Post on 20-Oct-2021
EXPOSITIONSABSCHÄTZUNG GEGENÜBER IONISIERENDER STRAHLUNG DURCH WASSER-WERKSRÜCKSTÄNDE
Dr.-Ing. Pia Lipp, TZW Karlsruhe
Ergebnisse zum DVGW-Projekt W2-02-14
HINTERGRUND – 1
Vorkommen von Spuren an Thorium und Uran in Gesteinen
Obere Grenze für natürlichen Hintergrund 0,2 Bq/g
Zerfall => natürliche Radionuklide in der Umwelt
Effektive Jahresdosis
4 mSv/a (2,1 mSv/a aus
natürlicher Strahlung)
Technologische Prozesse
=> Anreicherung
Rückstände mit erhöhtem Gehalt an Radionukliden werden
NORM genannt (naturally occurring radioactive material)
HINTERGRUND – 2
Richtlinie 2013/59/EURATOM des Rates vom 05.12.2013 zur
Festlegung grundlegender Sicherheitsnormen für den Schutz
vor den Gefahren einer Exposition gegenüber ionisierender
Strahlung
Regelung von Handlungen mit natürlichen Strahlenquellen,
die erhöhte Expositionen verursachen können
Als erheblich erhöht gilt eine effektive Dosis von 1 mSv/a
Diese Dosis gilt als Bewertungskriterium für die Exposition
Artikel 23 (Ermittlung von Tätigkeiten mit natürlich
vorkommendem radioaktivem Material)
Anhang VI: Liste der Industriezweige, in denen natürlich
vorkommende radioaktive Materialien eingesetzt werden
(… Grundwasserfilteranlagen)
HINTERGRUND – 3
Umsetzung der Richtlinie 2013/59/EURATOM
in nationales Recht bis Feb. 2018
DVGW Kommission: “Radioaktive Substanzen im Wasser”
• Gruppe von Experten
• Erstellung einer technischen Regel
zum Umgang mit NORM in Wasserwerken (W 256)
Gesetz zur Neuordnung des Rechts zum Schutz vor der
schädlichen Wirkung ionisierender Strahlung am 27. Juni 2017
im Bundesgesetzblatt Teil I Nr. 42, S. 1966-2067 veröffentlicht.
STAND DES WISSENS
Trinkwasser liefert nur geringen Beitrag zur gesamten
jährlichen Strahlenexposition (Untersuchungen 2003-2008)
Umfangreiche Untersuchungen in Bayern zum Vor-
kommen und Verhalten von Radionukliden bei der
Wassernutzung und –aufbereitung (Reifenhäuser 2010)
In Einzelfällen erhöhte Aktivitätskonzentrationen aber
Exposition deutlich unter 1 mSv/a
=> Rückstände keine radiologische Relevanz.
Anreicherung insbesondere bei
Enteisenung/Entmanganung
Erhöhte Werte in Filterkiesen
FORSCHUNGSPROJEKT – ÜBERSICHT
DVGW-Projekt W2-02-14 (Laufzeit: 3‘2015 – 10‘2016)
Ziel des Projektes:
Erweiterung der bestehenden Datenerhebung zum Vor-
kommen und der Verwertung von Wasserwerksrückständen
um den Aspekt der radiologischen Relevanz dieser
Rückstände
Anfrage von Wasserversorgungsunternehmen, deren Roh-
wässer für die Trinkwasserversorgung aus Regionen
stammen, deren geologische Bedingungen eine erhöhte
Aktivität in den Wasserwerksrückständen erwarten lassen.
