Post on 16-Oct-2021
i
Diplomarbeit
Capsaicin: Von der Schmerzfaserstimulation zur
Schmerzkontrolle
eingereicht von
Franz - Josef Hochenegg
zur Erlangung des akademischen Grades
Doktor der gesamten Heilkunde
(Dr. med. univ.)
an der
Medizinischen Universität Graz
ausgeführt am
Institut für Experimentelle und Klinische Pharmakologie
unter der Anleitung von
Univ.- Prof. Dr. Josef Donnerer
Graz, am 06.08.2014
ii
Eidesstattliche Erklärung
Ich erkläre ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne fremde
Hilfe verfasst habe, andere als die angegebenen Quellen nicht verwendet habe und die den
benutzten Quellen wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich
gemacht habe.
Graz, am 06.08.2014 Franz- Josef Hochenegg
iii
Vorwort
Capsaicin, ein Name, ein Wirkstoff, ein Forschungsgebiet mit ungeahntem Potential. Die
Vielseitigkeit der therapeutischen Einsatzmöglichkeiten, die Geschichte dahinter, dies alles
waren Faktoren die mich inspiriert haben, meiner Diplomarbeit dieses Thema zu geben.
Großen Dank möchte ich meinem Betreuer Professor Dr. med. Josef Donnerer widmen,
der mich mit nachsichtigem und umsichtigen Ratschlägen sehr gut betreut hat. Weiters
gehört auch größter Dank meiner Frau Manuela und meinen Töchtern Marie und Emilia,
danke, dass ihr mir die benötigte Zeit und Ruhe geschenkt habt.
Persönliche Gründe gibt es im Zusammenhang mit scharfen Essen zu nennen, aber dass
hinter dem scharfen Wirkstoff der Chilischote noch mehr steckt, konnte ich spätestens
nach meiner ersten Suchanfrage im Pubmed erfahren. Unglaublich, dass ein einzelner
Stoff, eine Familie von Rezeptoren diese Vielzahl an Interaktionen bietet. Dabei sind noch
einige Arbeitshypothesen in Progress.
iv
Zusammenfassung
Die vielfältigen Eigenschaften des Wirkstoffes der Chilischote, Capsaicin, gilt es
aufzuzeigen. Capsaicin ist der Hauptwirkstoff der Paprika Frucht (Capsicum annuum), aus
der Gruppe der Nachtschattengewächse. Capsaicin ist verantwortlich für die Schärfe der
Chilifrüchte. Als ursprünglich nur scharf schmeckender und schmerzauslösender Stoff hat
Capsaicin in den letzten 50 Jahren das Interesse der Wissenschaft in vielfältigster Weise
auf sich gezogen.
Anhand einer Literaturrecherche wurden die historischen Aspekte der Substanz, ihre
Wirkmechnismen und ihre derzeitigen pharmakologischen und klinischen
Anwendungsmöglichkeiten dargestellt.
Das Verständnis der Nozizeption auf molekularer Ebene konnte anhand der
experimentellen Datenerhebung besser verstanden werden. Die Expressionsorte des
Capsaicin-Rezeptors, des Transienten Rezeptor Potential Vanilloid 1 (TRPV1) tragen zum
Verständnis der variablen Applikationsmöglichkeiten bei. TRPV1 wird durch Hitze über
42 Grad Celsius, durch pH- Wert Reduzierung auf unter 5,2, aber auch durch endogene
Lipide und Entzündungsmediatoren aktiviert. Sensibilisierung und Desensibilisierung sind
wichtige molekulare Modifikationen des Rezeptorkanals. Die TRPV1 Aktivatoren wurden
ebenso skizziert wie die Pharmakologie und der entsprechende Metabolismus von
Capsaicin. Die Arbeiten an in Vitro Modellen, an experimentellen Tiermodellen, an
Knockout Mäusen bis hin zu Versuchen an speziellen Zellkulturen beleuchten die weiten
Themenbereiche der Nozizeptor- und Schmerzforschung. Die neuen klinischen
Anwendungsmöglichkeiten von Capsaicin und Analoga beinhalten im Wesentlichen den
Einsatz als lokales Therapeutikum bei chronischen Schmerzen und neuropathischen
Schmerzsyndromen, aber auch Aspekte wie die Krebsprävention und die proliferativen
Effekte. Die Ergebnisse aktueller wissenschaftlicher Arbeiten zum Thema Capsaicin und
TRPV1 wurden in Bezug auf ihren Nutzen und ihre Risiken für die Pharmakotherapie
diskutiert.
v
Abstract
Capsaicin is the main pungent ingredient of chili peppers, of the genus capsicum annuum.
Its ability to induce a variety of effects on somatic and visceral tissues and on metabolic
systems gives it a high potential for therapeutical use.
A literature search was performed to get an insight into the mechanism of action of
capsaicin, its receptors and its potential applications in clinical practice.
Mainly the topical administration has been established in clinical use. The Transient
Receptor Potential Vanilloids 1 (TRPV1) channel has been established as the target for
capsaicin’s action. The receptor is expressed primarily in the pain pathway, but also in the
cardiovascular system and the urinary bladder. The endogenous activators for this receptor
are noxious heat (>42°C), acidosis, pH 5–6, the endocannabinoid anandamide, and a range
of other compounds including N-arachidonoyl-dopamine. The promising effects of
capsazepine and further TRPV1 antagonists highlight their potential application in
blocking pain responses. Sensitization and desenstization of the receptor, defunctionalising
of C-fibres in afferent neurons are other important aspects in the treatment of post herpetic
neuropathic syndrome and in other chronic pain syndromes. In addition capsaicin is also
considered as a potential tool in association with cancer cell apoptosis, but also its actions
inducing cell proliferation have tie b considered. Multiple metabolic interactions of
capsaicin demonstrate a significant role in prospective research.
vi
Inhaltsverzeichnis
Zusammenfassung ................................................................................................................ iv
Abstract .................................................................................................................................. v
Inhaltsverzeichnis ................................................................................................................. vi
Glossar und Abkürzungen ................................................................................................... vii
Abbildungsverzeichnis ........................................................................................................... i
Tabellenverzeichnis ............................................................................................................... ii
1 Einleitung ........................................................................................................................ 3
1.1 Historisches .............................................................................................................. 3
1.2 Allgemeines .............................................................................................................. 4
1.3 Chemische Struktur des Capsaicin ........................................................................... 6
1.4 Pharmakologische Eigenschaften ............................................................................. 6
2 Material und Methoden ................................................................................................... 8
3 Ergebnisse ........................................................................................................................ 9
3.1.1 Transient Rezeptor Potential Kanäle ................................................................. 9
3.1.2 Transient Rezeptor Potential Vanilloid 1 ........................................................ 12
3.2 Capsaicin Metabolismus ......................................................................................... 15
3.3 Capsaicin in experimentellen Schmerzmodellen .................................................... 16
3.4 Sensitisierung oder Desensitisierung ...................................................................... 18
3.5 Abwehrstoff ............................................................................................................ 20
3.5.1 Schmerzmittel .................................................................................................. 23
3.5.2 Capsaicin Analoga ........................................................................................... 24
3.5.3 Capsaicin Antagonisten ................................................................................... 27
4 Klinische Aspekte des Capsaicin ................................................................................... 27
4.1.1 Topische Anwendung ...................................................................................... 27
4.1.2 Postzoster Neuralgien ...................................................................................... 30
4.1.3 Effekte auf den Atemweg ................................................................................ 30
4.1.4 Cardiovaskuläre Effekte .................................................................................. 31
4.1.5 Gastrointestinale Effekte ................................................................................. 32
4.1.6 Effekte auf die Harnblase ................................................................................ 33
4.1.7 Gewichtsreduktion ........................................................................................... 35
4.1.8 Dermatologische Erkenntnisse ........................................................................ 36
4.1.9 Antikarzinogene Eigenschaften ....................................................................... 36
4.1.10 Karzinogene Wirkung.................................................................................... 37
4.1.11 Zukünftige Forschungsgebiete ...................................................................... 38
5 Diskussion ..................................................................................................................... 41
6 Literaturverzeichnis: ...................................................................................................... 43
vii
Glossar und Abkürzungen
5HT, 5-hydroxytryptamine (serotonin)
AMPA, amino-3-hydroxy-5-methyl-4-
isoxazolepropionic acid
CaMKII, Ca2+/ calmodulin-dependent protein
kinases II
CGRP, calcitonin gene-related peptide
CNS, central nervous system
CREB, cAMP response element-binding
DH, dorsal horn
DRG, dorsal root ganglion
DRR, dorsal root reflex
DTA, diphtheria toxin fragment A
ENF, epidermal nerve fiber
ET, endothelin
fMRI, functional magnetic resonance imaging
HIV-AN, HIV-associated neuropathy
IBS, irritable bowel syndrome
KO, knockout
NGF, nerve growth factor
NMDA, N-methyl-D-aspartat
NK 1 Rezeptor, Neurokininrezeptor
P450, cytochrome P450
PAF, peripheral afferent fiber
PAG, periaqueductal gray
PDN, painful diabetic neuropathy
PG, prostaglandin
PHN, postherpetic neuralgia
PIP2, phosphatidylinositol 4,5- bisphosphate
PK, pharmacokinetics
PKA, protein kinase A
PKC, protein kinase C
ROS, reactive oxygen species
RTX, resiniferatoxin
RVM, rostroventral medulla
SNP, single-nucleotide polymorphism
SP, Substanz P
TMD, transmembrane domain
TRP, transient receptor potential
TRPA, transient receptor potential ankyrin
TRPM, transient receptor poten- tial melastatin
TRPV, transient receptor potential vanilloid
WDR, wide dynamic range
WT, wild typ
i
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1 Strukturformel des Capsaicin ........................................................................... 6
Abbildung 2 Temperaturskala TRPM8/V1 Aktivität .......................................................... 10
Abbildung 3 TRPV1 schematisiert ...................................................................................... 11
Abbildung 4 Aktivität am TRPV1 ....................................................................................... 12
Abbildung 5 Diagramm zur pharmakologischen Bedeutung der TRP Kanäle ................... 14
Abbildung 6 Schematische Aufgliederung der Bindungspartner am TRPV1 ..................... 19
Abbildung 7 Schmerzfaserqualitäten................................................................................... 21
Abbildung 8 Skizzierung der Schmerzwahrnehmung ......................................................... 22
Abbildung 9 Vertreter der Capsaicinanaloga ...................................................................... 24
Abbildung 10 TRP Kanäle in der Harnblsae ....................................................................... 34
ii
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1 Capsaicin-Schärfegrade in Scoville ....................................................................... 5
Tabelle 2 zukünftige klinische Einsatzmöglichkeiten des Capsaicins ................................ 39
Tabelle 3 Administration des Capsaicin in unterschiedlichen pathophysiologischen
Situationen ................................................................................................................... 40
3
1 Einleitung
1.1 Historisches
Capsaicin, ein Stoff mit vielfältigen Eigenschaften: natürlicher Geschmacksstoff,
Abwehrspray, pharmakologisches Werkzeug zum Verstehen der Schmerzentstehung und
nicht zuletzt Medikament zur Schmerzkontrolle. Dieser verschlungene und lange Weg, den
die Wissenschaft mit Capsaicin in den vergangenen 50 Jahren gegangen ist, soll
nachgezeichnet werden. Im Verlaufe dieser Zeit konnten durch neue Methoden wie
Rezeptorklonierung und molekulare Ligand-Rezeptorinteraktionsstudien Einblicke in die
Wirkungsweise einer Substanz gewonnen werden, die ursprünglich nur als ein
schmerzauslösender Wirkstoff angesehen wurde, heute aber selbst und mit seinen
Antagonisten als ein Vertreter neuer Analgetika eingestuft werden kann.
Capsaicin, der Wirkstoff wird gewonnen aus der Chilischote. Botanisch gesehen ist die
Frucht nicht zu den Schoten sondern den Beeren zuzuordnen. Sie gehört in die Familie der
Nachtschattengewächse. Die Capsaicin-haltigen Früchte, die rote und gelbe Paprika, haben
durch ihre Effekte, Schärfe und Hyperämie, auf den menschlichen Körper zur Erforschung
des Capsaicin-Rezeptors geführt. Seit einem Jahrhundert wird an der Wirkungsweise
geforscht. Der Inhaltsstoff überzeugt und verschreckt durch seine Schärfe, hyperämischen
und hypersalivatorischen Eigenschaften. Die therapeutischen Einsatzmöglichkeiten zeigen
ein breit gefächertes Spektrum. Die chemische Gruppe der Capsaicinoide, geben den
Chilischoten ihren charakteristischen Geschmack. 1878 beobachtete Hoyges den
brennenden Effekt gefolgt von Hyperämie, an der menschlichen Haut (Toh, et al. 1955). In
zahlreichen Tierversuchen wurden die Effekte auf die Salivationssteigerung, den
gastrointestinalen Bereich sowie den Blutdruckabfall erforscht. Neuerer Fokus legt sich auf
die Behandlung von neuropathischen Schmerzsyndromen und HIV assoziierten
neuropathischen Schmerzsyndromen. Pharmakologische Prozesse sollen veranschaulichen
wie der Metabolismus vonstatten geht. Auf molekularer Ebene wurde gezeigt wie der
TRPV1 Rezeptor aktiviert und deaktiviert wird. Die Begriffe Sensitisierung und
Desenstisierung (Sensibilisierung und Desensibilisierung) wurden im Zusammenhang mit
4
den Capsaicineffekten geprägt. Die biochemische Pharmakologie hat aufgeklärt wie der
Metabolismus vonstatten geht.
1.2 Allgemeines
Es handelt sich um den Wirkstoff des Genus Capsicum, der Paprika und führt zu einer
Desensibilisierung/ Defunktionalisierung von Hautnerven (vgl. Beubler, Kompendium der
Medikamentösen Schmerztherapie, Springer 5. Auflage). Nach Capsaicin Exposition
kommt es zu einer Verminderung des Neurotransmitters Substanz P. Durch diese
Depletierung von Substanz P werden in den nicht myelinisierten Nervenfasern der Haut
juckreizlindernde und analgetische Effekte erzielt. Die Nervenendigungen werden
reversibel inhibiert. Schärfegrade werden in Scoville klassifiziert.
