Post on 07-Oct-2020
FOTOS:PETERDRUCKERSOCIETY
DIE KRAFT DERÖKOSYSTEMEInternationaler Kongress inWien. Thema:
„Management in einer vernetztenWelt.“21./22. NOVEMBER, WIENER HOFBURG
N O V E M B E R 2 0 1 9
9 024700 00089 5 01
SONDERAUSGABED UU ADRUCKERDRR EE
FORUM2019
IMPRESSUM Medieninhaber: KURIER Zeitungsverlag und Druckerei Ges.m.b.H., Leopold-Ungar-Platz 1, 1190 Wien Autoren: Wolfgang Unterhuber, Martina Martinek,Martin Mühl, Yasmin Vihaus Fotoredaktion: Susanne Schoberberger Layout: KURIER-Produktion Bildbearbeitung: KURIER-BildtechnikGesamtanzeigenleitung: Prokurist Stefan Lechner Geschäftsführer: Mag. Thomas Kralinger, Dkfm. Mark MickaschVerleger: Mediaprint Zeitungs-, Zeitschriftenverlag Ges.m.b.H. & Co KG, Muthgasse 2, 1190 Wien Hersteller: Walstead Leykam, Bickfordstraße 21, 7201 NeudörflDieses KURIER Extra zum Global Peter Drucker Forum ist eine entgeltliche Einschaltung in Form einer Medienkooperation mit der Stadt Wien.F
OTO:IMAGINIMA/ISTOCKPHOTO.COM
S O N D E R H E F T P E T E R D R U C K E R F O R U M 3
inhalt
Richard Straub, Gründer und Präsident des Global Drucker
Forums, proklamiert das Leadership-Jahrhundert.
Die Zukunftsforscherin: Wie Amy Lynn Webb, Gründerin
des Future Today Institutes, Top-Unternehmen,
Regierungsbehörden und gemeinnützige Organisationen
in die Zukunft führt.
Richard Straub, Präsident des Global Drucker-Forums, im
Interview über „Innovation statt Revolution“.
Wie der Flughafen Wien-Schwechat und WienTourismus
internationale Netzwerke knüpfen.
„Orchestrieren statt Dirigieren“: Eine Analyse des Autors
und Publizisten Simon Caulkin .
Wie Wien mit seinem Netzwerk-Kreislauf zur lebenswertesten
Stadt der Welt wurde.
Kurt Gollowitzer über sein erstes Jahr als Wien-Holding-Chef
und wie wichtig Netzwerke bei der täglichen Arbeit sind.
Infineon-Österreich-CEO Sabine Herlitschka über das
Ökosystem-Management bei Infineon und die
Herausforderungen durch die Digitalisierung.
Wien-Energie-Geschäftsführer Michael Strebl über sein
Unternehmen als Teil eines vernetzten Ökosystems.
4
6
8
12
16
17
20
22
26
„Wir bauen das Amazon des Materialhandels auf“,
sagt Gisbert Rühl, Vorstandsvorsitzender
von Klöckner & Co SE.
Wie Michael G. Jacobides, Spezialist für Netzwerke
und Plattform-Ökonomie an der London Business School,
die Auswirkungen weltumspannender
Ökosysteme erforscht.
Wiens Stadtbaudirektion Brigitte Jilka über Nachhaltigkeit
und ihre vernetzte Strategie.
Avivah Wittenberg-Cox, CEO von 20-first, zeigt Unternehmen,
wie sie durch Geschlechterbalance die Business-Ökosysteme
der Zukunft nutzen können.
WU-Wien-Managerin Verena Madner über
Urban Management
Wie Wien die Themen Smart City und
Digitalisierung vernetzt.
Der Business-Experte, Autor, Consultant
und Unternehmer Alexander Osterwalder über die
Unternehmen der Zukunft und mit welchen Strategien
sie erfolgreich sein können.
Hall of Fame: Top-Expertinnen und Top-Experten
beim Drucker Forum.
28
31
32
34
35
36
38
42
FOTO:PETERDRUCKERSOCIETY
essay
PeterDrucker, der 2005 imAlter von 96 Jah-ren gestorben ist, bezeichnete seine Zeit als„ÄraderOrganisationenundInstitutionen“.Vor dem Hintergrund des Aufstiegs von
Großunternehmen seien sie das eigentliche Rück-grat vonGesellschaft undWirtschaft.Denn sobaldKrankenhäuser, Bildungseinrichtungen, Regie-rungsbehördenoderUnternehmennichtmehr leis-ten,was sie sollten, funktioniere dieGesellschaft alsGanzesnichtmehr.DieRollederManager, soDru-cker, sei daher fundamental: Sie seien dafür verant-wortlich,dassdieseökonomischenundsozialen–al-so letztlichmenschlichen–Einrichtungen ihreAuf-
in Zeiten wie diesen zu sehr auf Management-Me-thoden zu konzentrieren. Das Versagen finde viel-mehr auf derLeadership-Ebene statt.Managementund Leadership sind keine Synonyme, wieDruckersehrwohlwusste und in einer viel zitierten Feststel-lungaufdenPunktbrachte: „Management isdoingthings right; leadership is doing the right things“.Ein Leader legt die Richtung fest, die eine Organi-sation einschlägt. Führungspersönlichkeiten, diedenZweck unddieWerte ihrerOrganisation beto-nen,gehteswenigerumdas„Wie“alsumdas„Wa-rum“.Der schlimmste Fehler besteht demnach da-rin,aufeffizienteWeisezumanagen,wasüberhauptnicht getanwerden sollte.
GANZHEITLICHER BLICK.Der technologische Fort-schritt verleihtderBedeutungvonLeadershipnochmehr Gewicht: Den derzeitigen Herausforderun-gen ist weder mit Compliance-Checklisten, nochmitZertifizierungenoder immer spezifischerenRe-gulierungen beizukommen.Waswir heute benöti-gen, ist ein tieferer, weiterer und ganzheitlicherBlick auf die Welt. Ein Blick, den visionäre Füh-rungspersönlichkeiten vermitteln können. Es gibtkeine Abkürzung auf demWeg zu interdisziplinä-remWissen,Urteilsvermögen,Talentund letztlichWeisheit. Sichdabei aufMaschinenoderkünstlicheIntelligenz zu verlassen, ist der falscheWeg.In der aktuellen Phase des Übergangs empfiehlt essich, auf die Weisheit der großen Denker der Ver-gangenheit zurückgreifen. Wir haben das Glück,dass eine ganze Reihe dieser Lehrmeister mitWienund seiner kulturellen und wirtschaftlichen Tradi-tionverbundenwar. Schumpeter etwaprägteunse-re Auffassung von einem dynamischen Kapitalis-mus auf der Grundlage vonUnternehmertum undInnovation.HayekredetederFreiheitundderKraftwettbewerbsbestimmterMärktedasWort.Popperschärfte unseren Blick für die offene Gesellschaftund ihre Grenzen. Polanyi zeigte die Gefahren un-gezähmterMärkte auf und betonte die Bedeutungdes Staates für eine gerechte Gesellschaft. PeterDrucker führte letztlich diese Stränge zusammenund lehrte die Welt, wie man gute Intentionen intatsächliche Leistung ummünzt.
CHANGE. Auch wenn die Ideen dieser Lehrmeisteruns inspirieren: Konkrete Antworten auf die He-rausforderungen der Gegenwart müssen wir selbstfinden–ineinerWelt,diegeprägtistvoneinerenor-men Beschleunigung der Veränderung. Und den-noch: Ihre Stimmen mahnen uns, uns auf die Ver-nunftzubesinnenundnichtinideologischeGraben-
kämpfe zu verfallen oder populistischen Vereinfa-chungenandenRänderndespolitischenSpektrumsauf den Leim zu gehen.UnsereGesellschaft ist durchdrungen vonOrgani-sationen und Institutionen.Dies hat denBedarf so-wohl an Management-Fähigkeiten als auch anLeadership drastisch erhöht. Führungsqualität im21. Jahrhundertdarf sich jedochnichtmitdem„bigpicture“zufriedengeben.SiemussebensodieFragenderUmsetzungumfassen–dieswiederumerfordertdie Verquickung von Management- und Leader-ship-Fähigkeiten. Diese Art von Leadership ist diewahrhaft knappe Ressource unserer Zeit.Wenndas20.JahrhundertdasJahrhundertdesMa-nagements genannt wurde, sollte das 21. Jahrhun-dert daher im Zeichen des Leadership stehen. Ge-fragt sind fähigeFührungspersönlichkeiten, die dasbrachliegendes Potenzial der Menschheit erschlie-ßen– letztlich derwichtigste „Rohstoff“ auf diesemPlaneten. – RICHARD STRAUB
gabe erfüllen. Daher bezeichnete er Managementauch als „Sozialtechnik“: als Satz vonWerkzeugenundMethoden,diedabei helfen,Unternehmungenproduktiver zu gestalten.DasSkalierenvonArbeitsprozessenundStrukturenwar ein bestimmendesThema imKapitalismus des20. Jahrhunderts, sowohl inderPrivatwirtschaft alsauch im öffentlichen Sektor. Die Auswüchse diesesModells – Massenvernichtungswaffen und indust-riellerVölkermord– fanden auf schrecklicheWeisein den beidenWeltkriegen ihren Niederschlag. Inder Nachkriegszeit offenbarte sich allerdings auchdieenormepositiveKraftdieses„Effizienz-Manage-ments“:DemneuenWirtschafts-undSozialsystemgelang es, denWohlstand der Menschen drastischzu vergrößern – wenn auch nicht überall auf demGlobus.
THE RIGHT THINGS.Heute stehen wir neuerlich aneinem neuralgischen Punkt: Während sich unsereintellektuellen,sozialenundmoralischenStandardsim Lauf der Jahrtausende nur schrittweise weiter-entwickelthaben,sindunseretechnischenMöglich-keiten exponentiell gewachsen. Künstliche Intelli-genz (KI), Robotik,maschinelles Lernen oderGen-technik fordernunsmitvölligneuenFragenheraus.Dazugesellen sichglobaleBedrohungenvonÜber-bevölkerung über gewaltige Chancenungleichhei-ten bis hin zuKlimawandel und demAufeinander-prallenderKulturenimGefolgevonGlobalisierungundMassenmigration. Gerne wird dafür dieMeta-pher des „perfect storm“ beschworen: Gemeint istder Strudel mächtiger Elemente, deren KollisionunvorhersehbareWirkungen hervorruft.Das „klassische“Management ist angesichts dieserHerausforderungen häufig überfordert. AdrianWooldridge vom Economist warnte anlässlich desletztjährigen Drucker Forums inWien davor, sich
4 P E T E R D R U C K E R F O R U M 2 0 1 9
DAS JAHRHUNDERTDES LEADERSHIP
Straub:
Neue Wege
der Führung
Wenndas20. Jahrhundertdas JahrhundertdesManagementsgenanntwurde,
solltedas21. Jahrhundertdaher imZeichendesLeadership stehen.Gefragt sind
fähigeFührungspersönlichkeiten,diedasPotenzial derMenschheit erschließen.
„Wir stehen an einemneuralgischen Punkt: Während sich unsereintellektuellen, sozialen undmoralischenStandards im Lauf der Jahrtausende nurschrittweise weiterentwickelt haben, sindunsere technischenMöglichkeitenexponentiell gewachsen.“Richard Straub über die Herausforderungen der Gegenwart
FOTO:FUTURETODAYINSTITUTE(FTI)
WORLD MANAGEMENT LEADERS
porträt
DIE ZUKUNFTSFORSCHERIN
In derNatur entwickeln sichÖkosysteme ständigweiter. Das sollte man auch in der Geschäftsweltnie ausdenAugenverlieren, sonstwerden sie zumFluch“, weiß AmyWebb, die an der Stern Schoolof Business derNewYorkUniversity lehrt.Ihre beruflicheKarriere startete Amy als Journalis-tinbeimWallStreetJournalundgründete2006dasFuture Today Institute, ein führendes Strategie-unternehmen, das Führungskräften und ihrenOrganisationen hilft, sich auf die Zukunft vorzu-bereiten.Dabei arbeitet sie auch vielmitÖkosyste-men, weiß aber, dass sie in ständiger Veränderungbegriffen sind undman alle Einflussfaktoren in derBetrachtung berücksichtigen muss. „Wenn wirzum Beispiel das aktuelle Ökosystem eines Auto-herstellersuntersuchen,müssenwirauchdieKlima-forscher, imBereichder seltenenErdentätigeBerg-bauunternehmen sowie Start-ups, die sichmitVer-haltensbiometriebeschäftigen,miteinbeziehen“, soWebb,„undebensomitMenschen,dieimJahr2010geboren wurden und in den Jahren 2026 bis 2028beginnen, ihre eigenen Transportentscheidungenzu treffen.“ Denn sie alle hätten Einfluss auf dasÖkosystem des Autoherstellers. All diese Kompo-nenten nichtmitzudenken, hielte die Futuristin fürgrob fahrlässig.MitihremTeamberätWebbFortune500-undGlo-bal-1000-Unternehmen, Regierungsbehörden,große gemeinnützige Organisationen, Universitä-ten und Start-ups auf der ganzen Welt. Seit 2007gibt sie jährlich den renommierten Tech-Trend-Reportheraus,indemsieEntwicklungenwieHeim-Automatisierung voraussagte, aber auch aufzeigte,wie sie zum ausgeklügelten Gefängnis im eigenenHeim führen könnten. Denn wenn große Tech-Unternehmen beginnen, unsereHäusermit Stromzuversorgen,stehenwirvoreinigenheiklenFragen.„Was ist, wenn in naher Zukunft Ihr Fitness-Tra-cker, Ihre Smart-Waage und IhreMikrowelle mit-einander sprechen und sie entscheiden, dass Sie IhrKalorienlimit fürdenTagerreichthaben?Wiewer-den Sie reagieren, wenn Alexa Ihnen sagt, dass sieIhr Popcorn deshalb nicht zum Platzen bringenkann?“,fragtAmyWebb.SiehältHeimautomation
für einen wichtigen Trend, dessen Auswirkungenaber komplex sind, denn „all dieseAnnehmlichkei-ten könnten paradoxerweise zu einer Situation füh-ren, in der wir plötzlich sehr wenig Autonomie ha-ben“.Amy Webb wurde in die Thinkers50-Radar-Listeder30Management-Denkeraufgenommen,diedieZukunft des Managements und der Führung vonUnternehmenprägenwerden.SiewaraucheineDe-legierte in der ehemaligen bilateralen Präsident-schaftskommission USA-Russland, wo sie an derZukunft von Technologie, Medien und internatio-nalerDiplomatie arbeitete.WebbhatDrei-Sterne-Generäle und -Admirale, die Führung desWeißenHauses und CEOs einiger der weltweit größtenUnternehmen in Bezug auf ihre Zukunft beraten.Sie ist preisgekrönte Bestsellerautorin von Titelnwie „The Signals Are Talking: Warum heutigeRandbereichederMainstreamvonmorgenseinwer-den“. Hier erfahren die Leser, wie sie neue Techno-logienvorhersagenkönnen.DasBuchwareinBest-seller der Washington Post, gewann den GoldAxiomAward für Geschäftsbücher undwurde vonFastCompany,Inc.MagazineundAmazonalseinesder besten Bücher des Jahres ausgewählt. WebbsneuesBuch„TheBigNine“isteinAufruf,sichgegendie Fallstricke der künstlichen Intelligenz undmächtigenUnternehmen, die dieMensch-Maschi-ne-Beziehung auf denKopf stellen, zuwappnen.Trotz allerWarnungen steht die strategische Futu-ristindenjüngstenEntwicklungenundTrendsposi-tiv gegenüber. Denn wie bei jeder Technologie ha-benauchkünstlicheIntelligenzundDigitalisierungdas Potenzial, die Gesellschaft in Zukunft positivundnegativzubeeinflussen.„IchbinPragmatikerinundarbeiteberuflichmitDaten.AusdiesemGrunderkenneichan,dassunsereZukunftgleichzeitigop-timistisch, neutral und pessimistisch ist“, erklärtWebb. „Mir ist klar, dass das wie ein Paradoxonklingt, aber wenn die Zukunft nicht vorherbe-stimmt ist, haben wir jeden Moment die Möglich-keit, zu gestalten, was kommenwird“, sagt die Zu-kunftsforscherin.
– MARTINA MARTINEK
P E T E R D R U C K E R F O R U M 2 0 1 9 7
Sie ist Professorin für strategischeVorausschauundGründerindesFutureToday Institutes:
AmyLynnWebbberätTop-Unternehmen,Regierungsbehördenundgemeinnützige
Organisationenweltweit.
ZurPerson
Amy Lynn Webb, geboren 1974 in East Chicago, ist eine
amerikanische Futuristin, Autorin des Bestsellers „The Big Nine“
und Gründerin und CEO des Future Today Institute. Sie ist
Professorin für strategische Vorausschau an der Stern School of
Business der New York University und war von 2014 bis 2015
Visiting Nieman Fellow an der Harvard University.
SDFSFASDFASA
FOTOS:DRUCKERFORUM
P E T E R D R U C K E R F O R U M 2 0 1 9 9
interview
Manager werden mit immer rascheren Transforma-
tionsprozessen konfrontiert. Sind sie darauf über-
haupt vorbereitet?
Richard Straub: InderTat selten.EinerderFaktoren,der viele beunruhigt, ist die große Unsicherheit, diedamit verbunden ist. Die digitale Technologie erfor-dert neue Geschäftsmodelle. Das führt zu Umbrü-chen.DazukommtdiemenschlichePsychologie:Wirsindnieoptimal aufVeränderungenvorbereitet,weilwir uns Stabilität undBerechenbarkeit wünschen.
Welche neuen Fähigkeiten müssen Manager heute
mitbringen?
In der Management-Lehre und -Forschung ver-sucht man seit Jahrzehnten, den Führungskräftenentsprechende Werkzeuge an die Hand zu geben.Stichwort Design Thinking, Lean Startup oder diederzeit weit verbreitete Agile-Bewegung.
Mehr als nur Schlagworte?
Durchaus, denn dahinter befindet sich eine ganzePalette von Methoden. Nehmen wir das BeispielAgile:Hier geht es darum,Teamsdazu zubringen,nichtbloßbravProjektplänezuschreiben,wieesfrü-her der Fall war, sondern neue, ritualisierte Formender Zusammenarbeit zu entwickeln, die darauf ab-zielen, schnell, flexibel und proaktiv auf Verände-rungen zu reagieren.
Woher kommt dieser Trend?
Aus der Software-Industrie. Man hat erkannt, dasshochkomplexe Projekte nicht länger mit traditio-nellen Methoden zu managen sind. Im zweitenSchritt hatmanAgilität in die allgemeineManage-mentkultur implementiert – für Veränderungs-projekte im Rahmen des Unternehmens sowie ge-meinsammit denKunden. Agile wurde so Teil desMainstreams.
Wie ist Ihr Standpunkt zum Thema Design Thinking?
