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Forschungsbericht „Autonomie in der Sozialen Arbeit mit geflüchteten Menschen“
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Forschungsbericht Die Autonomieumsetzung in der Sozialen
Arbeit mit geflüchteten Menschen in Ge-
meinschaftsunterkünften in Berlin und
Brandenburg.
Eine qualitative Interviewstudie des Lehrendenprojektes: „Professionsentwicklung in der Sozialen Arbeit mit geflüchteten Menschen“ am Fachbereich Sozial- und Bildungswissenschaften der Fachhochschule Potsdam
3.7.2017
Lehrende: Stephanie Pigorsch
Matthias Lack
Studierende: Stephanie Baumann
Darya Uthe Paula Bach
Sophie Hupe Salome Bukia
Anastassiya Shilova Maria Nesirov
Philipp Schälling
Forschungsbericht „Autonomie in der Sozialen Arbeit mit geflüchteten Menschen“
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Inhaltsverzeichnis
Vorwort S. 3
Abstract S. 5
Einleitung S. 6
1. Theoretische Bezüge der Forschung S. 8
1.1 Professionelle Haltung S. 8
1.2 Bedürfnispyramide nach Maslow S. 9
2. Methodische Vorgehensweise S. 11
3. Forschungsergebnisse S. 15
3.1 Gegebenheiten in den Unterkünften S. 15
3.2 Kompetenzen, emotionale Grenzen sowie Fort-und Weiterbildungen der Sozialarbeiter*innen S. 18
3.3 Autonomievoraussetzungen S. 24
3.4 Haltung und Methoden der Sozialarbeiter*innen S. 27
4. Fazit S. 33
Literaturverzeichnis S. 36
Anhang
1. Interviewleitfaden für Expert*inneninterviews S. 37
2. Fotos S. 40
Forschungsbericht „Autonomie in der Sozialen Arbeit mit geflüchteten Menschen“
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Vorwort
Stephanie Pigorsch und Matthias Lack
Das Forschungsprojekt der Studierendengruppe, dessen Ergebnisse mit dieser Publikation
vorgestellt werden, ist von großer Aktualität für die Professionsentwicklung der Sozialen Arbeit
im Kontext von Flucht und Migration. Die Soziale Arbeit ist als Profession stark von
gesellschaftlichen Veränderungen beeinflusst: von Veränderungen von Hilfebedarfen etwa,
von Veränderungen in politischen Diskussionen oder eben auch von Veränderungen innerhalb
fachlicher Selbstdeutungsdiskurse. Im Bereich der Arbeit mit Geflüchteten haben sich
insbesondere seit den Fluchtbewegungen 2015 nach Europa enorme Herausforderungen für
die Soziale Arbeit ergeben, menschlich und menschenwürdig auf die Situation zu reagieren.
Die Geflüchteten mussten in Sicherheit gebracht, Strukturen der Hilfe und Unterstützung
mussten entwickelt werden. Dabei nimmt die Soziale Arbeit, wie auch andernorts, häufig die
Funktion des Auffangnetzes ein. Sie ist eine Instanz, die kurativ und unterstützend tätig ist.
Häufig ist sie dabei durch rechtliche Rahmenbedingungen gezwungen, Menschen und Mängel
zu verwalten. Soziale Arbeit gibt sich ein eigenes Gerüst fachlicher Arbeit: von der Orientierung
an den universellen Menschenrechten bis hin zur klassischen Haltung der Hilfe zur Selbsthilfe
bieten sich für eine dem humanitären Anlass fachlich angemessene Arbeit mit geflüchteten
Menschen viele Anknüpfungspunkte. Noch zu selten wird aus unserer Sicht reflektiert, welche
normativen Wertvorstellungen die Mehrheitsgesellschaft an die neuen Nachbar_innen heran-
trägt und wo sich Soziale Arbeit im Kontext von Integration und Deutungsmacht verorten lässt
und selbst verortet.
Viele der Studierenden aus dem Projekt waren und sind selbst involviert in das Netz an
ehrenamtlichen Hilfestrukturen, ohne welche die Situation für die Geflüchteten wohl noch viel
herausforderungsvoller wäre. Und auch im beruflichen Sinne ist das Feld der Arbeit in
(Gemeinschafts-)Unterkünften ein wichtiges, wenn es um die professionelle Zukunft einiger
Studierender aus dem Projekt geht.
Sie fragen: Wo verläuft die Grenze zwischen den fachpolitisch fundierten Perspektiven der
Profession und Disziplin Sozialer Arbeit und dem öffentlichen Auftrag der Verwaltung und
Politik? Kann die Soziale Arbeit für sich autonom handeln? Kann sie die Autonomie der
Menschen, wenn wir die vorherige Frage verneinen, überhaupt angemessen wahren und
unterstützen? Wird der eigene Anspruch der Sozialarbeitenden, die Geflüchteten bestmöglich
zu unterstützen, nicht täglich konterkariert durch massive begrenzende Strukturen?
Eine der eindrucksvollen Leistungen der vorliegenden Forschungsarbeit ist, dass sie unseren
Blick lenkt auf die persönlichen Grenzen der Sozialarbeitenden im Kontext der Rahmenbe-
dingungen des fachlichen Handelns. Das Feld der Geflüchtetenhilfe erscheint dann als ein Ort
Forschungsbericht „Autonomie in der Sozialen Arbeit mit geflüchteten Menschen“
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besonderer Herausforderungen. Begrenzt durch gesetzliche Vorgaben und strukturelle
Mängel, kulminieren die persönlichen Hürden der Geflüchteten – ein Bleiberecht zu erhalten,
einen Weg der eigenen Lebensgestaltung zu gehen – häufig auch in Gefühlen von Ohnmacht
und Scheitern auf Seiten der Fachkräfte. Die Ambivalenzen, welche sich aus den Spannungs-
verhältnissen zwischen persönlicher Autonomie der Geflüchteten und den strukturell
begrenzenden Rahmungen ergeben, sind für die Fachkräfte Anlass zu fachlichem Austausch.
Die eigenen Grenzen zu wahren, die Menschen zu unterstützen und sich zu den Rahmen-
bedingungen zu verhalten, welche Staat, Gesellschaft und Träger setzen, führt jedoch
durchaus auch zu Überforderungssituationen. Die Möglichkeiten die Autonomie der Geflüch-
teten zu stärken, hängt für die Fachkräfte teils unmittelbar zusammen mit der Forderung einer
menschenwürdigeren Gesetzgebung.
Die Studierenden sind mit ihrer Forschungspraxis einen konsequenten Weg gegangen ihre
eigenen Forschungsinteressen intensiv zu thematisieren. Sie haben sich in Gemeinschafts-
unterkünften aufgehalten, haben vor Ort die Strukturen erfahren und konnten ihre Beo-
bachtungen niederschreiben. Aus diesen Grundlagen heraus haben sie sich sukzessive ein
Gerüst gebaut, welche Schwerpunkte für die weitere Forschung von Interesse sein sollten. Sie
führten Expert*inneninterviews in ausgewählten Unterkünften mit den dortigen Sozialar-
beitenden. Die Leistung, welche die achtköpfige Gruppe bezüglich ihres kollaborativen
Auswertungsprozesses an den Tag gelegt hat, ist bemerkenswert. Letztendlich ist die Gruppe
nicht nur thematisch mit den Grenzen der fachlichen Arbeit befasst gewesen, sondern auch
mit den eigenen Grenzen als heterogene und divers herausgeforderte Studierendengruppe.
Die ausdauernde und systematische gemeinsame Auswertungsarbeit verdient daher beson-
deren Respekt.
Der vorliegende Forschungsbericht lässt sich als Einstieg in die Thematik verstehen. Es
wurden viele Fragen aufgeworfen, die mitunter auch weiterhin offen bleiben. Doch sie zu
stellen, erscheint äußerst wichtig.
Forschungsbericht „Autonomie in der Sozialen Arbeit mit geflüchteten Menschen“
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Abstract Sophie Hupe, Paula Bach
Der Forschungsbericht untersucht, wie das Konzept der Autonomie in der Sozialen Arbeit mit
Geflüchteten in Gemeinschaftsunterkünften in Berlin/Brandenburg umgesetzt werden kann.
Das methodologische Vorgehen ist an die Grounded Theory sowie das Auswertungsverfahren
nach Meuser und Nagel (1991) angelehnt und somit der qualitativen Sozialforschung
zuzuordnen. Dabei wurden für die Datenerhebung Expert*inneninterviews mit
Sozialarbeitenden aus drei Gemeinschaftsunterkünften geführt und ausgewertet. Folgende
zentrale Erkenntnisse konnten gewonnen werden: Die Gegebenheiten in den Unterkünften
sind grundsätzlich verschieden. Es stellte sich jedoch einstimmig heraus, dass sich die
Sozialarbeitenden mehr Personal und bessere Lebensbedingungen für die Geflüchteten
wünschen. In allen Unterkünften wird die Autonomie der geflüchteten Menschen gefördert, um
ihre vorhandenen Ressourcen zu aktivieren und auszubauen. Von den Sozialarbeiter*innen
werden viele Kompetenzen gefordert, wodurch sie oft an ihre emotionalen Grenzen stoßen.
Das Erlernen der deutschen Sprache sowie Bildung sind für die Sozialarbeitenden zwei
wichtige Voraussetzungen für die Autonomie und Integration der Geflüchteten. Durch die
starren bürokratischen Strukturen und die asylgesetzlichen Bestimmungen sind ihnen in ihrer
Arbeit massive Grenzen gesetzt.
Forschungsbericht „Autonomie in der Sozialen Arbeit mit geflüchteten Menschen“
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Einleitung
Maria Nesirov, Stephanie Baumann und Darya Uthe
Aufgrund der aktuellen politischen Situation in Europa ist die Arbeit mit geflüchteten Menschen
sehr in das Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt. Viele dieser Menschen leben in
Gemeinschaftsunterkünften in Berlin und Brandenburg.
Im Rahmen unseres Studiums der Sozialen Arbeit haben wir uns mit der Thematik Flucht
auseinandergesetzt. Durch die Lektüre des Positionspapieres der Alice-Salomon-Hochschule
Berlin „Soziale Arbeit mit Geflüchteten in Gemeinschaftsunterkünften- Professionelle
Standards und sozialpolitische Basis“ richtete sich unser Fokus auf die Autonomie der
geflüchteten Menschen. Wir fragten uns, wie deren Alltag vor Ort aussieht und in welcher Form
Autonomiemöglichkeiten für die Geflüchteten vorhanden sind. Uns war es wichtig zu erfahren,
wie die Sozialarbeiter*innen mit den Geflüchteten arbeiten. Außerdem wollten wir
herausfinden, wie ein bedeutendes Ziel der Sozialen Arbeit, die Hilfe zur Selbsthilfe, im Alltag
der geflüchteten Menschen umgesetzt werden kann.
Daraus entwickelte sich unsere Forschungsfrage: „Wie kann das Konzept der Autonomie in
der Sozialen Arbeit mit Geflüchteten in Gemeinschaftsunterkünften in Berlin/Brandenburg
umgesetzt werden?“
Jeder Mensch ist ein Individuum und besitzt verschiedene Bedürfnisse, Vorstellungen und
Werte. Daher kann der Begriff der Autonomie unterschiedlich ausgelegt werden. Für den einen
besteht Autonomie in der Möglichkeit, sich selbst verwirklichen zu können, für den anderen in
der Selbstbestimmung eigener Bedürfnisse. Unsere Definition von Autonomie orientiert sich
an der Bedürfnispyramide von Maslow und unseren persönlichen Kriterien. Jedes Mitglied
unserer Forschungsgruppe hat in einer von drei Gemeinschaftsunterkünften in
Berlin/Brandenburg hospitiert und die Sozialarbeiter*innen bezüglich der Autonomie der
Geflüchteten und zu ihrem Arbeitsalltag befragt. Unser Forschungsbericht wird in der FH
Potsdam präsentiert und dient zur Darstellung der Autonomiemöglichkeiten der Geflüchteten
und der bestehenden Rahmenbedingungen des Arbeitsalltags der Sozialarbeiter*innen.
In unserer Forschung haben sich vier Hauptkategorien herauskristallisiert. In der ersten
Kategorie „Gegebenheiten in den Unterkünften“ stellte sich folgendes heraus: Die drei
beforschten Unterkünfte haben jeweils eine sehr verschiedene räumliche Lage – zwei liegen
ländlich in Brandenburg, eine in Berlin - was dementsprechend unterschiedliche Auswirkungen
auf die Autonomie der Geflüchteten hat. Die Eingewöhnungsphasen gestalten sich in den
Unterkünften grundsätzlich verschieden. Nach der Ankunft der Geflüchteten erfolgt jedoch in
allen drei Unterkünften die Vermittlung der Regeln und Strukturen vor Ort. Die zentralen
Wünsche der Sozialarbeiter*innen für ihre Unterkünfte sind mehr Privatsphäre für die
Forschungsbericht „Autonomie in der Sozialen Arbeit mit geflüchteten Menschen“
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Geflüchteten, mehr Personal sowie die Möglichkeit aller Geflüchteten ihr zukünftiges Leben in
Deutschland selbstbestimmt und positiv zu gestalten.