Zur Einteilung der Schärfe:
Die Einheit Scoville ist eine dimensionslose Zahl. Benannt nach dem amerikanischen
Pharmakologen Wilbur L. Scoville, der durch seinen Organoleptic- Test die Konzentration
des Capsaicin anhand von Probandenreaktionen dokumentierte. Durch regelmäßige
Verdünnung konnte auf einer Skala eine Range innerhalb einer Fruchtgattung bestimmt
werden. Der Proband gab an, ob bei einer Verdünnungsreihe die geringste Konzentration
an Capsaicin noch nachweisbar war.
5
Tabelle 1 Capsaicin-Schärfegrade in Scoville
Scoville Einheiten (SCU) Chilisorte
16.000.000 reines Capsaicin
10.000.000 Dorset Naga Chili / Naga Jolokia
Chili
2.000.000 – 5.000.000 Pfefferspray in den USA
zugelassen
640.000 Naga Morich
577.000 Habanero red Savina Chili
100.000 - 350.000 Habanero orange Chili
100.000 - 325.000 Scotch Bonnet Chili
100.000 - 225.000 Bird Eye Chili
100.000 - 200.000 Jamacian Hot Chili
100.000 - 125.000 Carolina Cayenne Chili
95.000 - 110.000 Bahamian Chili
85.000 - 115.000 Tabiche Chili
75.000 - 80.000 Red Amazon Chili
50.000 - 100.000 Chiltepin Chili / Thai Chili
40.000 - 58.000 Piquin Chili
40.000 - 50.000 SuperChili / Santaka Chili
30.000 - 50.000 Tabasco Chili / Cayenne Chili
12.000 - 30.000 Rocoto Manzano Chili
6.000 - 23.000 Serrano Chili
5.000 - 10.000 Chipotle Chili, Hot wax Chili
2.500 - 8.000 Santaka Chili
2.500 - 5.000 Jalapeño Chili
2.500 - 5.000 rote Tabasco Sauce
1.500 - 5.000 Rocotillo Chili
1.000 - 2.000 Passila Chili, Ancho Chili,
Poblando Chili
700 - 1.000 Coronado Chili
500 - 1.000 New Mexican
500 - 700 Santa Fe Chili
100 - 500 Sifri Biber Chili
0 Gemüse Paprika
Tabelle I: Schärfegrade in Scoville. Die Schärfe hängt von der Konzentration des Capsaicin ab. Reines
Capsaicin ist mehr als dreimal so scharf wie Pfefferspray. Je höher die SCU (Scoville Unit), desto schärfer
die Chilisorte.
Tabelle in Anlehnung an http://de.wikipedia.org/wiki/Scoville-Skala Stand 25.07.2014
6
1.3 Chemische Struktur des Capsaicin
Abbildung 1 Strukturformel des Capsaicin
In Anlehnung an http://de.wikipedia.org/wiki/Scoville-Skala Stand 25.07.2014
Es handelt sich um ein Derivat der Vanillinmandelsäure, auch als Trans- 8- methyl- N-
vanillyl-6-nonesäureamid, chemisch klassifiziert.
Die Molekulare Formel lautet C18H27NO3, der Stoff ist flüchtig, scharf, hautreizend,
farblos, hydrophob, lipophil, geruchlos und kann in der Chilischote mit einer verzweigten
Fettsäure zu einem Vanillylamin werden (Iwai, et al. 1979). Wichtig sind auch die
Bindungsstellen an Hydroxyl und Amidgruppe. Capsaicin zeigt keine Löslichkeit in
Wasser, jedoch ist es in Alkohol sehr gut löslich.
1.4 Pharmakologische Eigenschaften
Transient Rezeptor Potential Vanilloid (TRPV1) ist der Capsaicin Rezeptor. Er ist Teil der
Ionenkanal Familie, dafür zuständig dem menschlichen Körper Wärme- und
Hitzeempfinden zu vermitteln (Ramsey, et al. 2006).
Versuche am Tiermodell haben gezeigt, dass sich die TRPV1 Expression in
verschiedensten Regionen des Körpers detektieren lässt. In der Peripherie kommen TRPV1
Kanäle an primären unmyelinisierten und dünn myelinisierten sensiblen Neuronen der
7
Klasse C und Aδ vor. Es sind dies in erster Linie peptiderge primäre Afferenzen, die
chemische und polymodale Schmerzsignale in die Laminae I und II des Hinterhorns des
Rückenmarks leiten. In folgenden Hirnregionen konnte TRPV1 nachgewiesen werden:
Cortex, Hippocampus, Gyrus dentatus, Amygdala, Striatum, Hypothalamus, Thalamus,
Cerebellum, Locus Ceruleus, Nucleus Cochlearis, der Nucleus Trigeminalis sowie der
inferioren Olive.(Cristino, et al. 2006); (Starowicz, et al. 2008).
Der Beweis der Beteiligung des TRPV1 in der Schmerzwahrnehmung wurde von Caterina
et al. 1997 und 1999 erbracht, als sie den TRPV1 klonierten, in Zellen zur Expression
brachten, und seine Eigenschaften untersuchten. Capsaicin ist ein TRPV1 Agonist
(Knotkova, et al. 2008), der beim Menschen über mehrfache Veränderungen in der
Aktivität des prelimbischen und infralimbischen Cortex eine Schmerzempfindung auslöst.
Im präfrontalen Cortex steigen die extrazellulären Glutamat Spiegel an, vermittelt durch
die exzitatorischen Stimuli der basolateralen Amygdala, (De Petrocellis, et al. 2011).
Der N- Terminus des TRPV1 bietet den Proteinkinasen viele Phosphorylierungsstellen, die
wichtig für die Aktivierung oder Desensitisierung des TRPV1 sind (Ma, et al. 2014).
Die Aktivierung des Ionenkanals wird durch Phosphorylierung über Proteinkinasen
eingeleitet. Hier sind die Proteinkinase II in Abhängigkeit von Kalzium und Calmodulin
(CaMK II Kinase) daran beteiligt; die Phospholipase C an der Bereitstellung von
Phosphatidyinositol 4,5 bisphosphonat (PIP2) (Mohapatra and Nau 2003); (Vellani, et al.
2001). Die durch Capsaicin aktivierten TRPV1 durchlaufen einen langen refraktären
Zustand, welcher den zuvor stimulierten Nerv unempfindlich gegenüber mechanischen
Reizen, aber auch gegenüber proinflamatorischen wie auch endo/exogenen Noxen macht
(Szallasi and Blumberg 1999). Liu, et al. (1998), zeigten auf molekularer Ebene, dass die
Kalziumspiegeländerungen extrazellulär dazu führen, dass sich die Ionenkanal Pore
schließt. Dieser Effekt ist nur temporär, und deshalb klinisch gesehen, keine anhaltende
Schmerzlinderung.
Nach der Exzitation sorgt TRPV 1 für eine Ausschüttung von Neuropeptiden. Gleichzeitig
wird in Abhängigkeit der Capsaicin Konzentration die Aufnahme und Speicherung der
Neuropeptide verhindert. Dies kann in weiterer Folge den axoplasmatischen Transport von
Substanz P und Somatostatin in den sensiblen Neuronen hemmen und den
Neuropeptidabbau vorantreiben (Gamse 1982). Nach dieser Ansicht erklärte sich so die
analgetische Wirkung des Capsaicin, aber es zeigte sich dass nicht nur der
Neuropeptidabbau, sondern auch eine große Variabilität der Defunktionalisierung der
nozizeptiven Fasern eine Rolle spielt.
8
Angeführt werden hierfür als Beispiele: der Verlust des Membranpotentials aufgrund von
mitochondrialem Metabolismusstop, Unfähigkeit des Transportes der neurotrophischen
Faktoren und reversible Retraktion der epidermalen und dermalen Nervenendigungen
(Anand and Bley 2011). Wiederholte topische Applikation von Capsaicin führt zu einer
Degeneration der kutanen sensiblen Nervenfasern, gefolgt von einem verminderten
Schmerzempfinden (Nolano, et al. 1999; Simone, et al. 1998).
„Mittels immunfloreszenzmikroskopischer Untersuchungen konnte die Abnahme sowie die
Regeneration der epidermalen Nervenfaserdichte (ENF) nachgewiesen werden.“ (vgl. Lika
und Gustorff, Praxis der transdermalen Schmerztherapie S.116).
Der noch nicht gänzlich verstandene Mechanismus der sensiblen Neurodegeneration
beinhaltet höchstwahrscheinlich einen massiven Influx von Kalzium über TRPV1 mit
nachfolgender Kalziumüberladung; eine Glutamatausschüttung könnte jedoch auch dafür
verantwortlich sein (Sikand, et al. 2009).
2 Material und Methoden
Die Literatursuche wurde hauptsächlich über die medizinische Datenbank Pubmed, das
Internet und auch über Google Scholar als Suchmaschine für Fachliteratur und Fachbücher
der Bibliothek des Zentrums für Forschung (ZMF) Graz durchgeführt.
Zu der Eingabe in der medizinischen Datenbank Pubmed, wurde nach folgenden
Stichwörtern gesucht: Capsaicin, Capsaicin und/oder TRPV1, Vanilloid Rezeptor, De-
/Sensitization bzw. Sensitisierung und Desensitisierung, Endovanilloids, TRPV1
Antagonists und Capsazepine, und Reviews zum Thema Capsaicin sowie chronischem
Schmerz mit topischer Lokaltherapie. Weitere Suchanfragen bezüglich der
Schmerzspiegelkontrolle ergaben eine hohe Trefferquote und ungenügende Präzision.
Dadurch fokussierte sich die weitere Recherche auf Reviews und Papers mit freiem full
text Zugang zum Thema Capsaicin.
Zur Recherche in der Fachliteratur: Aktories et al. Pharmakologie und Toxikologie
9.Auflage, Leitfaden Schmerztherapie Wieden und Sittig et al., Urban &Fischer Verlag 1.
Auflage 2005. Das Lehrbuch Integrative Schmerztherapie von Fischer und Peuker, Haug
Verlag, und Praxis der transdermalen Schmerztherapie von Likar und Gustorff et al., im
Uni Med Verlag in der 3. Auflage erschienen. Es wurden aus einzelnen Kapitel zum
9
Thema Capsaicin, Capsaicin Analoga, Nozizeption und TRPV1 Kationen/Ionenkanal
Informationen mit einbezogen. Weitere Suchanfragen beinhalteten: Capsaicin in
Kombination mit Suchanfragen auf Englisch, Urinary Bladder, postherpetic Neuralgia,
HIV associated neuropathic pain und TRPV1and airways sowie cardiovascular effects. Der
Aktualität wegen fokussierte sich die weitere Recherche auf Publikationen, Studiendaten
und Forschungsergebnissen.
Die verwendeten Abbildungen wurden aus Internetadressen und aus entsprechend
vermerkten Papers rezitiert. Tabellen und Studien wurden aus Pubmed und medical
Subject Headings (MESH) und diversen Internetplattformen wie Wikipedia,
Flexikon.Doccheck.com und pepperworld.com, mit in die Recherche einbezogen.
3 Ergebnisse
3.1.1 Transient Rezeptor Potential Kanäle
Transient Rezeptor Potential Kanäle (TRP) zählen zu den größten Familien der Ionenkanal
Familie. Das Spektrum an Funktion und Wirkung könnte kaum vielfältiger sein. 1969
konnte bereits in Versuchen gezeigt werden, dass isolierte Photorezeptoren an Drosophilia
melanogaster (Schwarzbäuchige Taufliege) eine Erblindung bei heller Lichteinwirkung
verursachten (Cosens and Manning 1969). Hierbei wurde der erste TRP Kanal
beschrieben, seitdem konnten 28 Isoformen an Säugetieren identifiziert werden und diese
wiederum in 7 unterschiedliche Subgruppen (vgl. (Clapham 2003)) unterteilt werden.
Die Grundstruktur der Kanäle besteht aus einer 6 Transmembran Domäne (TMD) und
deren Untereinheiten bestehen aus Polypeptiden. Den Untereinheiten ist es möglich eine
Tetramerstruktur anzunehmen, dies lässt Porenbildung in der Zellmembran zu. Die
Forschungsansätze zu den TRPs sind vielfach in der Neurowissenschaft angesiedelt mit
Schwerpunkt bei der afferenten Sensorik. Die sechs Vertreter lassen sich zusammenfassen
10
in: TRPV (vanilloid), TRPC ( canonical), TRPM ( melastin), TRPML (mucolipins), TRPA
(ankyrin), TRPP (polycystin) (Venkatachalam and Montell 2007).
Es wird angenommen, dass die TRPM8 und A1 involviert sind in der Wahrnehmung von
Kälte, wobei sieben andere Vertreter der TRP Kanäle wie TRPV 1-4, TRPM 2,4 und 5
durch Hitze aktiviert werden. Neun hitzeaktivierte Transiente Rezeptor Potential Kanäle
werden auch als Thermo TRP´s bezeichnet. Der Bereich der Temperatur kann von einem
noxischen bis hin zu einem nicht-noxischen beobachtet werden (Caterina, et al. 1999;
Caterina, et al. 1997). Die Beobachtungen und Schlussfolgerungen geben Einblick in die
hitze- und kälteabhängige Schmerzempfindung.
Abbildung 2 Temperaturskala TRPM8/V1 Aktivität
Die Abbildung zeigt die TRPM8 und TRPV1 Aktivität in Abhängigkeit von der Temperaturskala. Das Blatt
symbolisiert das Menthol-haltige Eukalyptusblatt und die Chilischote die Capsaicin-haltige scharfe Frucht.
