 00 04 08 12 16
Eurozone Deutschland
Öffentliche Anlageinvest., nominal, % gg. Vj.
Quelle: AMECO
Deutsches Investitionswachstum seit 2006 überdurchschnittlich 2
-10
-5
0
5
10
15
20
00 02 04 06 08 10 12 14 16
EU Eurozone Deutschland
Deutsches Investitionswachstum seit 2009 über Schnitt ... 3
Öffentliche Anlageinvestitionen, nominal, % gg. Vj., 4Q-Schnitt
Quellen: Deutsche Bank Research, Eurostat
-40
-30
-20
-10
0
10
20
00 02 04 06 08 10 12 14 16
Deutschland Frankreich Italien
Spanien Niederlande
Öffentliche Anlageinvestitionen, nominal, % gg. Vj., 4Q-Schnitt
Quellen: Deutsche Bank Research, Eurostat
... auch im Vergleich mit den großen EWU-Staaten 4
Ausblick Deutschland
5 | 7. April 2017 Ausblick Deutschland
Ein häufig verwendeter Indikator für das Niveau der öffentlichen Investitionen ist
deren Verhältnis zum BIP. In dieser Rechnung sind die öffentlichen Investitio-
nen in Deutschland trotz der Dynamik der letzten Jahre seit Anfang des Jahr-
tausends mehr oder weniger konstant geblieben und trotz der deutlichen
Rückgänge in den europäischen Krisenstaaten weiterhin unterdurchschnittlich.
Die deutsche Investitionsquote betrug 2016 2,1% des BIP, während der Schnitt
in der Eurozone bei etwa 2,6% lag. Seit Anfang der 2000er Jahre lag die deut-
sche Investitionsquote weitgehend konstant zwischen 1,9% und 2,3% des BIP,
während sie in der Eurozone bis 2011 noch anhaltend über 3% lag
(Abb. 5).
Dies dürfte aber teilweise auf das sehr robuste BIP-Wachstum in Deutschland in
den letzten Jahren sowie unterschiedliche nationale Gegebenheiten zurückzu-
führen sein. Ein Beispiel für strukturelle Unterschiede ist der langfristige Abstand
der öffentlichen Investitionsquoten in Frankreich und Deutschland. Seit 1980
betrug dieser weitgehend konstant etwa 1,5-2% des BIP, was auf eine funda-
mental unterschiedliche Aufgabenverteilung zwischen Staat und privatem Sek-
tor hindeutet.
Setzt man die öffentlichen Investitionen hingegen ins Verhältnis zur Bevölke-
rung, zeigt sich in Deutschland seit 2006 – trotz der kräftigen Zuwanderung in
den letzten Jahren – ein deutlicher Aufwärtstrend (2006: EUR 580 pro Kopf und
Jahr; 2016: EUR 820). Das Niveau hat 2016 das durchschnittliche Niveau der
Eurozone erreicht (Abb. 7). Auch im Vergleich mit den anderen großen EWU-
Staaten liegt Deutschland hier im Mittelfeld und nicht am unteren Ende.
… Belebung vor allem aufgrund von Ausrüstungen, weniger wegen Bauten
Die Belebung der öffentlichen Investitionen in Deutschland in den letzten zwei
Jahren ging vor allem auf höhere Ausrüstungsinvestitionen des Staates zurück.
Darunter fallen Fahrzeuge, Maschinen sowie Militärgeräte. Letztere dürften etwa
für ein Drittel der gesamten staatlichen Ausrüstungsinvestitionen stehen. Die
öffentlichen Bauinvestitionen, die in der öffentlichen Diskussion aktuell die ent-
scheidende Rolle spielen und mit 54% den Hauptteil der staatlichen Investitio-
nen ausmachen, haben erst 2016 mit real +2,7% ein deutliches Plus verzeich-
net und damit im vergangenen Jahr den Anstieg der gesamten Investitionen
(+2,1%) getrieben (Abb. 8). Sie zeigen aber insgesamt noch keine außerge-
wöhnlich hohe Dynamik.
0
1
2
3
4
5
6
91 95 99 03 07 11 15
Eurozone Deutschland
Frankreich Italien
Spanien Niederlande
Deutsche Investitionsquote unverändert 5
Öffentliche Anlageinvestitionen, % BIP
Quellen: Deutsche Bank Research, AMECO
0
0,5
1
1,5
2
2,5
3
3,5
4
4,5
5
80 84 88 92 96 00 04 08 12
Frankreich
Deutschland
Französische und deutsche Investitionen: konstanter Abstand 6
Öffentl. Anlageinvestitionen, % BIP
Quellen: Deutsche Bank Research, AMECO
0
200
400
600
800
1000
1200
1400
91 95 99 03 07 11 15
Eurozone Deutschland Frankreich Italien Spanien
Deutschland zieht mit EWU gleich 7
Quellen: Deutsche Bank Research, AMECO, Eurostat
Öffentliche Anlageinvestitionen, EUR pro Kopf und Jahr
-10
-8
-6
-4
-2
0
2
4
6
8
10
92 96 00 04 08 12 16
Bauten Ausrüstungen
Andere Insgesamt
Wachstum der öffentl. Anlageinvest., real, Wachstumsbeitrag, %-P., gg. Vj.
Quellen: Statistisches Bundesamt, Deutsche Bank
Investitionstreiber schwanken stark 8
Ausblick Deutschland
6 | 7. April 2017 Ausblick Deutschland
Zwar spielen „andere Investitionen“ für die jährlichen Schwankungen nur eine
untergeordnete Rolle. Seit 2006 wurde der Anstieg der gesamten öffentlichen
Investitionen aber real zu 60% durch nachhaltige Anstiege bei den „anderen
Investitionen“ (wohl vor allem Forschung und Entwicklung) getrieben, während
sowohl Ausrüstungs- als auch Bauinvestitionen des Staates vergleichsweise
stärker schwankten und kaum einen klaren Trend aufweisen. In nominaler
Rechnung weisen die Bauinvestitionen hingegen einen klaren Aufwärtstrend
auf, was darauf hindeutet, dass Bauunternehmen angesichts ausgelasteter Ka-
pazitäten stärker steigende Preise durchsetzen konnten, als dies bei den ande-
ren Kategorien der Fall war. An den Anteilsgewinnen für die anderen Investitio-
nen ändert dies allerdings nichts.
Die beschriebene Entwicklung dürfte weder die internationalen Rufe nach einer
Investitionsoffensive in Deutschland befrieden, noch passt sie zum vielfach ge-
äußerten Willen, die Investitionen anzuschieben. Beispielhaft Bundesfinanzmi-
nister Schäuble im März 2014 bei der Präsentation der Eckpunkte des Bundes-
haushalts für 2015: „Die heutigen Beschlüsse der Bundesregierung zum Bun-
deshaushalt markieren eine Zäsur. Ab 2015 nimmt der Bund keine neuen
Schulden mehr auf. Wir geben nicht mehr aus, als wir einnehmen und setzen
gleichzeitig Schwerpunkte bei Zukunftsinvestitionen.“3
Wir wollen daher im Folgenden darstellen, dass ein deutlicher Anstieg der In-
vestitionen angelegt ist, die Umsetzung allerdings auf einige Hürden trifft.
Aussichten für öffentliche Investitionen schwer zu quantifizieren
Es gibt einige Faktoren, die eine exakte Prognose der öffentlichen Investitionen
erschweren:
— Die föderale Struktur Deutschlands: Öffentliche Investitionen werden von
allen staatlichen Ebenen geleistet. Von den etwa EUR 67 Mrd. öffentlichen
Investitionen entfielen jeweils etwa ein Drittel auf die Bundesebene, die 16
Bundesländer und die gut 11.000 Gemeinden (Abb. 10). Beim Bund sind die
Ausgaben relativ gleichmäßig auf die einzelnen Komponenten verteilt, wo-
bei der Bund vor allem für die überregionalen Verkehrswege (Autobahnen,
Bundesfernstraßen, teilweise Wasserwege) sowie nationale Aufgaben (Mili-
tär) zuständig ist. Bei den Bundesländern entfällt fast die Hälfte auf sonstige
Investitionen. Hierbei dürfte die Zuständigkeit für Bildung und damit Schulen
und Universitäten eine entscheidende Rolle spielen. Der mit Abstand größte
Einzelposten sind mit knapp EUR 20 Mrd. die Bauinvestitionen der Ge-
meinden – mehr als das Doppelte der Bauinvestitionen von Bund und Län-
dern. Die Gemeinden sind z.B. für das lokale Straßennetz und einen großen
Teil der öffentlichen Verwaltungsgebäude zuständig. Auch Investitionen für
die Wasser- und Stromversorgung fallen über kommunale Betreiber häufig
dort an.4
— Die komplexen Finanzbeziehungen innerhalb der öffentlichen Hand: Prinzi-
piell ist zwar jede staatliche Ebene für die Finanzierung ihrer eigenen Inves-
titionen zuständig, allerdings bestehen vielfältige (Ko-)Finanzierungsbe-
ziehungen. So hat der Bund z.B. im Zuge von Konjunkturpaketen meist In-
vestitionsmittel an die Bundesländer und insbesondere die Kommunen ge-
geben, weil diese für einen größeren Teil der physischen Infrastruktur zu-
ständig sind, der Bund aber größeren Spielraum bei der (Schulden-)Finan-
zierung hat. Aktuell unterstützt der Bund z.B. auf Grundlage des Kommunal-
3 Pressemitteilung des Bundesfinanzministeriums, 12.03.2014.
4 Ob diese Ausgaben in die öffentlichen Investitionen laut VGR eingerechnet werden, hängt von
einigen Faktoren ab (siehe Abb. 1).
Öffentliche Investitionen 10
Bruttoanlageinvest., Gesamtstaat, Mrd. EUR, 2016
Sta
at
Bund
Länder
Gem
ein
den
Sozia
l-
vers
icheru
ng
Ausrüs- tungen
13,0 6,2 3,6 2,8 0,3
Bauten 36,4 7,9 8,3 19,8 0,4
Sonstige 17,4 6,2 10,2 0,8 0,2
Insg. 66,8 20,3 22,1 23,5 0,9
Quelle: Statistisches Bundesamt
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Andere Bauten
Ausrüstungen Insgesamt
Öffentliche Investitionen: Verlagerung hin zu F&E 9
Quelle: Global Insight
Öffentliche Anlageinvestitionen, real, Mrd. EUR (Preise aus 2010)
Ausblick Deutschland
7 | 7. April 2017 Ausblick Deutschland
investitionsförderungsgesetzes insbesondere finanzschwache Kommunen
mit EUR 3,5 Mrd. für den Zeitraum von 2015 bis 2020.5
— Variierende statistische Abgrenzungen: Während das Bundesfinanzministe-
rium die Investitionen im Jahr 2016 mit EUR 33,2 Mrd.6 angibt, werden in
der VGR nur EUR 20,3 Mrd. an Investitionen des Bundes ausgewiesen.