Design Thinking ist bekanntlich der Ansatz, Lö-sungen zu finden, die ausNutzersicht überzeugendsind. Sprich:Welche Innovation hat die Chance zufunktionieren?WiekannmanwirklichdenBedürf-nissen und Wünschen des Kunden entsprechen?Design Thinking ist meiner Ansicht nach eine derwesentlichstenMethoden in einer bewegtenWelt.
Dafür braucht es besondere Management-Fähigkei-
ten, oder?
Das Thema Empathie spielt meines Erachtens einewesentliche Rolle. Kann ichmir wirklich vorstellen,wasderKundewünschtoderbleibtdasabstrakt?Da-zubrauchtesMitarbeiter,die inderLage sind, sich inden Kunden hineinzuversetzen. Wichtig ist eben-falls, schon in einer frühen Phase Prototypen zu ent-wickeln,umsichderLösunginIterationenzunähern.
Reizthema Shared Value: Ist das mit der neuen
digitalen Realität vereinbar?
Durchaus. Nämlich dann, wenn ein UnternehmengrundsätzlicherfolgreichistundeinepositiveKom-ponente im gesellschaftlichen Umfeld repräsen-tiert. LautManagement-Vordenker PeterDruckerhat ein Unternehmen mehrere Aufgaben zu meis-tern:Höchste Priorität hat die Erfüllung »
RichardStraub,GründerundOrganisatordesGlobalPeterDruckerForums,
überTransformationsprozesse,DesignThinkingunddie langfristigenFolgen
derWirtschaftskrise von2008/’09.
INNOVATIONSTATT REVOLUTION
Richard Straub zum Thema
Kundenbeziehung: „Kann ich mir
wirklich vorstellen, was der
Kunde wünscht, oder bleibt das
abstrakt?“
FOTOS:DRUCKERFORUM
1 0 P E T E R D R U C K E R F O R U M 2 0 1 9
interview
Unternehmen haben eine solche Ausrichtungbereits seit längererZeit in ihrenGenen,undgeradederMittelstandmitvielenFamilienunternehmenistein Vorbild, was die Ausrichtung in die Zukunftbetrifft.
Was müsste man Ihrer Meinung nach ganz schnell
ändern?
Der erste Ansatz muss lauten, dass man voll undganz in Innovation investiert. Innovation verhin-dert Revolution: Dieser Satz muss in die Köpfehinein.
Wir erleben im Moment verschiedene ökonomisch-
politische Systeme auf der Welt: das turbokapitalisti-
sche amerikanische System, das antidemokratische,
kapital-kommunistische in Ostasien, das sozial-
liberale in Europa oder das neofeudalistische System
in Russland und der islamischen Welt. Welches wird
sich langfristig durchsetzen?
Jenes mit der stärksten Innovationsfähigkeit. Undichbinmirnichtsicher,obwirEuropäerdasseinwer-den. Ich glaube, dass sich unser Demokratie-verständnismomentan ineinerkritischenPhasebe-findet.Daherwürde ichvorschlagen,dasswiralldiekleinlichen politischen Kindereien lassen und unsaufdasWichtigekonzentrieren:WennDemokratiesich nicht selbst erneuern kann, dann verlierenwir.Peter Drucker hat den Begriff der „unternehmeri-schenGesellschaft“ geprägt unddamit eineGesell-schaft gemeint, die die Fähigkeit der Selbsterneue-rung in ihre Gene gewissermaßen einbaut. Das istgenau, was wir hier und heute brauchen. Dazu be-darfes jedochderBereitschaft,Wertschöpfung,wiesie Unternehmen leisten, hoch zu schätzen und zuunterstützen. – WOLFGANG UNTERHUBER
seines eigentlichen Daseinszwecks – nämlich Leis-tung zu erbringen. Am zweitwichtigsten ist lautDruckerderrichtigeEinsatzderMitarbeiter,diezu-nehmendWissensarbeitverrichten.DiedritteSäulebetrifft das Allgemeinwohl: Wie kann das Unter-nehmeneinenpositivenBeitrag fürdieGesellschaftals Ganzes leisten?
Die Folgen der Krise von 2008/’09 sind noch nicht zur
Gänze erkennbar. Haben seither in den Chefetagen die
kalten Rechner die kreativen Köpfe abgelöst?
Eine interessante Frage. Ich glaube, dass es keinSchwarz-Weiß-Bild ist. Die Krise hat zweifellosein Bewusstsein für die Fragilität der ökonomi-schen Verhältnisse geschaffen. Die Leute warenzutiefst erschrocken, wie schnell das System inSchwierigkeiten geraten kann. Das Bewusstseinist seither ein anderes:Manhat erkannt, dassmanauf allen Ebenen sorgsam wirtschaften muss.Gleichzeitig ist esnochmalklarergeworden,dassman ohne Innovation nicht überleben wird. Nurden Sparstift zu zücken, wird uns nicht weiter-bringen. Wer das nicht erkennt, bringt seinUnternehmen in Gefahr.
Dafür braucht es Leader. Was unterscheidet eigentlich
einen Leader von einem Manager?
Leader geben die Richtung vor, definieren denZweck des Unternehmens, vertreten die Werte,entwerfen Visionen und zeichnen das große Bild,während Manager die Budgets verwalten und fürdieUmsetzung verantwortlich sind.Allerdings be-steht in der Praxis die Notwendigkeit, über beideFähigkeiten zu verfügen – je nach Position, in derman sich befindet. Leadership und Managementsind eng verbunden.
Ein Unternehmen benötigt also beide Typen?
Genaudas ist derPunkt,wennmanerfolgreich seinwill. Management- und Leader-Typen kann mantatsächlich nicht trennen. Es gibt Phasen in einemUnternehmen, in denen mehr Management erfor-derlich ist. Und dann gibt es Phasen, in denen dasLeadershipindenVordergrundrückt.Geradeinderheutigen Situation der raschen Veränderung undzunehmenden Unsicherheit ist Leadership mehrvonnöten denn je.
Was die Langzeitperspektive betrifft, müssen Mana-
ger und Aktionäre noch dazulernen, wie es scheint.
Natürlich. Denn der Druck ist groß, jedes Quartaldie erwarteten Ergebnisse zu liefern, weil sonst derAktienkurs fällt. Und dennoch gibt es bereits Ver-änderungen, bei denen sich auch große Unterneh-meninRichtungLangfristigkeitpositionieren.Esistbezeichnend,dassderBusiness-Round-TableindenUSAerstkürzlichdieAbkehrvomPrimatderreinenShareholder-Value deklariert hat. Europäische
ZurPerson
Seine praktische Erfahrung mit Leadership und Management
hat Richard Straub in einer 32-jährigen IBM-Karriere gesammelt,
in der er unter anderem maßgeblich an der Entwicklung des
PC-Geschäftes für IBM in Österreich und Europa beteiligt war.
Im vergangenen Jahrzehnt hat er gemeinsam mit seiner
Frau Ilse das Peter Drucker Forum aufgebaut.
Ziel ist es, die Praxis des Managements in Wirtschaft und
Gesellschaft kontinuierlich zu verbessern. Heute ist das Drucker
Forum weltweit als führende Management-Konferenz
anerkannt. Ihre Bedeutung kommt in strategischen
Partnerschaften, etwa mit Harvard Business Review,
Financial Times oder der Stadt Wien, zum Ausdruck.
In Anerkennung der Bedeutung des Drucker Forums erhielt
Richard Straub zu Beginn dieses Jahres das Große
Ehrenzeichen der Republik Österreich verliehen.
„Leader gebendie Richtung vor,definieren den Zweck desUnternehmens, vertretendieWerte, entwerfenVisionen und zeichnendas große Bild.“Richard Straub zum Thema Leadership
FOTO:PEPOSCHUSTER/FLUGHAFENWIEN
P E T E R D R U C K E R F O R U M 2 0 1 9 1 3
report
» DieMotoren der Flieger rauschen, die Luft flim-mert, imMinutentakt landenund startendie größ-ten Vögel der Lüfte in Wien-Schwechat. Im Bürodes Flughafen-Vorstandes herrscht nicht mindergeschäftigesTreiben,wieaufdemRollfeld.EbenhatJulian Jäger ein Telefonatmit demCEOder ChinaSouthernAirlines beendet, nachdemer an einerVi-deokonferenzmitMitgliedernder Luftfahrtorgani-sation IATA teilgenommen hatte. Jetzt macht ersich auf denWeg zum Empfang von Akira Naka-mura, Vorstand der japanischen Fluglinie ANA.
TOR ZUR WELT. Im Jahr 2019 war der FlughafenWienTorzurWeltfürüber30MillionenPassagiere,so viele wie noch nie zuvor. Reisenden bietet derViennaInternationalAirporteinbreites, internatio-nalesNetzwerkanAirlinesundFlugrouten.Knapp80 verschiedene Fluglinien haben heuer 205Desti-nationen in 72 unterschiedlichen Ländern abWien
bedient, der FlughafenWien ist somit ein interna-tionales Drehkreuz par excellence. „Die enge Zu-sammenarbeit mit Airlines ermöglicht dabei aucheinenkontinuierlichenAusbaudiesesNetzwerkes“,erklärt der operative Vorstand, Julian Jäger.
BEGEHRTER PARTNER. Die Akquise neuer Airlinesist, ebenso wie die Schaffung neuer Flugrouten,wichtigfürdenTourismusundWirtschaftsstandortWien. Gemeinsam mit dem WienTourismus hatder Flughafen daher eine eigene „Air Service De-velopment“-Strategie entwickelt und die scheintaufzugehen. Allein im heurigen Jahr konnten mitANA,AirCanada,ChinaSouthernAirlinesundAirArabia bedeutende, neue Airlines am Standort be-grüßt werden.Der Flughafen Wien steht im regelmäßigen Aus-tausch mit Fluglinien am Standort, um Wachs-tumspotenzial an Flugrouten zu besprechen. »
1 2 P E T E R D R U C K E R F O R U M 2 0 1 9
Julian Jäger,
Vorstand der
Flughafen Wien
AG, mit dem CEO
von ANA, Akira
Nakamura, bei der
Eröffnung der
neuen Strecke von
Wien nach Tokyo
im Februar 2019WienspanntalsKnotenpunkt imHerzenEuropasein immer
dichteresNetzwerk rundumdieWelt.Anden internationalen
FädenziehenbesondersFlughafenundWienTourismus.
INTERNATIONALE NETZWERKE
DIE ÜBERFLIEGER
FOTOS:PARADISO-PRODUCTIONS.COM
„Darüber hinaus vernetzen wir uns mit neuen Air-lines,mitdemZiel,WienalsDestination in ihrPro-grammaufzunehmen“, sagt Jäger. „Der FlughafenWien bietet Airlines dafür ein attraktives Tarif-modell mit Anreiz zur Erhöhung der FrequenzenoderNeuaufnahmevonStreckenund zur Stärkungdes Transferverkehrs.“AberauchderstetigeAustauschmitinternationalenBranchen-Organisationen und -Verbänden ist be-deutend. So gibt es auch einen globalen Handels-vertreter fürFlughäfen–denAirportCouncil Inter-national (ACI), in dem der FlughafenWien selbst-verständlichvertreten ist.DieOrganisationvertrittdie Interessen der Flughäfen gegenüber Regierun-gen und anderen internationalen Organisationen.Das ACI entwickelt für die Flughäfen einheitlicheStandards und Strategien, der Austausch hilft, umeine gleichmäßig hohe Qualität der Prozesse anunterschiedlichen Flughäfen sicherzustellen.
IATA. Darüberhinausgibtesauchdie InternationalAir Transport Association (IATA). Als Dachver-bandder Fluggesellschaften ist diese die internatio-naleRepräsentanzderLuftfahrtbranche.DerBran-chenverband soll Verständnis für die Belange desLufttransportgewerbes fördern und das Bewusst-sein für die Vorzüge schärfen, die die Luftfahrt derglobalen Wirtschaft bringt. Unter dem Kürzel„VIE“ ist der FlughafenWienMitglied der IATA.Auch in Umwelt- und Klimaschutzaktivitäten istder Flughafen Wien international vernetzt. ImOktober2016habendieMitgliedsstaatenderstaat-lichen UN-Luftfahrtorganisation ICAO in Mon-treal mit großer Mehrheit ein globales CO2-Kom-pensationssystem für den Luftverkehr beschlossen.
schung undVernetzung und bringt gleichzeitig vielaneigenerErfahrungein.WienistMitgliedvonEuro-pean Cities Marketing und federführend an dessenBenchmarking-Report beteiligt, der einenVergleichderPerformancevonmehrals100europäischenStäd-tedestinationen zulässt. Mit der Arge Städte stehtWien dem österreichischen Verbund der Landes-hauptstädte vor und verleiht damit der Stimme desStädtetourismus auch hierzulandemehrGehör.
IGLTA. Frühzeitig, nämlich bereits 1998, ist derWienTourismus auch der International Gay andLesbian Travel Association IGLTA beigetreten.Seitdem hat sich Wien von einem „Hidden Hero“zum Hotspot für schwule und lesbische Reisendeentwickelt. Die Mitgliedschaft in einemNetzwerkwiediesembedeutetfürTourismusdirektorKettnerauch „Teil einer Wertegemeinschaft zu sein, einStatement zu setzen und für etwas einzustehen“. Inder langen Liste der vielfältigenNetzwerkaktivitä-ten des WienTourismus dürfe auf keinen Fall dieMeeting-Industrie fehlen.Parspro toto sei hierdie InternationalCongress andConventionAssociation,kurz ICCA,genannt.Die-seNetzwerke sind ein wichtiges Fundament dafür,Wiensweltweit führendePositionamTagungssek-tor ausbauen zu können. „Es geht umdieMöglich-keit, seine Stadt zu präsentieren“, erklärt der Tou-rismusdirektor. „Präsenz in der Branche zu zeigen,aber auch um Wissensvorsprung oder kurze Ab-stimmungswege“,sagter.SoarbeitetetwadasVien-naConventionBureaudesWienTourismusengmitMaritz Global Events, einem der weltweit führen-den Unternehmen der Tagungsindustrie, zusam-men. Das Vienna Convention Bureau akquiriertweltweit Kongresse, Firmentagungen und Incen-tives und wurde bereits mehrfach mit „Visionary
Awards“ in Gold und Silber ausgezeichnet. Dieinternationale Ausrichtung und Vernetzung istKernderTätigkeitderTourismusorganisation.DerWienTourismus ist heute im Durchschnitt jedenzweiten Tag im Jahr irgendwo auf der Welt miteinem B2B-Event oder einer Wien-Präsentationvertreten. „Als einzigeOrganisation imUmfeldderStadt Wien bearbeiten wir permanent 19 Her-kunftsmärkte weltweit“, so Kettner. Netzwerkeseien eine Lebensader dieser Tätigkeit.
FORUM NETZWERK. Ein gutes Beispiel für funktio-nierende Partnerschaft ist der Londoner Business-Club „Forum“. Hierbei handelt es sich um einenklassischen Networking-Club mit Mitgliedern ausden Bereichen Wirtschaft, Medien, Kunst oderDesign. Das Forum-Netzwerk umfasst die Welt-metropolenLondon,NewYork, SingapurundDu-bai – undnun auchWien.Heuer imFrühjahrwurdeinWiendasersteeuropäischeForum-Chapteraußer-halb Londons gegründet. Hintergrund: Wien kanndamit als Standort und Destination vor hochkaräti-genInvestorenundkaufkräftigemPublikumpositio-niertwerden.DiePartnerschaft isteinTüröffner, jenePremium-Zielgruppeanzusprechen,dieWertschöp-fung nach Wien bringt. In dieselbe Kerbe schlägtauchdieZusammenarbeitmitderCondéNast Inter-national Luxury Conference, die 2020 als prestige-trächtigerTreffpunkt fürdieglobaleLuxus-undMo-deindustrienachWienkommt.KuratiertvonMode-ikone undOnline-Vogue-Herausgeberin SuzyMen-kes findet die Konferenz unter Schirmherrschaft desWienTourismus statt.DieNotwendigkeit zur inter-nationalen Vernetzung definiert Kettner in Anleh-nung an ein Zitat von Peter Drucker: „Es gibt zweiArtenvonUnternehmenslenkern–solche,dieglobaldenkenundsolche,diearbeitslossind.“– M. MARTINEK
Damit istdieLuftverkehrsbrancheweltweitderers-te und bislang einzige Industriesektor mit einemeigenen Klimaschutzinstrument. Der Name derVereinbarung, CORSIA, ist die Abkürzung für„Carbon Offsetting and Reduction Scheme forInternational Aviation“. Mit dem CORSIA-Pro-gramm soll die Luftfahrt ab 2020 CO2-neutralwachsen, auch der FlughafenWien ist dabei.Seit2011spartderWienerAirport lautEigenanga-benbereits70ProzentderCO2-Emissionenein.Zielist es, bis 2030 CO2-neutral zu werden. Aber auchstandortweitarbeitetderAirportsehrengmitvielenverschiedenen Organisationen und Behörden, wieetwa Airlines, Austro Control, Handling Agents,der Polizei und demZoll zusammen.
„BEST AIRPORT STAFF EUROPE“. Ein eher indirek-ter,abernichtwenigerwichtigerinternationalerAus-tausch findet auchmit den Passagieren statt. Die re-nommierte Rating-Agentur Skytrax befragt jährlichPassagiere nach ihrem Reiseerlebnis mit Airlines andiversen Flughäfen. Im Jahr 2019 haben dabei 13,5Millionen PassagiereWien zumkundenfreundlichs-ten Flughafen in Europa gewählt. „Zum viertenMalinfünfJahrenkonntenwirdenAwardzum„BestAir-port Staff Europe“ von Skytrax verzeichnen“, freutsich Jäger. Auf dieser Auszeichnung ausruhen willman sich allerdings nicht. Mit der Modernisierungalter Terminalbereiche und demAusbau bestehen-der soll dieQualität für Passagiere nochweiter stei-gen. Schon jetzt ist der Flughafen Wien einer vonwenigen europäischen Airports, die das 4-Stern-Prädikat von Skytrax führen, „mit den Anpassun-gen imTerminalbereichwollenwirklarden fünftenStern erreichen“, definiert Jäger die Zielsetzung.
