Post on 06-Apr-2015
Chronische Schmerzen
Gute – „schlechte“ Therapieansätze
15.Juni 2007 9.45 – 10.45 Uhr
International Association for the Study of Pain
„Schmerz ist ein unangenehmes Sinnes- oder Gefühlserlebnis, das mit tatsächlicher oder drohender Gewebeschädigung einhergeht oder von betroffenen Personen so beschrieben wird, als wäre eine solche Gewebeschädigung die Ursache.“
Das Schmerz-Kontinuum
• Hat Schutzfunktion
• Gewöhnlich offenkundiger noxischer Insult
• Hat keine Schutzfunktion
• Schädigt Gesundheit und Funktion
Akuter Schmerz
Insult
Chronischer Schmerz
≥ 3–6 Monate
Nozizeptiv versus neuropathisch
NeuropathischerSchmerz
NozizeptiverSchmerz
Migräne
Der nozizeptive Schmerz: Symptome
•Klopfen•Stechen•Steifheit
Nozizeptiver SchmerzDurch eine inflammatorische oder nicht nichtinflammatorische Antwort auf einen
noxischen Stimulus verursachter Schmerz
Klinik: neuropathischer Schmerz
Beispiele• Diabetische periphere Neuropathie (DPN)• Postchirurgische/posttraumatische
Nervenschädigung • Postherpetische Neuralgie (PHN)• Lumbale Radikulopathie • Postapoplektische Schmerzen
Neuropathischer SchmerzDurch eine Primärläsion oder
Dysfunktion im Peripheren oder Zentralen Nervensystem ausgelöster
oder verursachter Schmerz
Schmerz Management
Chronische Schmerzen
• Gute – „schlechte“ Therapieansätze
• Referentin: Monika Jaquenod
• Institut für Anästhesiologie USZ
• Interdisziplinäre Schmerzsprechstunde
• - Tumorschmerzen
• - chronische Schmerzen ausg. Kopfweh
OPIOID-INTERAKTIONEN IM ZNS
Cholecystokinin (CCK): Antiopioidpeptid
CCK-Antagonist verstärkt antinociceptive Opioidwirkung
CCK-Antagonist hebt Toleranz auf
CCK-Antagonist verhindert Toleranz bei primärer Coadministration mit Opioid
Calcium/Calmodulin-abhängige Protein Kinase II:
Inhibitor KN93 hebt Toleranz im Mausmodell auf
Glutamat
Calciumkanalströme
Gamma-Aminobuttersäure (GABA):
Protein Kinase A hebt chronisch Morphin-induzierte GABAerg vermittelte Toleranz in Tiermodellen auf
Enkephaline
Konklusion: Analgetika-Toleranz durch Opiatgebrauch ist multifaktoriell
OPIOID-NEBENWIRKUNGEN
Opioid-induzierte Hyperalgesie/Allodynie:NMDA-Rezeptorantagonist S-Ketamin: hebt Hyperalgesie auf
Endokrine Konsequenzen (bei Langzeitapplikation intrathekal):Hypogonadotropher Hypogonadismus
Opioide und das Immunsystem:Morphin Buprenorphin
Vermindert zelluläre Immunität ja nein
Obstipation: Fentanyl TTS OxycodonWahrscheinlichkeit 1 7.33
OPOID TOLERANZ UND HYPERALGESIE
- Angeborene Toleranz: genetisch determiniert, bei erster Anwendung- Erworbene Toleranz:
- pharmakodynamisch- pharmakokinetisch- erlernt
1. Pharmakodynamische Toleranz:- Wirkung des Opoids auf die Rezeptordichte
auf die Sensitivität des Opoidrezeptors (Desensitization) via NMDA-Rezeptor
2. Pharmakokinetische Toleranz:- Wirkung des Organismus auf Distribution und Metabolismus des Opoids nach wiederholten Applikationen, resultierend in erniedrigten Blut- und Wirkort- spiegeln
am häufigsten via erhöhte metabolische Rate
3. Erlernte Toleranz: konditionierte oder assoziative Toleranz (Sedation, Obstipation: Minimierung!)
KLINISCHE KONSEQUENZEN VON OPIOID-INDUZIERTER HYPERALGESIE(OIH)UND ANTINOZIZEPTIVER TOLERANZ
Verminderte Opioid-Wirkung = pharmakologische Toleranz ?Vorausgesetzt fehlende KrankheitsprogressionResultiert in Dosiseskalation.