Dies liegt vor allem an unterschiedlichen Abgrenzungen des Investitionsbe-
griffs. Zudem spielt auch die periodengerechte Zurechnung in der VGR im
Gegensatz zu der haushaltsjahrbezogenen Buchung in der Finanzstatistik
eine Rolle.
Angesichts dieser Schwierigkeiten prognostizieren wir im Folgenden lediglich
den Trend der öffentlichen Investitionen.
Investitionspläne des Bundes: Deutliche Aufwärtsrevisionen
Die Bundesregierung hat in den letzten Jahren ihre Investitionspläne spürbar
angehoben. Dies dürfte aber eher der guten Haushaltslage als der vielstimmi-
gen internationalen Kritik geschuldet sein. Während die Eckpunkte zum Haus-
halt 2013 und die mittelfristige Finanzplanung noch leicht rückläufige Investitio-
nen auf einem Niveau von etwa EUR 25 Mrd. vorsahen, erhöhten sich die ge-
planten Investitionsbudgets mit jedem Jahr deutlich. Die Eckwerte des Haus-
haltsentwurfs für 2018 und die mittelfristige Finanzplanung, die vom Bundeska-
binett im März 2017 beschlossen wurden, sehen für die nächsten zwei Jahre
Investitionen von über EUR 35 Mrd. oder 40% mehr als die Planung im Jahr
2013 vor. Gegen Ende des Planungszeitraums will der Bund das Volumen auf
knapp EUR 32 Mrd. reduzieren (Abb. 11). Allein die Investitionen des Bundes
würden demnach etwa 1% des BIP betragen. Ein entscheidender Treiber sind
die in der öffentlichen Debatte wichtigen Verkehrsinfrastrukturinvestitionen.
Auftragseingang im Bau steigt massiv
Einen deutlichen Fingerzeig für die Richtung der öffentlichen (Bau-)Investitionen
geben die Auftragseingänge im Baugewerbe. Die Aufträge von öffentlichen Auf-
traggebern sind in den letzten Jahren kräftig angestiegen (Abb. 12) und stützen
ebenfalls die Erwartung, dass die öffentlichen Investitionen nachhaltig steigen
werden. 2016 lag der Auftragseingang beim öffentlichen Hochbau (Gebäude)
15%, beim Straßenbau 27% (real 15%) und beim öffentlichen Tiefbau ohne
Straßen 25% über dem Durchschnitt der 10 Vorjahre. Die aktuellen Auftragsni-
veaus wurden zuletzt Ende der 1990er Jahre erreicht, und der Anstieg bei den
öffentlichen Aufträgen war insbesondere 2016 markant (zwischen +9 und +19%
gg. Vj.). Diese massiven Anstiege dürften aufgrund der Preisentwicklung die
Auswirkungen auf die Infrastruktur überzeichnen; aber selbst wenn der reale
Anstieg bei den gesamten öffentlichen Aufträgen wie im Straßenbau nur etwa
halb so hoch ist, wäre dies immer noch eine außergewöhnliche Entwicklung.
Rechnet man die drei genannten Bausektoren zusammen, lagen die Auftrags-
eingänge 2016 mit gut EUR 24 Mrd. etwa EUR 3,5 Mrd. über Vorjahr.
5 Pressemitteilung des Bundesfinanzministeriums, 31.12.2016.
6 http://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Pressemitteilungen/Finanzpolitik/
2017/03/2017-03-15-pm-eckwertebeschluss.html, Eckwerte des Bundeshaushalts 2018.
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2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021
2018 2017 2016
2015 2014
Investitionspläne des Bundes: Immer höher 11
Eckwerte für Bundeshaushalt nach Haushalts- jahren*, Investitionsausgaben, Mrd. EUR
Beschlüsse des Bundeskabinetts als Vorlage für Bundestag im März (2017) für den Haushalt des Folgejahres (2018) sowie jeweilige Mittelfristplanung
Quelle: Bundesfinanzministerium
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Hoch- und Tiefbau insg.
Öffentlicher Hochbau
Straßenbau
Öffentlicher Tiefbau
Auftragseingang, Bauhauptgewerbe, nominal, 2010=100
Öffentliche Bauaufträge steigen massiv 12
Quelle: Statistisches Bundesamt
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Öffentliche Anlageinvestitionen (links)
Saldo Staatshaushalt (rechts)
Quellen: AMECO, Statistisches Bundesamt
% gg. Vj., 3J-Schnitt (links); % BIP, 1 Jahr verschoben (rechts)
Haushaltsüberschüße lassen Spielraum für höhere Investitionen 13
Ausblick Deutschland
8 | 7. April 2017 Ausblick Deutschland
Spielraum bei Finanzierung
In den letzten beiden Jahren haben alle staatlichen Ebenen Haushaltsüber-
schüsse eingefahren – eine Situation, die es seit der Widervereinigung nicht
gab (Abb. 14). Auch dies sollte die öffentlichen Investitionen stützen. Tatsäch-
lich zeigt das Wachstum der öffentlichen Investitionen einen gewissen Gleich-
lauf mit den öffentlichen Haushaltssalden (Abb. 13). Dieser Zusammenhang
zeigt sich trotz Konjunkturpaketen, die häufig über öffentliche Investitionen die
Nachfrage in konjunkturellen Schwächephasen stützen sollen. Das dürfte daran
liegen, dass die Gemeinden und mit Abstrichen die Bundesländer zwar für ei-
nen erheblichen Teil der öffentlichen Investitionen zuständig sind, allerdings
sehr viel weniger Verschuldungsspielraum haben als der Bund. Das führt dazu,
dass bei den Bundesländern und den Gemeinden der beschriebene Zusam-
menhang eher prozyklisch ausgeprägt ist; beim Bund hingegen gibt es keinen
klaren statistischen Zusammenhang der Investitionen mit der Finanzlage. Letz-
teres wird teilweise dadurch überzeichnet, dass der Bund den Ländern und
Gemeinden Finanzmittel für Investitionen zur Verfügung stellt.
Viele Investitionshürden
Trotz des positiven Ausblicks für die öffentlichen Investitionen in Deutschland
bestehen einige Investitionshürden, die insbesondere im Bau keinen kurzfristig
einsetzenden Investitionsboom erwarten lassen.
Bauindustrie mit massiven Kapazitätsengpässen …
Vor allem der markante Arbeitskräftemangel in der Bauwirtschaft spielt unseres
Erachtens eine wichtige Rolle. So ist der Anteil der deutschen Bauunternehmen,
die Arbeitskräfteknappheit als Hürde für ihre Bauaktivität nennen, Ende 2016
auf ein Allzeithoch gestiegen. Ein ähnlich hohes Niveau wurde nur kurz nach
der Wiedervereinigung erreicht. Auch die Kapazitätsauslastung der Bauunter-
nehmen (Abb. 15) weilt auf Allzeithochs (rd. 75%). Der deutliche Anstieg beider
Knappheitsindikatoren verlief parallel zu dem ausgeprägten Zuwachs des Auf-
tragsbestandes in der Bauwirtschaft (seit etwa 2008). So scheint ein zuneh-
mender Teil der Auftragseingänge nicht abgearbeitet worden zu sein, sondern
hat eine massive Zunahme des Auftragsbestandes befördert (Abb. 17).
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Bund Länder
Gemeinden Soz.-vers.
Gesamtstaat
Überall Überschüsse 14
Budgetsaldo, Mrd. EUR
Quelle: Statistisches Bundesamt
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Kapazitätsauslastung (links)
Arbeitskräfteknappheit (rechts)
Quellen: ifo, EU Kommission
Bauindustrie, % (links); %, Anteil der Firmen, die dies als Aktivitätshürde sehen (rechts)
Kapazitätsengpässe historisch hoch 15
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Insgesamt Öffentlicher Hochbau Tiefbau Straßenbau
Quelle: ifo
Bauindustrie, Anteil der Unternehmen, die Arbeitskräftemangel als Aktivitätshürde sehen, %, 6M-Schnitt
Tief- und Straßenbau: Arbeitskräfteknappheit besonders stark ausgeprägt 16
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Auftragsbestand (links)
Kapazitätsauslastung (links)
Bauinvestitionen (rechts)
Bausektor; normalisierte Werte (links); % gg. Vj., 3J-Durchschnitt (rechts)
Quellen: Statistisches Bundesamt, ifo, EU Kommission, Deutsche Bank Research
Werden die Baukapazitäten endlich ausgeweitet? 17
Ausblick Deutschland
9 | 7. April 2017 Ausblick Deutschland
… wohl vor allem im Tief- und Straßenbau
Diese Entwicklung zeigt sich zwar in der gesamten deutschen Bauwirtschaft.
Allerdings ist der Anteil der Bauunternehmen mit entsprechenden Engpässen im
Tiefbau und im Straßenbau, die weitgehend von öffentlichen Aufträgen be-
stimmt sind, deutlich stärker ausgeprägt als in der Bauwirtschaft insgesamt.
Dagegen zeigen sich im öffentlichen Hochbau, der in seiner Struktur dem ge-
werblichen Hochbau oder dem Wohnungsbau sehr ähnlich sein sollte, keine
vergleichbaren Engpässe (Abb. 16). Darüber hinaus ist der Auftragsbestand im
Straßenbau Ende 2016 etwa doppelt so hoch gewesen wie noch Anfang der
1990er Jahre. Im öffentlichen Tiefbau hat er in etwa das Rekordniveau aus dem
Jahr 1994 erreicht. Einschränkend muss darauf hingewiesen werden, dass die
hier dargestellten Grafiken aufgrund der Datenverfügbarkeit weitgehend auf
nominale Daten zurückgreifen. Diese könnten aufgrund steigender Baupreise
die Auftragsbestände überzeichnen. Die Divergenz zwischen den nominalen
Aufträgen und Beständen dürfte davon aber unberührt sein (Abb. 18-20).