NETZWERK TOURISMUS. Ein breites StreckennetzhilftderWirtschaftunddemTourismusinganzÖs-terreich.DaherarbeitetderFlughafenauchengmitdemWienTourismus zusammen und hat gemein-sam die „Air Service Development“-Strategie ent-wickelt – für mehr Direktverbindungen von undnach Wien. „Viele Entwicklungen, die uns in derTourismusbranche beschäftigen, sind globale Phä-nomene“, weiß Tourismus-Wien-Chef NorbertKettner. „Etwa die Themen Sharing Economy,Reisetrends, Digitalisierung oder Tourismus-gesinnung“,sagter.Hierbraucheesdengrenzüber-schreitendenZusammenschluss– imFallvonWienmit anderen Metropolen, sogenannten DMMOs,also Destinationsmarketing- undDestinationsma-nagementorganisationen sowie übergeordnetenOrganisationen wie der UNWTO. „Es geht beimNetzwerken um gegenseitiges Lernen, aber auchLobbying und Durchsetzen von gemeinsamen In-teressen“, betontKettner.Auf Ebene derWelttou-rismusorganisationUNWTOprofitiertWien vomEinblick in internationale Entwicklungen, For-
report
P E T E R D R U C K E R F O R U M 2 0 1 9 1 5
Der WienTourismus
präsentierte seine
Stadt mit Wiener
Partnern bei den
Mitgliedern des
Forum-Clubs bei
einem Wien-Abend
im Spencer House
in London
Modeikone und
Vogue-Redakteurin
Suzy Menkes und
Tourismusdirektor
Norbert Kettner:
2020 kommt die
von Menkes
kuratierte Condé
Nast International
Luxury Conference
nach Wien
FOTOS:PETERDRUCKERSOCIETY,CREATIVEMARC/ISTOCKPHOTO.COMMARTINVOTAVA
kommentar
» Ökosysteme sind das Trendthema in der Wirt-schaft. Dass sich das Global Peter Drucker Forumheuerebenfallsder„KraftderÖkosysteme“widmet,ist allerdings nicht dem Zeitgeist geschuldet. Viel-mehr gilt es herauszufinden, was Führungspersön-lichkeitenundManagertunmüssen,umdieseneuenStrukturen zunützen, die derzeit traditionelleBran-chen und Märkte umwälzen und über enormesWertschöpfungspotenzial verfügen.In organisatorischer Hinsicht erleben wir mit denwirtschaftlichen Ökosystemen einen evolutionärenSprung: Zunächst waren es Einzelne, die Gütertauschten oder handelten. Später fanden sie sich inkleinen Gruppen zusammen, und schließlich ent-standen formale Organisationen, die immer größerund komplexer wurden. Diese Fortschritte im Be-reich der Zusammenarbeit (oder desManagements)wareneinFundamentderwirtschaftlichen–undwiePeterDruckerüberzeugtwar–auchdergesellschaft-lichen Weiterentwicklung. Drucker selbst war es,der den Begriff der „Sozialökologie“ prägte, langebevorÖkosysteme in den Schlagzeilen auftauchten.DochnungiltesauchfürdasManagement,eineevo-lutionäre Veränderung zu vollziehen: Denn so wiesich die Leitung einer One-Man-Show von der einesgroßen Orchesters unterscheidet, so ist das Führenvon Organisationen, die in netzwerkartigen Allian-zenkooperieren,miteinander inWettbewerb tretenund sichgemeinsamentwickeln, einSchritt inunbe-kanntes Territorium, in dem das alte Modell desUnternehmens als „für sich stehendes Gebilde“ nurnoch sehr eingeschränkt gilt.
CHANGE.Die Veränderung ist keine einfache. Es istschwierig, ein Paradigma zu entsorgen, solange dieUmrisseeinesneuenModellsnochnichtskizziertsind– ganz gleich, wie dysfunktional das alte inzwischengeworden ist. Die Zeit ist jedenfalls reif, die mecha-nistischen Modelle, in denen wir zu lange gefangenwaren, ad acta zu legen. Im Fokus steht nun einedynamische, organische und evolutionäre Sicht aufjene Kräfte, die Organisationen antreibt. DieserAusblickmachtMut.
DerUS-BusinessRound-Tablehat erst kürzlichdieAbkehr vomPrimat der ShareholderValue prokla-miert–zugunsteneinesZwecks,derallenStakehol-dern gleichermaßen zugutekommt. Dies zeigt –wennauchverspätet,sodochumsodeutlicher–dassdasunseraktuellesModellobsoletgewordenist.EinBeweis dafürwaren auch die große Finanzkrise von2008 und ihre Nachbeben in Form der aktuellenpopulistischen Unruhewellen, die über alle entwi-ckelten Wirtschaftsräume hinweg immer nochspürbar sind.Dies ist der Antrieb für die Neuausrichtung. Es istdringend notwendig, dass Führungskräfte denBlick von der „alleinstehenden Einheit“ hin zurDimension des Systems erweitern, auf dessenGrundlage wirtschaftliche Ökosysteme operieren.Kein einfacher Schritt für all jene, die mit dem Pri-mat der Shareholder Value aufgewachsen sind.Komplexe Systeme wie Ökosysteme und Ökolo-gienkönnennichtdirektgemanagtwerden:Siewer-den,jenseitsfinanziellerInteressen,durchzwischen-menschliche oder „soziale“ Merkmale wie gemein-same Werte und Ziele ebenso zusammengehaltenwie durch Regeln undZahlen.DieAufmerksamkeitderManagermusssichebensoverlagern: von der Kontrolle zum Kontext; vombloßen Wertekatalog zur Wertschöpfung für dieGesellschaft. Intuition, Kreativität und gesunderMenschenverstand stehen in derWirtschaftwiederhochimKurs.DieLosunglautet:orchestrierenstattdiktieren.Managen und Führen werden im Zeitalter wirt-schaftlicher Ökosysteme nicht einfacher. Bis aufeinenzentralenAspekt–eswirdkünftignichtmehrmöglich sein, ein ökologisches Prinzip zu missach-ten, das wir zu lange umgangen haben: Keine ein-zelne Firma kann in einem breiter gefassten Öko-systemvonPartnern, sogenanntenKomplemento-ren und „Co-opetitors“, gedeihen, wenn es versagt.Daher ist jedes Unternehmen für seineGesundheitverantwortlich.Diese Themenwerden imNovem-ber in Wien auf der Tagesordnung ganz obenstehen. – SIMON CAULKIN
P E T E R D R U C K E R F O R U M 2 0 1 9 1 71 6 P E T E R D R U C K E R F O R U M 2 0 1 9
report
DIE STADT-NETZWERKER
ECOSYSTEM WIEN
Die NetzeWiens sind wie die Nervenbahnenim Gehirn, man muss wissen, wie man Sy-napsen befeuert und bespielt“, beschreibtMagistratsdirektor ErichHechtner das Ge-
heimnis eines reibungslosen Ineinandergreifens al-ler Komponenten, die gemeinsam das pulsierendeEcosystemvonÖsterreichsHauptstadtausmachen.Wien nimmt als Tourismusdestination,Unterneh-mensstandortundKongressstadteineglobaleTop-Position ein. Die Stadt ist Drehscheibe für vieleinternationaleOrganisationenund ihreknapp zweiMillionen Einwohnerinnen und Einwohner stam-men ausmehr als 180 Ländern.Wienwurde in denvergangenen Jahren immerwieder zur lebenswert-estenStadtderWeltgekürt.Erstkürzlichzumzwei-tenMalvomEconomist.InderMercer-StudieheuergarzumzehntenMal inFolge.UnddasRolandBer-gerInstituterklärteWiennachdem„SmartCityIn-dex“ zur smartesten Stadt derWelt. Das sind nichtnur sehr erfreuliche Auszeichnungen für die enor-menLeistungenderStadtverwaltung,sondernwer-den auch als großer Auftrag für die Zukunft gese-hen: „DieKriterienkataloge sind sehr umfangreichund gehen von leistbaremWohnen über Nahver-
kehrsangebotundFreizeit-bzw.Kulturangebotbishin zu Sicherheit“,weißWolfgangMüller, stellver-tretender Magistratsdirektor der Stadt Wien, derfür die Bereiche Organisation und Sicherheit, aberauch Innovation verantwortlich zeichnet.
ECOSYSTEM WOHNBAU. EineReihedieserKriterienwärenmit einigem Investment durchaus von ande-ren Städten aufzuholen.Allerdings hat sich dieDo-naumetropole inzwischen einen großenVorsprungdurch jahrzehntelange, konsequente Stadtpolitikund Investieren in leistbares Wohnen geschaffen.DadurchgelingtesinWien,durchschnittlich9.000geförderteWohnungen jährlich zubauen, inHam-burgsindes imVergleich3.000/Jahr, inKöln2.100undinFrankfurt/Mainnur65.Dashataucheineun-mittelbare Auswirkung auf die PreisentwicklungdesWohnungsmarktes . So erfreut sichWien einesgesunden Ecosystems aus sozialem und frei finan-ziertemWohnbau.„Esgeht sich ineinemgesundenSystemebenfüralleaus“,istMüllerüberzeugt,„undWien hat vor, bei den Kriterien für LebensqualitätauchweiterhinjedenTaginternationaleSpitzenleis-tung zu bringen“. »
MiteinerVielzahl von strategischenMaßnahmenentsteht inWieneinNetzwerk-Kreislauf, durchdendieStadtbesonders lebenswertwird.
ORCHESTRIERENSTATT DIKTIEREN
Simon Caulkin,
Redakteur und
Wirtschaftsjournalist
Wolfgang Müller ist
stellvertretender
Magistratsdirektor
Management inderNeuenWeltderÖkosysteme: Intuition,KreativitätundgesunderMenschenverstandstehen inderWirtschaftwiederhoch imKurs.
FOTO:CHRISTIANJOBST
P E T E R D R U C K E R F O R U M 2 0 1 9 1 9
report
1 8 P E T E R D R U C K E R F O R U M 2 0 1 9
International zeigt sich eine starke Tendenz zurUrbanisierung: Immer mehr Menschen ziehen indie Stadt und in Stadtrandlagen. Das hängt einer-seitsmiteinemgrößerenAngebotanArbeitsplätzenzusammen und andererseits damit, dass bedingtdurch die fehlende Größe von Einzugsgebieten inländlichen Gegenden, dort viele Leistungen nichtmehr wirtschaftlich angebotenwerden können.„Das bedeutet für Wien, dass dieses Wachstumdurch Zuzug auf den Wohnungsmarkt drückt –undfürunsdamiteinNachlassenbeimSchaffenvonWohnraumkeineOption darstellt“, soMüller.DieStadtWien ist auchVorreiterin als SmartCity.Dasreicht von Konzepten der Ressourcenschonung bishin zur Digitalisierung von Services, die das LebeneinfachermachenundUnternehmenoderdenBür-gerinnen undBürgern etwaWege sparen oder denöffentlichen Verkehr schneller machen und gleich-zeitig leistbar erhalten.FürWiengiltdabei,dasssmarteKonzeptedazudie-nen müssen, die Lebensqualität zu erhöhen oderRessourcen zu schonen, nicht vorrangigderDigita-lisierungumderDigitalisierungwillen. „DieTech-nik muss aus unserer Sicht dem Menschen dienenundnichtumgekehrt“, lautetMüllersCredo.Wienist in zahlreichen internationalen Netzwerken undOrganisationen vertreten, die sich mit lokalen undregionalen Aspekten in Bereichen wie Infrastruk-tur,Umwelt, Verkehr undWissenschaft beschäfti-gen. In diesen multilateralen Netzwerken werdendieInteressendereinzelnenMitglieder indenjewei-ligen Themenbereichen abgestimmt und gemein-same Positionen, beispielsweise gegenüber derEuropäischenUnion, festgelegt.Oft bilden dieseNetzwerke auch die Basis für indi-viduelle bilaterale Kooperationen zwischen Städ-ten. „Dadurch können Fehler, die andere gemachthaben, vermiedenwerden–undmanprofitiert vonguten Ideen und Erfahrungen anderer“, sagt derstellvertretendeMagistratsdirektorerfreut.Gleich-zeitig betreibt Wien selbst eine ganze Reihe vonNetzwerken und baut laufend neue auf. Das reichtvomNetzwerkderEinsatzkräfte imBereichSicher-heit und Katastrophenschutz, dem „WienerK-Kreis“ und „Helfer Wiens“, bis zu Netzwerkenim Bereich Digitalisierung, wie die „Digital CityWien“ – ein Netzwerk aus Dienststellen der StadtundWiener IT-Unternehmen,das regelmäßigeineVielzahl von Projekten und Initiativen gemeinsamdurchführt.
IDEEN-NETZWERKE. Die Stadt Wien betreibt ihreNetzwerkeallerdingsnichtdeshalb,weildas jetztsomodern ist, sondern sieht inNetzwerkenganzkon-kretdenVorteil, dassZusammenarbeitdieExperti-seallerBeteiligtenineinProjektholtunddieErgeb-nisse damit viel näher am eigentlichen Bedarf dransind. Gleichzeitig wird die Kreativität von vielen
statt vonwenigen genutzt.Müllers Resümee: „Zu-sammenarbeit und Netzwerke sind diesbezüglichals Management-Konzept unschlagbar“. Im Zeit-alter derDigitalisierung sämtlicher Lebensbereichestellt sich die Stadt Wien dieser Herausforderung,indemsiemitderDigitalenAgendaWieneineStra-tegie vorlegt, wiemit diesembesonderenVerände-rungsprozess erfolgreich umgegangen werdenkann.Bei der Ideenfindungwaren dieBürgerinnenund Bürger aufgerufen, ihre Wünsche, Ideen undVorschläge im Ideenforum der Digitalen AgendaWien einzubringen.Die eingetroffenen Inputs wurden in Arbeitsgrup-pen konkretisiert. Als Zwischenergebnis wurde einStrategietext formuliert, der dann der CommunityüberdieOnline-PartizipationsplattformzurVerfü-gung gestellt wurde, um Bewertungen und Kom-mentareaufbreitesterBasiseinzuholen.NachderenEinarbeitung wurde dann die „Digitale AgendaWien“ veröffentlicht. Aber in einem agilenModellistdamitnichts einzementiert. „Wirgehen inregel-mäßigen Abständen zurück zu den Input-Gebe-rinnen,mitderBitteumTestundFeedback,bisdasProduktfertigist“,soMüller.Selbstdanachsammleman laufend Ideen zur weiteren Verbesserung. „Sosindwirbeispielsweisebeider,Sag'sWien'-Appvor-gegangen und auch bei ,mein.wien' “, sagtMüller.
KOMMUNIKATION. Bei diesem neuen E-Govern-ment-Auftritt der Stadt, kombiniert mit aktuellenInformationen über das eigeneGrätzl, läuft derzeitderoffeneRealtest einerBeta-Version. ImZugederpartizipativ erstellten „Sag' s Wien App“, mit derBürgerinnenundBürgerverschiedeneDefekteoderProbleme einfach melden können, wurde der Pro-zess der Schadensbehebung von ausgefallenenLeuchtenbiszuklapperndenKanaldeckelnwesent-lich vereinfacht. Eine Stelle nimmt alleMeldungenan, leitet sie an die zuständige Dienststelle weiterunddieErledigungwirddannwieder andieBürge-rinnen undBürger zurückgespielt.Bei derDigitalisierung liegen derzeitUmsetzungs-strategienindenBereichen„künstlicheIntelligenz“und„Internet ofThings“ vor.Ziel ist es, dieLebens-qualität der Bürgerinnen und Bürger zu steigernund den Alltag einfacher und sicherer zu machen.Ein Beispiel dafür ist auch „WAALTeR“ („WienerAmbient Assisted Living TestRegion“), ein For-schungsprojektzurTechnologie-UnterstützungimAlltag vonWiener Seniorinnen und Senioren. DieIdeenundErgebnisse,dieWiengemeinsammitderBevölkerung erzielt, sind inzwischen internationalmit Auszeichnungen bedacht worden. Für dieStadtväter meint „smart“ möglichst viel des Wis-sens und der Ideen der Wienerinnen und Wienereinzubeziehen und umzusetzen. Denn Müller istüberzeugt: „Was gemeinsam gestaltet wurde, dashält auch und ist gut“. – MARTINA MARTINEK
Erich Hechtner
muss den
Organismus der
Stadt Wien
vernetzen
In welchen Netzwerken arbeitet und funktioniert die
Stadt Wien?
Erich Hechtner:DieWienerVerwaltung– inklusivealler ausgelagerten Einheiten und Institutionen –beschäftigtrund90.000Menschen.Dasistmehralsdie Kärntner Hauptstadt Klagenfurt an Bevölke-rung hat. So viel zurDimension unseresUnterneh-mens. Man kann sich bei der grundsätzlichen Aus-richtung eines urbanen Raums für eine Stadt derkurzen Wege entscheiden, indem man die Infra-struktur engmaschig anlegt. Das haben wir ge-macht.DieEngmaschigkeitbestimmtdanndieLe-bensqualität.Wien ist Lebensqualitätsweltmeister– und das imVergleichmit über 450 Städtenwelt-weit. Diesem Nummer-1-Ergebnis liegen grund-sätzliche politische Entscheidungen zugrunde.Stichwörter: öffentliches Gut Trinkwasser, sozialerWohnbau als Trägerrakete für leistbares Wohnenund Deckelung der Mieten, Gratis-Kindergärten,Grünraumschutz, alle öffentlichen Verkehrsmittelum einen Euro am Tag, smarte Lösungen als Res-sourcen-Schongang imurbanenRaum, InnovationundDigitalisierungalsServiceprovider.VieleBerei-chedavonsindauchweltweitVorzeigeprojekteundWiener Institutionengeworden–dawirdnicht ge-spart,egal,obBudgetsknappsind,unddawirdauchnichtsprivatisiert–dieseBereichesind füruns tabu.Das Zusammenspiel aller Bereiche ergibt einenMehrwertfürdieBevölkerung,derunserAlleinstel-lungsmerkmal sichert–es istquasiunserQualitäts-gütesiegel für die preisgekrönte Lebensqualität.
Was ist notwendig, um das Ineinandergreifen
und den reibungslosen Ablauf dieses Netz-
werksystems zu gewährleisten?
Wenn man sich das Zusammenspiel allerBereichewiedieNervenbahnenimGehirnmehrdimensional vorstellt, besteht dieKunst im Tarieren. Es kommt auf die Ge-wichtungunddieAbstimmung zumBedarfder Stadt an.Alsowenn ich einen Impuls
undAuftrag imKreativ-undIn-novationszentrum lande,muss ich sehr wohl daraufachten, das Organisati-ons- und Leistungszent-rumuneingeschränktaufTrab zu halten – aberauch das Empathie-Zentrum, also die Für-sorge, das Miteinan-der, der soziale, huma-
nitäreBereichbraucht laufendImpulse. So funktio-niert derOrganismus Stadt.
Wie sorgen Sie für die Nachhaltigkeit Ihrer Entschei-
dungen?
Wichtig ist, sein Arbeiten nicht allein imHier undJetzt zu verankern, sondern eine Langzeitperspek-tive zu entwickeln. Maßnahmen, die gesetzt wer-den, greifen zwar sofort und das in vielen unter-schiedlichen Bereichen mit unterschiedlichen Fol-gen. Aber auch hier hat Wien ein Alleinstellungs-merkmal: Die StadtWien übernimmt vielmals dieAnwaltschaft für eine Art „Generationengarantie“– große Entscheidungen werden vor dem Hinter-grund der Daseinsvorsorge für die nächsten Gene-rationen getroffen. Das war und ist inWien Tradi-tion. Früher war es der soziale Wohnbau mit220.000 Wohnungen für sozial Schwächere, dieEinrichtungeinerHochquellwasserleitungvordemHintergrund einer explodierenden Stadt rund umdie Jahrhundertwende. Heute ist es im Bereich derStadterweiterung,desBauensundPlanens,derGe-sundheit und Bildung so. Viele Städte – vor allemiminternationalenVergleich–haben ihrePolitikendarauf ausgerichtet, alles, was gerade ansteht unddringlichist,zuregeln.AnderewiederumsetzenaufTrends. Beide Zugänge sind klassisches Reagieren–aberdiewenigstenagieren.Langzeitperspektivenzu bespielen, ist auch wenig sexy, weil die Benefitserst Jahre oder Jahrzehnte danach zu sehen sind.
