Post on 05-Apr-2015
Ethische Fragen am Lebensende
Stein Husebö
Die „großen“ ethischen Fragen
Was bedeutet ein „gutes Leben“
für den Patienten?
Was ist eine „gute Entscheidung“,
um ein „gutes Leben“ zu
erhalten?
Friedlich sterben – ist für den
meisten Menschen einen Teil vom
guten Leben
Die ”kleinen” ethischen Fragen
Höflichkeit
In den Augen sehen und sich vorstellen
Hinsetzen und Zuhören
Fragen, Stille und Gefühle zulassen
Kleine Überlegung: - Welche Frage, welche
Begegnung, welche Aktivität, welches Wort
wäre für den Patienten in dieser Situation
wichtig?
Ethische Grundlagen
Autonomie Das Recht auf Selbstbestimmung
Paternalismus Wir wissen, was richtig ist und treffen die
für den Patienten wichtigen Entscheidungen
Weicher Paternalismus ”Verhandlungen” mit einem Patienten
besonders, wenn er seine Situation nicht erfassen kann
Schutz vor unmöglichen Entscheidungen
Welchen Nutzen bringt die geplante Massnahme: Für den Patienten? Für den Angehörigen? Für das Fachpersonal? Für mich? Für die Institution? Für die Krankenkasse? Für die Politik? Einnahmen?
Autonomie bedeutet nicht:
Dass die Patienten ein Recht haben, eine
Diagnostik oder Behandlung zu erhalten
wenn:
Deren Effizienz nicht erwiesen ist
Der mutmaßliche Schaden den Nutzen
übertrifft
Das Gesetz oder die ethischen Richtlinien es
verbietet
Sterbende sterben lassen?
Informiertes Einverständnis? Mutmaßlicher Patientenwille? Welchen Nutzen hat der Patient von
der geplanten Therapiemaßnahme? Welchen Schaden? Welchen Nutzen oder Schaden haben
wir? Hoffnung? Für wen?
Probleme Wir wissen oft erst hinterher – ob die
Therapie erfolgreich war oder nicht Wir haben nicht gelernt, dass das
Sterben für Sterbende eine Erlösung sein kann
Wenn Sie einen Hammer haben, sieht alles aus wie Nägel Mark Twain
Wir müssen den Patienten schützen vor Angehörige, Politiker, Juristen, Kollegen – die meinen: Leben lohnt sich immer
Intensivmedizin: Sterbende sterben lassen?
Wir wissen nie wann das Sterben beginnt….
Meine Aufgabe als Arzt ist ausschließlich den Tod zu bekämpfen….
Wir müssen immer weitermachen bis Einigkeit erzielt ist….
Bei beatmungspflichtigen Patienten sollte der Respirator nie abgestellt werden….
Mythen
99 % aller ethischen Konflikte am Lebens-ende können durch kompetente, vor-bereitende Kommunikation gelöst werden
Alle wichtige Bezugspersonen in einem Zimmer bringen (Betroffene + Fachpersonal)
Zuhören, sich Anbrüllen lassen Zeit und Wiederholung Ein Arzt, eine Schwester verantwortlich
für Information und Kommunikation
Herausforderungen
Beatmung einstellen?
Dagegen: Zeit gewinnen Dramatischen
Todesfall und Reaktionen verhindern
Besser für den Sterbenden und den Angehörigen
Dafür: Konsequentes
handeln Mutmasslicher
Wille Ressourcen
sparen Besser für den
Sterbenden und den Angehörigen
Intensivmedizin: Sterbende sterben lassen?
Ethisch betrachtet, besteht kein Unterschied zwischen dem Unterlassen einer Behandlung
und der Unterbrechung einer Behandlung
World Medical Association Appleton Consensus
1987
Hoffnung - Fußwechsel
Es gibt Hoffnung: Um zu Überleben Um Gesundheit
zu erhaltenDann kämpfen wir gemeinsam: Und schlucken
alle Nebenwirkungen
Es gibt keine Hoffnung: Um zu Überleben Um Gesundheit zu
erhaltenDann kämpfen wir gemeinsam: Um Hoffnung, Ziele,
Kommunikation, Sinn, Haltung, Würde und Abschied
Schwerkranke und Sterbende
Palliative Care
Schmerzlinderung
Symptomlinderung
Kommunikation
Ethik Soziale
Integration Seelsorge Teamarbeit Kinder
Patient und Angehörige
Person und Gesellschaft
Körper und Seele Wissen und
Verständnis Wissenschaft und
Kunst Schwäche und
Würde Leiden und
Hoffnung Leben und Tod Liebe und Trauer
Husebö, Klaschik. Palliativmedizin. Springer Verlag. 5. Auflage 2008
Vergleich Norwegen/Deutschland - Österreich
Ratio N/D-Ö
Krankenhausbetten pro Einwohner 1:2
Pflegebetten pro Einwohner 2:1
Pflegekräfte (Krankenhaus und Pflegeheim) pro.Pat.