Insgesamt zeigen sich in den Bereichen, die besondere Qualifikationen der Mit-
arbeiter oder spezielles Know-how bzw. spezielle Geräte erfordern, erhebliche
Kapazitätsengpässe. Dies dürfte auch den nach dem Wiedervereinigungsboom
besonders zurückhaltenden Investitionen der öffentlichen Hand geschuldet sein,
die wohl zu einem deutlichen Kapazitätsabbau geführt haben. Diese Kapazi-
tätsengpässe dürften mit dazu beigetragen haben, dass der Bund beispielswei-
se im Jahr 2016 von den geplanten Investitionen in Höhe von EUR 35 Mrd. nur
gut EUR 33 Mrd. umsetzen konnte. Von der Lücke ging etwa die Hälfte auf Inf-
rastrukturinvestitionen zurück.7
In den letzten Jahren hat sich ein regelrechter Auftragsstau herausgebildet. Es
dürfte einige Zeit in Anspruch nehmen, bis Bauunternehmen darauf reagieren
(können). Mögliche physische Engpässe bei Geräten dürften noch vergleichs-
weise einfach zu beheben sein. Der Fachkräftemangel dürfte eine sehr viel hö-
here Hürde darstellen.
Planungs- und Genehmigungshürden
Neben diesen Engpässen bei der Bauwirtschaft dürften auch Engpässe in der
öffentlichen Verwaltung dazu beitragen, dass beabsichtigte Investitionen nicht
umgesetzt werden. Im Ausblick Deutschland (April 2016) haben wir uns zwar
auf Hürden für den Wohnungsbau konzentriert, teilweise wirken diese aber auch
im öffentlichen Bau, z.B. Abbau von qualifizierten Behördenmitarbeitern. Der
7 http://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Pressemitteilungen/Finanzpolitik/
2017/01/2017-01-12-pm02-anlage.pdf?__blob=publicationFile&v=4
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Auftragsbestand Auftragseingang
Quelle: Statistisches Bundesamt
Straßenbau, nominal, Q1 1991=100
Auftragsstau vor allem im Straßen- ... 18
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Auftragsbestand Auftragseingang
Öffentlicher Tiefbau, nominal, Q1 1991=100
Quelle: Statistisches Bundesamt
... und öffentlichen Tiefbau, ... 19
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Auftragsbestand Auftragseingang
Quelle: Statistisches Bundesamt
Öffentlicher Hochbau, nominal, Q1 1991=100
... aber kaum im öffentlichen Hochbau 20
Ausblick Deutschland
10 | 7. April 2017 Ausblick Deutschland
beabsichtigte Ausbau der Energienetze zum Transport des im Norden der Re-
publik gewonnenen Stroms aus erneuerbaren Energien nach Süddeutschland
zeigt eindrucksvoll die Probleme, die bei größeren Infrastrukturprojekten entste-
hen, wenn komplexes Planungsrecht, enge Zeitpläne und eine skeptische Öf-
fentlichkeit aufeinandertreffen. Die Bewältigung des großen Flüchtlingszustroms
auf kommunaler Ebene limitiert das Zeitbudget für die Planung und Realisierung
von Investitionsprojekten zusätzlich. So waren Mitte 2016 nur rund 52% der vom
Bund zur Verfügung gestellten EUR 3,5 Mrd. bereits für Vorhaben abgerufen.
Finanzlage der Kommunen und Länder: Vielfach weiter eine Investitionshürde
Die Finanzlage der unterschiedlichen staatlichen Ebenen ist zwar insgesamt
positiv. Allerdings bestehen zwischen den einzelnen Bundesländern wie auch
den Gemeinden erhebliche Unterschiede. Diese werden zwar teilweise durch
fiskalische Maßnahmen wie den Länderfinanzausgleich oder das aktuelle Pro-
gramm des Bundes zur Unterstützung finanzschwacher Kommunen bei ihren
Investitionsvorhaben gelindert8, trotzdem werden in einigen Ländern und Kom-
munen die Investitionen durch Finanzierungsengpässe begrenzt. Dies zeigt sich
beispielsweise daran, dass der Anstieg der öffentlichen Bauaufträge in Bundes-
ländern mit höherer Wirtschaftskraft tendenziell höher ausfällt.
Ausblick: Langanhaltender Stimulus
Die öffentlichen Investitionen dürften in den nächsten Jahren voraussichtlich
deutlich über dem Niveau der letzten Jahre liegen, was dazu beitragen sollte,
dass die vielfältige Kritik an Deutschland (graduell) leiser wird. Es gibt auf allen
staatlichen Ebenen Anzeichen dafür, dass die öffentlichen Bauinvestitionen
zulegen dürften. So lagen die öffentlichen Bauaufträge 2016 zwischen 15-27%
über dem Durchschnitt der letzten 10 Jahre. Dies hat die ohnehin hohen Auf-
tragsbestände weiter in die Höhe und auf historische Rekordniveaus gehievt.
Angesicht der beschriebenen Kapazitätsengpässe in der Bauwirtschaft dürfte
dies dafür sorgen, dass die Bauwirtschaft über Jahre hinweg deutliche Impulse
erhält.
Oliver Rakau (+49 69 910-31875, oliver.rakau@db.com)
8 Bundesfinanzministerium, 31.12.2016, Förderung von Investitionen finanzschwacher Kommunen.
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BW BY BE BB HB HH HE MV NI NW RP SL SN ST SH TH DE
Tau
sen
de
Hochbauten f. Körperschaften d. öffentl. Rechts Straßenbau Öffentlicher Tiefbau Pro Kopf BIP (rechts)
Auftragseingänge, nominal, Anstieg 2016 ggü. Durchschnitt der 10 Vorjahre, % (links); pro Kopf BIP, '000 EUR, 2015 (rechts)
Quelle: Statistisches Bundesamt
Wirtschaftsschwächere Bundesländer mit geringerer Investitionsdynamik 21
Ausblick Deutschland
11 | 7. April 2017 Ausblick Deutschland
Neu gebaute Wohnungen im Jahr 2016 – erste Anzeichen für ein Zyklusende?
— Angesichts der akuten Wohnraumknappheit erfahren die vom Statistischen
Bundesamt veröffentlichten Neubauzahlen eine hohe mediale Aufmerksam-
keit. Im Juni steht die Veröffentlichung der fertiggestellten Wohnungen für
das Jahr 2016 an. Nach unseren Berechnungen dürften die Baufertigstel-
lungen auf 276.000 angestiegen sein – dies wäre ein Plus von 10% gegen-
über dem Vorjahr.
— Da der Bedarf über die nächsten Jahre bei wenigstens 350.000 Wohnungen
pro Jahr liegen dürfte, ist mit hoher Wahrscheinlichkeit der Nachfrageüber-
hang abermals gestiegen. Damit kann die Frage, ob ein Zyklusende droht,
klar verneint werden.
— Aufgrund der Knappheit an Wohnraum dürfte sich die Hauspreisdynamik
der letzten Jahre ungebremst fortsetzen. Unserer Prognose nach steigen
die Wohnungspreise bundesweit im Jahr 2017 um rund 6% gegenüber dem
Vorjahr und um 7 ½% in den A-Städten. Die aktuellen Überbewertungen
drohen somit am Ende des Jahrzehntes in einer ausgewachsenen Haus-
preisblase zu enden.
Neubau essentiell, um Preisdruck zu dämpfen
Der Preisdruck im deutschen Wohnimmobilienmarkt bleibt hoch. Einige Schät-
zungen gehen mittlerweile von mehr als 1 Mio. fehlender Wohnungen im aktuel-
len Immobilienzyklus aus. Weder die Mietpreisbremse noch andere regulatori-
sche Verschärfungen dämpfen den Preisdruck, sie verschärfen ihn womöglich
sogar. Grundsätzlich gilt: bezahlbarer Wohnraum wird nur durch den Bau neuer
Wohnungen entstehen. Die offiziellen Zahlen des Statistischen Bundesamts
erfahren daher im aktuellen Immobilienzyklus hohe mediale Aufmerksamkeit.
Die Anzahl der fertiggestellten Wohnungen für das Jahr 2016 wird im Juni veröf-
fentlicht.
Erneute Stagnation des Wohnbaus wäre ein Warnsignal
Im Jahr 2015 lag der Neubau mit 247.700 Wohnungen deutlich unter den Er-
wartungen und stagnierte nahezu gegenüber dem Vorjahr. Eine abermalige
Stagnation im Jahr 2016 hätte eine Reihe von Implikationen. In einem Wahljahr
dürfte das Versagen der Politik bei der Schaffung bezahlbaren Wohnraums –
eines der Ziele der Großen Koalition – besondere Aufmerksamkeit erfahren.
Zweitens dürfte die sich abzeichnende Immobilienblase einen umso größeren
volkswirtschaftlichen Schaden anrichten, je weniger gebaut wird.
Hohe Genehmigungen deuten Anstieg der Neubauten an
Im Jahr 2016 erhöhten sich die Baugenehmigungen auf 375.000 (+20% gegen-über dem Vorjahr) ‒ der höchste Stand seit dem Jahr 1999. Zur Abschätzung der Baufertigstellungen im Jahr 2016 sind aber auch die Baugenehmigungen der Vorjahre zu berücksichtigen. Seit dem Jahr 2009 betragen die bundeswei-ten Wohnungsgenehmigungen rund 1,7 Mio., die Fertigstellungen dagegen nur 1,4 Mio. Der sich so ergebende Genehmigungsüberhang von 300.000 Wohnun-gen ist damit ein bedeutender Teil des Nachfrageüberhangs, wobei er im Jahr 2015 mit 65.000 Wohnungen besonders hoch ausfiel. Der Genehmigungsüber-hang steigt seit dem Beginn des aktuellen Hauspreiszyklus kontinuierlich an und übertrifft sogar die Boomphase nach der Wiedervereinigung.
