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B A N D I N H A L T
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Jahrgang 35 1994
Der Internist Organ des Berufsverbandes Deutscher Internisten e.V. Organ der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin
Begründet von
G. Budelmann • H. von Kress • H. Reinwein W. Rüge • H. Schwiegk • F. Valentin
Unter Mitwirkung von
H. Weinholz • W. Wildmeister • Hd. Ullmann (Für den Vorstand des Berufsverbandes Deutscher Internisten e.V.)
R. Aschenbrenner • H.E. Bock • M. Broglie F. Krück • F. Scheler • R. Schindlbeck E. Schüller • K. Werdan • E. Wetzeis
Herausgegeben von
M. Classen, München V. Diehl, Köln J. van de Loo, Münster • M.P. Manns, Hannover H.-P. Schuster, Hildesheim P.C. Scriba, München W. Siegenthaler, Zürich • B.E. Strauer, Düsseldorf P. von Wiehert, Marburg
Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York London Paris Tokyo Hong Kong Barcelona Budapest
B A N D I N H A L T
Leitthemen der Hefte
Heft 1: Internistische Schmerztherapie 1
Heft 2: Die Bedeutung der Molekularbiologie
in der Medizin 115
Heft 3: Der chronisch kranke Adoleszent 211
Heft 4: Kontroversen in der Therapie
innerer Erkrankungen 312
Heft 5: Bildgebende Verfahren in der Angiologie (I) . . . . 427
Heft 6: Bildgebende Verfahren in der Angiologie (IT) . . . 515
Heft 7: Rationale Labordiagnostik
in der Inneren Medizin 599
Heft 8: Bronchialkarzinom 691
Heft 9: Innere Medizin und Psychiatrie 805
HeftW: A I D S 891
Heft 11: Bildgebende Verfahren in der Kardiologie . . . . 979
Heft 12: Was ist gesichert in der Therapie 1085
Themen der Weiterbildung
Röntgenbe funde bei Herzerkrankungen.
Rön tgenbe funde bei Lungenerkrankungen
L y m p h k n o t e n v e r g r ö ß e r u n g e n
Unklares Fieber . . .
Hepatosplenomegalie .
Das Differentialblutbild
Univecsi tats-BibhotneK. Muncnen
Schock
Moderne Beatmungsformen. . . .
Prostatauntersuchung
Arzneimitteltherapie im Alter . .
Pruritus bei inneren Erkrankungen
Paraneoplastische Syndrome . . .
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I m nachfolgenden Verzeichnis sind die Bei t räge zu den Thementeilen mit * bezeichnet. Zahlen in Klammern = Heftnummer
I I
Ü B E R S I C H T
Zum Thema
Die Aufsplitterung des Gebiets der Inneren Medizin in ihre Teilgebiete wird einerseits ebenso häufig beklagt wie sie andererseits unvermeidlich ist. Je einfacher und klarer aber diagnostische Empfehlungen auch für den nicht spezialisierten Internisten sind, umso verbindlicher wird dieser in die Diagnostik eines Teilgebietes einbezogen. So kann man feststellen, daß die von der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie erarbeiteten diagnostischen Strategien einen Beitrag dazu darstellen, einer übermäßigen Spezialisierung entgegenzuwirken.
Jeder Internist, der aufgrund von Anamnese und klinischer Untersuchung zur Verdachtsdiagnose einer endokrinen Störung kommt, wird Basis- und fortführende Teste zunächst in der ambulanten Praxis ausführen können, bevor er seine Patienten an den Spezialisten weiterleitet.
Schlüsselwörter
Hyperthyreose, Diagnostik - Hypothyreose, Diagnostik - Hyper-kortiksolismus, Diagnostik Phäochromozytom, Diagnostik -Hyperkalzämie, Diagnostik - Hy-pokalzämie, Diagnostik
Internist (1994) 35:626-632 © Springer-Verlag 1994
Rationale Labordiagnostik in der Endokrinologie Aus den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie*
P.C. Scriba1 und R. Ziegler 2
1 Medizinische Klinik, Klinikum Innenstadt der LMJJ München, 2 Medizinische Universitätsklinik und Poliklinik Heidelberg
Diagnostische Rationalität erlaubt sowohl rationelles Vorgehen als auch ein klares Programm für Qualitätssicherung. Es lassen sich ferner die Situationen relativ klar beschreiben, bei denen die Überweisung zum Spezialisten erforderlich wird.