In Anlehnung an Julius (2013)
Vertreter wie TRPV2 mit einer gemessenen Hitzeschwelle der Aktivierung von über 52
Grad Celsius (Caterina, et al. 1999) zeigen den höchsten gemessenen
Temperaturschwellenwert. TRPV1 zum Beispiel hat einen Schwellenwert von 42 Grad
Celsius und im Gegensatz dazu TRPA1 14 Grad Celsius (Dhaka, et al. 2006). TRPM8 wird
auch als Menthol Rezeptor gesehen. Die Kälteempfindung, aber auch Irritation und
Schmerz durch Temperaturreduktion werden mit TRPM8 in Verbindung gebracht
11
(Wasner, et al. 2004). Es handelt sich um einen nicht selektiven Kationen Kanal der bei
Aktivierung generierte Ströme benötigt um Kälte wahrzunehmen (Colburn, et al. 2007).
Eine Beobachtung von Mishra, et al. (2011) an Knockout Mäusen mit fehlendem TRPV1
zeigte auch ein gehäuftes Fehlen von TRPM8, welches darauf schließen lässt, dass beide
Vertreter der TRP Familie in der embryonalen Entwicklung eng miteinander gekoppelt
sind.
Die Abbildung zeigt die schematisierte Darstellung des Transienten Rezeptor Potential
Vanilloid 1 mit skizziertem Kationen Influx.
Abbildung 3 TRPV1 schematisiert
Die Abbildung zeigt das TRPV1 Schema
Zellmembran mit Bilayer (Doppellipidschicht) Struktur, molekularer Aufbau des TRPV1 Rezeptors mit
schematischer Darstellung des Kationen Influx, 6 Transmembrandomänen (TMD) und N und C Terminus als
intrazelluläre Bindungsstellen.
12
3.1.2 Transient Rezeptor Potential Vanilloid 1
Abbildung 4 Aktivität am TRPV1
Aufbau Zellmembran,TRPV1 Aktivierung und Kationen Influx
Die Abbildung zeigt die Aktivierung des TRPV1 Rezeptors. Capsaicin, Azidose, Hitze und endogene
Aktivatoren binden am Rezeptor und lösen einen Natrium und Calcium Influx aus. Dies löst eine
Depolarisation der sensorischen Neurone der dorsalen Schmerzafferenzen im Rückenmark aus. Der Calcium
Überschuss im Mitochondrium führt zu einer Dysfunktion, die Folge: Lokale Defunktionalisierung des
Neurons für Hitze, Säure und mechanische Noxen.
Signale an das Gehirn werden interpretiert als Wärme, stechend, juckend.
In Anlehnung an Anand und Bley 2011
TRPV1 bildet einen nichtselektiven Liganden gebundenen Kationenkanal. Seine
physikalischen und chemischen Stimuli beinhalten: Capsaicin, schädliche
Temperaturanstiege von über 42°C, und auch pH- Wert Reduzierung von unter 5,2,
endogene Lipide und Entzündungsmediatoren (Szallasi and Blumberg 1999). Aufgrund der
Lipophilie einiger Liganden erklärt sich die Bindung auf der intrazellulären Seite (Yang, et
al. 2003). Stimuli werden detektiert und transduziert, und die Permeabilität des
Ionenkanals für Na+ und Ca2+ wird ermöglicht. Auch wenn es sich um einen nicht
13
selektiven Ionenkanal handelt, so scheint es, dass es eine Bevorzugung von Ca2+ gibt
(Caterina, et al. 1997).
Die porenbildende Fähigkeit des TRPV1 durch seine Transmembrandomänen 5 und 6 sind
noch nicht eindeutig als heteromere beziehungsweise homomere Aggregate dargestellt
worden (Caterina, et al. 1997; Kedei, et al. 2001).
Es konnte gezeigt werden, dass Mutationen der Transmembrandomänen 2 und 3 für die
Aminosäuren Alanin und Tyrosin eine Unempfindlichkeit des Ionenkanals für Capsaicin
bewirkt (Jordt and Julius 2002). Zu Sensitisierung und Desensitisierung wird im speziellen
noch eingegangen. TRPV1 kann funktionell eine Vielzahl an physikalischen Prozessen
detektieren, es ist lediglich abhängig von der Lokalisation. Eine Hauptwirkung ist es, dem
peripheren Nerven Temperaturveränderungen zu vermitteln beziehungsweise schädliche
Hitze durch chemische Noxen (Caterina, et al. 1997; Jung, et al. 2004). Auch wenn der
Schmerzprozess und dessen Modulation immer mehr entschlüsselt werden, gibt es noch
einiges, das es zu verstehen gilt. Ein wichtiges Molekül, das in der Literatur häufig
erwähnt wird und Aufschlüsse über intrazelluläre Signal transduzierende Pfade gibt, ist das
Phosphatidylinositol 4,5- Bisphosphat kurz PIP2. Es handelt sich hier um ein Membran
Phospholipid. Evident ist, dass es einen Zusammenhang in der Wirkung mit TRPV1 und
PIP2 in der Plasmamembran gibt, und zwar in Interaktion am C-Terminus (Prescott and
Julius 2003; Ufret-Vincenty, et al. 2011).
14
Abbildung 5 Diagramm zur pharmakologischen Bedeutung der TRP Kanäle
TRP Kanäle und pharmakologische Angriffspunkte
Die Abbildung zeigt die Familie der TRP, die grundsätzliche Einteilung ob Antagonist oder Agonist, die
Transienten Rezeptor Potential Interaktion, die Applikationsmöglichkeiten bis hin zu den Zielstrukturen,
welche die Basis der Schmerzübertragung darstellen.
In Anlehnung an Anand und Bley 2011
15
3.2 Capsaicin Metabolismus
Der Metabolismus des oral aufgenommen Capsaicin erfolgt größtenteils über die Leber.
Der Anteil, der die Leber umgeht, kann jedoch noch nicht vollkommen geklärt werden.“ In
vitro Experimente zeigten, dass mengenmäßig der größte Anteil von Capsaicin und
Dehydrocapsaicin von Leberzellen metabolisiert und abgebaut wird.“ (vgl. (Donnerer and
Amann 1990), (Chanda, et al. 2008)). Wirkungsweise und Elimination lassen sich im
Prinzip von Tiermodellen (Ratten und Hunde) auf den Menschen übertragen. In situ
Experimente an Ratten zeigten, auch eine geringe intestinale Eliminationsrate durch die
Enterozyten während der Resorption, gemessen am Abbau eines radioaktiven
Dihydrocapsaicin im venösen mesenterialen Blut. Allerdings gab es keine Hinweise auf
einen Abbau im Darmlumen selbst (Kawada, et al. 1984).
Um auch den humanen Metabolismus zu erforschen, wurde in vitro mit Mikrosomen der
Leber und S9 Fraktionen gearbeitet. Die Involvierung der Phase I im Metabolismus zeigt,
dass Capsaicin und Dihydrocapsaicin sehr schnell abgebaut werden. Es entstehen 16-
Hydrocapsaicin, 17-Hydrocapsaicin und 16,17-Hydrocapsaicin. Vanillin war ein
untergeordneter Metabolit (Chanda, et al. 2008). Der sich sättigende Abbauprozess ließ
schlussfolgern, dass ein wesentlicher Hauptanteil dem Enzym Cytochrom P450 (P450) zu
zuordnen ist. Die Aktivität der Enzyme Cytochrom P (CYP), CYP1A2, CYP2C9 und
CYP2C19 zeigte auch eine Hemmung um circa 50% bei hohen Capsaicin Konzentrationen
von 10µM, nicht aber bei 1µM.
Nach der Anwendung eines Capsaicin Pflasters (8%) wurden sehr geringe
Plasmakonzentrationen gemessen, es konnte aber keine direkte P450 Inhibition festgestellt
werden. CYP2E1 wird als ein Enzym mit Krebsmetabolismus aktivierenden Eigenschaften
angesehen. Da eine Hemmung von CYP2E1 antiproliferative Auswirkung hat, wird
allgemein geschlussfolgert, dass Capsaicin potentiell antikarzinogen ist. Jedoch konnte
noch nicht geklärt werden, ob Capsaicin ein direkter Inhibitor des CYP 2E1 ist. Diese
Implikation konnte in einer Publikation (Reilly and Yost 2006) gefunden werden. Auf die
anti- und karzinogenen Eigenschaften soll im Folgenden eingegangen werden.
16
3.3 Capsaicin in experimentellen Schmerzmodellen
Die Anwendung von Capsaicin im Tierversuch ist unerlässlich und trägt dazu bei, die
Verarbeitung und Transduktion des Schmerzes zu verstehen. Über Versuche am
Tiermodell konnten die Funktion des Capsaicin und des TRPV1 Rezeptors und seine
Interaktionen in der Peripherie beleuchtet werden. Als Beispiel wurde experimentell in
vivo eine subkutane Injektion von Capsaicin in die Hinterpfote von Mäusen appliziert,
zuerst einmal an Wildtyp- Tierstämmen und im Anschluss daran betrachtete man selbiges
Procedere an TRP Knock out Tieren. Das Ergebnis gab Auskunft über das
Detektionsverhalten des Rezeptors für Capsaicin und über seine weiteren Funktionen, über
die Detektion von Temperatur und chemische Noxen (Caterina, et al. 1997).
Eine Hyperalgesie kann nach Capsaicin Anwendung beobachtet werden, mit veränderter
mechanischer und thermischer Sensibilität (Caterina, et al. 1997). Die nach Capsaicin-
Applikation auftretende Sensibilisierung auf mechanische Stimulierung wird allgemein als
ein peripher ablaufender Prozess angesehen. Die gesteigerte Exzitatorik der
Hinterhornneurone wird als ein zentraler Mechanismus gesehen, welcher die thermische
Hypersensibilität erklärt. Noch bevor der Rezeptor entdeckt wurde, gab es Studien an
Tiermodellen mit Affen und Ratten, welche intradermale Injektionen mit Capsaicin
beinhalteten. Es zeigte sich eine sekundäre Hypersensibilität auf schädliche und harmlose
Stimuli (Baumann, et al. 1991; Sluka, et al. 1997b).
Das Verständnis der Mechanismen zur Hypersensitisierung und der gesteigerten
Exzitatorik der dorsalen Neuronen des Rückenmarkes bietet die Möglichkeit, eine
Variabilität an inflammatorischen und neuropathischen Schmerzsyndromen zu verstehen
(Dougherty and Willis 1992). Die Entladung der nachgeschalteten Neurone mit einer
gesteigerten Exzitatorik, die vermehrte Ausschüttung von pro- exzitatorischen
Aminosäuren wie Glutamat und Aspartat, konnten am Tiermodell erfolgreich reproduziert
werden. Es konnte auch gezeigt werden, dass es zu einer Aktivierung von NK1 Rezeptoren
kommt. Man nimmt an, dass es sich dabei um einen konsekutiven Prozess der
Sensibilisierung handelt (Dougherty, et al. 1998).
Substanz P wird auch bei einer Exzitation im dorsalen Horn des Rückenmarks gefunden
(Sluka, et al. 1997a; Yan, et al. 2006). Diese Antwort auf die vermehrte Ausschüttung der
Neurotransmitter führt zu einer gesteigerten Aktivierung von AMPA (Alpha Amino-3-
17
Hydroxy-5- Methyl-4-isoxazolepropionat) und NMDA (8 N Methyl D- Aspartat)
Rezeptoren an aufsteigenden Neuronen der Schmerzbahn.
Selbst die Substanz P Synthese wie auch deren Ausschüttung werden nach einer Injektion
von Capsaicin beobachtet. Wie zuvor erwähnt wird angenommen, dass es sich um einen
zur Sensibilisierung zugehörigen Prozess handelt (Zhang, et al. 2005).
Die Forschungsergebnisse am Tiermodell geben Aufschluss auf Second Messenger
Kaskaden Aktivierung und deren Auswirkungen auf intra- und extrazellulärer Ebene. Die
Capsaicin induzierte mechanische Allodynie konnte umgekehrt werden und zwar mit
einem G Protein Kinase Inhibitor (Zou, et al. 2002; Zou, et al. 2004). Nach einer
intrathekalen Applikation mit CaMKII (Calmodulin- abhängige Kinase II) Hemmern
konnte der Capsaicin Wirkung der zentralen Sensitisierung entgegen gewirkt werden
(Fang, et al. 2005). Protein Phosphatasen werden als Gegenspieler zu den Kinasen
gesehen, und können die Dauer und den Zustand der zentralen Sensitisierung beeinflussen
(Zhang, et al. 2006).
Andere Modulatoren der Sensibilisierung sind Reaktive Sauerstoff- Radikale (ROS).
Anhand des Capsaicin- Modells kommt es zum Zustandsbild der sekundären Hyperalgesie.
Es kommt nach intrathekaler Applikation von ROS zu einer reduzierten Aktivität der Wide
Dynamic Range Neurone (Lee, et al. 2007b). Bei den Wide Dynamic Range Neuronen
handelt es sich um Neurone mit afferentem Eingang, die nicht nur auf noxische Reize
ansprechen, sondern eine Entladung erfolgt auch auf nicht noxische Reize, zum Beispiel
auf Druck. Das Schmerzgedächtnis ist ein weiterer möglicher Forschungsansatz beim
Capsaicin.
Nach Capsaicin induzierter NMDA Aktivierung kommt es zu einer spinalen GABA-ergen
Aktivitätssteigerung (Zou, et al. 2001). Dieser Vorgang der GABA- Ausschüttung in den
interspinalen Interneuronen wird als sensitisierungsfördernd betrachtet. Der gesteigerte
dorsale spinale Reflex löst eine Exzitation der peripheren Afferenzen aus, diese wiederum
die Depolarisation der spinalen Nervenzellen (Li, et al. 2008).
18
3.4 Sensitisierung oder Desensitisierung
Synonym: Sensibilisierung und Desensibilisierung.
Die Aktivierung des TRPV1 Rezeptors bei Ratten und Menschen kann beides hervorrufen,
eine Sensitisierung beziehungsweise eine Desensitisierung der Nervenzellen. Wie bereits
erwähnt, kann eine langandauernde Inaktivierung der Nervenzellen eine langanhaltende
analgetische Wirkung erzielen. Es wird sogar beobachtet, dass es zu einer induzierten
Degeneration der sensorischen Afferenzen, der dorsalen spinalen Ganglien kommt (Jancso-
Gabor, et al. 1970). Die topische Anwendung von 1%iger Capsaicin Creme zeigt eine
Aktivierung der peripheren afferenten Fasern (PAF), vor allem bei A und C Fasern, die
primäre und die sekundäre Schmerzempfindung können dabei, bei wiederholter
Applikation, über mehrere Wochen minimiert werden. Die thermischen wie auch die
mechanischen Stimuli werden reduziert (Nolano, et al. 1999), (Mason, et al. 2004). Die Art
und Weise wie die Desensitisierung stattfindet ist abhängig von Dosis und Applikation.