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IST Prognose 2016
DE: Baufertigstellungen 1
Anzahl der Wohnungen in '000
Quellen: riwis, Statistisches Bundesamt, Deutsche Bank Research
2016 DB-Prognose
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1991 1995 1999 2003 2007 2011 2015
Fertigstellungen Genehmigungen
in '000
DE Wohnbau: Genehmigungen vs. Fertigstellungen 2
Quelle: Statistisches Bundesamt
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2008 2012 2016
Genehmigungen
Genehmigungsüberhang
in '000
Quellen: Statistisches Bundesamt, Deutsche Bank Research
DE Wohnbau: Genehmigungen vs. Genehmigungsüberhang 3
Ausblick Deutschland
12 | 7. April 2017 Ausblick Deutschland
Hohe Neubaudynamik in den Großstädten im Jahr 2016
Trotz der sehr viel höheren Preisdynamik in den Metropolregionen gegenüber dem Bundesdurchschnitt, hatte dies die Bauaktivität in den Großstädten in den letzten Jahren kaum belebt. Für das Jahr 2016 allerdings zeigen die uns vorlie-genden Stadtdaten – rund 5% der bundesweiten Fertigstellungen – eine kräftige Zunahme des Wohnungsbaus von rund 10% gegenüber dem Vorjahr an. Zu-dem scheint anders als in früheren Jahren die Neubaudynamik in den Groß-städten deutlich rasanter gewachsen zu sein.
Anhaltender Preisdruck, da Nachfrageüberhang bis Ende der Dekade weiter steigt
Auf Basis der bundesweiten Genehmigungen und der uns vorliegenden Stadt-daten haben wir ein Schätzmodell mit einer in den vergangenen Jahren hohen Prognosegenauigkeit („Out-of-Sample“) entwickelt (Chart 8). Aufgrund dieser Berechnungen erwarten wir Baufertigstellungen in Höhe von 276.000, ein An-stieg um fast 30.000 Wohnungen gegenüber dem Jahr 2015 (ein Plus von mehr als 10%). Setzt sich das Wachstum mit ähnlichem Tempo in den nächsten Jah-ren fort, wäre erstmals im Jahr 2019 mit mehr als 350.000 neu fertiggestellten Wohnungen zu rechnen. Frühestens am Ende des Jahrzehntes könnte dann mit dem Abbau des Nachfrageüberhangs (den rund 1 Mio. Wohnungen) begonnen werden. Liegt der jährliche Neubaubedarf aber über 400.000 Wohnungen oder verlangsamt sich die Fertigstellungsdynamik, verschiebt sich der Abbau des Nachfrageüberhangs ins nächste Jahrzehnt. Entsprechend diesen Überlegun-gen wird die Preisdynamik in den kommenden Jahren hoch bleiben. Unserer Prognose nach steigen die Wohnungspreise bundesweit im Jahr 2017 um rund 6% gegenüber dem Vorjahr und um 7 ½% in den A-Städten. Damit würde sich die hohe Preisdynamik der Vorjahre fortsetzen, was weitere Überbewertungen impliziert und in einer ausgewachsenen Hauspreisblase münden könnte.
Jochen Möbert (+49 69 910-31727, jochen.moebert@db.com)
Matthias Dincher
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A-Städte B-Städte
C-Städte D-Städte
DE
Baufertigstellungen 4
Anzahl der Wohnungen in '000
Quellen: riwis, Statistisches Bundesamt, Deutsche Bank Research
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09 10 11 12 13 14 15 16
Referenzstädte DE
Baufertigstellungen 5
% gg. Vj.
Quellen: Statistiches Bundesamt, diverse Städte, Deutsche Bank Research
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Großstädte Andere
2016 Baufertigstellungen gemäß Referenzstädten 6
% gg. Vj.
Quellen: Jeweiligen Städte, Deutsche Bank Research
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6
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A-Städte B-Städte C-Städte D-Städte DE
% gg. Vj.
Quelle: Deutsche Bank Research
2017 Prognose: Wohnungspreise, Bestand 7
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07 08 09 10 11 12 13 14 15 16
DE Out-of-sample Schätzung
Baufertigstellungen 8
in '000
Quellen: Statistisches Bundesamt, Deutsche Bank Research
Ausblick Deutschland
13 | 7. April 2017 Ausblick Deutschland
Boom der Unternehmensanleihen in Deutschland
Im Jahr 2016 erreichte die Ausgabe von Unternehmensanleihen in
Deutschland mit einem Bruttoemissionsvolumen (Nettoemissionsvolumen)
von insgesamt 40 (22) Mrd. Euro ein Allzeithoch. Anhaltend niedrige Leit-
zinsen, sinkende Spreads von Unternehmensanleihen und das Programm
zum Ankauf von Wertpapieren des Unternehmenssektors (CSPP) der EZB
waren die Hauptgründe für Emittenten, neue Anleihen zu begeben.
Bei großen Unternehmen ist eine Verschiebung von der Aufnahme von
Bankkrediten zur Ausgabe von Unternehmensanleihen zu erkennen. Das
kann sich nachhaltig auf das Finanzierungsmodell deutscher Unternehmen
in den kommenden Jahren auswirken.
In den Märkten entstehen Ungleichgewichte zwischen Angebot und Nach-
frage. Eine plötzliche geldpolitische Kehrtwende könnte sich für langfristige
institutionelle Anleger oder HY-Emittenten nachteilig auswirken.
Perfekte Bedingungen für Emittenten: 2016
Noch nie wurden in Deutschland so viele Unternehmensanleihen emittiert wie
im Jahr 2016. Das Bruttoemissionsvolumen von nichtfinanziellen Unternehmen
erreichte nach 25 Mrd. Euro im Vorjahr ein Allzeithoch von 40 Mrd. Euro. Dieser
Anstieg im letzten Jahr war kein einzelner Ausreißer, sondern Teil eines
schwungvollen Aufwärtstrends nach der Krise. Allerdings hat auch die starke
makroökonomische Lage in Deutschland 2016 ihren Beitrag geleistet. Das
deutsche BIP wuchs um 1,9 %. Die Bruttoanlageinvestitionen stiegen zwar nur
um 2,5 %, deutsche Unternehmen haben 2016 jedoch ohne großes Zögern ihre
Bilanzen ausgeweitet. Die expansive Politik der EZB sowie die anhaltend nied-
rigen Leitzinsen und der damit verbundene starke Druck auf die Renditespreads
von Unternehmensanleihen haben die Ausgabe von Anleihen ebenfalls begüns-
tigt. Trotz unterjähriger Phasen stärkerer Risikoaversion und sich daraus erge-
bender häufiger Episoden mit hoher Volatilität entwickelten sich die Renditen
von Bundesanleihen mit kurzer Laufzeit auf Tiefstständen zwischen -0,8 % und
-0,3 %. Dementsprechend sank die Rendite von Unternehmensanleihen deut-
lich. Ende 2016 belief sich der Abstand europäischer Unternehmensanleihen
zur Benchmark auf weniger als 140 Basispunkte für BBB beziehungsweise so-
gar auf weniger als 80 Basispunkte für AA. Emittenten konnten sich dank der
geringen Zinsen insgesamt über außergewöhnlich niedrige Kosten für die Mit-
telbeschaffung freuen. Das Programm zum Ankauf von Wertpapieren des Un-
ternehmenssektors der EZB war das i-Tüpfelchen. Im zweiten Halbjahr 2016
stiegen die CSPP-Wertpapierbestände der EZB deutlich an und erreichten bis
Januar 2017 ein Volumen von ungefähr 60 Mrd. Euro. Laut Zahlen der Deut-
schen Bundesbank hat die EZB Anleihen von großen deutschen Automobilher-
stellern, Gas- und Stromerzeugern sowie Transportunternehmen erworben. Und
nicht zuletzt haben potenzielle Emittenten sich wahrscheinlich beeilt, Anleihen
auszugeben, um sich niedrige Renditen zu sichern, bevor die Leitzinsen mögli-
cherweise wieder angehoben werden. Angesichts relativ stabiler Ölpreise und
der langsam steigenden Inflation dürften sich ein oder mehrere der Faktoren,
die die Emission von Anleihen begünstigen, tatsächlich früher oder später um-
kehren.
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Mrd. Euro
Quellen: EZB, Deutsche Bank Research
Rekord-Anleiheemissionen deutscher Unternehmen 1
Ausblick Deutschland
14 | 7. April 2017 Ausblick Deutschland
Eine größere Markttiefe bei Unternehmensanleihen ist ein wichtiger Faktor, um
die Unternehmensfinanzierung in Deutschland zu verbessern: Unternehmen
können ihre Bilanzen stärken, während Banken Gebühreneinnahmen aus der
Platzierung von Anleihen generieren können, ohne ihre Kreditbücher auszuwei-
ten. Anleiheemissionen sind derzeit allerdings größtenteils von überaus expan-
siver Geldpolitik abhängig. Angesichts eines großen Käufers mit unbegrenzter
Liquidität sind im Markt wahrscheinlich bereits einige Angebots-Nachfrage-
Ungleichgewichte entstanden.
Verändert sich die Struktur der Unternehmensfinanzierung?
Was sagen die hohen Anleiheemissionen über das Finanzierungsmodell deut-
scher Unternehmen aus, das klassischerweise auf Bankkredite setzt? Die Zu-
sammensetzung externer Finanzierungsalternativen wie Bankkredite, Eigenka-
pital und Emission von Unternehmensanleihen vor und nach der Krise lässt
erste Schlüsse zu (vgl. Grafik Nr. 5). Vor der Finanzkrise verzeichneten deut-
sche Unternehmen Rekordmittelzuflüsse aus Bankkrediten. Als eine unmittelba-
re Folge der Krise drehten die Kreditströme ins Negative, weil Banken die Kre-
ditkonditionen verschärften und zu schrumpfen begannen. 2009 war das erste
Jahr mit beeindruckend hoher Anleiheemissionstätigkeit: Ein Nettovolumen von
22 Mrd. Euro (Bruttoemissionen abzüglich Tilgungen) stand einem Rückgang
der neu abgeschlossenen Bankkredite um 27 Mrd. Euro gegenüber. Niedrige
Investitionen und damit ein allgemein niedrigerer Bedarf an externer Finanzie-
rung kennzeichneten die Jahre nach der Großen Rezession und der Staats-
schuldenkrise im Euroraum. Ab dem Jahr 2012 hat die Ausgabe von Anleihen
jedoch wieder eine wichtige Rolle für die Unternehmensfinanzierung einge-
nommen und als Ersatz für eine verhaltene Bankkreditvergabe gedient. Die
Emissionsvolumina bei Aktien hingegen blieben in den letzten zehn Jahren auf
einem relativ niedrigen Stand. Im Großen und Ganzen nehmen Unternehmen
deutlich häufiger Fremdkapital auf als Eigenkapital.9
9 Wissenschaftliche Publikationen beispielsweise beziffern das Verhältnis von Aktienemissionen
US-amerikanischer Unternehmen zu Anleiheemissionen auf eins zu zehn.
