Compliance im Arbeitsrecht Dr. Philipp Maier, LL.M.

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Compliance im Arbeitsrecht

Dr. Philipp Maier, LL.M

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Compliance im Arbeitsrecht

Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshof (VwGH) – Haftung bereits dann, wenn der Verstoß ohne Wissen

und Willen des Arbeitgebers begangen wird, er aber nicht nachweist, solche Maßnahmen getroffen zu haben, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen und mit gutem Grund die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften erwarten lassen.– Damit Pflicht zur Einrichtung eines wirksamen Compliance-

Systems determiniert– VwGH sagt nicht, um welche Maßnahmen es sich dabei

konkret handelt– Kommt auf die konkrete Rechtsvorschrift an

Compliance im Arbeitsrecht

– Verbandsverantwortlichkeitsgesetz: Haftung für „einfache Mitarbeiter“, die einen Straftatbestand verwirklicht haben nur dann wenn,– die Entscheidungsträger nicht die wesentlichen technischen,

organisatorischen oder personellen Maßnahmen zur Verhinderung der Straftat installiert haben

– Unternehmen trifft dann ein Organisationsverschulden, dass durch die Einrichtung eines internen Kontrollsystems vermieden werden kann

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Compliance im Arbeitsrecht

– Vorstands- und Geschäftsführerverantwortung– § 84 Abs 1 Aktiengesetz und § 25 Abs 1 GmbH-Gesetz

– Pflicht zur Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters

– § 82 Aktiengesetz und § 22 GmbH-Gesetz

– Verantwortung zur „Sicherstellung eines leistungsfähigen internen Kontrollsystems“

– Bei Verletzung der Pflicht zur Einrichtung eines wirksamen Kontrollsystems ev. Schadenersatzansprüche der Gesellschaft

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Arbeitszeit

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Arbeitszeit

– Verwaltungsstrafen– Geldstrafen zwischen EUR 72 und EUR 3.600

– Doppelte Kumulation von Strafen, d.h. pro Verstoß (z.B. Höchstgrenzen, Ruhezeiten) und pro Arbeitnehmer einzelne Strafen!

– Auch bei Verletzung von Aufzeichnungspflichten Strafbarkeit hinsichtlich jedes einzelnen Arbeitnehmers – besonders teuer!

– Entzug der Gewerbeberechtigung bei schweren, fortgesetzten Verstößen

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Arbeitszeit

– Verschulden Voraussetzung für Bestrafung– Fahrlässiges Verhalten reicht

– Beweislast bei Arbeitgeber

– Keine Haftung nur bei Bestehen und Nachweis eines wirksamen Kontrollsystems. Jud VwGH:

– Nachweis der konkreten Ausgestaltung des Kontrollsystems

– Überwachung der Einhaltung der erteilten Weisungen

– Nachweis der Überwachung der Einhaltung

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Arbeitszeit

– Höchstarbeitszeitgrenzen– 50 h/Woche und 10 h/Tag

– Tägliche Ruhezeiten– Tägliche Ruhepausen = ab 6h/Tag: Mindestens 30 Minuten– Tägliche Ruhezeit: 11 Stunden zwischen Arbeitstagen

– Wochenendruhe– Mindestens 36 h ununterbrochene Ruhezeit pro Woche

– Überstunden– Maximal 5 h/Woche; zusätzlich 60 h/Jahr bei erhöhtem

Arbeitsbedarf

– Insgesamt nicht mehr als 10 h/Woche

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Arbeitszeit

– Arbeitszeitaufzeichnungen– Modalitäten der Aufzeichnung nicht gesetzlich geregelt

(elektronisch, händisch, etc.)

– lediglich betreffend Dauer der täglichen Arbeitszeit bei Außendienstmitarbeitern

– Keine Aufzeichnung des genauen Beginn/Endes

– Übertragbarkeit der Aufzeichnungspflicht im Innenverhältnis an den Arbeitnehmer

– aber strenge Pflicht zur Anleitung und Überwachung!

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Arbeitnehmer-

schutz

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Arbeitnehmerschutz

– Konkrete Schutzpflichten im Arbeitnehmerschutzgesetz und Durchführungsverordnungen– Pflicht zur Einhaltung durch den Arbeitgeber selbst

– Übertragung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich

– Pflicht zur Ermittlung und Beurteilung von Gefahren

– Auf Basis der Evaluierungsergebnisse:

– Festlegung der Maßnahmen zur Gefahrenverhütung

– Evaluierungsergebnisse und Maßnahmen sind in „Sicherheits- und Gesundheitsschutzdokumenten“ zu dokumentieren

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Arbeitnehmerschutz

– Pflicht des Arbeitgebers zur Unterweisung über Sicherheit und Gesundheitsschutz

– Aufzeichnungspflicht des Arbeitgebers– Aufbewahrungspflicht für Unterlagen über Arbeitsunfälle

mindestens fünf Jahre

– Verwaltungsstrafen bei Verstößen – Geldstrafen zwischen EUR 145 und EUR 14.530– Entzug der Gewerbeberechtigung

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Kinder- und Jugendlichen-schutz

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Kinder- und Jugendlichenschutz

– Verbot der Kinderarbeit (Kinder: Personen bis zum 15. Lebensjahr)

– Beschränkung bei der Beschäftigung von Jugendlichen (Personen bis zum 18. Lebensjahr plus Personen mit 15 und darunter, die die Schulpflicht beendet haben oder in einem Lehrverhältnis stehen)

