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Brutbestandsentwicklung und Verluste

des Rotmilans in Schleswig-Holstein

H. Wirth

OAG-Jahrestagung Neumünster, 04.03.2018

Inhalt

• Bestand

• Bruterfolg

• Verluste

• Bruthabitate

Bestand

gepoolte Daten 2014-2017

2017165 Revier-paare, davon

131 Brut-nachweise

AbschätzungGesamt-bestand

240 BP/RP

(insgesamt 165)

Mittlere Siedlungsdichte Deutschland: 4,1 Rev./100 km²

Gedeon et al. (2014)

Bestandsentwicklung 1975 - 2017

Bestand unterschätzt (unterschiedlich hergeleitet)

KreisBrut-

paare

Revier-

paare (1)

Revier-

paare (2)

Nicht kon-

trolliertGesamt

HL 5 2 0 0 7

IZ 3 0 1 0 4

KI 0 1 0 0 1

NF 1 0 0 0 1

NMS 0 0 1 0 1

OD 14 1 0 1 16

OH 12 5 2 8 27

PI 1 2 0 0 3

PLÖ 18 4 0 2 24

RD 12 2 4 3 21

RZ 17 15 2 10 44

SE 11 1 5 6 23

Summe 94 33 15 30 172

Bestandsschätzung 2012

Bestandsentwicklung 1975 - 2017

Bestand unterschätzt

170150

120

Vergangene Jahre: 9 3 5Zunahme BP: 30 20 70Zunahme BP/a: 3 7 14

Bestandsentwicklung 1975 - 2017alternative Abschätzung

Bestand unterschätzt

180160

120

Vergangene Jahre: 9 3 5Zunahme BP: 40 20 60Zunahme BP/a: 4 7 12

Bruterfolg

Berkenstrücken

Berkenstrücken RZ 15.06.2015

Foto: Th. Grünkorn

Bruterfolg Rotmilan 2017

Anzahl juv.

Häufig-keit

Gesamtzahl juv.

Teil-bruterfolg

Gesamt-bruterfolg

3 7 21

1,94 1,34 *

2 30 60

1 10 10

0 21 0

Summe 68 91

* Wert zu hoch, weil nicht erfolgreiche Bruten in geringerem Maße als erfolgreiche Bruten gemeldet werden.

______

ca. 1

Verluste

Gefährdungsursachen

Nahtourismus

Abschuss

Holzeinschlag

Vergiftung

Schlechtwetter

Kollision mit Windkraftanlagen

Habicht, Uhu

Biotopverschlechterung

Straßenverkehr

Absturz von Jungvögeln

Die nachfolgende Betrachtung bezieht sich auf die in Orange hervorgehobenen Gefährdungsursachen.

Lentförden SE 09.04.2017

Foto: Anwohner

Frischtot, angerupft, Todesursache unklar.

Brunsbek OD 15.06.2017

Bauchlage, abgestürzter, am Boden verhungerter Jungvogel.

Lütjensee OD 17.07.2017

Überreste eines ein Jahr zuvor abgestürzten, am Boden verhungerten beringten Jungvogels. Zweites Brustbein (rechts) gehört zu einem Nahrungsrest, an dem der Jungvogel noch gefressen haben dürfte.

Wulmenau OD 17.08.2013

Klassische Teilrupfung durch den Habicht, weil rund 6 Wochen alt schon eingeregnet, in unmittelbarer Nähe weitere gerupfte Federn sowie die gemauserte H6 eines Habicht-Weibchens (3 KJ) gefunden.

Rothenhausen RZ 17.08.2013

Vom Habicht geschlagener Jungvogel.Untypischer Fund, weil nur vom Ende her angerupft und der Brustgürtel noch zusammen-hängen zurückgelassen worden war. Grund: Der Habicht war mit seiner Beute in einem mit Brombeere durchsetzten Brennesselbestand gelandet, aus dem er die Beute nicht mehr herausmanövrieren konnte.

In unmittelbarer Nähe zwei gemauserte Armschwingen eines Habicht-Weibchens (ad.) gefunden.

Travenbrück OD 24.08.2013

Rupfung eines kleinen Jungvogels durch den Habicht, ca. 100 m vom Horst entfernt. Das Auffinden solcher Rupfungen ist extrem schwierig!

Schadehorn OD (a)29.07.2013

In Rückenlage in Horstnähe gefundener Jungvogel.Fund in Rückenlage ist ein deutliches Indiz für Vergiftung!