Die zweite Kategorie heißt „Haltung und Methoden der Sozialarbeiter*innen“. In allen von uns
besuchten Einrichtungen aktivieren und fördern die Mitarbeiter*innen die vorhandenen
Ressourcen der geflüchteten Menschen. Die Hilfe zur Selbsthilfe stellt ein Grundverständnis
Sozialer Arbeit dar. Dabei stehen die Sozialarbeiter*innen den Geflüchteten beratend zur
Seite, verweisen auf Institutionen und zeigen Wege auf. Sie versuchen täglich den
Geflüchteten ein Gefühl von Sicherheit zu vermitteln, jedoch ist die Angst vor einer
Abschiebung immer präsent in den Gedanken der Geflüchteten.
Den dritten Schwerpunkt fanden wir in den „Kompetenzen, emotionale Grenzen sowie Fort-
und Weiterbildungen der Sozialarbeiter*innen“. In der Arbeit mit Geflüchteten werden von den
Sozialarbeiter*innen viele Kompetenzen gefordert, die vor allem in einem Team voller
unterschiedlicher fachlicher Blickwinkel zusammengetragen werden können. Die
Sozialarbeiter*innen gelangen durch die Arbeit mit den Geflüchteten oft an ihre emotionalen
Grenzen. Daher ist es wichtig, diese zu kennen und durch eigenen Selbstschutz auch wahren
zu können. Die jeweiligen Träger sollten die Angestellten durch vielfältige Fort- und
Weiterbildungen und Beratungs- und Supervisionsangebote unterstützen.
Als viertes beschäftigten wir uns mit den „Autonomievoraussetzungen“. Die
Sozialarbeiter*innen erfassen direkt bei der Aufnahme der Geflüchteten in der Unterkunft
deren Eigenständigkeit und passen ihren Unterstützungsbedarf daran an. Das Erlernen der
deutschen Sprache sowie Bildung sind für die Sozialarbeitenden zwei wichtige
Voraussetzungen für die Autonomie und Integration der Geflüchteten. Die Sozialarbeiter*innen
müssen sich in ihrer Arbeit nach den Gesetzen des Staates richten. Darin sind ihnen durch die
starren bürokratischen Strukturen und die asylgesetzlichen Bestimmungen massive Grenzen
gesetzt.
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1. Theoretische Bezüge der Forschung
1.1 Professionelle Haltung in der Sozialen Arbeit
Stephanie Baumann
Durch die Veränderung der politischen Situation in Europa und der Welt in den letzten Jahren
und der daraus folgenden Migration vieler Menschen hat sich das Arbeitsfeld der Sozialen
Arbeit im Kontext Flucht und Migration in Deutschland verändert und es haben sich neue
Aufgabenbereiche in der Arbeit mit geflüchteten Menschen ergeben.
Die Ziele und Aufgaben der Sozialen Arbeit sind im Positionspapier des Zusammenschlusses
Hochschullehrender, herausgegeben durch die Alice-Salomon-Hochschule Berlin, „Soziale
Arbeit mit Geflüchteten in Gemeinschaftsunterkünften – Professionelle Standards und
sozialpolitische Basis“ wie folgt definiert: „Soziale Arbeit zielt auf Beratung, Betreuung und
Unterstützung bei Zugängen zu Gesundheit, Bildung, materieller Existenzsicherung, Arbeit,
Wohnung und Mitbestimmung, und sie zielt auf die persönliche Weiterentwicklung
ab“ (Positionspapier 2016: 5). Die Sozialarbeiter*innen, die im Spannungsfeld zwischen
Anforderungen der Politik, institutionellen Rahmungen und Wünschen der Klient*innen
agieren, stellen einen weiteren Anspruch an sich selbst, den Anspruch der Professionalität.
Um das Erreichen der Ziele der Sozialen Arbeit zu gewährleisten, ist die Professionalität der
angestellten Sozialarbeiter*innen absolut vonnöten.
Diese fordert Kompetenzen von Kommunikations- und Beratungsvermögen über Kenntnisse
der sozialrechtlichen Rahmenbedingungen und des (inter-)nationalen (Migrations-)Rechts bis
zu Respekt, Fähigkeit des Erkennens von spezifischen Bedürfnissen, Traumatisierung und
Kindeswohlgefährdung, um nur einige zu nennen (ebd: 9f). Die Bandbreite der geforderten
und in der Arbeit nötigen Kompetenzen ist groß.
Die Sozialarbeiter*innen haben den gesellschaftlichen Auftrag, ihre Klient*innen bei Krisen zu
unterstützen, um diese zu überwinden. Ulrich Overmann formuliert in der „stellvertretenden
Krisenbewältigung“ (Oevermann 2009: 120) die Kernaufgabe der Sozialen Arbeit. Es geht „um
die Bewältigung von Krisen anderer […]. Professionalisierte Praxis setzt dort ein, wo primäre
Lebenspraxen mit ihren Krisen nicht mehr selbst fertig werden können und deren Bewältigung
an eine fremde Expertise delegieren müssen“ (ebd.). Die jeweiligen Krisen können von den
Klient*innen nicht mehr selbst bewältigt werden und rufen Expert*innen auf den Plan, deren
Handeln auf der Basis eines methodisierten Wissens erfolgt. Die zentrale Prämisse der
Sozialen Arbeit besteht darin, die Autonomie der Klient*innen zu gewährleisten
beziehungsweise wiederherzustellen (vgl. ebd).
Forschungsbericht „Autonomie in der Sozialen Arbeit mit geflüchteten Menschen“
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Einen neuen Lebensmittelpunkt in einer neuen Kultur zu finden, in einem neuen Staat
anerkannt zu werden und sich Strukturen zum Leben aufzubauen, stellt die Herausforderung
für viele geflüchtete Menschen dar. Die Ressourcen, die den Geflüchteten in ihren eigenen
Ländern zur Verfügung standen, sind zu großen Teilen verloren gegangen (z.B.
Familiengefüge, Arbeit, Möglichkeit der Religionsausübung und soziokulturelle
Eingebundenheit) und sie sind nach einer Flucht nun in Deutschland und Europa neuen
Lebenskonstellationen gegenübergestellt. An das Streben nach Handlungsfähigkeit und
Autonomie der Geflüchteten knüpft die Soziale Arbeit an.
1.2 Die Bedürfnispyramide nach Abraham Maslow
Philipp Schälling
Wir nutzten die Bedürfnispyramide nach Abraham Maslow, um für uns den Begriff der
Autonomie zu erklären. Durch die inhaltliche Auseinandersetzung mit Maslows Theorie
konnten wir für uns den Begriff der Autonomie entschlüsseln, der je nach Fachgebiet
(Pädagogik, Psychologie, Ethik etc.) eine andere Bedeutung haben kann. Um zu zeigen, wie
die Forschungsgruppe die Autonomie oder auch Selbstverwirklichung versteht, hat sie
diesbezüglich einen kurzen theoretischen Einblick in die Bedürfnispyramide nach Abraham
Maslow vorbereitet.
Der Mitbegründer der „Humanistischen Psychologie“ Abraham Maslow (1908-1970) war der
festen Überzeugung, dass jeder Mensch von Natur aus gut ist und sich das Verhalten der
Menschen nach einer hierarchisch strukturierten Vorgehensweise richtet. Diese wurde von A.
Maslow als Pyramide dargestellt. Diese versinnbildlicht die Bedürfnisse jedes einzelnen
Menschen. Maslows Bedürfnispyramide (Maslow 1943) ist wie folgt gegliedert:
(Quelle: http://multi.over-blog.net/article-befurfnispyramide-nach-maslow-38436060.html)
Forschungsbericht „Autonomie in der Sozialen Arbeit mit geflüchteten Menschen“
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Den Anfang der Pyramide und somit die Grundbedürfnisse des Menschen stellen die
physiologischen Bedürfnisse dar. Sie sind somit die unterste Stufe der Bedürfnisse eines
Menschen und die Faktoren die das Überleben eines Menschen maßgeblich beeinflussen.
Dazu zählen: Hunger, Durst, Atmung und Schlafen. Sollten diese Bedürfnisse dem Menschen
entzogen werden, so droht dem Individuum der Tot oder das Erleiden einer Krankheit. Sollten
diese Bedürfnisse jedoch erfüllt werden, so geht der Mensch in der idealtypischen Darstellung
seiner Bedürfnisse eine Ebene höher.
Die nächste Stufe der Bedürfnisentwicklung kennzeichnet die Suche nach der Befriedigung
von Sicherheits- Motiven. Dazu zählen Schutz, Angstfreiheit, Behaglichkeit und Ordnung.
Diese Stufe ist für die Menschen, die Zuflucht hier gesucht haben, meist gegeben, wird
höchstens durch rassistische Übergriffe/Anfeindungen irritiert oder durch Rückkehrzwänge
beeinträchtigt. Ergo müssen die Geflüchteten ein sicheres, angstfreies Setting vorfinden, das
ihnen gegenüber positiv eingestellt ist und hier leisten die Soziale Arbeit und die Hilfen durch
ehrenamtliches Engagement ihren Teil.
In einer funktionierenden Gesellschaft, in der das Zusammenleben der Menschen durch
Gesetze und ordnungsschaffende Instanzen gesichert ist, kommt zu der nächsten Ebene der
Bedürfnisbefriedigung und zwar der Befriedigung von Zugehörigkeits- und
Liebesbedürfnissen. Damit ist das Suchen einer Bezugsgruppe oder das Erhalten einer
Familie gemeint. Diese Ebene kann in der Arbeit mit Geflüchteten verschiedener Religionen
zu Problemen führen, da einige Konflikte in den jeweiligen Regionen schon zu lange kämpfen
und es daher für die Sozialarbeiter*Innen fast unmöglich ist diesen jahrelangen Konflikt zu
schlichten.
Ist das Individuum in der Gesellschaft vernetzt, so sehnt es sich nach Maslow nach
Wertschätzung und Geltung. Diese Phase der Pyramide ist geprägt durch das Bedürfnis des
Menschen positive Rückmeldungen zu erhalten und sich geschätzt zu fühlen und somit das
Selbstwertgefühl des Individuums zu stärken.
Die Spitze der Pyramide kann mit Holzkamp (1985) wie folgt begriffen werden:
„Die Selbstverwirklichung, wie sie Maslow versteht, könnte mit einem mystischen Gipfelerlebnis verglichen
werden: der Mensch übersteigt seine eigenen Grenzen, wird eins mit der Menschheit und dem Kosmos. In
Maslows Sicht hat er damit den Kern der Existenz überhaupt erreicht. Diese Selbstverwirklichung basiert auf
einem persönlichen Wachstum durch die Erfüllung eines Lebensauftrags, der in der Entfaltung der eigenen
Kreativität liegen kann wie im selbstlosen Einsatz für eine gerechte Sache.“
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2. Methodische Vorgehensweise
Sophie Hupe und Paula Bach
Methodologische und methodische Anknüpfungspunkte
Die Forschungsfrage des Projektes „Wie kann das Konzept der Autonomie in der Sozialen
Arbeit mit geflüchteten Menschen in Gemeinschaftsunterkünften in Berlin und Brandenburg
umgesetzt werden?“ wurde mithilfe der qualitativen Sozialforschung untersucht. Die Nutzung
qualitativer Sozialforschung erfolgt vor allem bei der Erforschung sozialer Zusammenhänge.
Sie orientiert sich am Alltagsgeschehen der Akteur*innen, deren Lebenswelt untersucht
werden soll. Die abgeleiteten Theorien werden durch das induktive Vorgehen gebildet
(Kluge/Kelle 1999). Anhand des erforschten und gesammelten Datenmaterials werden nach
und nach die Erkenntnisse abgeleitet und zum Ende hin zu einer Theorie verdichtet. Dies
erfolgt, indem analysierte Aussagen von einzelnen Personen verallgemeinert und somit in
einen größeren Kontext gesetzt werden. Um die subjektiven Ansichten und Reflexionen der
Expert*innen so fundiert wie möglich erheben zu können, werden diesbezüglich vor allem
Interviews als angemessenes Erhebungsinstrument verwendet.
