Post on 05-Apr-2015
ENTSTEHEN IN CHINA STRUKTUREN EINER ZIVILGESELLSCHAFT?
ZIVILGESELLSCHAFT
Keine einheitliche Definition Sphäre zwischen Staat und
Aktivitäten privater Haushalte Vom Staat unabhängige
gesellschaftliche Aktivitäten Unterschiedliche Konzepte und
Formen
Top-down Konstruktion der Strukturen einer (illiberalen) Zivilgesellschaft
Entstehen von Grundstruk-turen einer Zivilgesellschaft
Diese sind top-down kon-struiert
Entstehen eines autoritären (illiberalen) Typs von Zivil-gesellschaft
Voraussetzungen für Zivilgesellschaft in postsozialistischen Gesellschaften
Entstehen einer
Unternehmenskultur Zivilkultur Diskurskultur Alltagskultur
UNTERNEHMENS-KULTUR
ZIVIL- KULTUR
DISKURS- KULTUR
ALLTAGS- KULTUR
Wirtschaft Gemeinwesen Gesell. Bewußtsein Alltagsleben
SCHAFFUNG ZIVILISATOR. KOMPETENZ
„Zivilgesellschaft “ in einem autoritären Staat? Pro and contra
Contra:
ZG nur in demokratischen Systemen Keine Trennung Staat – Gesellschaft Party-state kontrolliert and beschränkt ZG-Entwick-
lung
Pro:
Chinesische Intellektuelle gebrauchen den Begriff Strukturen einer ZG entstehen vor Demokratisierung Voraussetzungen für ZG bilden sich bereits heraus
Unterschiedliche Inhalte
公民社会 = Gesellschaft der öffentlichen Menschen
nicht-konfrontatives Modell Verwebungen Staat-Gesell-
schaft Top-down Prozess
Gründe für Inhaltsunterschiede
China: noch im Prozess des state- und institution-building
Mangel an zivilisatorischer Kompetenz
Neue soziale Regeln müssen erlernt und internalisiert werden
Öffentliche Sphäre und Kontrolle bilden sich gerade erst heraus
Mangel an ziviler Alltagskultur
Kernfrage
Entstehen Räume, die einerseits zwar nicht völlig autonom sind,
andererseits aber nicht kongruent mit dem party-state?
> Nuclei autonomer sozialer Sphären?
Definition of ZG
Das Entstehen einer öffentlichen Sphäre
jenseits des party-state
Role des Staates bei der Schaffung von ZG-Strukturen
zivilisatorische Inkompetenz: Staat als Ingenieur von ZG-Strukturen
Staat als „politischer Architekt“ (Joel Migdal)
Weltbank (1997): Staat besitzt Funktion eines activating state
Chinesischer Staat als Entwicklungsagentur
UNTERNEHMENSKULTUR
Markwirtschaft > Wiederentstehung privaten Unternehmertums
Förderung von self-employment und Privatsektor
Innovativer Push, Erfolgsorientie-rung, individualistischer Wettbe-werb, rationale Kalkulation, etc.
Ergebnis: Privatsektor als Motor ökonomischer Entwicklung und sozialen Wandels
ZIVILKULTUREntstehung von (Proto-)Bürgern
Voraussetzung für ZG: Bürger Kriterien für „Bürger“? Protoformen von Zivilkultur Individuelle Autonomie Von „Massen“ zu „Bürgern“ Thin citizenship
Staat/Regierung
Wachsender Lebensstandard
Ausweitung politischer Partizipation
Ausweitung sozialer Partizipation Freiheitsrechte
Bildung von
Eigentum
Bildung / Ausbildung
für Nachwuchs
DirekteWahlen
IndirekteWahlen
Freiw.sozialeAktivit.
In Vereine
n / NGOs
Ausweitung von Rechten /
Institutionalisierungvon Recht
Individuelle Autonomie
Partizipations-lernen
Größere sozialeVerantwortung
BürgersinnRechts-
sicherheit
Dorfwahlen/Wahlen Eigen-
tümer-komitees
WahlenNachbar-schafts-viertel
Bürger [statt Massen]
Bürger [statt Massen]
Quelle: © Heberer 2007.
Zunahme Internal Efficacy
Diskurskultur
Intellektuelle Diskurse Akzeptanz unterschiedlicher
Meinungen und Strömungen Akzeptanz kritischer Stim-
men Liberalität
DISKURSKULTUR
DISCOURSESACCEPTING THE RULE
OF THE PARTY
“POLITICAL CORRECTNESS“
PARTY STATE
Public Intellectuals Think TanksInternet Chat Groups
NetizensE-Social
Movement
RE
FO
RM
IDE
AS
PU
BL
IC O
PIN
ION
Alltagskultur
Empathie Höflichkeit Sauberkeit Ordnung Pünktlichkeit Körperpflege
Der party-state initiiert ZG top-down
80er Jahre: Funktionäre als lokale Entwicklungsagenten
90er: Ausweitung von Partizipation Errichtung sozialer Organisationen und
Think tanks seit 2000: Förderung und Mobilisierung
freiwilliger sozialer Aktivitäten Förderung eines neuen Werte-systems
Renmin Ribao ( 2. Februar 2005):
„Stadtbewohner haben immer noch keine große Bereitschaft, zu partizipieren und die Qualität der Partizipation ist gering. Daher muss die Regierung als „Antriebskraft“ fungieren und einen top-down
Prozess initiieren, um die Menschen zur Partizipation zu bewegen. Es ist zudem die Aufgabe der Regierung, die Kapazität der Menschen zur Partizipation zu erhöhen.“
ZIVILGESELLSCHAFT-LICHE
FELDER:
DAS INTERNET
INTERNET
Ende 2006 gab es in China > 130 Mio. Internetnutzer
In den letzten Jahren verdoppelte sich deren Zahl ≠ alle 18 Monate
INTERNET
Untersuchung des China Internet Network Information Center von 2003:
46,2% nutzten das Netz für Informationsgewinnung
32,2% aus Unterhaltungsgründen
Internet
Internet = Cyberdemokratie? Yang Guobin: durch Internet ist
Politik nicht mehr nur ein abstrakter Herrschaftsfaktor, sondern auch eine Form des freiwilligen politi-schen Alltagdiskurses und der Frei-zeitbeschäftigung
E-social movements
INTERNET
Internetnutzer: primär Jüngere mit hoher Bildung und Repräsentanten der neuen Mittelklassen, die an einer Effektivierung des Systems im Sinne von good governance interes-siert sind.
