Das grüne Band :V ielfalt för dern · h olung . U nd w eil dur ch die V or-gaben der R aumplan...

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Publikation: tbrt Pagina: 24 Ist-Farben: cmyk0Ressort: rt-ur Erscheinungstag: 20. 10. 2015 MPS-Planfarben: cmyk

rheintalnews

Die Seite rheintalnews er-scheint regelmässig und wirdvom Verein St.Galler Rheintalherausgegeben.

FREITAG, 15. OKTOBER 2015 rheintalnews

Bilder: pd

Neu gepflanzte Hochstammobstbäume im Grünensteiner Feld in Balgach.

«Es ist eine Frage des Erkennensund der Wertschätzung»Der Professor am Institut für Landschaft und Freiraum an der HRS, ThomasOesch, berät den Verein St.Galler Rheintal in der Förderung der Biodiversität.

CECILE ALGE

Thomas Oesch, der Mensch setztder Natur arg zu. Viele Flächenwerden zubetoniert, die Vielfalt inund um die Siedlung nimmt ab…Wie schlimm ist die Lage?Thomas Oesch: Seit Jahren be-schleunigt sich diese Entwick-lung, viele – vor allem ältereMenschen nehmen das Tempoder Veränderung wahr. Wenn wirnicht aktiv werden, dann verlie-ren wir an Lebensqualität. Wound wie man Gegensteuer gebenkann zeigen uns die Städte vor.

Zum Beispiel auf den Rasenmäher-Roboter verzichten.Oesch: Ja, man kann bei kleinenDingen anfangen. Wir müssennicht zwingend auf den Roboterverzichten, aber er muss nicht bisin die letzten Winkel mähen. Aberes geht um Grundsätzlicheres.

Um was genau?Oesch: Es ist eine Frage des Er-kennens und der Wertschätzung.Wir alle, aber vor allem auch diejungen Menschen, müssen sichbewusst sein, dass es nicht nurdie virtuelle Welt gibt, sondernauch eine reale. Und dass wireine Natur haben, die es zu erhal-ten und zu pflegen gilt. Erst wenndieses Bewusstsein in den Köp-fen wächst, werden Veränderun-gen beginnen.

Das klingt nicht so spannend.Oesch: Mag sein, ist es aber. DieNatur erhalten und pflegen,

heisst nicht, an einem nostalgi-schen Bild von vergangenen Zei-ten zu hängen. Das kann auchauf ganz neue, trendige Art ge-macht werden. Aber man muss esausprobieren und eben: oftbringt schon weniger machenmehr Vielfalt. Also mehr Chillen,weniger Rasen mähen.

Wie lernt man das?Oesch: Der Verein St.GallerRheintal ist seit vier Jahren daran,das Thema in verschiedener Wei-se zu bearbeiten. Zum Beispielmit öffentlichen Veranstaltun-gen. Am Samstag, 31. Oktober,um 10 Uhr findet beim HeimOberfeld in Marbach ein Infoan-lass dazu statt. Dort kann mansich ein Bild davon machen, wel-ches Potenzial die Landschaftbeim Oberfeld/ Blosenberg zwi-schen Marbach und Lüchingenhat.

Sie sind Professor am Institut für

Landschaft und Freiraum derHochschule Rapperswil HSR undunterstützen den Verein St.GallerRheintal in der Förderung der Bio-diversität. Sie haben auch die sechsFokusgebiete aus dem Rheintalunter die Lupe genommen, die aufdem Flyer aufgeführt werden. Wasist das Besondere an diesen?Oesch: Die Fokusgebiete zeigenverborgene Werte und land-schaftliche Qualitäten des Rhein-tals auf, ausserhalb der Schutz-gebiete, in und um die Dörfer.Diese sind als Perlen aufgereihtentlang dem Rheintaler Höhen-weg. Wir zeigen auch auf, welcheChancen zur Aufwertung beste-hen, im Rahmen der Ortsplanungund im Rahmen der Gestaltungund Pflege des öffentlichenGrüns. Dies passt auch zum neu-en Auftrag der Region in «Rhein-tal.com», zum Standortmarke-ting.

Der letzte Workshop mit den Werk-diensten lief unter dem Titel: «Mutzu mehr Vielfalt».Oesch: Ja, es braucht auch Mut,weniger perfekt den letzten Win-kel zwölf Mal im Jahr auszumä-hen. Viele Bürger finden das faulund unordentlich. Es brauchtauch Mut, die Blütenpflanzen bisweit über das Versamen stehenzu lassen, damit sie als Nahrungfür Insekten dienen können, undsomit direkt oder indirekt auchfür Vögel und Kleinsäuger. DenWerkdiensten muss man hierfürMut machen, den Rücken stär-ken.