Die Diagnostik von Schilddrüsenerkrankungen [1] läßt sich im Sinne des Unterschiedes zwischen Ausschluß- und Nachweisdiagnostik sowie unter Trennung der Begriffe Funktionsstörung und Schilddrüsenerkrankung gut strukturieren. Die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie hat mit ihren verschiedenen Sektionen alle anderen endokrinolo-gischen Spezialgebiete auf dem Konsensuswege mit diagnostischen Strategien versehen [2]. Dies sind die Themen Hypothalamus und Hypophyse, Nebenschilddrüse und Kalziumhomöostase, endokrines Pankreas und Diabetes mellitus, sonstiges endokrines Pankreas und gastrointestinale Hormone, Nebennierenrinde, Nebennierenmark, männliche Gonaden, weibliche Gonaden (Gynäkologie und Geburtshilfe) sowie Ernährung und Stoffwechsel. Ein Auszug der
* Der Text wurde auszugsweise dem Sachstandsbericht 1993: Gesundheitsversorgung und Krankenversicherung 2000, des Sachver s t änd igenra te s für die Konzertierte A k t ion im Gesundheitswesen, Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden 1994, entnommen.
Die Autoren danken Herrn Dr . O. Jan-ßen, M ü n c h e n , für die Erstellung der Abb . 1-6
Empfehlungen wird hier gekürzt wiedergegeben.
Schilddrüse
1. Das Vollbild der Hyperthyreose (Herzklopfen, Unruhe, Gewichtsverlust, Schwitzen, häufigerer Stuhlgang, Schwäche, Tremor etc.) ist kaum zu übersehen. Probleme machen dagegen monosymptomatische Verläufe (tachykarde Herzrhythmusstörungen) und oligosymptomatische A l -tershyperthyreosen (Apathie, Schwäche, Gewichtsverlust).
A usschlußdiagnostik :
Ein normaler basaler TSH-Wert schließt eine Hyperthyreose aus (Abb. 1).
Nachweisdiagnostik:
Diese wird erforderlich, wenn das k l i nische Bild sehr verdächtig ist oder wenn ein supprimierter TSH-Wert bereits bekannt ist. Der Nachweis der Hyperthyreose erfolgt mittels Bestimmung des freien Thyroxins. Nur wenn das freie Thyroxin nicht erhöht ist, muß durch Bestimmung des freien Triojodthyronins eine sog. T3-Hyper-thyreose nachgewiesen werden. Erst nach der Sicherung der Funktionsstörung Hyperthyreose erfolgt die Zuordnung zu einer zugrunde liegenden Schilddrüsenerkrankung! • Bei sicherer endokriner Orbitopathie ist die immunogene Genese der
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Manifestationen der H Y P E R T H Y R E O S E : Herzklopfen, Durchfall, Gewichtsverlust, Schwitzen, Unruhe, Schwäche, Tremor, tachykarde Arrhythmien, Senium: Apathie, u.s.w. cave: monosymptomatische Thyreokardiopathien
endokrine Orbitopathie
(Neugeborenenscreening)
STRUMA SD-Knoten
(Laborscreening]
f T 4 hoch normal
| T S H | niedrig | normal/hoch
H Y P E R THYREOSE
(f ) T 3 hoch | | normal
• • T4 od. T3 Therapie nein ja
T3-HYPER-THYREOSE
endokr. Orbitopathie ja nein
• T S H R - A k
pos.
Morbus BASEDOW
Tc. - Szintigraphie warme Areale, Uptake t
ja nein
t solitäre, multifokale oder
disseminierte AUTONOMIE ^ cave: AK-neg. M. Basedow ohne endokr. Orbitopathie
Ausschluß Hyperthyreose cave: kompensierte Autonomie, TSH-produzierender Tumor oder Schilddrüsenhormonresistenz
grenzwertige Hyperthyreose
Thyreotoxicosis fact. Thyreoiditis, u.a.
Abb. 1. Diagnostik bei Verdacht auf Hyperthyreose
Hyperthyreose (Morbus Basedow) gesichert. Nur wenn keine Augenzeichen (endokrine Orbitopathie) vorliegen, ist die Bestimmung von Schild-drüsen-Peroxydaseantikörpern (An-ti-TPO) und des TSH-Rezeptoranti-körpers zum Nachweis der Immun-pathogenese erforderlich. • Bei Hyperthyreose (supprimiertem TSH) liefert die Szintigraphie Hinweise zur Beteiligung des Schilddrüsengewebes: generalisiert (Immunhyperthyreose oder diffuse Autonomie) bzw. lokalisiert (solitäres oder multifokales autonomes Adenom).