=> Enteisenung/Entmanganung
Analyse von Rückständen auf natürliche Radionuklide
mittels Gammaspektrometrie und Bewertung der Daten
BfS
Laboranalysen
Expositionsabschätzung
TZW
Koordination
Fragebogen
Kontaktaufnahme
zu Wasserversorgern
Berichterstattung
PROJEKTBESCHREIBUNG – 1
Rückstandsmenge
Entsorgungsintervall
Entsorgungsweg
Expositionszeiten
238U 234U210Pb226Ra 210Po228Ra 228Th
Auswahl der Wasserwerke
Grundwasser
Höhere Radongehalte
Enteisenung/Entmanganung
Statistik
32 Wasserwerke
aus 7 Bundesländern
26 Roh-/Reinwasserproben
34 Schlammproben
23 Filterkiesproben
PROJEKTBESCHREIBUNG – 2
Keine repräsentative Studie
WASSERUNTERSUCHUNGEN
0,001
0,01
0,1
1
Pb-210 Po-210 Ra-226 Ra-228 U-234 U-238
Akt
ivit
ätsk
on
zen
trat
ion
/ B
q/l
Referenz-Aktivitätskonzentrationen
Rohwasser Reinwasser
=> Messwerte der untersuchten Wässer liegen deutlich unter den Referenzwerten
VERGLEICH ROH-/REINWÄSSER
Aktivitätskonzentrationen
Geringe Veränderung
im Wasserwerk
Deutliche Veränderung
im Wasserwerk
0,001
0,01
0,1
Pb
-21
0
Po
-21
0
Ra-
22
6
Ra-
22
8
U-2
34
U-2
38
Akt
ivit
ätsk
on
zent
rati
on
/ B
q/l
Rohwasser WW9 Reinwasser WW9
0,001
0,01
0,1
Pb
-21
0
Po
-21
0
Ra-
22
6
Ra-
22
8
U-2
34
U-2
38
Ak
tiv
itä
tsk
on
zen
tra
tio
n /
Bq
/l
Rohwasser WW17 Reinwasser WW17
SCHLAMM- UND FILTERKIESUNTERSUCHUNGEN
0,001
0,01
0,1
1
10
Ra-228 Th-228 U-238 Ra-226 Pb-210 Ra-228 Th-228 U-238 Ra-226 Pb-210
spe
zifi
sch
e A
ktiv
ität
/ B
q/g
Schlamm Filterkies
Überwachungsgrenze 0,5 Bq/g
Strahlenschutzverordnung Anlage XII Teil C:
Überwachungsgrenzen:
1 Bq/g für die Schlämme (Berücksichtigung von 10 % Feststoffanteil)
0,5 Bq/g für die Filterkiese
Strahlenschutzverordnung Anlage XII Teil B:
Schlämme müssen nicht berücksichtigt werden
Ermittlung der Exposition:
Relevant ist die Summe der größten spezifischen Aktivitäten
der Uran- und Thorium-Zerfallsreihen
Summe der Maxima =
MAX(Ra-228;Th-228) + MAX(U-238;Ra-226;Pb-210)
EXPOSITIONSABSCHÄTZUNG
Summe der Maxima
Schlämme (10%) 0,1 – 2,7 Bq/g TM
Filtermaterialien-belastet 0,5 – 4,5 Bq/g TM
Filtermaterialien-unbelastet 0,01 – 0,02 Bq/g TM
• Aus den Ergebnissen der Roh- und Reinwasseruntersuchungen kann keine Aussage über die Belastung der Schlämme abgeleitet werden.
• Aus den Untersuchungen der Wasser- oder Schlammproben ist eine Prognose über die Radionuklidbelastung der Filterkiese nicht möglich.
VERGLEICH
GEOGRAFISCHE SCHWERPUNKTE
< 20 mBq/l
20 - < 40 mBq/l
40 - < 80 mBq/l
80 - < 120 mBq/l
Rohwasser < 0,5 Bq/g
0,5-1,0 Bq/g
> 1 Bq/g
Schlamm < 0,5 Bq/g
0,5-1,0 Bq/g
> 1 Bq/g
FiltersandSumme der Maxima
Schlamm FiltermaterialRohwasser
Orangefarbene Bereiche für Gebiete mit erhöhten Radon-Gehalten im Wasser
Quadratische Symbole zeigen
Konzentrationsbereiche für die
Summe der Maxima
Bereiche für die Summe der Maxima:
< 0,5 Bq/g | > 0,5 - 1 Bq/g | > 1 Bq/g
Bezogen auf Trockenmasse
VORGEHENSWEISE EXPOSITIONSABSCHÄTZUNG
Vorgehensweise (BfS)
Fallspezifisch und generisch
Gesamter Weg der Entsorgung
Entnahme / Verwertung / Deponie
Berücksichtigung von unterschiedlichen Personengruppen
Wasserwerk, Entsorgungsunternehmen, Deponie,
Verwertungsunternehmen, sechs Altersgruppen
Expositionspfade Expositionsszenarien
Inhalation von Radon Ausbau der Rückstände
Inhalation von Staub Beladung der Fahrzeuge
Äußere Gammastrahlung Transport der Rückstände
Unbeabsichtigte Ingestion Verwertung/Deponierung
Jörg Dilling
Berechnungsgrundlage Bergbau (2010)
Jährliche Arbeitszeit üblicherweise 2.000 Stunden
Expositionszeiten beim Umgang mit Rückständen:
Schlamm
Entsorgung von Rückständen im Wasserwerk 20-100 h
Beschäftigte von spezialisierten Entsorgungsfirmen 500 h