-0,9
-0,75
-0,6
-0,45
-0,3
-0,15
0
Jan 16 Apr 16 Jul 16 Okt 16
%
Quellen: ECB, Deutsche Bank Research
Renditen zweijähriger Bundesanleihen auf Tiefststand 2
0
100
200
300
400
500
600
07 08 09 10 11 12 13 14 15 16
AA A BBB
Spread zur Benchmark in Basispunkten
Quelle: Deutsche Bank Research
Renditespreads von Unternehmens- anleihen sind in Europa unter Druck 3
0
15
30
45
60
Jun 2016
Jul Aug Sep Okt Nov Dez Jan 2017
Mrd. Euro
Quellen: EZB, Deutsche Bank Research
EZB-Käufe von Unternehmensanleihen 4
-30
-10
10
30
50
70
06 08 10 12 14 16
Bankkredite Anleiheemission
Aktienausgabe
Mrd. Euro
Quellen: EZB, Deutsche Bank Research
Externe Finanzierung deutscher Unternehmen: Trend zur Anleiheemission, ... 5
-2000
-1500
-1000
-500
0
0 1 2 3 4 5 6 7 8 Quartale
Mio. Euro
Quelle: Deutsche Bank Research
... da Anleiheemissionen den Bedarf an Bankkrediten senken* 6
*VAR-Modell Impuls-Antwort-Reaktion. Dargestellte Werite sind die Reaktion von Bankkrediten auf eine Standard- abweichung nach oben (3 Mrd. Euro) des Nettoanleiheemissionsvolumens
Ausblick Deutschland
15 | 7. April 2017 Ausblick Deutschland
Zwei oben dargestellte mögliche Substitutionseffekte zwischen Bankkrediten
und der Emission von Unternehmensanleihen können mit einem Modell über-
prüft werden, das netto neu vergebene Bankkredite und Nettoanleiheemissio-
nen betrachtet.10
Unsere Ergebnisse zeigen, dass ein Anstieg der Anleiheemis-
sionen mit einem statistisch relevanten Rückgang der Bankkreditvergabe asso-
ziiert ist. Außerdem wirkt sich die Entwicklung der Anleiheemissionen auf die
Entwicklung der Bankkredite aus, nicht umgekehrt. Ein Impuls-Antwort-
Diagramm drückt den Substitutionseffekt in Zahlen aus (vgl. Grafik Nr. 6): Ein
Anstieg der vierteljährlichen Anleiheemissionen um 3 Mrd. Euro führt zu einem
Rückgang der Bankkreditvergabe um etwa 2 Mrd. Euro. Dieser Effekt hält für
zwei bis drei Quartale an und nimmt später schrittweise ab. Langfristig könnte
diese Substitution das Modell der Unternehmensfinanzierung in Deutschland
dauerhaft verändern. Es muss jedoch berücksichtigt werden, dass nicht alle
deutschen Unternehmen von der aktuell günstigen Dynamik am Anleihemarkt
profitieren. Unternehmen, die an den Anleihemarkt gehen können, sind sehr
große Gesellschaften mit durchschnittlich 40.000 Mitarbeitern und einer Aktien-
marktkapitalisierung von 15 Mrd. Euro. So werden Bankkredite die bevorzugte
Finanzierungsquelle für klassische kleine und mittlere Unternehmen bleiben,
während große Unternehmen in Zukunft vermutlich Anleihen bevorzugen wer-
den.
Marktungleichgewichte stellen ein Risiko für Investoren und HY-Emittenten dar
Das CSPP der EZB hat sich vor allem für hochwertiges IG-Fremdkapital positiv
ausgewirkt und Emissionen in Deutschland auf der Rating-Kurve nach oben
geschoben. Anders ausgedrückt: Der Anteil der IG-Emittenten stieg im letzten
Jahr, während die HY-Emissionen sanken (der HY-Anteil an den Gesamtemis-
sionen belief sich 2016 auf 7 %, 2014 noch auf 20 %). Unter dem Gesichtspunkt
der Marktqualität ist der Trend zu IG-Emissionen auf den ersten Blick eine be-
grüßenswerte Entwicklung. Aber der Teufel steckt im Detail. Die Suche instituti-
oneller Anleger nach Rendite steigert die Laufzeiten von Investment-Grade-
Fremdkapital ins Extreme. Einige IG-Emissionen haben sehr lange Laufzeiten
wie beispielsweise 50 Jahre. Die Renditen dieser Anleihen mit überaus langen
Laufzeiten sind niedriger als 5 % (und liegen damit auf dem gleichen Niveau wie
kurzfristige Bundesanleihen vor etwa 20 Jahren). Für Laufzeiten von weniger
als fünf Jahren liegen die Renditen sogar bei null. Selbst Anleihen ohne Lauf-
zeitbegrenzung weisen Renditen von weniger als 3 % auf. Das zeigt, welches
Ausmaß die Suche nach Rendite und die Angebots-Nachfrage-
Ungleichgewichte angenommen haben. Und was noch wichtiger ist: Weniger
Unternehmen geben Anleihen für Zwecke der Unternehmensfinanzierung aus.
2016 gaben nur 73 % der Emittenten Unternehmensfinanzierung als Grund für
die Anleiheemission an (2014: 90 %). Eine steigende Anzahl von Unternehmen
gab an, aus Gründen der Refinanzierung, Rückzahlung von Schulden oder
Rekapitalisierung Anleihen auszugeben. Nur 17 % der HY-Emittenten sagten,
ihre Anleiheemissionen dienten der Unternehmensfinanzierung; alle anderen
nutzten die Emissionserlöse, um bestehende Schulden zurückzuzahlen.
Was bedeuten die aktuellen Ungleichgewichte für die Zukunft? Angesichts des
Umfangs, in dem die Geldpolitik dazu beigetragen hat, die Spreads von Unter-
nehmensanleihen zu verringern und die Kreditkurve zu verflachen, werden die
Anleihemärkte auf eine Änderung der Rettungspolitik reagieren. Fährt die EZB
das CSPP zurück, wird das wahrscheinlich dazu führen, dass die Emission von
10
Wir verwenden ein Autoregressions-Vektormodell (VAR-Modell) mit Quartalsdaten von 2003 bis
2016. Abhängige Variablen sind die Nettoanleiheemissionen und die netto neu vergebenen Kre-
dite. Für die Länge der Lags verwenden wir die Akaike-Informationskriterien. Für die Ursachen-
analyse führen wir einen Granger-Kausalitätstest durch.
60
70
80
90
100
09 10 11 12 13 14 15 16
Emissionen bewegen sich auf der Kreditkurve nach oben 7
Anteil von IG-Emissionen in %
Quellen: Dealogic, Deutsche Bank Research
Ausblick Deutschland
16 | 7. April 2017 Ausblick Deutschland
Unternehmensanleihen grundsätzlich zurückgeht. Die Banken sind jedoch in der
Lage, die bei einer plötzlichen Umkehr entstehende Lücke zu schließen.
Tapering wird nicht zwangsläufig zu Finanzierungsengpässen bei Unternehmen
mit IG-Rating führen. Eine Änderung der Leitzinsen würde vermutlich zum glei-
chen Ergebnis für Emittenten führen, die sich wieder Bankkrediten als Alternati-
ve zuwenden werden. Eine Anhebung der Leitzinsen könnte sich jedoch für
einige Investoren als bittere Pille erweisen – insbesondere für Anleger, die stark
in Anleihen mit sehr langen Laufzeiten investiert haben. Dabei handelt es sich
größtenteils um institutionelle Anleger wie Pensionsfonds und Versicherungen,
die Anleihen bis zur Endfälligkeit halten. Sind institutionelle Anleger über einen
längeren Zeitraum an Investments mit niedrigen Renditen gebunden, könnte
das Übertragungseffekte auf Haushalte und den Rest der deutschen Wirtschaft
entfalten. Eine Korrektur der HY-Spreads, die in der Regel stärker mit Unter-
nehmensausfallrisiken und weniger mit Leitzinsen korrelieren, könnte zu über-
mäßigen Fremdkapitalkosten für diese Unternehmen führen. Auch wenn die
Refinanzierung von Schulden in günstigen Anleihemärkten nicht notwendiger-
weise auf eine Schwäche des Unternehmens hinweist, könnten es insbesonde-
re manche HY-Emittenten zu teuer finden, ihre Schulden zu refinanzieren, wenn
sich die Geldpolitik in den nächsten Jahren normalisiert. Da die Banken weiter-
hin schrumpfen und zögern, ihr Kreditvolumen auszuweiten, ist es weniger
wahrscheinlich, dass sie die Lücke für Unternehmen mit HY-Rating schließen,
so dass sich diese Unternehmen in einem ungünstigeren Finanzierungsumfeld
wiederfinden könnten. Solange die Wirtschaft nicht in eine deutliche Rezession
gerät, ist es aber unwahrscheinlich, dass Finanzierungsschwierigkeiten zu einer
Insolvenzwelle in Deutschland führen werden.
Orçun Kaya (+49 69 910-31732, orcun.kaya@db.com)
0,0
1,0
2,0
3,0
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6,0
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AA
A
BB
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n
%
Quellen: Dealogic, Deutsche Bank Research
Allzeittief bei Anleiherenditen von nichtfinanz. Unternehmen in Deutschland 8
Ausblick Deutschland
17 | 7. April 2017 Ausblick Deutschland
Die Ausstiegsstrategie der EZB
— Unseren Strategen zufolge deuten die derzeitigen Marktbewertungen auf
ein Ende der Reduzierung der quantitativen Lockerungsmaßnahmen
(Tapering) in der zweiten Jahreshälfte 2018 hin. Die Märkte preisen offen-
bar eine Erhöhung des Einlagenzinses im 2. Quartal 2018 sowie eine an-
schließende Anhebung des Hauptrefinanzierungssatzes im 3. Quartal 2019
ein.
