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Creative Commons (CC) in Südtirol
Auf dem Weg zu Open Access und Open Data Eine Bestandsaufnahme im Internet
Der Einsatz der Standardlizenzverträge von Creative Commons in Südtiroler Unternehmen und öffentlicher Verwaltung mit einem Blick auf Gesamtitalien Stefan Kontschieder 16.02.2012
Einleitung
Wir befinden uns im Informationszeitalter. Althergebrachte Urheber- und Nutzungsrechte für
Werke wie Bilder, Texte,… müssen überdacht werden, speziell weil die klassischen Copyrights
nur eine ungenügende Lösung bieten. Es braucht neue Lizenzierungsarten, die es auch
Minderbemittelten ermöglichen, Inhalte im Internet
kostenlos nutzen zu dürfen. Erste Ansätze dazu waren
unter anderem die Online-Enzyklopädie Wikipedia,
Wikimedia Commons (freie Bilder, Audios und Videos)
und Wikibooks (freie Lehr- und Lernmaterialien).
Außerdem stellen immer mehr Musikkünstler und
Autoren (Songs, Bücher) ihre Werke kostenlos ins Netz.
Wie ist nun der Stand der Dinge in Italien und Südtirol?
Stellen Betriebe und die öffentliche Verwaltung Dokumente, Bilder, Daten auch frei zur Verfügung?
Mit welchen Lizenzierungsarten?
Wie schaut es mit Open Data und Open Access in Südtirol bzw. Italien aus?
Auf diese Fragen mit besonderem Blick auf Creative Commons wird in den folgenden Kapiteln
eingegangen. Am Ende gibt es einen Ausblick, wie der Weg in eine offene Wissensgesellschaft
im Internet ausschauen könnte…
Bozen, Lauben (Quelle: Hubert Berberich, Wikipedia) (Lizenzierung: CreativeCommons
By) Ein Beispiel für eine CC-Lizenzierung
Was ist Creative Commons?
aus Wikipedia.de:
Creative Commons (abgekürzt CC, englisch, ‚schöpferisches Gemeingut‘, ‚Allmende‘) ist eine
gemeinnützige Organisation, die 2001 gegründet wurde. Sie veröffentlicht verschiedene
Standard-Lizenzverträge, mit denen ein Autor der Öffentlichkeit auf
einfache Weise Nutzungsrechte an seinen Werken einräumen kann.
Diese Lizenzen sind nicht auf einen einzelnen Werkstyp
zugeschnitten, sondern für beliebige Werke anwendbar, die unter
das Urheberrecht fallen, zum Beispiel Texte, Bilder, Musikstücke,
Videoclips, usw. Auf diese Weise entstehen freie Inhalte.
Entgegen einem häufigen Missverständnis ist Creative Commons nicht der Name einer Lizenz.
Die verschiedenen Lizenzen von Creative Commons weisen große Unterschiede auf. Einige CC-
Lizenzen schränken die Nutzung relativ stark ein, andere wiederum sorgen dafür, dass auf das
Urheberrecht so weit wie möglich verzichtet wird. Veröffentlicht jemand beispielsweise ein
Werk unter der Lizenz CC-BY-SA, dann erlaubt er die Nutzung durch andere Menschen, aber der
Urheber sowie die betreffende Lizenz müssen angegeben werden. Das ist die Lizenz, die die
Wikipedia verwendet.
Freie Inhalte, ob unter einer CC-Lizenz oder unter einer anderen, sind wichtig für Menschen, die
kein Geld für Texte, Bilder, Musik usw. ausgeben können oder wollen. Außerdem dürfen Inhalte
unter bestimmten CC-Lizenzen verändert und weiterverarbeitet werden. Das ist wichtig für
Menschen, die zum Beispiel künstlerisch mit den Inhalten umgehen wollen.
4 Rechtemodule
Folgende Symbole bzw. Rechtemodule werden bei der aktuellen Version 3.0 verwendet:
BY Weitergabe unter Namensnennung.
NC (non commercial)
Das Werk darf weder verkauft noch für kommerzielle Zwecke verwendet werden.
ND (non derivates) Das Werk darf nicht verändert werden.