– Verbot der Beschäftigung an Sonn- und Feiertagen

– Tägliche Ruhezeit von 12 Stunden

– Verbot der Beschäftigung zwischen 20 Uhr und 6 Uhr

– Arbeitszeit max. 8 Stunden täglich/40 Stunden wöchentlich

– Verwaltungsstrafen bei Verletzungen bis EUR 2.180

– Verbot der Beschäftigung von Jugendlichen bzw. Entzug der Gewerbeberechtigung

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Frauenschutz

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Frauenschutz

– Pflicht zur Schaffung geeigneter Arbeitsplätze für werdende/stillende Mütter– Besteht kein geeigneter Arbeitsplatz - Freistellungspflicht

– Absolutes Beschäftigungsverbot:– 8 Wo. vor der Geburt / 8 Wo. nach der Geburt – bis 12 Wo möglich

– Relatives Beschäftigungsverbot: – Bei Gesundheitsgefährdung

– Konkrete Beschäftigungsverbote– Arbeit an Sonn- und Feiertagen / zwischen 20 Uhr und 6 Uhr

– Verwaltungsstrafen bei Verletzungen zwischen EUR 70 und EUR 3.630

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Gleichbehandlung am Arbeitsplatz

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Gleichbehandlung

– Allgemeiner Gleichbehandlungsgrundsatz– Keine unsachliche Benachteiligung einer Minderheit

– Verpflichtung zur Gleichbehandlung nach dem Gleichbehandlungsgesetz (GlBG) bei sämtlichen Arbeits-bedingungen– Keine Diskriminierung nach bestimmten Merkmalen wie zB Alter,

Geschlecht, sex. Orientierung, Religion

– Ausdrückliches Verbot der sexuellen Belästigung nach dem GlBG– Nicht nur durch AG, sondern auch durch Kollegen

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Gleichbehandlung

– Rechtsfolgen bei einem Verstoß gegen das GlBG:– Arbeitnehmer wird nicht eingestellt:

– Anspruch auf mindestens zwei Monatsentgelte, wenn sich der Bewerber ohne Diskriminierung gegen andere Bewerber durchgesetzt hätte oder

– Bis EUR 500, wenn der Arbeitgeber bloß die Bewerbung nicht berücksichtigt hat (z.B. wg. Alter, Geschlecht, usw.)

– Schmerzengeldanspruch– Verweigerung einer Beförderung:

– Anspruch auf Entgeltdifferenz für mindestens drei Monate bei Nachweis, dass AN befördert worden wäre ohne Diskriminierung oder

– bis zu EU 500, wenn Diskriminierung in Nichtberücksichtigung der Bewerbung für Beförderung besteht

– Schmerzengeldanspruch

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Gleichbehandlung

– Diskriminierung bei Beendigung des Dienstverhältnisses – Anfechtung der Kündigung bei Gericht oder– Schadenersatzanspruch (z.B. Verdienstentgang)

– Sexuelle Belästigung– Schmerzengeld von mindest. EUR 720, – plus Anspruch auf Ersatz jeglichen weiteren Schadens

– Beweislastverteilung im Diskriminierungsprozess – Arbeitnehmer hat Diskriminierungstatbestand nur „glaubhaft“ zu

machen (nicht zu beweisen!)– AG hat dann zu beweisen (!), dass Nicht-Diskriminierung

wahrscheinlicher ist (durch Angabe eine entsprechende Motivs für die unterschiedliche Behandlung)

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Gleichbehandlung

– Einstellungspflicht bei begünstigten Behinderungen– Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit von über 50%

– Bei Beschäftigung von 25 oder mehr Dienstnehmern

– Je ein begünstigter Behinderter auf je 25 Dienstnehmer

– Bei Verletzung der Einstellungspflicht Ausgleichstaxe von EUR 226/Monat für jeden einzustellenden begünstigten Behinderten

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Bewerbungs-prozess

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Bewerbungsprozess

– Schriftliche Dokumentation des Bewerbungsprozesses– Aufbewahrung mindestens sechs Monate

– Verbot bestimmter Fragen beim Vorstellungsgespräch

– Diskriminierungsfreie Stellenausschreibung– Strafe bei Verstößen: bis EUR 360

– Gehaltsangaben in Stellenausschreibungen– Kollektivvertragliches Mindestentgelt sowie

– Bereitschaft zur Überzahlung, wenn eine solche besteht

– Strafe bei Verstößen: bis EUR 360 ab 1.1.2012

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Fallen bei Dienstverträgen

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Fallen bei Dienstverträgen

– Keine allgemeine Formulierungen bei Vordienstzeiten– Keine konkrete Formulierungen zum Dienstort– Aliquotierungspflicht bei Ausbildungskosten– Keine Vereinbarung eines Kollektivvertrages– Befristete Dienstverhältnisse

– Grds. nicht mehr als einmal befristen, sonst Kettendienstverhältnis– Vereinbarung einer Kündigungsmöglichkeit, sonst keine Kündigung

zulässig

– Keine Konventionalstrafe bei nachvertraglichem Wettbewerbsverbot

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Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse

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Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse

– Keine Geheimhaltungspflicht nach Beendigung des Dienstverhältnisses– Daher: Vereinbarung im Dienstvertrag

– Datengeheimnis gemäß § 15 Datenschutzgesetz– Arbeitgeber hat Arbeitnehmer vertraglich zu verpflichten,

– Daten (z.B. von Kunden) nur aufgrund einer Anordnung des Arbeitgebers zu übermitteln und das Datengeheimnis nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses einzuhalten

– Verpflichtungserklärung unbedingt in Schriftform

– Bei Verstoß Verwaltungsstrafe bis zu EUR 25.000

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Bestimmung des richtigen Kollektivvertrages

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Bestimmung des richtigen Kollektivvertrages