EinladungLandschaftlichePerle besichtigenAm Samstag, 31. Oktober, um10 Uhr, sind Bevölkerung undBehörden des St. GallerRheintals herzlich zu einemAnlass im Rahmen vom «grü-nen Band» beim Heim Ober-feld an der Oberfeldstrasse20 in Marbach eingeladen.Dort kann man sich ein Bildmachen, wieviel Potenzial inder reizvollen LandschaftOberfeld/Blosenberg zwi-schen Marbach und Lüchin-gen» am Siedlungsrandsteckt. Der Druck auf dieLandschaft hat durch die Zer-siedelung in den vergange-nen Jahren zugenommen.Umso wichtiger ist es, The-men wie Artenvielfalt, Sied-lungsrandgestaltung undNatur in der Siedlung aufzu-greifen. Nach einem musika-lischen Einstieg werden dieAnwesenden von Reto Frie-dauer, Präsident der regiona-len Fachgruppe Siedlung undLandschaft und von der Lei-tung des Heimes Oberfeldbegrüsst. Über Wertschät-zung und Wertschöpfungsprechen Thomas Oesch vonder Hochschule HSR undRuedi Kobelt von der gleich-namigen Mosterei. Musikali-sche und literarische Einlagenbietet Urs Stieger, Musikerund Kolumnist aus Berneck.Nach der Enthüllung derWegmarken führt ein Spa-ziergang nach Lüchingen,danach wird ein Apero aus-geschenkt, an dem Produkteaus der Landschaft probiertwerden können. Die Veran-staltung findet bei jeder Wit-terung statt und dauert ca.bis 11.30 Uhr. Bushaltestelle:Marbach Dorf (500 m). (pd)

«Das grüne Band»: Vielfalt fördernDer Verein St.Galler Rheintal führt unter dem Begriff «das grüne Band» Anlässe und Aktionen durch, um die land-schaftliche Vielfalt zu bewahren, die Biodiversität in der Siedlung zu fördern und die Bevölkerung zu sensibilisieren.CECILE ALGE

RHEINTAL. Unsere Siedlungenwürden Tieren und Pflanzen ei-gentlich viel Raum bieten. Dochanstatt einer erfreulichen Arten-vielfalt ist eine fortschreitendeVerarmung der Grünflächen inder Siedlung festzustellen. EinDrittel aller Tier- und Pflanzen-arten gilt bereits als bedroht. Dasliegt am spürbaren Flächenver-lust durch die innere Verdich-tung, an der zu intensiven Nut-zung und an der Überdüngung.Viele Flächen sind zu sauber,versiegelt und leblos. Um zu ver-hindern, dass unsere Lebens-grundlage dahinschwindet,muss gehandelt werden. Bund,Kantone, Gemeinden, ja wir allesind gefordert.

Workshops und Aktionen

Der Verein St.Galler Rheintal,der Aufgaben in der Region ko-ordiniert, nimmt sich dieser Pro-blematik an und handelt mitkonkreten Aktionen. Unter demBegriff «das grüne Band» führtdessen Fachgruppe Siedlungund Landschaft Weiterbildun-gen, Workshops und Anlässedurch. Die Themen sind breitgefächert und reichen von ge-zielten Neophytenbekämp-fungs-Aktionen bis hin zu Kon-zeptarbeiten zu Biotopvernet-zungen oder Grünraumverbin-dungen. Parallel dazu wird derBericht Biodiversität in der Sied-lung und am Siedlungsrand imRahmen des Landschaftsent-wicklungskonzepts – kurz LEK-Rheintal – verfasst. Er behandeltneben der grundsätzlichen Her-leitung auch verschiedene Fo-kusgebiete im Rheintal und rich-

tet sich an die Gemeindebehör-den und an Interessierte. DasSpezielle dieser Fokusgebietewird demnächst auch auf einemFlyer ersichtlich sein, angeglie-dert quasi als Perlenschnur demRheintaler Höhenweg entlang.Der Flyer wird vom VereinSt.Galler Rheintal Ende Jahr her-ausgegeben.

Motivieren und sensibilisieren

Ein weiteres Beispiel für dasEngagement des Vereins St.Gal-ler Rheintal ist der Workshopzum Thema «Biodiversität», derkürzlich für Bauamtsmitarbei-

tende stattfand und der auf gros-ses Interesse stiess. Dabei wur-den die Kursteilnehmer unteranderem dazu ermuntert, in Be-zug auf die Biodiversität Mut zubeweisen. Denn wenn man et-was bewirken wolle, müsse dieöffentliche Hand eine Vorbild-funktion wahrnehmen – damitsich Private hoffentlich davoninspirieren lassen. «Genau dannfruchtet unsere Arbeit. ErklärtesZiel des grünen Bandes ist näm-lich, Entscheidungsträger unddie Bevölkerung zu sensibilisie-ren und dazu zu motivieren, sel-ber einen Beitrag zur landschaft-

lichen Vielfalt zu leisten», sagtAndreas Mathieu, Projektleiterdes Vereins St.Galler Rheintal(VSGR).