2. Die Symptome der Schilddrüsenunterfunktion (Müdigkeit, Verlangsamung, Kälteempfindlichkeit, Obstipation, trockene Haut, langsame Sprache etc.) werden oft lange verkannt. Der großzügigere Einsatz der Ausschlußdiagnostik, d.h. der Bestimmung des basalen TSH ist angebracht. Für den Nachweis der Hypothyreose (klinisch wahrscheinlich oder TSH erhöht) ist die Bestimmung des freien Thyroxins ausreichend (Abb. 2).
Auch hier erfolgt nach Sicherung der Funktionsstörung Hypothyreose
die Zuordnung zu einer zugrunde liegenden Schilddrüsenerkrankung durch Anamnese (Schilddrüsenoperation?) oder durch Bestimmung von Antikörpern gegen die thyreoidale Peroxidase im Sinne des Nachweises der ausgebrannten Autoimmunthyreoiditis. Ein niedriges TSH belegt die seltene hypothalamo-hypophysäre Genese.
3. Symptome der Schilddrüsenvergrößerung (Struma, Kropf) sind tastbare Vergrößerungen oder Knoten und Lokalbeschwerden im Sinne des Drucks (Schluckbeschwerden, Ein-flußstauung), der Trachealpelottie-rung und -Verlagerung (Atemnot, Stridor) sowie evtl. lokaler Schmerzen.
Die Schilddrüsensonographie erlaubt zunächst die Sicherung der Schilddrüsenvergrößerung (Volumen) sowie die Beschreibung von Knoten, Zysten und Echostruktur. • Für den Nachweis der subakuten Thyreoiditis de Quervain ist die Feinnadelbiopsie mit dem zytologischen Nachweis von Riesenzellen beweisend (daneben erhöhte BKS). • Bei der Hashimoto-Thyreoiditis findet man ein echoarmes Muster im Sonogramm, reichlich Lymphozyten im Feinnadelaspirat und Antikörper gegen Thyreoglobulin oder thyreoidale Peroxidase im Serum (Häufigkeit in dieser Reihenfolge). • Die Symptome der Struma maligna sind im Frühstadium der solitäre rasch wachsende Knoten besonders auch Rezidivknoten und vielleicht eine derbere Beschaffenheit. Eine Ausschlußdiagnostik im engeren Sinne gibt es eigentlich nicht. Es geht vielmehr darum, bei gegebenem Leitsymptom Knoten, die Wahrscheinlichkeit der Malignität so klein wie möglich zu halten. Hier ist Erfahrung unersetzbar (Sonographie, Szintigraphie, Feinnadelaspiration, Zytologie). Bei weiter bestehendem Verdacht sind Operation und histologische Sicherung ausschlaggebend (prophylaktisch-diagnostische Indikation). Besondere Spezialkenntnisse erfordert das C-Zellkarzinom, insbesondere zusammen mit einem Phäochromozytom bei multipler endokriner Neoplasie ( M E N II) .
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Ü B E R S I C H T
Manifestationen der HYPOTHYREOSE: Müdigkeit, Obstipation, Verlangsamung, trockene Haut, Gewichtszunahme, Myxödem, Bradykardie, Kälteempfindlichkeit, u.s.w.
Neugeborenen Screening
(Laborscreening)
T S H niedrig/normal hoch
Ausschluß Hypothyreose cave: zentrale Hypothyreose (TSH- od. TRH-Mangel)
f T 4 normal niedrig
subklinische Hypothyreose
H Y P O THYREOSE
Z.n. OP od. Radiatio, antithyreoidale Therapie
postpartale Hypothyreose
kürzlich Schwangerschaft
ja
nein ja
nein
•
TPO-Ak(MAk) hoch | 1 normal I
iatrogene Hypothyreose
\ SD - Sonographie
STRUMA ja nein
Ak-neg. Autoimmunthyreoiditis, Dyshormonogenese u.a.