– KV- Zugehörigkeit hängt von Gewerbeberechtigung ab– Gewerbeberechtigung ausschlaggebend für die Zuordnung in

Fachgruppe der WiKa

– „Pfuscher“-Regelung bei Unternehmen ohne richtige Gewerbeberechtigung

– Bei Unternehmen mit mehreren Gewerbeberechtigungen. Geschäftsbereichs mit maßgeblicher wirtschaftlicher Bedeutung für das UN ausschlaggebend

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Bestimmung des richtigen Kollektivvertrages

– Mögliche Konsequenzen der Anwendung des falschen KV– Nachzahlung von Entgelt und Barauslagen

– Zusätzliche Urlaubsansprüche

– Unwirksamkeit von Kündigungen

– Unwirksamkeit interner Regelungen (z.B. weil KV eine BV verlangt)

– Verstoß gegen arbeitszeitrechtliche Vorschriften von KV

– Allerdings: Meist 6-monatige Verfallsfrist in KV für Leistungsansprüche des AG (z.B. Überstunden)

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Scheinselb- ständigkeit

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Scheinselbständigkeit

– Definition: Person wird nach Vertragsform als Selbständige geführt, ist aber ein „echter“ Arbeitnehmer– Häufig: „freier DV“, „Werkvertrag“, „Beratervertrag“

– Rechtsfolgen von Scheinselbständigkeit– Nachzahlung von SV-Beiträgen/Lohnsteuer durch den Arbeitgeber

– Arbeitsrechtliche Ansprüche des Arbeitnehmers

– KV, Urlaub, Kündigungsschutz, etc.

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Scheinselbständigkeit

–Daher wichtig Vorab-Bestimmung der Kriterien für echtes freies Dienstverhältnis, nämlich– Keine persönliche Weisungsgebundenheit des DN

– Freie Bestimmung von Arbeitsort, Arbeitszeit, arbeitsbezogenem Verhalten

– Keine Kontrolle und disziplinäre Gewalt des DG

– Keine Bereitstellung der Arbeitsmittel durch DG

– Keine Pflicht zur höchstpersönlichen Arbeitsleistung

– Freie Vertretbarkeit durch Dritte

– Keine organisatorische Eingliederung im Betrieb

Scheinselbständigkeit

– Rechtliche Qualifikationen nach der „Mosaik-Theorie“

– „Betitelung“ des Vertrages rechtlich irrelevant– Wie wird Vertrag tatsächlich gelebt

– Ratsam: Verpflichtung zur Lösung und Nachweis einer Gewerbeberechtigung durch Vertragspartner zur Vermeidung einer Versicherungspflicht nach ASVG– Dann GSVG-Pflichtversicherung

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Beendigung

von Dienst-verhältnissen

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Beendigung von Dienstverhältnissen

– Beendigung durch einvernehmliche Auflösung, Kündigung oder Entlassung

– Kündigung: Mitwirkungsrecht des BR– Verständigung des BR und Äußerungsrecht innerhalb einer Woche

– Rechtsunwirksamkeit einer vorher vorgenommenen Kündigung– BR kann widersprechen, zustimmen, keine Stellungnahme

abgeben

– Mitwirkungsrecht des BR bei Entlassungen– Keine Pflicht zur Vorabinformation, allerdings Information innerhalb

von drei Tagen nach der Entlassung– Säumnis schiebt „nur“ Anfechtungsfrist hinaus

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Beendigung von Dienstverhältnissen

– Besonderer Kündigungsschutz– BR Mitglieder: Zustimmung des Gerichts erforderlich– Begünstigte Behinderte: Zustimmung des Behindertenausschusses

erforderlich– Mütter sowie Teilzeit/Karenzen iZm Geburt: Zustimmung des

Gerichts notwendig– Präsenz- und Zivildiener: Zustimmung des Gerichts erforderlich

– Information des AMS bei Massenentlassungen binnen 30d – bei sonstiger Unwirksamkeit der Kündigungen

– 30d-Sperrfrist nach Verständigung

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Ausländer-beschäftigung

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Ausländerbeschäftigung

– Pflicht des Arbeitgebers zur Prüfung der notwendigen Berechtigungen– Ausländerbeschäftigungsgesetz gilt für alle nicht-österreichischen

Staatsbürger

– Ausnahmen für EU-Bürger (Bulgarien und Rumänien bis 2014 nicht ausgenommen) und besondere Führungskräfte

– Beschäftigung von Ausländern nur unter bestimmten Voraussetzungen, nämlich Vorliegen einer– Beschäftigungsbewilligung

– Arbeitserlaubnis oder

– Befreiungsschein

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Ausländerbeschäftigung

– Neu ab 1.7.2011: Rot-Weiß-Rot-Karte

– Neues, kriteriengeleitetes Zuwanderungssystem für qualifizierte Arbeitskräfte auf Basis eines Punkte-Systems

– Anwendbar für – besonders hochqualifizierte Zuwanderer

– Zuwanderer in Mangelberufen

– Sonstige Schlüsselkräfte

– Ausländische Studienabsolventen

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Ausländerbeschäftigung

– Neu: Verpflichtung von Generalunternehmen (GU) zur Kontrolle des Sub-Unternehmers (SU):– GU haben die Einhaltung der Bestimmungen des AuslBG durch SU

sicherzustellen

– SU ist vor Beginn der Beschäftigung aufzufordern, binnen einer Woche die Berechtigungen für die beschäftigten Ausländer nachzuweisen

– Kommt SU der Aufforderung nicht nach, so sind die zuständigen Abgabenbehörden zu verständigen

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Ausländerbeschäftigung

– Rechtsfolgen bei Pflichtverletzungen– Verwaltungsstrafen von EUR 1.000 bis 50.000