Opioidtoleranz kann erstes Zeichen einer OIH sein: verlangt nach Dosisreduktion!
Abgesehen von Toleranz gibt es zwei weitere Mechanismen für verminderte Analgesie:1. - Erhöhte Aktivität nozizeptiver Pathways1.1. Vermehrte Aktivierung peripherer Nozizeptoren durch:
a) mechanische Faktoren (z.B. Tumorwachstum)b) biochemische Veränderungen (z.B. Entzündung)c) periphere neuropathische Prozesse (z.B. Neurombildung)
1.2. Vermehrte Aktivierung zentraler nozizeptiver Pathwaysdurch zentral neuropathische Prozesse
2. - Psychologische Vorgänge2.1. Erhöhter psychologischer Distress: Angststörung, Depression2.2. Veränderter kognitiver Status resultierend in:
a) veränderter Schmerzperzeptionb) Delirium
2.3. Schmerzkonditionierung unabhängig vom Medikament
KLINISCHE KONSEQUENZEN (II)
Opioid-induzierte Hyperalgesie (OIH) vs. vorbestehende Schmerzen
- Schmerzlevel ?- Schmerzcharakter ?- Neurostatus: Quantitative sensorische Tests- Unterdosierung: Dosissteigerung- OIH: Dosiseskalation führt zu Schmerzzunahme
Verschiedene Opioide und OIH:
- z.B. Morphin vs. Methadon
Praktisches Vorgehen bei Patienten mit Schmerzzunahmeunter Opioidtherapie
Ausschluss von Krankheitsprogression und psychologischen ProzessenDanach DD. Toleranz – OIH
Pragmatische Dosissteigerung:a) Schmerzen bessern: Toleranz wahrscheinlichb) Schmerzen bleiben gleich oder werden schlechter: OIH wahrscheinlichFalls b) Dosisreduktion bzw. Entwöhnung indiziert
Alternative: Opioid-Rotation - Dosierung niedriger als Aequipotenz
Ferner:Einsatz adjuvanter Schmerzmedikation zur Minimierung der erforderlichen Opioiddosis, womit Risiko für Toleranz und OIHgesenkt wird!Berücksichtigung der Pat.anamnese: Früheres Ansprechen auf Opiode?
OPIOID-ASSOZIIERTE SYNDROME
Körperliche Abhängigkeit:= Entzugssyndromnach a) abruptem Absetzen
b) übermässiger Dosisreduktionc) Gabe eines Antagonisten
Entzugssymptome:Ruhelosigkeit, Reizbarkeit, erhöhte Schmerzempfindlichkeit,Verlangen nach Opioid (craving), Nausea, Krämpfe, Myalgien,Dysphorie, Ängstlichkeit, SchlaflosigkeitEntzugserscheinungen:Schwitzen, Pilorektion, Tachykardie, Hypertension, Erbrechen, Diarrhoe,Mydriase, Gähnen, Fieber, Rhinorrhoe.
Sucht (Addiction):Verhaltensstörung mit zwanghaftem Gebrauch, Verlust der Selbstkontrolle,Sicherung des Nachschubs, hoher Rückfallgefahr nach Entzug.
Pseudosucht:Iatrogenes Syndrom von Verhaltensänderungen ähnlich der Sucht,jedoch hervorgerufen durch inadäquates Schmerzmanagement.