Schadehorn OD (b)29.07.2013

Im Horstfeld Fund von nicht oder nur in geringem Maße angefressenen vier Wanderratten – sehr ungewöhnlich! Entweder ist Beute in so großer Menge eingetragen worden, dass diese nicht verwertet werden konnte oder die Vögel haben gemerkt, dass mit diesen Beutestücken etwas nicht stimmte (Gift) und haben diese bewusst fallen gelassen.

Ratzbek OD 02.06.2014 (a)

Auf den ersten Blick scheint es sich um eine Habichtsrupfung zu handeln.

Ratzbek OD 02.06.2014 (b)

Bei genauerem Hinsehen fällt jedoch auf, dass an den Spulen der Stoßfedern Gewebe-/Fettreste anhaften. Die Federn haben also noch sehr lange im Körper gesessen. Vermutlich doch Vergiftung, Kadaver erst nach Wochen nachträglich verwertet. Todeszeitpunkt vermutlich schon April.

Steinkampholz OD 13.06.2015

Typische Uhurupfung:Beute an einen Stamm gezogen, äußere Handschwingen nicht gerupft, große Knochen nur teilweise verwertet.

Todesfelde SE (a)15.07.2017

Uhurupfung:äußere Handschwingen zusammenhängend gefunden, große Knochen nur teilweise verwertet.

Todesfelde SE (b)15.07.2017

Das Rupfen der Beute erfolgte auf einem in ca. 1 m Höhe abgesägten Stamm einer Erle. Ein Habicht wäre nicht in der Lage, einen erbeuteten Rotmilan dort zu platzieren, zumal der Untergrund eine weitgehend geschlossene Brennnessel-flur aufwies (Auffliegen mit einer derart schweren Beute hätte der Habicht vermutlich auch nicht geschafft).Kurios: Am Rupfort ein an einer gerupften Feder hängender Oberarmknochen des Rotmilans.

Bissee RD, Fund von Überresten von 4 Mäusebussarden am Uhu-Brutplatz 14.06.2016

Foto: I. Eckle

Der Uhu ist im Gegensatz zum Habicht in derLage, auch große Beute abzutrans-portieren!

Windkraftopfer RotmilanDeutschland: 384Schleswig-Holstein: 5

Tralau OD 21.09.2013

Num-mer

TK-Qua-drant

Standort Kreis ad. juv.

Todes-zeit-punkt (ca.)

Funddatum

Finder

Todesursache

BemerkungBe-ringt

Foto

H* U* V* Ab* un*

17-001

2125-1Lent-förden

SE 1 07.04.17 09.04.17Anwoh-ner

1

Das Männchen lag angerupft am Horst entfernt. Direkt unter dem Horst lag auch etwas Kleingefieder.

nein ja

17-002

2328-1 Niekoppel OD 1 Horler 1Vom Habicht aus Horst erbeutet (Filmaufnahme)

nein ja

17-003

2328-1 Niekoppel OD 1 Horler 1Vom Habicht aus Horst erbeutet (Filmaufnahme)

nein ja

17-004

2328-1 Niekoppel OD 1 Horler 1Vom Habicht aus Horst erbeutet (Filmaufnahme)

nein ja

17-005

Greten-berg

RZ 1 14.06.17 17.06.17 Wirth 1Tot in Horstnähe liegend.

nein ja

17-006

2327-4 Brunsbek OD 1 16.06.17 18.06.17 Wirth 1Tot in Horstnähe liegend. Absturz, weil der neu gebaute Horst zu klein.

nein ja

17-007

2127-3 Sülfeld SE 1 22.06.17 05.07.17 Wirth 1Tot 20 m vom Horst, möglicherweise bei Sturm abgestürzt.

nein ja

17-008

2126-2Todes-felde

SE 1 20.06.17 15.07.17 Wirth 1Auf in 1 m Höhe abgesägtem Baum gerupft

nein ja

17-009

2029-3 Strukdorf SE 1 20.06.17 15.07.17 Wirth 14 Rupforte, erst die Sortierung der Federn brachte Gewissheit, dass es zwei juv. waren

nein ja

17-010

2029-3 Strukdorf SE 1 20.06.17 15.07.17 Wirth 14 Rupforte, erst die Sortierung der Federn brachte Gewissheit, dass es zwei juv. waren

nein ja

17-011

2329-3Herren-koppel

OD 1 01.07.17 17.07.17 Dinger 117.07 2 juv. fliegend; Totfund 1 juv., vermutlich Uhu.