2:1
Ärzte im Pflegeheim pro Patient 4:1
Kosten für Gesundheitswesen pro Einwohner Gleich
Wo bleibt das Geld in Deutschland?
Wo bleibt das Geld in Deutschland?
Diagnostik, Therapie und Überweisungen ohne
Nutzen
Unzählige Krankenkassen
Sterbende werden in Krankenhaus verlegt und am
Leben gehalten
Zu viele Ressourcen/ Betten für „Blaulichtmedizin“
Fehlende Ressourcen und Kompetenz in
Pflegeinstitutionen
Fehlendes Gesamtpolitisches/fachliches Konzept für
kompetente Versorgung der chronisch Kranken und
Alten
Deutschland bis 2030Was notwendig ist: Heimarzt 300 000 neue Pflegeheimplätze 200 000 neue Pflegende Demenz-strategi Palliative Care in der
Langzeitpflege Weiterbildungsprogramme Forschung
Paliiativer Plan
Frau Clara Hansen leidet unter fortgeschrittene Demenz und Herzinsuff.
Ausführliche Gespräche wurden geführt mit ihr und den Töchtern.
Alle wollen, daß die Mutter zu Hause sterben darf
Tochter Barbara soll verständigt werden
Bei Dyspnoe: 10 mg Morphin sc.
Bei Todesrasseln: 0.6 mg Scopolamin
Bei Panik/ Angst: 5 mg Dormicum sc.
Meine Handynummer
0047 41780007
Wo wird gestorben? (%)
Norw Germ Spain Roma0
10
20
30
40
50
60
70
80
42
20
10
0
40
6560
201815
30
80
NursHHospitalHome
Demenz und kognitiver Verlust
Ist der test an uns Werden sie respektiert und
gesehen? Dürfen sie singen und wandern? Besuchen wir sie nicht mehr –
wenn sie uns nicht wiedererkennen?
Die Hände Bekommen sie palliative care?
Ich möchte nicht in einer Gesellschaft leben
Wo die Menschen nach dem Muster von Hühnerfarmen behandelt werden
Gut versorgt – Aber ohne Spielraum
Norbert Blüm
Demenz
Alte Menschen mit Demenz und schwere kognitive Verluste haben zunehmend Einschränkungen ihrer Autonomie.
Trotzdem haben sie immer Würde Zunehmend muss aber ihre Würde
gesehen und bestätigt werden durch andere = uns
Wir müssen ihre Lebensprojekte kennen und verstehen
KrankenpflegerIn - Würde Sollte ich am Ende des Lebens alt,
schwach, krank und allein sein, wäre ich dankbar für ein zu Hause im Pflegeheim…
Die grösste Kränkung meiner Würde wäre dass,
jemanden ohne mich zu Fragen den Büstenhalter entfernt!
Dann bringe ich sie um!
Patienten First of all – do no
harm
Mit Einverständniskompetenz: Der Patient entscheidet unter aktuellen
BehandlungsangeboteOhne Einverständniskompetenz: Die mutmassliche Patientenwille
entscheidetSterbende Patienten: Der Arzt entscheidet – und schütz den
Pat.
Indirekte Sterbehilfe
Eine gebotene palliative Therapiemassnahme
Die das eindeutige Ziel hat Das Leiden der Sterbenden zu
lindern Wo unter Umständen als
Nebenwirkung in Kauf genommen wird
Dass der Sterbende Minuten/ Stunden früher stirbt
Das zentrale deutsche Problem
Sterbende werden mit sinnlosen
medizinischen Maßnahmen am
Leben gehalten
Und ein friedliches und
würdevolles Sterben zu Hause
unmöglich gemacht
Die schlimmste Kränkung
der Menschenwürde die
ich mir vorstellen kann:
Das ein sterbender Mensch in
seinen letzten Lebenstunden
sinnlos ins Krankenhaus verlegt
und wiederbelebt wird
Warum bekommen Sterbende lebenverlängernde Therapien?
Steh nicht da herum! Tu etwas!Sollte in vielen Situationen verändert
werden zu: Tu nicht etwas! Setzen Sie sich hin!
