Post on 01-Aug-2020
DESPACITO CIGARS
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« WIR MÜSSEN NICHT DAVON LEBEN »
Als Zigarrenhändler fangen Andreas Waespi und Tony Gug-genbühler noch einmal von vorne an. Im Interview ziehen der ehemalige CEO der Bank Coop und der pensionierte UBS-Banker eine erste Zwischenbilanz.
Sie haben Ihre Zigarren nach einem Som-merhit benannt. Mögen Sie den Song?Tony Guggenbühler: Ich kann das Lied
nicht mehr hören. Aber der Name hat
uns inspiriert.
Andreas Waespi: Despacito bedeutet so
viel wie ganz langsam, immer mit der
Ruhe. Genau darum geht es. Man zün-
det eine Zigarre an, wenn man Zeit hat.
Und nicht, wenn man aufs Tram wartet.
Passt das auch zu Ihnen?TG: Sehr gut sogar.
AW: Sicher. Finden Sie nicht?
Ihre Lebensläufe lassen nicht darauf schliessen. AW: Im Leben muss man ab und zu auch
wieder retourfahren.
TG: Ich liess mich frühpensionieren, weil
ich es ruhiger nehmen wollte. Das Golf-
spielen allein war mir dann aber doch
zu wenig. Wobei die Idee, eigene Zigar-
ren zu machen, am Anfang mehr ein
Tagtraum war.
Wie hat Ihr Umfeld darauf reagiert?TG: Die meisten fanden die Idee gut,
glaubten aber nicht, dass wir sie durch-
ziehen würden.
AW: Der Song hatte auf Youtube schon
damals 4,5 Milliarden Views. Dass die
Domain noch zu haben war, hat uns
sehr erstaunt. Wir sahen das als Chance
und haben sie dann gleich reserviert.
Ansonsten hätten wir es auch nicht
gemacht. Man kann nicht einfach ir-
gendeinen Brand nehmen für Zigarren,
auf die kein Mensch gewartet hat. Mit
einem guten Namen sind die Erfolgs-
aussichten für eine Zigarrenmarke we-
sentlich grösser.
Ist der Name wirklich so wichtig?TG: Wenn man sich Gucci, Louis Vuitton
und Co. anschaut, sieht man, dass das
Interview: Delia Bachmann
Fotos: Jürg Waldmeier
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Branding und Design mindestens eben-
so wichtig sind wie das Produkt.
Das dreijährige Berufsverbot, mit dem Sie die Finma 2014 belegte, weil die Bank Coop Marktmanipulation betrieben hatte, ist ausgelaufen. Wollten Sie nie ins Ban-king zurück?AW: Das Verbot war völlig unverhältnis-
mässig, darin ist man sich in Fachkrei-
sen einig. Zumal sich ja auch niemand
bereichert hat. Aber ich wusste: Wenn
etwas ist, musst du den Kopf hinhalten.
Und so kam es dann auch. Als CEO war
ich Angestellter, jetzt trage ich selber
unternehmerische Verantwortung, das
ist etwas ganz anderes. Übrigens hätte
ich weiter in einer Bank arbeiten kön-
nen, nur nicht in den obersten Funktio-
nen. Angebote gab es genug, aber ich
beschloss, meinen Traum zu verwirkli-
chen und Unternehmer zu werden. Also
machte ich Nägel mit Köpfen und grün-
dete eine Beratungsfirma.
Inwiefern ist Ihre Arbeit als Berater etwas ganz anderes? AW: Einen Teil der Wirtschaft habe ich
sehr gut kennengelernt. Jetzt bin ich auf
der Gegenseite. Meine Mandanten sind
froh, dass sie jemanden haben, der sich
in all den Verhandlungen auskennt. Als
Unternehmer hat man mehr Freiheiten.
Das heisst aber nicht, dass man weniger
arbeitet. Den Traum, mit wenig Arbeit
viel Geld zu verdienen, hatte ich auch
schon. Das funktioniert nicht.