1 Für die Forschung in den Gemeinschaftsunterkünften wurden methodologische Prinzipien
sowie methodische Anleihen aus der Grounded Theory (Strauss/Corbin 1996)
herangezogen sowie mit dem Interviewauswertungsverfahren nach Meuser und Nagel
(1991) verbunden.
2 Den Ausgangspunkt für die Forschung bildet nach der Grounded Theory eine zunächst nur
vorläufig festgelegte Forschungsfrage. Aus dieser offenen Fragestellung ergibt sich der
Rahmen für die ersten Feldkontakte sowie die Auswahl der Erhebungstechniken. Um uns
einen Einblick vor Ort zu verschaffen und ein Gefühl für die Forschung zu bekommen,
führten wir Hospitationen in den verschiedenen Unterkünften durch. Danach fand
innerhalb der gesamten Gruppe ein intensiver Austausch statt, woraus wiederum konkrete
Fragestellungen für die weitere Forschung entstanden. Auch wenn die Forscher*innen
nach dieser Theorie besonders offen an das zu erforschende Thema herangehen sollten,
ist es wichtig im Vorfeld sensibilisierende Konzepte zu bilden. Diese sollen klären, mit
welchen inneren Vorstellungen sie sich aufgrund eigener Lebenserfahrungen an die
Forschung annähern (hier: welche Konzepte haben die Forschenden zum Thema
Autonomie im Kopf?). Das Verfahren besteht nun aus mehreren Forschungsschritten. Als
erstes wird Datenmaterial erhoben. Dabei bilden die Interessenschwerpunkte der
Forschenden die Grundlage für die Analyse. Das Ziel der Forschung wird also nicht von
vornherein festgelegt, sondern ergibt sich aus dem bereits gesammelten Datenmaterial.
So befindet sich die Forschung in einem stetigen Entwicklungsprozess. Am Ende ergibt
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sich durch diese Vorgehensweise idealerweise eine systematische
gegenstandsorientierte Theorie (Breuer: 2010).
In der hier durchgeführten Studie bieten sich Expert*inneninterviews an, da besonders die
Sicht der Sozialarbeiter*innen in Bezug auf die Forschungsfrage relevant ist. Nach Meuser
und Nagel ist ein/e Expert*in, „wer über einen privilegierten Zugang zu Informationen über
Personengruppen oder Entscheidungsprozesse verfügt“ (Meuser/Nagel 1991: 443). Folgende
Auswertungsschritte werden diesbezüglich vorgeschlagen: Zunächst erfolgt die Durchführung
des Interviews mit anschließender Transkription. Im nächsten Schritt werden einzelne
Textpassagen mit Überschriften versehen. Hier werden die Kernaussagen der Expert*innen
zusammengefasst, wobei textnah gearbeitet und die Originalsprache der Expert*innen
verwendet wird. Die Überschriften der Interviews werden abgeglichen und die
übereinstimmenden Kategorien herausgestellt. Nun werden die einzelnen Textbausteine aller
Interviews diesen Überschriften zugeordnet. Das Ziel dabei ist es, die gemeinsamen bzw.
unterschiedlichen Aussagen der verschiedenen Interviews zu verdeutlichen. Anschließend
werden die Ergebnisse zusammengefasst (vgl. ebd.: 455ff.). Für die Auswertung dieser
Interviews ist die Vorgehensweise von Meuser und Nagel besonders geeignet.
Zugang zum Feld und Forschungsprozess
Der Feldzugang zu den drei Gemeinschaftsunterkünften erfolgte sowohl über einen Mitarbeiter
eines sozialen Trägers und Co-Leiter des Lehrendenprojektes „Professionsentwicklung in der
Sozialen Arbeit mit geflüchteten Menschen“ als auch über persönliche Kontakte einer
Teilnehmerin der Forschungsgruppe. Folgende Gemeinschaftsunterkünfte wurden beforscht:
Gemeinschaftsunterkunft I für unbegleitete minderjährige Geflüchtete:
Die Unterkunft in einem brandenburgischen Dorf ist von viel Natur umgeben und liegt
direkt an einem See. Die Umgebung ist ländlich und ruhig und hat viel Wald ringsumher.
Die Unterkunft verfügt über ein Gewächshaus, eine Schule im Aufbau, einen Sportraum
und Tischfußball. Es wohnen 30 minderjährige Geflüchtete in der Unterkunft, die jeweils
zu zweit ein Zimmer bewohnen und sich ein Badezimmer teilen. Sie haben außerdem
einen Aufenthaltstraum mit Klavier und Internet. Die Minderjährigen gehen täglich zur
Schule und lernen Deutsch. Sie kochen selbst und bekommen Taschengeld, das sie
sich einteilen. Eine Clearing-Stelle befindet sich im Aufbau.
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Gemeinschaftsunterkunft II
Das Wohnheim liegt zentral in einer ruhigen Seitenstraße im Herzen von Berlin. In der
Unterkunft leben bis zu 147 Geflüchtete, die von 5 Mitarbeiter*innen betreut werden.
Es sind eine Verwaltungskraft, eine Erzieherin und drei Sozialarbeiter. Zu den
Angeboten der Unterkunft für die Geflüchteten zählen das „Frauen- und Familiencafé“,
sowie unterschiedliche organisierte gemeinsame Aktivitäten wie Ausflüge und
Wohnheimfeste. Ein Kindergarten für die Kinder befindet sich direkt in der Unterkunft.
Die Bewohner*innen leben in Drei- und Vierbettzimmern, die mit einer kleinen
Küchenzeile ausgestattet sind. Es gibt eine große Gemeinschaftsküche und zwei
Waschräume mit Waschmaschinen und Wäschetrocknern. In jedem Stockwerk
befinden sich Gemeinschaftsbäder mit Duschen und Toiletten. Frauen und Familien
wohnen in zwei separaten Etagen. Das „Bewohner*innencafé“ mit Fernseher,
Tischtennisplatte und Kicker steht für Freizeitaktivitäten zur Verfügung. Zum Wohnheim
gehört außerdem ein großer Garten. Einkaufsmöglichkeiten und Haltestellen des
öffentlichen Nahverkehrs befinden sich in unmittelbarer Umgebung des Hauses.
Gemeinschaftsunterkunft III
Die Gemeinschaftsunterkunft befindet sich in einem ländlich gelegenen Stadtteil von
Potsdam. Durch die vorstädtische Lage ist die Infrastruktur bezüglich des öffentlichen
Nahverkehrs nur geringfügig ausgebaut. Die Unterkunft besteht aus weißen
Containerbauten, in denen insgesamt 200 Menschen leben können. In einem
Container wohnen sechs Menschen und verfügen dort über einen eigenen Duschraum
mit WC und einer Kochzeile, in der sie selbst kochen können. Die Unterkunft verfügt
außerdem über eine Kleiderkammer, Fahrradwerkstatt, Waschküche, einen Spielplatz
und eine Cafeteria, die als Aufenthaltsraum dient. Der Personenschlüssel liegt dort bei
1:60. Die dort Wohnenden haben durch ihren jeweils unterschiedlichen
Aufenthaltsstatus verschiedene Möglichkeiten der Alltagsgestaltung: So geht ein Teil
der Geflüchteten arbeiten, während andere Deutsch- und Integrationskurse besuchen.
Der Feldzugang erfolgte durch die Kontaktaufnahme mit den Sozialarbeiter*innen der
Unterkünfte per Telefon und Mail. Zunächst wurden Termine für die Hospitationen vereinbart,
die den ersten Schritt der Erhebung des Datenmaterials darstellten. Anschließend wurden die
Termine für die Expert*inneninterviews ausgemacht. Diese wurden dann von den drei
Kleingruppen mit jeweils einem Mitarbeitenden der jeweiligen Unterkunft durchgeführt.
Bei ihrer Forschung ging die Forschungsgruppe wie folgt vor: Als erstes erfolgte die
Unterteilung der Gruppe in drei Kleingruppen entsprechend den drei Unterkünften. Nach der
Durchführung der Hospitationen wurden Beobachtungsprotokolle verfasst und in der
Forschungsbericht „Autonomie in der Sozialen Arbeit mit geflüchteten Menschen“
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gesamten Gruppe ausgewertet. Die Analyse diente als Grundlage für die Kategorienbildung
des Interviewleitfadens. Anschließend erfolgte in der Gruppe die Entwicklung des Leitfadens.
Danach führten jeweils zwei Personen aus den Kleingruppen die Expert*inneninterviews in
den betreffenden Gemeinschaftsunterkünften. Im Folgenden wurden die Interviews
transkribiert. Die Auswertung und Codierung der Interviews erfolgte in Anlehnung an das
Verfahren von Meuser und Nagel (1991) in den Kleingruppen. Dazu hat die erste Kleingruppe
entsprechend des Gesprächsinhaltes zutreffende Kategorien, sogenannte Cluster, gebildet.
Diese wurden danach an die zweite Kleingruppe weitergegeben. Die zweite Kleingruppe hat
nun den Gesprächsinhalt ihres Interviews mit den gebildeten Clustern der ersten Kleingruppe
verglichen. Zutreffende Aussagen wurden den bereits bestehenden Clustern zugeordnet.
Ließen sich bestimmte Aussagen nicht die Cluster einsortieren, wurden wiederum neue
gebildet. Alle Cluster wurden anschließend an die dritte Kleingruppe weitergegeben, die
ebenso vorging. Danach erfolgte die weitere Auswertung in der gesamten Gruppe. Dazu
wurden die Interviewtranskriptionen auf verschiedenfarbigen Blättern ausgedruckt. Dann
wurden die Transkripte je nach Clusterüberschrift, sogenannte Hauptkategorien, zerschnitten.
Danach hat jede Kleingruppe ihre Textteile den zutreffenden Clustern zugeordnet. Jedes
Cluster enthielt nun thematisch sortiert mehrere Aussagen aus den verschiedenen Interviews.
Die einzelnen Cluster mit den jeweiligen Textbausteinen wurden dann in Anlehnung an die
Kategorien des Interviewleitfadens in drei große Themenblöcke, sogenannte Kernkategorien,
zusammengefasst. Für diejenigen Cluster, die sich nicht zuordnen ließen, wurde noch eine
neue Kategorie gebildet. Die Kernkategorien mit den jeweiligen Hauptkategorien wurden
anschließend interpretierend schriftlich zusammengefasst.
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3. Forschungsergebnisse
3.1. Gegebenheiten in den Unterkünften Paula Bach und Sophie Hupe
Die drei von der Gruppe beforschten Unterkünfte haben jeweils eine sehr verschiedene
räumliche Lage, was dementsprechend wiederum unterschiedliche Auswirkungen auf die
Autonomie der Geflüchteten hat. Aus pädagogischer Sicht ist die Lage der ersten Unterkunft,
in der unbegleitete minderjährige Geflüchtete leben, vorteilhaft, da die Bewohner*innen hier
einen ruhigen Rückzugsort haben, an dem sie wieder zu sich kommen und ihre belastenden
Erinnerungen von der Flucht zulassen und wahrnehmen können. Für die jungen Menschen ist
das ländliche Leben allerdings wenig attraktiv, da es sie mehr in die Städte zieht, wo es etwas
zu erleben gibt. Die Ablenkung führe allerdings dazu „innerlich auf der Flucht“ (I. Z. 74 f) zu
bleiben, erklärte der Sozialarbeiter. Er fasst zusammen: „Aus einer pädagogischen Sicht ist es
schön. Für die Jugendlichen ist es hochgradig kacke auf dem Dorf zu sein“ (I. Z. 89 f).
Die zentrale Lage der zweiten Unterkunft mitten in Berlin biete dagegen viele Angebote und
Freizeitmöglichkeiten für die Geflüchteten. Sie seien gut an den öffentlichen Nahverkehr
angebunden und es gebe viele Einkaufsmöglichkeiten, arabische Cafés, Sportangebote und
eine Moschee zum Beten in unmittelbarer Nähe. Dadurch seien die Bewohner*innen
unabhängig von der Unterkunft und könnten sich frei entfalten. Somit könnten sie „auf eigenen
Beinen stehen“ (II. Z. 21). Ein weiterer Vorteil an der Unterkunft ist, dass die Menschen
selbstständig kochen können, was positive Auswirkungen auf ihre sozialen Beziehungen habe,
da sie Freund*innen zum Essen einladen können.
Nachteile der Unterkunft sind wiederum die vorgegebenen Regeln vor Ort, die die Autonomie
des/der Einzelnen einschränken: Dazu gehört beispielsweise die festgeschriebene
Zimmeraufteilung. Es ist vorgegeben, dass sich drei Menschen ein Zimmer teilen müssen.