• \ Hashimoto-Thyreoiditis
atrophische Thyreoiditis
Abb. 2. Diagnostik bei Verdacht auf Hypothyreose
Nebennierenrinde
Die typischen Symptome des Cush-ing-Syndroms (Vollmondgesicht, Stammfettsucht, Hypertonie, Plethora, Amenorrhoe und Hirsutismus, Muskelschwäche, Striae rubrae, hämorrhagische Diathese, Osteoporose) werden oft lange übersehen. Der Test zum Ausschluß eines Cushing-Syn-droms ist der Dexamethasonsuppres-sionstest. Die weitere Diagnostik sollte von speziell erfahrenen Ärzten durchgeführt werden, da adrenale,
hypophysär-hypothalamische und ektope Krankheitsebenen zu differenzieren sind (Abb. 3).
Das adrenogenitale Syndrom fällt durch Virilisierungserscheinungen bei Mädchen und Frauen bzw. frühzeitige Pubertät, endgültigen Minderwuchs und Fertilitätsstörungen beim Mann auf. Die Diagnostik ist dem speziell erfahrenen Arzt (Pädiater) vorbehalten.
Primärer Aldosteronismus (Conn-Syndrom): Die Symptome bestehen in einer schwer korrigierbaren Hy
pertonie mit einer Hypokal iämie von weniger als 3,6 mmol/1. Diagnostisch beweisend ist der Hyperaldosteronis-mus bei supprimiertem Renin. Die weiterführende Differentialdiagnose gehört auf jeden Fall zu einem speziell Erfahrenen.
Die Symptome des Morbus Addison (Ermüdbarkei t , Schwäche, Gewichtsabnahme, Pigmentvermehrung, Appetitlosigkeit etc.) sind meist hinreichend für eine klinische Diagnose. Hyperkal iämie und Hypona-triämie können ebenfalls hinweisend sein. Der beweisende Test ist der ACTH-Kurztest (mit Cortisolbestimmung). Im Zweifelsfall m u ß schon bei klinischem Verdacht schnell die Substitutionsbehandlung eingeleitet werden. Diagnostische Sicherung und Differentialdiagnose kann man dann dem speziell Erfahrenen überlassen.
Hypoaldosteronismus (Hyperkaliämie!) wird pr imär und sekundär z.B. im Rahmen des Diabetes mellitus beobachtet.
Nebennierenmark
Paroxysmale oder Dauerhypertonie sind Leitsymptome des Phäochromozytoms. Es kann ferner durch Kopfschmerzen, Temperaturerhöhung, Schwitzen, Tachykardie, Tremor, Unruhe, Blässe und Angina pectoris gekennzeichnet sein. Je jünger der Hochdruckpatient ist, desto eher wird man die Ausschlußdiagnostik (Bestimmung der Urinkatechol-amine) durchführen (Abb. 4). Die weiterführende Diagnostik gehört zum speziell Erfahrenen. Die Kombination des Phäochromozytoms mit dem C-Zellkarzinom kommt bei M E N I I vor (Familienscreening erforderlich).
Männliche Gonaden und weibliche Gonaden:
Vgl. Originalpublikation [2], ferner Der Internist, Heft 8 (1993).
Hypothalamus und Hypophyse
Leitsymptome:
Periodenstörungen, Kleinwuchs, Hypogonadisms, Durst, Gesichtsfeld-
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Manifestationen des HYPERKORTISOLISMUS: Stammfettsucht, rote Striae, rotes Vollmondgesicht, Akne, Büffelnacken, psychische Störungen, Muskelschwäche, Rückenschmerzen, Potenz-und Libidoverlust
[ Hypertonie] (Oligo-, Amenorrhoe )
(Hirsut ismus
Dexamethasontest 2 mg - ambulant
Dexamethasontest 8 mg - stationär Suppression
nein ja
Dexamethasontest 2 mg - stationär Suppression
Suppression nein ja
nein ja
\ cave: endog. DEPRESSION
A C T H niedrig hoch
Ausschluß HYPERKORTISOLISMUS cave: Glukokortikoidlangzeittherapie
\ ACTH
hoch
ektope ACTH-Bi ldung Bronchial-, Pankreaskarziom, Karzinoid, u.a.
M. C u s h i n g hypothalamisch od. hypophysär
C u s h i n g - S y n d r o m Nebennierenrindentumor
Abb. 3. Diagnost ik bei Verdacht auf Hyperkort isolismus
defekte, Hirnnervenausfälle, Akro -megalie/Gigantismus, Karpaltunnelsyndrom, Schwitzen, Galaktorrhoe/ Amenorrhoe, Libido- und Potenzverlust, Gynäkomastie(?) , zufälliger Röntgenbefund (Sella turcica), Hypo-glykämieneigung, Hypercortisolis-mus (s. Cushing-Syndrom) sind die Leitsymptome der verschiedenen hy-pothalamisch-hypophysären Krankheitsbilder.