Isteinesolche„Generationengarantie“nichtaucheine
Frage der langfristigen Budgetbindung?
DasWiener Budget mit 14Mrd. Euro jährlich hatviel gebundenes Budget, wie für Infrastruktur undPersonal, und nicht überall Spielraum. Aber wirschaffen das, auch mit den großen, langfristig ge-bundenen, neuenBrocken –wieGratis-Kindergär-ten,AusbauunsererÖffis,billigsteÖffi-Jahreskarteim internationalen Vergleich mit 1 Euro pro Tag,neueStadtteile,wieHauptbahnhofundAspern,dieBesoldungsreform, und und und … Hier heißt esUmschichten, Zusammenspielen und manchmalauch Zähnezusammenbeißen – denn natürlichmuss bei Großinvestitionen auch in anderen Berei-chen gespart werden. Aber, und hier schließt sichder Kreis des Organismus Stadt mit der Maxime:Niemand darf zurückgelassen werden, diese Stadtmuss über mehrere Generationen hinweg ein at-traktives Angebot haben. Und es ist und bleibt derMensch imMittelpunkt all unseres Tuns.
– MARTINA MARTINEK
Magistratsdirektor Erich Hechtner zum Netzwerk-Kreislauf der Stadt Wien.
„Die Kunst besteht im Zusammenspiel“
interview
FOTO:BARBARANIDETZKY/WIENHOLDING
P E T E R D R U C K E R F O R U M 2 0 1 9 2 1
interview
betriebeEuropasimKonzern.Dievonunsentwickel-tenMusicalslaufenweltweitundwerdenproJahrvonrund einerMillionMenschen in vielen Städten gese-hen. Im Oktober feierten wir in Japan die Premiereunserer Musicals „I am from Austria“. Rund 100Shows sind geplant. Das ist ein großartiger Erfolg.DafürsindeinerseitsnatürlicherstklassigeEigenpro-duktionen, die wir selbst entwickeln, die Vorausset-zung.Andererseits sindaberauchstarkeNetzwerke,exzellenteBusinesskontakteundeineentsprechendeVernetzung indie internationaleMusicalbrancheer-forderlich,umbeiderVermarktungunsererMusicalssolche Erfolge einfahren zu können. Und das ist nureines von zahllosen Beispielen, die das Erforderniseines reibungslosen Ineinandergreifens vieler Netz-werkfädenzurUmsetzungunsererZielezeigt.AlldieerfolgreichenProjekte,dieWien imIn-undAuslandumsetzt,wären ohneNetzwerke unmöglich.
– MARTINA MARTINEK
Logistik und Medien aufgebaut. Die Stadt wächstundmit ihrwachsendieAufgabenundNetzwerke,aber auch die Verantwortung derWienHolding.
Was sind die größten Herausforderungen und Ziele?
Fürmich sind drei Bereiche ganz zentral. Erstens istdieWienHolding ein öffentlichesUnternehmen imEigentumderStadtWien.Dasheißt, siegehörtallenWienerinnenundWienern.UnsereArbeitundunse-re Projekte sind darauf ausgerichtet, unmittelbareund spürbare Vorteile für die Menschen sowie dieLebensqualität inderStadtzubringen.Zweitensste-he ich für ein gesundes und werthaltigesWirtschaf-ten. All unsere Unternehmen sind privatwirtschaft-lichorganisiertundaufErtragausgerichtet.Siehabenvernünftig, ordentlichund sparsamzuagieren.Aberes geht uns nicht vordergründig um eine Gewinn-maximierungumjedenPreis.Wir investierenunsereGewinneundEinnahmenwieder inneue reale, spür-bare Projekte. Und drittens verstehe ich die WienHolding als Motor für den WirtschaftsstandortWien, dermit seinen Investitionenund seinerWirt-schaftskraft Wachstum und Arbeitsplätze schafftunddamitWiennachhaltigweiterbringt.DiesedreiSäulen sind unser Credo, das gilt für all unsere Ge-schäftsfelder. Egal, ob wir die neueWien-Holding-Arena errichten, denHafen Albern vorHochwasserschützen, einen neuen Twin City Liner bauen oderganze Stadtviertel neu entwickeln.
Welches große Ziel haben Sie sich für die Wien Holding
gesteckt?
Esgehtmirdarum,denKonzern fürdieZukunft zustärken. Das hat viel mit Effizienzfragen, struktu-rellenundstrategischenMaßnahmenzutunundna-türlich auch mit den wirtschaftlichen Kennzahlen.Einesmeiner Ziele ist es, denUmsatz desKonzernsvonderzeitrund552MillionenEuroindennächstendrei Jahren auf etwa 750Millionen zu steigern.
Sie veranstalten auch immer wieder Netzwerk-Events
– welche Rolle spielen diese?
DieWienHolding hat heuer gemeinsammit ihrenPartnernbeidenWirtschaftsgesprächeninAlpbachzu einemgroßenNetworking-Event geladen.DortdurftenwirhochrangigeVertreterundVertreterin-nen aus Wirtschaft, Kultur und Politik begrüßen.Networking-Veranstaltungen wie diese sind sehrwichtig: Beziehungen pflegen, sich austauschen,mögliche Kooperationen andenken und bespre-chen. Solche Events bilden dafür einen optimalenRahmen.
WelcheRollespielenNetzwerkebeiderArbeitderWien
Holding?
Eine sehr bedeutende! Darf ich ein Beispiel aus derPraxis bringen: Mit den Vereinigten BühnenWienhaben wir einen der größten Mehrsparten-Kultur-
EXZELLENTEBUSINESS-NETZWERKESIND ERFORDERLICH
ZurPerson
Kurt Gollowitzer wurde 1972 im Burgenland geboren. Der gelernte
Jurist absolvierte sein Doktoratsstudium an der Universität Wien.
Seinen beruflichen Werdegang begann Gollowitzer in
renommierten Rechtsanwaltskanzleien. 2006 startete seine
Karriere in der Wien Holding: Er war als Prokurist und Leiter der
Rechtsabteilung der Wien Holding sowie als kaufmännischer
Geschäftsführer der Tochtergesellschaft UIV Urban Innovation
Vienna GmbH (vormals TINA VIENNA Urban Technologies &
Strategies GmbH) tätig. Von 2013 bis 2018 leitete er die Wiener
Stadthalle erfolgreich als kaufmännischer Geschäftsführer. Seit
September 2018 ist Gollowitzer Geschäftsführer der Wien
Holding und für die Be reiche Kultur- und Veranstaltungs-
management sowie Logistik & Mobilität verantwortlich. Er führt
das Unternehmen gemeinsam mit seiner Geschäftsführungs-
kollegin Sigrid Oblak, die für die Bereiche
Immobilienmanagement sowie Medien und Service
verantwortlich zeichnet. Kurt Gollowitzer ist verheiratet
und hat drei Söhne.
ZumUnternehmen
Die Wien Holding ist als Konzern mit rund 75 Unternehmen in den vier
Geschäftsfeldern Kultur, Immobilien, Logistik und Medien tätig. Sie beschäftigt
rund 2.900 Menschen. Zu den wichtigsten Betrieben der Wien Holding gehören
der Hafen Wien, die Central Danube mit dem Twin City Liner, die Messe Wien, der
Wiener Stadtsender W24, die Therme Wien, das Kunst Haus Wien, die Wiener
Stadthalle und die Vereinigten Bühnen Wien. Laut den Rankings des
Wirtschaftsmagazins Trend zählt die Wien Holding zu den
Top-200-Unternehmen in Österreich. Die Wien Holding steht für
zukunftsorientierte und nachhaltige Projekte, die den Wirtschaftsstandort
sichern, das Wirtschaftswachstum ankurbeln, Arbeitsplätze schaffen und damit
die Lebensqualität für die Menschen insgesamt erhöhen. Der Konzern hat im Jahr
2018 insgesamt einen Umsatz von rund 552 Millionen Euro erwirtschaftet, bei
einer Bilanzsumme von rund einer Milliarde Euro. Die Kraft des Unternehmens
spiegelt sich auch in der hohen Eigenkapitalquote wider, die auf 55,64 Prozent
geklettert ist. Laut aktueller Wertschöpfungsstudie bringt die Wien Holding eine
Wertschöpfung von rund 1,6 Milliarden Euro. 809 Millionen Euro kommen
unmittelbar dem Bundesland Wien zugute. Direkt und indirekt sichert die
Wien Holding österreichweit rund 23.000 Arbeitsplätze, etwa die Hälfte
davon in Wien.
Zu den Betrieben der Wien Holding zählen zum Beispiel:w Vereinigte Bühnen Wien GmbH
(mit Raimund Theater, Ronacher und Theater an der Wien.)w Hafen Wien GmbHwWiener Messe Besitz GmbHwWiener Stadthalle Betriebs- und Veranstaltungsgesellschaft m.b.H.wWiener Sportstätten Betriebsgesellschaft m.b.H. – Ernst-Happel-Stadionw Schloss Laxenburg Betriebsges.m.b.H.
(gemeinsam mit dem Land Niederösterreich)w Haus der Musik Betriebsgesellschaft m.b.H.w Gesiba Gemeinnützige Siedlungs- und Bauaktiengesellschaft
(in Verwaltung der Wien Holding)wWH Media GmbH (betreibt den regionalen Kabelfernsehsender W24)
KurtGollowitzerüber seinerstes JahralsWien-Holding-Chef, dieRolledesKonzerns
fürdieStadtWienundwiewichtigNetzwerkebeider täglichenArbeit sind.
Wie ist Ihr erstes Jahr als Konzernchef gelaufen?
Kurt Gollowitzer: Es waren intensive Monate miteinemenormenArbeitspensum.DochmirwurdederEinstiegsehrerleichtert.EinerseitsvondenMitarbei-terinnen undMitarbeitern, diemich vom ersten Tagan voll unterstützt haben. Andererseits habe ich eingut aufgestelltesHaus übernommen.Und ichkennedenKonzern selbst sehr genau, weil ich seit mehr alseinem Jahrzehnt hier tätig bin.
Was ist die Rolle der Wien Holding als Konzern der
Stadt Wien?
DieWienHolding ist eines derwichtigsten Instru-mente,wenn es darumgeht, die Stadtweiterzuent-wickeln. Wir haben 75 Unternehmen unter unse-remDach vereint und damit ein riesiges Netzwerkin den vier Geschäftsfeldern Kultur, Immobilien,
FOTO:FRANZGRUBER
P E T E R D R U C K E R F O R U M 2 0 1 9 2 3
Das Thema des diesjährigen Global Drucker Forumlautet „The Power of Ecosystems – Managing in anetworked world“. Wie definieren Sie in ökonomischerHinsicht den Begriff Ökosystem?Sabine Herlitschka:Durch die Digitalisierung agie-renUnternehmenineinerimmerstärkervernetztenWelt.DieMöglichkeit in großen, ja globalenÖko-systemen zu agieren, ist mittlerweile ein entschei-dender Faktor für unternehmerischen Erfolg, denndieDigitalisierungistgeprägtvomZusammenspielverschiedener Lösungen sowie demAustausch, derVerfügbarkeit und dem freien Fluss von Daten.Komplementäre Fähigkeiten und Stärken, Offen-heit, Flexibilität,Geschwindigkeit und Interopera-bilität kennzeichnen solche Ökosysteme und sindGrundvoraussetzung, um in einer stärker vernetz-ten und spezialisiertenWelt zu bestehen.
Was braucht es dazu besonders?Esbrauchtnebendenunternehmerischenundtech-nologischenVoraussetzungenaucheinenbestimm-ten „Mindset“ aller Beteiligten in einem Ökosys-tem,auchwennodergeradeweilandereSichtweiseneingebrachtwerden. Letztlich geht es umdenUm-gangmitUnterschiedenundKomplexität.UmdenberühmtenBlicküberdenTellerrand,aberauchdieRelativierung eingefahrener Standards und verfes-tigter Interessen. Rigide Vorgehensweisen verhin-dern die Realisierung von Netzwerkeffekten und
schränken die Optionen für Kooperationen,Innovationen und letztlich neue Märkte und Pro-dukte ein.
Und wie verhält es sich damit aus Sicht von Infineon?AusderSichtvonInfineonbrauchtesdarüberhinausauch ein lebendiges, komplementäres und kompe-titivesÖkosystem,das einen fruchtbarenBoden fürInnovationen bietet und alle Bereiche und Ebenengleichermaßen einbezieht: Mitarbeiterinnen undMitarbeiter sowie Partner, wie Universitäten, For-schungsinstitutionen, Start-ups oder die Maker-Community.Dort,woder richtigeMindset auf sol-che fördernden Bedingungen trifft, dort wird esmeist interessant.Dort steigt dieChance, dass neuerelevante Impulse entstehen.
Wie holt man sich diese Impulse?Zum einen, indem man diese Grundbedingungenvon „Mindset“ und fördernden Rahmenbedingun-genschafftundnährt.UnddanngibtesnochweitereFaktoren, die Chancen erhöhen:Wichtige Innova-tionen finden häufig an der Schnittstelle vonDiszi-plinen statt – oder wenn Konzepte aus einem Be-reich in einen ganz anderen Kontext übertragenwerden. Das heißt also Kontakte zu ganz unter-schiedlichen Partnern,Disziplinen und Lebenswel-ten. „Out of the box“ denken, Perspektivenwechselund natürlich die Bereitschaft, etwas zu probieren.
Sie sind seit 2011 im Vorstand von Infineon. In welcherForm hat die globale Krise von 2008/’09 das Ökosys-tem-Management bei Infineon verändert?Infineonhatsich imZugederglobalenWirtschafts-krise inhaltlich neu aufgestellt und hat schon frühauf die heute zentralen globalen Megatrends ge-setzt: Mobilität, Sicherheit, Energieeffizienz. Da-mals waren diese Themen auch noch nicht so„schick“ wie heute. »
Sabine Herlitschka ist seit 2014
Vorstandsvorsitzende der Infineon
Technologies Austria AG und treibt
den Transformationsprozess des
Unternehmens voran
FÜHRUNGSQUALITÄT 4.0BEDEUTETNETWORK-LEADERSHIPInfineon-Österreich-CEOSabineHerlitschkaüberdasÖkosystem-ManagementbeimHalbleiterkonzern InfineonunddieHerausforderungendurchdieDigitalisierung.
interview
FOTO:FRANZGRUBER
interview
Diese Strategie ist aufgegangen, wie man heutesieht. In einer Krise konzentriert man sich auf dasEssenzielle.ManhataberauchdieHerausforderungund Möglichkeit, die Organisationsstruktur kri-tisch zu durchleuchten, die Führungskultur anzu-passen. Dass wir hier die richtigenHebel angesetzthaben, belegt die Entwicklung: Wir haben seit2008/09rund1.600neueArbeitsplätzegeschaffen,davon rund 800 Jobs in Forschung und Entwick-lung. Ein Arbeitsplatz bei Infineon Austria schafftdreiweitereinderRegion.DerUmsatzvonInfineonAustriawurde in den vergangenen zehn Jahren um145 Prozent auf 2,96 Milliarden Euro gesteigert.Seit 2008/09 wurden rund 2,7 Milliarden Euro inForschung und Entwicklung investiert, alleine498 MillionenEuro imvergangenenGeschäftsjahr2018. Laut Trend-Ranking 2019 sind wir aktuelldas forschungsstärksteUnternehmenÖsterreichs.
Wann ist ein Manager bei Infineon erfolgreich?Management ist nicht ein genau definierter Job,sonderndieAufgabe, in einemkomplexendynami-schen Biotop erfolgreich Ziele zu erreichen. Mankann mit sehr unterschiedlichen Fähigkeiten alsManagererfolgreichsein.Vielleichtistamwichtigs-ten,dassmandierichtigeAufgabefindet,indermanseinePotenzialemaximalzurWirkungbringt.Und,dassmandieDemutnicht verliert, jedenTag etwaslernenzukönnen. ImManagement tätigzuseinbe-deutet, Verantwortung zu übernehmen, Visionenfür die Zukunft zu entwickeln, Chancen zu erken-nenund imTeamanderenUmsetzungzuarbeiten.DazuhatInfineonAustriaauchklareFührungsprin-zipien und Instrumente entwickelt und entwickeltdieseauchpermanentweiter.BeiInfineonsehenwirunsereRolle alsUnternehmensführungdarin, Leit-linienvorzugeben, inderenRahmendieMitarbeitermöglichst autonom entscheiden sollen. Letztend-lich gilt es, gemeinsam die Unternehmensziele zuerreichen.
Alle reden von Diversität. Was bedeutet das für dasÖkosystem-Management bei Infineon?InZeiten,indenendieAufgabenimmerkomplexer,die Innovationszyklen immer schneller und gleich-zeitig der Mangel an Fachkräften immer drängen-der werden, kann vor allem die Summe möglichstunterschiedlicher Sichtweisen einwichtiger Schlüs-selzumErfolgsein.InfineonsetztklaraufDiversitätals Erfolgsfaktor, das zeigt auch unsere Beschäfti-gungsstruktur: Wir haben 25 Prozent internatio-nale Beschäftigte aus 60Nationen, da sindwir gut.Wir haben es in den vergangenen Jahren auch im-mer besser geschafft, trotz langer Betriebszugehö-rigkeiten eine guteDurchmischungderGeneratio-nenhinzubekommen,es sindauchviele jungeMen-schen an Bord. Der Frauenanteil liegt aktuell bei17 Prozent – das ist für ein technisches Unterneh-
men nicht untypisch, aber das ist natürlich nochnicht zufriedenstellend. Immer besser werden wirauch in der Einbindung unterschiedlicher komple-mentärer Disziplinen und Fachrichtungen. Inter-disziplinäre Arbeit ist immer spannend.
KannmandenErfolgvonDiversitätinZahlenmessen?Diversität, sei es durch Geschlecht, Herkunft oderAlter, ist keinNice-to-have, es beeinflusst messbardie Innovationskraft und den wirtschaftlichen Er-folg von Unternehmen, wie verschiedene Studienbelegen. Laut der McKinsey-Studie „Deliveringthroughdiversity“habenUnternehmen,die imBe-reich der Geschlechterdiversität im oberen Viertelstehen, um 15 Prozent höhere und Unternehmen,die im Hinblick der ethnischen Vielfalt im oberenViertel stehen,um35Prozenthöhere finanzielleEr-träge in Relation zum Mittelwert der jeweiligenBranche. Aber Diversität ist ein Potenzial, keinStandardrezept.
