Post on 24-Feb-2016
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PSYCHOLINGUISTIKREFERAT VON SELINA MASCHLANKA
UND ANNA SCHNEIDER
Centering Theorie (Grosz et al.)
Für Un: Cb (Un) = a, Cf(Un) = (e1, e2,… ep),
a = ek , for some k.
Für Un+1: Cb (Un+1) realisiert em und für
alle j, j<m, e ist nicht realisiert in Un+1;
z.B.: em ist realisiert in Un+1 und kein
höher platziertes ej ist realisiert in Un+1.
Gliederung
1. Hintergund2. Phänomene, die erklärt werden müssen3. Basisdefinitionen über Centers4. Behauptungen der Centering Theorie
1. Hintergrund
1983Entwickelt von Barbara J. Grosz, Aravind K. Joshi und Scott Weinstein
Behauptung: Bestimmte Entitäten, die in Äußerungen erwähnt sind, sind zentraler als andere und diese Eigenschaft legt dem Gebrauch von referentiellen Ausdrücken Bedingungen auf.
(„certain entities mentioned in an utterance were more central than others and this property imposed constraints on a speaker‘s use of different types of referring expressions“ Grosz et al., S. 205)
Theorie wurde von vielen Wissenschaftlern erweitert oder revidiert
1.2 Theorie der Gesprächsstruktur von Grosz und Sidner
Gespräch/Diskurs
Linguistic stucture
Intentional structure
Attentional state
1.2.1 linguistic Structure
Struktur der Sequenz (Abfolge) von Äußerungen Diese Äußerungen sind in sog. discourse segments (DS)
enthaltenEin Segment kann in ein anderes Segment eingebettet
sein
Segmente bestimmen, worauf die Aufmerksamkeit gerichtet wird
DS1 DS
2DS3
DS4 DS5
1.2.2 intentional structure
Die Struktur der Ziele/AbsichtenJeder Diskurs hat eine allgemeine kommunikative
Absicht: discourse purpose (DP)Auch jedes Segment besitzt eine Absicht: discourse
segment purpose (DSP); diese muss der Verwirklichung des DP‘s dienen
DPs und DSPs müssen vom Hörer erkannt werden, um den vom Sprecher beabsichtigten Effekt zu haben
Absichten erlauben zu bestimmen ob ein Diskurs kohärent ist
1.2.2 intentional structure
Es existieren zwei strukturelle Relationen zwischen DSPs:
1. dominance :Wenn die Erfüllung von DSP1 zur Erfüllung von DSP2 beiträgt, sagt man: - DSP1 trägt zu DSP2 bei und - DSP2 dominiert DSP1 DSP2 DOM DSP1 dominance-hierarchy
1.2.2 intentional structure
Jedes Diskurssegment besitzt eine lokale und eine globale Kohärenz
Lokal: Kohärenz innerhalb eines SegmentsGlobal: Kohärenz mit anderen Segmenten im
Diskurs
1.2.2 intentional structure
2. satisfaction-precedence:Wenn die Reihenfolge, in der die DSPs erfüllt werden, signifikant ist, sagt man auch:- DSP1 satisfaction-preceds DSP2 DSP1 SP DSP2- d.h. DSP1 muss vor DSP2 erfüllt sein
Die Kommunikationspartner müssen die strukturellen
Relationen zwischen den einzelnen Absichten verstehen.