Wobei auch unterschieden werden muss, wie lange die Einwirkzeit ist, wie gut Capsaicin
von der Arzneiform auf der Haut zu den peripheren Nervenenden penetriert, und welche
Konzentration von Capsaicin verwendet wird (Touska, et al. 2011).
Eine schnelle Desensitisierung sorgt für eine Bindung an TRPV1, welche nicht nur PAF
(periphere afferente Fasern) und die Schmerzbahnung aktivieren, sondern auch eine
Freisetzung von Neuropeptiden an den terminalen C Fasern in der Peripherie bewirken.
Das beinhaltet eine Ausschüttung von Calcitonin gene-related peptide (CGRP) und
Substanz P, die wiederum an lokalen neurogenen Inflammationen beteiligt sind. Hat die
Reaktion einmal angefangen, werden die Nervenendigungen desensitisiert/
defunktionalisiert. (Maggi and Meli 1988), (Simone, et al. 1998).
Bei der sekundären Desensitisierung wird ein spannungsabhängiger Ionenkanal inaktiviert,
das Ergebnis ist ein schneller, kurz andauernder Effekt, welcher die
Aktionspotenzialgenerierung hemmt (Simone, et al. 1998; Tominaga 2008). Koplas et al.
(1977) zeigte, dass eine Reduktion der extrazellulären Ca2+ Konzentration zu einer
geringer ausgeprägten Desensitisierung und Tachyphylaxie auf Capsaicin führte. Dies
wiederum führte bei Coffein-induziertem Release von intrazellulärem Ca2+ sogar zu
reduzierter extrazellulären Kalziumkonzentrationen (Koplas, et al. 1997). Dies
veranschaulicht die Abhängigkeit des Desensitisierungsprozesses von intra- und
extrazellulärem Ca2+.
19
Abbildung 6 Schematische Aufgliederung der Bindungspartner am TRPV1
Aufbau der TRP-Kanäle
Die Kanäle bilden sechs Transmembrandomänen (S1-S6; graue Zylinder); die angelegte
Porenschleife befindet sich zwischen S5 und S6 (blau). N- und C-Terminus findet man intrazellulär und
enthalten drei Ankyrindomänen, Phosphorylierungsstellen und Bindungsstellen für
Calmodulin und das Phospholipid PIP2. Aus vier solcher Untereinheiten bildet sich ein
Tetramer und somit ein funktioneller Kanal. Markiert sind die Capsaicinbindungsstelle als Kreis
in lila bei Aminosäure 511 und die ph-Sensoren als schwarze Funfecke bei den Aminosäuren
600 und 648 (Ferrier-Montiel et al., 2004) (aus Greffrath, 2006; modifiziert)
Eine Desensitisierung wird auf Grund des vermehrten Influx der Kationen und den Cofaktoren, pH, PIP2,
Calmodulin und Substanz P mitbestimmt.
Aus Geffrath, 2006; modifiziert
20
3.5 Abwehrstoff
Capsaicin wird in der Industrie als Abwehrstoff eingesetzt.
Ursprünglich wurde es als Bärenabwehrmittel in Nordamerika verwendet. In Artikeln wie
„Pfeffersprays zur Angreifer Abwehr“ hat Capsaicin Bekanntheit erlangt. Sicherheitskräfte
und Polizei schätzen die Effekte des kostengünstigen und effizienten Reizstoffes. Die
Schärfe und Gewebsreizung sorgen für eine effektive, im Verhältnis leicht bedienbare
Selbstverteidigung. Wie schon bekannt sollte der Kontakt mit den Schleimhäuten und den
Augen sowie das Inhalieren vermieden werden. Die Anwendung erfolgt unter Spray- bzw.
Aerosol-Bildung, aber auch als Flüssigkeit, welche unter Druck das Ziel erreichen kann.
Unter anderem werden Rauchgranaten mit Capsaicin dafür eingesetzt, um
Demonstrationen aufzulösen und zu deeskalieren. In Ländern wie Zimbabwe werden
aufdringliche Elefanten mit Capsaicin haltigen Dung-Dämpfen und Chilipaste
beschmierten Weidezäunen davon abgehalten Hütten, Einwohner und Ernte zu
zertrampeln. Weitere Einsätze als Abwehrstoff wären: Zur Vertreibung von Eichhörnchen
in der Lackierung von Vogelhäusern, als Inhaltsstoff von Bootsfarben, um Seepocken
Ansammlungen zu vermeiden und in Isolierungen von Glasfaser- Erdkabeln um Nagetiere
fernzuhalten. In den Vereinigten Staaten von Amerika ist auch eine Anwendbarkeit im
Bereich der Insekten- und Milbenbekämpfung zugelassen.
21
Die an der Schmerzauslösung allgemein beteiligten primären Afferenzen (=1. Neuron der
Schmerzbahn) lassen sich an folgender Abbildung veranschaulichen.
Abbildung 7 Schmerzfaserqualitäten
Einteilung der verschiedenen Schmerzfaserqualitäten, geordnet nach Ort, Durchmesser, Funktion und
Leitungsgeschwindigkeit
Modifiziert nach Donnerer, 2014
22
Abbildung 8 Skizzierung der Schmerzwahrnehmung
Die Schematisierung der Schmerzbahn soll veranschaulichen, wie Schmerz weitergeleitet wird und welche
Strukturen im zentralen Nervensystem beteiligt sind. „Ascending pathways“ gibt die zentrale afferente
Schmerzbahn wieder (2./ 3. Neuron der Schmerzbahn). Die „Descending pathways“ bedeutet Efferente Bahn
verantwortlich für die körperliche Antwort auf Schmerz.
Modifiziert nach O'Neill, et al. (2012)
23
3.5.1 Schmerzmittel
Die paradoxe Wirkung des Capsaicin liegt eben darin, in erster Linie eine Aktivierung der
Nozizeption zu steuern. Aber durch die nachfolgende Defunktionalisierung
beziehungsweise die reversible Inaktivierung der Schmerzfasern in der Epidermis kommt
es später zu einer Analgesie. So muss z.B. bei der Anwendung des Capsaicin-
Schmerzpflasters beachtet werden, dass die Behandler Handschuhe tragen und die zu
beklebende Fläche beim Patienten in der Regel mit einem Lokalanästhetikum wie EMLA
Creme vorbehandelt wird (Girtler, et al. 2013). Ist die akute Applikationsphase
überstanden, kann die Dauer der Analgesie anschließend bis zu zwölf Wochen anhalten.
Mögliche Einsatzgebiete in der Schmerzbehandlung sind post-Zoster Neuralgien (siehe
auch in nachfolgenden Kapiteln). Wie Studien zeigten, kann die gemeinsame
Administration von Anästhetikum und Capsaicin eine schnellere analgetische Wirkung
erzielen. Schmerzzustände mit pathophysiologischer zentraler Sensitisierung werden in der
Entwicklung neuer Schmerzmittel auf Basis von Capsaicin, von Capsaicinanaloga oder
von Capsaicinantagonisten eine wesentliche Rolle spielen.
24
3.5.2 Capsaicin Analoga
Abbildung 9 Vertreter der Capsaicinanaloga
Capsaicin und Endovanilloide sowie deren Strukturformel
In Anlehnung an Steinberg, et al. (2014).
25
CH – 19 Sweet ist ein nicht scharfer Vertreter der Chili Schote, er kommt in drei Formen
vor: Capsiate oder Capsinoide, Dihydrocapsaicin und Nor-Dihydro-Capsaicin (Sasahara, et
al. 2010). Aufgrund der unterschiedlichen Strukturformel, entweder durch eine Variation,
wie dem Vorhandensein einer Ester-Bindung, oder anstatt der Amidbindung an der
Vanillyl Gruppe und der Fettsäurekette, kann das Capsiat sofort in der oralen Mukosa
hydrolysiert werden. Es hat dadurch keinen Schärfe- Effekt (Ludy, et al. 2012). Jedoch
konnte auch anhand von Studien gezeigt werden, dass Capsiate bzw Capsinoide im Darm
eine TRPV1 Aktivierung mit all den sympathikotonen gastrointestinalen Effekten haben
können (Snitker, et al. 2009).
3.5.2.1 Resiniferatoxin (RTX)
Ein weiterer Vertreter der Capsaicin Analoga und TRPV1 Agonisten ist das
Resiniferatoxin. Es stellt einen der hoch potenten Analoga dar. Das National Institute of
Health erforscht seine Wirkung an Patienten mit Tumorerkrankungen im Endstadion, und
zwar mit intrathekaler Applikation.
Es bietet aktuell ein neues Spektrum an Schmerzreduktion bis hin zur Schmerzbeseitigung
(Peppin and Pappagallo 2014). In der Literatur auch als „molekulares Skalpell bezeichnet“
fokussieren sich die neuesten Erkenntnisse auf bekannte präklinische Capsaicin Modelle.
Die schon bekannten Nebenwirkungen wie Hyperämie und Thermosensibilisierung lassen
viele Patienten von klinischen Studien abspringen, und erschweren evidenzbasierte
Ergebnisbeschaffung. Die Therapie mit RTX kann dosisabhängig folgendermaßen
eingesetzt werden. Einerseits reversibel, gezeigt am Ratten Modell, bei perineuraler
Injektion angewandt an postoperativen Schmerzzuständen, oder auch als Prophylaxe vor
chirurgischen Eingriffen.
26
3.5.2.2 Palvanil
N- Palmitoyl Vanillamide (Palvanil) ist ein nicht Schärfe vermittelndes Capsaicinanalogon
aus der Gruppe der TRPV1 Agonisten. Die Vorteile des Palvanil zeigen sich in
verminderter Hypothermie, verminderter Bronchokonstriktion sowie geringerer
Ödemneigung im Gegensatz zu den typischen Nebenwirkungen der TRPV1 Agonisten
(Luongo, et al. 2012; Peppin and Pappagallo 2014). Die therapeutischen Möglichkeiten
von Palvanil werden durch konsequente Forschung in den kommenden Jahren sicher noch
mehr Ergebnisse liefern.
3.5.2.3 Endogene TRPV1 Liganden
Einen weiteren Fokus neuester Forschungen zeigen die kürzlich identifizierten endogenen
TRPV1- Liganden. Diese lassen sich in drei Lipid Klassen einteilen. Die N-
Arachidonoyldopamine, die Lipoxygenase- Produkte der Arachidonsäure und die
Anandamine. Letztere binden auch an einen Cannabinoid Rezeptor und sind TRPV1
Liganden, die anti-nozizeptive Wirkung ist peripher (Peppin and Pappagallo 2014). Wie
neueste Erkenntnisse zeigen, haben Endovanilloide, ähnlich den Endocannabinoiden, einen
modulierenden Effekt auf Furcht-, Angst- und Panikreaktionssysteme im Gehirn. Hier sind
vor allem Regionen der defensiven Reaktion zu nennen, wie der dorsalen periduktalen
grauen Substanz, dem Hippocampus und dem medialen präfrontalen Cortex (Aguiar, et al.
2014).
27
3.5.3 Capsaicin Antagonisten
Als Antagonisten sind hier die Capsaicin Analoga angeführt, die an den Bindungstellen
andocken und somit die Transduktion für Capsaicin unmöglich machen.
Capsazepin (2-(2-(4-chlorophenyl) ethylamino - thiocarbonyl)-7,8-dihydroxy-2,3,4,5-
tetrahydro-1H-2-benzazepin) (Abkürzung CZP), BCTC bzw. thio- BCTC sind synthetische
Analoga des Exzitotoxins Capsaicin. Aktuelle Studien zeigen, dass es sich bei Capsazepin
um einen selektiven, kompetitiven Antagonisten handelt. Anwendungsbereich in der
Medizin ist die antikonvulsive Wirkung. Erst als Hoffnungsträger des Novartis Institute of
Medical Research in London entwickelt, um neue Therapieansätze in der
Schmerzbehandlung zu schaffen, doch aufgrund der zusätzlichen Blockade
spannungsabhängiger Calciumkanäle und nikotinischer Acetylcholinrezeptoren reduzierte
sich das allgemeine Interesse an Capsazepin. Es konnte gezeigt werden, dass CZP direkt an
den Axonen wirkt, dies führt zu einem gesteigerten Aufschub der antidromalen Potentiale
und der axonalen Antwort. 4-Aminopyridine (4-AP) getriggerte Anfälle konnten durch
Capsazepin in vitro (10–100 μM) und in vivo (50 mg/kg s.c.) unterdrückt werden
(Gonzalez-Reyes, et al. 2013).
Menthol und Kälte aktivieren TRPM8, und durch die Beziehung zu TRPV1 kann eine
antagonistische Wirkung beobachtet werden. Jedoch ist jene noch nicht vollkommen
erklärbar.
4 Klinische Aspekte des Capsaicin
4.1.1 Topische Anwendung
Die meisten Forschungsergebnisse stützen sich auf die topische Anwendung mit Capsaicin.
Da es sich um eine bestens dokumentierte Applikationsform handelt, sind die Effekte gut
reproduzierbar. Anhand von Daten aus Tiermodellen - es wurden die Effekte an rasierten
28
Katzenrücken beschrieben - konnten wichtige Erkenntnisse gewonnen werden. In vitro
kann die perkutane Absorption von Capsaicin und Analoga exemplarisch die molekularen
Transportwege der Vanilloide von der Epidermis zum peripheren Neuron wiedergeben
(Kasting, et al. 1997). Es gibt schon einige Cremes und Pflaster im Handel, die im
Dosisbereich von 0,025% - 0,1% erhältlich sind. Hier sei zu erwähnen, dass der
Wirkungsbereich und die therapeutische Applikationsdosierung mit der Konzentration von
8% ein vollkommen anderes Spektrum der neuronalen Induzierung/ Defunktionalisierung
darstellt.