Internet führt nicht zu technologi-schem Determinismus im Sinne eines Systemwandels.
Schafft neue Formen der Partizipa-tion, Transparenz und Gesell-schaftskritik.
Vorlesung „Einführung in das Politische System der VR China“
- das Finale
Akteure des Wandels: Unternehmer Akteure: Staatskapazität und strategische
Gruppen Akteure: Ethnische Konfliktmuster und
Konfliktprävention Akteure: Streitkräfte Wandlungsprozesse: Recht/Menschen-
rechte Wandlungsprozesse: Korruption Außenpolitik: China als globaler Player
Literaturhinweise Ma Qinsha, Non-governmental organizations in
contemporary China, London 2006 Tai Zixue, The Internet in China, London 2006. (mit N. Sausmikat), Bilden sich in China
Strukturen einer Zivilgesellschaft heraus? Duisburger Arbeitspapiere Ostasienwissenschaften, 61/2004.
(mit Ch. Göbel, Hrsg.), Task Force: Zivilgesellschaftliche Entwicklungen in China, Duisburger Arbeitspapiere Ostasienwissenschaften, 64/2005.
Institutional Change and Legitimacy via Urban Elections? People’s Awareness of Elections and Participation in Urban Neighbourhoods (Shequ), Duisburg Working Papers on East Asian Studies, 68/2006.
Akteure des Wandels:
UNTERNEHMERALS
STRATEGISCHE GRUPPEN
Magisches Dreieck des Wandels
Unternehmerschaft
neue Eliten
Privatwirtschaft
Markt
Institutionenwandel Wertewandel
Verlaufsmuster des Reformprozesses
„Begrenzte Regelverletzung“
Reform von unten
Legalisierung der „Regelverletzung“
Ausweitung der Reform Ausweitung „begrenzter Regelverletzung“
Abweichung wird zu Politik - Beispiel Privatsektor
Kollektivismus
Lernen von Dazhai
Armut
Illegale Tätigkeiten:Märkte, private Tät.
erste spontane private Tendenzen
Legitim. Krise
erste Einstellungen von Arbeitskräften (1-2)
Zulassung individualwirtsch. Tät.
Einstellungen von3-5 Arbeitskräften
1-2 Arbeitskräfte erlaubt
3-5 Arbeitskräfte erlaubtEinstellung von
> 5 Arbeitskräften
Einstellung von> 7 Arbeitskräften
bis 7 Arbeitskräfte erlaubt
keine Beschränkungen mehr
rasche Entwicklung eines priv. Großsektors
1975
60/70erJahre
1976-78
ab 1978
1981
1983
1985
ab 1987
KP Bauernschaft
Schaubild: Heberer
Klassifizierungen des Privatsektor im Wandel der Zeiten
Schaubild: Heberer
Unternehmer als Kategorie
Schaubild: Heberer
4 Stadien der Wiederentstehung des Privatunternehmertums
(1) schattenwirtschaftliche Existenz(2) Bemühen um Akzeptanz(3) Ersetzung politischer durch
ökonomische Kontrolle(4) rechtliche Absicherung und
Gleichstellung
Gründe für Aufnahme selbständiger Geschäftstätigkeit
• Nutzung von Marktchancen und Marktanreizen
• blockierte Aufstiegschancen• Chancenvorteile (Privilegien,
soziale Beziehungen)• Überlebensstrategien
(Erwerbslose, Rentner)
Differenzierung der Privatwirtschaftenden
• Einzelwirtschaftende;• Kleinunternehmer mit einer
begrenzten Anzahl von lohnabhängig Beschäftigten;
• größere Unternehmer;• Kapitalgeber bzw. Aktionäre, die zwar
als Eigentümer auftreten, aber nicht in dem betreffenden Unternehmen tätig sind.
Besonderheiten Privatunternehmer (2002)
• Zwei Drittel zwischen 31 und 45 Jahre alt;• 18,4 % Hoch- oder Fachhochschulaus-
bildung (Gesamtgesellschaft: 1,9 %);• Kapital stammt überwiegend aus eigenen
Einkünften und Ersparnissen (90,6 %) bzw. von Verwandten und Freunden (70,6 %);
• 43,4 % der Unternehmer waren vor ihrer Unternehmerschaft Funktionäre in Ämtern oder Betrieben;
Besonderheiten Privatunternehmer (2)
• 58,6 % der städtischen und 35,3 % der ländlichen Unternehmer stammten aus dem öffentlichen Sektor (Staats- und Kollektivbetriebe);
• Ein Großteil hat einen Funktionär als Vater, Ehepartner, Verwandten oder Freund;
• Der Prozentsatz der Parteimitglieder war mit 19,8 % (China gesamt ca. 5 %) überdurchschnittlich hoch.
Differenzierung der lohnabhängig Beschäftigten
• Technisches und Management-Fachpersonal aus Staats- oder großen Kollektiv-betrieben mit überdurchschnittlicher Entlohnung und sonstigen materiellen Anreizen;
• Verwandte oder Clanangehörige;• Freunde und Personen mit tong-Bezie-
hungen;• über Beziehungen eingestellte Arbeits-kräfte;• über den freien Arbeitsmarkt angewor-bene
lokale Arbeitskräfte;• Wanderarbeiter/innen.