Naherholung ist wichtig

Das ist wichtig, denn dasSt.Galler Rheintal hat viele land-schaftliche Schätze, die es zu be-wahren und weiter zu entwi-ckeln gibt. Zudem ist eine in-takte Natur die optimale Voraus-setzung für attraktive Naherho-lungsgebiete. Diese wiederumspielen eine entscheidende Rol-le, wenn es darum geht, dasRheintal als Arbeits- und Le-

bensraum weiter zu entwickeln.«Der Siedlungsrand bildet näm-lich den Übergang von Wohnenund Arbeiten zu Natur und Er-holung. Und weil durch die Vor-gaben der Raumplanung unwei-gerlich eine innere Verdichtungstattfindet, müssen die verblei-benden Grünflächen sorgfältiggestaltet und gepflegt und esmuss eben auch für mehr Viel-falt gesorgt werden. Dann wer-den unsere Kinder auch in Zu-kunft hie und da einen Schmet-terling vorbeiflattern sehen», soVSGR-Projektleiter Andreas Ma-thieu.

Flyer mitFokusgebietenin PlanungRHEINTAL. Ende Jahr wird der Ver-ein St.Galler Rheintal im Rah-men des «grünen Bandes» einenFlyer herausgeben. Darauf wer-den bearbeitete Fokusgebietegezeigt, die quasi als Perlen-schnur dem Rheintaler Höhen-weg angegliedert sind. Entschei-dungsträger und Bevölkerungsollen mit dem attraktiv gestalte-ten Flyer Bezug auf die aktuellenThemen, auf bestehende Werteund laufende Entwicklungen(innere Verdichtung/Grünflä-chen am Siedlungsrand/Naturim Siedlungsraum) nehmenkönnen. Damit soll sensibilisiertund Bewusstsein geschaffenwerden für vorhandene Unter-schiede in der Landschaftsge-staltung. (pd)

Bild: pd

Das Gebiet Blosenberg ge-hört auch zu den Fokus-gebieten des Rheintals.

Bild: pd

Thomas Oesch

«Wir nehmen unsereVorbildfunktion wahr»Präsident der VSGR-Fachgruppe Siedlung undLandschaft, Reto Friedauer, im Interview.

CECILE ALGE

Wie man kürzlich lesen konnte, istder Aktionsplan BiodiversitätSchweiz aus verschiedenen Grün-den eine Zangengeburt. Offen-sichtlich kann man mit demThema Biodiversität momentankeine Lorbeeren holen. Warumsetzt sich der Verein St.GallerRheintal (VSGR) trotzdem dafürein?Reto Friedauer: Vor allem wollenwir kein Kirschlorbeer holen,denn dies ist eine Problempflan-ze. Doch Spass beiseite: Fakt ist,dass mit dem neuen Raumpla-nungsgesetz die Zersiedelungder Landschaft eingedämmtwerden soll. Dies führt automa-tisch zu einem Druck auf die be-stehenden Grünstrukturen in-nerhalb der Siedlung. Umsowichtiger ist es, dass die Qualitätund die Vielfalt in den verblei-benden Freiräumen hochwertigwird. Das betrifft auch die Sied-lungsränder. Mit dem Projekt«grünes Band» und den entspre-chenden Aktionen wollen wirunsere Vorbildfunktion wahr-nehmen und versuchen, dieLeute auf diese Zusammenhän-ge aufmerksam machen.

Können Sie uns sagen, um was fürAktionen es sich dabei handelt?Friedauer: Einerseits sind diesAktionstage wie jener vom 31.Oktober beim Heim Oberfeld inMarbach, andererseits sollen diebereits etablierten Weiterbil-dungstage für das Gemeinde-

personal weiterentwickelt undfür weitere Interessengruppenzugänglich gemacht werden.Wir können uns auch vorstellen,dass mit gezielten und koordi-nierten Pflanzaktionen im öf-fentlichen Raum eine gewisseBreitenwirkung erzielt werdenkann. Auch das Thema Weg-marken kann regional weiter-verfolgt werden.

Wie können die Gemeinden dazumotiviert werden, dass sie aktivwerden und den Worten auchwirklich Taten folgen lassen?Friedauer: Die ökologischen Vor-teile alleine reichen nicht aus füreine verstärkte Förderung derArtenvielfalt. Es müssen auchdie ökonomischen Fakten stim-men. Positive Erfahrungen mitnaturnahen Gestaltungen, beiwelchen in die Planung mehrinvestiert wird, die dann aber imUnterhalt günstiger sind, kön-nen da helfen.

Bild: pd

Reto Friedauer