Sie erklären Ihren Mandanten also, was diese sagen müssen, um von der Bank einen Kredit zu bekommen. AW: Es geht ein bisschen in diese Rich-
tung. In der Regel verhandle ich selber.
Zurück zu den Zigarren. Sie haben sich einiges überlegt, bevor Sie mögliche Pro-duzenten anfragten.TG: Zigarrenraucher und zigarrenaffine
Personen machen etwa zwei Prozent
der Schweizer Bevölkerung aus. Davon
mögen rund 80 Prozent lieber milde Zi-
garren, die trotzdem würzig sind und
sich während des Rauchverlaufs
geschmack lich verändern. Wir beide
sind da keine Ausnahme. In Nicaragua,
Honduras und der Dominikanischen
Republik suchten wir dann nach Produ-
zenten, wobei wir zum Teil nicht einmal
eine Antwort bekamen. Schliesslich
fanden wir in der Dominikanischen Re-
‹ Ich wusste: Wenn etwas ist, musst du den Kopf hinhalten. Und so kam es dann auch. ›
Andreas Waespi hat eine steile Bankenkarriere hinter sich: Lehre bei der Schweizerischen Volks-bank in Zürich (1977), Leiter Privatkunden und Geschäftsleitungsmitglied bei der Basler Kantonalbank (BKB, 1996), Beförderung zum stellvertretenden Direktionspräsident (2004), ein Jahr später die Wahl zum CEO der Bank Coop (heute Bank Cler), einer BKB-Tochtergesellschaft. 2014 kam dann der grosse Bruch: Weil die Bank Coop Marktmanipulationen betrieben hatte, belegte die Eidgenössische Finanz-marktaufsicht Waespi mit einem dreijährigen Berufsverbot. Seit 2015 ist der heute 57-Jährige mit Waespi Consulting als Berater unterwegs und hat ein Dutzend Verwaltungsratsmandate inne.
Ursprünglich kommt Tony Guggenbühler aus der Rohstoffbranche. Als Kaffeetrader war der heute 63-Jährige während zehn Jahren in Zaire (heutige Demokratische Repu-blik Kongo) aktiv. Seine Aufgaben reichten von der Beschaffung des Rohkaffees über die Aufbereitung vor Ort bis hin zum Vertrieb in ganz Europa. 1990 wechselte Guggen-bühler als Quereinsteiger zur UBS, bei der er in leitender Stellung in diversen Berei-chen der Investmentfonds tätig war. Mitte 2017 liess er sich frühpensionieren.
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publik mit der Intercigar S. A. von Mau-
rice Koks eine Firma, die genau das bot,
was wir suchten: Premiumzigarren zu
fairen Preisen.
AW: Uns war wichtig, dass wir den Busi-
ness Case komplett aus Sicht der Konsu-
menten durchspielen.
Wie das?AW: Wir beobachteten, was die Leute
aus unserem Netzwerk gerne rauchen,
und fragten nach, wie viel sie für eine
Zigarre zahlen würden. Gerade auch bei
Pensionierten, die nicht mehr gleich viel
verdienen wie früher. So definierten wir
unsere Preispolitik. Erst danach schau-
ten wir mit dem Produzenten an, wie
wir eine Premiumzigarre unter zehn
Franken herstellen können.
TG: Möglich sind diese Preise aber nur,
weil wir die Zigarren ausschliesslich
über den Webshop verkaufen.
Besuchten Sie die Fabrik? TG: Nachdem wir die Domain reserviert
hatten, sagten wir uns, dass wir es ent-
weder richtig machen oder gar nicht.
Andy ging dann fast unangemeldet
vorbei, um sich Arbeitsbedingungen und
Qualitätskontrolle vor Ort anzusehen.
Sie standen also bereits vor der Tür, als Sie sich ankündigten? AW: Mehr oder weniger. Jedenfalls
konnten sie sich nicht gross vorbereiten.