– Verbot der Beschäftigung von Ausländern – maximal ein Jahr

– Entzug der Gewerbeberechtigung

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Arbeitskräfte-überlassung

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Arbeitskräfteüberlassung

– Beschäftiger treffen Arbeitgeberpflichten bei Arbeitnehmerschutz– Schutzbestimmungen des ASchG und AZG, Haftung des

Beschäftigers bei Verstößen

– Ansprüche der überlassenen Arbeitskraft– Gleicher Lohn und gleiche Arbeitszeit wie Arbeitnehmer des

Beschäftigers

– Auch bei grenzüberschreitender Überlassung Urlaubsanspruch nach Urlaubsgesetz

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Arbeitskräfteüberlassung

– Bei grenzüberschreitende Überlassung– Im EWR-Raum unbeschränkt möglich

– Überlassung von Österreich ins Ausland oder vom Ausland nach Österreich nur zulässig, wenn die Gewerbebehörde die Zustimmung erteilt

– Geldstrafen zwischen EUR 726 und EUR 7.260 bei Verstößen

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Umsetzung gesetzlicher Vorschriften

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Umsetzung gesetzlicher Vorschriften

– Vermeidung von Verschulden durch konkrete Maßnahmen und deren Nachweis– VwGH verlangt:– 1. Schritt: Normierung von Geboten und Verboten

– Formulierung von Werten und Vorstellungen– Kodifizierung von Unternehmensvorgaben– Transparenz von Sanktionen bei Nichteinhaltung– VwGH: Kodifizierung alleine nicht aus, sondern ist nur

Grundvoraussetzung– 2. Schritt: Überwachung der Einhaltung bestehender interner

Vorschriften (inkl. „Überwachung der Überwacher“) – „Installierung eines wirksamen internen Kontrollsystems“

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Umsetzung gesetzlicher Vorschriften

– Umsetzungsinstrumente

– Drei Instrumente im Arbeitsrecht

– Betriebsvereinbarungen

– Arbeitsvertrag

– Weisungen

– Interne Business Transfer von Regelungsinhalten: Schulungen

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Umsetzung durch Betriebsvereinbarung

– Betriebsvereinbarungen – Kollektive Regelung, individuelle Zustimmung von AN nicht

erforderlich

– BV-Unternehmensrichtlinien können durch neue BV auch zum Nachteil der Arbeitnehmer abgeändert werden

– Psychologische Akzeptanz bei Mitarbeitern ist höher

– Daher: gut geeignet für Unternehmensrichtlinien

– Achtung: BVs alleine reichen für die Einführung eines wirksamen Kontrollsystems meist nicht aus

– Weitere Maßnahmen durch Einzelkontrollen erforderlich

Umsetzung durch Betriebsvereinbarung

– Betriebsvereinbarungen häufig bei Einführung – einer betrieblichen Disziplinarordnung

– von Personalfragebögen

– von Kontrollmaßnahmen, die die Menschenwürde berühren

– von Systemen zur Mitarbeiterbeurteilung

– von Ordnungsvorschriften im Betrieb

– Regelungen über die Lage der Arbeitszeit

– Regelungen über die Benützung von Betriebsmitteln

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Umsetzung durch Einzelvertrag

– Relevant insbesondere dann, wenn BR seine Zustimmung zu generellen Regelungen verweigert

– Einholung der Zustimmungen muss technisch und praktisch administrierbar sein

– Problemlos bei Neueinstellungen, bei Alt-Mitarbeitern ist Ergänzung des Arbeitsvertrages erforderlich

– Grenzen: Angelegenheiten, in denen BV zwingend erforderlich ist– z.B. Kontrollmaßnahmen, Disziplinarordnung, Personalfragebögen,

automationsunterstützte Datenübertragung

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Umsetzung durch Einzelvertrag

– Wesentliche Compliance-Klauseln:

– Geheimhaltung

– Anti-Diskriminierung

– Anti-Korruption/ Verbot der Geschenkannahme

– Eigentums des Arbeitgebers

– Privatnutzung der Telekommunikationssysteme

– Medienkontakte

– Interessenskonflikte

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Umsetzung durch Einzelvertrag

– Verschwiegenheitspflicht

„Der Angestellte verpflichtet sich, jede Tatsache und/oder Umstände, die nicht allgemein oder bekannt sind und die Gesellschaft, den Geschäftsbetrieb der Gesellschaft oder irgendwelche Tochtergesellschaften der Gesellschaft oder Dritte (z.B. Kunden oder Geschäftspartner) betreffen, die mit einer der oben erwähnten Gesellschaften in Geschäftsbeziehungen stehen, (i) geheim zu halten, (ii) darüber striktes Stillschweigen zu bewahren und (iii) die Offenlegung dieser Tatsachen und Umstände zu unterlassen; diese Verpflichtung gilt auch nach Beendigung des Dienstverhältnisses.“

– Wichtig: Tochtergesellschaften und Kunden / Geschäftspartner mit umfassen und auch nachvertragliche Pflicht festlegen

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Umsetzung durch Einzelvertrag

– Eigentum des Arbeitgeber

„Sämtliche Papiere, Dokumente, Aufzeichnungen und Abschriften davon in welcher Form auch immer und andere Gegenstände, die der Arbeitnehmer von der Gesellschaft, einer Tochtergesellschaft der Gesellschaft oder von Dritten im Zusammenhang mit seiner Beschäftigung bei der Gesellschaft erhält, sind oder werden Eigentum der Gesellschaft. Der Arbeitnehmer hat mit sämtlichen Gegenständen der Gesellschaft sorgsam umzugehen und diese nur für Zwecke zur Erfüllung seiner Dienstpflichten zu verwenden. Der Mitarbeiter ist verpflichtet, die Gegenstände der Gesellschaft vor Verlust, Diebstahl oder Missbrauch zu schützen. Sämtliche im Eigentum der Gesellschaft stehenden Gegenstände sind bei Beendigung des Dienstverhältnisses unverzüglich an die Gesellschaft zurückzustellen.“