Capsaicin wird von der US Food and Drug Administration (FDA) in einem 8% dermalen
Patch zugelassen - Qutenza® (Mou, et al. 2014). Anhand von Experimenten in vivo konnte
gezeigt werden, dass es eine wesentlich höhere Aufnahmerate des Capsaicin in das Stratum
Corneum gab, wenn das Lösungsmittel der Creme bzw. lokalen Applikationsform 70%
Isopropyl Alkohol war. Die Kombination mit 70% Isopropyl Alkohol konnte im Vergleich
zu 20% Alkohol bzw. mineralischen Ölen oder Propylenglykol eine bis zu dreimal höhere
Aufnahmerate erzielen.
Daten aus erhobenen klinischen Studien belegen nach Qutenza-Pflaster Anwendung die
gemessenen Plasmawerte. Es wurden Proben nach 60- bzw. 90- minütiger Applikation
entnommen (O'Neill, et al. 2012). Jedoch konnten anhand der limitierten Anzahl der
messbaren Werte nur Rückschlüsse auf die Pharmakokinetik des Capsaicins gemacht
werden. Es wird angenommen, dass die Halbwertszeit sich auf 1,64 Stunden beläuft, also
eine sehr rasche Elimination stattfindet. Wichtig für das therapeutische Ziel ist der
Applikationsort, die Hauptwirkung befindet sich am Anwendungsgebiet des Pflasters
(Babbar, et al. 2009).
Es gibt zahlreiche klinische Studien, die eine schmerzlindernde Wirkung des Capsaicin mit
dem neuen 8% Pflaster am menschlichen Körper zeigen soll (Anon 2013). Kürzlich wurde
eine Studie veröffentlicht, welche prospektiv angelegt die Sicherheit und Effektivität des
8%- Pflasters prüfte. Zum Einsatz kam das Patch bei postherpetischem Zoster Neuralgien,
postoperativen Neuralgien, posttraumatischen Neuropathien, Polyneuropathien und
gemischten Schmerzsyndrom (Maihofner and Heskamp 2014). Die Ergebnisse zeigten eine
Steigerung der Lebensqualität in Form von längeren Schlafphasen, Schmerzattacken waren
weniger intensiv, die Opioid Gabe und Analgetika Gabe konnte reduziert werden. Zu den
häufigsten unerwünschten Nebenwirkungen wurden bei ca. 10 % der Patienten ein
Erythem und ein Schmerz an der Applikationsstelle dokumentiert (Simpson, et al. 2014).
29
Wiederholte Applikation des Patches bei HIV assoziierter distaler sensorischer
Polyneuropathie (HIV-DSP) wurde gut vertragen und zeigte eine Reduktion des
Schmerzempfindens auf der Numeric Pain Rating Scale (NPRS) von 22- 27%. Auch bei
zwei randomisierten Phase 3 Studien konnte gezeigt werden, dass unabhängig vom
Geschlecht, der Grundnivellierung des Schmerzes nach NPRS oder der Begleitmedikation
mit neuropathischen Analgetika bzw. die Dauer der HIV DSP, eine zwölfwöchige
Schmerzlinderung nach einmaliger 30-minütiger Pflasterapplikation mit einer Signifikanz
von (p=0,002) erfolgte (Brown, et al. 2013).
Da das Problem die kurze Zeit der akuten Pflaster-Anwendung darstellt, wurden
verschiedene Strategien entwickelt, wie man die Applikation für die Patienten erträglich
gestalten kann. Hier soll eine aktuelle Studie von Knolle et al., (2014) beschrieben werden.
In der randomisierten, doppelblind angelegten Studie geht es darum, anhand einer Gruppe
von sechs Männern und sechs Frauen (alle Probanden Kaukasier) zu zeigen, welche
morphologischen Unterschiede an nozizeptiven Nervenfasern stattfinden, wenn die
vorbehandelte Applikationsstelle entweder gekühlt wird oder mit EMLA Creme (Lidocain
und Prilocain als Lokalanästhetika) behandelt wird. Die Kühlung der Haut erfolgt auf 30
Grad Celsius bei einer Raumtemperatur von 20 Grad Celsius, und wird während der
gesamten Anwendung beibehalten. Die Betäubung mit der Creme wird eine Stunde vor der
Applikation angewendet.
Einschluss- und Ausschlusskriterien waren einerseits unverletzte glatte Haut, und
andererseits Schwangerschaft, Stillen und anderweitige Anwendung von Capsaicin
während der Studie sowie Analgetika Einnahme. Es wurde mit einem 8%igen Capsaicin-
Pflaster getestet. Jeder Proband bekam pro Oberschenkel ein Pflaster aufgeteilt in vier
Quadranten, und pro Seite eine unterschiedliche Vorbehandlung der Hautareale. Die
Resultate zeigten im Mittel eine Schmerzreduktion von circa sechs Stufen in der Visuellen
Analogskala (VAS) zur Schmerzbeurteilung durch die Hautkühlung. Die Statistische
Signifikanz lag bei einem P- Wert < 0.0001. Hingegen zeigten die Unterschiede der
maximalen Schmerzwahrnehmung nach VAS bei der EMLA Gruppe und Placebo Gruppe
keine statistische Signifikanz. In der Diskussion wurde anhand der Ergebnisse
demonstriert, dass der Kühlungseffekt sich positiv auf die Schmerzreduktion auswirkt und
eine Beeinflussung der TRPV1 Aktivität bzw. der Capsaicinwirkung, in Bezug auf Rötung
und Hyperämie am Applikationsort, hat. Jedoch muss auch berücksichtigt werden, dass es
30
bei einer Temperaturreduktion (15C° - 30C°) auch zu einer Glutamatrezeptor Inhibition
durch TRPM8 kommen kann. Dies konnte im Rattenmodell schon reproduziert werden.
4.1.2 Postzoster Neuralgien
Fünf randomisierte doppelblinde Studien mit 1316 Postzoster Neuralgie (PZN) Patienten
zeigten, dass eine 60-minütige Applikation des hochdosierten Capsaicinpflasters eine
signifikante Reduktion des Schmerz-Zustandsbildes erreichte. Die Einschlusskriterien des
Patientengutes beinhalteten, dass die Herpes Zoster Bläschen mindestens drei bis sechs
Monate zuvor verkrustet sein mussten. Wallace und Papagallo (Qutenza® : a capsaicin 8%
patch for the management of postherpetic neuralgia Expert rev. Neurother 2011) konnten
in einer Dosis Findungsstudie zeigen, dass bei 229 Patienten einmalig entweder das
hochdosierte Capsaicin Pflaster oder die Kontrolle für 30, 60 oder 90 Minuten Applikation
unterschiedliche Schmerzreduktion zeigten. Die Schmerzlinderung der Capsaicin Pflaster
Gruppe lag signifikant höher als bei der Kontrollgruppe. Aus den Auswertungen folgernd
konnte eine Darreichungsdauer von 60 Minuten als überlegen angesehen werden.
Aufgrund der Hautrötung nach Pflasterapplikation gestaltet sich ein Placebo kontrolliertes
Studiendesign als sehr schwer durchführbar.
4.1.3 Effekte auf den Atemweg
Es ist bekannt, dass TRPV1 vermehrt in den Atemwegen exprimiert wird, und zwar an
vagalen und nicht- myelinisierten C- Fasern Afferenzen (Stewart, et al. 1984).
Angenommen wird, dass Capsaicin mit einer Atemwegskonstriktion als auch mit Husten
assoziiert ist. Lundberg und Saria (1982) zeigten, dass eine Stimulation der Capsaicin
sensitiven Neurone zu einer Kontraktion der glatten Muskulatur führt. Dies wurde von
Forsberg et al. 1988, bezugnehmend auf seine Forschungen zu Husten und Capsaicin,
bestätigt (vgl. (O'Neill, et al. 2012) ).
31
Die grundlegende Erkenntnis war die direkte Suppression des Hustenreflexes durch
TRPV1 Antagonisten (Collier and Fuller 1984; Johansson, et al. 2006). Von
asthmaähnlichen Zustandsbildern und inhalativen Versuchsreihen gibt es interessante
Ansätze im Zusammenhang mit Capsaicin.
Kürzlich veröffentlichte Studien haben gezeigt, dass es bei Patienten mit chronischem
Husten, zu einer Hoch- Regulation von TRPV1 kommt, was nahe legt, dass die
Hypersensitivität Folge dessen ist (Mitchell, et al. 2005).
4.1.4 Cardiovaskuläre Effekte
TRPV1 ist in den sensorischen Fasern der epicardialen vaskulären Strukturen verteilt,
weiters konnte in Endothelien der Blutgefäße TRPV1 nachgewiesen werden (Ghilardi, et
al. 2005). Bei reduziertem Blutfluss, wie bei einem Myokardinfarkt, zeigt sich eine
Freisetzung von Sauerstoffradikalen, die wiederum die Expression des TRPV1 veranlasst
(Schultz and Ustinova 1998). Diese Expression hat gezeigt, dass es einen Zusammenhang
zwischen dem Brustschmerz und einem Myokardinfarkt gibt (Steagall, et al. 2012). Aber
auch eine nicht-ischämische kardioprotektive Wirkung zeigt die TRPV1 induzierte
periphere Nozizeption. Wang und Wang (2005) präsentierten Beweise, dass es einen
Zusammenhang gibt zwischen TRPV1 und der Infarktgröße. Die verwendeten TRPV1
Knock out Mäuse zeigten im Experiment wesentlich größere Infarktausdehnungen als
deren Wildtyp Kontrollen. Die protektiven Effekte von TRPV1 auf ischämische und
Reperfusions-Schäden am Myokard wurden von Sexton et al. (2007) veröffentlicht. Es
konnte gezeigt werden, dass der Arachidonsäure Metabolit, 12-
Hydroxyperoxyeicosatetranoidsäure ein endogener Ligand für TRPV1 ist. Bei
myokardialer Erkrankung ist dieser Ligand hochreguliert. Die Verteilung des TRPV1
Rezeptors im Gefäßsystem erklärt die regulativen physiologischen Aktivitäten, dem
entsprechend können sowohl Vasokonstriktion als auch Vasodilatation gesteuert werden.
Die TRPV1 Aktivierung ist anhängig von der Ausschüttung des Neurokinins Substanz P.
Die Bindung an den entsprechenden Rezeptorbindungsstellen des Neurokinin1 Rezeptor
(NK1) führt zu einer Vasokonstriktion. Gefäßerweiternde Effekte werden gesteuert von
neuronalen und vaskulären Mechanismen. Afferente Nervenfasern, die eine TRPV1
Aktivität aufzeigen, antworteten mit einer Freisetzung von „Calcitonin gene-related
32
Peptide“ (CGRP), und dies wiederum führt zu einer Vasodilatation (Ralevic, et al. 2000;
Zygmunt, et al. 2002). Weiters kommt es durch die TRPV1 Aktivierung zu einer
Freisetzung von Proteinkinase A und epithelialer Stickstoffmonoxidsynthase, mit
nachfolgender Stickstoffmonoxid Freisetzung und konsekutiver Vasodilatation (Chen, et
al. 2013; Yang, et al. 2010). Es konnte auch gezeigt werden, dass Capsaicin eine
hemmende Wirkung auf die Plättchenaggregation ausübt, die aber auch unabhängig von
der TRPV1 Aktivierung stattfinden kann (Adams, et al. 2009; Mittelstadt, et al. 2012;
Raghavendra and Naidu 2009; Sylvester and LaHann 1989). Meddings, et al. 1991,
schilderte eine Capsaicin induzierte gesteigerte Durchlässigkeit der Plättchenmembran,
dies wurde auch von Aranda et al., 1995 bestätigt (Aranda, et al. 1995).
Jedoch gibt es auch Daten von Harper et al., 2009, die einen plättchenaggregierenden
Effekt des Capsaicin zeigen, abhängig von TRPV1 (Harper, et al. 2009). Die Autoren
erklärten die Ergebnisse mit der TRPV1 gekoppelten Serotonin Ausschüttung, welche zu
einer Adenosindiphosphat- und Thrombin-induzierten Plättchenaktivierung führt.
4.1.5 Gastrointestinale Effekte
Ward et al., (2003) bewiesen, dass TRPV1 Aktivität in den Nervenfasern der
myenterischen Ganglien und der interganglionären Nervenbahnen, sowie in den
Muskelschichten, Blutgefäßen und Mukosa des Gastrointestinaltraktes von Mäusen, Ratten
und Meerschweinchen durchgehend nachgewiesen werden konnte. In nicht neuronalem
Gewebe findet sich TRPV1 vorzugsweise in Epithelzellen des Magens und kann dazu
beitragen, Gastrin zu sezernieren (Ericson, et al. 2009). Die Effekte von Capsaicin auf den
Gastrointestinaltrakt sind dosisabhängig und können sowohl vorteilhaft als auch nachteilig
sein.
Capsaicin steigert die Bürstensaumpermeabilität, die Länge und den Umfang der
Mikrovilli, dies führt zu einer Resorptionsflächensteigerung des Dünndarms; dargestellt an
Ratten (Prakash and Srinivasan 2013; Sharma, et al. 2013). Bei nicht- alkoholischer
Fettleber kann die chronische diätetische Capsaicin Supplementierung ihre Vorteile durch
die Bildung folgender Enzyme: hepatische phosphorylierende hormonsensitive Lipase,
Carnitin Palmitotransferase1 und Peroxisom Proliferator aktivierten Rezeptor delta,
vorweisen.
33
Nachteilige Effekte zeigen sich bei verlängerter Exposition von hohen Dosen Capsaicin
(Wang, et al. 2005). Holzer (Holzer 2008) zeigt ähnliche Ergebnisse wie Akbar et al.
(2008) und Li und Duan (2011), dass es bei Reizdarmsyndrom zu einer viszeralen
Hypersensitivierung und Schmerzen kommt (Sharma, et al. 2013). Inwieweit TRPV1 und
endogene Endovanilloide daran beteiligt sind, ist nicht klar.
