Demenz Tobias Wächter Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen, Tübingen Klinik für...

Post on 05-Apr-2015

117 views 2 download

Transcript of Demenz Tobias Wächter Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen, Tübingen Klinik für...

Demenz

Tobias WächterDeutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen, Tübingen

Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Geriatrisches Zentrum, Universität TübingenZentrum für Neurologie und Hertie-Institut für Klinische Hirnforschung, Universität Tübingen

Eberhard-Karls-Universität

Universitätsklinikum TübingenUKT

Definition: Demenz

• (lat. dementia „ohne Geist“)

• Demenz (ICD-10-Code F00-F03) ist ein Syndrom – als Folge einer meist chronischen oder fortschreitenden

Krankheit des Gehirns – mit Störung vieler höherer kortikaler Funktionen,

einschließlich Gedächtnis, Denken, Orientierung, Auffassung, Rechnen, Lernfähigkeit, Sprache, Sprechen und Urteilsvermögen im Sinne der Fähigkeit zur Entscheidung.

– Das Bewusstsein ist nicht getrübt. – Für die Diagnose einer Demenz müssen die Symptome nach

ICD über mindestens sechs Monate bestanden haben. – Die Sinne funktionieren im für die Person üblichen Rahmen. – Gewöhnlich begleiten Veränderungen der emotionalen

Kontrolle, der Affektlage, des Sozialverhaltens oder der Motivation die kognitiven Beeinträchtigungen.

– Kann bei unterschiedlichen Erkrankungen auftreten.

Prävalenz

Weltweit 24 Millionen Demenzerkrankte!

Deutschland > 1 Million

Prävalenz

Weltweit 24 Millionen Demenzerkrankte!

Deutschland > 1 Million Abbildung: DGN Leitlinien Demenz

Häufigkeiten der Demenzen

Einteilung nach DGN:

• Demenzen: - vaskulär

- (neuro-)degenerativ

- gemischt

• Demenzen bei anders klassifizierten Erkrankungen (nach ICD10): Pick-Krankheit, Creutzfeldt-Jakob-Krankheit, Chorea Huntington, primärem Parkinson-Syndrom, HIV-Krankheit, Epilepsie, hepatolentikulärer Degeneration (Morbus Wilson), Hyperkalziämie, Hypothyreose, Intoxikationen, Multiple Sklerose, Neurosyphilis, Niacin-Mangel (Pellagra), Panarteriitis nodosa, systemischer Lupus erythematodes, Trypanosomiasis, Vitamin B12-Mangel, zerebraler Lipidstoffwechselstörung, PSP, NPH

Einteilung mit Demenzen

Häufigkeiten

Alzheimer Demenz ca. 50-60%

Vaskuläre Demenz ca. 20 %

gemische Demenzen ca. 15%

Lewy-Körperchen-Erkrankung und Parkinson-Syndrom

ca. 10-20%

Frontotemporale Demenz ca. 5-10%

Andere < 5%

(neuro-) degenerative Demenzen

• Alzheimer• Lewy-Körperchen-Erkrankung & M.

Parkinson mit Demenz• Frontotemporale Demenz

Morbus Alzheimer

• Erstbeschreibung Alois Alzheimer• Neuerkrankungen in Deutschland: 120.000/Jahr

(Neuzulassungen VW 2005: 75.956) • Klinik: anfänglich Kurzzeitgedächtnis-, im Verlauf

Langzeitgedächtnisstörung

Begleitend: Persönlichkeitsveränderung, Angst, Halluzinationen, Depression

• Pathologie: Extrazellüläre Plaques, intrazelluläre Fibrillen, Neurodegeneration

• Therapie: - Acetylcholinesterase-Hemmer: Donepezil, Galantamin und Rivastigmin

- NMDA-Rezeptorantagonisten: Memantin

Auguste Deter

MRT vom Patienten mit M. Alzheimer

MRT vom Patienten mit M. Alzheimer

Lewy-Körperchen-Erkrankung & M. Parkinson mit Demenz

• Erstbeschreibung: Friedrich H. Lewy• Geschätzte Zahl in Deutschland: 150.000• Klinik: Vergesslichkeit, Halluzinationen,

Parkinsonsyndrom

Begleitend: Stürze, Aphathie, "Aberrant motor behaviour"

• Pathologie: Lewy-Körperchen, eosinophiele Einschlusskörperchen im Zytoplasma in der Hirnrinde und dem Hirnstamm

• Therapie: - Acetylcholinesterase-Hemmer: Rivastigmin, (Donepezil und

Galantamin) - (NMDA-Rezeptorantagonisten: Memantin)

frontotemporale Demenz

• Erstbeschreibung: Arnold Pick• Geschätzte Zahl in Deutschland: ???• Klinik: Wesensänderung, Aphasie, semantische Demenz • Unterformen:

• Frontale/frontotemporale Verlaufsform mit führender Wesensänderung (Haupttyp)

• Primär-progressive Aphasie (führende nichtflüssige Aphasie) • Semantische Demenz (führende flüssige, semantische Aphasie).