– Wichtig: Eigentumsverhältnisse klarstellen und Rückgabeverpflichtung bei Beendigung des Dienstverhältnisses festlegen

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Umsetzung durch Einzelvertrag

– Anti-Diskriminierung

„Die Gesellschaft und der Arbeitnehmer sind dem Grundsatz verpflichtet, Arbeitnehmer ausschließlich auf Basis ihrer für ihre Position erforderliche Qualifikationen und Fähigkeiten zu beurteilen, anzustellen und zu befördern. Geschlecht, Rasse, Religion und Weltanschauung, sexuelle Orientierung und Alter bleiben dabei gänzlich außer Betracht. Darüber hinaus ist der Arbeitnehmer dem Grundsatz verpflichtet, zur Schaffung einer Arbeitsatmosphäre beizutragen, in der es zu keiner Art von Belästigungen kommt.“

– Wichtig: Konformität mit den Anforderungen des Gleichbehandlungsgesetzes

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Umsetzung durch Einzelvertrag

– Anti-Korruption und Verbot zu Geschenkannahme

„Dem Arbeitnehmer ist es unter keinen Umständen erlaubt, im Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit von dritter Seite Vorteile, gleich welcher Art und gleich aus welchem Grunde, zu fordern, sich versprechen zu lassen oder anzunehmen, ausgenommen übliche geringwertige Gelegenheitsgeschenke. Andere Geschenke müssen unter Angabe dieser Bestimmung zurückgegeben werden. Jedes Angebot über einen Vorteil ist dem Vorgesetzten zu melden.

- Wichtig: den Anforderungen des StGB muss entsprochen werden (Vgl. § 168 StGB)

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Umsetzung durch Einzelvertrag

– Interessenskonflikt

„Ihnen ist es verboten, Ihre Position im Unternehmen und das Vermögen des Unternehmens für Ihren persönlichen Nutzen oder den Ihrer Familienangehörigen einzusetzen. Sie sind verpflichtet, Situationen und Beziehungen zu vermeiden, die tatsächliche oder mögliche Interessenskonflikte beinhalten. Eine Konfliktsituation kann entstehen, wenn Sie Maßnahmen ergreifen, die nicht den Interessen des Unternehmens entsprechen oder mit Ihrer Fähigkeit in Konflikt stehen, Ihre Tätigkeit effizient auszuüben.“

– Wichtig: klarstellen, was einen Interessenskonflikt darstellen kann

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Umsetzung durch Einzelvertrag

– Medienkontakte

„Es ist Ihnen ohne vorherige Zustimmung durch Ihren Vorgesetzten nicht gestattet, im Namen des Unternehmens Aussagen (schriftlich oder mündlich) gegenüber der Presse, Zeitungen oder ähnlichen Quellen zu machen. Sie haben bei Anfragen nach einer Mitteilung im Namen des Unternehmens stets an die Abteilung Unternehmenskommunikation zu verweisen.“

– Wichtig: Klarstellen, wer der zustimmungsberechtigte Vorgesetzte ist

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Umsetzung durch Einzelvertrag

– Privatnutzung der betrieblichen Telekommunikationssysteme

„Der Mitarbeiter darf die unternehmenseigenen TK-Einrichtungen wie Telefon, Mail und Internet in angemessenem Umfang auch privat nutzen. Die Privatnutzung hat in den Pausenzeiten bzw. außerhalb der täglichen Arbeitszeiten zu erfolgen. Der Mitarbeiter ist einverstanden, dass das Unternehmen die Verbindungsdaten imZusammenhang mit der Nutzung der TK-Einrichtungen erhebt, verarbeitet und überträgt. Die erhobenen Daten werden regelmäßig nach einem Zeitraum von zweiMonaten gelöscht. Der Mitarbeiter ist mit der damit einverstanden, dass das Unternehmen bei konkretem Anlass gezielt oder sonst durch Stichprobe kontrolliert, ob die private Nutzung vereinbarungsgemäß erfolgt.“

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Umsetzung durch Weisung

– Regelungsumfang:– Rahmen ist Arbeitsvertrag und die sich daraus ergebenden Rechte

und Pflichten

– Konkretisierung der Arbeitspflicht

– Regelung des Verhaltens im Betrieb

– Außerbetriebliches Verhalten grundsätzlich nicht Gegenstand des Weisungsrecht

– Ausnahme: Schädigung des Ansehens/Fortkommen des Arbeitgebers

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Umsetzung durch Weisung

– Form: – Allgemein an alle AN oder individuell an einzelne AN

– Alle Weisungen sollen schriftlich sein

– Auch schriftliche Dokumentation mündlicher Weisungen

– Einzelweisungen sollen von jedem Arbeitnehmer gegengezeichnet werden

– Alternative

– Anschlag am „schwarzen Brett“/allgemein zugänglichen Räumen

– Aushändigung am Beginn des Arbeitsverhältnisses

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Umsetzung durch Weisung

– Rechtsfolgen der Nichtbefolgung– Disziplinarmaßnahmen– eventuell Entlassungsgrund

– Aber nur bei „beharrlicher“ Weigerung

– Grenzen– Angemessenheit und Ortsgebrauch (zB bei Versetzungen ist

Zumutbarkeit zu prüfen)– Allgemeines Schikaneverbot (§ 1295 Abs 2 ABGB)– Fürsorgepflicht