Ausschlußdiagnostik:
Eine regelmäßige Periode schließt bei der Frau eine Hypophysenvorderlappeninsuffizienz praktisch aus. Normaler Bartwuchs und regelrechte Körperbehaarung sprechen beim Mann gegen eine HVL-Insuffizienz. Die Go-nadotropinbestimmung ist der emp
findlichste Test für die HVL-Insuffizienz.
Der Durstversuch mit Gewichtsund Osmolali tätsbestimmung im Urin erlaubt den Ausschluß (und Nachweis) des Diabetes insipidus. Differentialdiagnose: Diabetes mellitus, Hyperkalziämie, Niereninsuffizienz, psychogene Polydipsie. Für das Syndrom der inappropriaten ADH-Sekre-tion sind Ödeme und Hyponatr iämie wegweisend (Ausschluß und Nachweis erfolgt durch Bestimmung der Osmolali tät im Serum und Urin). Für einen Ausschluß der Akromegalie (und Nachweis) ist die Wachstumshormonbestimmung unter oraler Glukosebelastung entscheidend.
Der isolierte Wachstumshormonmangel erfordert diagnostisch Stimulationsteste, die z.B. Wachstumshormonbestimmung unter körperlicher
Belastung erfordern (Überweisung zum Spezialisten). Differentialdiagnose: Konstitutioneller Minderwuchs, allgemeine schwere Erkrankung. Die Hyperprolaktinämie ist bei 3 normalen basalen Prolaktinwerten ausgeschlossen. Differentialdiagnose: idiopathische Hyperprolaktinämie, M i -kro-, Makroprolaktinom, medikamenteninduzierte Hyperprolaktinämie, Gravidität.
Bei inaktivem Hypophysentumor ist der empfindlichste endokrine Test der Nachweis des hypogonadotropen Hypogonadismus. Zum Suchprogramm gehört ferner die Sellaspezial-aufnahme (bzw. M R T ) und das Gesichtsfeld. Das hypophysär-hypo-thalamische Cushing-Syndrom wird durch einen normalen Dexametha-son-Suppressionstest (Cortisol-Messung) ausgeschlossen (s. oben).
Die hier formulierten Ausschlußteste (z.T. auch bereits zum Nachweis der genannten Erkrankung) sind geeignet, die eher unwahrscheinliche Verdachtsdiagnose auszuschließen. Sie können zumeist auch vom weniger spezialisierten Arzt eingesetzt werden. Die spezielle Diagnostik zum Nachweis der hier genannten Syndrome und der diesen wiederum zugrundeliegenden vielfältigen Krankheiten erfordern eine besonders intensive Weiterbildung und machen daher in aller Regel die Überweisung an einen Spezialarzt erforderlich.
Nebenschilddrüsen und Kaiziumhomöostase
Leitsymptome:
• Hyperkalziämie (Durst, Rücken-/ Knochenschmerzen, Nierenkoliken, Schwäche, Verstimmung); • Hypokalziämie (Tetanie, Katarakt etc.); • Osteoporose (Rückenschmerzen, Frakturneigung, Minderung der Körpergröße); • Osteomalazie (Knochenschmerzen, Knochenverformungen, Watschelgang); • Morbus Paget (Knochenschmerzen, Engpaßsyndrome).
Der primäre Hyperparathyreoidis-mus erfordert neben der Sicherung
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Leitsymptome: hypertensive Krisen, therapieresistente Hypertonie, Hypertonie bei jungen Patienten, Hypertonie mit schwerer Retinopathie, Kardiomyopathie, Gewichtsverlust, anfallsweise: Kopfschmerzen, Fieber, Schwitzen, Tachykardie, Tremor, Blässe, Hyperglykämie.
Phäochromozytom unwahrscheinlich bei typischer Klinik oder
bei familiärem Risiko
Phäochromocytom sehr unwahrscheinlich nur in seltenen Ausnahmefällen
unter simultaner ct-Blockade
genetische Prädisposition: Familienanamnese für MEN-Ila/-Ilb oder für Phakomatosen
klinisch stummer Nebennierentumor
L als Zufallsbefund (Sono)
Katecholamine im 24h-Urin normal erhöht
C l o n i d i n - T e s t Serum-Katecholamin-Bestimmung Abfall | I kein Abfall
Gl. u k a g o n - T e - s t CAVE!