Welche Rolle kommt hier dem Management zu?Vonalleinpassiertmeistnichts, esmussorchestriertwerden. Es bedarf eines Rahmens, einer Innova-tionskultur, in der das Potenzial der Diversität ge-nutzt wird, indem sie tagtäglich gelebt wird. Dasbedeutet, die richtigen Schritte bei Know-how,Weiterbildung, Führungskräfteentwicklung undderArbeitsplatzgestaltungzu setzen, umein integ-ratives Umfeld zu schaffen. Diversität und Innova-tionsfähigkeitsindkeineModethemen.Siesindeinelangfristige Investition in qualitatives Wachstumund ein entscheidender Erfolgs- und Zukunfts-faktor im globalen digitalisiertenWettbewerb.
Themenwechsel: Social Media und Algorithmen be-stimmen heute das Handeln der Menschen. WelcheFolgen hat das für Manager?Wasmanganzdeutlicherkennt, ist,dassmanheutealsUnternehmenund eigentlich auch sehr stark alsPerson aufgrund der neuenMedien immens trans-parentgewordenist–obmandasmöchteodernicht.Transparenz ist ein „Hygienefaktor“ jeder Gesell-schaft. Für Infineon gesprochen bedeutet das, wirüberlegenunssehrgut,waswirtunundstehendazu.DasbetrifftauchunsereMitarbeiter,dieüberunsereAktivitäten in den verschiedenen Social-Media-Kanälen berichten.
Aber besteht nicht die Gefahr, dass man nur nochGetriebener ist und keine Zeit mehr für strategischeEntscheidungen hat?Tatsache ist: Wir gehen heute in Daten unter, dieGeschwindigkeiten nehmen zu. Dennoch denkeich,dassesauchheutemöglich istbzw.möglichseinmuss, sich für wirklich wichtige strategische Ent-scheidungen Zeit zu nehmen, sich nicht treiben zulassen. Denn nur selten ist das Dringende wichtig.
Andererseits istdasWichtigeseltendringend,darinliegt auch die Gefahr.Wennman dasWichtige zulangeliegenlässt,wirdesallerdingstatsächlichdrin-gend.SichzusehrvonderdatenorientiertenHektiktreiben zu lassen, verstellt den Blick auf dasWich-tige. Es erinnert ein wenig an das Bild von demMann,dermiteinemMessereinenBaumumschnei-denwillundaufdenHinweis,er solledocheineSägenehmen, mit dem Ausruf reagiert: „Keine Zeit!“.Gleichzeitig meine ich, dass gerade in unserer ZeitvonSocialMediaundCo.einegroßeSehnsuchtnachOrientierungbesteht,weil es einfach so viel schwie-riger geworden ist, sich in demÜbermaß anDatenund Informationen zu orientieren. Diese Orientie-rung, häufig auchWerte-Orientierung, zu vermit-teln, ist ebenfalls eineAufgabe undNotwendigkeitvonManagement und Führung.
Werden Algorithmen eines Tages Management-aufgaben übernehmen?ArbeitenineinervernetztenWelt,dieaufunzähligenDaten basiert, wird es in Zukunft ermöglichen, dasseinige Managementaufgaben von Algorithmenübernommenwerden.Daspassiert ja längst–es fälltuns nur gar nicht auf.Natürlich bekomme ich heutez.B.AuswertungenundReports fertig auf denBild-schirm,diefrühervonExcel-Virtuosenaufwendiger-stelltwordensind.DerComputergibtdannvor,waszu erledigen ist und inwelcher Zeit undwelche Res-sourcen dafür benötigt werden. Dadurch kann einFührungsvakuumentstehen,indemFührungskräfteihreneueRolle erst findenmüssen.Andererseits ent-steht dadurch ein Führungsfreiraum, der zur Ent-wicklung von Visionen, Innovationen oder Aus-übung von Beziehungsarbeit genutzt werden kann.Die Digitalisierung rüttelt dabei stark an bestehen-denFührungskulturen. Ja, es findet gerade einPara-digmenwechsel imzeitgemäßenManagement statt.AuchFührungmusssichdaherverändern,wennneueÖkosystemeentstehen:wegvomHierarchiedenken,hin zumOrchestrieren vonÖkosystemen.
Womit werden sich in der digitalen Welt Führungs-kräfte dann befassen?Führungskräfte inderdigitalenWeltwerdensichinZukunft mehr damit befassen, wie sie PrioritätenunddenSinnderArbeit vermitteln,wie sie dieMit-arbeiter und Mitarbeiterinnen entwickeln und wiesie ihnen helfen können, die Balance zwischenVer-trauensarbeitszeit, Projektarbeit und Freizeit zuhalten.NebendieserkonkretenFührungsarbeitmitden einzelnen Menschen wird die Führungsarbeitam Ökosystem immer mehr Bedeutung bekom-men. Die Balance zwischen Veränderung und Sta-bilisierung,eineKultur,dieNutzenausUnterschie-den ziehen kann, das Managen von KomplexitätundhoherDynamik–dassinddieneuenFührungs-herausforderungen, die immer deutlicher werden.
DazukommendieVeränderungen imKontext: di-gitaleTechnikenundTools,geänderteErwartungs-haltungenderGenerationen, gesellschaftlicheEnt-wicklungen, etc. Ich finde, Management ist heuteund in Zukunft eine spannende, komplexe undziemlich forderndeAufgabe.Undnatürlichwerdenviele Antworten von gestern morgen nicht mehrpassen.Alsosehrinteressantundreizvoll.Mankannes auch so zusammenfassen: In der Führungsquali-tät 4.0 wird „Network Leadership“ statt hierarchi-schemManagement gefragt sein.
Wie kann man das Image des Managers verbessern?Vielleicht ist esmanchmalnichtpopulär, einMana-ger, eine Managerin zu sein. Ich persönlich erlebemeine Führungsrolle als spannendeAufgabe, jedenTagetwaszubewegen,inundmitTeamsmitgestal-tenzukönnen.Wennmannuraufdashört,was an-dere sagen und nicht dem folgt, was einen wirklichbegeistert,wirdmannichterfolgreichsein–egal,obals Führungskraft oder in einer anderenRolle. Füh-rungskräftemüssenauchunpopuläreEntscheidun-gen treffen undmittragen. Der überwiegende TeilderArbeit besteht aber daraus, aktiv zuwirkenunddamitwirksam zuwerden, Potenzialeweiterzuent-wickeln und gemeinsam Ziele zu erreichen. JedeFührungskraft trägt Verantwortung für die Ent-wicklung des Unternehmens, aber auch jede Mit-arbeiterin und jederMitarbeiter, es kommt auf allean. – WOLFGANG UNTERHUBER
2 4 P E T E R D R U C K E R F O R U M 2 0 1 9
Für Herlitschka ist
Diversität kein
Nice-to-have,
sondern
beeinflusst die
Innovationskraft
und den
wirtschaftlichen
Erfolg von
UnternehmenZumUnternehmen
Die Infineon Technologies
AG ist ein börsennotierter
deutscher Halbleiter-
hersteller. Mit rund
40.100 Mitarbeitern erzielte
Infineon 2018 (Stichtag
30. September) einen
Umsatz von 7,6 Milliarden
Euro. Die Österreich-Tochter
Infineon Technologies
Austria AG hat 4.200
Beschäftigte und erzielte
unter der Leitung der
Vorstandsvorsitzenden
Sabine Herlitschka einen
Umsatz von 2,96 Milliarden
Euro. Im Geschäftsjahr
2018 wurden 13,75 Milliarden
Chips produziert.
FOTOS:WIENENERGIE/IANEHM
Energie ist der essenzielle Puzzlestein jedesmodernenNetzwerksunddieBasis derurba-nen Infrastruktur. Wien Energie ist dergrößteEnergieanbieterdesLandes,der2Mil-
lionenMenschen, 230.00Gewerbe- und Industrie-anlagen sowie 4.500 landwirtschaftliche Betriebeversorgt. InderEnergiewirtschaft sindaktuellmas-sive Veränderungen im Gang: Der beinahe all-gegenwärtigeDigitalisierungsturbo,neueTechno-logien, die Dezentralisierung und Demokratisie-rung der Energieversorgung und der fortschreiten-deKlimawandel fordern neue Lösungen.WienEnergie ist hier gefragt, umdieZukunftmit-zugestalten und jene Infrastruktur zu entwickelnund zur Verfügung zu stellen, auf der andere auf-bauen können. Neben dem Ausbau erneuerbarerEnergielösungen stehen Kooperationen und Inno-vationen im Fokus, um langfristig Versorgungssi-cherheit zu gewährleisten und die CO2-Emissionenmassiv zu reduzieren.„Wir sind Teil eines vernetzten Ökosystems. AlsEnergieanbieter haben wir – wie in der Natur derWald – eine Schlüsselfunktion. Nur so kann dasGanze nachhaltig funktionieren und zur Lebens-qualität beitragen“, sagtWien-Energie-Geschäfts-führer Michael Strebl. „Heutzutage geht es nichtohne Kooperation und Anpassung. Die Umweltverändert sich, wir tun das auch. Waren unsereKraftwerke früher zentral geführt, erzeugen wirheuteauchgemeinsammitdenKundendieEnergie,etwamitSolaranlagenaufHausdächern“, soStrebl.
ERSTE ENERGIEGEMEINSCHAFTEN EUROPAS. DieEnergiewirtschaft wird dezentraler und es gibt im-mermehrPartner,dienichtnurEnergie-Abnehmersind,sondernauchindasSystemzurückspeisen.Ge-rade in diesemBereich ergeben sich durch dieDigi-talisierung neue Chancen. Wien Energie unter-stützthierKooperationsformen,dieneuedezentraleLösungen ermöglichen. Ein Beispiel dafür ist das
Viertel Zwei in der Wiener Krieau: Hier entstehteine der ersten Energiegemeinschaften Europas –und es ist davon auszugehen, dass diese einen we-sentlichenAnteil an der Energiewende leisten wer-den. „Wir vernetzen dort gerade etwa 100Bewoh-nerinnen und Bewohner. Eine Fotovoltaikanlageerzeugt für das Viertel Strom.Dieser kann von denBewohnern für die Wohnung oder zumE-Autoladen genutzt werden – es kann aber auchjede nicht verbrauchte Kilowattstunde an derStrombörse verkauft werden oder imQuartierspei-cher gespeichert werden. So verfällt der wertvolleÖko-Stromnicht.WirwollendamitStromeffizien-ter einsetzen“, so Strebl. „Wir sind überzeugt, dasssolche Energienetzwerke oder Bürger-Energiege-meinschaftendieZukunftsind.UnddieganzeStadtprofitiert vonweniger CO2-Emissionen.“UmdieseZielezuerreichen,investiertWienEnergiefür eineLaufzeit von etwa fünf Jahrenmehr als zweiMillionen Euro. Als „urbane Pioniere“ testen Be-wohner im Viertel Zwei die Konzepte rund umEnergie,Wohnen undMobilität: SeitHerbst 2019könnendieNachbarnuntereinanderStromhandelnund so lokal produzierten Sonnenstromnoch effizi-enter nutzen. Die Blockchain-Technologie ist dieBasis der Transaktionen, die von den Energie-gemeinschaftengetestetwird–Netzwerk-Teilneh-mer, die bisher eine reineKundenrolle hatten, wer-den damit zuKooperationspartnern.
NETZWERKERWEITERUNG. Innovativen Lösungenöffnet sich Wien Energie auch dadurch, dass dasUnternehmen mit Start-ups smarte Lösungen insBoot holt. Mit der „Innovation Challenge“ setztWienEnergiebereits seiteinigenJahrenaufdasZu-sammenspiel von „alter“ und „neuer“ Wirtschaft,von großen und kleinen Unternehmen. 2018 be-warbensichüber300Start-ups,derheurigeBewerbist noch im Laufen. Und: Eines der innovativstenSiegerprojekte der vergangenen Jahre ist bereits
ENERGIE GEMEINSAM MITKUNDEN ERZEUGEN
2 6 P E T E R D R U C K E R F O R U M 2 0 1 9
dauerhaftimEinsatz.Die„SmartDroneInspection“der Start-ups Skyability und Birds.AI, die mittler-weile in den Start-up-Hub WeXelerate gezogensind. Nach mehreren erfolgreichen PilotversuchenanWindkraftanlagenwerdenmit derenTechnolo-gie mittlerweile auch innerstädtische Fotovoltaik-Anlagen undKraftwerkskamine inspiziert.Das er-höht die Arbeitssicherheit und minimiert Still-stands- und Ausfallzeiten. Innerhalb weniger Mo-natekonntegemeinsammitdenStart-ups aus einerIdee ein neues, erfolgreiches Geschäftsfeld entwi-ckelt werden. In Zukunft arbeiteten die Start-upsunter anderem an einer Zustandsbewertung vonGebäudenundGebäudedächern–auchgemeinsammit der StadtWien.Eines ihrer aktuellenZiele ist außerdemdie Zertifi-zierung derWertschöpfungskette durch den TÜVAustria, umdieQualität derDienstleistung sicher-zustellen. Strebl: „Die Zeiten, in denen Unterneh-men im stillen Kämmerlein etwas austüfteln, sindvorbei. Wir wollen Frischluft ins Unternehmenbringen, damit Neues entsteht – Ideen, Produkte,Geschäftsmodelle.Deshalbarbeitenwir seit einigerZeitmitjungenKräftenvonaußenzusammen.Mit-arbeiter sind genauso dabei wie externe Unterneh-mer und Start-ups. Beide Seiten profitieren – undnatürlich auch dieKonsumenten.“
INTERDISZIPLINÄRE FORSCHUNG. In der SeestadtAspern forscht Wien Energie gemeinsam mit denWienerNetzen, Siemens, der StadtWien undwei-
terenPartnernseit2013anEnergielösungenfürdieZukunft. Der interdisziplinäre Feldversuch ist inEuropaeinzigartig. IndreiGebäudenwurdenFoto-voltaik-Anlagen, Wärmepumpen, Speicher undandere Technologien installiert und mit Messinst-rumenten ausgestattet, um zu analysieren, wieStromundWärme aus ökologischer und ökonomi-scher Sicht optimal erzeugt, gespeichert, verteiltund effizient genutzt werden können. In der aktu-ellen Phase werden die intelligentenGebäude zum„Sprechen“gebracht–esgehtdarum, zu sehen,wieein automatisierter Informationsaustausch zwi-schenGebäuden,Energiesystemund-netzimSinneeiner effizienten und nachhaltigen Versorgung ge-lingen kann. Die Smart Buildings im Rahmen vonEuropas größtem und innovativstem Energiefor-schungsprojekt – Aspern Smart City Research(ASCR) – sprechen bereits rund zehn „Sprachen“.DochauchdabeistehendieNutzerimmerimFokus.Mieter imProjekt haben verschiedeneWerkzeuge –wie ein Home-Automation-System, eine Smart-User-App, eine Energievertrauensperson oder aucheinen flexiblenStromtarif –anderHand,damit sie soenergie- und kosteneffizient wie möglich agierenkönnen. Gleichzeitig ist das Stromnetz vor Ort mitzahlreichenSensorenausgestattet–esistkeinpassivesVerteilernetz,sonderneintatsächlichsmartesStrom-netz, das auf den aktuellen Energiebedarf flexibel re-agierenkann.DaspartnerschaftlicheProjekt läuftbis2023 und es sind über 100 interdisziplinäreWissen-schafter daran beteiligt. – MARTIN MÜHL
P E T E R D R U C K E R F O R U M 2 0 1 9 2 7
report
WienEnergie entwickelt die Infrastruktur,mitderStadtteilbewohnermittelsBlockchain
künftigEnergiehandeln.ZudemwillmanStart-upsEntwicklungschancenbieten.
Für „smarte
Lösungen“
versucht die Wien
Energie, auch
Start-ups ins Boot
zu holen
Michael Strebl
DerGeschäftsführerderWien Energiesetzt aufNetzwerke, die überdasUnternehmenhinausgehen
FOTO:KLÖCKNER
P E T E R D R U C K E R F O R U M 2 0 1 9 2 9
Wie war die Ausgangslage, als Sie mit der Digitalisie-
rungsstrategie starteten?
Gisbert Rühl: Die Stahlbranche ist seit Jahren vonstarken Marktpreisschwankungen, Überkapazitä-ten und hoher Wettbewerbsintensität gezeichnet.Die Industriemuss sich verändern, das ist uns allenbewusst. Bei Klöckner & Co möchten wir die Ver-änderung selbst gestalten.Dennnurwer seinePro-zesse frühzeitig digitalisiert und sich neue internet-basierteGeschäftsmodelleerschließt,zähltamEndezudenGewinnern.VordiesemHintergrundbin ich2014 ins SiliconValleygereist unddieExpertenvorOrt habenmich zu einer „DigitalisierungsstrategieStahlhandel“ inspiriert.
Wie sind Sie dabei vorgegangen?
Fürmichwar eswichtig,mir selbst einBild vondenPerspektivenderDigitalisierungzumachen.Daherhabe ich im ersten Schritt Plattform-Betreiber,Start-ups,InvestorenundInkubatorenbesuchtundmitunterschiedlichenMenschendiskutiert.Schnellwarmirklar:Plattformenwerdenzumdominieren-
den Geschäftsmodell des 21. Jahrhunderts – nichtnurimB2C-Bereich,sondernauchimB2B-Bereich.Jetztgehtesfürmicheinerseitsdarum,mitHilfederDigitalisierung unser bestehendes Geschäft aufzu-werten und effizienter zu gestalten. Andererseitsmöchten wir auch digitales Neugeschäft akquirie-ren. Dabei denke ich an die Entwicklung digitalerProdukte und Plattformen, mit denen sich für unsdieChance ergibt, an disruptiven neuenGeschäfts-feldern zu arbeiten.Wir warten nicht auf die Digi-talisierung, sondern beschäftigen uns proaktiv undintensiv mit digitalen Themen in allen Unterneh-mensbereichen.
Welche Hürden mussten Sie dabei meistern?
Bei einer Transformation dieser GrößenordnunggibtesimmerSchwierigkeiten,dieeszuüberwindengilt.Gerade in traditionellen Industrienmüssenwirerst lernen, dass Rückschläge auch nützlich seinkönnen, damit etwas Neues entstehen kann. Mandarfnichtdavonausgehen,dassalledigitalenTools,die wir entwickeln, von Kunden und Lieferantengleich mit Begeisterung angenommen werden.Tools, die nicht erfolgreich sind, werden nach demMotto„failfast,failcheap“schnellwiedereingestelltund wir ziehen die notwendigen Schlüsse aus denFehlentwicklungen, um es beim nächstenMal bes-ser zu machen. Doch auch bei erfolgreichen Toolsmuss unseren Partnern der Nutzen durch unsereVertriebsmitarbeiter erst erklärt werden. Schluss-endlichbietenwirmittlerweilenichtnurStahl, son-dern auch Software an. Das ist ein riesiger Change-Prozess. Hier haben wir gelernt, dass wir aktiverzuhörenunddieStrategiegenauererklärenmüssen.Wir mussten unsere Denkweise komplett umstel-len. Zudem läuft unsere interne Kommunikationseit einigen Jahren fast »
interview
ZurPerson
Gisbert Rühl, geboren 1959, gilt als eine Art Rockstar der
Digitalisierung traditioneller Geschäftsmodelle. Seit 2009 ist der
frühere Partner und Gesellschafter von Roland Berger Strategy
Consultants nun Vorstandsvorsitzender von Klöckner & Co, beim
börsenotierten Stahl- und Metallhändler verantwortet Rühl die
Gesamtkoordination der Vorstandsarbeit und ist auch für die
Umsetzung der Digitalisierungsstrategie verantwortlich. Er hat
eine weltweit, auch für Konkurrenten offene Handelsplattform
für Stahl geschaffen.