4.1.6 Effekte auf die Harnblase
Die Harnblase und Harnröhre bieten mit ihrer hohen Dichte an unmyelinierten C Fasern
ein breites Spektrum an Angriffspunkten für Vanilloide, Noxen und andere Stimuli. Es
konnte gezeigt werden, dass Capsaicin und ähnlich strukturierte Substanzen wie zum
Beispiel Resiniferatoxin mit dem Vanilloid Rezeptor Subtyp 1 interagieren. Die
Schmerzwahrnehmung der Blase wird über diese Nervenqualität moduliert. (Foster and
Lake 2014). Die Einsatzgebiete sind die neurogene Blase, Reizblase, schmerzhafte
Blasenfunktionsstörung und hyperreaktive Blase. Die Applikationsform ist eine
intravesikale Administration von TRPV Agonisten. Es konnte in immunhistochemischen
Untersuchungen und elektronenmikroskopischen Aufnahmen gezeigt werden, dass
unmyelinisierte C Fasern an der Innervation der glatten Muskelzellen in der Mukosa der
Harnblase sowie an den urothelialen Basalzellen beteiligt sind. Zu dem konnte am
Tiermodell demonstriert werden, dass es unter Einwirkung von Capsaicin zu einer
vermehrten Kontraktilität der Blasenwand kommt, was wiederum hilft, die Schwelle der
Blasenentleerung zu korrigieren. Anhand von Studien konnte interessanterweise
nachgewiesen werden, dass an Individuen mit einer überaktiven Blase sehr effektiv mit
TRPV1 Agonisten, wie Capsaicin und RTX, behandelt werden kann (Chancellor and de
Groat 1999). Und das obwohl RTX auch das Potential hat, die TRPV1 exprimierenden
Neurone zu zerstören. Anhand von Zellkulturen der Urothelialen Zellen von non-
kongenitalen überaktiven Blasen wurde in ihnen eine größere Expression von TRPV1
gemessen im Vergleich zur Kontrollgruppe.
Bei der Therapie mit Cyclophasphamid, einem Chemotherapeutikum, konnte an Mäusen
und Ratten eine charakteristische mechanische Blasenhyperaktivität ausgelöst werden.
Antagonisiert werden kann dieser Effekt durch TRPV1 Antagonisten. Die induzierte
Blasenfunktionsstörung war direkt assoziiert mit einer vermehrten Bildung von TRPV1
34
Kanalaktivität, der innervierenden Nerven der Harnblase, aber auch der
Hinterhornganglien des Rückenmarkes. Diese Daten suggerieren einen direkten
Zusammenhang der primären Rolle des TRPV1 Kanals in der Entstehung der
Schmerzbildung bei Cystitiden der Vesica urinaria und der therapeutischen Anwendbarkeit
der TRPV1 Antagonisten. (Dornelles, et al. 2014; Wang, et al. 2008)
Abbildung 10 TRP Kanäle in der Harnblsae
Die TRPV1/ TRPM8 Exprimierung und deren Funktionsweise an der Harnblase. Schematische Darstellung
der Signaltransduktionswege. Abkürzung DRG: dorsal root ganglion für Hinterhornganglion des
Rückenmarkes.
In Anlehnung an O´Neill 2012
35
4.1.7 Gewichtsreduktion
Die Rekrutierung von Katecholaminen in der rostralen ventrolateralen Medulla durch
TRPV1 wird als ein gewichtsreduzierender Faktor gesehen (Akabori, et al. 2007). Die
Kombination aus fettarmer Diät und Capsaicin fördert die Lipid Oxidation und die Diät
induzierte Thermogenese. Studien zeigten demnach, dass sich der Energieverbrauch nach
Einnahme von Capsaicin steigerte (Ludy, et al. 2012). Die Folgerungen beschränkten sich
nicht nur auf die Steigerung der Lipidoxidation, sondern gaben auch Rückschlüsse auf eine
Minderung des Appetits (Ludy und Mattes, 2011). Eine Reduktion der adipozytären
Akkumulation in Abhängigkeit von einer gesteigerten Expression von Adiponectin und
anderen Adipokinen, konnte bei Mäusestämmen mit Adipositas festgestellt werden (Lee et
al., 2013). Smeets und Westerp-Plantenga (2009) und Galgani et al. (2010) hingegen
konnten in ihren Studien keine Steigerung der Lipidoxidation und Energieverbrauch
feststellen.
Die Schlussfolgerungen, dass die Nahrungssupplementierung mit Capsaicin bei Fettsucht-
Komorbiditäten, wie Dysregulationskrankheiten Diabetes mellitus Typ II und
Insulinresistenz, einen positiven Effekt hat, konnte anhand der Versuche an Fettsucht
erkrankten Mäusen dargestellt werden. Kang (Kang, et al. 2010; Kang, et al. 2011)
demonstrierten eine Fettsucht induzierte Glukose Intoleranz Reduktion nicht nur mit einer
Inflammationsantwort-Supprimierung, sondern auch mit einer Steigerung der
Fettsäureoxidation in Fettgewebe aber auch in der Leber. Diese beiden Orte sind für eine
periphere Insulinresistenz entscheidend. Ähnliche Schlussfolgerungen wurden 2013 auch
von (Okumura, et al. 2012) reproduziert.
36
4.1.8 Dermatologische Erkenntnisse
Es konnte erst kürzlich gezeigt werden, dass TRPV1 einen Effekt auf Keratinozyten hat.
Die Aktivierung der epidermalen TRPV1 gab Rückschlüsse auf pro-inflammatorische
Mediatorausschüttung (Li, et al. 2008) (Lin, et al. 2007).
In der Erforschung der Psoriasis konnte gezeigt werdenm, dass der Hypoxie induzierende
Faktor alpha ( HIF 1α ), der wesentlich an der Proliferation des Erkrankungsgeschehens
beteiligt ist, durch die intradermale Behandlung mit Capsaicin für zwölf Wochen eine
Downregulation von HIF 1α nach sich zog (Yu 2011).
Auch bei Juckreiz, der durch Substanz P und Proteinase aktivierte Rezeptor- 2 mediiert
wird, zeigt die Applikation von 0,025% Capsaicin eine moderate suppressive Auswirkung
auf ausgeschüttetes Histamin (Sekine, et al. 2012).
Im Vergleich dazu stehen Studien, die das Gegenteil beweisen, und zwar bei Hämodialyse
induziertem Pruritus und idiopathischen therapierefraktärem Pruritus keinen Effekt von
Capsaicin demonstrieren (Gooding, et al. 2010). An Tiermodellen wurde gezeigt, dass 50
mg/ kg subkutan appliziertes Capsaicin eine Rezidivierung der chronischen Dermatitis mit
Pruritus einleitet. Dies konnte anhand von Mastzellvermehrung und einem Anstieg von
Immunglobulin E im Serum gemessen werden (Back, et al. 2012).
4.1.9 Antikarzinogene Eigenschaften
In den letzten Dekaden gab es einige Beweise für die antikarzinogene Wirkung des
Capsaicin, die sich versucht haben zu etablieren. Forschungsgruppen auf der ganzen Welt
demonstrierten Anti-Krebs-Eigenschaften von Capsaicin an spezifischen carcinogenen
Molekülen, und Theorien wurden vorgelegt, welche die Thesen stützen sollten. Es wurde
dargelegt, dass die antiproliverative Wirkung von Capsaicin nicht durch eine TRPV1
Interaktion (Sharma, et al. 2013) stattfindet, dennoch konnte ein Ansteigen des TRPV1
mediierten intrazellulären Kalziums nachgewiesen werden. Dies führt in weiterer Folge zu
einer apoptotischen Kaskade. Zu Forschungszwecken wurde von Lin (Lin, et al. 2013) an
37
humanen unsterblichen Krebszelllinien die Effekte des Capsaicin beobachtet. Die
Ergebnisse bestätigten eine Reduktion der Proliferation, Viabilität der Krebszellen und
einen Arrest der Zellzyklen zwischen G2/ M Phase, sowie einen Verlust des
mitochondrialen Membranpotentials. Dies aktivierte die Caspase 9, welche die Apoptose
einleitet. Demonstriert wurde das an pankreatischen Krebszellen von Pramanik and
Srivastava (2012).
Es wurde auch gezeigt, dass Capsaicin die enzymatische Funktion von Superoxid
Dismutase, Katalase und Glutathionperoxidase hemmt. Weiters wurde der Transport der
Elektronentransportkette am Komplex 1 und 3 inhibiert, und zwar nur in den Krebszellen;
auf gesunde Zellen wurden keine Effekte vermerkt.
Zhang, et al. (2013) zeigten eine Capsaicin induzierte dosisabhängige Arrestierung in der
G0/G1 Phase wie auch eine Hochregulierung der Caspase 3, mit einer verbundenen
Einschränkung der Lebensfähigkeit der Krebszellen.
Mori, et al. (2006) demonstrierten anhand ihrer Forschungsergebnisse die Effekte von
Capsaicin an Prostata Karzinomzelllinien. Es zeigte sich, dass Capsaicin eine Hemmung
des nukleären Faktor Kappa bewirkt, Tumornekrose Faktor alpha wird aktiviert.
4.1.10 Karzinogene Wirkung
Um einen objektiven Vergleich darzustellen, werden auch die karzinogenen Eigenschaften
des Capsaicin angeführt. 1951 publizierte Hoch-Ligeti seine Daten die suggerierten, dass
eine Capsaicin Ingestion für eine neoplastische Veränderung in Lebern von Ratten
verantwortlich ist. Ein veröffentlichtes Paper von Liu, et al. (2012) bewies dass die
Capsaicin-induzierte Hochregulation der tumorassoziierten Nikotinamid Adenin
Dinukleotid (NADH) Oxidase Expression in Coloncarcinom Zelllinien im Zusammenhang
mit Tumorzellproliferation und – migration steht. In dem Zusammenhang steht auch noch
das erhöhte Magenkarzinom Erkrankungsrisiko in folgenden Ländern, in denen viel
Capsaicin konsumiert wird: Indien, Spanien, Mexico und Korea (Lopez-Carrillo, et al.
2012).
Das Hautkrebsrisiko ist erhöht, wenn die Expression des TRPV1 erhöht ist (Bode and
Dong 2011). Forschungsdaten von Gannett et al. (1990) und Lee und Kumar (1980)
zeigten einen Metabolismus von Capsaicin zu aromatischen und aliphatischen
38
hydroxylierten Stoffwechselprodukten. Diese neuen reaktiven Metaboliten des Capsaicin
Stoffwechsels, die im Verdacht stehen karzinogen zu sein, wurden in weiterer Folge von
Reilly et al. (2003) identifiziert. Auch geringe Dosen an Capsaicin zeigten bei kolo-
rektalen Krebszellen eine gesteigerte Migration und Invasionsfähigkeit (Yang, et al. 2013).
4.1.11 Zukünftige Forschungsgebiete
Die abgebildete Tabelle 2 soll einen Überblick der Thematik verschaffen, deren sich die
Capsaicin Forschung widmet. Eine Vielzahl an analgetischen Möglichkeiten ist bis dato
noch nicht ausreichend erforscht. Der Einsatz von Capsaicin bei Nierensteinen,
Appendizitis, Podagra (Gichtinduzierte Arthritis des Großzehengrundgelenkes),
Riesenzellarteriitis, chronischer Pankreatitis, Spannungskopfschmerz, Dysmenorrhoe,
peripheren Verschlusskrankheiten stellt nur einen kurzen Auszug der Ansatzmöglichkeiten
dar. Nötig wären groß angelegte multizentrische, randomisierte, doppelblind kontrolliert
angelegte Studien an Menschen, damit die Sicherheit und Evidenz der in diesem Absatz
beschriebenen Applikationswege reproduzierbar wird (vgl. Sharma et al. 2013). Auch
wenn die derzeitigen Studien Zusammenhänge von Capsaicin (Tabelle 3) und Migräne,
oraler Mucositis und Rhinopathien (Hautkappe et al., 1998) aufzeigen, bleibt abzuwarten,
welche Ergebnisse folgen werden. Interessant sind auch die Aspekte der derzeitigen
Forschungen bezogen auf Juckreiz und die TRP Familie. Der Schmerz und der Juckreiz
anhand des Mäusemodelles zeigen, dass es durch Capsaicin nicht nur zu einer
Schmerzreduktion, sondern auch zu einer verminderten Reflexantwort auf Juckreiz
auslösende Stoffe kommt (Davidson, et al. 2007).
39
Tabelle 2 zukünftige klinische Einsatzmöglichkeiten des Capsaicins
Neue Anwendungsgebiete des Capsaicin in der klinischen Forschung
Ophtalmologie Superfizielle Hornhautstippung
(Keratitis superficialis punctata)
Pulmonologie Asthma
Gynäkologie Geburtswehen, Geburtsschmerz und
Entbindung
Psychiatrie und Neurologie Alzheimer Demenz
Aus dem Fachbereich der Inneren Medizin Fibromyalgie
Minimal inhibitorische Konzentration von
Ciprofloxacin (Antibiotikum)
Cluster Kopfschmerz
Klinische Einsatzmöglichkeiten für zukünftige Forschungsschwerpunkte
In Anlehnung an O´Neill 2012
40
Tabelle 3 Administration des Capsaicin in unterschiedlichen pathophysiologischen Situationen
Rolle des Capsaicin Applikationsart Benefits
Schmerz topisch Schmerzreduktion
Gewichtsreduktion diätetisch Gesteigerte Thermogenese
Gesteigerte Lipidoxidation
TG Senkung bei
Stammfettsucht Mäusen
Krebs diätetisch Zellarrestierung
Apoptoseinduktion
Bsp: Mamma CA, Prostata
CA, Colon Carcinom
Kardiovaskulär diätetisch Verkleinerung der
Infarktzone
Antiaggregative Wirkung
Gastrointestinal diätetisch Absorptionsflächensteigerung
Ratten Dünndarm
Harnblase intravesikal Schmerzhafte Reizblase
Hyperaktive Reizblase
Dermatologisch topisch Histamin Juckreiz &
Psoriasis
Administration des Capsaicin in unterschiedlichen pathophysiologischen Situationen
In Anlehnung an O´Neill 2012
41
5 Diskussion
Die Einsatzmöglichkeiten des scharfen Wirkstoffes der Chilischote sind so vielseitig wie
die Treffer in der Literaturdatenbank Pubmed. Die Erstellung dieser Arbeit zeigte, dass
nicht nur die Schärfe oder das Brennen im Mundraum die Hauptwirkung des Capsaicin
sind. Von der molekularen und zellulären Ebene aus betrachtet sind die vielfältigen
Einsatzmöglichkeiten des Stoffes faszinierend. Die kontroversielle Beleuchtung des
Themas in Bezug auf karzinogene und antikarzinogene Effekte war sehr aufschlussreich.