— Nimmt man die Projektionen der EZB-Experten und setzt sie in unsere ak-
tualisierte Schätzung der Taylorregel für die EZB ein, kommt man zu dem
Schluss, dass die Markterwartungen die zu erwartende Anpassung des
EZB-Kurses unterschätzen. Basiert der EZB-Rat seine Politik auf den über
dem Konsens liegenden Projektionen seiner eigenen Experten, müssten die
Märkte (i) eine Anhebung des Einlagenzinses bereits für das zweite Halb-
jahr dieses Jahres, (ii) den Beendigungszeitpunkt der quantitativen Locke-
rung (Quantitative Easing, QE) bereits für die erste Jahreshälfte 2018 und
(iii) eine erste Anhebung des Hauptrefinanzierungssatzes bereits für das
3. Quartal 2018 erwarten und entsprechend einpreisen.
— Setzt man stattdessen die etwas weniger optimistischen Konsensprognosen
in die Schätzung der Taylorregeln ein, fällt die Diskrepanz natürlich weniger
stark aus. Dennoch scheinen die Märkte auch hier zu optimistisch ausge-
richtet zu sein.
— Wir gehen davon aus, dass die EZB eine schrittweise Ausstiegsstrategie verfol-
gen wird:
— Juni 2018: Die Forward Guidance könnte geändert werden und keine Hinweise
auf niedrigere Zinsen mehr enthalten, und die Rhetorik könnte sich ändern,
um auf kurze Sicht eine vom Hauptrefinanzierungssatz unabhängige An-
passung des Einlagenzinses zu ermöglichen.
— September 2017: Die EZB könnte (i) den Beginn des Tapering für Januar
2018 und (ii) eine einmalige Anhebung des Einlagenzinses um 15 bis 20
Basispunkte zum Jahresende ankündigen.
— Mitte 2018: Ende der Tapering-Maßnahmen.
— Dezember 2018: Beginn der normalen schrittweisen Anhebung des Haupt-
refinanzierungssatzes.
Unsere Prognose für den Ausstiegspfad der EZB
Wir haben eine aktualisierte Taylor-Regel für die Geldpolitik der EZB entwi-
ckelt11
. In der ursprünglichen Taylorregel wird der neutral Zins, der die Wirt-
schaft weder stimuliert nach bremst, in Abhängigkeit vor der Auslastung der
Wirtschaft (Outputlücke) und der Abweichung der Inflation vom Referenzwert
der Zentralbank (Inflationslücke) angepasst.
In unserer Aktualisierung unterstellen wir, dass die EZB ähnlich wie die Fed ihre
Schätzungen für den neutralen Zins als Reaktion auf das niedrigere Potential-
wachstum seit der großen Wirtschafts- und Finanzkrise reduziert hat. Anstatt
der üblichen Inflationslücke benutzen wir die Inflationserwartungen der EZB-
Umfrage unter den professionellen Prognostikern für in 7 Quartalen, um auch
das während der Krise nachlassende Vertrauen in den Erfolg der Geldpolitik zu
erfassen. Außerdem adjustieren wir den Outputlücke-Term, indem wir die Ren-
11
Special Report, A modern policy rule and the ECB’s exit strategy, Deutsche Bank Research,
24.03.2017.
-4
-3
-2
-1
0
1
2
3
4
5
08 09 10 11 12 13 14 15 16 17 18
Produktionslücke & SPF Q7, angepasster Kreditspread
Konsens für BIP und Inflation, angepasster Spread
Produktionslücke & SPF Q7
Hauptrefinanzierungssatz
Prog-nosen
Quellen: Deutsche Bank, EZB, OECD, Haver Analytics LP
Ende Schätz-fenster
Vorhersage d. geldpolitischen Kurses der EZB für '17 und '18 anhand unserer geldpol. Regel (Produktionslücke) 1
Ausblick Deutschland
18 | 7. April 2017 Ausblick Deutschland
diteabstände in der Eurozone als Proxy für die in der Krise reduzierte geldpoliti-
sche Transmission nutzen.
Auf Basis des Ansatzes prognostizieren wir die geldpolitische Ausrichtung der
EZB bis zum Jahresende 2018. Unserer Ansicht nach wird die EZB bestrebt
sein, ihre Geldpolitik weiterhin auf (a) Unterstützung und (b) Nachhaltigkeit aus-
zurichten. Letzteres bedeutet, dass die EZB sich für eine Ausstiegsstrategie
entscheiden wird, die die Wahrscheinlichkeit einer Fortsetzung oder sogar Be-
schleunigung der Erholung maximiert. Dies ist eine Grundvoraussetzung für das
Erreichen des Inflationsziels auf mittlere Sicht. Folglich wird die Zentralbank bei
ihren Entscheidungen nicht nur die üblichen Transmissionskanäle in Erwägung
ziehen, sondern auch ein besonderes Augenmerk auf die zwei zentralen Fakto-
ren legen, die zu der Staatsschuldenkrise im Euro-Raum geführt haben: den
Bankensektor und den Staatsanleihemarkt.
Daraus ergeben sich zwei wesentliche Konsequenzen: Zum einen wird sich die
EZB um ein schrittweises Vorgehen bemühen, das heißt, sie wird bestrebt sein,
Panikverkäufe, also eine überstürzte Reaktion auf ihre Ausstiegsstrategie, zu
vermeiden. Zum anderen wird sie in ihrer Beurteilung die potenziellen Vorteile
einer einmaligen Anpassung des Einlagenzinses berücksichtigen. Wir sind der
Ansicht, dass eine Anhebung des Einlagenzinses positive Auswirkungen auf die
Rentabilität von Banken hätte und somit einen wichtigen Transmissionskanal für
die Geldpolitik der Zentralbank stärken würde.
Nachstehend legen wir unsere Vorstellung des zeitlichen Ablaufs der Aus-
stiegsstrategie der EZB dar. Die zeitliche Abfolge basiert auf der Annahme ei-
nes europafreundlichen Ausgangs der anstehenden Wahlen in Frankreich.
Juni 2017: Eine Änderung der Forward Guidance
Nicht zuletzt wegen des stärkerer als erwartet ausgefallen Rückschlags der
Inflationsrate im März sind wir der Ansicht, dass der EZB-Rat im Juni noch nicht
davon ausgehen kann, bereits eine vollständig nachhaltige Korrektur der Inflati-
on in Richtung ihres Zielniveaus erreicht zu haben. Daher sind zu diesem Zeit-
punkt restriktive Maßnahmen unwahrscheinlich.
Da sich die Risikobilanz voraussichtlich weiter positiv entwickeln wird, könnte
die EZB jedoch Maßnahmen zur Vorbereitung eines restriktiveren Kurses ergrei-
fen. Konkret kann die EZB die Forward Guidance in zweierlei Hinsicht anpas-
sen:
i. Der Aspekt „oder niedriger“ dürfte bedingungslos gestrichen werden.
ii. Es können konditionale Formulierungen eingeführt werden, um auf kurze
Sicht eine vom Hauptrefinanzierungssatz unabhängige Setzung des Einla-
genzinses zu ermöglichen.DadurchkönntedieEZBdeutlichmachen,dass
derHauptrefinanzierungssatzaufdemaktuellenniedrigenNiveaubleiben
wird,bisdieQE-Maßnahmenenden.
Es besteht ein geringes Risiko, dass die EZB bereits im Juni 2017 den Beginn
des Tapering im Januar 2018 ankündigen könnte, wenn (i) sich die harten Kon-
junkturindikatoren den optimistischeren Umfragewerten annähern und (ii) sich
die Kerninflation besser als erwartet entwickelt. Bezüglich des ersten Faktors
gilt: Die PMIs zeigen für das 1. Quartal 2017 ein BIP-Wachstum im Euro-Raum
von 0,6% ggü. dem Vorjahresquartal an, was sich mit den optimistischeren BIP-
Projektionen der EZB-Experten für dieses Jahr deckt. Und die PMIs für den
Euro-Raum vom März deuten sogar auf eine noch stärkere Wachstumsdynamik
hin. Allerdings sind die Vorjahresabstände der Gesamtinflation (1,5% nach 1,9%
im Februar) wie auch die Kerninflation (0,7% nach 0,9%) im März überraschend
deutlich gesunken. Neben der Ölpreisentwicklung dürften bei der Kernrate auch
vorübergehende, ferienbedingte Effekte eine Rolle gespielt haben.
Ausblick Deutschland
19 | 7. April 2017 Ausblick Deutschland
Externe Faktoren, wie das Tempo der Fed im derzeitigen Zinserhöhungszyklus
und die von der US-Regierung implementierten wirtschaftspolitischen Maßnah-
men, könnten sich ebenfalls auf die EZB-Strategie auswirken.
September 2017: Tapering-Ankündigung und einmalige Anhebung des Einla-
genzinses
Im September steht die EZB dann vor der Wahl, entweder nur die Aufnahme
des Tapering oder auch eine einmalige Anhebung des Einlagenzinses um 15
bis 20 Basispunkte vorab anzukündigen. Für Letzteres müsste die EZB zu dem
Schluss gelangen, dass (a) eine Anhebung des Einlagenzinses an sich nicht
nachteilig für die finanziellen Bedingungen ist und (b) diese Kombination keine
sehr negative Reaktion an den Märkten hervorruft. Auch das Risiko einer Auf-
wertung des Euro dürfte analysiert werden. Dies könnte mit Blick auf die Ge-
samtentwicklung die Vorteile für Banken und das Kreditangebot überkompen-
sieren.
Um geordnete finanzielle Bedingungen sicherzustellen, könnte der Fokus der
Pressekonferenz im September auf den Vorteilen einer Anpassung des Einla-
genzinses und nicht auf der Ankündigung der Tapering-Maßnahmen liegen.
Bereits auf der Dezember-Sitzung hatte Draghi den Fokus nicht auf das lang-
samere Tempo des QE, sondern auf die Ausweitung des QE-Programms ge-
richtet.
Falls die EZB vorsichtiger vorgehen möchte, könnte sie entweder (i) das
Tapering im September ankündigen und die einmalige Anhebung des Einlagen-
zinses um 20 Basispunkte im Dezember vornehmen oder (ii) den Einlagenzins
in zwei Schritten von jeweils 10 Basispunkten anheben.
Trotz der vorstehend erwähnten Unsicherheit gehen wir davon aus, dass
die EZB wohl den Einlagenzins vor dem Beginn des Tapering anheben wird.
Angesichts mangelnder Präzedenzfälle könnte es ratsam sein, einen Schritt
nach dem anderen zu gehen, um die Auswirkungen beurteilen zu können. Ein
Gegenargument wäre, dass der EZB-Rat beide Instrumente als Teile eines Ge-
samtpakets betrachtet.
