Post on 22-Aug-2019
Der Schuman-Plan: Wie Europas Einigung begann
7. Mai 1950
Robert Schuman schlägt eine europäische Montanunion vor
Mit Kohle und Stahl waren die Waffen geschmiedet worden, um Europa in zwei Weltkriegen in
Schutt und Asche zu legen. Der Vorschlag des französischen Außenministers Robert Schuman,
die Produktion dieser Rohstoffe im europäischen Rahmen zusammenzulegen, packte das Übel an
der Wurzel – und damit auch die jahrhundertealte Feindschaft zwischen Deutschland und
Frankreich. Adenauer hatte im März 1950 ähnliche Gedanken formuliert.
Mit dem vorliegenden Schreiben unterrichtete ihn Schuman zwei Tage vor der öffentlichen Ver-
kündigung von seiner Initiative, die als „Schuman-Plan“ Weltgeschichte schreiben sollte. Das
Konzept dazu stammte von dem französischen Unternehmer Jean Monnet.
„Die französische Regierung schlägt vor, die Gesamtheit der französisch-
deutschen Kohle- und Stahlproduktion einer gemeinsamen Hohen Behörde zu
unterstellen, in einer Gestaltung, die für die Teilnahme anderer europäischer
Länder offen ist.“
– So lautet die entscheidende Passage auf Deutsch (Blatt 2, 4. Absatz).
Das Schreiben ist im offiziellen Notenstil des diplomatischen Schriftverkehrs gehalten. Am Ende
bricht Schuman aber mit dem Briefzeremoniell und setzt der förmlichen französischen Gruß-
formel handschriftlich und auf Deutsch seine persönlichen Grüße an Adenauer hinzu. Keine fünf
Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges war dies eine kleine Geste von großer symboli-
scher Bedeutung.
Von einem Sondergesandten wurde das Schreiben nach Bonn überbracht. Noch am Abend des 9.
Mai eröffnete Adenauer der Presse die Zustimmung der Bundesrepublik Deutschland zum
Schuman-Plan.
Die Verhandlungen über den Vertragstext waren schwierig, doch schließlich wurde der Vertrag
über die Montanunion am 18. April 1951 in Paris unterzeichnet. Am 23. Juli 1952 trat er in Kraft.
Deutschland, Frankreich, Italien, die Niederlande, Belgien und Luxemburg gründeten damit die
Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS). Sie ist in der Europäischen Union aufge-
gangen. Am 8. September 1852 eröffnete Adenauer die erste Sitzung des Ministerrats der EGKS.
Mit dem Schuman-Plan hatte die Bundesrepublik den Weg betreten, durch wirtschaftliche und
politische Integration als gleichberechtigtes Glied der westlichen Welt die Souveränität und am
Ende auch die Einheit Deutschlands wiederzugewinnen.
Regest und Formalbeschreibung:
Paris, 1950 Mai 7
Französischer Außenminister Schuman an Bundeskanzler Adenauer: Sicherung des Friedens in
Europa durch konkrete Taten, Beseitigung der deutsch-französischen Erbfeindschaft. Dazu Un-
Politisches Archiv des Auswärtigen Amts Das besondere Dokument, Folge 2
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terstellung der Kohle- und Stahlproduktion beider Länder unter eine durch internationalen Ver-
trag zu schaffende Hohe Behörde. Das Eigentum an Unternehmen bleibt unberührt. Veröffentli-
chung des Vorschlags durch die französische Regierung vorgesehen für den 9. Mai.
Archivsignatur: PA AA, B 20–200, Bd. 20.
Schreiben im französischen Briefstil (sog. Note) in französischer Sprache, eigenhändig unterschriebe-
ne Ausfertigung. 27 x 21 cm, 3 Blätter, Vorderseiten in Maschinenschrift beschrieben, auf Bl. 3 hand-
schriftliche Grußformel. Kopfbogen „Affaires Etrangères“ – „Le Ministre“. Aufgesetzte Vermerke des
Empfängers: Unten möglicherweise Aktenzeichen des Bundeskanzleramtes „100“, oben nachträgli-
cher (!) Eingangsstempel des am 15. März 1951 gegründeten Auswärtigen Amts mit Eingangsdatum
„9. Mai 1950“ (handschriftlich korrigiert aus „1951“ und Tagebuchnummer „213 1 a“.
Faksimile auf den nächsten Seiten!