Implikationen von Privatisierung • stärkt Eigenverantwortung und gesellschaftli-che Mitwirkung;
• reduziert direkte staatliche Intervention in Wirtschaftsprozesse;
• trägt zur Privatisierung des gesellschaftlichen Lebens bei;
• stärkt die Gesellschaft und die Individuen gegenüber dem Staat und begünstigt auf diese Weise Pluralisierung;
• stärkt Wirtschaftseliten gegenüber politischen Eliten;
• fördert die Herausbildung eines Rechtssystems.
Probleme privater Unternehmer
• Diskriminierung privater Betriebe gegenüber Staatsbetrieben und Wettbewerbsnachteile;
• mangelnde Rechtssicherheit;• Eingriffe der Bürokratie sowie Korruption der
Behörden;• mangelndes Vertrauen der Privatunternehmer in
die Regierungspolitik mit der Folge, dass Gewinne konsumiert und nicht reinvestiert werden;
• Kapitalknappheit, Beschränkung des Zugangs zu Krediten;
• Mangel an qualifizierten Personal
3 zentrale Fragen stehen im Mittelpunkt:
1. Inwieweit handelt es sich um einen kollektiven Akteur im Sinne einer sozialen Gruppe? Welche Gruppeninteressen, gemeinsamen Identitäts- und Organisationsmerkmale zeichnen sich ab?
2. Worin besteht das transformatorische Potenzial der Unternehmerschaft, d.h. das Potenzial zu gesellschaftlicher und politischer Veränderung?
3. Inwiefern existiert ein strategisches Potenzial im Sinne einer formell oder informell verfolgten Strategie zur Realisierung von Interessen und Zielpräferenzen?
Unternehmer als soziale Kategorie
• Potenzielle soziale Gruppe auf Grund der Gemeinsamkeit verschiedener Kapitalfor-men in einem sozialen Raum:
• ökonomisches Kapital• kulturelles Kapital• soziales Kapital• symbolisches Kapital (Sinninterpretation, Verhalten)
Potenziale der Unternehmer
• Von großen Teilen der Bevölkerung wird ihnen inzwischen eine führende Rolle im ökonomischen Bereich zuerkannt.
• Als eines der Berufsbilder prägen sie Normen und Werte der Gesellschaft mit.
• Sie beeinflussen die Veränderungen der ökono-mischen, sozialen und politischen Strukturen sowie des Schichtengefüges.
• Sie tragen bei zur Veränderung der Rahmenbe-dingungen des Systems.
• Sie sehen sich selbst als (ökonomische) Elite mit gesellschaftlicher Vorbildfunktion.
Wirtschaftliche Stellung von Funktions- und Berufsgruppen
1. Privatunternehmer2. Manager staatlicher
Betriebe3. Manager ländlicher Betriebe4. Individualwirtschaftende5. Wiss. / Techniker6. Kader7. Lokale Kader8. Arbeiter Privatsektor9. Arbeiter in Staatsbetrieben10. Bauern
Soziale Stellung von Funktions- und Berufsgruppen
1. Kader (zentral)2. Wiss. / Techniker3. Manager staatlicher
Betriebe4. Privatunternehmer5. Lokale Kader6. Manager ländlicher
Betriebe7. Arbeiter Staatsbetriebe8. Individualwirtschaftende9. Arbeiter Privatbetriebe10. Bauern
Politische Stellung von Funktions- und Berufsgruppen
1. Kader (zentral)2. Lokale Kader3. Manager staatlicher
Betriebe4. Manager ländlicher
Betriebe 5. Wiss. / Techniker6. Privatunternehmer7. Arbeiter Staatsbetriebe8. Individualwirtschaftende9. Arbeiter Privatbetriebe10. Bauern
Anteile an Parteimitgliedern
Gesamtbevölkerung 5%
Betriebsmanager 96,5%
Manager in Betrieben mit ausländ. Kapital 41,2%
Privatuntern. (chin. 1 % Sample 2000) 19,8 %
Privatuntern. (eigene Untersuchungen) > 35 %
Potenziale des Privatsektors
Schaubild: Heberer
Unternehmerverbände und ihre Einflussbereiche
Vereinigung für Industrie und Handel
Abteilung Einheitsfront beim ZK der KPCh
Nationaler Volkskongress
Politische Konsultativkonferenz
Parteiführung StaatsführungStaatlicher Beratungsprozess
Beispiel A)
Schaubild: Heberer
Unternehmerverbände und ihre Einflussbereiche II
Beispiel B)
Verband der Privatunternehmen
Verwaltungsamt für Industrie und Handel
Staatsrat sowie regionale und lokale Staatsinstitutionen
Schaubild: Heberer
Aufgabenfelder der Vereinigung für Industrie und Handel (1)
• Auswahl und Empfehlung von Vertretern der Privatunternehmer als Kandidaten für Parlament etc.
• Unterstützung bei der Durchführung der staatlichen Politik für den Privatsektor
• Vorschläge für die Ausarbeitung von Gesetzen und Verordnungen
• Sicherstellung der legitimen Rechte der Mitglieder
Aufgabenfelder der Vereinigung für Industrie und Handel (2)
• Rechtsschutz für Mitglieder durch eigene Anwaltskanzleien
• Bereitstellung von Informationen über Märkte und neue Technologien für Mitglieder
• berufliche Fortbildungsangebote für Unternehmer (wie Managementseminare)
• Vermittlung von Kontakten zu und Kooperation mit ausländischen Unternehmen
• Verwaltung verbandseigener Unternehmen
Ist es notwendig, einen nicht-staatlichen Verband der Privatunternehmer einzurichten?