Vor allem die proliferativen Effekte werden nur beiläufig in der aktuellen Literatur
erwähnt. Man könnte den Eindruck erhalten, dass Zellarrestierung und Apoptose
Induzierung mehr den Zeitgeist der Forschung treffen.
Topische Anwendung und Administration von Capsaicin stellen zur Zeit den gängigsten
Einsatz in der Klinik dar. Interessant waren aber auch die Zahlen und Fakten einzelner
Studien und deren Schlussfolgerungen. Die einmalige Applikation eines Schmerzpflasters
mit einer 30 minütigen Einwirkzeit und der folglichen zwölfwöchigen Schmerzreduktion
bei chronischem Schmerzsyndromen kann durchaus als eindrucksvoll bezeichnet werden.
Auch das Capsaicin Analog Resiniferatoxin, welches als molekulares Skalpell bezeichnet
wird, weil es dosisabhängig eine vollkommene Schmerzfreiheit mit einhergehender
vollständiger reversibler Defunktionalisierung der Neurone verursachen kann, kann als
interessant bezeichnet werden. Aus den Grundlagen der Physiologie war zwar bekannt,
dass es einen TRPV1 Rezeptor gibt, aber all seine Expressionsorte bieten ein Spektrum
variabelster Möglichkeiten. Im klinischen Alltag findet Capsaicin aus eigener Sicht nur als
Add-on Therapeutikum Einsatz. In erster Linie werden Analgetika vom NSAR Typ oder
gar aus der Gruppe der Opioidanalgetika verwendet.
Anhand der Erläuterung der Tiermodelle konnte ersichtlich gemacht werden,wie
wissenschaftliches deduktives Handeln sich vollzieht. Die Capsaicin-Injektionsversuche an
Ratten, Mäusen und Primaten stellten zwar eine moralische Bedenklichkeit dar, aber lassen
keinen Zweifel über den wissenschaftlichen Nutzen erkennen. Interessant ist der Aspekt
der Deutung und der Interpretation anhand der tierischen Verhaltensweisen nach
Applikation. In weiterer Folge ist die experimentelle Aufschlüsselung durch Knock-out
Mäusestämme oder Zellkulturen mit definierten Rezeptoraktivitäten/-affinitäten,
unerlässlich.
42
Dass die klinische Forschung zum Thema Capsaicin keinen Stillstand erfährt wird
spätestens dann klar, wenn von medizinsichen Literatur- Datenbanken die
Suchergebnissfülle und Veröffentlichungsdaten verglichen werden. Das Wissen um
gegebene Effekte wie der Schmerztherapie bei chronischen Post-Zoster Neuralgie oder
diabetischen polyneuropathischen Schmerzsyndrom, bieten auch pharmakologisch gesehen
vielerlei Impressionen.
Bei der topischen Administration sollte ein strikter Algorithmus in der Anwendung
eingehalten werden, nicht nur um den Selbstschutz zu gewährleisten und um eine richtige
Anwendung zu ermöglichen. Vor Applikation sind Handschuhe, auch zum Selbstschutz,
und Lokalanästhetikum als Applikationsvorbereitung zur Pflasteranwendung
unumgänglich. Interessant ist auch die neue Möglichkeit, die zu behandelnden Hautareale
mit Coolpacks vorzubehandeln. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse können in Zukunft
eine alternative Administrationsform darstellen.
Ein besonders limitierender Faktor stellt die kurze Halbwertszeit dar. Deshalb erklärt sich
auch die topische Administration bei lokalen Schmerzen. Wie aus dem pharmakologischen
Abschnitt ersichtlich, konnte anhand signifikanter Daten die HWZ und deren Korrelation
zur Plasmakonzentration beleuchtet werden.
Mit dem Schmerzpflaster Qutenza® steht der aktuellen klinischen Therapie ein potentes
gut verträgliches und wirksames Therapeutikum zur Verfügung. Auch wenn die Dosierung
von 8% unter gegebenen Umständen auf eine Großzahl von Patienten, mit
unterschiedlichen körperlichen Eigenschaften, gleichermaßen angewandt wird, überrascht
es doch welch niedrige P-Werte in klinischen Studien veröffentlicht werden. Da aber bei
vielen Studien der Placebo Kontrollwert nur bedingte Aussagekraft besitzt, müssen Daten
auch kritisch hinterfragt werden. Da das Erythem des Pflasters dem Probanden signalisiert,
er hat das Capsaicin Präparat, kann davon ausgegangen werden, dass eine
Verblindung/Objektivierung somit nur bedingt vorliegt.
Die TRP Rezeptor Exprimierung an unterschiedlichsten Stellen des menschlichen Körpers
lassen nur erahnen, welches Potenzial im TRP System noch schlummert. In dieser Arbeit
wurden einzelne Effektor Orte angegeben, von bildlich gesprochenen A wie Atemwegs-
Effekt bis hin zu Z wie (post) Zosterneuropathien.
Vom ursprünglichen Gewürz bis hin zum Hightech- Pflaster mit ausgeklügelten
Applikationskammern und retardierenden bioverfügbaren molekularen Verbindungen hat
diese Arbeit einen Einblick in die Thematik der Capsaicinforschung und –anwendung
gegeben.
43
6 Literaturverzeichnis:
Adams, M. J., K. D. Ahuja, and D. P. Geraghty
2009 Effect of capsaicin and dihydrocapsaicin on in vitro blood coagulation and platelet
aggregation. Thromb Res 124(6):721-3.
Aguiar, D. C., et al.
2014 Modulation of defensive behavior by Transient Receptor Potential Vanilloid Type-1
(TRPV1) Channels. Neurosci Biobehav Rev.
Ahern, G. P., et al.
2005 Extracellular cations sensitize and gate capsaicin receptor TRPV1 modulating pain
signaling. J Neurosci 25(21):5109-16.
Akabori, H., et al.
2007 Transient receptor potential vanilloid 1 antagonist, capsazepine, improves survival in a rat
hemorrhagic shock model. Ann Surg 245(6):964-70.
Anand, P., and K. Bley
2011 Topical capsaicin for pain management: therapeutic potential and mechanisms of action of
the new high-concentration capsaicin 8% patch. Br J Anaesth 107(4):490-502.
Anon
2013 clinical trials.
Aranda, F. J., J. Villalain, and J. C. Gomez-Fernandez
1995 Capsaicin affects the structure and phase organization of phospholipid membranes.
Biochim Biophys Acta 1234(2):225-34.
Babbar, S., et al.
2009 Pharmacokinetic analysis of capsaicin after topical administration of a high-concentration
capsaicin patch to patients with peripheral neuropathic pain. Ther Drug Monit 31(4):502-10.
Back, S. K., et al.
2012 Chronically relapsing pruritic dermatitis in the rats treated as neonate with capsaicin; a
potential rat model of human atopic dermatitis. J Dermatol Sci 67(2):111-9.
Baumann, T. K., et al.
1991 Neurogenic hyperalgesia: the search for the primary cutaneous afferent fibers that
contribute to capsaicin-induced pain and hyperalgesia. J Neurophysiol 66(1):212-27.
Bode, A. M., and Z. Dong
2011 The two faces of capsaicin. Cancer Res 71(8):2809-14.
Brown, S., et al.
2013 NGX-4010, a capsaicin 8% patch, for the treatment of painful HIV-associated distal
sensory polyneuropathy: integrated analysis of two phase III, randomized, controlled trials. AIDS
Res Ther 10(1):5.
Caterina, M. J., et al.
1999 A capsaicin-receptor homologue with a high threshold for noxious heat. Nature
398(6726):436-41.
Caterina, M. J., et al.
1997 The capsaicin receptor: a heat-activated ion channel in the pain pathway. Nature
389(6653):816-24.
Chancellor, M. B., and W. C. de Groat
1999 Intravesical capsaicin and resiniferatoxin therapy: spicing up the ways to treat the
overactive bladder. J Urol 162(1):3-11.
Chanda, S., et al.
2008 In vitro hepatic and skin metabolism of capsaicin. Drug Metab Dispos 36(4):670-5.
Chen, Q., et al.
2013 [Vasodilating effect of capsaicin on rat mesenteric artery and its mechanism]. Zhejiang Da
Xue Xue Bao Yi Xue Ban 42(2):177-83.
Clapham, D. E.
2003 TRP channels as cellular sensors. Nature 426(6966):517-24.
Colburn, R. W., et al.
2007 Attenuated cold sensitivity in TRPM8 null mice. Neuron 54(3):379-86.
Collier, J. G., and R. W. Fuller
44
1984 Capsaicin inhalation in man and the effects of sodium cromoglycate. Br J Pharmacol
81(1):113-7.
Cosens, D. J., and A. Manning
1969 Abnormal electroretinogram from a Drosophila mutant. Nature 224(5216):285-7.
Cristino, L., et al.
2006 Immunohistochemical localization of cannabinoid type 1 and vanilloid transient receptor
potential vanilloid type 1 receptors in the mouse brain. Neuroscience 139(4):1405-15.
Davidson, S., et al.
2007 The itch-producing agents histamine and cowhage activate separate populations of primate
spinothalamic tract neurons. J Neurosci 27(37):10007-14.
De Petrocellis, L., et al.
2011 N-palmitoyl-vanillamide (palvanil) is a non-pungent analogue of capsaicin with stronger
desensitizing capability against the TRPV1 receptor and anti-hyperalgesic activity. Pharmacol Res
63(4):294-9.
Dhaka, A., V. Viswanath, and A. Patapoutian
2006 Trp ion channels and temperature sensation. Annu Rev Neurosci 29:135-61.
Donnerer, J., and R. Amann
1990 Capsaicin-evoked neuropeptide release is not dependent on membrane potential changes.
Neurosci Lett 117(3):331-4.
Dornelles, F. N., et al.
2014 Role of CXCR2 and TRPV1 in functional, inflammatory and behavioural changes in the rat
model of cyclophosphamide-induced haemorrhagic cystitis. Br J Pharmacol 171(2):452-67.
Dougherty, P. M., and W. D. Willis
1992 Enhanced responses of spinothalamic tract neurons to excitatory amino acids accompany
capsaicin-induced sensitization in the monkey. J Neurosci 12(3):883-94.
Dougherty, P. M., W. D. Willis, and F. A. Lenz
1998 Transient inhibition of responses to thermal stimuli of spinal sensory tract neurons in
monkeys during sensitization by intradermal capsaicin. Pain 77(2):129-36.
Ericson, A., et al.
2009 The effects of capsaicin on gastrin secretion in isolated human antral glands: before and
after ingestion of red chilli. Dig Dis Sci 54(3):491-8.
Fang, J. Y., et al.
2005 Electrically-assisted skin permeation of two synthetic capsaicin derivatives, sodium
nonivamide acetate and sodium nonivamide propionate, via rate-controlling polyethylene
membranes. Biol Pharm Bull 28(9):1695-701.
Foster, H. E., Jr., and A. G. Lake
2014 Use of vanilloids in urologic disorders. Prog Drug Res 68:307-17.
Gamse, R.
1982 Capsaicin and nociception in the rat and mouse. Possible role of substance P. Naunyn
Schmiedebergs Arch Pharmacol 320(3):205-16.
Ghilardi, J. R., et al.
2005 Selective blockade of the capsaicin receptor TRPV1 attenuates bone cancer pain. J
Neurosci 25(12):3126-31.
Girtler, R., H. Kloimstein, and B. Gustorff
2013 [Pronounced symptom deterioration in complex regional pain syndrome type II after
isolated application of a highly concentrated capsaicin patch. A case report]. Schmerz 27(1):67-71.
Gonzalez-Reyes, L. E., et al.
2013 TRPV1 antagonist capsazepine suppresses 4-AP-induced epileptiform activity in vitro and
electrographic seizures in vivo. Exp Neurol 250:321-32.
Gooding, S. M., et al.
2010 Systematic review of topical capsaicin in the treatment of pruritus. Int J Dermatol
49(8):858-65.
Harper, A. G., S. L. Brownlow, and S. O. Sage
2009 A role for TRPV1 in agonist-evoked activation of human platelets. J Thromb Haemost
7(2):330-8.
Holzer, P.
2008 The pharmacological challenge to tame the transient receptor potential vanilloid-1 (TRPV1)
nocisensor. Br J Pharmacol 155(8):1145-62.
Iwai, K., et al.
1979 Simultaneous microdetermination of capsaicin and its four analogues by using high-
performance liquid chromatography and gas chromatography--mass spectrometry. J Chromatogr
172:303-11.
45
Jancso-Gabor, A., J. Szolcsanyi, and N. Jancso
1970 Stimulation and desensitization of the hypothalamic heat-sensitive structures by capsaicin
in rats. J Physiol 208(2):449-59.
Johansson, A., et al.
2006 Relationship between self-reported odor intolerance and sensitivity to inhaled capsaicin:
proposed definition of airway sensory hyperreactivity and estimation of its prevalence. Chest
129(6):1623-8.
Jordt, S. E., and D. Julius
2002 Molecular basis for species-specific sensitivity to "hot" chili peppers. Cell 108(3):421-30.
Julius, D.
2013 TRP channels and pain. Annu Rev Cell Dev Biol 29:355-84.
Jung, J., et al.
2004 Phosphorylation of vanilloid receptor 1 by Ca2+/calmodulin-dependent kinase II regulates
its vanilloid binding. J Biol Chem 279(8):7048-54.