„Man hat zu wenig Privatleben in Wohnheimen. Das ist das größte Problem“ (II. Z.62), erklärt
der Sozialarbeiter. Durch diese Einschränkungen in der Privatsphäre der einzelnen Personen
kommt es häufig zu Schwierigkeiten. „Deswegen ist Selbstbestimmung sehr, sehr begrenzt
oder eingeschränkt“ (II. Z. 66) führt er weiterhin aus. Dies betrifft vor allem den Lebensalltag
der Menschen. Ein Beispiel dafür ist das Schnarchen einiger Bewohner*innen. Ein weiteres
Beispiel sind unterschiedliche Essgewohnheiten. Eine Person isst gern Zwiebeln oder
Knoblauch, wodurch andere sich durch die Gerüche gestört fühlen können. Oder jemand trinkt
Alkohol, während der andere betet. Dies scheinen erst einmal Kleinigkeiten zu sein, wirken
sich aber auf den Lebensalltag der Menschen gravierend aus: „Jeden Tag kommen drei
irgendsolche Kleinigkeiten. Man möchte Ruhe haben. Man kommt nicht zur Ruhe. Das ist das
Problem“ (II. Z. 73 ff).
Forschungsbericht „Autonomie in der Sozialen Arbeit mit geflüchteten Menschen“
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Die dritte Unterkunft, die ähnlich wie die erste Unterkunft eher ländlich gelegen ist, ist schlecht
an den öffentlichen Nahverkehr angebunden. Busse fahren nur selten und ab den
Abendstunden gar nicht mehr. Das bedeutet für die Bewohner*innen, dass sie in ihrer Mobilität
eingeschränkt sind. Gerade für Familien mit Kindern, die einen Kitaplatz am anderen Ende der
Stadt haben, ist das eine große Belastung. Sie fühlen sich dann „schon manchmal
benachteiligt“ (III. Z. 63) gegenüber Familien, die in der Innenstadt leben.
Ein weiteres Problem ist die sehr schlechte Internetverbindung in der Unterkunft, die für die
Bewohner*innen jedoch extrem wichtig ist, um an Informationen zu kommen und vor allem
Kontakt zu ihren Angehörigen zu halten.
Positiv an der ländlichen Lage ist wiederum, dass es genug Platz gibt, um die
Containereinheiten zu errichten und die Bewohner*innen dadurch wie in einer Wohnung mit
Küche, Dusche und Bad leben können.
Betrachtet man in den verschiedenen Unterkünften die Betreuerschlüssel, ergibt sich
folgendes Bild: In der Unterkunft I, in der mit unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten
gearbeitet wird, beträgt der Schlüssel ca. 1:2. Im Vergleich zu den anderen Unterkünften
erscheint dies zwar relativ hoch, ist aber auf Grund der komplexen Herausforderungen im
Lebensalltag der Jugendlichen dennoch gering. In der zweiten Unterkunft beträgt der
Personalschlüssel wiederum 1:60. In Unterkunft III beträgt der Personalschlüssel ebenfalls
1:60, was angesichts der schwierigen Lebenssituation der Geflüchteten viel zu gering ist, da
die individuellen Lebenslagen einen erhöhten Unterstützungsbedarf erfordern.
Aus den Interviews ergeben sich verschiedene Ressourcen in den Unterkünften. In der ersten
Unterkunft liegen die Ressourcen vor allem in der Teamarbeit, in den räumlichen
Gegebenheiten wie z.B. die ruhige Lage am See, der angegliederten Schule sowie der
Doppelzimmerbelegung mit eigenem Bad und in der Unterstützung durch die Gemeinde.
Sowohl in der zweiten als auch in der dritten Unterkunft liegt eine große Ressource in den
jeweils vorhandenen mehrsprachigen Teams. Durch die verschiedenen Sprachen kann eine
bessere Kommunikation mit den Bewohner*innen erfolgen und angemessen auf ihre
Bedürfnisse eingegangen werden. In der dritten Unterkunft wurde darüber hinaus vor allem
das Engagement der Mitarbeitenden als besonders positiv hervorgehoben. Dies zeigt sich vor
allem in einem freiwilligen Einsatz der Mitarbeiter*innen, die selbst die Löcher gruben, um die
Kabel für eine bessere Internetverbindung zu verlegen. Ein weiterer positiver Aspekt ist, dass
sich viele Bewohner*innen gut kennen und es nach Aussage des Sozialarbeiters keine
Konflikte unter ihnen gebe.
Das Ankommen der Geflüchteten in den jeweiligen Unterkünften gestaltet sich unterschiedlich.
Während es in Unterkunft I und II eine Eingewöhnungsphase gibt, sind die Bewohner*innen in
der Unterkunft III relativ schnell auf sich allein gestellt. Dort gibt es kein spezielles
Eingewöhnungsprogramm. Den Bewohner*innen werden im Vergleich zu den anderen beiden
Forschungsbericht „Autonomie in der Sozialen Arbeit mit geflüchteten Menschen“
17
Unterkünften in den ersten Tagen lediglich die Regeln der Unterkunft erklärt. Zu der
Eingewöhnungsphase in der ersten Unterkunft gehört es, dass die Jugendlichen willkommen
geheißen werden, ihr Zimmer beziehen können und den bürokratischen Ablauf erklärt
bekommen. Dabei werden sie zunächst intensiv von den Betreuer*innen begleitet und
unterstützt. Mit der Zeit werden die Jugendlichen mehr in die eigene Verantwortung
genommen. Dabei wird darauf geachtet „immer wieder individuell [zu]gucken, wozu sind sie
schon in der Lage, was können sie mehr, was können sie weniger“ (I. Z. 17 ff). Dies ähnelt
dem Vorgehen in Unterkunft III, in der bei der Zimmerbelegung darauf geachtet wird, dass die
Bewohner*innen je nach ihrem Herkunftsland und Geschlecht einen Container beziehen.
Familien werden gemeinsam in einem Container untergebracht. Personen, die neu in die
Unterkunft kommen, erhalten eine Erstausstattung, bestehend aus Handtüchern, Bettdecke
und Bettwäsche, Geschirr, Zahnbürste und Zahnpasta. Darüber hinaus werden ihnen wie in
Unterkunft I der bürokratische Ablauf erklärt und es werden Termine mit dem Sozialamt und
dem Bürgerservice vereinbart. Dabei wird stets darauf geachtet, wie eigenständig eine Person
diese Aufgaben selbst erledigen kann oder wie viel Unterstützung sie durch die
Sozialarbeiter*innen benötigt. Übereinstimmend lässt sich in allen drei Unterkünften
feststellen, dass der Wunsch nach mehr Personal und Zeit mit den Geflüchteten besteht.
Auch wenn in Unterkunft I ein vergleichsweise hoher Betreuerschlüssel vorliegt, können die
Sozialarbeiter*innen bei individuellen Krisen trotzdem nur bedingt auf die Bedürfnisse der
Jugendlichen eingehen. Solche Krisen können beispielsweise durch Ablehnungsbescheide
ausgelöst werden. Außerdem besteht der Wunsch nach einer gesicherten Finanzierung. In
Unterkunft II besteht weiterhin der Wunsch, dass die Bewohner*innen maximal ein Jahr in der
Unterkunft bleiben müssen und danach in eine eigene Wohnung ziehen können. Der
Sozialarbeiter wünscht sich außerdem, „dass sie glücklich werden in diesem Land“ (II. Z.427).
So wäre es erstrebenswert, dass Deutschland ihr zweites Heimatland wird. Auch in Unterkunft
III steht der Wunsch nach mehr Zeit mit den Geflüchteten im Vordergrund. Dies bezieht sich
vor allem auf gemeinsame Aktivitäten wie z.B. Theaterbesuche, Stadtspaziergänge und
Nachmittagstreffs außerhalb der Einrichtung. Auch der Austausch über die verschiedenen
Werte des jeweiligen Heimatlandes im Vergleich zu Deutschland findet der Sozialarbeiter
wichtig, denn die Kultur und Werte Deutschlands kennenzulernen, betrachtet er als
existenziellen Bestandteil von gelingender Integration.
Forschungsbericht „Autonomie in der Sozialen Arbeit mit geflüchteten Menschen“
18
3.2 Kompetenzen, emotionale Grenzen sowie Fort-und Weiterbildungen der
Sozialarbeiter*innen
Stephanie Baumann, Salome Bukia und Darya Uthe
Kompetenzen der Sozialarbeiter*innen
In der Arbeit mit Geflüchteten werden von den Sozialarbeiter*innen viele Kompetenzen
gefordert. Auf die Frage, welche Kompetenzen in der Arbeit vor allem nötig seien, wurden
verschiedene Fähigkeiten genannt. Der Sozialarbeiter der Unterkunft I betont, wie wichtig es
ihm für die Arbeit ist, „fachfremd einzustellen“ (I. Z. 267), denn „[d]ieser breite Fächer an
Kompetenzen und Fähigkeiten, das macht das Team erst wirklich reich“ (I. Z. 271f). Er sieht,
dass sich die Kolleg*innen durch unterschiedliche fachliche Blickwinkel unterstützen können
und „sich die blinden Flecken gegenseitig aufheben“ (I. Z. 264ff). So hat er Mitarbeiter*innen,
die aus verschiedenen Bereichen zur Arbeit mit geflüchteten Menschen gekommen sind, zum
Beispiel Afrika-Wissenschaftler*innen, Germanist*innen mit Schwerpunkt Sprachförderung,
oder Altenpfleger*innen. Diese Vielfalt an Berufserfahrungen ermöglicht eine Arbeit, die nicht
nur einseitig auf die Bedürfnisse der Geflüchteten schaut, sondern die Tätigkeit überhaupt
erst möglich macht.
Empathie, die Einhaltung der persönlichen Grenzen und der Selbstschutz nennt er weiter als
wichtige Kompetenzen bei der Arbeit, denn „[a]nsonsten gehe ich kaputt“ (I. Z. 280f). Die
Arbeit ist nur langfristig möglich, wenn die Sozialarbeiter*innen ihre persönlichen Grenzen
kennen und diese auch wahren. Er betont, dass es wichtig ist, Mechanismen und
Handlungsmöglichkeiten zu kennen, die dafür sorgen, Privates und Berufliches zu trennen (I.
Z. 278ff). Auch in Unterkunft II betont der Befragte, dass die gesunde Distanz der
Sozialarbeiter*innen sehr wichtig für die Arbeit ist: „Sobald man die Probleme zu seinen
eigenen Problemen macht, gibt es keine gesunde Distanz mehr. […] Dann wird es
schwierig“ (II. Z. 215f). Der Sozialarbeiter II betont, dass die Aufgabe der Sozialen Arbeit vor
allem darin liegt, auf Institutionen zu verweisen und Wege dorthin aufzuzeigen. Die
Geflüchteten sollen nicht das Gefühl bekommen, dass sie gar nichts machen müssen und
ihnen alle Aufgaben von den Sozialarbeiter*innen abgenommen werden. Das eigene Lernen
ist wichtig, um selbstständig zu werden. Laut dem Befragten passiert das durch die Ressour-
cenaktivierung der Geflüchteten: „Die Menschen haben viele Ressourcen. Sie verstehen mehr
als wir denken und sie wissen schnell, was man wofür braucht“ (II. Z. 181f). Es ist für die
Sozialarbeiter*innen wichtig zu wissen wie man diese Ressourcen aktivieren kann und dabei
nicht zum ständigen Begleiter zu werden, da dies die Selbstständigkeit nicht fördern kann.
Außerdem werden so Erwartungen bei den Geflüchteten geschürt, die auf lange Sicht nicht
erfüllt werden können und die ihrer eigenen Selbstständigkeit nicht förderlich ist (II. Z. 181ff).
Forschungsbericht „Autonomie in der Sozialen Arbeit mit geflüchteten Menschen“
19
Der Sozialarbeiter der Unterkunft II meint, dass bei allen Tätigkeiten immer der Respekt
gegenüber den Geflüchteten ausschlaggebend für eine Arbeit auf Augenhöhe ist (II. Z. 185f).
Dabei benennt er vor allem den adäquaten Umgang mit den Bewohner*innen der Unterkunft.
In der Arbeit versucht er immer richtige Worte zu finden, die helfen können, dass die
Menschen sich öffnen. Das klappt nicht immer, besonders, wenn „jemand durch die Blume
redet“ (II. Z. 272ff). Für ihn ist es wichtig, dass Dinge direkt angesprochen werden, um
Missverständnisse zu vermeiden. Als weiteres Beispiel benennt er Umgangsformen im Haus.
Beim Klopfen an die Zimmertür von Frauen wartet er noch einen Moment länger, bevor er die
Tür öffnet, damit die Frauen ihr Kopftuch anlegen können. Es wird Wert darauf gelegt, die
verschiedenen Religionen und Kulturen zu akzeptieren (II. Z. 288f).