Anzahl %
1. notwendig 106 59,55
2. nicht notwendig 30 16,85
3. keine Meinung 42 23,60
4. Summe 178 100,00
Was wären die drei wichtigsten Funktionen eines nicht-staatlichen Verbandes?
Anzahl % Rangfolge
1. Zusammenarbeit mit der Regierung 90 84,9 1
2.Unterstützung bei der Hebung des Sozialprestiges
53 50,0 2
3. Hilfe bei der Informationsbeschaffung 50 47,2 3
4. Interessenvertretung gegenüber der Regierung
39 36,8 4
5. Hilfe bei Anbahnung von Geschäftskontakten
36 34,0 5
6. Fortbildung 35 33,0 6
7. Interessenvertretung gegenüber Arbeitnehmern
17 16,0 7
8. Sonstiges 1 0,9 8Quelle: Eigene Erhebung
UNTERNEHMERUND
STAATSKAPAZITÄT
Was heißt Staatskapazität?
• bezieht sich zunächst auf das Vermögen eines Staates politische Entscheidungen durchzusetzen
(in Bezug auf ökonomisches Wachstum, Recht und Ordnung, den Ausgleich von Disparitäten oder die Außensicherung)
Dekonstruktion von „Staat“
WAS IST DER „STAAT“?
STAAT
vertikale Ebenen/Organisationen horizontale Ebenen/Organisationen zentraler Staat – lokaler Staat starker Staat – schwacher Staat
Staat = Ensemble verschiedener Organisationen, die auf verschiedenen Ebenen mit der Gesellschaft interagieren
Interaktionistisches Staatsverständnis
Staatszentrierter Ansatz versus interaktionistisches Verhältnis Staat/Gesellschaft
Staat ist Teil der Gesellschaft von daher: Staatskapazität nicht
einfach Durchsetzungsmacht, sondern beinhaltet folgende Faktoren:
Staatskapazität erfordert u.a.:
• Legitimität (von Bürgern akzeptierte Rechtmäßigkeit des Systems)
• Steuerungs- und Kontrollkapazität (soziale Kontrolle/Lenkung)
• Durchsetzungsressourcen (Finanz-/Zwangsmittel u. personelle Ressourcen)
• Verhandlungskapazität (Einbeziehung sozialer Gruppen in Verhandlungsprozesse; Ausgleich zwischen partikularistischen Interessen)
• Lernkapazität
Wenn Staatskapazität als Interaktionsverhältnis Staat - Gesellschaft zu begreifen ist
2 Arten von Staatskapazitätsverständnis:
(a) aus Sicht des Staates(b) aus Sicht der Gesellschaft
Allgemeine Ausgangsthese:
• Staatskapazität (aus Sicht der Gesellschaft bzw. sozialer Akteure) ist notwendigerweise interessengeleitet.
• Dies erfordert also Interessenartikula-tion.
• Interessenartikulation wiederum zielt auf die Beeinflussung staatlicher Kapa-zitäten ab.
Spezifische Ausgangsthese
1. Die neuen Privatunternehmer bilden strategische Gruppen mit spezifischen Interessen, die sowohl transformatori-sches als auch strategisches Potenzial entwickelt haben.
2. Diese Potenziale wirken verändernd auch auf Staatskapazität. Dabei geht es nicht darum zu zeigen, wie die Reformen Staatskapazität verändern, sondern wie eine Akteursgruppe zu diesem Verände-rungsprozess beiträgt.
3. Ohne ein Verständnis von der Rolle sozialer Akteure für den Wandel von Staatskapazität muss auch der Wandel des Staates unklar bleiben.
Spezifische Ausgangsthese:
4. Unsere zu verifizierende Untersuchungsthese lautet also, dass die strategische(n) Gruppe(n) der Privatunternehmer in signifikantem Maße zur Veränderung staatlicher Strukturen und Kapazität beiträgt.
5. Die Strategie der Unternehmer ist dabei interessengeleitet in dem Sinne, dass sie im Interesse der Realisierung ihrer Erwartungen handeln, ohne dass dadurch das politische System grundsätzlich in Frage gestellt oder geschwächt werden muss.
6. In diesem Sinne trägt die Unternehmerschaft dazu bei, Staatskapazität einerseits zu stärken, sie andererseits aber in eine bestimmte Richtung zu lenken.
Unternehmer als „Strategische Gruppen“
• In Entwicklung befindliche Gruppe, die über die Organisation in Verbänden strategisch agiert.
• Gruppe mit gemeinsamen materiellen und immateriellen Interessen.
• Gruppe mit gemeinsamer, längerfristiger Handlungsstrategie.
• Selbstverständnis, ein bedeutender gesellschaftlicher Akteur zu sein.
5 Momente wichtig für die Bestimmung als strategische Gruppe:
(a) Eine Gruppe besitzt eine wichtige Funktion für die gesamtgesellschaftliche Entwicklung sowie
den politischen Wandel einer Gesellschaft.(b) Sie tritt als organisierte Interessengruppe mit
politischer Verhandlungskraft auf.(c) Sie arbeitet "strategisch" und besitzt strategische
Durchsetzungsfähigkeit, die formell und informell erfolgen kann.(d) Ihre Interessenorganisationen verfügen über
strategisches Wissen, eine strategische Planung und über die Kapazität zur Umsetzung dieser Planung.(e) Habitus und Einstellungen der Mitglieder der Gruppe wirken gesellschaftlich wertebildend und –verän- dernd.
Wie werden Gruppenziele durchgesetzt?