Fahrer und Beschäftigte bei der Verwertung bzw. Deponierung 500 h
Filtermaterial
Fahrer und Beschäftigte bei der Verwertung 200 h
Entsorgung Filtermaterial 1.000 h
EXPOSITIONSZEITEN
0,1
1
10
100
1000
Austausch imWasserwerk
Transport Deponierung Verwertung
Ge
ne
risc
h a
bge
sch
ätzt
e E
xpo
siti
on
/ µ
Sv/a Inhalation von Radon
Äußere Gammastrahlung
EXPOSITIONSABSCHÄTZUNG – SCHLAMM
Einzelfallbetrachtung von 5 Fällen mit einer Überwachungsgrenze > 1 Bq/g:
=> Jahresdosis für Beschäftigte im Wasserwerk und von Entsorgungsfirmen
zwischen 0,1 μSv und 5 μSv pro Jahr
EXPOSITIONSSZENARIO – DEPONIERUNG
1
10
100
1000
Äußere Gammastrahlung Inhalation von Radon Ingestion (Nahrungsmittel)
Ge
ne
risc
h a
bge
sch
ätzt
e E
xpo
siti
on
/ µ
Sv/a
Einlagerung auf einer Deponie
12 a - >17 a
1 a - 12 a
0 a - 1 a
Einlagerung von Schlamm auf einer Deponie
EINZELFALLBETRACHTUNG – FILTERMATERIAL
1
10
100
1000
Inhalation von Radon Äußere Gammastrahlung unbeabsichtigte Ingestion Fahrer der Unternehmen Beschäftigte Entsorger
Jah
resd
osi
s /
µSv
/a
Beschäftigte in Wasserwerken
Fahrer
Beschäftigte Entsorgungs-unternehmen
EINZELFALLBETRACHTUNG – FILTERMATERIAL
äußere Exposition
Inhalation vonRadon
Ingestionim Mittel (6 Proben)
GENERISCHE ABSCHÄTZUNG – FILTERMATERIAL – 1
1
10
100
1000
10000
Inhalation vonRadon
ÄußereGammastrahlung
Inhalation von Staub UnbeabsichtigteIngestion
Gen
eris
ch a
bge
sch
ätzt
e Ex
po
siti
on
/ µ
Sv/a
Austausch im Wasserwerk
Transport (Fahrer)
Einlagerung auf Deponie
Straßenbau
GENERISCHE ABSCHÄTZUNG – FILTERMATERIAL – 2
1
10
100
1000
ÄußereGammastrahlung
Inhalation vonRadon
Inhalation vonStaub
Ingestion(Nahrungsmittel)
Ingestion(Trinkwasser)G
en
eri
sch
ab
gesc
hät
zte
Exp
osi
tio
n /
µSv
/a
Einlagerung auf einer Deponie
>17 a 12 a - 17 a
7 a - 12 a 2 a - 7 a
1 a - 2 a 0 a - 1 a
1
10
100
1000
ÄußereGammastrahlung
Inhalation vonRadon
Ingestion(Nahrungsmittel)
Gen
eris
ch a
bge
sch
ätzt
e Ex
po
siti
on
/ µ
Sv/a
Verwertung im Straßen-,Wege- und Landschaftsbau
>17 a 12 a - 17 a
7 a - 12 a 2 a - 7 a
1 a - 2 a 0 a - 1 a
Untersuchung von Wasserproben, Schlämmen und Filterkiese auf
natürliche Radionuklide
Mittlere Aktivitätskonzentrationen der untersuchten Proben sind
geringer als die Referenz-Aktivitätskonzentrationen
25% der Schlämme liefern Werte > 1 Bq/g (ÜG)
sind aber für die Expositionsabschätzung nicht relevant
50% der Filtermaterialien > 0,5 Bq/g (ÜG)
Ermittlung einer Expositionsabschätzung
Für die untersuchten Wasserproben ergibt sich eine
ermittelte Jahresdosis 0,025 mSv << 0,1 mSv gemäß TrinkwV
Für Schlämme keine Bewertung, da nicht relevant
Für Filtermaterialien ergibt sich keine unzulässige Dosis,
da im Einzelfall nur geringe Mengen anfallen und kurze
Expositionszeiten vorliegen
ZUSAMMENFASSUNG – 1
Entnahme von Filtersanden ist kein Regelfall
Anfall < 2.000 t in 25 Jahren
Kein Problem für Wasserwerke
Entsorgungsunternehmen gehen mit größeren Mengen um
Steigende Konzentration an natürlichen Radionukliden mit steigender
Verweilzeit der Filtermaterialien im Filter
WVU mit großen Aufbereitungsmengen (> 20 Mio. m³/a)
sollten Filtermaterial vor dem Austausch radiologisch untersuchen
lassen
WVU mit kleineren Aufbereitungsmengen (< 10 Mio. m³/a) sollten aus
dem künftigen Regelungsbereich des neuen Strahlenschutzes durch
die zuständige Behörde entlassen werden können.
ZUSAMMENFASSUNG – 2
DVGW für die finanzielle Förderung des Projekts W2-02-14
BfS für die Durchführung der Untersuchungen und der
Expositionsabschätzung
Wasserwerke 1-32 für die Lieferung der Proben
Fragen?
DANKSAGUNG
Dr. Pia LippTZW: DVGW-Technologiezentrum WasserKarlsruher Straße 8476139 Karlsruhepia.lipp@tzw.de
http://www.tzw.de