Auf die Frage, welche Kompetenzen die Sozialarbeiter für die Arbeit in der Unterkunft
brauchen, nennt der Sozialarbeiter der Unterkunft III drei Dinge: „Man muss wirklich ein
Mensch sein und ein Herz haben für solche Sachen. Man muss geduldig sein“ (III. Z. 438).
Außerdem meint er, dass die Angestellten sich mit der Bürokratie in Deutschland
auseinandergesetzt haben sollten, was für einige Sozialarbeiter*innen eine Hürde darstellt
und sie „dann auch nicht weiterkommen“ (III. Z. 440f). Für die Sozialarbeiter*innen ist es
ebenso wichtig, über aktuelle welt- und innenpolitische Geschehnisse informiert zu sein, wie
einen Überblick über die Struktur des Sozialsystems zu haben.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Anforderungen an die Sozialarbeiter*innen sehr
vielfältig sind und auch unterschiedliche fachliche Blickwinkel benötigt werden. Das kann
durch ein breites Fachwissen der Mitarbeiter*innen erzielt werden. Dabei ist es nötig, dass sie
Empathie für die Menschen, mit denen sie arbeiten, zeigen und aber auch in der Lage sind,
sich von Gehörtem abzugrenzen, um sich selbst zu schützen und Privates von Beruflichem
trennen zu können. Dies sind hohe Anforderungen an die Kompetenzen der
Sozialarbeiter*innen, die in ihrer täglichen Arbeit diesen Balanceakt leisten müssen und dabei
immer wieder mit ihren eigenen Grenzen konfrontiert werden.
Forschungsbericht „Autonomie in der Sozialen Arbeit mit geflüchteten Menschen“
20
Emotionale Grenzen der Sozialarbeiter*innen
Der Sozialarbeiter der Unterkunft I für minderjährige Geflüchtete stellt heraus, dass die
eigenen Grenzen bei der Arbeit mit den Jugendlichen sehr deutlich werden. Er zeigt das
Beispiel eines pakistanischen Jungen auf:
„Wir haben natürlich einige Jugendliche gehabt, die direkt mit ihrer Volljährigkeit gesagt
haben, ich mache die Kinder-und Jugendhilfe nicht weiter, ich gehe lieber ins
Übergangswohnheim, weil ich da mehr Geld kriege. Einer davon war ein pakistanischer
Junge, der unter Tränen hier gesagt hat, dass er trotzdem ausziehen wird und ich ihm alles
nochmal aufzeigte, was wir mit ihm gemeinsam machen können, wo wir unterstützen
können, dass wir bessere Möglichkeiten haben, ihn für sein eigenes Leben in die Spur zu
kriegen. Er hat die Hilfe unter Tränen trotzdem abgebrochen, weil er durch seine Familie
Zuhause dermaßen unter Druck gesetzt wurde, Geld darunter zu schicken, dass er die Hilfe
abgebrochen hat. Ihm war klar, dass er nicht wirklich allein weiterkommt, dass er, wenn er
seinen eigenen Lebensweg im Blick hat, bei uns schon ganz gut aufgehoben ist. Aber der
Druck von außen so stark war, dass er trotzdem den Cut gemacht hat und ins
Übergangswohnheim gegangen ist. Und wir sehen natürlich schon, dass es verdammt
schwer für einige Jugendliche wird“ (I. Z. 219ff).
In der Unterkunft I liegt der Fokus der Arbeit auf der Entwicklung der Jugendlichen. Verlassen
sie diesen geschützten Ort „müssen sie erwachsen sein, von einem Tag auf den nächsten.
Das ist natürlich schwer zu leisten“ (I. Z. 244). Der Druck der Familien von außen lässt die
Jugendlichen aber zum Teil keine Entscheidungen nur für sich selbst, sondern für das Wohl
der ganzen Familie treffen, der sie Geld schicken.
Der Sozialarbeiter führt weiter aus, dass die Mitarbeiter*innen die Stimmungen unter den
Jugendlichen natürlich mitbekommen und auch mittragen: „Manchmal haben die Kollegen das
Gefühl, sie müssen immer aktiv sein. Sie müssen immer in einer aktiv gestaltenden Rolle sein“
(I. Z. 291). Wenn sie merken, dass sie das nicht immer leisten können, führt die Situation zu
Frust, da sie ihrem eigenen Anspruch nicht gerecht werden können. Es gibt Situationen, die
von den Sozialarbeiter*innen nicht geändert werden können. So müssen sie diese Situationen
aushalten und damit zurechtkommen.
Der Sozialarbeiter der zweiten Unterkunft erzählt, dass es schwer fällt bei den persönlichen
Geschichten der Geflüchteten nicht weitergehend helfen zu können, z.B. Geld zu sammeln
um Kinder aus Kriegsgebieten nach Deutschland nachholen zu können. Die Abgrenzung als
Mitarbeiter*in zum eigenen Schutz sei sehr wichtig, aber nicht immer einfach zu
bewerkstelligen. Hier verschwimmen Grenzen zwischen dem nötigen Selbstschutz der
Sozialarbeiter*innen, die nicht alle Geflüchteten so unterstützen können, wie es nötig wäre,
und den Grenzen, die der soziale Träger setzt. So erzählt der Sozialarbeiter, dass es vom
Forschungsbericht „Autonomie in der Sozialen Arbeit mit geflüchteten Menschen“
21
Träger verboten ist, Geld zu geben, um z.B. Kinder aus dem Ausland nach Deutschland
nachzuholen. In dem von ihm angeführten Beispiel fand sich „eine warmherzige Dame der
Kirche“ (II. Z. 242), die bereit war, die Kosten zu übernehmen. Er führt weiter aus, dass er im
privaten Leben nicht so einfach die Problematik der Geflüchteten vergessen kann und dass
es schmerzhaft ist, z.B. beim privaten Grillen mit Freunden daran zu denken, dass die
Geflüchteten für solche Aktivitäten wahrscheinlich kein Geld haben (II. Z. 245). Die eigenen
privaten Probleme erscheinen auf einmal ganz klein (II. Z. 253), da die Sozialarbeiter*innen
bei der Arbeit viel mit dem erlebten Leid der Geflüchteten konfrontiert werden.
Der Sozialarbeiter der Unterkunft III erzählt, dass das Zuhören zum Arbeitsalltag der
Mitarbeiter*innen gehört. Die geflüchteten Menschen geben sogar visuelle Eindrücke durch
Videos aus ihrer Stadt, in der Leid und Tod zu sehen sind. Ist dieses Land von Deutschland
als sicheres Herkunftsland klassifiziert und Geflüchtete werden dorthin zurück abgeschoben,
sind die Mitarbeiter*innen oft überfordert: „Und dann weiß man nicht, was man mit denen
machen kann. Nur sprechen, das machen wir. Aber wie die Menschen sich fühlen, wenn sie
in ihren eigenen vier Wänden sind, das kann ich jetzt schlecht beurteilen“ (III. Z. 460ff).
Besonders in solchen Situationen kommen die Angestellten an ihre emotionalen Grenzen:
„Also manchmal bin ich echt genervt, manchmal bin ich aber auch so emotional, dass ich die
Tür zu mache und anfange zu weinen“ (III. Z. 264f).
Das Thema der Abschiebung wurde in allen drei Interviews von den Befragten angesprochen,
ohne, dass es von den Studierenden zum Thema gemacht wurde. Die Interviewten kamen alle
von sich auf diesen Aspekt der Arbeit mit Geflüchteten zu sprechen, was die Aktualität dieses
Themas verdeutlicht. So sei „das Asylgesetz das Asylgesetz“ (I. Z. 133) und somit der
strukturelle Rahmen der Arbeit festgelegt. Manchmal könne man gegen eine Abschiebung
etwas machen, aber „bei dem Dublinverfahren hat man keine Chance“ (III. Z. 400). Eine
Abschiebung wird als „heftig“ (III. Z. 540) beschrieben und es wird von Sekundär-
traumatisierung gesprochen. Ein Mitarbeiter, der einen Jugendlichen schon anderthalb Jahre
betreut, kann bei dessen Abschiebung eine Traumatisierung erleben (I. Z. 134). Diese
Ereignisse werden als „harte Grenzen“ (I. Z. 141) erlebt, mit denen sich stark auseinander-
gesetzt werden muss. Auch im Interview II wird die Abschiebung als ein schwieriges Thema
benannt: „Ich kann nicht bei Abschiebung helfen. Da wird’s schwierig. Da kann man nichts
machen. Da ist keine Möglichkeit“ (II. Z. 236f).
Es wird bei allen Befragten deutlich, dass eine Abschiebung eine große emotionale Belastung
auch für die Sozialarbeiter*innen darstellen kann und dass das Gefühl der Hilflosigkeit
schwierig zu ertragen ist.
Forschungsbericht „Autonomie in der Sozialen Arbeit mit geflüchteten Menschen“
22
Fort- und Weiterbildungen, Beratungs- und Supervisionsangebote für die Sozialarbeiter*innen
Um die aufgezeigte emotionale Belastung auszuhalten und auszugleichen und eine qualitativ
hochwertige Arbeit zu leisten, ist es wichtig, den Sozialarbeiter*innen Fort- und Weiterbil-
dungen und Beratungs- und Supervisionsangebote anzubieten.
In der Unterkunft I für geflüchtete Jugendliche nehmen diese Angebote einen hohen
Stellenwert ein. Das sieht man daran, dass diese Unterkunft in der kompletten Kinder- und
Jugendhilfe die meisten Fortbildungstage bei ihrem Träger hat und darüber hinaus auch viele
Angebote außerhalb des Trägers wahrnimmt. Die Mitarbeiter*innen der Unterkunft besuchen
ständig Weiterbildungen zu verschiedensten Themen, wie die Grundlagen der Mediation,
personenzentrierte Beratung, Deeskalation von Konfliktsituationen und die Partizipation im
Hilfeplangespräch. Der Sozialarbeiter empfiehlt den Kolleg*innen auch verschiedene Fach-
tage zu besuchen, zu Themen Grundlagen des SGB VIII und Trauma (I. Z. 307ff). Die
Mitarbeiter*innen haben die Möglichkeit an einer Supervision mit Konzentration auf Trauma-
pädagogik teilzunehmen (I. Z. 312). Es wird ebenso eine anonyme Supervision im Vieraugen-
Gespräch angeboten. Das soll den Mitarbeiter*innen helfen, die Angst abzubauen, dass
jemand über ihre Probleme am Arbeitsplatz Bescheid weiß (I. Z. 311f). Dem Leiter der
Unterkunft I ist es sehr wichtig seine Kolleg*innen vor allem bezüglich der Burnout-Prävention
verschiedene Angebote zu machen:
„[…] Dafür finde ich es wichtig, weil ich eine Fürsorgepflicht meinen Angestellten gegenüber
habe. Da muss ich die verschiedenen Möglichkeiten, letztendlich wie bei den Jugendlichen
auch, schaffen. Wie du es schon sagst, einen Blumenstrauß an Möglichkeiten schaffen und
jedes Individuum muss gucken, welche Möglichkeiten für mich die richtige ist." (I. Z. 330ff)
Die Fülle des Supervisions- und Beratungsangebotes in seiner Unterkunft erklärt er
folgendermaßen: "Wer mit sich selbst nicht sauber ist, kann mit anderen nicht sauber sein.
Und da gehen wir auch präventiv an die Arbeit" (I. Z. 339f). In der zweiten Unterkunft gibt es
verschiedene Angebote für die Mitarbeiter*innen, z.B. Fortbildungen zum Thema
Verhandlungsmethode, systemische Beratung, offene und personenbezogene Beratung.
Außerdem interessiert der befragte Sozialarbeiter sich für Seminare zum Thema
Konfliktmanagement, Deeskalation und Selbstschutz (II. Z. 295ff). Der Sozialarbeiter der
dritten Unterkunft erzählt, dass den Mitarbeiter*innen für Fortbildungen fünf Tage im Jahr
vorgesehen sind. Die Angebote kann sich jede/r Mitarbeiter*in selbst aussuchen. Vom
interviewten Sozialarbeiter wurden schon einige Fortbildungen zum Thema Integrationspolitik
besucht, wobei der Fokus dieser Seminare besonders auf Themen wie Gesetze und
Abschiebungen liegt (III. Z. 506ff). Einmal im Monat wird den Angestellten eine Beratung in
Form einer Supervision angeboten. Der Interviewte bewertet das positiv: "Dieser Austausch
untereinander tut den Menschen gut“ (III. Z. 541ff). Das Thema der Fort- und Weiterbildungen
Forschungsbericht „Autonomie in der Sozialen Arbeit mit geflüchteten Menschen“
23
und Beratungs- und Supervisionsangebote wird in den Unterkünften verschieden gehandhabt.