• "Seit Jahren arbeiten wir darauf hin, dass der Privatsektor als gleichberechtigt anerkannt und diese Gleichberechtigung in der Verfassung festgeschrieben wird. Dies ist für uns ein wichtiges Ziel, dessen Verwirklichung ein gewisses Maß an politischer und rechtlicher Sicherheit beinhaltet. Hauptsächlich im Rahmen der Vereinigung für Industrie und Handel und in vielen Gesprächen mit der Abteilung Einheitsfront des Zentralkomitees der KPCh haben wir Überzeugungsarbeit geleistet. Dabei sprechen wir uns durchaus ab, wer wie und wo argumentieren sollte. Unsere Abgeordnetentätigkeit erlaubt uns Zugang zu politischen Führern und zu einflussreichen Persönlichkeiten und gibt uns die Möglichkeit, unsere Ansichten vorzutragen, zu erläutern und um Unterstützung zu werben. Das ist die chinesische und auch unsere Art der Politik. Sie erlaubt uns, nach und nach unsere Ansichten durchzusetzen und Politik in unserem Interesse mitzugestalten."
KONKRETES BEISPIEL:
GESETZ FÜR PRIVATUNTERNEHMEN GUANGZHOU/GUANGDONG
Unternehmerverbände und ihre Einflussbereiche
Vereinigung für Industrie und Handel
Abteilung Einheitsfront, Guangzhou
VolkskongressGuangzhou
Politische Konsultativ-konferenz Guangzhou
ParteikomiteeGuangzhou
StadtregierungBeratungsprozess
Schaubild: Heberer
Organisierte Anarchie:
Ineffizientes Entscheidungssystem, weil klare Regeln/Prozeduren für Entscheidungsfindung fehlen
Den betreffenden Organisationen sind daher Zielprioritäten und Zielhierarchien unklar
Bei beteiligten Akteuren herrscht also Entscheidungsunsicherheit
Transformatorisches Potenzial und Staatskapazität (1)
• Unternehmer setzen zunächst einen dynamischen Wirtschaftsprozess in Gang. Über ökonomische Neuerungen leiten sie gesellschaftliche Veränderungsprozesse ein.
• Sie tragen bei zum Aufbau eines Marktsystems und zur Durchsetzung eines Marktdenkens.
• Ihr Wirken führt zu einer stärkeren Trennung von Staat und Wirtschaft.
• Unternehmer sind keineswegs nur profitorientiert und können dies auch nicht nur sein. Auch nicht-monetäre Anreize spielen eine Rolle. Die Realisie-rung der ökonomischen Aufgaben erfordert soziales und politisches Engagement und damit Beeinflussung von politischem In- und Output.
Transformatorisches Potenzial und Staatskapazität (2)
• Sicherheit und Risikominimierung machen die Schaffung sozialer Beziehungen und Netzwerke notwendig, erfordern vor allem aber einen rechtlichen Rahmen sowie die Organisierung in Interes-senverbänden.
• Unternehmerschaft ermöglicht einen höheren Grad an Freiheit, Individualismus, Selbständigkeit und Selbstverantwortung.
• Das Wirken der Unternehmer führt zu Veränderungen des Sozialgefüges.
• Ein spezifisches Konsumverhalten prägt Werte- und Verhaltenswandel mit.
• Sie durchbrechen eingefahrene Muster und verändern so nicht nur Werte, sondern auch Institutionen im Sinne von Regeln.
Differenzierung strategischen Handelns
(a) systemverändernde Strategien
(b) partizipative Strategien
(c) Status quo-erhaltende oder restaurative Strategien
Fazit: Unternehmer und Staatskapazität (1)
• Zuwachs an Legitimität von Staat/Partei (auf zentraler Ebene) auf Grund der politischen und rechtlichen Akzeptanz der Unternehmer-schaft durch die zentrale politische Führung;
• Erhöhung der Steuerungs- und Kontrollkapa-zität im Sinne sozialer und politischer Kon-trolle und Lenkung durch Zulassung und Einbindung der Unternehmerverbände in staatsorientierte Zusammenhänge;
• Durchsetzungsressourcen: Personalpolitik in den Unternehmerverbänden; Einbindung in politische Institutionen; Parteimitgliedschaft; Errichtung von Parteiorganisationen in Privatunternehmen;
Fazit: Unternehmer und Staatskapazität (2)
Zunahme vonVerhandlungskapazität durch Möglichkeit zur Aushandlung von Rechten und Partizipations-formen;
Lernkapazität bzw. Lernbereitschaft hat der Staat durch zunehmend positive Politik gegenüber Privat-sektor und Unternehmern gezeigt.
Fazit
• Veränderung der Rahmenrichtlinien und der Richtung der Staatskapazität ist staatlicherseits erwünscht, solange Unternehmer Staatskapazität nicht grundsätzlich in Frage stellen;
• Innerhalb der Unternehmerschaft wird Staatskapazität anerkannt;
• Gleichwohl ambivalentes Bild: einerseits Erhöhung Staatskapazität, anderseits verändert Unternehmerstrategie Richtung und Rahmenbedingungen von Staatskapa-zität
CHINA ALS NATIONALE KONSTRUKTION
Ethnische Konfliktmuster und Konfliktprävention in einem Vielvölkerstaat
5 Faktoren für wachsende Nationalitätenkonflikte:
• Folgen des Zerfalls von Vielvölkerstaa-ten
• Öffnung gegenüber Ausland• Nachholende Nationalstaatsbildung
in Zentralasien• Liberalisierungspolitik Chinas• Erweckung des Islam in Zentralasien
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10
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100
1953 1964 1982 1990 2000
Han (in %)
Minorities (in %)
Han – Minorities Population Share According to Population Census
1953 1964 1982 1990 2000
Han (in %) 93.6 94.2 93.3 92 91.6
Minorities (in %) 6.1 5.8 6.7 8 8.4
Minorities (in Mio.) 35.3 39.9 67.2 91.2 105
GLIEDERUNG DER VORLESUNG
1. Problemlinien und –ursachen2. Reaktionen der ethnischen
Minoritäten3. Problemlösungsansätze
1. Problemlinien und Problemursachen
• Kollektive Erinnerungen und historisches Wissen
• politische Probleme• ökonomische Konflikte• kulturelle Konflikte• neue Konfliktlinien im Zuge des sozialen
Wandels
CHINESISCHE UMFRAGEERGEBNISSE
• 51,7% widersprachen der Auffassung, dass die Beziehungen zwischen Han und Minderheiten harmonisch seien und meinten, Unruhen seien vorprogrammiert.