SA (share alike)
Weitergabe nur unter gleichen Bedingungen (nach Veränderungen).
6 Lizenzen
Diese Lizenzarten werden in der Regel kombiniert. Es gibt insgesamt 6 Lizenzen:
Zum Beispiel steht dieses Dokument, das Sie gerade lesen, unter einer - Lizenz
(siehe letzte Seite). Das heißt, das Dokument darf unter der Nennung meines Namens nur für
nicht kommerzielle Zwecke verwendet werden. Das Dokument darf aber vervielfältigt,
verändert und beliebig oft weitergegeben werden. In der Praxis ist es oft hilfreich, zusätzlich auf
die entsprechende Lizenzierung zu verlinken (Beispiel: „Das Dokument steht unter einer
Creative Commons Namensnennung-Nicht-kommerziell 3.0 Unported Lizenz“).
In den Vorgängerversionen 1.0 und 2.0 gab es noch andere Symbole und Lizenzierungsarten,
die heute nur mehr selten in Gebrauch sind.
Im Dezember 2011 startete die Diskussion über die neue Version 4.01 im Wiki von Creative
Commons. Dabei wird sehr kontrovers über für und wider des Rechtemoduls NC diskutiert. Wie
immer die neue Version ausschauen wird, die alten Versionen behalten weiterhin ihre
Gültigkeit.
1 http://wiki.creativecommons.org/4.0
Italien und Südtirol Eine Bestandsaufnahme
Copyright – Beispiele aus Südtirol
Allgemein wird in Italien und auch in Südtirol in Webseiten immer noch das klassische © Copyright Modell verwendet. Zwei Beispiele aus Südtirol:
Etschwerke AG2:
*…+ Die AE SPA-EW AG ist der einzige Rechtsinhaber der veröffentlichten Inhalte (Informationen, Texte, Bilder, usw.) und der Struktur der Site (einschließlich Grafikdesign). Alle Rechte sind vorbehalten und im Sinne der geltenden Gesetzesbestimmungen geschützt. […]und ihre Nutzung (der Webseite; Anm. des Autors) ist ausschließlich zu persönlichen Zwecken und unter Einhaltung folgender Bedingungen zulässig:
die Site darf nicht zu kommerziellen Zwecken genutzt werden;
das ursprüngliche Format des heruntergeladenen Materials sowie alle darin enthaltenen Hinweise, Urheberrechtsvermerke und anderweitigen Kennzeichnungen zu den Eigentumsrechten müssen unverändert beibehalten werden;
Jede Zuwiderhandlung wird rechtlich verfolgt *…+
Das Südtiroler Bürgernetz (offizielles Südtirolportal der öffentlichen Verwaltung)3
[…] Das Südtiroler Bürgernetz und sein Logo sind eine geschützte Handelsmarke. Seine Dienste und Informationen sind in allen Teilen urheberrechtlich geschützt. Ihre Nutzung ist ausschließlich zum persönlichen Gebrauch oder innerhalb Ihres Betriebes gestattet. Jede weitere Verwertung ist unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für die Weitergabe außerhalb Ihres Betriebes, Verbreitung auf elektronischem Wege an Dritte, Vervielfältigung, Übersetzung und Speicherung. Eine weitergehende Verwendung bedarf der schriftlichen Zustimmung durch den Herausgeber *…+
Solche Copyrights machen es in der Regel unmöglich (oder zumindest sehr umständlich), Daten
(Grafiken, Bilder,…) in eigenen Texten und Präsentationen zu verwenden. Als Lösung bieten sich
die Lizenzierungsarten von Creative Commons an.
2 www.ae-ew.it/irj/portal/anonymous?standAlone=true&windowId=WID1328956264242
3 www.provinz.bz.it
Italien
Auf staatlicher Ebene werden in der öffentlichen Verwaltung relativ häufig Dateien unter einer
Creative Commons-Lizenzierung online gestellt. Folgende Beispiele seien genannt:
Die Abgeordnetenkammer
http://dati.camera.it/it/
Die Abgeordnetenkammer in Italien publiziert unter der CC-Lizenz BY-SA.