– Durch Weisung darf Leben, Gesundheit, Sittlichkeit, Persönlichkeitsrechte des AN nicht gefährdet werden

– Angelegenheiten, in den BV notwendig ist

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Umsetzung durch Schulungen

– Schulungen– Flankierende Maßnahme zu Unternehmensrichtlinien

– Zielsetzung:

– Darstellung des Zwecks von Weisungen/Einzel- und Betriebsvereinbarungen und deren gesetzlicher Grundlagen

– Erhöhung der Toleranz interner Regelungen

– Sicherstellung des Verständnisses interner Regelungen und damit der Umsetzung

– Wissenstransfer durch alle Mitarbeiterebenen

– Verhinderung des Verschuldenseinwandes

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Umsetzung durch Schulungen

– Wichtig: – Identifizierung der relevanten Rechtsgebiete und

Problemstellungen/Risiken/Schwachstellen– Identifizierung der betroffenen Unternehmensabteilungen und

Arbeitnehmer– Nicht ausreichend: Schulung der jeweiligen Führungsebene, da

im Streitfall effektive Weisungskette bestritten werden– Eventuell Beziehung externer Berater

– Potentiell höhere Toleranz, weil „neutral“– Sicherstellung der Regelmäßigkeit– Sicherstellung der Dokumentation der Schulungen– Aufbewahrung der Schulungsunterlagen und Anwesenheitslisten– Disziplinarmaßnahmen bei Weigerung der Teilnahme

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Sicherstellung der Einhaltung von Unternehmens-richtlinien

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Kontrolle von Mitarbeitern

– „Ad hoc“ Kontrollen bei konkretem Verdacht– „nur“ Interessensabwägung erforderlich

– Systematische Kontrolle von Mitarbeitern– Zwingend der Zustimmungserfordernisse nach

Arbeitsverfassungsgesetz (BR) und AVRAG (Einzelzustimmung)

– Bei „Berührung der Menschenwürde“

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Kontrolle bestimmter Kommunikationseinrichtungen

– E-Mail Verkehr – Kontrolle privater E-Mails grundsätzlich immer unzulässig, außer

bei Verdacht einer strafbaren Handlung oder eines schweren vertragswidrigen Verhaltens

– Kontrolle dienstlicher E-Mails grundsätzlich immer zulässig, bei systematischer Kontrolle BV bzw. Einzelzustimmung erforderlich

– Überwachung der Internetnutzung– Kontrolle nie grundsätzlich unzulässig, hängt von vertraglicher

Regelung ab– Privatnutzung vertraglich zulässig:

– BV/Einzelzustimmung erforderlich, ausgenommen bei Verdacht eines schweren Fehlverhaltens

– Privatnutzung vertraglich verboten:– Kontrollen grundsätzlich zulässig

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Kontrolle bestimmter Kommunikationseinrichtungen

– Telefonüberwachung – Für Speicherung von Rufnummern Zustimmung des BR notwendig

– Ausnahme: Schutz vor willkürlichen Kontrollen

– Abhören von Telefongesprächen

– Heimliches Abhören immer unzulässig, nur mit Zustimmung des Betriebsrats/Einzelzustimmung zulässig

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Videoüberwachung

– Zulässigkeit hängt von Ausmaß der Erfassung des Arbeitsverhaltens ab– Grundsätzlich zulässige Videoüberwachung

– Arbeitnehmer werden überhaupt nicht erfasst oder– ausschließlicher Zweck Gefahrenabwehr

– Zulässig mit Betriebsvereinbarung / Einzelzustimmung:– teilweises Erfassen des Arbeitsverhaltens

– Grundsätzlich unzulässige Videoüberwachung:– direktes und ständiges Erfassen des Arbeitsplatzes ohne

rechtfertigenden Zweck

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Videoüberwachung

– Datenschutzrecht: seit 1.1.2010 erstmals gesetzliche Regelung

– Ohne Meldung an Datenschutzkommission verboten

– Ausnahmen; z.B. für Juweliere, Banken, Trafiken

– Weniger eingriffsintensive Mittel sind der Videoüberwachung vorzuziehen

– zB Chips an Waren zum Diebstahlschutz

– Schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen dürfen nicht verletzt

werden, ist der Fall bei

– Zustimmung der AN

– Gefahr eines gefährlichen Angriffs

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Videoüberwachung

– § 50a Abs 5 DSG: Verboten ist die gezielte Videoüberwachung zur Kontrolle von Mitarbeitern an Arbeitsstätten – hier können stets gelindere Mittel zur Kontrolle gefunden werden

– Protokollierung der Videoüberwachung erforderlich

– Daten spätestens 72 Stunden nach Aufzeichnung zu löschen

– Ausnahme: Benötigt für Beweissicherungszwecke

– Vorabkontrolle durch DSK vor Registrierung der Meldung

– Prüfung, ob schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen verletzt!

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Whistleblowing Hotlines

– Unternehmensinterne Kontrollsysteme zur Aufklärung von Missständen und Unregelmäßigkeiten

– Typischerweise als Telefon-Hotline oder Website

– Bei entsprechender Kontrollintensität Zustimmung des Betriebsrats/Einzelzustimmung erforderlich– Menschenwürde „berührt“?