• Die Folgen wachsender Entwicklungsdisparitäten wurden folgendermaßen bewertet: verstärkt das Gefühl der Ungleichheit (63,3%); wird zu Natio-nalitätenunruhen führen (35,6%); verstärkt Unzufriedenheit (33,0%).
• Nur 30,3% meinten, es existiere volle Gleichbe-rechtigung zwischen Han und Minderheiten.
• Nur 9,7% zeigten sich mit der gegenwärtigen Autonomie zufrieden.
CHINESISCHE UMFRAGEERGEBNISSE
• Lediglich 48% der Befragten waren der Meinung, daß die Beziehungen zwischen Han und den Minderheiten harmonisch seien und dass es nicht zu Unruhen unter den Minderheiten kommen würde. D. h. die Mehrheit der Befragten hielt das Beziehungsgefüge für höchst kon-fliktträchtig.
Umfrage nach Trends der Nationalitätenbeziehungen
Antworten Personen Prozent
Keine Unruhen zu erwarten 44 32,6
Unruhen und Auseinander-setzungen wahrscheinlich odermit Sicherheit zu erwarten
32 23,7
Keine Antwort 59 43,7
Gesamt 135 100,0
Das chinesische Nationalitätenprojekt (nicht Nationalitätenpolitik, dies ist ein Begriff der Gegenwart) zeichnet sich durch eine Reihe mentaler
Konzepte aus:
1.) Das Konzept eines China als territoriales Projekt (Zhongguo, Reich der Mitte), d.h. die Idee eines Territoriums, das nicht von Nationalitäten an sich, sondern ganz allgemein von einer territorial definierten Gemeinschaft besiedelt ist, die eine große Gesamtfamilie bildet (guojia, als gemeinsamer Begriff für Staat und Land, eine Zusammensetzung der Wörter Staat/Land und Familie).
2.) Alle Bewohner dieses Territoriums gelten daher als "Chinesen" (Zhongguoren), wobei die Han allerdings als kulturelles Leitbild und politischer Schrittmacher perzipiert werden.
3.) Die Vorstellung der Homogenität einer dominanten Kultur ("Han"), der quantitativ und qualitativ unterlegene "minoritäre Volksgruppen"
(shaoshu minzu) gegenüberstehen.
4.) Die Vorstellung von Geschichte als stufenmäßigem Entwicklungs- und Lernprozess, mit einem "historischen Auftrag" der Han zur "Kultivierung" der "Minderheiten" sowie
5.) die Perzeption einer ethnischen Hierarchie mit den Han an der Spitze und dem Ziel kultureller Assimilierung aller nicht-Han Gruppen.
Stevan Harrell hat dies einmal als "zivilisatorisches Projekt" bezeichnet, das Grundkonzept dessen, was in China mit dem schlichten Begriff der Nationalitätenbeziehungen" (minzu guanxi) charakterisiert wird und letztlich auf eine Enteignung der Geschichte der Minoritäten hinausläuft.
Perzipierung der Minderheiten in der chinesischen Geschichtsschreibung
• Frühe und enge Verbindung bzw. Zugehörigkeit zu China;
• Kampf der Ausgebeuteten und Unter-drückten gegen die Herrschenden der eigenen Nationalität;
• Kampf gegen den Imperialismus und gegen „Spalter der Einheit des Vater-landes“.
Legitimationsmuster
• Historische Legitima-tion• Befreiungslegitimation• Entwicklungslegitima-tion• Fürsorgelegitimation
„Die Räteregierung in China bekennt sich zum Selbstbestimmungsrecht der ethnischen Minoritäten in China, zu ihrem Recht auf vollständige Lostrennung von China und zur Bildung unabhängiger Staaten für jede nationale Minderheit. Allen. Mongolen, Tibetern, Miao, Yao, Koreanern und anderen, die auf dem Territorium Chinas Leben, wird das volle Recht auf Selbstbestim-mung zugesprochen, das heißt, sie können sich entweder dem chinesischen Rätestaat anschließen oder von ihm lossagen und je nach eigenem Wunsch ihren eigenen Staat bilden.“
• "In den 50er Jahren erzählte uns die Partei, Gao Gang und Rao Shushi seien schlechte Menschen und müssten kritisiert werden; in den 60er Jahren sollten wir Liu Shaoqi kritisieren; Lin Biao, Maos einstiger Stellvertreter, war erst herausragend, dann ein Schurke. Ja, selbst Konfuzius mussten wir kritisieren. Alle diese Leute waren Han, und wir wissen nicht, ob sie gut oder schlecht sind. Wir haben nichts mit ihnen zu tun."
3 Moralische Weltkarten der Perzeption der Minderheiten
(1) Die barbarischen Minderheiten des Still-stands und der Rückständigkeit an der Peripherie;
(2) die sinisierten Minderheiten auf dem Wege nachholender Entwicklung;
(3) die paradiesischen Minderheiten der Naturwunder, Exotik und Esoterik
Kollektive Erinnerungen/historisches Wissen
• Historische Konflikte in der Erinnerung einer ethnischen Gruppe und
• historische Bewertung der jeweils anderen Gruppen
Konfuzianischer Weg der Assimilation
Massenansiedlung von Chinesen (Han) Durchdringung mit han-chinesischer Bildung und Kultur
Einbindung in die von Han dominierten Partei- und Staatsstrukturen
Eingriffe in Brauchtum, Kultur, Religion „Modernisierung“ in Form von Angleichung
Politik positiver Diskriminierung(affirmative action)
Anerkennung der Existenz ethnischer Minderheiten
Verbot der Diskriminierung spezielle Gesetze für Minoritäten Entwicklungshilfe garantierte Vertretung in politischen
Institutionen Vorzugsrechte (z.B.