1.2.3 attentional state
AufmerksamkeitszustandVerzeichnet die hervorstechendsten thematischen
Elemente des Diskurses/SegmentesFokusräumeStacks ???Pushes und popsZwei Komponenten (korrespondierend zur lokalen und
globalen Kohärenz bei intentional structure) - lokales Level: Wechsel des Aufmerksamkeitsfokuses
innerhalb eines Segments - globales Level: Wechsel des Aufmerksamkeitsfokuses
zwischen verschiedenen Segmenten
Centering Theorie befasst sich mit dem lokalen Level des attentional state
Diskurs
DS3
DS4
global
global
lokal
DS1
DS2
DS5
1.3 Ziel von Grosz, Joshi und Weinstein
Beziehung zwischen Kohärenz und Inferenz(Schlussfolgerung) untersuchen und wie diese beiden mit dem Aufmerksamkeitszustand (attentional state) und der Wahl linguistischer Ausdrücke zusammenhängen
Klares Konzept zur Centering Theorie liefern (Motivation, Basisdefinitionen, Grundwesen, … ) weil sie schon so oft verändert wurde
2. Phänomene, die erklärt werden müssen
Ein Gespräch ist also nicht nur eine bloße Abfolge von Äußerungen, sondern es muss Kohärenz zwischen diesen Äußerungen vorhanden sein.
Hergestellt wird diese Kohärenz von linguistischen und attentional state – Faktoren.
Je nach Benutzung dieser Faktoren kann ein Diskurs kohärent oder weniger kohärent sein.
2. Phänomene, die erklärt werden müssen
(1) a. John ging zu seinem Lieblingsmusikladen um ein Klavier zu kaufen. b. Er hat diesen Laden vor einigen Jahren regelmäßig besucht. c. Er war aufgeregt, dass er sich endlich ein Klavier kaufen konnte.d. Er kam gerade an, als der Laden schloss.
(2) a. John ging zu seinem Lieblingsmusikladen um ein Klavier zu kaufen.
b. Es war ein Laden den John vor einigen Jahren regelmäßig besucht hat. c. Er war aufgeregt, dass er endlich ein Klavier kaufen konnte. d. Er schloss gerade als John kam.
2. Phänomene, die erklärt werden müssen
(1) a. John ging zu seinem Lieblingsmusikladen um ein Klavier zu kaufen. b. Er hat diesen Laden vor einigen Jahren regelmäßig besucht. c. Er war aufgeregt, dass er sich endlich ein Klavier kaufen konnte.d. Er kam gerade an, als der Laden schloss.
(2) a. John ging zu seinem Lieblingsmusikladen um ein Klavier zu kaufen. b. Es war ein Laden den John vor einigen Jahren regelmäßig besucht hat. c. Er war aufgeregt, dass er endlich ein Klavier kaufen konnte. d. Er schloss gerade als John kam.
2. Phänomene, die erklärt werden müssen
Welcher Diskurs ist kohärenter? Diskurs (1)
Warum? es gibt nur ein Zentrum: John in (2) gibt es zwei Zentren: John und der Laden
In (2b) ist der Laden Zentrum; wenn Leser (2a) so interpretiert, dass dort John Zentrum ist Zentrenwechsel.
Denkt er aber, dass der Laden Zentrum ist kein Zentrenwechsel. ABER dann Wechsel zwischen (2b) und (2c) und wiederum von (2c) zu (2d).
Diese ganze Wechsel über die “aboutness“ („flipping it back or forth“, Grosz et al.) machen einen Diskurs weniger kohärent.
2. Phänomene, die erklärt werden müssen
Fazit:
Diskurs (1) und (2) überliefen den gleichen Inhalt nur auf unterschiedliche Art und Weise.
Grund: Gebrauch von unterschiedlichen referentiellen Ausdrücken und unterschiedlichen syntaktischen Formen.
Unterschiedliche Kohärenzen zwischen den Äußerungen entstehen kann bei Sprecher und Hörer unterschiedliche Schlussfolgerungen (Inferenzen) erzielen.
2. Phänomene, die erklärt werden müssen
Feststellung von Grosz, Joshi und Weinstein: Pronomen und „definite descriptions“ sind nicht äquivalent in ihrer Auswirkung auf Kohärenz („Pronouns and definite descriptions are not equivalent with respect to their effect on coherence.“ Grosz et al.)
Grund: sie erzeugen beim Hörer und beim Sprecher verschiedene Schlusfolgerungen.