Januar 2018: Beginn des Tapering
Die EZB könnte sich für ein Volumen von EUR 10 Mrd. pro Monat (oder
EUR 15 Mrd. alle sechs Wochen, um dem zeitlichen Abstand zwischen den
Sitzungen des EZB-Rats Rechnung zu tragen) entscheiden. In diesem Szenario
ist ein europafreundlicher Ausgang der Wahlen in Frankreich unterstellt. Ein
weiterer Punkt, der den Tapering-Prozess verzögern könnte, sind zunehmende
politische Risiken in Italien, wo die nächsten Parlamentswahlen voraussichtlich
während des Tapering-Prozesses stattfinden werden. Gleichwohl betrachten wir
QE eher als ein Instrument zur Bekämpfung systemischer Risiken. Die EZB
dürfte wohl kaum auf gestiegene politische Risiken in Italien mit einer Anpas-
sung des QE-Pfades reagieren, es sei denn, ein systemisches Übergreifen auf
den Rest der Währungsunion wäre zu befürchten.
Mitte 2018: Ende des QE
Wir gehen davon aus, dass das QE im Juni 2018 beendet wird.
Ausblick Deutschland
20 | 7. April 2017 Ausblick Deutschland
Dezember 2018: Beginn des normalen schrittweisen Zinserhöhungszyklus
Im Dezember 2018 beginnt der Übergang zu normalen, schrittweise erfolgen-
den Zinserhöhungen, wobei Einlagensatz und Hauptrefinanzierungssatz im
Gleichschritt erhöht werden.
Fazit
Setzt man die aktuellen EZB-Projektionen und die Inflationserwartungen aus der
Umfrage unter professionellen Prognostikern in unsere aktualisierte Taylor-
Schätzung für die EZB ein, kommt man zu dem Schluss, dass die Märkte das
Ausmaß der geldpolitischen Anpassungen der EZB unterschätzen könnten.
Wenn wir anstatt der EZB-Projektionen die etwas niedrigeren Konsensschät-
zungen verwenden, reduzierte sich der Abstand, aber die Markterwartungen
erschienen immer noch zu optimistisch.
Wir gehen davon aus, dass die EZB eine schrittweise Ausstiegsstrategie verfol-
gen wird:
— Juni 2018: die Forward Guidance könnte geändert werden und keine Hin-
weise auf niedrigere Zinsen mehr enthalten, und die Rhetorik könnte sich
ändern, um auf kurze Sicht eine vom Hauptrefinanzierungssatz unabhängi-
ge Entwicklung des Einlagenzinses zu ermöglichen.
— September 2017: die EZB könnte (i) den Beginn des Tapering für Januar
2018 und (ii) eine einmalige Anhebung des Einlagenzinses um 15 bis 20
Basispunkte zum Jahresende ankündigen.
— Mitte 2018: Ende der Tapering-Maßnahmen.
— Dezember 2018: Beginn der normalen schrittweisen Anhebung des Haupt-
refinanzierungssatzes.
Mark Wall (+44 20 754-52087, mark.wall@db.com)
Stefan Schneider (+49 69 910-31790, stefan-b.schneider@db.com)
Ausblick Deutschland
21 | 7. April 2017 Ausblick Deutschland
DB Makro-Überraschungsindex Deutschland
Der DB Makro-Überraschungsindex vergleicht den Wert der veröffentlichten Konjunkturdaten mit den Markterwartungen und liefert damit Hinweise über die Richtung künftiger Prognoseanpassungen.
12
Oliver Rakau (+49 69 910-31875, oliver.rakau@db.com)
12
Siehe für Details Ausblick Deutschland. 4. August 2014.
Letzte 20 veröffentlichte deutsche Konjunkturdaten DX
Bloomberg Ticker IndikatorBerichts-
monat
Veröffentlich-
ungsdatum
Aktueller
Wert
Bloomberg
Konsensus
Überra-
schung
Standardisierte
Überraschung
Quantils-
rang
GRIFPBUS Index ifo Geschäftsklimaindex 2 2017 22.02.17 111.1 109.6 1.5 1.0 0.9
GRGDPPGQ Index BIP (% gg. Vq.) 12 2016 23.02.17 0.4 0.4 0.0 -0.1 0.3
MPMIDEMA Index PMI Verarbeitendes Gewerbe 2 2017 01.03.17 56.8 57.0 -0.2 -0.2 0.3
GRUECHNG Index Veränderung Arbeitslose (Tsd. gg. Vm.) 2 2017 01.03.17 -17.0 -10.0 7.0 0.1 0.6
GRIMP95Y Index Importpreise (% gg. Vj.) 1 2017 02.03.17 6.0 5.5 0.5 0.7 0.9
GRFRIAMM Index Einzelhandelsumsätze (% gg. Vm.) 1 2017 03.03.17 -1.0 0.3 -1.3 -0.8 0.2
MPMIDESA Index PMI Dienstleistungssektor 2 2017 03.03.17 54.4 54.4 0.0 0.0 0.5
GRIORTMM Index Auftragseingänge (% gg. Vm.) 1 2017 07.03.17 -7.4 -2.5 -4.9 -2.3 0.0
GRIPIMOM Index Industrieproduktion (% gg. Vm.) 1 2017 08.03.17 2.8 2.7 0.1 0.2 0.6
GRCAEU Index Leistungsbilanzsaldo (EUR Mrd.) 1 2017 10.03.17 12.8 15.5 -2.7 -1.2 0.1
GRZEWI Index ZEW - Konjunktur (Erwartungen) 3 2017 14.03.17 12.8 13.0 -0.2 0.0 0.5
GRZECURR Index ZEW - Konjunktur (Situation) 3 2017 14.03.17 77.3 78.0 -0.7 -0.2 0.4
GRCP20YY Index VPI (% gg. Vj.) 2 2017 14.03.17 2.2 2.2 0.0 0.2 0.3
GRIFPBUS Index ifo Geschäftsklimaindex 3 2017 27.03.17 112.3 111.1 1.2 0.8 0.8
GRIMP95Y Index Importpreise (% gg. Vj.) 2 2017 29.03.17 7.4 7.0 0.4 0.6 0.9
GRCP20YY Index VPI (% gg. Vj.) 3 2017 30.03.17 1.6 1.8 -0.2 -1.0 0.1
GRFRIAMM Index Einzelhandelsumsätze (% gg. Vm.) 2 2017 31.03.17 1.8 0.7 1.1 1.1 0.9
GRUECHNG Index Veränderung Arbeitslose (Tsd. gg. Vm.) 3 2017 31.03.17 -30.0 -10.0 20.0 0.6 0.8
MPMIDEMA Index PMI Verarbeitendes Gewerbe 3 2017 03.04.17 58.3 58.3 0.0 0.0 0.5
MPMIDESA Index PMI Dienstleistungssektor 3 2017 05.04.17 55.6 55.6 0.0 0.0 0.5
Quellen: Bloomberg Finance LP, Deutsche Bank Research
-0,5
-0,4
-0,3
-0,2
-0,1
0,0
0,1
0,2
0,3
0,4
0,5
14 15 16 17
DB Makro-Überraschungsindex +/- 1 Standardabweichung
DB Makro-Überraschungsindex Deutschland
Durchschnitt der z-Werte der vergangenen 20 Datenüberraschungen
Werte über (unter) 0 bedeuten über (unter) der Markterwartung liegende Datenveröffentlichungen
Quellen: Bloomberg Finance LP, Deutsche Bank Research
Ausblick Deutschland
22 | 7. April 2017 Ausblick Deutschland
Deutscher Exportindikator
Der Exportindikator identifiziert die Auswirkungen von globalen Nachfrageveränderungen und von Währungs-
bewegungen (Preisimpuls) auf die deutschen Exporte.13
Oliver Rakau (+49 69 910-31875, oliver.rakau@db.com)
13
Siehe für Details Ausblick Deutschland, 3. März 2016.
Ausblick Deutschland
23 | 7. April 2017 Ausblick Deutschland
Dieter Bräuninger (+49 69 910-31708, dieter.braeuninger@db.com)
Deutschland: Termine der Finanz-, der Wirtschafts- und der Europapolitik DX
Datum Ereignis Anmerkungen
7./8. April Eurogruppe und informeller ECOFIN, Malta (Möglicherweise) Thematische Debatte über Wachstum u. Beschäftigung – Bedingungen für wirtschaftliche Betätigung (ease of doing business), nicht-preisliche Wettbewerbsfähigkeit, Lage in Griechenland, Vorbereitung interna-tionaler Meetings v.a. mit Blick auf Wechselkursentwicklungen u.a.
21.-23. April Frühjahrstagung von IWF und Weltbank, Washington D.C. Debatte über Lage der Weltwirtschaft und an internationalen Finanzmärkten, einschließl. Devisenmärkte.
27. April Sitzung des EZB-Rates, Pressekonferenz Überprüfung des geldpolitischen Kurses. Wir erwarten vor Juni keine Ände-rungen der Politik der EZB.
29. April Sondertreffen des Europäischen Rates Debatte über Position der EU27 bei Verhandlungen mit Großbritannien über den Brexit und Beschluss von Verhandlungsleitlinien.
28.–30. April Bundesparteitag der FDP, Berlin Befragung des Programms für Bundestagswahl, Wahlen für Parteivorstand - Bundesvorsitzender Lindner tritt zur Wiederwahl an.
7. Mai Landtagswahl in Schleswig-Holstein Jüngsten Umfragen zufolge könnte die Koalition aus SPD, Grüne und SSW erneut eine knappe Mehrheit erringen.
14. Mai Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen Umfragen zufolge verzeichnet die SPD seit der Nominierung von Martin Schulz als Kanzlerkandidat kräftige Popularitätsgewinne in NRW. Demnach würde derzeitige Koalition von SPD und Grünen zwar ihre Mehrheit verlieren, aber die SPD hätte mehrere Optionen für die Bildung einer neuen Landesre-gierung.
22./23. Mai Eurogruppe und ECOFIN, Brüssel Debatten über wirtschaftliche Lage im Eurogebiet (Frühjahrsprognose der Kommission), Entwicklung der Inflation, nationale Insolvenzregeln, (mögl.) Lage in Griechenland.
8. Juni Sitzung des EZB-Rates, Pressekonferenz, Tallinn Die EZB könnte ihre Forward Guidance anpassen, indem sie den Hinweis auf "niedrigere Zinssätze" streicht. Der Zinssatz für die Einlagenfazilität könnte angehoben werden.