Der Besuch lief sehr geordnet ab, ob-
wohl der Chef nicht da war. Die Quali-
tätskontrolle stimmte, und die Pausen
wurden eingehalten.
Wie läuft es seit dem Launch im Juli? TG: Sehr gut. Von den bestellten Kisten
ist schon ein Viertel weg. Wegen der
viermonatigen Vorlaufzeit mussten wir
im September schon nachbestellen.
Welche Ziele haben Sie sich gesteckt? AW: Wir haben zahlreiche Anfragen,
aber wir sagen uns: Despacito. Es soll ein
Hobby bleiben. Wir müssen davon nicht
leben können. Es ist aber auch nicht so,
dass wir damit Geld verlieren wollen.
TG: Wir haben unsere Marke in der
Schweiz, in Deutschland, in Österreich
und vorsorglich in Russland schützen
lassen. Es ist auch viel Aufwand, die
ganze Infra struktur aufzubauen.
Sie haben von der Produktion bis zur Lo-gistik alles ausgelagert. TG: Den Webshop zähle ich auch zur In-
‹ Wir sagten uns, dass wir es entweder richtig machen oder gar nicht. ›
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frastruktur. Da gab es einige Hürden, die
wir aber überwinden konnten.
Zum Beispiel? TG: Als wir am Tag X online gehen woll-
ten, teilte uns unser Zahlungsprovider
Stripe mit, dass er Tabak nicht unter-
stützt. In einer Nacht- und Nebelaktion
wechselten wir zur Postfinance und
mussten Verträge mit der SIX abschlies-
sen. Es wird einem nicht leicht gemacht.
AW: Es ist ein Start-up, da braucht es
am Anfang grossen Effort, damit alles
zum Laufen kommt. Mit der Zeit nor-
malisiert sich das, und wir lernen im-
mer wieder dazu.
Wie erklären Sie sich den guten Start?TG: Es ist ein sehr personenbezogenes
Geschäft, man muss präsent sein. Mit
einer Domain ist es nicht getan. Und es
wäre illusorisch zu glauben, dass alle,
die bei Google Despacito eintippen,
gleich eine Kiste Zigarren bestellen.
AW: Ich denke, es ist wie bei einem gu-
ten Wein. Wer bestellt schon einen Wein
übers Internet, den er nicht kennt? Zi-
garren sind ein Genussmittel, das etwas
kostet. Die Leute wollen es erst einmal
Despacito Cigars AGIm Juli lancierte die im März gegründete Despacito Cigars AG ihre erste Zigarre in den Formaten Short Robusto, Robusto und Toro: Die Einlage aus nicaraguanischem Criollo 98 und dominikanischem Piloto Cubano wird von einem Umblatt aus Olor Dominicano und einem Deckblatt aus ecuadorianischem Corojo 99 zusammengehalten. Die Einlage der Limited Edition Double Toro mit Pigtail enthält zusätz-lich Broadleaf-Tabak aus den USA. Gerollt werden die Longfiller von den 20 erfahrensten Torcedores der Firma Intercigar im dominikanischen Tamboril. Mit der Lagerung und Logistik wurde die in Basel ansässige The Royal Cigar Company GmbH betraut. Für das Branding zeichnete die Zürcher Designe-rin Catherine Martin verantwortlich. www.despacitocigars.com
probieren. Darum sind wir aktuell an
vielen Anlässen präsent.
Sind Sie denn gerne unter Leuten?TG: Andy ist es sich mehr gewohnt als
ich. Aber ja, ich mache es sehr gerne.
Man isst etwas in kleinem Rahmen,
trinkt ein Glas Wein oder einen Rum und
tauscht sich aus.
AW: Ich nahm jahrelang an Generalver-
sammlungen mit über 1000 Leuten teil.
Jetzt ist es nochmals angenehmer. Wir
machen was, an dem die Leute Freude
haben und hinter dem wir zu 100 Pro-
zent stehen können. Das war bei den
Bankprodukten nicht immer der Fall.