(3) a. Peter baut manchmal wirklich Mist. b. Gestern war ein wunderschöner Tag und er freute sich sein neues Segelboot zu testen. c. Er wollte, das Tony ihn auf ein Segelausflug begleitet. d. Er rief ihn um 6 Uhr an. e. Er war verärgert und wütend, so früh geweckt zu werden.
2. Phänomene, die erklärt werden müssen
Mit dem Gebrauch eines Pronomens (Er) in (e) verwirrt der Sprecher den Hörer.
In Äußerung (d) war Peter das Aufmerksamkeitszentrum und ist daher auch der bevorzugteste Referent für „Er“ in (e).
Allein durch das Wort „verärgert“ wird klar, dass Tony gemeint ist.
Besser wäre: e‘. Tony war verärgert und wütend, so früh geweckt zu werden.
Die Form eines referentiellen Ausdrucks beeinflusst wesentlich die Information, die wir aus einem Gespräch filtern.
3. Basisdefinitionen über Center
3.1 Begriff „Center“:Ein „Center“ ist die Entität, die Äußerungen innerhalb
eines Diskurssegments miteinander verkoppelt.Nur eine Äußerung und kein isolierter Satz kann einen
Center enthalten, da ein gleicher Satz - in verschiedenen Gesprächssituationen geäußert - verschiedene Center haben kann.
Center sind Gesprächskonstruktionen und semantische Objekte/Gegenstände (oder Subjekte/Agens).
Center sind keine Wörter, Sätze oder syntaktische Funktionen.
3. Basisdefinitionen über Centers
3.2 Forward- und backward-looking Centers:
Jeder Äußerung (=utterance) U in einem Gesprächsabschnitt (= discourse segment) DS wird ein Set von „forward-looking centers“ Cf (U; DS) zugeteilt.
Jeder Äußerung, die nicht die Anfangsäußerung des jeweiligen Segments ist, wird genau ein „backward-looking center“ Cb (U, DS) zugeteilt.
(4) a. Anna mag Selina.
b. Sie hält mit ihr ein Referat.Wenn klar ist um welches Diskurssegment (DS) es sich handelt,
wird zur Vereinfachung das „DS“ weggelassen und man schreibt: Cf (U) und Cb (U)
3. Basisdefinitionen über Centers
Das backward-looking Center von Un+1 stimmt mit einem forward-looking Center von Un überein.
(4) a. Anna mag Selina. = Un forward-looking Centers: Anna und Selina
b. Sie hält mit ihr ein Referat. = Un+1 backward-looking Center: Sie Die forward-looking Center von Un können nur aus den
Ausdrücken bestehen, die in dieser Äußerung auch gemacht wurden (und nicht aus früheren Äußerungen).
Die Elemente des Sets von Cf sind in einer Rangliste nach relativer Prominenz geordnet.
(5) a. Anna1 mag Selina2 . Cf(Un): Anna; Selina Rangliste: Subjekt > dir. Objekt > ind. Objekt > Adverbial
3. Basisdefinitionen über Centers
Je höher ein Element „platziert“ ist in Cf, desto wahrscheinlicher wird es Cb der nächsten Äußerung Un+1 .
(6) a. Anna1 mag Selina2 . Cf(Un): Anna1; Selina2
b. Sie hält mit ihr ein Referat. Cb(Un+1): SieAnna
ABER: Es können auch Elemente, die nicht die präferiertesten waren ,Cb(Un+1) werden. ( Ausahmen)
3. Basisdefinitionen über Centers
3.3 „realisiert“ und „ realisiert direkt“:
Die Beziehung zwischen dem backward-looking Center und dem foward-looking Center kann verschiedenartig sein. Um diese verschiedene Arten zu beschreiben müssen zwei neue Relationen eingeführt werden: „realisiert“ und „realisiert direkt“
3.3 „realizes“ und „directly realizes“
U realisiert c, wenn U eine Äußerung eines Satzes ist, für den c die semantische Interpretation ist.
„realisiert“ ist eine Generalisierung von „realisiert direkt“. Diese Generalisierung ist wichtig zur Erfassung bestimmter Regularitäten beim Gebrauch von definite descriptions und Pronomen.