Serum-Katecholamin-Bestimmung
Kein Phäochromocytom] ggf. Kontrolle nach 6 Monaten j
kein Anstieg Anstieg
PHÄOCHROMOCYTOM
Lokalisations-diagnostik
Abb. 4. Diagnostik bei Verdacht auf P h ä o c h r o m o z y t o m
der Hyperkalziämie die Bestimmung des intakten Parathormons. Zur Interpretation der Werte sind Albumin, alkalische Phosphatase und Kreatinin erforderlich. Die Differentialdiagnose betrifft in erster Linie Ma-lignome mit Hyperkalziämie (Abb. 5). Beachte: Primärer Hyperparathyreo-idismus bei M E N I (seltener bei M E N IIa).
Bei jeder Tetanie ist die Primärfrage, ob es sich um eine normokalzämi-sche oder hypokalzämische Tetanie handelt. Die Parathormonbestimmung sichert gegebenenfalls den Hy-poparathyreoidismus (Abb. 6).
Das labordiagnostische Minimalprogramm zum Ausschluß der sekundären Osteoporose erfordert die Bestimmung von Kalzium, Phosphat, alkalischer Phosphatase, Kreatinin,
BKS, Differentialblutbild, Serumeiweiß, Elektrophorese und Immunelektrophorese im Blut sowie den Proteinnachweis im Urin. Die bei negativen Befunden ausreichend gesichert idiopathische Osteoporose wird röntgenologisch diagnostiziert. Indikationen zur Osteodensitometrie stellen Menschen mit Prädisposition zur Osteoporose dar (Familienanamnese, zierlicher Körperbau mit Untergewicht und Hautatrophie, exzessives Rauchen) sowie Patienten mit bekannten Ursachen der sekundären Osteoporose.
Für die Osteomalazie braucht man die alkalische Phosphatase sowie Phosphat und Kalzium im Serum und Urin. Typische Röntgenverände-rungen sind u.U. anhand eines Skelettszintigramms besser zu finden. Es
m u ß zwischen Vitamin-D und Kalziummangel einerseits und Phosphatmangel andererseits unterschieden werden. In der Diagnostik des Morbus Paget dominieren die Bestimmung der alkalischen Phosphatase und das Röntgenbild.
Endokrines Pankreas/ Diabetes mellitus
Grundsätzl ich wichtig ist die Unterscheidung zwischen Primärdiagnostik und diagnostischer Beurteilung der Einstellung des Stoffwechsels eines Diabetikers.
Für die Primärdiagnostik ist die mehrfache Blutzuckerbestimmung unter definierten Bedingungen (nüchtern, postprandial) und die Berücksichtigung der akzeptierten Grenzwerte wichtig. Diese werden ergänzt durch quantitative Harnzuckerbestimmung. Die Ausschlußdiagnostik ist nicht nur bei typischen Symptomen (Durst, Müdigkeit , Hautinfektionen) sondern bei bestimmten Risikokonstellationen (Übergewicht, Verwandtschaft, Schwangerschaftskomplikationen) bereits indiziert. Die Zuordnung zum Typ I und I I ist durch anamnestische Angaben möglich. Insulinbestimmungen sind nur im Ausnahmefall zur Klassifikation erforderlich.
Die Bestimmung des H b A l c dient weniger der Diagnose, als vielmehr der Langzeitbeurteilung der Einstellung in größeren Abständen. Die mehrfach tägliche Blutzucker-Selbstbestimmung ist bei allen mit Insulin intensiviert behandelten Patienten unbedingt erforderlich.
Bei allen Schwangeren sind Suchtest und bei positivem Ausfall orale Glukosebelastung erforderlich.
Sonstiges endokrines Pankreas, gastrointestinale Hormone:
vgl. Originalpublikation [2].