Unter dem angegebenen Link können u.a. Daten zur Geschichte der
Abgeordnetenkammer, deren Mitglieder, deren Organe, Gesetzesvorlagen, Anfragen,
Anhörungen frei heruntergeladen werden und mit der genannten Lizenzierungsart frei
verwendet werden.
Die öffentliche Verwaltung
http://www.dati.gov.it/
Hier finden Sie Publikationen der öffentlichen Verwaltung Italiens (insgesamt 176
Datensätze von 28 Verwaltungsorganen wie Provinzen und Gemeinden4)
geordnet nach Themen, Lizenzen und Dateiformaten. Diese laut Open Data-Grundsätzen
veröffentlichten Dateien sind für alle frei zugänglich, ohne Einschränkungen durch Copyright,
Patente oder andere Kontrollformen, die eine Verbreitung der Daten erschweren oder
verhindern.
Ein Beispiel aus Florenz:
Für Touristen interessante Daten wie Adressen von Museen, Tourismusbüros, Anlaufstellen bei
Beschwerden, Konsulate usw. können über diese Seite in verschiedenen Formaten
heruntergeladen werden (Beispielformat: Microsoft Access).
4 Stand: 12.02.2012
Das italienische Statistikamt
http://www.istat.it/it/note-legali
Das italienische Statistikamt stellt in der Regel alle Daten unter der Creative
Commons - Attribuzione - versione 3.0 o successiva- Lizenz dar.
In erster Linie die 3 großen Erhebungen zur Bevölkerung, Landwirtschaft und Industrie und
Dienstleistungen.
Außerdem Umwelt- und Energiedaten, Gesundheits- und Sanitätsdaten, Landwirtschaftsdaten,
Industriedaten, Daten zu Bildung, Meinung und sozialer Beteiligung der Bürger und vieles mehr.
Ein Beispiel:
Die Prozentzahl der aus erneuerbaren Quellen gewonnenen Energie im Verhältnis zur gesamten
Energieerzeugung pro Provinz5.
Beispiel aus der italienischen Wirtschaft
Die Enel AG (Ente nazionale per l'energia elettrica) ist der größte italienische Stromversorger.
Aus Gründen der Transparenz, der technologischen Innovation und der Marktentwicklung hat
Enel im September 2011 ein Internetportal6 eröffnet, bei dem es möglich ist, Firmendaten
unter einer Creative Commons-Lizenz herunterzuladen und weiterzuverwenden. Ganz im Sinne
der Open Data-Bewegung.
Beispiel:
Die Anzahl der ENEL-Anlagen zur Erzeugung von Strom gereiht nach Art der Energiequelle
(Fotovoltaik, thermoelektrische Anlagen, Wasserkraftanlagen…)7.
5 http://www.istat.it/it/archivio/16777
6 http://data.enel.com/it/open-data/open-data
7 http://data.enel.com/it/dati-sostenibilita/carta-didentita
Südtirol
Für Südtirol habe ich Webseiten der 5 größten Unternehmen mit Rechtssitz in Südtirol8, der
3 bevölkerungsreichsten Gemeinden9 und der Webseite der Autonomen Provinz Bozen –
Südtirol10 gesichtet. Es ist auf keiner Webseite ein Werk (Datei, Daten, Bild,…) mit einer der
Lizenzierungsarten unter Creative Commons gespeichert oder direkt zugänglich.
Untersuchte Unternehmen:
ASPIAG SERVICE S.R.L.
ACCIAIERIE VALBRUNA SPA
SEETECH GLOBAL INDUSTRIES AG
WUERTH S.R.L. - G.M.B.H.
AZIENDA ENERGETICA S.P.A. - ETSCHWERKE AG SIGLA AE SPA-EW AG
Wo wird Creative Commons in Zukunft vermehrt zum Einsatz kommen?
iCommons
iCommons ist eine eingetragene Wohltätigkeitsorganisation aus Großbritannien mit dem Ziel,
die weltweite Zusammenarbeit zwischen den Vertretern offener Bildung, Zugang zu freiem
Wissen, freier Software, Open Access-Veröffentlichungen und freien Kulturgemeinden zu
fördern. Inspiriert von Creative Commons, steht iCommons für die Einführung von Tools,
Modellen und Praxiserfahrungen, die eine weltweite kostenlose Teilnahme an Kultur-und
Wissensdomänen erleichtern. Das Ziel von iCommons ist es, die Kosten des Zugangs zu Wissen
und Kultur zu reduzieren. Für eine produktivere Nutzung durch die Internetuser werden
kostenlose Tools und Erfahrungsberichte angeboten. Wichtig hierbei sind einfache und
durchschaubare Nutzungsgenehmigungen ganz im Sinne von Open Data.