Plattformen werden
für Gisbert Rühl zum
dominierenden
Geschäftsmodell des
21. Jahrhunderts
werden. Nicht nur im
B2C-Bereich, sondern
auch im B2B-Bereich
GisbertRühl, VorstandsvorsitzendervonKlöckner&CoSE,überdieDigitalisierung
desUnternehmensunddenAufbauder Industrieplattform„XOMMaterials“.
"WIR BAUEN DASAMAZON DESMATERIALHANDELS AUF"
FOTO:LONDON.EDU
S O N D E R A U S G A B E 3 1
interview
ausschließlichübereinsozialesNetzwerk,umjeder-zeit in den Austausch mit den Mitarbeitern tretenzukönnen.MittlerweilehabenwirdiemeistenMit-arbeiter für unseren digitalenKurs begeistern kön-nen. Wir dürfen uns aber nichts vormachen: Wirwerden weiterhin Fehler machen, da wir ständigNeulandbetreten.Das ist auchgut so.WirmachenesallerdingszurPflicht,darauszu lernen.Das lebenwir bei Klöckner &Co.
Was konnte in welchem Zeitraum umgesetzt werden?
Als Einstieg in das Onlinegeschäft haben wir zuBeginn erst mehrere Onlineshops entwickelt, dieeine Sofortbestellung rund um die Uhr ermöglich-ten. Inzwischen sind rund 20.000Kunden in sechsLändern für das Onlineangebot registriert. Nebenweiteren digitalen Tools wurde für Kunden mitLieferverträgen ein sogenanntes Kontraktportalentwickelt, aus dem Materialabrufe auch über dasSmartphone getätigt werden können. Darüberhinaushabenwir imFebruar2018dieunabhängigeIndustrieplattform „XOM Materials“ geschaffen.Dafür gründeten wir ein Venture, sodass XOMMaterials komplett unabhängig agieren kann.Denn die Chancen, die die offene Plattform bietet,kommen nicht nur Klöckner & Co zugute: Inzwi-schen nutzen bereits über 30 Händler und über300 Kunden XOM Materials. Die Plattform er-möglicht Preisvergleiche, stellt Echtzeitinforma-tionen über Verträge bereit und bietet den Zugriffauf Stahlzertifikate. Zukünftig werden wir auchServices wie Blitzlieferungen oder Finanzierungenüber entsprechendeDienstleister anbieten.
Wo steht Klöckner heute und wo soll die Reise hin-
gehen?
MitderDigitalisierungunseresAngebotshabenwir
weltweit eine führende Expertise für den Verkaufvon Stahl über das Internet aufgebaut. Schonheuteerzielen wir über ein Viertel unseres Konzern-umsatzes über digitale Kanäle. Jetzt geht es ver-stärktumdieDigitalisierungder internenProzesse.DasZiel ist es, alle Schritte – vonderBestellungdesKundenbiszurAuslieferung–zudigitalisieren.Daswird zu erheblichen Kostenentlastungen führenund uns zu einem deutlich profitableren Unter-nehmen machen. Mit XOM Materials sind wirzudemganzvornemitdabei,dasAmazondesMate-rialhandels aufzubauen.UnsereErwartung ist, dassschoninwenigenJahreneinGroßteildesweltweitenBedarfs an Stahl und anderen Materialien überwenige Plattformen gehandelt wird. Wir könnenmit Stolz sagen: Klöckner &Co treibt denWandelder gesamten Stahlindustrie voran.
Um der digitale Vorreiter zu sein, braucht es perma-
nente Innovationen. Wie fördern Sie neue Ideen?
NeueIdeenundInnovationenfördernwirvorallemdurch kloeckner.i, unserer hauseigenen Digital-einheit und die Keimzelle unserer neuen digitalenKultur: offeneunddirekteKommunikation, flacheHierarchien und immer wieder die Herausforde-rung, den Kunden in den Mittelpunkt zu stellen.Heute bestehen unsere Teams bei wichtigen Pro-jekten stets aus Mitarbeitern von kloeckner.i undMitarbeitern aus traditionellen Konzernbereichen.Die enge Zusammenarbeit und der persönlicheAustauschsindeineeinzigartigeInspirationsquelle,die neue Ideen und Lösungen entstehen lässt.Aufgrundder sehrgutenErfahrungenbei derDigi-talisierung von Klöckner & Co bieten wir die Be-ratungsdienstleistungen von kloeckner.i seitAnfangdesJahresaucherfolgreichexternenUnter-nehmen an.
War dies die größte Herausforderung in Ihrer Manage-
mentkarriere?
Als ich imNovember2009denVorstandsvorsitzbeiKlöckner & Co übernommen habe, befand sich dieBranche in einerdramatischenKrise.DieNachfrageindenVereinigtenStaatenundderEUwareingebro-chen und dieMargenwaren durch subventioniertenBilligstahl ausChinamassivunterDruck.Die Stahl-industrie muss seit Jahren mit unterschiedlichenHerausforderungenumgehen.Auchheute befindenwir uns in einem anspruchsvollenUmfeldmit nega-tiven Preiseffekten und einer rückläufigenNachfra-ge. Grundlegende Veränderungen sind daher drin-gend notwendig. Klöckner & Co möchteden Wandel aktiv gestalten. Daher er-mutigen wir unsere Mitarbeiter dazu,neugierig zu sein, aus Fehlern zu ler-nen und den Mut zu haben, Neuesauszuprobieren.
– MARTINA MARTINEK
DER STRATEGIEBERATER
In Geschäftsberichten wird der Begriff „Ökosys-tem“ heute 13-mal häufiger verwendet als nochvor einem Jahrzehnt. Aber was ist eigentlich einGeschäftsökosystem?Wie könnenwir es nutzen,umWerte zu schaffen? Michael G. Jacobides setztsich wissenschaftlich mit genau diesen Fragen aus-einander.EristProfessorfürStrategieanderLondonBusiness School, wo er auch denVorsitz des SirDo-naldGordonChair fürUnternehmertumundInno-vation inne hat.„Es gibt zu viele Definitionen, das schafft Verwir-rung“, findet er. „Es ist nützlich, den Begriff aufGruppen von Unternehmen zu beziehen, die zu-sammenarbeitenmüssen,umeingemeinsamesPro-dukt-oderServiceangebotzuerstellen“,sagter.DerbritischeWissenschafter hat bereits an vielen nam-haften Universitäten, wie der Harvard University,der Bocconi oder der SingaporeManagement Uni-versity, gelehrt.Jacobides Forschungsschwerpunkte liegen unteranderem auf den Themen industrielle Evolution,Strategiearbeit im Wandel und unternehmerischeTransformation.Er istAutorzahlreicherBeiträgeinFinancialTimesoderHarvardBusinessReview.Sei-newissenschaftlichenErkenntnissehat ermehrfachinderPraxisunterBeweisgestellt,sounteranderemin Projekten mit Santander, Credit Suisse, Airbus,Lufthansa, Vodafone,McKinsey oder Roche.DerNachfahredesberühmtengriechischenKünst-lersGeorgiosJacobides,derauchinAthenstudierte,erforscht seit Jahren die Bedeutung der Plattform-ökonomieunddieAuswirkungenweltumspannen-derÖkosystemeaufMärkte,ManagementundOr-ganisationen.„GenauwiederSchrittvoneinzelligenzu mehrzelligen Organismen in der Natur stellenÖkosysteme einen tief greifenden evolutionärenWandel dar“, erklärt der akademische Berater derBoston Consulting Group, Gastwissenschafter beiderNewYorkFedundGastwissenschafter inCam-bridge.Jacobidesunterstreicht,dassBusiness-Ökosystemezwar in denmeisten Fällen datenbasiert seien, dochsie erfolgreich zu orchestrieren und unternehmeri-schen Mehrwert aus ihnen zu generieren, verlangevon Firmen mehr als technologische Expertise. Esgehe vor allem ummenschliche Eigenschaften, wie
Intuition, Empathie undumdieKreativität,ausim-mer neuen Ereignissen imÖkosystem strategischenNutzen zu ziehen. SeinCredo:„Forgetego–it'sallabout eco“.Denn Erfolg oder Miss-erfolg seien längst keineFunktion eines gutenPro-duktsmehr oder einer gu-ten, kostengünstigen Fir-mamiteiner solidenKapi-talstruktur. Es erfordereauch eine effektive Strate-gie, um ein Ökosystem zuverwalten. Für Unterneh-men, die sich der Heraus-forderung stellen, gelte: Ökosysteme sind imKerneine neue Organisationsform. Es handele sich umdynamischeNetzwerke, die Produkte und ServicesineinerneuenungewohntenFormverbinden.DennKundenerwarteneinnahtlosesLeistungspaket,dassich an ihren Bedürfnissen orientiert und nicht anden Angeboten einzelner Unternehmen, die sieselbst zusammenstellenmüssen.Jacobides war auch Mitglied des Global AgendaCouncil desWorldEconomic Forum,wo er als aka-demischer Leiter des Digital-Ecosystems-Projektstätig ist, und hat bei den Davoser Jahrestagungenvorgetragen. Er ist der Ansicht, dass die Welt zu-nehmenddurchÖkosystemevermitteltwirdundsieeinen erheblichen Anteil der globalen Erträge aus-machenwerden.EinigederweltweitgrößtenUnternehmen,wieAli-baba,Amazon,Apple,Tencent undGoogle, habenbewiesen,wiemanbranchenübergreifendeProduk-teundDienstleistungenanbietet,indemsieihreige-nen Ökosysteme aufbauten. Diese Entwicklungenfordern die etablierten Unternehmen heraus, ihreGeschäftsmodellezuüberdenken.DabeirätJacobi-deszurSelbstreflexion:„Zuverstehen,wasdiebest-möglicheRolle ist, die jedesUnternehmen in dieserWelt spielen kann, ist viel besser, als sich selbst zutäuschen, dass jeder Google, Facebook oder Ubersein kann.“ «
WORLD MANAGEMENT LEADERS
porträt
3 0 P E T E R D R U C K E R F O R U M 2 0 1 9
MichaelG. Jacobides, Spezialist fürNetzwerkeundPlattformökonomieanderLondonBusinessSchool, erforschtdieAuswirkungenweltumspannenderÖkosysteme.
ZumUnternehmen
Klöckner & Co ist weltweit einer der größten
produzentenunabhängigen Stahl- und Metalldistributoren und
eines der führenden Stahl-Service-Center-Unternehmen. Über sein
Distributions- und Servicenetzwerk von ca. 160 Standorten in
13 Ländern bedient der Konzern über 100.000 Kunden. Als Vorreiter
der digitalen Transformation in der Stahlindustrie hat sich Klöckner
& Co zum Ziel gesetzt, seine Liefer- und Leistungskette durchgängig
zu digitalisieren sowie die unabhängige Industrieplattform XOM
Materials zur dominierenden vertikalen Plattform für die Stahl- und
Metallbranche sowie benachbarte Industrien auszubauen. Durch
den Aufbau der Innovationseinheit „kloeckner.i“ kann der
internationale Stahlhändler digitale Lösungen entwickeln, die
ganzheitlich in der Kernorganisation eingesetzt werden und heute
schon Umsätze in Milliardenhöhe erzielen. Bis 2022 will Klöckner
60 Prozent aller Umsätze über Online-Transaktionen generieren.
„Forget ego – it's
all about eco“
lautet das Credo
des akademischen
Beraters und
Wissenschafters
Michael G.
Jacobides
FOTOS:CHRISTIANFÜRTHNER/STADTWIEN,PID/MARTINVOTAVA
Brigitte Jilka, seit 2009 Stadtbaudirektorinder Stadt Wien, ist im wahrsten Sinne desWortes eine Powerfrau: „AlsWiener Stadt-baudirektion sindwir dafürda, dass zur rich-
tigen Zeit am richtigen Ort die wichtigen Infra-strukturenzurVerfügungstehen.Schulen,Kinder-betreuung, öffentliche Räume mit Wasser, Kanal,Elektrizität, Heizung oder auch Internetversor-gung, Verkehrsmittel, Freizeitangebote und vielesmehr gehören örtlich aufeinander abgestimmt.“
ALT UND NEU. Nicht nur für den Tourismus spieltdas als UNESCO-Weltkulturerbe ausgezeichnetehistorische ZentrumWiens eine große Rolle. EineStadt,diewächst,mussauchindieZukunftschauenund inkommendenGenerationendenken.BrigitteJilka: „So unterschiedlich, wie sich Interessen,Werthaltungen oder Stile im Verlauf von Genera-tionen entwickeln, sobreit ist dieBrücke, diewir zuspannen haben.Wir schöpfen dabei aus demhisto-rischen Wissen, unserer Kompetenz und NeugierundauchauspersönlichenErfahrungen.Esistwich-tig, das historischeErbe alsBasis zu schätzenund esist legitim,daraufNeues zugründen.“AlsBeispielenennt sie Methoden in der Dokumentation, neueMaterialien, dieAltes konservieren undmodern er-weitern helfen oder beabsichtigte Stilbrüche, dieaufsehenerregendeArchitektur erzeugen.
DIGITALE PROJEKTEINREICHUNG. Eine der innova-tivsten Lösungen der StadtWien ist, dass seit Juni2019 die Einreichung von Bauprojekten onlinemöglich ist. „Wir habenmit der sogenannten digi-talenBaueinreichung (DBE)eineuropaweit einzig-artigesPilotprojektgestartet.DieProjektwerberin-nen und Bauherren ersparen sich künftig, ordner-weise Pläne und Papier ins Amt zu tragen, sie kön-nenzeitlichunabhängigvonÖffnungszeiteneinrei-chen und damit rechnen, dass die Bearbeitung derAnträgewesentlich schneller erfolgt“, gibt BrigitteJilka Einblick. Routineprüfungen wie Lichteinfall,Seitenabstand oder auch Fluchtweglängen werdenkünftig digital und automatisch durchführt.LogischistfürsiedaherdernächsteSchritt,nämlich,dassComputervonProjektzuProjektundvonBau-fall zu Baufall lernen – also mit künstlicher Intelli-genz arbeiten.DiebekanntestenundjüngstenStadterweiterungs-gebiete inWien sind die SeestadtAspern imNord-osten Wiens, das Sonnwendviertel beim Haupt-bahnhof und der Nordbahnhof an der Donau. Bri-gitteJilka:„AlledreiGebietesindtrotz ihrerUnter-schiedlichkeit erfolgreich im Sinne von ,lebens-wert’.“ Für den Erfolgmitentscheidend sind für dieStadtbaudirektorin die An- und Einbindung derNachbarschaftundnatürlichvielGrün–diegroßenneuen Stadtteilparks im Sonnwendviertel oder amNordbahnhof sindeinHighlight, auch fürdieMen-schen aus den dicht verbautenGründerzeitviertelnrundherum. Und weil neue Stadtteile sukzessivewachsenund sichdas Sozialsystemnicht an riesigenhomogenenNeustädtenverschluckensoll, steht fürerfolgreichen Städtebau auf jeden Fall der Menschimmer imMittelpunkt. «
DAS ERBE ALS BASIS,UM NEUES ZU ENTWICKELN
LEBENST RÄUME
3 2 P E T E R D R U C K E R F O R U M 2 0 1 9 P E T E R D R U C K E R F O R U M 2 0 1 9 3 3
report
DieStadtbaudirektion sieht sichverpflichtet, auf
dennachhaltigenNutzenderBevölkerungzuschauen,
fürdienötige Infrastruktur zu sorgenund,wennnötig,
rigideeinzugreifen.
Eine Stadt, die wächst, benötigt neben leistbarem
Wohnraum eine permanente Erweiterung der
Bildungseinrichtungen und Raum für Unternehmen.
Wie aktiv muss diese Balance gesteuert werden?
Brigitte Jilka:Die öffentlicheHand geht grundsätz-lich vorsichtig damit um, in Märkte einzugreifen.Zweifellos gibt es aber eine Verpflichtung, überalldort mitzusteuern, wo nachhaltigerNutzen für dieBevölkerung ausbleibt, wenn alleine derMarkt re-giert–undwennnotwendig, auch rigide einzugrei-fen. Der Erfolg der Wiener Öffis, die Qualität derWasserversorgung, die Sauberkeit und Sicherheitder öffentlichen Räume sprechen dafür. Wie starksich Wien im leistbaren Wohnbau engagiert, darfals bekannt vorausgesetzt werden. Daher bin ichdankbar, wenn Sie den produzierenden Sektor alsTräger vonArbeitsplätzen ansprechen.Wir bemü-henuns,hierdieRolledes„Ermöglichers“einzuneh-men. Durch langfristige Flächenvorsorge fürGewerbe und Industrie, adäquate Bebauungs-bestimmungen, Kooperation mit den Interessens-vertretungen und auch direkt mit vielen Wirt-schaftstreibendenversuchenwir,Konflikte,diesichaus Nutzungsmischungen auf engem Raum erge-ben können, zu minimieren. Die Balance lebt aberletztendlich sehr stark vomVerständnis der Nach-barn für dieNotwendigkeit des jeweils anderen.
Dies bedarf der Abstimmung unterschiedlicher Berei-
cheundAbteilungenundfunktionierenderNetzwerke.
Wie kann eine Stadt diese entwickeln und pflegen?
Sobuntundvielfältigwie die Stadt ist auchderMa-gistrat.Alleineder technischeBereichumfasst etwa8.400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit ganzunterschiedlichenQualifikationen. Überall geht esdarum, imZusammenspielderKräfteeinZielzuer-reichen. Kommunikation ist daher ein Schlüssel-faktor.DieVerwaltungsspitzebieteteinegroßeAn-zahlvonverschiedenenFormatenan,woundwiedieMitarbeitenden einanderkennenlernen, von einan-der lernen undmiteinander arbeiten können.
Zu diesen Netzwerken gehört auch die Abstimmung
mit privaten Bauträgern, um neben Wohnbau und
Wirtschaft auch genügend Fläche für alle Einrichtun-
gen von allgemeinem Interesse sicherzustellen?