Hochschulzugang, Geburtenplanung)
Konfliktmuster
1. Kollektives Gedächtnis/kollektive Erinnerung
1. Kollektive Erinnerung
Historische Konflikte in der Erinnerung eines Volkes
Historische Bewertung durch eine andere Gruppe
„Barbaren sind wie wilde Tiere. Eine direkte Zivil-verwaltung durch Han-Beamte wäre so, als ob man ein Rudel Hirsche im Wohnzimmer eines Hauses zu halten und zu zähmen versuchte. Letzten Endes springen sie nur über deine geweihten Altare, treten deine Tische um und zerschlagen alles in wilder Furcht. In den Wildnis-bezirken sollte man deshalb eine dem Charakter der Wildnis angepaßte Methode anwenden ... Die Herrschaftsgebiete der verschiedenen Häuptlinge aufteilen, heißt Beschränkungszonen zu errichten und entspricht der Politik, den Hengst zu beschneiden und den Eber zu kastrieren.“ (Philosoph und Staatsmann Wang Yangming (1472-1528)
Li Ji, Buch der Riten
Das Volk in den östlichen Außenbeziehungen heißt Yi. Sie sind schlau und verschlagen. Weit in der Ferne gibt es solche, die keine gekochten Speisen kennen. Das Volk in den südlichen Außenbezirken heißt Man. Sie sind ehrlich und einfach. Weit in der Ferne gibt es solche, die keine gekochten Speisen kennen. Das Volk in den westlichen Außenbezirken heißt Rong. Sie sind stark und hart. Weit in der Ferne gibt es solche, die keine gekochten Speisen kennen. Das Volk in den nördlichen Außenbezirken heißt Di. Sie sind fett und roh. Weit in der Ferne gibt es solche, die keine gekochten Speisen kennen.
Das exotisch-erotische Bild
"Exotik": Definition Michel Leiris
"die Verzerrung des Fremden zum guten 'Wilden' oder 'braven Kerl aus dem Busch' oder allgemein die Degradierung zum Projektionsobjekt. Die exotisch motivierte Begegnung gründet nicht darauf, etwas über den anderen in dessen Ordnungen und über sich selbst erfahren zu wollen. Exotik ist ethnozentrische Ausschmückung und Verabenteuerung."
Konfuzianischer Weg der Assimilation
Massenansiedlung von Chinesen (Han) Durchdringung mit han-chinesischer Bildung und Kultur
Einbindung in die von Han dominierten Partei- und Staatsstrukturen
Eingriffe in Brauchtum, Kultur, Religion „Modernisierung“ in Form von Angleichung
Politik positiver Diskriminierung(affirmative action)
Anerkennung der Existenz ethnischer Minderheiten
Verbot der Diskriminierung spezielle Gesetze für Minoritäten Entwicklungshilfe garantierte Vertretung in politischen
Institutionen Vorzugsrechte (z.B.
Hochschulzugang, Geburtenplanung)
Das patriarchalisch-erzieherische Bild
Das historisch-rückständige Bild
2. Politische Konflikte
• Fehlen tatsächlicher Autonomie-rechte
• Widerspruch zwischen einem multi-ethnischen Land und einer mono-ethnischen Partei
Autonomierechte
• Erstellen eigener Gesetze im Rahmen der Verfassung
• Erstellung eigener Wirtschaftspläne• Verwendung lokaler Sprachen und Schriften
• Verwaltung lokaler Finanzen• Funktionäre sollen aus örtlichen Nationalitäten stammen
• Aufstellung örtlicher Polizeieinheiten
Probleme Autonomie
• KP bleibt übergeordnete Instanz• Han-Gebiete sind autonomen
Regionen zugeordnet• Keine Instrumente und
Institutionen zur Durchsetzung von Verfassung/Auto-nomiegesetz
Ökonomische Konfliktursachen
Armut Wachsende Entwicklungsunterschiede Wachsende Einkommensunterschiede ökonomische Vernachlässigung einer Nationalität oder ihres Territoriums
Konflikte über die Nutzung von Land und Ressourcen
Modernisierung wird als Bedrohung der eigenen Identität begriffen
Kulturelle Konfliktpunkte
• Ungleiche Behandlung von Kulturen• unterschiedliche Staats- und
Rechtsvor-stellungen• unterschiedliche kulturelle oder
religiöse Erwartungen und Zielsetzungen.
Konfliktpunkte aufgrund sozialen Wandels
• Modernisierungsprozesse und sozialer Wandel erzeugen ein Gefühl unterschwel-liger Bedrohung
• Zuwanderung von Han• Abwanderung von Angehörigen der eige-
nen Ethnie• die Erodierung der eigenen Kultur• Korruption• Wachsende Arbeitslosigkeit• Zunehmende Diskriminierung• Ökonomisierung der Minderheitenkulturen
2. Reaktionsformen von Seiten ethnischer Gruppen
separatistische Strömungen aktiver Lokaler Widerstand passiver lokaler Widerstand Revitalisierung von Religion grenzüberschreitende Abwanderung (Exit) Migration in prosperierende Orte/Regionen
(Küstengebiete, Großstädte) Segregation
Aussagen von Yi-Unternehmern:
• "Wir Yi besaßen früher unser eigenes Reich, das Nanzhao Reich. Träger dieses Staates waren die Yi,nicht, wie manche Historiker fälschlich annehmen, die Bai-Nationalität. Nur mit Gewalt gelang es, uns später China einzugliedern" (Unternehmer aus Ganluo).