Ernährung und Stoffwechsel
Die Europäische Atherosklerose-Ge-sellschaft hat die Hyperlipoprotein-ämie auf der Basis der Cholesterin-und Triglyzeridwerte in Therapie-
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Manifestationen des pHPT: Nephrolithiasis, -kalzinose Knochenschmerzen, -frakturen Osteopenie, peptische Ulzera, Pankreatitis, Cholelithiasis
[Laborscreening)
i Funktionsstörungen: Polyurie, Polydipsie, Übelkeit, Erbrechen, Gewichtsabnahme, Adynamie, Reflexabschwächung, psychische Veränderungen, Somnolenz, Koma
Serumkalziumbestimmung
i \ (HYPERKALZÄMIE) (Normokalzämie)
V.a. Begleithyperkalzämie: hämat. Systemerkrankungen, Hyperthyreose, Malignome, NNR-Insuffizienz, Immobilisation, M. Paget, M. Boeck, Vit.-D Intox., Niereninsuffizienz, Medikamente
I \ iPTH-Bestimmung | hoch/normal | | supprimiertj"
ggf. Kontrollen
\ Nierenretentionsparameter normal Niereninsuffizienz
•
Suche nach anderen Ursachen: vgl. Begleithyperkalzämie
pHPT] autonomer sHPT (= tertiärer HPT)
Lokalisations-diagnostik, Operation
notabene: ggf. symptomatische Therapie mit Flüssigkeitszufuhr, Furosemid & Diphosphonat
Abb. 5. Diagnost ik bei p H P T bzw. H y p e r k a l z ä m i e
gruppen eingeteilt. Der Durchführung dieser Diagnostik liegen v.a. positive Familienanamnese und Auftreten der Leitsymptome primärer Hyperl ipoproteinämien zugrunde: Vorzeitige Atherosklerose (koronare Herzkrankheit, periphere arterielle Verschlußkrankheit), Diabetes mellitus, Übergewicht, Xanthome, Pankreatitis sind hier v.a. zu nennen. Der diagnostische Konsensus geht dahin, daß neben der Bestimmung von Cholesterin und Triglyzeriden auch das HDL-Cholesterin im Serum erforderlich ist. Die weiterführende Diagnostik wird dann meist vom speziell interessierten Arzt durchgeführt. Der therapeutisch/prophylaktische Konsensus ist noch nicht ganz einstimmig.
Die Adiposität ist in der ganz überwiegenden Zahl der Fälle eine idiopathische Erkrankung, neben der genetische Syndrome, hypothalami-sche und andere endokrine Erkrankungen sowie Medikamente als Ur
sache sehr selten sind. Dementsprechend reicht in aller Regel die anthro-pometrische Beschreibung der Adi-positas (z.B. Broca-Index oder Idealgewicht). Adipositas heißt mehr als 130% des Idealgewichts. Eine spezielle Diagnostik (z.B. Hormondiagnostik) ist nur erforderlich, wenn zusätzliche Symptome neben der Adipositas auf das Vorliegen eines genetischen Syndroms oder einer mit Adi positas einhergehenden hypothalami-schen oder sonstigen endokrinen Erkrankung (Cushing-Syndrom, Hypothyreose, Hyperinsulinismus) hinweist. Die kardiovaskulären, pulmonalen und endokrinen metabolischen Begleit- und Folgeerkrankungen der Adipositas erfordern natürlich ihre eigene Diagnostik.
Die endokrinen Funktionsstörungen bei Anorexia nervosa und Bulimie sind sekundär, d.h. unter Gewichtszunahme reversibel. Für die Diagnostik dieser Erkrankung spielen sie keine Rolle.
Perspektiven
Häufige Beschwerden und Befunde (Symptome) können in der endokri-nologischen Differentialdiagnose zu einer durchaus aufwendigen Ausschlußdiagnostik führen. Der Arzt muß im Einzelfall den denkbaren Maximalaufwand („ich mache immer alles", auch bei Kontroll-/Wiederho-lungsuntersuchungen) im Sinne eines Ermessensspielraumes einengen. Arzt und Patient haben hierbei ein individuelles Restrisiko zu akzeptieren. Diagnostische Empfehlungen, die im Sinne des Konsensus zu erarbeiten sind, können hierbei hilfreich in dem Sinne sein, daß der statistische Hintergrund der allgemeinen Erfahrung die Höhe des Restrisikos einzuschätzen erlaubt. Qualitätssicherung würde dann zu bewirken haben, daß niemand zu ängstlich oder zu leichtfertig wird. Wer aber regelmäßig extrem unwahrscheinliche diagnostische We-
Fazit für die Praxis
Die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie ist auf dem Wege des Konsensus zu klaren Empfehlungen für eine zweckmäßige endokrinolo-gische Diagnostik gekommen. Die sorgfältige Anamnese und die klinische Befunderhebung bilden selbstverständlich die Grundlagen zu weiterer differenzierender klinisch-chemischer Diagnostik.