DiePartnerineinemsogenannten„städtebaulichenVertrag“würde ichnichtautomatischalsNetzwerkbezeichnen. In diesen Fällen gibt die Stadt einemBauträger oder einemKonsortium, das eine Ände-rung der Flächenwidmung – meist aufWohnbau-gebiet–anstrebt,bekannt,dassdievondenspäterenBewohnerinnen und Bewohnern des Gebietes er-wartete Infrastruktur seitens der Stadt nicht raschfinanziert werden kann. Viele Bauträger entschlie-ßen sich daher, einen Beitrag zur Infrastruktur zuleisten,damitsie ihreVorhabenschneller realisierenkönnen. Wenn sich zur Realisierung eines neuenStadtteils mehrere Bauträger zusammenschließenundmit der Stadt gemeinsam im Interesse der Be-völkerung Infrastruktur herstellen, kann man dasauf denOrt bezogen alsNetzwerk sehen. «
Brigitte Jilka, Stadtbaudirektorin der Stadt Wien, über die Aufgaben der Stadt
„Kommunikation ist ein Schlüsselfaktor“
interview
Brigitte Jilka
Die Tirolerin ist seit
2009Stadtbau-
direktorin vonWien
Verena Madner:
„Die Stadt, aberetwaauchBauträger undEnergieversorger,haben heute andereRollen“
FOTOS:20-FIRST,CHRISTIANFÜRTHNER/STADTWIEN,WU
die Gleichstellungsberaterin über Führung, ge-schlechtsspezifisches Marketing und Talentmanage-ment. „Geschlechterübergreifend zu arbeiten ist wieüber Nationalitäten und Generationen hinweg zuarbeiten.EserforderteintiefesVerständnisderUnter-schiede, um sich auf 100 Prozent des potenziellenMarkteseinzustellenunddasvollePotenzialderTalen-te auszuschöpfen“, sagt sie.Angefangen hatWittenberg-Cox'Karriere als Coachmit einem informellen Lunch-Netzwerk: „Inmeinen40ernstarteteichalsGründerinvonGlobalPWN.net,einem der führenden Unternehmensnetzwerke fürFrauen in Europa. Während eines Jahrzehnts führtemichmein gemeinnütziges Treiben –wie dieMillen-nialsesjetztnennen–zuderimmensenChance,diedieFähigkeiten und Intelligenz der heutigen Frauen fürdieGeschäftsweltdarstellen.“Sie hat mit ihrem Team viel gearbeitet, um das Be-wusstsein fürVeränderungenderUnternehmenskul-turen und -systeme zu schärfen. ImmermehrUnter-nehmenkamenzuihr,umzuverstehen,wieFrauenalsMitarbeitergewonnen,erhaltenundweiterentwickeltwerden können. Schließlich gab es genugNachfrage,umGleichstellungsberatung zu einem schnell wach-senden eigenen Geschäftsfeld zu machen, denn dieAusgewogenheit der Geschlechter hat heute fürUnternehmen auf der ganzen Welt Priorität. DerMarkt ist riesig.Doch das Gleichgewicht zwischen den Geschlech-tern kommt nicht von allein zustande. Es brauchtWillenundKönnen.UnddiegefragteVortragendeundGastprofessorinanEliteschulenist stolzdarauf,Pionierarbeit geleistet zu haben. „Es war mir eineFreudeundeineEhre, eineder tief greifendstenundam meisten unterschätzten Veränderungen in derGeschichte derMenschheit zu begleiten: den fried-lichenAustauschvonMacht,WissenundMöglich-keiten zwischen Männern und Frauen“, sagt dieGleichstellungsexpertin erfreut. „Wir hatten dasGlück, mit einigen der aufgeschlossensten Unter-nehmen und Führungspersönlichkeiten der Weltzusammenzuarbeiten – mit denen, die Geschlech-ter-Gleichstellung ernstmeinen.“
– MARTINA MARTINEK
Die Ökosysteme desGeschäfts wurdenvon Männern fürMänner aufgebaut.
„Finanzen, Technologie,Business Schools, Davos,Geschäftskonferenzen undClubsbleibenvonMännernbeherrscht, dochdasAnge-botanTalentenistvonFrau-en dominiert“, erklärt Avi-vahWittenberg-Cox,CEOvon 20-first, einer globalenBeratungsfirma für Ge-schlechtergleichstellung.Im 21. Jahrhundert sind60 Prozent derHochschul-absolventenund80Prozent
derKaufentscheiderfürKonsumgüterFrauen.Talen-te, Märkte und Stakeholder feminisieren sich also.Höchste Zeit für intelligenteUnternehmen, die Aus-gewogenheitderGeschlechteralsWettbewerbsvorteilzu nutzen. Genau dabei berätWittenberg-Cox Top-Unternehmenweltweit: „First-Mover-Unternehmenhaben dies frühzeitig verstanden und profitieren voneinem ausgewogenen Verhältnis der Geschlechter.Doch der Großteil der Geschäftswelt hat noch einenweitenWegvor sich.“Bei dem Versuch, die Unternehmenskultur in Rich-tungGleichstellungderGeschlechter zuverschieben,empfiehlt die Top-Beraterin, sich auf dasÖkosystemder gesamten Organisation zu konzentrieren. Oder,wiedieleidenschaftlicheGärtnerinesbeschreibt:„Da-mit ein gesundes grünes Gras wächst, muss die Erdevorbereitet, gedüngtundgegossenwerden.“Wittenberg-Cox coacht seit zwei JahrzehntenCEOs,FührungsteamsundEinzelpersonen inUnternehmenaufderganzenWelt. SiehatmitTausendenvonFüh-rungsteamsinüber40LänderngearbeitetundeineRei-hevonFachbüchernverfasst,darunter„SiebenSchrittezur Führung geschlechtsspezifischer Unternehmen“und „Warum Frauen Unternehmerinnen sind: Ver-ständnis für die Entstehung unserer nächsten wirt-schaftlichen Revolution“. In ihren Vorträgen spricht
DIE BOTSCHAFTERIN DESWEIBLICHEN ERFOLGS
WORLD MANAGEMENT LEADERS
porträt
Kommunen erleben aktuell steigende Erwar-tungen in Richtung Open Government –mehr Transparenz, Öffnung und Teilhabe.Die Bereitstellung von Informationen wie
Umwelt-, Verkehrs- oder auch Finanzdaten erhöhtnichtnurdieSichtbarkeitderLeistungeneinerStadt,sondernermöglichtesderWirtschaftundZivilgesell-schaft,mitdiesenDatenzuarbeiten.DiedadurchneueröffnetenOptionen und Ergebnisse könnenwiede-rum von Städten genutzt werden. Verena Madner,Leiterin des Forschungsinstituts fürUrbanManage-ment und Governance an der WUWien, über dielangjährigeKooperationmitderStadtWienundde-ren Strategie: „Wien hat hier richtigerweise nie nureinemgroßenBetreiberoderPartner exklusivDatengegeben,sonderndaraufgeachtet,OwnershipbeiderStadt zu halten. Dies ermöglicht den Weg derKo-Kreation,inderenRahmenDatenzurVerfügunggestellt und von verschiedenen Partnern genutztwerden.“
NEUE ROLLEN. EinesichdarausergebendeFragestel-lungist,welchedierichtigenGovernance-Methodensind,umderleiNetzwerkprozessezusteuernundeineWechselwirkung von Technologie, Wirtschaft,Ökologie und Sozialem zu nützen. VerenaMadner:„Die Stadt, aber etwa auch Bauträger und Energie-versorger, haben heute andere Rollen; wo es früherÜbergabepunkte gab, sind heute kleinteiligereLösungen gefragt, um dezentrale Erzeuger undunterschiedlicheQuellen zu koordinieren.Die StadthathiereineSchnittstellenfunktion,umdenhöherenKommunikationsaufwand zwischen Bauträgern,Wirtschaft aber auch (zukünftigen) Bewohnern zumanagen.“
FORSCHUNG ZUM MANAGEMENT EINER STADT. DasForschungsinstitutfürUrbanManagementundGo-vernance an der WUWien wurde Ende 2010 mitUnterstützungvonForschungsförderungsmittelderStadt Wien eingerichtet. Unter der Leitung vonVerena Madner und Renate E. Meyer werden dortFragestellungen des modernen StadtmanagementssowiederUrbanGovernance auf interdisziplinärer –
vor allemwirtschafts-, rechts- undorganisationswis-senschaftlicher –Basis untersucht.Geistes- undkul-turwissenschaftliche Expertise wird in die For-schungstätigkeit miteinbezogen. Neben Fragen derOffenheit geht es oft um Organisationsformen unddasGemeinwohl. ImFokus derWeiterentwicklungderStadt stehendabeiderKlimaschutzundauchdieSmart-City-Strategie. Themen sind unter anderemdie Stadt der kurzen Wege, in der Wohnen undArbeitnahbeieinanderliegen,oderauchdieProduk-tion inderStadt.BeimanchendieserEntwicklungenstößt man an die Grenzen der rechtlichen Rahmen-bedingungen.VerenaMadnersiehthiereinenVorteilfür die StadtWien: „Eine Stadt kann denRaumord-nungsplan ändern und etwa Energieversorgungs-zonen ausweisen.“ In anderen Bereichen brauche esdieZusammenarbeitmitdemBundalsGesetzgeber.
AUTONOMIE UND STEUERUNG. DieKönigsdisziplinsiehtVerenaMadnerdarin,Bottom-up-Entwicklun-gen zuzulassen, aber gleichzeitigVerantwortung fürVorsorgeleistungen, die Erfüllung gemeinsamerStandards oder auch soziale Gerechtigkeit zu über-nehmen. Es gehe umdie Balance zwischenAutono-mie undSteuerung. Schlüsselbegriffe seienhier auchPartizipation und Bürgerbeteiligung, die aber orga-nisiert werden müssen – etwa durch die Bereitstel-lung vonFormatenundRäumen, in denenkommu-niziertwerdenkann.Konkrete Forschungsprojekte des Instituts zusam-men mit der StadtWien behandeln unter anderemdie SharingEconomy, „CollaborativeGovernance inder ,Flüchtlingskrise'“ oder auch unter dem BegriffderVerticalUrbanFactorydieFrage,wiemanWoh-nenundProduktionunddamitArbeiten inderStadtwieder besser mischen kann. Eine vom Institut mitder StadtWien erarbeitete Studie zu rechtlichenAs-pekten der Energieraumplanung ist eineGrundlagedes Fachkonzepts „Integrierte Energie-Raum-Pla-nung“ und damit einwichtiger Baustein für dieKli-mazonen, mit denen Gebiete ausgewiesen werdensollen, wo eineWärmeversorgungmit fossiler Ener-gie nicht oder nurmehr eingeschränktmöglich ist.
– MARTIN MÜHL
3 4 P E T E R D R U C K E R F O R U M 2 0 1 9 P E T E R D R U C K E R F O R U M 2 0 1 9 3 5
AvivahWittenberg-CoxzeigtVorreiter-Unternehmen,wie siedurchGeschlechterbalancedieBusiness-ÖkosystemederZukunft sinnvoll für sichnutzenkönnen.
AneinemInstitutderWirtschaftsuniversitätWienwirderforscht,wieeineStadtihreKommunikationsaufgabenbestmöglichwahrnehmenkann.
Avivah Wittenberg-Cox
zeigt Unternehmen,
wie sie durch
Geschlechterbalance
die Business-
Ökosysteme nutzen
können
report
DIE FUNKTION EINER STADT
SCHNITTSTELLEN
FOTOS:METAMORWORKS/STOCK.ADOBE.COM,GERHAHRDDEUTSCH,PRIVAT
DerBegriff„smart“wirdheutzutagefast infla-tionär verwendet, vom smarten Kühl-schrank, der Lebensmittel selbst nach-bestellt, bis hin zu Smart-Home-Systemen,
welche die SteuerungundAbstimmung sämtlicherGeräte ineinemHaushalt ermöglichen.Smartwirddabei oftmit technischemFortschritt odermitdigi-taler, mitunter automatisierter Kommunikationgleichgesetzt – in dermodernen StadtentwicklungsteckthinterdemBegriffvielmehr.EineStadtkannals komplexesÖkosystemvon technischen Innova-tionen und digitaler Vernetzung profitieren, wirddadurch allein für Bewohner allerdings noch nichtlebenswert oder nachhaltig.
SMARTE ZIELE VERÄNDERN SICH. „InAsien oder inAmerikawird der Begriff Smart City ganz stark vonDigitalisierung dominiert. Uns geht es eher darum,clever zu handeln und dieUmwelt ist dabei ein ganzgroßes Anliegen“, erläutert Stadtentwicklerin InaHomeier. Sie leitet seit 2011 die Projektstelle SmartCityWienundwarbei derAusarbeitungder Smart-City-Rahmenstrategie federführend. Die Strategieverfolgt einen ganzheitlichen Ansatz, im Vorder-grund steht die Lebensqualität der Bürger Wiens.DasSchwierige,soHomeier,seienderlangeZeitraumunddieFülleanThemen,dieeinesolcheStrategieum-fasse.„WirhabendiebisherigeStrategieausdemJahr2014einemMonitoringunterzogenundfestgestellt,dass manche Ziele schon erreicht wurden. Zudemgibt es aber neueRichtlinien, wie das PariserKlima-schutzabkommenoderdieSustainableDevelopment
Goals(SDGs),diewirmitunserenbisherigenVorga-bennichteinhaltenhättenkönnen“,erklärtHomeier.
ÖFFENTLICHEN RAUM ZURÜCKEROBERN. Geradeim Bereich Nachhaltigkeit hat sich die StadtWienambitionierte Ziele gesetzt: Bis 2050 sollen die lo-kalenTreibhausgasemissionenproKopfgegenüber2005 um 85 Prozent gesenkt werden, beim End-energieverbrauchsollen50Prozenteingespartwer-den.UmdieseZiele zu erreichen,wird inBereichenwie Mobilität und Verkehr, Energieversorgung,GebäudeplanungundInstandhaltungoderWasser-und Abfallwirtschaft angesetzt. Der Verkehrssektorist jenerBereich, dermit rund30Prozent denhöchs-tenAnteil andengesamtenTreibhausgasemissionenWiens ausmacht – es gilt, künftig denMobilitätsbe-darf zu verringern,Mobilität auf effizienteVerkehrs-mittel zu verlagern und statt fossiler Treibstoffe aufCO2-freieAntriebeumzusteigen.Zudemermöglichteine effiziente Gestaltung von Stadtteilen mit einerlokalen Funktionsmischung von Wohnen, Lernen,Arbeiten, Einkaufen und Freizeit kurze Wege. Zielsei eine faire Aufteilung undNutzung der Verkehrs-flächen und des öffentlichen Raums.In Simmering entwickelt die Stadt gemeinsammitderBevölkerungundUnternehmendeswegenum-weltfreundliche Lösungen, die die urbane Lebens-qualität steigern. ImRahmendervonderEUgeför-derten Initiative „Smarter Together“ werden dreiWohnhausanlagennachmodernstenKriterienundmit demZiel höchster Energieeffizienz saniert.Da-für setzen die Entwickler etwa auf den Einsatz vonFotovoltaik und Solarthermie sowie auf besondersenergiesparende Beleuchtungssysteme. Zudemwerden den Bewohnern E-Autos und E-Bikes zurgemeinsamenNutzungzurVerfügunggestellt.DieBewohner wurden von Anfang an in den Sanie-rungsprozess eingebunden.
SMART MEINT MEHRALS DIGITALISIERUNG
3 6 P E T E R D R U C K E R F O R U M 2 0 1 9
KOMMUNIKATIONISTSMART.WiewichtigderAus-tauschmit denBürgern ist, zeigte auch das techno-logie-zentrierteProjektWAAlter,dasSeniorenmitdigitalenTechnologienundServicesvertrautmach-teundsoMöglichkeitenfürmehrUnterstützungimAlltag auslotet. „Das Problem im Kontext SmartCity istoft,dassmansichaufbestimmteDingekon-zentriert,dieschönsindundglitzern,abereigentlichan den wirklichen Bedürfnissen der Bürger vorbei-gehen“,erklärtDominicWeiss,LeiterderSmartCi-tyAgenturbei „Urban InnovationVienna“, derdasProjekt betreut. Im Rahmen der Initiative wurdentechnische Einrichtungen getestet, um älterenMenschen in ihren eigenen vier Wänden höhereLebensqualität und gleichzeitig im Idealfall dieMöglichkeitzubieten,längerzuHauseunabhängigund sicher wohnen zu können.„Wir haben genau hingehört, was die Menschenwirklichbrauchen,undrelativ schnell erkannt,dassetliche technische Anwendungen wie Tablets nursehrwenigVerwendung finden.Was sie brauchen,ist eine unsichtbare, vernetzte digitale Infrastruk-tur, die als Sicherheitsnetz da ist und dann greift,wenn sie gebraucht wird. Beispiele hierfür wärenNotfallknöpfe oder Sturzsensoren – das funktio-niert wunderbar und darauf verlassen sich Seniorenauch“, soWeiss weiter.
DIGITALISIERUNGSHAUPTSTADT. Privacy und Se-curity sind zentrale Aspekte im Digitalisierungs-prozess der Stadt.Wien soll, so der gesamtheitlicheAnsatz, so rasch wie möglich Digitalisierungs-hauptstadtwerden–allerdingsnichtaufKostenderPrivatsphäre.„EsistfürunsaufjedenFallexistenziellwichtig, dass für Privatsphäre- und Sicherheitsthe-men in Wien die höchsten Maßstäbe gelten. Wirversuchen,vorallemmitderheimischenundlokalenSzene und IT-Wirtschaft, statt ausschließlich mit
internationalen Akteuren zusammenzuarbeiten.AlleDatenderStadtWien,sowohldiedesKernma-gistrats als auch die der städtischen Unternehmen,werden lokal inunseren eigenenRechenzentren ge-speichert“, erklärt Dominic Weiss. Dieser Sicher-heitsaspekt bringeWien langfristig einen Standort-vorteil. „Ich glaube, das ist ein Alleinstellungsmerk-mal,dasunsvonanderenStädtenunterscheidet.Bür-gerundWirtschaftmüssendaraufvertrauenkönnen,dass die StadtWienmit den ihr anvertrauten Datensorgsam umgeht“, soWeiss.Eine Stadt müsse ihre grundlegende digitale Infra-struktur selbst zur Verfügung stellen, nicht zuletztauch, umWissenundExpertise aufzubauenund zubehalten, um auf lange Sicht mit privaten Ausrüs-tern von Technologien auf Augenhöhe verhandelnzu können – eine Grundlage, auch für die Zusam-menarbeit mit Unternehmen im Rahmen vonPublic-Private-Partnership-Modellen.
GEMEINSAM ZIELE SETZEN. Die Zusammenarbeitsei, sosindsichWeissundHomeiersicher,vorallemintern, aber auch unter Einbeziehung der richtigenPartner eine der größten Stärken der Stadt Wien.„Die heutigen Herausforderungen wie Urbanisie-rung, Klimawandel, Digitalisierung und Globali-sierung sind bereichsübergreifende Probleme, dieauch entsprechend gelöst werdenmüssen.Das wardereigentlicheDurchbruchderStrategieperse,weilesdieerstewirklichfachbereichsübergreifendeStra-tegie ist“, erklärtWeiss.AllegesetztenZielegreifenineinander und erfordern laufenden Austausch –möglich ist das nicht zuletzt dadurch, dass die Stra-tegie unter Zuhilfenahme von Bottom-up-Forma-tengemeinsamerstelltwurde. „Wirhaben inagilenTeamsgearbeitetundespassiertheute sehrviel auf-grunddesEngagementsderMenschen,diehierein-gebundenwurden“, betontHomeier. «
P E T E R D R U C K E R F O R U M 2 0 1 9 3 7
report
Anders als andereStädte rücktWienmitderSmartCity
allgemeincleveresHandelnunddieUmwelt inden
Mittelpunkt seinerbereichsübergreifendenStrategie.