– Missbrauchsgefahr ist hoch, daher detaillierte Verhaltensregelung ratsam

– Ohne entsprechende Administration wertlos

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Background-Checks

– Überprüfung eines Bewerbers/Mitarbeiters ohne konkreten Verdachtsfall – Teil eines funktionierenden Compliance-Systems– Überprüfung eines Bewerbers durch Befragung des ehemaligen

Arbeitgebers nur beschränkt zulässig

– Befragung durch den Arbeitgeber darf die Privatsphäre nicht verletzen

– Bei unzulässigen Fragen „Recht auf Lügen“

– Durchführung mit Fragebogen nur mit Zustimmung des Betriebsrats

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Sanktionen

bei Verstoß gegen interne

Vorschriften

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Sanktionen

– Notwendig, um Einhaltung von UN-Richtlinien sicherzustellen

– Reaktionen im Falle des Verstoßes gegen Unternehmensrichtlinien:– Disziplinarstrafen

– Versetzung

– Beendigung des Arbeitsverhältnisses

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Sanktionen

– Disziplinarstrafen: Rechtlich zulässiger Nachteil, um MA für eine Verfehlung zu bestrafen und von weiteren Verfehlungen abzuhalten

– Abmahnung, Rüge, Verweis mit „Strafcharakter“ – also bezogen auf ein vergangenes Verhalten

– „Schlichte Verwarnung“ keine Disziplinarmaßnahme

– Ist überwiegend zukunftsbezogen und hält AN zu zukünftigem vertragsgerechten Verhalten an

– Geldbuße, Entzug freiwilliger Leistungen, Unterlassung von Beförderungen

– Nur aufgrund BV zulässig oder KV-Regelung

– Disziplinarmaßnahme bedarf weiters im Einzelfall Zustimmung des Betriebsrates

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Sanktionen

– Versetzung: Änderung von Arbeitsort oder Tätigkeit– Muss durch Arbeitsvertrag gedeckt sein

– Muss auch dann zumutbar sein

– Bei Verschlechterung der Entgelt- oder sonstigen Arbeitsbedingungen Zustimmung des BR erforderlich

– Kündigung / Entlassung– In Praxis Qualifikation zwar als „Disziplinarmaßnahmen“, aber

keine Disziplinarordnung erforderlich

– Aber: Gesonderte Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates (§§ 105, 106, 107 ArbVG)

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Sanktionen

– Entlassung aus wichtigem Grund – unverzüglich!– Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar

– Relevante Entlassungstatbestände bei Verletzung von Unternehmensrichtlinien:

– Untreu im Dienst/Vertrauensunwürdigkeit, d.h. Verstoß gegen die dienstlichen Interessen des Arbeitgebers wie z.B.

– Preisgabe von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen

– unzulässige Vorteilsannahme

– Verbreitung unwahrer Angaben über geschäftliche Angelegenheiten,

– Versuch des Abwerbens von Mitarbeitern für ein Konkurrenzunternehmen

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Sanktionen

– Entlassung aus wichtigem Grund:– Verletzung der Arbeitspflicht bzw. des Weisungsrechts

des Dienstgebers– Voraussetzung pflichtwidriger und beharrlicher Unterlassung

von Arbeitsleistungen oder beharrliche Verweigerung der Befolgung der Anordnung des Arbeitgebers– Entlassungstatbestand kann auch durch die Verweigerung

oder die Verhinderung von Kontrollmaßnahmen erfüllt werden z.B. Weigerung, der Arbeitszeit kontrollieren zu lassen

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Sanktionen

– Ordentliche Kündigung– Grundlos und grundsätzlich immer möglich

– Nur Einhaltung von Kündigungsfrist und Kündigungstermin erforderlich

– Anfechtung durch AN bei Gericht möglich

– Am häufigsten: Anfechtung als „sozialwidrig“

– Rechtfertigung der Kündigung durch betriebliche oder persönliche Kündigungsgründe (z.B. Verstoß gegen Unternehmensrichtlinien)

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Verwaltungs-strafrechtliche Haftung

Haftung

– Verwaltungsstrafrechtliche Haftung (1)– Ist AG natürliche Person, ist dieser verwaltungsstrafrechtlich

verantwortlich (Einzelunternehmen)

– Ist AG juristische Person (z.B. GmbH, AG), haftet das nach außen vertretungsbefugte Organ persönlich

– z.B. Geschäftsführer oder Vorstandsmitglied

(§ 9 Abs 1 VStG)

Haftung

– Verwaltungsstrafrechtliche Haftung (2)– Einzelunternehmer / Organe haften z.B. für

– zu entrichtende Sozialversicherungsbeiträge

– für Verkürzung von Abgabenschulden

– Geldstrafen für Verstöße gegen typische arbeitsrechtlich relevante Vorschriften, wie zB das GlBG, AZG, ARG, AuslBG, ASchG, AÜG –

– hier drohen auch Ersatzfreiheitsstrafen

Haftung

– Verwaltungsstrafrechtliche Haftung (3)– Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten (vB):

– Dadurch Vermeidung der persönlichen Haftung der Organe

– Bestellung aus Kreis der Unternehmensorgane: Verantwortung kann das gesamte Unternehmen oder nur bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche umfassen; oder

– Andere Person als vB: Können nur für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche Verantwortung übernehmen

Haftung

– Verwaltungsstrafrechtliche Haftung (4)– Persönliche Voraussetzungen für einen vB:

– Bestehen eines inländischen Hauptwohnsitzes

– Nachweisliche Zustimmung der Bestellung als vB

– Vorliegen einer entsprechenden Anordnungsbefugnis für den der Verantwortung unterliegenden Bereich

Haftung

–Verwaltungsstrafrechtliche Haftung (5)– Rahmenbedingungen für vB:

– Doppelbestellungen für räumlich oder sachlich abgegrenzten Bereich unzulässig

– Überlappungen machen Bestellungen rechtsunwirksam

– Bestellung für sämtliche / einige / einzelnen Verwaltungsvorschriften möglich

Haftung

– Verwaltungsstrafrechtliche Haftung (6)– Bestellung eines vB für Einhaltung der AN-Schutzvorschriften (z.B.