15./16. Juni Eurogruppe und ECOFIN, Brüssel (Mögl.) Implikationen der Frühjahrsprognose für Defizitverfahren für Euro-Länder, thematische Debatte über Wachstum u. Beschäftigung – Qualität öffentl. Finanzen, Bankenunion, Griechenland, Vorbereitung Juni-Treffen des Europäischen Rates u.a.
16.-18. Juni Grüne Bundesdelegiertenkonferenz, Berlin Abschließende Debatte und Beschluss des Wahlprogramms für die Bundes-tagswahl.
22./23. Juni Europäischer Rat, Brüssel Debatte über die Zukunft der EU27 und (mögl.) über Brexit-Verhandlungen.
25. Juni SPD, Außerordentlicher Bundesparteitag, Dortmund Beschluss des Programms für die Bundestagswahl („Regierungsprogramm"), das wohl sehr stark auf das Thema „soziale Gerechtigkeit" ausgerichtet sein wird.
28. Juni (?) CDU/CSU Verabschiedung des gemeinsamen Bundestagswahlprogramms, das u.a. eine Agenda 2025 für die Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen ent-halten soll. (Datum noch nicht offiziell bestätigt.)
Quelle: Deutsche Bank Research
Ausblick Deutschland
24 | 7. April 2017 Ausblick Deutschland
Oliver Rakau (+49 69 910-31875, oliver.rakau@db.com)
Deutschland: Datenkalender DX
Datum Uhrzeit Daten Berichtszeitraum DB Schätzung Letzter Wert
6. Apr 2017 8:00 Auftragseingang im Ver. Gewerbe (% gg. Vm., sb.) Februar 2,5 (0,0) -7,4 (0,0)
7. Apr 2017 8:00 Industrieproduktion (% gg. Vm., sb.) Februar -1,2 2,8
7. Apr 2017 8:00 Handelsbilanz (EUR Mrd., sb.) Februar 20,8 18,6
7. Apr 2017 8:00 Warenexporte (% gg. Vm., sb.) Februar 2,0 2,6
7. Apr 2017 8:00 Warenimporte (% gg. Vm., sb.) Februar 0,5 2,8
21. Apr 2017 9:30 PMI Verarbeitendes Gewerbe (Flash) April 57,0 58,3
21. Apr 2017 9:30 PMI Dienstleistungssektor (Flash) April 55,0 (0,0) 55,6 (0,0)
24. Apr 2017 10:30 ifo Geschäftsklima (Index, sb.) April 111,5 (0,0) 112,3 (0,0)
27. Apr 2017 14:00 Vorläufiger VPI (% gg. Vj., sb.) April 1,9 1,6
28. Apr 2017 8:00 Einzelhandelsumsätze (Index, sb.), % gg. Vm. März -1,5 1,8
28. Apr 2017 10:00 Arbeitslosenrate (%, sb.) April 5,8 5,8
12. Mai 2017 8:00 Reales BIP (% gg. Vq., sb.) Q1 2017 0,4 0,4
Quellen: Deutsche Bank Research, Statistisches Bundesamt, Bundesagentur für Arbeit, ifo, Markit
Ausblick Deutschland
25 | 7. April 2017 Ausblick Deutschland
Finanzmarktprognosen DX
US JP EWU GB
CH SE DK NO PL HU CZ
Leitzinssatz, %
Aktuell 0,875 -0,10 0,00 0,25
-0,75 -0,50 0,05 0,50 1,50 0,90 0,05
Jun 17 1,125 -0,10 0,00 0,25
-0,75 -0,50 0,05 0,50 1,50 0,90 0,05
Sep 17 1,375 -0,10 0,00 0,25
-0,75 -0,50 0,05 0,50 1,50 0,90 0,05
Dez 17 1,375 -0,10 0,00 0,25
-0,50 0,05 0,50 1,50 0,90 0,05 0,00
3M Geldmarktsatz, %
Aktuell 1,15 0,06 -0,34 0,34
Jun 17 1,48 0,05 -0,30 0,40
Sep 17 1,73 0,05 -0,30 0,40
Dez 17 1,73 0,05 -0,30 0,40
Rendite 10J Staatsanleihen, %
Aktuell 2,35 0,07 0,24 1,06
Jun 17 3,60 0,05 0,50 1,40
Sep 17 3,60 0,03 0,65 1,60
Dez 17 3,10 0,00 0,80 1,75
Wechselkurse
EUR/USD USD/JPY EUR/GBP GBP/USD
EUR/CHF EUR/SEK EUR/DKK EUR/NOK EUR/PLN EUR/HUF EUR/CZK
Aktuell 1,07 110,49 0,86 1,24
1,07 9,55 7,44 9,18 4,25 309,38 27,06
Jun 17 1,08 119,00 0,95 1,14
1,04 9,39 7,46 8,90 4,38 312,63 27,00
Sep 17 1,03 122,00 0,94 1,09
1,00 9,32 7,46 8,80 4,35 316,31 26,30
Dez 17 0,95 125,00 0,90 1,06
9,25 7,46 8,50 4,40 320,00 26,00 0,00
Quellen: Bloomberg, Deutsche Bank
Ausblick Deutschland
26 | 7. April 2017 Ausblick Deutschland
Deutschland: Datenmonitor DX
Q1 2016
Q2 2016
Q3 2016
Q4 2016
Q1 2017
Okt 2016
Nov 2016
Dez 2016
Jan 2017
Feb 2017
Mrz 2017
Konjunkturumfragen
Gesamtwirtschaft
ifo Geschäftsklima 106,6 107,9 108,1 110,7 111,1
110,5 110,5 111,0 109,9 111,1 112,3
ifo Geschäftserwartungen 100,6 101,8 102,2 105,7 104,4
106,0 105,4 105,6 103,2 104,2 105,7
Produzierendes Gewerbe
ifo Verarbeitendes Gewerbe 100,5 102,0 102,5 105,3 106,1
105,8 104,9 105,3 104,5 105,9 107,9
Produktion (% gg. Vp.) 1,7 -0,8 0,3 0,1
0,5 0,5 -2,4 2,8
Auftragseingang (% gg. Vp.) 0,9 -0,4 0,7 4,0
4,8 -3,6 5,2 -7,4
Grad der Kapazitätsauslastung 85,0 84,4 84,8 85,7 86,0
Bauhauptgewerbe
Produktion (% gg. Vp.) 1,4 -5,3 1,9 3,1
2,0 3,7 -2,4 -5,6
Auftragseingang (% ggü. Vp.) 6,9 -0,3 -4,2 7,9
8,1 -0,6 0,4 -0,3
ifo Bauhauptgewerbe 122,8 124,6 126,9 129,7 128,4
128,9 129,4 130,7 129,2 127,5 128,4
Konsumentennachfrage
EC Konsumentenbefragung -6,1 -3,2 -2,5 -1,5 -0,6
-2,5 -1,2 -0,7 0,2 -2,1 0,2
Einzelhandelsumsätze (% gg. Vp.) 0,6 0,0 0,3 0,7
1,5 -0,7 0,6 -1,0 1,8
Neuzulassungen PKW (% gg. Vj.) 4,5 9,4 4,2 -0,3 6,7
-5,6 1,5 3,7 10,5 -2,7 11,4
Außenhandel
Auslandsaufträge (% gg. Vp.) 2,1 -1,4 2,6 2,8
4,5 -4,1 3,7 -4,9
Exporte (% gg. Vp.) 0,5 0,4 -0,2 2,3
0,5 3,5 -2,8 2,6
Importe (% gg. Vp.) -0,1 -1,2 1,4 3,6
1,2 3,4 0,1 2,8
Nettoexporte (EUR Mrd.) 61,5 65,6 61,8 60,1
20,5 21,3 18,3 18,6
Arbeitsmarkt
Arbeitslosenquote (%) 6,2 6,1 6,1 6,0 5,9
6,0 6,0 6,0 5,9 5,9 5,8
Veränderung Arbeitslosigkeit (Tsd. gg. Vp.) -33,3 -24,7 -24,0 -32,7 -65,0
-16,0 -8,0 -21,0 -27,0 -17,0 -30,0
Beschäftigung (% gg. Vj.) 1,3 1,2 1,2 1,3
1,3 1,3 1,4 1,4 1,4
ifo Beschäftigungsbarometer 108,4 108,2 109,0 111,2 110,2
110,6 111,1 111,8 110,7 110,6 109,4
Preise, Löhne und Arbeitskosten
Preise
HVPI (% gg. Vj.) 0,1 0,0 0,4 1,0 1,9
0,7 0,7 1,7 1,9 2,2 1,5
Kern-HVPI (% gg. Vj.) 1,1 1,0 1,1 1,2
1,1 1,0 1,4 1,1 1,1
Harmonisierter PPI (% gg. Vj.) -2,8 -2,6 -1,7 0,2
-0,4 0,1 1,0 2,4 3,1
Rohstoffe ohne Energie (% gg. Vj.) -14,6 -6,5 2,9 19,2 32,7
9,1 19,3 29,5 34,5 37,7 26,3
Ölpreis (USD) 35,1 46,9 47,0 51,1
51,4 47,1 54,9 55,5 56,0
Inflationserwartungen
EC Haushaltsumfrage 5,3 3,6 6,2 10,0 18,9
7,4 11,8 10,8 17,3 18,9 20,6
EC Unternehmensumfrage -2,4 1,7 3,0 6,2 13,0
5,4 6,8 6,3 11,4 13,8 13,8
Lohnstückkosten (gg. Vj.)
Lohnstückkosten 2,1 0,3 1,5 1,7
Arbeitnehmerentgelt je Arbeitnehmer 2,6 2,0 2,3 2,3
Arbeitnehmerentgelt je Stunde 3,9 0,6 2,4 3,5
Monetärer Sektor (gg. Vj.)
M3 7,7 7,2 6,6 5,7
5,4 5,1 5,7 5,7 5,6
Trend von M3*
5,7 5,4 5,5 5,6
Kredite an Unternehmen und Privatpersonen 2,0 2,7 2,6 2,9
3,0 2,9 2,9 3,1 3,0
Kredite an öffentliche Haushalte -9,1 9,7 -0,1 8,9
4,2 5,3 8,9 15,5 18,4
% gg. VP = Veränderung gegenüber der Vorperiode; * zentrierter 3M-Durchschnitt
Quellen: Bundesagentur für Arbeit, Deutsche Bundesbank, Europäische Kommission, Eurostat, Statistisches Bundesamt, HWWI, ifo, Markit
Ausblick Deutschland
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