Ina Homeier
leitet alsStadtentwicklerinseit 2011dieProjektstelleSmart CityWien
Dominic Weiss
leitet die SmartCity Agentur. SeinSchwerpunkt sindmultidisziplinäreurbane Systeme
FOTO:CHAIYAPRUEK2520/ISTOCKPHOTO.COM,
Wo würden Sie heute ein Unternehmen gründen?
Alexander Osterwalder:DieAntwort aufdieseFragehängtsehrvonderArtdesStart-ups,dasSiegründenwollen, ab. Es gibt Cluster, die sich besser für Soft-ware-Start-upseignenundsolche,diebessersindfüralles rund um Robotik oder künstliche Intelligenz.DieseClustergibtesaufderganzenWelt,vonNord-amerikaüberEuropabis nachAsien.Danebenden-ke ichaber,dasseseinenweiteren interessantenundnennenswerten Trend gibt.
Und welcher Trend wäre das?
DerkontinuierlicheAnstiegvonRemoteWork.Ichglaube, dass wir vermehrt Start-ups sehen werden,die von irgendwo auf der Welt entstehen, dieHauptsache ist, dass es dort einen brauchbarenZugang zum Internet gibt. Diese „distributed“Unternehmen mit Hubs und Mitarbeitern verteiltauf der ganzenWelt, in verschiedenen Städten undRegionen, haben eine glänzende Zukunft vor sich.Stellen Sie sich das Unternehmen der Zukunft alsÖkosystem mit Teams und Mitarbeitern verteiltüber den ganzen Planeten vor, die von überall aufder Welt zusammenarbeiten, um Mehrwert fürKunden, ebenfalls auf der ganzenWelt verteilt, zukreieren.Noch sindwirmeinerMeinung nach abernichtganzbereitdafür.Es istnachwievoreinfacher,Kapital in Start-up-Hubs, wie der kalifornischenBay Area, London oder Berlin, zu finden. Aber daswird sich ändern. Zusätzlich zu den heute bereits
existierendenClusternwerdenwirÖkosystemevonRemote-Teams und -Mitarbeitenden entstehensehen.
Welchen Spirit sehen Sie da dahinter?
Remote-Teams und -Mitarbeitende sind aus ver-schiedenenGründen sehr attraktiv: Sie können diebesten und passendsten Talente unabhängig vomUnternehmensstandort finden. Die Teammitglie-der müssen nicht zur Arbeit pendeln und könnendadurch ihre Zeit neben der Arbeit viel effizienterfürFamilieundFreundenutzen.DieAuswirkungenauf den Verkehr und die Umwelt sind enorm. Na-türlichistdieskeineUniversallösungundeswirdim-mer eine Kombination aus physischer und remoteZusammenarbeit geben. DieHerausforderung be-steht darin, dasBeste aus beidenWelten zukombi-nieren.
In welcher Region auf unserem Globus sehen Sie die
meiste positive Dynamik in puncto Start-ups? Ist es
noch immer Silicon Valley oder vielleicht zum Beispiel
BLOCK71 in Singapur?
Ich sehe interessante Trends, die sowohl von Start-ups als auch vongroßenUnternehmen auf der gan-zenWelt ausgehen:Tencent,AlibabaundPingAnerschaffen blitzartig großartige Dinge von Chinaaus und wir können wirklich enorm viel von ihnenlernen. Der Vision Fund von Softbank wurde vonMasayoshi Son in Japan gestartet, investiert jedochweltweit in Gamechanger. Und zur gleichen Zeitdisruptierte Tesla die weltweite Autoindustrie ausdem Silicon Valley heraus und Spotify überraschtedieMusikindustrie von Schweden aus.Wenn einesauf der ganzenWelt gleichmäßig verteilt ist, dannistdasTalent.Länder,RegionenundUnternehmenwerdenzunehmendlernen,wiesiedieInfrastrukturundVoraussetzungendafür schaffen,dassdieseTa-lente florieren und etablierte Businessmodelle »
P E T E R D R U C K E R F O R U M 2 0 1 9 3 9
Unternehmen der Zukunft
werden als Ökosystem mit Teams
und Mitarbeitern verteilt über den
ganzen Planeten einen Mehrwert
schaffen
BESTEHENDEGESCHÄFTSMODELLESTÄNDIG NEU ERFINDENDerBusiness-Experte,Autor,ConsultantundUnternehmerAlexanderOsterwalder
überdieUnternehmenderZukunftundmitwelchenStrategien sieüberlebenkönnen.
interview
FOTOS:BLACKJACK3D/ISTOCKPHOTO.COM,STRATEGYZER.COM
disruptierenkönnen. Ichbin einOptimist. Ichden-ke,wirwerdengroßartige Innovationenüberall aufder Welt und sowohl von Start-ups als auch vonetabliertenUnternehmen entstehen sehen.
Bleiben wir in Europa: Die Start-ups müssen sich hierfür ihr Wachstum generell Geld von den Banken besor-gen, die jedoch immer strengeren Regularien unter-worfen sind. Geld für Start-ups via Börse oder VentureCapital ist nicht die Regel. Lässt sich dieses Problem inEuropa überhaupt lösen?Ich bin kein Experte in Sachen Finanzierung. Diegrößere Herausforderung als Geld ist meiner Mei-nung nach das Fehlen eines Ökosystems erfolgrei-cher oder erfolgloser Entrepreneurs, die bereit sind,ihre Geschichten und Erfahrungen mit Entre-preneur-Neulingen zu teilen. Ein wichtiges Merk-mal des Silicon Valleys ist die dortige Kultur des„Payingitforward“.ErfolgreicheUnternehmerundRisikokapitalgeber treffen sich mit Jungunterneh-mern, um ihnen zu helfen – und zwarmit dem ein-zigen Interesse zurückzugeben. Es gehört dort bei-nahe zum guten Ton für erfolgreiche Personen. Ineinigen oder gar den meisten Regionen und Start-up-ClusternfehltunsdieseKulturdes„Payingitfor-ward“ noch.
Sehen Sie eine Entwicklung bei den Start-ups? Was istheute anders als vor zehn Jahren?Start-ups und Innovationsabteilungen in großenUnternehmen sind systematischer als vor zehn Jah-ren. Ideen und Leidenschaft reichen nicht aus. Ent-repreneursund„Corporate Innovators“ setzenheu-temethodischTools undProzessewie denBusinessModel Canvas und Lean-Startup ein.DieUniversi-täten lehren angehendenUnternehmern heutzuta-gedieAnwendungdieserWerkzeugeundProzesse,statt ihnen beizubringen, wie man veraltete Busi-nesspläne schreibt. Ich sehe viel mehr qualifizierteEntrepreneureund„CorporateInnovators“aufdemMarkt.
Was würden Sie grundsätzlich jedem Start-up vor demStart raten?Ideen sind der einfache Teil. Die Schwierigkeit be-steht darin,Wertversprechen zu etablieren, die beiden Kunden ankommen und die in ein Geschäfts-modell eingebettet sind, das sich rentabel skalierenlässt. Die einzige Möglichkeit, diese beiden Dingezu finden, besteht darin, die Ideen umgehen zu tes-ten und so lange anzupassen, bis ein erstklassigesWertversprechen und Geschäftsmodell gefundenwurde. Im Bereich Unternehmertum und Innova-tion stehen Sie nicht vor einer Herausforderung inSachen Durchführung, sondern vor einer Heraus-forderungdesSuchensundFindens.DieguteNach-richt ist, dasswir heute sogarwissen,wie Siemessenkönnen, ob Sie das Risiko einer Idee verringert und
imGegenzugFortschritte inRichtung einesmögli-cherweise funktionierendenWertversprechensundGeschäftsmodells erzielt haben.
Gedankenspiel: „Übersetzen“ wir Canvas in die Weltetablierter internationaler oder auch regionalerUnternehmen. Welche Unternehmen haben von denCustomer Segments, den Wertangeboten, über denAspekt der Revenue Streams bis hin zu den Key Part-ners für Sie das – zumindest annähernd –perfekteGeschäftsmodell?EsgibtkeinperfektesGeschäftsmodell.EsgibtaberModelle, die mehr „Burggräben“ als andere habenund die dadurch besser verteidigt werden können.DiebestenUnternehmensteheninderTatimWett-bewerb um Geschäftsmodelle und nicht nur umProdukte, Dienstleistungen, Technologien undPreise. Zum Beispiel gewinnt Apple seinen Wett-bewerbsvorteilnichtnurdurchdas iPhone, sondernauch durch das Ökosystem von App-Entwicklern,diedieBenutzermitMillionenvonAppsversorgen.Selbst wenn Sie ein besseres Telefon fabrizierenkönnten, müssten Sie das App-Store-Ökosystemreplizieren. In unserem nächsten Buch „The In-vincible Company“ skizzieren wir eine Reihe vonGeschäftsmodellen,dieSiedazuinspirierenkönnen,über Produkte und Preise hinaus zu konkurren-zieren.
Wie steht es eigentlich mit der Weiterentwicklung vonbestehenden Geschäftsmodellen?Noch wichtiger als der Wettbewerb mit großarti-gen Geschäftsmodellen ist die Fähigkeit, Ihr Ge-schäftsmodell stetig neu zu erfinden. Mit anderenWorten: Sie beginnen bereits, sich mit einer Neu-erfindung ihres Geschäftsmodells auseinanderzu-setzennochwährendes erfolgreich ist.Dasbekann-testeBeispieldafüristAmazon.DessenGründerJeffBezos pflegt eine Unternehmenskultur, die er als„Kultur des ersten Tages“ bezeichnet und die dasUnternehmen stets aufTrab hält. Amazon erfindetsich konstant neu und genau deshalb konnte eineOnline-Buchhandlung mit AmazonWeb Servicesden leistungsstärksten Cloud-Anbieter der WeltaufdenMarktbringen.EinwenigerbekanntesBei-spiel ist PingAn, das chinesische Finanzkonglome-rat.GründerPeterMaundCo-CEOJessicaTanha-benPingAnvoneinemtraditionellenFinanzunter-nehmen in ein Technologieunternehmen verwan-delt, das vonÖkosystemen, Digitalisierung, Inter-net und künstlicher Intelligenz angetriebenwird.
Viele Unternehmen befinden sich heute in einemTransformationsprozess. Folgt dieser Prozess IhrerMeinung nach einer Strategie oder sind die Unterneh-men die „Getriebenen“?Nur wenige etablierte und traditionsreiche Unter-nehmen sind gute Innovatoren. Sie verwechseln
noch immerdas traditionelleR&D(Research&De-velopment)mit Innovation. Bis sie lernen, sich sys-tematischneuzuerfinden,laufensieständigGefahr,disruptiertzuwerden.TeslakonntedieAutoindust-rie aufrütteln,weil die traditionellenAutoherstellerInnovationnicht beherrschen, sondernnur bessere,aber immernoch traditionelleAutosbauen.Netflixhat Blockbuster aus dem Markt gedrängt undbringt traditionelle Fernsehsender und TV-Pro-duktionsfirmen in Bedrängnis. All dies geschiehtnur,weil sichdiemeistenUnternehmenaufKostenderZukunft aufdieGegenwartunddiekurzfristigeStrategie konzentrieren. Also sind diese Unterneh-men nicht wirklich Innovatoren? Ich sage immerwieder,dasseinUnternehmenInnovationnurdannernst nimmt, wenn dessen CEO 40 bis 60 Prozentseiner Zeit für Innovation aufbringt. Ein gutes Bei-spiel dafür ist Logitech. Deren CEO, BrackenDar-rell, nutzt 50 Prozent seiner Zeit für Innovations-themen. Darum konnte er mit Logitech einen er-folgreichen Turnaround erreichen und das Unter-nehmenwieder aufWachstum ausrichten: 75 Pro-zent der Ressourcen, die für das traditionellePC-Geschäft eingeplantwaren,wurdenneu auf diewachsende Industrie rundumcloudfokussierteAn-gebote ausgerichtet. In Europa unternimmt Boschgroße Anstrengungen, um Innovationen voranzu-treiben, die über die traditionelle Forschung- undEntwicklungsabteilungen hinausgehen. Jedes Jahrnominieren sie 40 bis 60 Teams, die sich mit inno-vativen Wertversprechen und Geschäftsmodellenbeschäftigen sollen. Nach ungefähr 8 bis 12 Wo-chen erhält etwa die Hälfte dieser Teams Folgein-vestitionen.Weitere4bis6MonatespätererhälteinTeil dieser sich immer noch „im Rennen befinden-den“TeamsdieFinanzierung, umdie Ideen auf denMarkt zu bringen.Die Teams, die keine Investitio-nen erhalten,werden–unddas ist entscheidend fürdenErfolgderSache–werdennichtalsVerliererundderen Ideen nicht als Misserfolge angesehen, son-dern als Teil der Bemühungen, die vielverspre-
chendsten Ideen zu finden. Sie können die bestenIdeen nicht im Voraus bestimmen, sondern nurmittels solcher Innovationstrichtern, wie sie Boschund andereUnternehmen derzeit implementieren,finden.
Stichwort Digitalisierung: Müssen da Geschäfts-modelle nicht neu gedacht bzw. entwickelt werden?Absolut! Die Digitalisierung betrifft jeden Aspektdes Geschäftsmodells. Nur Unternehmen, die dasverstehen, werden überleben. Mein Lieblingsbei-spiel hierfür ist wiederum Ping An. Sie wechseltenvon einem auf Finanzen ausgerichteten Unterneh-men zu einem auf Ökosysteme ausgerichtetenTechnologieanbieter.
Welche Unternehmen werden – strategisch gesehen –die Gewinner der Digitalisierung sein?Nur diejenigen, die die Fähigkeit entwickeln,sich ständigneuzuerfinden.Alle anderenwer-den über kurz oder lang sterben. «
4 0 P E T E R D R U C K E R F O R U M 2 0 1 9
ZurPerson
Alexander (Alex) Osterwalder, einer der weltweit einflussreichsten
Verfechter von innovativen Geschäftsmodellen und Value Proposition
Design. Er ist Mitbegründer von Strategyzer, einer Innovationsschmiede, die
Unternehmen bei der Entwicklung von Wachstumstreibern, besserem
Kundenverständnis, attraktiveren Wertangeboten, starken
Geschäftsmodellen über Online-Applikationen und gemischten
On-/Offline-Kursen unterstützt. Osterwalder hat die Tools Business Model
Canvas, Value Proposition Canvas, Culture Map und Business Portfolio Map
erfunden, um Menschen in Unternehmen bei der Durchführung wichtiger
strategischer Aufgaben mit praktischen Werkzeugen zu unterstützen.
Osterwalder erhielt 2015 den von Thinkers50 verliehenen Strategy Award.
Laut
Osterwalder
wird es künftig
immer
wichtiger
werden, sein
Geschäftsmodell
neu zu erfinden
interview
Combining business talk with culture. Enjoying perfect harmony
#ViennaNow vienna.convention.at
©W
ien
To
uri
sm
us/
L. B
ec
k(l.
)/H
ofb
urg
Vie
nn
a/M
. Se
idl(
r.)
FOTOS:PETERDRUCKERSOCIETY(9),REYVILLAVICENCIO,RUIMINZHANG,CHRISNICHOLLS
HALL OF FAME
4 2 P E T E R D R U C K E R F O R U M 2 0 1 9
Roger Martin ist emeritierter Strate-
gieprofessor an der Rotman School
of Management der Universität
Toronto, wo er von 1998–2013 als
Direktor tätig war. Er gilt als Experte
für Business-Design und integratives
Denken.
Charles Handybeschreibtsichselbst
als Sozialphilosoph. Er hat als Lehrer
an bedeutenden Business Schools
gewirkt, wie etwa an der London
Business School. Seine Ideen hat er
über seine Bücher und eine eigene
BBC-Sendung verbreitet.
Philip Kotler, auch bekannt als
„Vater des modernen, strategischen
Marketings“, ist unbestritten die
weltweit führende Marketing-Auto-
rität und lehrt aktuell an der Kellogg
School of Management der
Northwestern University, USA.
Rita Gunther McGrath hälteinePro-
fessur für strategisches Management
an der Columbia Business School. Sie
gilt als weltweit anerkannte Strate-
gievordenkerin für Innovation und
Wachstum mit Schwerpunkt auf
Unternehmertum.
Rick Goings ist Vorsitzender der Tup-
perware Brands Corporation. Wäh-
rend seiner Karriere hatte er weltweit
eine Vielzahl an Führungspositionen
inne. Goings ist Mitglied der Gender-,
Bildungs- und Arbeitsinitiative des
Weltwirtschaftsforums Davos.
Vineet Nayar ist Mitbegründer der
Stiftung Sampark Foundation, die
mittels Innovationen neue Zukunfts-
perspektiven für Millionen von Armut
betroffener Kinder schafft. Bis 2013
war er CEO des indischen Technolo-
gieunternehmens HCL Technologies.
Adi Ignatius ist Chefredakteur der
Harvard Business Review Group. Im
vergangenen Jahr startete er das
Future Economy Project, um das
Engagement der Publikation für ehr-
geizige Nachhaltigkeitsziele zu
bekräftigen.
Clayton M. Christensen hat als Pro-
fessor für BWL an der Harvard Busi-
ness School und gefragter Unterneh-
mensberater den Begriff der disrupti-
ven Innovation geprägt und wurde
zum wichtigsten Management-
Vordenker unserer Zeit.
Carlota Perez ist führende Expertin
für die sozioökonomischen Auswir-
kungen des technologischen Wan-
dels sowie den historischen Kontext
von Wirtschaftswachstum und Ent-
wicklung. Ihre langjährige Karriere
umfasst u. a. Lehre und Forschung.
C. K. Prahalad verfasste eine Reihe
von sehr einflussreichen Büchern und
Konzepten. Seiner Vision folgend
widmete er sich hoch innovativen
Geschäftsmodellen, mit denen die
Armut in Entwicklungsländern
bezwungen werden kann.
Doris Drucker war 68 Jahre lang mit
dem verstorbenen renommierten
Managementtheoretiker und Profes-
sor Peter F. Drucker verheiratet. Doris
Drucker war in eigener Mission als
Unternehmerin, Autorin und als
Erfinderin, tätig.
Zhang Ruimin hat in den vergange-
nen 34 Jahren mit innovativem,
unternehmerischem Geist und
zukunftsweisenden Strategien das
Unternehmen Haier von einer insol-
venten Kühlschrankfabrik zu einem
Weltunternehmen geführt.
Sie sinddiegroßenVordenkerunsererZeit. IhreManagement-TheorienbeeinflussenWirtschaftund
Forschungundweisen indieZukunft.Undsiealle gehörenzurPeter-Drucker-Forum-Familie.