• "Traditionell gab es bei uns keine Sklavenhaltergesellschaft, sondern bis 1956 vielmehr ein 'Produktionsverantwortlichkeitssystem' (sheng-chan zerenzhi). Vor der 'Demokratischen Reform' [1956/57] gab es hier keine Armut. Jede Familie besaß Rinder und hatte genug zu Essen. Das änderte sich erst danach, denn da kam die Armut. Auch unser Gesundheitssystem war viel besser als heute“ (Unternehmer aus Mianning)
• "In der Stadtmitte [von Xichang] steht ein großes Denkmal zur Erinnerung an die vermeintliche Blutsbrüderschaft desMarschalls Liu Bocheng. In Wirklichkeit hat Liu Bocheng Schutzgeld bezahlt, damit wir die Rote Armee in Ruhe lassen. Das ist eine Tatsache, aber niemand getraut sich, es öffentlich zu sagen" (Unternehmer aus Puge).
• "Historisch gesehen, sind die Yi von Niemandem beherrscht worden, nur von der Kommunistischen Partei. Sind wir doch mal ehrlich: Ohne demokratische Reform wären wir jetzt doch viel weiter entwickelt" (Unternehmer aus Meigu).
• "Früher wollten wir mit den Han nichts zu tun haben. Wir mieden Orte, an denen viele Han waren. Wir glaubten, dass sie uns Krankheiten brächten" (Unternehmer aus Butuo).
Aussagen von Yi-Unternehmern:
Aussagen von Yi-Unternehmern:
• "Die Han haben unsere Wälder abgeholzt, und heute bezichtigen sie uns der Umweltzerstörung. Die Tatsachen zeigen, wer die eigentlichen Zerstörer sind" (Unternehmer aus Zhaojue).
• "50% dessen, was Han über Yi schreiben, ist barer Unsinn“ (Unternehmer aus Xichang).
• "Es ist richtig, dass früher hier Opium angebaut wurde. Aber das war nur für den Verkauf an die Han bestimmt. Der Opiumgenuss war bei den Yi tabu" (Unternehmer aus Yanyuan).
Neuschreibung der Yi-Geschichte
„Die Yi sind die direkten Nachfahren des Yuanmou-Menschen, dessen Fossilien die älte-sten in Asien gefundenen darstellen. Sie sind nicht nur die Vorfahren der Han, sondern der gesamten "gelben Rasse" (inklusive der Japaner) sowie der indianischen Völker in Amerika.“
„Die Schrift der Yi ist ca. 10.000 Jahre alt und damit die älteste Schrift der Welt, von der nicht nur die chinesische Schrift, sondern auch die Schriften in Mesopotamien, Ägypten, Indien und im antiken Mittelmeerraum abstammen.“
Neuschreibung der Yi-Geschichte
Die Schrift der Yi wurde von Yi-Wissenschaftlern auch in Verbindung mit der Banpo-Schrift gebracht, mit Symbolen auf Keramiken einer 8,000 Jahre alten neolithischen Kultur, die in Nordwestchina ausgegraben wurden.
Das drückt sich auch in der Aussage eines Yi-Dichters aus: “Der größte Gelehrte alter Schrift, Guo Moruo [1892-1978], war nicht in der Lage, die Symbole auf den Banpo-Keramiken zu entziffern. Ein bimo der Yi hingegen konnte mühelos 54 von 56 Symbolen auf den Keramiken erkennen”.
Neuschreibung der Yi-Geschichte
„Die legendären Kaiser der Xia-, Zhou- und Qin-Dynastien sind alle Vorfahren der Yi.“
„Der Daoismus ist von den Yi geschaffen worden. Laozi, der Begründer der daoistischen Philosophie, ist ein Yi-Name und bedeute "Im Jahr des Tigers" geboren.”
„Das Einzugsgebiet des Yangzi-Flusses und hier das Gebiet des Liangshan und andere Yi-Gebiete in Yunnan, ist erheblich älter als das des Gelben Flusses.
Von daher sind die Yi-Gebiete der Ursprung und eine der Wiegen der chinesischen Kultur”.
(a) Wir haben unsere eigene Geschichte, die glorreich ist, jedoch von den Han falsch interpretiert und bewertet wird;
(b) erst durch die Einbindung in das sozialistische Projekt wurde die relativ harmonische Sozial- und Wirtschaftsordnung der Yi nachhaltig gestört;
(c) hätten wir die Möglichkeit gehabt, wir hätten uns selbst besser und rascher entwickeln können.
Konfliktlösungsstrategien
• Schaffung eines föderativen Staats-gebildes
• Größere Rechtssicherheit• Ein institutioneller Rahmen für die Durchführung und Durchsetzung von Autonomie ist erforderlich.
• Vorzugsbehandlung sollte politisch, ökonomisch, im Bildungs- und Ausbil-dungsbereich gewährt werden, um die Ungleichheit zwischen Han und Nicht-Han zu reduzieren.
Konfliktlösungsstrategien
Geschichte und Kultur der einzelnen Nationalitäten sowie die Geschichte der interethnischen Beziehungen sollten neu bewertet werden und zwar in einem offenen Diskurs von Angehörigen der verschiedenen Nationalitäten.
Konfliktlösungsstrategien
- Die Sicherstellung und Durchsetzung der genannten Rechte erfordert eine organisierte und legitimierte Interessensvertretung der einzelnen Nationalitäten, zumal das Recht auf Autonomie nur durch organisierte Gemeinschaf-ten vertreten bzw. ausgeübt werden kann.
- Maßnahmen gegen die wachsende Diskrimi-nierung von Angehörigen ethnischer Minderhei-ten