AZG, ASchG):

– Nur leitende Angestellte mit maßgeblichen Führungsaufgaben

– selbständige Anordnungs- und Leitungsbefugnis

– Die Bestellung erst wirksam, nachdem beim Arbeitsinspektorrat eine schriftliche Mitteilung über die Bestellung samt einem Zustimmungsnachweis des Bestellten eingelangt ist

Haftung

– Verwaltungsstrafrechtliche Haftung (7)– Schuldausschließung

– Keine Haftung des vB, wenn er zur Verwaltungsübertretung vom AG konkret angewiesen wurde und ihm rechtmäßiges Verhalten unzumutbar war

– Parallelhaftung der UN-Organe

– Einzelunternehmer / Unternehmensorgane haften neben den vB, wenn sie eine Verwaltungsübertretung vorsätzlich nicht verhindert haben

– Strafbarkeit unabhängig von jener des vB (also parallel)

Haftung

– Verwaltungsstrafrechtliche Haftung (8)– Solidarhaftung neben vB für Geldstrafen / Verfahrenskosten

– Das Unternehmen haftet für die über den vB verhängte Geldstrafe / Verfahrenskosten zu ungeteilter Hand

– Die Solidarhaftung ist keine gesetzliche Straffolge

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Strafrechtliche Verantwortung von Unternehmen

Haftung

– Haftung von juristischen Personen für Straftaten ihrer Führungskräfte und Mitarbeiter nach dem Verbandsverantwortlichkeitsgesetz (in Kraft seit 1.1.2006)– Verantwortlichkeit für alle mit gerichtlicher Strafe bedrohten

Handlungen

– Vorsatzdelikte (Betrug, Diebstahl, etc.), sowie

– Fahrlässigkeitsdelikte (z.B. fahrlässige Körperverletzung)

– Nicht anzuwenden auf Verwaltungsübertretungen

Haftung

– Grundvoraussetzungen für die strafrechtliche Verantwortlichkeit– Die Straftat wurde zugunsten der Gesellschaft begangen (z.B.

Bereicherung der Gesellschaft durch ein Bestechungsdelikt) oder

– Durch die Tat wurden Pflichten verletzt, die die Gesellschaft betreffen (z.B. Verletzung des AZG, ARG, ASchG oder die Pflicht zur Befolgung behördlicher Bescheide)

Haftung

– Haftung bei Fehlverhalten von Entscheidungsträgern– Es genügt rechtwidriges und schuldhaftes Verhalten des

Entscheidungsträgers (z.B. Geschäftsführer, Vorstandsmitglied, Prokurist, sonstige Personen mit maßgeblichen Einfluss auf die Geschäftsführung),

– z.B. Betrugshandlungen oder Bestechungsdelikte

Haftung

– Haftung für Verhalten „einfacher Mitarbeiter“, die fahrlässig oder vorsätzlich eine Straftatbestand verwirklicht haben nur dann wenn,– die Entscheidungsträger nicht die wesentlichen technischen,

organisatorischen oder personellen Maßnahmen zur Verhinderung der Straftat installiert haben

– Unternehmen trifft dann ein Organisationsverschulden, dass durch die Einrichtung eines internen Kontrollsystems vermieden werden kann!

Haftung

– Die Strafe besteht aus einer Geldbuße– Die Höhe hängt von Schwere des Delikts und der wirtschaftlichen

Leistungsfähigkeit des Unternehmens ab

– Geldbuße ist in mind. 1 bis höchstens 180 Tagessätze

– Tagessatz ist nach der Ertragslage des Verbandes zu bemessen und beträgt zwischen EUR 50 und

EUR 10.000

Haftung

– Anwendungsfälle z.B. Korruptionsdelikte – Im privaten Bereich:

– § 168c StGB („Geschenkannahme durch Bedienstete oder Beauftragter“):

„Ein Bediensteter oder Beauftragter eines Unternehmens, der im geschäftlichen Verkehr für die pflichtwidrige Vornahme oder Unterlassung einer Rechtshandlung von einem anderen für sich oder einen Dritten einen Vorteil fordert, annimmt oder sich versprechen lässt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zu bestrafen.“

Haftung

– § 168f StGB („ Bestechung von Bediensteten oder Beauftragten“):

„Wer einem Bediensteten oder Beauftragten eines Unternehmens im geschäftlichen Verkehr für die pflichtwidrige Vornahme oder Unterlassung einer Rechtshandlung für ihn oder einen Dritten einen nicht bloß geringfügigen Vorteil anbietet, verspricht oder gewährt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zu bestrafen.“

– Geringfügigen Vorteil: Wert unter EUR 100

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

Dr. Philipp Maier LL.M. Baker & McKenzieDiwok Hermann Petsche Rechtsanwälte GmbH

Schottenring 25 1010 Wien Tel  +43 (0) 1 24 250 Fax +43 (0) 1 24 250 600 philipp.maier@bakermckenzie.com www.bakermckenzie.com, www.dhplaw.at

Diwok Hermann Petsche Rechtsanwälte GmbH ist ein Mitglied von Baker & McKenzie International, einem Verein nach dem Recht der Schweiz mit weltweiten Baker & McKenzie-Anwaltsgesellschaften. Der allgemeinen Übung von Beratungsunternehmen folgend, bezeichnen wir als "Partner" einen Freiberufler, der als Gesellschafter oder in vergleichbarer Funktion für ein Mitglied von Baker & McKenzie International tätig ist. Als "Büros" bezeichnen wir die Kanzleistandorte der Mitglieder von Baker & McKenzie International.

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