Es fiel auf, dass das Thema dem Leiter der ersten Unterkunft sehr wichtig ist und er sehr
bemüht ist, seinen Kolleg*innen viele Angebote machen zu können. Er sieht darin einen
großen Nutzen für die Qualität der Arbeit. Auch in Unterkunft II und III gibt es verschiedene
Angebote, deren Inhalte sich positiv auf die Arbeit der Sozialarbeiter*innen auswirken können.
Dabei fiel auf, dass es meist aber nur fünf Tage im Jahr sind und die Arbeit an sich im
Vordergrund steht.
Beim Thema der Kompetenzen der Mitarbeiter*innen wurde von allen befragten Sozialar-
beiter*innen unabhängig voneinander angesprochen, dass wichtige Fähigkeiten und Kennt-
nisse vor allem während der praktischen Arbeit und nicht nur in der Theorie gewonnen werden
können. So betonte der Befragte der Unterkunft II, dass die Kenntnisse, die man während des
Studiums bekommt, nicht ausreichend seien. Viele Sachen würden im Arbeitsprozess ganz
anders verlaufen: "Was man von Uni gelernt hat, das reicht nicht. Hier ist [es] ganz anders.
Viele Sachen funktionieren ganz anders" (II. Z. 291f.). Der Befragte der Unterkunft III
formulierte den Umstand folgendermaßen: “[…] man lernt mit der Zeit. Bei Person eins macht
man das einmal durch und dann weiß man, wie das nächstes Mal funktioniert und das hat kein
Ende an Aufgaben, diese sozialarbeiterische Tätigkeit bei den Geflüchteten” (III. Z. 441ff). Der
Sozialarbeiter der Unterkunft I betont, dass kein Mensch alle geforderten Kompetenzen haben
könne, sondern dass die Arbeit im Team sehr wichtig sei. Er meint auch, dass die
Sozialarbeiter*innen sich nicht nur auf Theorien stützen sollten und somit verkopft an die
Aufgaben herangehen, da sonst die Arbeit mit ihnen nicht leicht möglich sei (I. Z. 261ff).
Forschungsbericht „Autonomie in der Sozialen Arbeit mit geflüchteten Menschen“
24
3.3 Autonomievoraussetzungen Paula Bach, Sophie Hupe und Anastassiya Shilova
Autonomie und Grenzen durch den Staat
Betrachtet man die Voraussetzungen für die Autonomie, so geht es in der Unterkunft I, die mit
unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten arbeitet, hauptsächlich um die „Balance der
Nachreife“ (I. Z. 187). Dies bedeutet, dass die Jugendlichen während der Flucht ein sehr
großes Maß an Autonomie zeigen mussten, da sie oft auf Grund der extremen
Herausforderungen die Rollen von Erwachsenen einnehmen mussten. Sie waren gezwungen,
selbstständig zu agieren, so dass sie „sich selbst in ihren Entwicklungsstufen überholt haben“
(I. Z. 191). Nun, in dem geschützten Rahmen der Einrichtung, holen sie bestimmte kindliche
Verhaltensweisen nach. Für die Sozialarbeitenden ist es wichtig, die Balance zwischen dem
kindlichen Sein und der Verantwortungsübertragung zu finden. Voraussetzung für die
Autonomie ist es also, dass den Jugendlichen ein Raum geboten wird, in dem sie zum einen
Kind sein dürfen, zum anderen aber auch Aufgaben und Verantwortung für sich selbst
übernehmen lernen.
Betrachtet man die Autonomievoraussetzungen in der dritten Unterkunft, stellt sich heraus,
dass alle Geflüchteten grundsätzlich in den ersten Tagen durch die Sozialarbeitenden zu
Terminen, z.B. bei Ämtern und Behörden begleitet werden. Dabei lernen sie die Personen
kennen und können sich ein Bild darüber machen, wie selbstständig sie bereits agieren
können. Wenn nun die Autonomiemöglichkeiten der Menschen als hoch eingeschätzt werden
beispielsweise weil sie über gute Englischkenntnisse verfügen, dann greifen die
Sozialarbeitenden künftig weniger in deren Lebensalltag und Terminplanungen ein, so dass
sie sich selbstständig organisieren können. Bei konkretem Hilfebedarf stehen sie natürlich
unterstützend zur Verfügung. Die Hilfe zur Selbsthilfe stellt hier ein Grundverständnis von
Sozialer Arbeit dar. Um wirklich autonom handeln zu können, braucht es aber vor allem die
Eigenmotivation der geflüchteten Menschen. Erst dann können sie ein selbstbestimmtes
Leben führen. So formuliert der Sozialarbeiter III der Unterkunft ganz deutlich: „Wenn ihr Hilfe
braucht, dann unterstütze ich euch, aber ihr müsst erst mal versuchen, euch selbst zu helfen.
Wenn ihr das nicht wollt, dann klappt das auch nicht. Dann kann ich auch nicht mehr helfen“
(III. Z. 372 ff). Außerdem gibt es noch weitere Faktoren, die die Autonomiemöglichkeiten der
Geflüchteten fördern: Sprache, schulische Ausbildung und berufliche Qualifikation bzw.
Studium. So nennt der Sozialarbeiter vor Ort das Erlernen der deutschen Sprache als
Grundvoraussetzung, um autonom handeln und sich in Deutschland integrieren zu können.
Diesbezüglich führt er an: „wenn man die Sprache kann […] also da sind alle selbstständig
und führen alle ein selbstbestimmtes Leben“ (III. Z. 101f). Eine ebenso wichtige Autonomie-
voraussetzung stellt für ihn die Bildung dar. So sagt er: „Bildung ist das A und O. Ich glaube,
Forschungsbericht „Autonomie in der Sozialen Arbeit mit geflüchteten Menschen“
25
das hängt alles davon ab. Von Bildung“ (III. Z. 343 ff). Zusammenfassend lässt sich also
feststellen, dass vor allem der eigene persönliche Antrieb der Geflüchteten die Grundvoraus-
setzung für ein selbstbestimmtes Leben in Deutschland ist. Genauso wichtig ist das Hauptziel
der Sozialen Arbeit, Hilfe zur Selbsthilfe durch die Sozialarbeitenden zu leisten. Sprache und
Bildung sind weitere wichtige Voraussetzungen, um autonom handeln zu können.
Die Sozialarbeiter*innen müssen sich in ihrer Arbeit nach den Gesetzen des Staates richten.
Dies betrifft nicht nur die asyl- und aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen in der Arbeit mit den
Geflüchteten, sondern auch die staatlichen Rahmenbedingungen bezüglich der Hilfen für die
Geflüchteten und damit der eigenen Möglichkeiten professionellen Handelns. In der ersten
Unterkunft fühlen sich die Sozialarbeitenden durch die starren bürokratischen Strukturen
eingeschränkt. Als Beispiel nennt der Sozialarbeiter I die Schule, die zur Unterkunft gehört.
Die Änderungen, die dort leicht vorgenommen werden könnten, sind schwer umsetzbar, da
die gesetzlichen Vorgaben es verhindern. In der zweiten Unterkunft fühlen sich die
Sozialarbeitenden durch die personelle Unterbesetzung in ihrer Arbeit eingeschränkt. Gern
würde man mehr Sozialarbeiter*innen einstellen, um eine bessere Betreuung der Geflüchteten
gewährleisten zu können. Dazu fehlen jedoch die finanziellen Mittel. Des Weiteren kritisieren
sie die gesetzlichen Rahmenbestimmungen, die z.B. vorschreiben, wie viel Quadratmeter den
Bewohner*innen pro Zimmer in der Unterkunft zustehen. Durch diese Vorschriften sei es den
Sozialarbeitenden nicht möglich, den Geflüchteten Einzel- oder Doppelzimmer zur Verfügung
zu stellen. Weiterhin kritisieren sie, dass sie die Geflüchteten nicht vor Abschiebungen warnen
dürften und dass sie dagegen wenig tun könnten. Es klingt ein gewisses Ohnmachtsgefühl
aus ihren Ausführungen heraus: „Und da können wir nix machen […] für uns ist das sehr, sehr
traurig“ (II. Z 142 f). Auch in der dritten Unterkunft werden die gesetzlichen Rahmenbe-
dingungen stark kritisiert. So findet der Sozialarbeiter vor Ort das neue Integrationsgesetz, das
die Familienzusammenführung für Menschen, die subsidiären Schutz erhalten, unmöglich
mache, äußerst problematisch. Außerdem unterliegen die Sozialarbeitenden in ihrer Arbeit
bestimmten Gesetzen, wie dem Dublin-Verfahren. Dies bedeutet, dass sie tatenlos dabei
zusehen müssen, wenn Geflüchtete im Zuge dieses Verfahrens an die Außengrenzen
zurückgeschickt werden. Die Sozialarbeitenden stehen diesen Situationen also machtlos
gegenüber. Betrachtet man beispielsweise Geflüchtete aus Afghanistan, lässt sich feststellen,
dass viele Menschen trotz prekärer Kriegszustände vor Ort von der Bundesregierung dorthin
abgeschoben werden. Diese Abschiebungen erfolgen, obwohl dieses Land bisher offiziell nicht
als sicheres Herkunftsland eingestuft worden sei.1 So erläutert der Sozialarbeiter in der dritten
1 Das Interview erfolgte am 12.05.17. Aktuell finden trotz der kritschen Lage in Afghanistan, die für viele
Menschen ein sicheres Leben unmöglich machen, Abschiebungen statt, da einige Teile des Landes aus Sicht
der Bundesregierung Deutschland als sicher eingestuft werden. Einige Bundesländer Deutschlands haben
jedoch aufgrund dieser prekären Zustände Abschiebestopps nach Afghanistan veranlasst.
Forschungsbericht „Autonomie in der Sozialen Arbeit mit geflüchteten Menschen“
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Unterkunft: „Und man weiß genau, dort passieren diese Sachen, aber wiederum sagt unser
Staat: 'Nee, da ist es sicher. Die Menschen können zurück' - und die Menschen wissen, dass
sie zurück müssen, da sind wir halt ziemlich überfordert“ (III. Z 497 ff). In allen drei Unterkünften
wird deutlich, dass die asylgesetzlichen Bestimmungen in der Arbeit mit geflüchteten
Menschen massive Grenzen setzen. Die Sozialarbeitenden prangern diese Gesetzgebung an:
„Also ein Gesetzgeber, der kennt das nicht. Der sitzt in seinem Büro und denkt sich etwas aus
und stimmt sich ab und dann gibt es ein Gesetz. Das ist etwas anderes als der Sozialarbeiter,
der arbeitet und an der Front sitzt und weiß, wie es den Menschen dadurch geht“ (III. Z.412
ff). Aus Sicht der Geflüchteten stellt dies einen gewaltigen Einschnitt in ihre Autonomie dar: sie
dürfen ihre Familien nicht nachholen, es wird über ihren Aufenthaltsort bestimmt, sie verfügen
nur über eine geringe Privatsphäre und sind je nach Herkunftsland von ständiger und
unvorhersehbarer Abschiebung bedroht. Diese Zustände wirken sich wiederum oftmals
negativ auf die physische und psychische Gesundheit der Menschen aus: „Also wir zwingen
sie. Mit 'Wir' meine ich den Gesetzgeber Deutschland. Wir zwingen die Menschen dazu, dass
sie zu dem werden, was wir eigentlich nicht wollen“ (III. Z. 675 ff). Autonomie braucht also vor
allem eine menschenwürdige Gesetzgebung.
Hinsichtlich der Partizipation lässt sich in der ersten Unterkunft ein hohes Maß an
Selbstbeteiligung der Jugendlichen feststellen. So ist es ihnen möglich, die Raumgestaltung
mitzubestimmen, Zutrittsregeln für die Wohnräume festzulegen, die Tages- und Wochen-
struktur mitzuplanen und sich an der Wochenendgestaltung zu beteiligen. Außerdem können
sie ihre religiösen und kulturellen Riten frei praktizieren. Die Jugendlichen haben darüber
hinaus Mitspracherecht bei der Wahl ihrer Bezugsbetreuer*innen. In der zweiten und dritten
Unterkunft werden die Geflüchteten beteiligt, indem sie selbstständig einkaufen und kochen
dürfen sowie auch für das Putzen selbst verantwortlich sind. Außerdem werden ihnen die
Regeln und Strukturen der Unterkunft transparent gemacht und bei Bedarf erfolgt ein
Austausch darüber.