Doust J. BMJ 2004;328:475
Wahrheit
Zwischen
Leben und
Tod
Stein Husebø
Der Unterschied zwischen dem
richtigen Wort, und dem beinahe
richtigen Wort,
Ist wie der Unterschied zwischen
dem Blitz und dem Glühwürmchen
Mark Twain
Alle können lernen
nach Noten zu
spielen
Aber in den
Pausen…..
Zwischen den Noten
Da entsteht…….
Die grosse Musik
Arthur
Schnabel
Chamfort
Gespräche sind wie Reisen zu
Schiff.
Man entfernt sich vom Festland
ehe man es merkt, dass man das
Ufer verlassen hat.
Schwerkranke und Sterbende Offenheit über den bevorstehenden Tod
Welche Information haben Sie über die
Erkrankung erhalten?
Machen Sie sich Sorgen über die Zukunft
Ihrer Kinder?
......Sagen Sie bitte mehr darüber………..
Möchten Sie, dass wir offen über die
verbleibende Zeit sprechen?
Goethe
Wenn wir, so sagtest du, die Menschen so nehmen, wie sie sind, so machen wir sie schlechter.
Wenn wir sie behandeln, als wären sie, was sie sein sollten, bringen wir sie dahin, wohin sie zu bringen sind.
Patienten mit Kompetenz
Niemals Gespräche ohne Patient anwesend
Integration von Angehörige und Kinder Zuhören, Optionen erklären, Raum für
Fragen, Reaktionen und Gefühle Wiederholung / Eintragung in der
Krankenakte Der Patient bestimmt welche
Behandlung er annimmt: INFORMIERTES EINVERSTÄNDNIS
Wir bestimmen, welche Behandlung aktuell ist
Patienten ohne Kompetenz
Angehörige entscheiden nicht Sie können aber zentrale Informationen über
Mutmasslichen Patientenwillen geben Wie hätte er in der vorliegenden Situation
entschieden? Andere Informationsquellen: Angehörige,
Arzt, Pflegepersonal, Freunde, Lebensgeschichte
Patientenverfügung, Gesundheitsbevollmächtigten
CLARA - 83 NILS, Tod vor 45 Jahren
OLA Gestorben 8Jahre alt vor 43 J
JAN - 58 ELISABETH - 53
PETRA - 28
OLA - 25
Sofie 27
Jens 5 Nina 7
Die guten Fragen
Was hätte sie gewollt?
Was ist jetzt eine gute
Entscheidung?
Sie lieben ihre Mutter sehr, nicht
wahr?
Patienten First of all – do no
harm
Mit Einverständniskompetenz: Der Patient entscheidet unter aktuellen
BehandlungsangeboteOhne Einverständniskompetenz: Die mutmassliche Patientenwille
entscheidetSterbende Patienten: Der Arzt entscheidet – und schütz den
Pat.
Hoffnung - Fußwechsel
Es gibt Hoffnung: Um zu Überleben Um Gesundheit
zu erhaltenDann kämpfen wir gemeinsam: Und schlucken
alle Nebenwirkungen
Es gibt keine Hoffnung: Um zu Überleben Um Gesundheit zu
erhaltenDann kämpfen wir gemeinsam: Um Hoffnung, Ziele,
Kommunikation, Sinn, Haltung, Würde und Abschied
Schwerkranke und Sterbende
Cicely Saunders
Du hast Bedeutung weil Du bist
Und Du hast Bedeutung bis die
letzte Minute in deinem Leben
Herman Hesse
Am Grab der meisten
Menschen
Trauert tief verschleiert
Ihr ungelebtes Leben
Herman Hesse
Geliebt werden ist nichts Lieben ist alles
Liebe will nicht haben Sie will nur lieben
Liebe dich selbst wie deinen Nächsten
Paliiativer Plan
Frau Clara Hansen leidet unter fortgeschrittene Demenz und Herzinsuff.
Ausführliche Gespräche wurden geführt mit ihr und den Töchtern.
Alle wollen, daß die Mutter zu Hause sterben darf
Tochter Barbara soll verständigt werden
Bei Dyspnoe: 10 mg Morphin sc.
Bei Todesrasseln: 0.6 mg Scopolamin
Bei Panik/ Angst: 5 mg Dormicum sc.
Meine Handynummer
0047 41780007
Es ist Herbst
Die Mädchen haben
Hängebrust
Die Jungen haben keine Lust
Es ist Herbst
Solveig – 95:
«Diese
letzten
Wochen mit
Mutter war
ein
Höhepunkt
des
gemeinsame
n Lebens»