Kang, J. H., et al.
2010 Dietary capsaicin reduces obesity-induced insulin resistance and hepatic steatosis in obese
mice fed a high-fat diet. Obesity (Silver Spring) 18(4):780-7.
Kang, J. H., et al.
2011 Dietary capsaicin attenuates metabolic dysregulation in genetically obese diabetic mice. J
Med Food 14(3):310-5.
Kasting, G. B., et al.
1997 Percutaneous absorption of vanilloids: in vivo and in vitro studies. J Pharm Sci 86(1):142-
6.
Kawada, T., et al.
1984 Gastrointestinal absorption and metabolism of capsaicin and dihydrocapsaicin in rats.
Toxicol Appl Pharmacol 72(3):449-56.
Kedei, N., et al.
2001 Analysis of the native quaternary structure of vanilloid receptor 1. J Biol Chem
276(30):28613-9.
Knotkova, H., M. Pappagallo, and A. Szallasi
2008 Capsaicin (TRPV1 Agonist) therapy for pain relief: farewell or revival? Clin J Pain
24(2):142-54.
Koplas, P. A., R. L. Rosenberg, and G. S. Oxford
1997 The role of calcium in the desensitization of capsaicin responses in rat dorsal root ganglion
neurons. J Neurosci 17(10):3525-37.
Lee, G. R., et al.
2012 Topical application of capsaicin reduces visceral adipose fat by affecting adipokine levels
in high-fat diet (HFD)-induced obese mice. Obesity (Silver Spring).
Lee, I., et al.
2007a The role of reactive oxygen species in capsaicin-induced mechanical hyperalgesia and in
the activities of dorsal horn neurons. Pain 133(1-3):9-17.
Lee, Y. S., et al.
2007b Influence of topical capsaicin on facial sensitivity in response to experimental pain. J Oral
Rehabil 34(1):9-14.
Li, D., et al.
2008 Sensitization of primary afferent nociceptors induced by intradermal capsaicin involves the
peripheral release of calcitonin gene-related Peptide driven by dorsal root reflexes. J Pain
9(12):1155-68.
Lin, C. H., et al.
2013 Capsaicin induces cell cycle arrest and apoptosis in human KB cancer cells. BMC
Complement Altern Med 13:46.
Lin, Q., et al.
2007 Roles of TRPV1 and neuropeptidergic receptors in dorsal root reflex-mediated neurogenic
inflammation induced by intradermal injection of capsaicin. Mol Pain 3:30.
Liu, M., et al.
1998 The human capsaicin model of allodynia and hyperalgesia: sources of variability and
methods for reduction. J Pain Symptom Manage 16(1):10-20.
Liu, N. C., et al.
2012 Capsaicin-mediated tNOX (ENOX2) up-regulation enhances cell proliferation and
migration in vitro and in vivo. J Agric Food Chem 60(10):2758-65.
Lopez-Carrillo, L., et al.
46
2012 Capsaicin consumption, Helicobacter pylori CagA status and IL1B-31C>T genotypes: a
host and environment interaction in gastric cancer. Food Chem Toxicol 50(6):2118-22.
Ludy, M. J., G. E. Moore, and R. D. Mattes
2012 The effects of capsaicin and capsiate on energy balance: critical review and meta-analyses
of studies in humans. Chem Senses 37(2):103-21.
Luongo, L., et al.
2012 Palvanil, a non-pungent capsaicin analogue, inhibits inflammatory and neuropathic pain
with little effects on bronchopulmonary function and body temperature. Pharmacol Res 66(3):243-
50.
Ma, L., et al.
2014 Nicotinic Acid Activates the Capsaicin Receptor TRPV1: Potential Mechanism for
Cutaneous Flushing. Arterioscler Thromb Vasc Biol 34(6):1272-80.
Maggi, C. A., and A. Meli
1988 The sensory-efferent function of capsaicin-sensitive sensory neurons. Gen Pharmacol
19(1):1-43.
Maihofner, C. G., and M. L. Heskamp
2014 Treatment of peripheral neuropathic pain by topical capsaicin: Impact of pre-existing pain
in the QUEPP-study. Eur J Pain 18(5):671-9.
Mason, L., et al.
2004 Systematic review of topical capsaicin for the treatment of chronic pain. BMJ
328(7446):991.
Meddings, J. B., et al.
1991 Capsaicin effects on non-neuronal plasma membranes. Biochim Biophys Acta 1070(1):43-
50.
Mishra, S. K., et al.
2011 TRPV1-lineage neurons are required for thermal sensation. EMBO J 30(3):582-93.
Mitchell, J. E., et al.
2005 Expression and characterization of the intracellular vanilloid receptor (TRPV1) in bronchi
from patients with chronic cough. Exp Lung Res 31(3):295-306.
Mittelstadt, S. W., et al.
2012 Capsaicin-induced inhibition of platelet aggregation is not mediated by transient receptor
potential vanilloid type 1. Blood Coagul Fibrinolysis 23(1):94-7.
Mohapatra, D. P., and C. Nau
2003 Desensitization of capsaicin-activated currents in the vanilloid receptor TRPV1 is
decreased by the cyclic AMP-dependent protein kinase pathway. J Biol Chem 278(50):50080-90.
Mori, A., et al.
2006 Capsaicin, a component of red peppers, inhibits the growth of androgen-independent, p53
mutant prostate cancer cells. Cancer Res 66(6):3222-9.
Mou, J., et al.
2014 Qutenza (capsaicin) 8% patch onset and duration of response and effects of multiple
treatments in neuropathic pain patients. Clin J Pain 30(4):286-94.
Nolano, M., et al.
1999 Topical capsaicin in humans: parallel loss of epidermal nerve fibers and pain sensation.
Pain 81(1-2):135-45.
O'Neill, J., et al.
2012 Unravelling the mystery of capsaicin: a tool to understand and treat pain. Pharmacol Rev
64(4):939-71.
Okumura, T., et al.
2012 Effect of caffeine and capsaicin on the blood glucose levels of obese/diabetic KK-A(y)
mice. J Oleo Sci 61(9):515-23.
Peppin, J. F., and M. Pappagallo
2014 Capsaicinoids in the treatment of neuropathic pain: a review. Ther Adv Neurol Disord
7(1):22-32.
Prakash, U. N., and K. Srinivasan
2013 Enhanced intestinal uptake of iron, zinc and calcium in rats fed pungent spice principles--
piperine, capsaicin and ginger (Zingiber officinale). J Trace Elem Med Biol 27(3):184-90.
Pramanik, K. C., and S. K. Srivastava
2012 Apoptosis signal-regulating kinase 1-thioredoxin complex dissociation by capsaicin causes
pancreatic tumor growth suppression by inducing apoptosis. Antioxid Redox Signal 17(10):1417-32.
Prescott, E. D., and D. Julius
2003 A modular PIP2 binding site as a determinant of capsaicin receptor sensitivity. Science
300(5623):1284-8.
47
Raghavendra, R. H., and K. A. Naidu
2009 Spice active principles as the inhibitors of human platelet aggregation and thromboxane
biosynthesis. Prostaglandins Leukot Essent Fatty Acids 81(1):73-8.
Ralevic, V., et al.
2000 Vanilloid receptors on capsaicin-sensitive sensory nerves mediate relaxation to
methanandamide in the rat isolated mesenteric arterial bed and small mesenteric arteries. Br J
Pharmacol 130(7):1483-8.
Ramsey, I. S., M. Delling, and D. E. Clapham
2006 An introduction to TRP channels. Annu Rev Physiol 68:619-47.
Reilly, C. A., and G. S. Yost
2006 Metabolism of capsaicinoids by P450 enzymes: a review of recent findings on reaction
mechanisms, bio-activation, and detoxification processes. Drug Metab Rev 38(4):685-706.
Sasahara, I., et al.
2010 Assessment of the biological similarity of three capsaicin analogs (Capsinoids) found in
non-pungent chili pepper (CH-19 Sweet) fruits. Biosci Biotechnol Biochem 74(2):274-8.
Schultz, H. D., and E. E. Ustinova
1998 Capsaicin receptors mediate free radical-induced activation of cardiac afferent endings.
Cardiovasc Res 38(2):348-55.
Sekine, R., et al.
2012 Anti pruritic effects of topical crotamiton, capsaicin, and a corticosteroid on pruritogen-
induced scratching behavior. Exp Dermatol 21(3):201-4.
Sharma, S. K., A. S. Vij, and M. Sharma
2013 Mechanisms and clinical uses of capsaicin. Eur J Pharmacol 720(1-3):55-62.
Sikand, P., et al.
2009 Similar itch and nociceptive sensations evoked by punctate cutaneous application of
capsaicin, histamine and cowhage. Pain 144(1-2):66-75.
Simone, D. A., et al.
1998 Intradermal injection of capsaicin in humans produces degeneration and subsequent
reinnervation of epidermal nerve fibers: correlation with sensory function. J Neurosci 18(21):8947-
59.
Simpson, D. M., et al.
2014 NGX-4010, a capsaicin 8% dermal patch, for the treatment of painful HIV-associated distal
sensory polyneuropathy: results of a 52-week open-label study. Clin J Pain 30(2):134-42.
Sluka, K. A., et al.
1997a Capsaicin-induced sensitization of primate spinothalamic tract cells is prevented by a
protein kinase C inhibitor. Brain Res 772(1-2):82-6.
Snitker, S., et al.
2009 Effects of novel capsinoid treatment on fatness and energy metabolism in humans: possible
pharmacogenetic implications. Am J Clin Nutr 89(1):45-50.
Starowicz, K., L. Cristino, and V. Di Marzo
2008 TRPV1 receptors in the central nervous system: potential for previously unforeseen
therapeutic applications. Curr Pharm Des 14(1):42-54.
Steagall, R. J., et al.
2012 Substance P release in response to cardiac ischemia from rat thoracic spinal dorsal horn is
mediated by TRPV1. Neuroscience 214:106-19.
Steinberg, X., C. Lespay-Rebolledo, and S. Brauchi
2014 A structural view of ligand-dependent activation in thermoTRP channels. Front Physiol
5:171.
Stewart, A. G., D. C. Thompson, and M. R. Fennessy
1984 Involvement of capsaicin-sensitive afferent neurones in a vagal-dependent interaction
between leukotriene D4 and histamine on bronchomotor tone. Agents Actions 15(5-6):500-8.
Sylvester, D. M., and T. R. LaHann
1989 Effects of capsaicinoids on platelet aggregation. Proc West Pharmacol Soc 32:95-100.
Szallasi, A., and P. M. Blumberg
1999 Vanilloid (Capsaicin) receptors and mechanisms. Pharmacol Rev 51(2):159-212.
Toh, C. C., T. S. Lee, and A. K. Kiang
1955 The pharmacological actions of capsaicin and analogues. Br J Pharmacol Chemother
10(2):175-82.
Tominaga, M.
2008 [Capsaicin receptor TRPV1]. Brain Nerve 60(5):493-501.
Touska, F., et al.
2011 A "cute" desensitization of TRPV1. Curr Pharm Biotechnol 12(1):122-9.
48
Ufret-Vincenty, C. A., et al.
2011 Localization of the PIP2 sensor of TRPV1 ion channels. J Biol Chem 286(11):9688-98.
Vellani, V., et al.
2001 Protein kinase C activation potentiates gating of the vanilloid receptor VR1 by capsaicin,
protons, heat and anandamide. J Physiol 534(Pt 3):813-25.
Venkatachalam, K., and C. Montell
2007 TRP channels. Annu Rev Biochem 76:387-417.
Wang, X., R. L. Miyares, and G. P. Ahern
2005 Oleoylethanolamide excites vagal sensory neurones, induces visceral pain and reduces
short-term food intake in mice via capsaicin receptor TRPV1. J Physiol 564(Pt 2):541-7.
Wang, Z. Y., et al.
2008 Lack of TRPV1 inhibits cystitis-induced increased mechanical sensitivity in mice. Pain
139(1):158-67.
Wasner, G., et al.
2004 Topical menthol--a human model for cold pain by activation and sensitization of C
nociceptors. Brain 127(Pt 5):1159-71.
Yan, J. Y., et al.
2006 Intradermal injection of capsaicin induces acute substance P release from rat spinal cord
dorsal horn. Neurosci Lett 410(3):183-6.
Yang, J., et al.
2013 Low-concentration capsaicin promotes colorectal cancer metastasis by triggering ROS
production and modulating Akt/mTOR and STAT-3 pathways. Neoplasma 60(4):364-72.
Yang, K., et al.
2003 Alterations in primary afferent input to substantia gelatinosa of adult rat spinal cord after
neonatal capsaicin treatment. J Neurosci Res 74(6):928-33.
Yang, X., et al.
2010 Similar and different effects of capsaicin and resiniferatoxin on substance P release and
transient receptor potential vanilloid type 1 expression of cultured rat dorsal root ganglion neurons.
Methods Find Exp Clin Pharmacol 32(1):3-11.
Yu, C. S.
2011 Study on HIF-1alpha Gene Translation in Psoriatic Epidermis with the Topical Treatment
of Capsaicin Ointment. ISRN Pharm 2011:821874.
Zhang, J. H., et al.
2013 Involvement of the phosphoinositide 3-kinase/Akt pathway in apoptosis induced by
capsaicin in the human pancreatic cancer cell line PANC-1. Oncol Lett 5(1):43-48.
Zhang, X., et al.
2005 Protein phosphatase modulates the phosphorylation of spinal cord NMDA receptors in rats
following intradermal injection of capsaicin. Brain Res Mol Brain Res 138(2):264-72.
Zou, X., Q. Lin, and W. D. Willis
2001 NMDA or non-NMDA receptor antagonists attenuate increased Fos expression in spinal
dorsal horn GABAergic neurons after intradermal injection of capsaicin in rats. Neuroscience
106(1):171-82.
Zygmunt, P. M., D. A. Andersson, and E. D. Hogestatt
2002 Delta 9-tetrahydrocannabinol and cannabinol activate capsaicin-sensitive sensory nerves
via a CB1 and CB2 cannabinoid receptor-independent mechanism. J Neurosci 22(11):4720-7.