Ein Merkmal, das Centering von ähnlichen Theorien unterscheidet ist, dass das „Realisierungs-Verhältnis“ syntaktische, semantische, intentionale und Diskurs-Faktoren miteinander verbindet.
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3.4 Formel
Formel, mit der man sich auf Center einer Äußerung beziehen kann:
Für Un: Cb (Un) = a, Cf(Un) = (e1, e2,… ep), a = ek , for some k.
Für Un+1: Cb (Un+1) realisiert em und für alle j, j<m, e ist nicht realisiert in Un+1; z.B.: em ist realisiert in Un+1
und kein höher platziertes ej ist realisiert in Un+1.
e = Entität; was bedeuten k, j und m?
3.5 Transitionen
Drei Typen von Transitionen (bei Center)
1. Center Continuation (Kontinuiertheit): kein Wechsel der Center: Cb (Un+1) = Cb (Un), und diese Entität ist das höchstplazierte Element von Cf (Un+1). Deshalb ist Cb (Un+1) der beste Kandidat für Cb (Un+2) .
(7) a. Peter schenkte Lisa ein Buch.b. Er empfahl ihr es zu lesen. c. Er fragte sie, ob es ihr gefallen hat.
Cb Cf
% Peter, Lisa, BuchPeter Peter, Lisa, BuchPeter Peter, Lisa, Buch
3.5 Transitionen
2. Center Retaining (Abschwächung): Cb (Un+1) = Cb
(Un), aber diese Entität ist nicht das höchstplatzierte Element in Cf (Un+1). Deshalb ist Cb (Un+1) auch nicht der beste Kandidat für Cb
(Un+2).
(8) a. Peter schenkte Lisa ein Buch.b. Er empfahl ihr es zu lesen.c. Lisa fragte ihn ob er es schon gelesen hat.
Cb Cf
% Peter, Lisa, Buch
Peter Peter, Lisa, Buch
Peter Lisa, Peter, Buch
3.5 Transitionen
3. Center Shifting (Umlagerung): Cb (Un+1) ≠ Cb (Un); weder Continuation noch Reataining
(9) a.
Die Kohärenz eines Satzes hängt von der Art der Transitionen ab, die der Sprecher verwendet
4. Behauptungen der Centering Theorie
Ein einziges Cb : Jede Äußerung Un hat genau ein backward-looking Center!
Rangordnung von Cf : Die forward-looking Center sind in einer Rangordnung geordnet: Subjekt > dir. Objekt > ind. Objekt > Adverbial.
Centering beeinflusst Realisationsmöglichkeiten: Regel: wenn in Cf (Un) ein Pronomen auftritt, muss Cb (Un+1) auch als Pronomen realisiert werden. Vermutung: es existieren mehrere solcher Regel.
Es existieren Präferenzen zwischen Transitionen! Continuation bildet mehr Kohärenz als Retaining, Retaining mehr als Shifting.
4. Behauptungen der Centering Theorie
Primacy of partial information: Die Informationen, die gebraucht werden um eine Äußerung vollständig interpretieren zu können, können manchmal erst gegeben sein, wenn untergeordnete Äußerungen geäußert worden sind.
Lokalität von Cb (Un): Die Wahl eines backward-looking Centers stammt aus dem Set des vorherigen forward-looking Center. Deshalb ist Cb streng lokal und kann nicht aus dem Set von zwei Äußerungen (oder noch mehreren) vorher stammen!
Die Bestimmung der Center lässt sich nur durch eine Kombination aus syntaktischen, semantischen oder pragmatischen Faktoren vollziehen!
Quellen
http://www.zas.gwz-berlin.de/fileadmin/mitarbeiter/bertomeu/bertomeu_lehre_14.12.11.pdf (abgerufen am 26.02.2012)
Grosz, Barbara; Joshi, Aravind; Weinstein, Scott: Centering: A Framework for Modeling the Local Coherence of Discourse. 1995.