• Pathologie: Atrophie des Stirnhirns oder des Schläfenlappens, Einschluss von Protein Tau (Ubiquitin)

• Therapie: - Serotonin-Wiederaufnahmehemmer

- Neuroleptika

Vaskuläre Demenzen

• Multiinfarktsyndrom ischämischen oder hämorrhagischen Insulte mit Untergang einer kritischen Masse an neuronalen Gewebe

• Strategische Insulte: ausgeprägte kognitive Defizite bei kleinem Läsionsvolumen an entscheidenden Stellen (Thalamus, hinteres Kapselknie, frontales Marklager)

• Mikroangiopathische Läsionen – multilakunären Syndroms – konfluierende Marklagerveränderungen (subkortikale vaskuläre

Enzephalopathie, SVE). • Mikrogefäßveränderungen

– Kapillarverlust – Blut-Hirn-Schranken-Störungen

• genetische Grunderkrankungen – CADASIL-Erkrankung – HERNS-Syndrom– familial British dementia (HCHWA-D (Hereditary Cerebral

Hemorrhages with Amyloidosis of the Dutch Typ), HCHWA-I (Icelandic Type))

• Therapie: wie Schlaganfall, – ASS?

Vaskuläre Demenzen

Was kann mit Demenz verwechselt werden?

• Depression • Einfache „Altersvergesslichkeit“ • Verweigerung und Vermeidungsverhalten • Deprivationserscheinungen bzw. Hospitalismus

mit Regression (z. B. in Altersheimen) • Leichte kognitive Störung des Alters• Mangel an Vitaminen und Mineralien (z. B. Vitamin

B12, Perniziöse Anämie) • Schlaganfall• Gehirntumore• Störungen des Stoffwechsels (beispielsweise

Unterzuckerung bei Diabetikern, Entgleisungen des Nierenstoffwechsels etc.)

• Delir• Geistige Behinderung• Psychose und Wahn (z. B. Schizophrenie, Manie

und psychotische Depression) • Flüssigkeitsmangel (Exsikkose)

Anamnese & Untersuchung

• Eigen-, Fremd-, Familien- und Sozialanamnese unter Einschluss der vegetativen und Medikamentenanamnese

• Psychiatrische und neurologische Untersuchung

• Bildgebung (CT oder MRT) / PET?• EEG, EKG

Labor

• Labor: Blutbild, Elektrolyte (Na, K, Ca), Nüchtern-Blutzucker, TSH, Blutsenkung oder CRP, GOT, Gamma-GT, Kreatinin, Harnstoff, Vitamin B12.

• Erweitertes Labor: Differenzial-Blutbild, BGA, Phosphat, HBA1c, Homocystein, fT3, fT4, SD-Antikörper, Kortisol, Parathormon, Coeruloplasmin, Vitamin B6, Borrelien-Serologie, Pb, Hg, Cu, Lues-Serologie, HIV-Serologie, Drogenscreening, Urinteststreifen, Folsäure.

• Nervenwasser: – Ausschluss Entzündung, Zellen– beta-Amyloid-1-42 und gesamt Tau/Phospho-Tau

Neuropsychologische Testung

• Kurztests: MMS, DemTect, Uhrentest

Einteilung:

• MMST 20 bis 26 Punkte: leichte Alzheimer-Demenz

• MMST 10 bis 19 Punkte: moderate/mittelschwere Alzheimer-Demenz

• MMST weniger als 10 Punkte: schwere Alzheimer-Demenz

• MCI: > 24, keine wesentliche Beeinträchtigung der Alltagsfunktion

MMS

Uhrentest

Uhrentest

DemTect

Neuropsychologische Testung

• Kurztests: MMS, DemTect, Uhrentest

Einteilung:

• MMST 20 bis 26 Punkte: leichte Alzheimer-Demenz

• MMST 10 bis 19 Punkte: moderate/mittelschwere Alzheimer-Demenz

• MMST weniger als 10 Punkte: schwere Alzheimer-Demenz

• MCI: > 24, keine wesentliche Beeinträchtigung der Alltagsfunktion

Notfälle

• Verwirrtheit: – Tavor 0,5 mg (Cave: Sucht, Somnolenz, Paradox)– Rivotril 0,5 mg (Cave: ParkinsonSyndrom)– Seroquel 7,25 mg (Cave: QTc-Zeitverlängerung)

Start low, go slow!