In dieser Übersichtsarbeit wurden anhand von Flußdiagrammen verbindliche diagnostische Empfehlungen für folgende Krankheitsbilder gegeben:
1. Hyperthyreose 2. Hypothyreose 3. Hyperkortikosolismus 4. Phäochromozytom 5. Hyperkalzämie 6. Hypokalzämie
Oft genügen nur wenige Untersuchungen, um eine endokrine Erkrankung auszuschließen oder durch weitere gezielte klinisch-chemische Analysen oder Funktionsteste zu eindeutiger Diagnostik zu gelangen.
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Ü B E R S I C H T
Tetanisches Syndrom: Karpopedalspasmen, Chvostek-Z., Trousseau-Z., Parästhesien, Fischmaulstellung, Durchfälle, endokrines Psychosyndrom
(Laborscreening)
i Manifestationen des Hypoparathyreoidismus: Katarakt, Basalganglienverkalkung, Zahnanomalien, Minderwuchs, Candidamykose, Tetanie (s.u.)
Serumkalziumbestimmung |
Stigmata des Pseudo-hypoparathyreoidismus: Kleinwuchs, Rundgesicht, Brachymetakarpie, -tarsie
I \ (HYPOKALZÄMIE ) (Normokalzämie)
potentielle Hypokalzämie: Z.n. OP oder Radiatio des Halses, bei Polyautoimmunerkrankungen, u.a.
iPTH-Bestimmung
Hypoparathyreoidismus DD vgl, potentielle Hypokalzämie
normal/hoch
bei Tetanie: typ. Anamnese
Blutgasanalyse | normal] | resp. Alkalose |
•
Serumphosphatbestimmung hoch niedrig/normal) normal | | niedrig
Magnesiumbestimmung
Hyper-ventilations-tetanie (HV)
Nierenretentionsparameter normal Niereninsuffizienz
I I [ Pseudohypopara- | sekundärer renaler [ thyreoidismus j myperparathyreoidismus
normokalzämische Tetanien ohne HV
Hypo-magnesiämie
sekundärer intestinaler Hyperparathyreoidismus
gen, ob dieses Soll deutlich unter oder deutlich über dem gegenwärtigen Ist des Aufwandes liegt. Was dagegen sicher erscheint ist, d a ß das hier deklarierte Soll des medizinisch Erforderlichen eine erhebliche Steigerung der Qualität der Versorgung (Rationalität) bedeuten und die rationelle Vermeidung von Unnöt igem sowie Unwirksamem im Sinne der Qualitätssicherung erleichtern würde. Mi t diesem Vorgehen würde auch die Definition des Leistungskatalogs der Krankenversicherungen erleichtert. Leistungsausschlüsse könnten nicht nur pauschal für einzelne Methoden, sondern mit besserer Begründung auch indikationsbezogen erfolgen.
Literatur l .Scr iba PC, Börne r W, Emr ich D , Gute
kunst R, Herrmann J, H o r n K , Klet t M , K r ü s k e m p e r H L , Pfannenstiel P, Pickardt CR, Reiners C, Reinwein D , Schleusener H (1985) S c h i l d d r ü s e n f u n k t i o n s d i a g n o stik und die Diagnose von Sch i lddrüsenkrankheiten. Empfehlungen der Sektion Sch i lddrüse der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie , 1985. Tntern Well 8:50-57, 78-86; sowie Endokr ino l Inform 9:65-98
2. Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (Hrsg) (1993) Rationelle Diagnost ik in der Endokrinologie e inschl ießl ich Diabetologie und Stoffwechsel. Ziegler R, Pickardt CR, W i l l i g RP (Hrsg). Thieme, Stuttgart
Abb. 6. Diagnostik bei Tetanie bzw. H y p o k a l z ä m i e
ge eingeht, begibt sich in die Gefahr, daß die Solidargemeinschaft seine Ängste nicht oder nicht in vollem Umfang finanzieren kann. Die Implementation der Qualitätssicherung ist auch in diesem Sinne eine entscheidende, wichtige Zukunftsaufgabe.
Wenn zuverlässige epidemiologische Daten über Krankheitshäufigkeiten mit den auf dem Konsensuswege entstandenen Leitlinien für Diagnostik und Therapie zusammengebracht werden, ist so etwas wie ein Soll des Aufwandes für die Medizin zu ermitteln. Niemand kann heute sa-
Prof. Dr . P.C. Scriba Medizinische K l i n i k Innenstadt der L u d w i g Maximi l i ans Un ive r s i t ä t Z i e m s s e n s t r a ß e 1 D-80336 M ü n c h e n
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