nein n

17-012

2129-1 Zarpen OD 1 20.06.17 21.07.17 Wirth 1Erstmals Habicht an diesem Horst.

nein ja

17-013

2129-1 Zarpen OD 1 20.06.17 21.07.17 Wirth 1Erstmals Habicht an diesem Horst.

nein ja

15.06 Vorexkursion, Schmelz unter Horst, nicht weiter gesucht; 08.08

Alter Todesursache

Ad. Juv. Ha-bicht

Uhu Vergif-tet

Ab-sturz

Unbe-kannt

7 67 42 10 4 9 9

Rotmilan-Totfunde 2012 – 2017

(n=75*)

Subjektives Ergebnis!

Anzahl kontrollierten Bruten: ca. 240

1 Windkraftopfer nicht in Tabelle enthalten!

*

Rotmilan-Totfunde 2012 – 2017

Fazit:

Statistisch - in etwa pro 3 Bruten

1 Totfund.

Sehr hohe Verlustrate, höher als bei allen

anderen mittelgroßen Greifvogelarten ?

Die Erhebung kann nur ein subjektives

Ergebnis liefern (unterschiedliche

Fundwahrscheinlichkeiten).

Rotmilan-Totfunde 2012 – 2017

War das schon immer so?

Um 1980 in RZ bei rund 35 BP maximal

7 Totfunde/a (1 Totfund pro ≥ 5 Bruten).

„Nein“ begründbar?

Ja/Nein

Ja.

1. Mit dem Uhu ist ein weiterer Prädator

inzwischen flächendeckend vertreten.

2. Reduziertes Nahrungsangebot für Uhu

und Habicht (besonders bei Schlechtwetter).

Bruthabitate

Klassischer Brutplatz in S-H ist das Buchenaltholz. Bevorzugt werden Wechsel von lichten und dichteren Baumbeständen sowie Hanglagen.

Eine Auswertung von 2011-2014 dokumentierten Horstbäumen (n=82) bestätigte diesen Sachverhalt: Buche 60 %, Eiche 20%, die restlichen 20 % verteilten sich auf insgesamt 11 weitere Baumarten.

Seit mindestens 2010 erfolgte eine Verlagerung vieler Horstplätze aus Wäldern heraus in andere Baum-bestände - u.a. in Kleingehölze, Baumreihen (meist in Knickeichen-überhältern) sowie in Menschennähe (Gutsgelände, Höfe und einmal Garten).

Strukdorf SE 01.05.2017

Nienwohld OD, geschwungener Verlauf des Knicks16.11.2013

Barsbüttel, Endbaum eines gewinkelten Knicks18.07.2016

Steinhorst RZ, geschwungener Verlauf der Pappelreihe 16.06.2017

Nusse RZ Erlen-Weidenbruchwald,16.06.2017 niedrige Horsthöhe

Barsbüttel OD,niedrige Schwarzerlenreihean einem Graben 08.06.2017

Die Bruthabitatwahl des

Rotmilans hat sich verändert

• Ursprünglich genutzte Brutbiotope im Wald sind teilweise aufgegeben worden.

• Stattdessen sind Ersatzbiotope in Feldge-hölzen, Baumreihen u.a. besiedelt worden.

Warum?

Was hat sich in den letzten ≥ 10 Jahren verändert?

Flächendeckende Präsenz Uhu (hat Ausweich-

reaktionen des Rotmilans erforderlich werden lassen).

Fazit

• Schlechtere Nahrungsbedingungen durch stetige Intensivierung der Landwirtschaft verminderte Reproduktionsrate.

• Prädation und Verdrängung aus ange-stammten Brutbiotopen durch den Uhu.

• Starke Prädation durch den Habicht.

• Menschliche Störungen (Waldnutzung, Freizeitaktivitäten).

Gegenwärtig höchster Rotmilanbestand seit 1975 !

_______________________________________

Warum ?

• Zuwanderung?

• Verändertes Zug- und Überwinterungs-verhalten?

• Bestandszunahme unter diesen Voraussetzungen möglich????

Es liegen so gut wie keine aktuellen Erkenntnisse zum Zugverhalten von Rotmilanen aus S-H vor.

Es liegen so gut wie keine Erkenntnisse (weder von früher noch aktuell) zur Populationsdynamik in S-H vor.

Jahreszyklus berücksichtigen!