Forschungsbericht „Autonomie in der Sozialen Arbeit mit geflüchteten Menschen“
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3.4. Haltung und Methoden der Sozialarbeiter*innen
Maria Nesirov und Philipp Schälling
Methoden
Bei der befragten Person aus der Unterkunft I ist das Thema des gesellschaftlichen Auftrags
sehr direkt und wird auch offen kommuniziert. So sehen sich die Sozialarbeiter*innen als die
Beauftragten zur Aktivierung der Ressourcen, sowie als Vermittler*innen zum Erwerb der
Kompetenzen und als die Beauftragten zur Wahrung des sozialen Friedens (I. Z.322 ff).
Ebenso ist für die Sozialarbeiter*innen sehr wichtig, den Geflüchteten Halt und Sicherheit zu
geben, unabhängig von Nationalität, geschlechtlicher Zugehörigkeit oder ähnlichem (I. Z.138
ff).
Zur Autonomieunterstützung werden die Geflüchteten in den Unterkünften unterschiedlich
über ihre Rechte, Anspruchsvoraussetzungen, Gesetzmäßigkeiten, Verordnungen und
Rahmenbedingungen bei Behörden und Institutionen aufgeklärt, aber unter den gleichen
Voraussetzungen der Selbständigkeit und mit verschiedenen Mitteln oder Materialien
realisiert. Am Anfang des Ankommens in Deutschland versuchen die Sozialarbeiter*innen die
Geflüchteten soweit es geht überall zu unterstützen und zu Behörden zu begleiten bis sich die
ihre Selbständigkeit steigert (I. Z.5 ff). Sie aktivieren immer mehr die Geflüchtete zur
Selbständigkeit. Zu der mündlichen Aufklärung der Alltagsgestaltung sowie über die Gesetz-
mäßigkeiten und über die Teilhabe am kulturellem Leben werden auch diverse Medien
eingesetzt, so erhalten die Geflüchteten z.B. ihre Informationen durch Zeitungen, kleine
Broschüren und Prospekte (II. Z.50 ff). In der Unterkunft III werden die Geflüchteten neben
den Sozialarbeiter*innen durch Apps vom Bundesamt aufgeklärt oder werden an die
Fachberatung weitervermittelt. Bei den Geflüchteten, die über gute Englischkenntnisse
verfügen, reichen die Apps aus, da die Menschen schon eigenständiger sind und sich selbst
diesbezüglich aufklären können (III. Z.13ff). Damit wird ganz deutlich, dass die Sprach-
kenntnisse erste Voraussetzung für Autonomie sind. Denn, wenn man nichts versteht, kann
man kaum am eigenen Leben mitbestimmen und man ist immer von jemandem abhängig.
Die genutzten Methoden von den Sozialarbeiter*innen sind breit gefächert. Alle Sozialarbei-
ter*innen haben ihre eigenen Schwerpunkte und Qualifikationen, die sie auch im Arbeitsalltag
mit den Geflüchteten, je nach der Individualität und dem jeweiligen Bedarf einsetzen. Es lässt
sich zusammenfassen, dass bei der Unterkunft I ziemlich viele Methoden angewendet und
genutzt werden. Diese sind:
Empowerment (Hilfe zur Selbsthilfe),
Erlebnispädagogik,
Case Management,
Forschungsbericht „Autonomie in der Sozialen Arbeit mit geflüchteten Menschen“
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Kompetenztraining Methode,
Trauma pädagogische Arbeit,
Mediation,
sowie personenzentrierte Beratung.
Die Mitarbeiter*innen in der Unterkunft I führen eine familienergänzende Leistung aus und
bieten den Jugendlichen einen familiären Rahmen an (I. Z.81). Der Sozialarbeiter aus
Unterkunft I äußert zu dem Arbeitsalltag mit Jugendlichen:
„Es wird immer nach den Trauma- pädagogischen Standards gearbeitet, wo die Pädagogik des guten
Grundes immer mit im Fokus steht. Das heißt, jedes individuelle Handeln der Jugendlichen macht für sie
subjektiv Sinn. Diese Handlungsstrategie ist gleichzeitig auch eine Überlebensstrategie, die sie bis jetzt
brauchten. Das wird jedem Jugendlichen grundsätzlich unterstellt. In diesem Sinne wird es von uns als
positiv wahrgenommen und wertgeschätzt, dass sie über diese Überlebensstrategien verfügen […] Das
ist diese wertschätzende, unterstützende, begleitende Rolle nach traumapädagogischen Standards, die
die Sozialarbeiter*innen in dieser Unterkunft haben. Diese gibt den Geflüchteten zu verstehen, dass sie in
dieser Unterkunft einen sicheren Ort haben, unabhängig davon, wie sie drauf sind und was sie gemacht
haben“ (I. 126 ff).
Die Sozialarbeiter erkennen gesellschaftliche Strukturen, in denen die Geflüchteten Problem-
lagen erfahren und sich daraus verortete subjektive Befindlichkeiten und Handlungsmuster
ergeben. Nach diesem Zitat ist verständlich, dass es ist für die Sozialarbeiter*innen in der
Unterkunft I sehr wichtig ist, dass die Geflüchteten aus ihren Fähigkeiten heraus die
Zusammenhänge des Lebens verstehen lernen. Die Überzeugung, das eigene Leben
gestalten zu können, um daraus das Gefühl der Handhabbarkeit zu bekommen und der
Glaube an den Sinn des Lebens um das Gefühl der Sinnhaftigkeit für sich zu entwickeln, ist
dabei leitend. Dabei bedienen sie sich an sozialen Ressourcen wie „einbettende Kulturen“ ob
innerhalb der Familie oder außerhalb sowie der materiellen Ressourcen. Als Ersatz für Familie
dient bei der Unterkunft daher der familiäre Rahmen.
In der Unterkunft II lässt sich erschließen, dass sie die Geflüchteten zur Selbst-Bemächtigung
und zur Selbstaneignung von Lebenskräften aktivieren und motivieren. Somit erweitern die
Geflüchteten ihre Autonomie und Lebensstrategie. Die Sozialarbeiter*innen befähigen die
Geflüchteten zur (Wieder-)Herstellung von Selbstbestimmung in der Gestaltung des eigenen
Lebens. Damit wird der Aspekt der Selbsthilfe und der aktiven Selbstorganisation der
Geflüchteten betont. Somit sind die Sozialarbeiter*innen berufliche Helfer*innen zur
Unterstützung und der Förderung von Selbstbestimmung. Dabei richtet sich der Blick der
Sozialarbeiter*innen auf die Anregung der Prozesse der (Wieder-)Aneignung von
Selbstgestaltungskräften. Sie fördern, unterstützen und stellen die Ressourcen für Empower-
ment-Prozesse bereit. Deren Handlungsziel ist es, Menschen das Rüstzeug für ein eigenver-
antwortliches Lebensmanagement zur Verfügung zu stellen und ihnen Möglichkeitsräume
aufzuschließen, in denen sie sich die Erfahrung der eigenen Stärken aneignen und Muster
solidarischer Vernetzung erproben können.
Forschungsbericht „Autonomie in der Sozialen Arbeit mit geflüchteten Menschen“
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In der Arbeit mit den Geflüchteten in allen Unterkünften sind die Hilfen zur Lebensbewältigung
und die Hilfe zur Selbsthilfe ganz zentral. Dabei reichen die Schwerpunkte der jeweiligen Arbeit
in Abhängigkeit von den genauen Zielgruppen in den Einrichtungen von der Traumapädagogik,
insbesondere in der Arbeit mit unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten, bis hin zur
ressourcenaktivierenden Arbeit.
Nach Ansätzen des Empowerments (II. Z.157 ff; Z.196; Z.198; Z.218; Z.201; Z.239 ff; III. Z.357
ff) werden die Geflüchteten dazu befähigt, ihre Ressourcen gezielt zu aktivieren und auch
schwierige Aufgaben zu meistern. Das findet sich direkt oder indirekt in allen Interviews wieder.
Soziale Arbeit nimmt in der Arbeit mit Geflüchteten demnach eine wesentliche Rolle ein, um
die Lebensbewältigung der Menschen aktiv zu unterstützen. Die Geflüchteten sind in
vielfältiger Weise (sprachlich, beruflich, sozial, familiär, psychosozial, gesundheitlich etc.)
herausgefordert, ein neues Leben zu beginnen. Die Profession positioniert sich in diesem
Zusammenhang als Unterstützerin, wo die natürlichen Netze nicht mehr greifen und neu
geknüpft werden müssen. Dies spiegelt sich auch in der Haltung der Sozialarbeiter*innen und
deren methodischen Ansatzpunkten wider. In der Unterkunft II führen die Sozialarbeiter auch
die Verhaltungsmethode, systematische Beratung, offene Beratung, personenbezogene
Beratung, das Konfliktmanagement und die Deeskalation aus. Diese werden auch zur
Betreuung und Begleitung der Geflüchteten angewendet (II. Z.316 ff). Das Zulassen von
Fehlern ist ein elementarer Bestandteil in der Arbeit der Unterkunft III, denn nach Meinung der
Sozialarbeiter*innen können die Geflüchteten aus ihren Fehlern lernen und bestimmte
Prozesse in der deutschen Bürokratie verstehen. Es findet ein Vergleich von Selbst- und
Fremdwahrnehmung statt, was einen Einblick in das reale Bild des Alltags ermöglicht, eigener
Verpflichtungen zur Ermöglichung bestimmter Ziele oder Bedürfnisse und vermittelt die
brauchbaren gesellschaftlichen Normen und Werte (I. Z.175 ff). Diese Arbeitsvorgehensweise
ist dem Empowerment und der Lebensbewältigung zuzuschreiben.
In allen Interviews wird die Förderung der Selbständigkeit, möglichst alles allein machen etc.
betont. Dabei stoßen die Geflüchteten an Grenzen der Selbstständigkeit aufgrund von durch
das Außen vorgegebenen strukturellen Rahmenbedingungen. Damit zeigt sich, dass die
Gesellschaft ihnen nur wenige Möglichkeiten bietet: keine Jobs, keine bezahlbare Wohnung,
rassistische Beleidigungen etc. Somit werden auf politischer Ebene die Menschenrechte
erheblich verletzt. Die Förderung von Selbständigkeit und einem autonomen Leben ist für die
Soziale Arbeit mit Geflüchteten ein zentrales Anliegen. Dies wird in allen drei Interviews sehr
deutlich. Was uns jedoch auffällt, ist die fehlende Thematisierung der Grenzen der Forderung
nach Selbständigkeit. Angesichts fehlenden bezahlbaren Wohnraums, unsicherer Aufenthalts-
stati, mangelnder beruflicher Möglichkeiten oder auch rassistischer Diskriminierungs-
erfahrungen, greift es unserer Ansicht nach zu kurz, allein Selbständigkeit einzufordern und zu
stärken. Die Frage für uns ist, wie thematisieren die Fachkräfte auch die Grenzen der
Forschungsbericht „Autonomie in der Sozialen Arbeit mit geflüchteten Menschen“
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Selbständigkeit durch die Gesellschaft und Politik mit den Geflüchteten und auch innerhalb
professioneller Diskurse? Dazu ließen sich im Material nur wenige Anhaltspunkte finden.
Haltung
Aus den Schilderungen der Sozialarbeiter*innen heraus sei es wichtig Empathie für die
Geflüchteten zu haben und einen gesunden Selbstschutz gegenüber den Geflüchteten zu
pflegen. Die Sozialarbeiter*Innen müssen ihre persönlichen Grenzen gut kennen und ihre
Aufgaben danach zu verteilen (I. Z.234 ff). Die korrekte Haltung der Sozialarbeiter*innen in
akuten Phasen der Geflüchteten (z.B. Trauma) wird durch die kollegiale Beratung sowie
Großteam- und Weiterqualifikationen (I. Z.212 ff) gefördert und unterstützt. Der Sozialarbeiter
der Unterkunft II betonte, dass es wichtig sei den Geflüchteten mit Respekt, Empathie und
Höflichkeit zu begegnen. Denn die Kommunikation nach diesen Grundlagen führe dazu, dass
sich die Geflüchteten anerkannt und wertgeschätzt fühlen (I. Z.145 ff; Z.204). Das würde
unheimlich zur Motivation der Geflüchtete beitragen sich weiter zu entwickeln und zu
integrieren.
In diesem Aspekt ist Mitleid nicht das richtige für Geflüchtete. So sagt der Sozialarbeiter vor
Ort:
„Die Leute brauchen kein Mitleid, sondern Empathie und Respekt. Denn sie sind voller Energie, einige
waren auch erfolgreich und sind sehr gebildet. Denn sie haben es alleine nach Deutschland geschafft ‚und
da sollte man das Vertrauen an sie haben und ihre Kompetenzen und Ressourcen nur aktivieren, wenn
ein Geflüchteter unter dieser Voraussetzung erfolgreich zum bestimmten Ziel kommt, entwickelt es in ihm
ein höheres Selbstwertgefühl‘ (II. 162ff).