8 www.camcom.bz.it/de-DE/WIFO/Wirtschaftsdaten/top_100-de.html
9 www.gemeinde.bozen.it, www.gemeinde.meran.bz.it, www.brixen.it
10 www.provinz.bz.it
Open Access
Die Open Access-Idee unterstützt den freien Zugang zu wissenschaftlichen Dokumenten.
Creative Commons spielt eine wichtige Rolle in der Open Access-Bewegung, die eine breite
Verfügbarkeit von wissenschaftlicher Forschung und wissenschaftlichen Zeitschriften im
Internet forciert. Die weltweit größten Open Access-Verlage benutzen alle die Creative
Commons-Lizenzen, um ihre Inhalte online zu veröffentlichen. 10% aller wissenschaftlichen
Zeitschriften sind aktuell CC lizenziert.
Open Access wird vermehrt auch in Forschungseinrichtungen berücksichtigt. Creative
Commons-Lizenzen sind direkt in die Instituts-Software-Plattformen wie dSPACE 11und ePrints12
integriert.
Open Data
Nach der Open Data-Idee sollten Daten für jedermann frei zugänglich und nutzbar sein. Auch
hier werden Creative Commons-Tools verwendet, um den Zugang bzw. den Gebrauch von
Daten und Datenbanken zu regeln. Im Besonderen sind hier nicht Textdokumente gemeint,
sondern Daten wie Wetterdaten, Landschaftskarten, medizinische Daten,…
In folgenden Bereichen wird Creative Commons schon eingesetzt:
Das Leben auf der Erde http://eol.org/
Informationen über Daten und Energie http://en.openei.org/wiki/Main_Page
Bibliotheken http://openbiblio.net/2010/11/17/jisc-openbibliography-british-library-
data-release/
Polarforschung http://www.polarcommons.org/
Die Erde vom Weltall aus http://wiki.americaview.org/display/miview/Education
Erforschung von Krankheiten http://sagebase.org/
Personal Genome Project http://www.personalgenomes.org/
11
www.dspace.org/ 12
www.eprints.org/
Fazit
Es ist noch ein weiter Weg, damit in Italien und Südtirol im Sinne von Open Data und Open
Access
1. Werke und Daten im Internet möglichst frei zugänglich und kostenlos sind.
2. Werke und Daten im Internet weltweit schnell, kostengünstig und auch mobil abrufbar sind.
3. möglichst viele Werke und Daten im Internet mit eindeutigen und einheitlichen
Lizenzierungsarten versehen sind.
4. sich neue Formen von Wissen umfassend durchsetzen können.
Bleibt zu hoffen, dass der von verschiedenen Institutionen, Organisationen und Einzelpersonen
eingeschlagene Weg für einen freien Zugang zu Wissen von den Bürgerinnen und Bürgern
unterstützt und von den politischen Entscheidungsträgern forciert wird.
Weitere Links
http://www.plos.org/
Eine öffentliche Wissenschaftsbibliothek mit Blognetzwerk
http://libraries.mit.edu/sites/scholarly/mit-open-access/
Open Access am MIT
http://www.science3point0.com/projects/
Wissenschaft mit Web 2.0 Tools vernetzen
http://de.wikipedia.org/wiki/Public_Domain#Public_Domain
Werke, die keinem Urheberrecht mehr unterliegen oder ihm nie unterlegen haben
http://de.wikipedia.org/wiki/GNU-Lizenz_f%C3%BCr_freie_Dokumentation
Software: GNU-Lizenz für freie Dokumentationen
Autor: Stefan Kontschieder, Algund
„Creative Commons in Südtirol“ von Stefan Kontschieder steht unter einer Creative Commons Namensnennung-
Nicht-kommerziell 3.0 Unported Lizenz.