Nach der Aussage der Sozialarbeiter der Unterkunft III ist es doch manchmal wichtig
bestimmte Konsequenzen oder Grenzen den Geflüchteten zu setzen, damit sie die gesell-
schaftlichen und gesetzmäßigen Normen und Werte erwerben. Wenn die Geflüchteten das
Lernen der deutschen Sprache verweigern, egal aus welchen Gründen, könne der-/diejenige
sich selbst nicht helfen und handele nicht im Interesse der Integration. Der Geflüchtete solle
eigenes Interesse zeigen, zu seiner eigenen Integration beitragen und sich selbst
weiterentwickeln (III. Z45 ff).
Wie schon vorher betont wurde ist in der Unterkunft I der Grundsatz der traumapädagogischen
Standards sehr relevant. Dies besagt, dass jedes Handeln einen Grund hat und sinnhaft ist.
Das wird von den Sozialarbeiter*innen anerkannt und. Dies gebe den Jugendlichen ein wert-
schätzendes Gefühl. Handlungsstrategien, die als Überlebensstrategien genutzt wurden,
würden anerkannt. Jeder Jugendliche wird positiv wahrgenommen und wertgeschätzt. So der
Sozialarbeiter aus Unterkunft I:
„Und letztendlich ist es diese wertschätzende, unterstützende, begleitende Rolle, die wir immer haben.
Nach dieser Wertschätzung und Anerkennung als ein Individuum, unabhängig wie und was man ist, gibt
dem Jugendlichen ein Gefühl des sicheren Ortes, an denen er immer zurückgreifen kann, egal was
vorkommt.“ (I. 125ff).
Forschungsbericht „Autonomie in der Sozialen Arbeit mit geflüchteten Menschen“
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In allen Interviews lässt sich herausstellen, dass die Haltung der Sozialarbeiter*innen stark
von den Grundsätzen der Gleichheit, Solidarität und Freiheit der Menschen geprägt ist. Dem
Befragten aus der dritten Unterkunft war es zudem wichtig den Akzent zu setzen, dass die
Hilfen und Unterstützungsangebote unabhängig von Vorurteilen ausgeführt werden (III. Z.40
ff).
Team
Durch die kollegiale Beratung im Großteam der ersten Unterkunft werden selbst komplizierte
Vorfälle fachlich geklärt und aufgearbeitet (I. Z.224 ff). Zur Unterstützung bzw. Entlastung der
Mitarbeiter*innen gibt es die Supervision mit dem traumapädagogischen Input sowie die
Möglichkeit, eine anonyme Supervision zur Aufarbeitung möglicher Schwierigkeiten mit
Vorgesetzten in Anspruch zu nehmen (I. Z.263 ff; Z. 276). Die Themenschwerpunkte im Team
sind die Grenzen der Jugendlichen sowie die Entwicklungen oder die Vorgeschichte der
Geflüchteten (I. Z.132 ff; Z.143 ff) In der Unterkunft II wird durch Supervision und durch
kollegialen Austausch unter den Mitarbeiter*innen das Teamgefühl gestärkt und fachlich auf
Probleme reagiert, das heißt, in dem supervisorischen Rahmen der Fallbesprechung
beschäftigen sich die Sozialarbeiter*innen ganz speziell mit dem Thema Trauma und
Traumabelastung (II. Z.152 ff). Die Schwerpunkte der Sitzung sind dort vorrangig:
die Belange der Bewohner*innen,
der Umgang mit problematischen Bewohner*innen,
Möglichkeiten zur Lösung von Konflikten,
mögliche externe Hilfen und Unterstützung,
sowie allgemein der Umgang mit Geflüchteten.
Bei dem Großteam sind alle Mitarbeiter anwesend, auch die technischen Bediensteten, wie
z.B. der Hausmeister. Die Schwerpunkte dieser Sitzung sind:
das Vorgehen bei bestimmten Vorfällen, Situationen oder Notwendigkeiten,
notwendige oder aktuelle Verbesserungen in dem Wohnheim,
oder auch akute Probleme der Geflüchteten, die einer sofortigen Lösung bedürfen.
Darüber hinaus gibt es Supervisionen, die freiwillig genutzt werden können (II. Z.176 ff). In der
Unterkunft III findet die Supervision und kollegiale Beratung einmal im Monat statt (III. Z.22 ff).
Das Kleinteam findet täglich statt. In der Besprechung sind Themen wie aktuelle Probleme und
Ziele der Geflüchteten immer präsent (III. Z.34 ff).
Netzwerkarbeit
In der Unterkunft I besteht eine funktionierende Vernetzung mit anderen Instanzen oder
Behörden sowie zu guten Kooperationspartner*innen (I. Z.94 ff; Z.91 ff). Der Sozialarbeiter der
Unterkunft II betonte die Entstehung der internen Netzwerke und sozialen Beziehungen unter
Forschungsbericht „Autonomie in der Sozialen Arbeit mit geflüchteten Menschen“
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den Bewohner*innen durch die Empowerment-Methode, zum Beispiel indem die Unterkunft
Möglichkeiten schafft wo die Bewohner*innen ihre Stärken (z.B. das gemeinsame Kochen)
zeigen können. Das hat Einfluss auf die Entwicklung der Freundeskreise bzw. der Netzwerke
unter den Geflüchteten. Das würde zu einem guten Miteinander und vielleicht auch zu dem
Verlust der Vorurteile gegenüber bestimmten Personengruppen führen (II. Z.47 ff).
Konflikte
Bei der Forschung in den Unterkünften wurde über Konflikte im Kontext häuslicher Gewalt
und Konflikte aufgrund unterschiedlicher Nationalität, Hautfarbe oder Religion gesprochen
sowie zum Thema der geschlechtlich konnotierten Diskriminierung. In der Unterkunft II wird
bei der häuslichen Gewalt nie direkt interveniert. Eine Intervention erfolgt durch die Polizei (II
Z.49 ff). Bei rassistischer und religiöser Diskriminierung könne man kaum etwas machen. Man
könne aber immer wieder Gespräche darüber führen und die Geflüchteten aufklären. Bei der
Unterkunft III ist der zentrale Konflikt eher die Unterdrückung der Frauen. Für die Geflüchteten
ist es schwierig, die Gleichberechtigung zwischen der Frauen- und Männerrolle zu
akzeptieren. Hier versuchen die Sozialarbeiter*innen, die Frauenrolle zu stärken (vgl. III. Z105
ff). Des Öfteren kommt es auch vor, dass Geflüchtete unter Alkohol zu Konflikten neigen.
Beide Fachkräfte haben betont, dass es wichtig sei über Hintergrundinformationen (durch
Nachrichten und Zeitungen) der Konfliktparteien zu verfügen, um den Konflikt, der zwischen
einigen Geflüchteten besteht, verstehen zu können und als Sozialarbeiter*in in solchen
Situationen fachlich und emphatisch an den Konflikt herangehen und schlichten zu können
(vgl. II. Z. 297 ff; Z 340 ff; Z.344 ff; Z.350 ff; vgl. III. Z.34 ff; Z.9 ff; Z.22 ff). In allen Einrichtungen
ließen sich Gemeinsamkeiten in den Haltungen und Methoden finden, was zeigt, dass die
Sozialarbeiter*Innen unabhängig voneinander ähnliche Erfahrungen gemacht haben.
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4. Fazit
Stephanie Baumann, Paula Bach und Sophie Hupe
Die unterschiedliche Lage der beforschten Geflüchtetenunterkünfte bietet den dort Unterge-
brachten verschiedene Chancen. Zum einen kann eine eher ländliche Lage dazu beitragen,
sich besinnen zu können und nach einer Fluchterfahrung zur Ruhe zu kommen, auf der
anderen Seite gibt es eher wenige Möglichkeiten, mit anderen Menschen in Kontakt zu
kommen. Für die Jugendlichen der Unterkunft I hat die ländliche Lage einen pädagogischen
Wert, da sie die Erlebnisse einer Flucht so in einer ruhigen Umgebung mit viel Natur
verarbeiten können. Erwachsene Geflüchtete brauchen diesen Rückzugsraum sicher auch,
doch isoliert eine solche Lage der Unterkunft sie nur weiterhin. Es erschwert ihnen das
Aufbauen eines „normalen“ Lebensalltags, da sie dem Rhythmus der öffentlichen Verkehrs-
mittel unterworfen sind und kaum Raum für spontane Besuche o.ä. vorhanden ist. Auch für
die Bevölkerung Brandenburgs kann es ebenso schwierig sein, Zugang zu so vielen neuen
Menschen zu finden, mit denen weiter keine Auseinandersetzung stattfindet. Aufklärungs-
arbeit auf Seiten der Geflüchteten und auch der Bevölkerung könnte dienlich sein, den neu
Angekommenen den Start ihres neuen Lebens zu erleichtern.
Mithilfe der ausgearbeiteten Kategorien beleuchtete die Forschungsgruppe die Arbeits-
situation der Sozialarbeitenden in den Unterkünften. Dabei fiel ihnen auf, dass das Thema
Autonomie in der Arbeit eine wichtige Rolle spielt und sich nicht nur auf einer theoretischen
Ebene damit auseinandergesetzt wird. Die Sozialarbeitenden legen Wert darauf, dass die
Geflüchteten ihren Alltag möglichst eigenständig gestalten können und lernen, sich in einem
für sie fremden Land zurechtzufinden. Grundbaustein ist hierbei das Erlernen der deutschen
Sprache, welche Türen öffnet und Möglichkeiten für sie schafft. Ohne die Sprache ist die
Autonomie der Geflüchteten eingeschränkt, da sie auf Übersetzungstätigkeiten von Sozialar-
beitenden oder anderen angewiesen sind. Deutschkurse sind somit ein sehr wichtiger Schritt
für das Weiterkommen der Geflüchteten in Deutschland. Das Verstehen der deutschen
Sprache garantiert aber leider noch nicht das Erkennen der Strukturen des deutschen Sozial-
systems. Hierbei leisten die Sozialarbeiter*innen wertvolle Dienste, indem sie die Geflüch-
teten z.B. beim Ausfüllen von Formularen und Gängen zu Ämtern unterstützen. Hier sind
ihnen aber schon Grenzen gesetzt, da sie nicht ausreichend Zeit haben, um allen Geflüch-
teten die Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, die sie benötigen. Das führt zu Frustration
auf beiden Seiten. Positiv daran ist, dass die Geflüchteten dadurch gezwungen sind,
autonomer zu handeln. So lernen sie, ihre Probleme entweder selbst zu lösen oder sich
Unterstützung bei anderen Geflüchteten zu holen. Somit kann in einzelnen Fällen eine
geringere Unterstützung durch die Sozialarbeitenden bei den erwachsenen Geflüchteten auch
Forschungsbericht „Autonomie in der Sozialen Arbeit mit geflüchteten Menschen“
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zu einer Steigerung der Autonomie führen.
Die Sozialarbeiter*innen bauen Beziehungen zu geflüchteten Menschen auf und investieren
dabei viel eigene Energie. Dabei stoßen sie nicht nur an ihre eigenen emotionalen Grenzen,
sondern auch immer wieder an die Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Staates. Die
Forschenden fanden heraus, dass diese starren Strukturen und Gesetze die Arbeit der
Sozialarbeiter*innen in allen Unterkünften beeinträchtigen und erschweren. So wurde in
Unterkunft I eine Schule aufgebaut, deren Anerkennung durch staatliche Institutionen immer
wieder herausgeschoben wird. Die Sozialarbeiter*innen vor Ort hatten in den letzten Jahren
die Zeit, sich an die neuen Anforderungen anzupassen und Strukturen zu schaffen, mit denen
sie arbeiten können. Die Anerkennung dieser Strukturen „von oben“ fehlt bis dato. Die
Forschungsgruppe empfand dies als starke Diskrepanz zwischen den Situationen, die die
Sozialarbeiter*innen auf der Arbeit erleben und den gesetzlichen Rahmenbedingungen, die
von den Vertretern des Staates geschaffen werden. An der aktuellen Gesetzgebung wird
deutlich, dass die Politiker*innen von den realen erschwerten Lebensbedingungen der
Geflüchteten wenige Kenntnisse haben und sich eher theoretisch mit dieser Thematik
auseinandersetzen. Welche Auswirkungen die von der Bundesregierung verabschiedeten
Gesetze auf die individuellen Schicksale der Menschen jedoch haben, ist ihnen dabei schein-
bar nicht bewusst. Vor allem beim Thema Abschiebung wird dies deutlich. Die Sozialar-
beitenden können nichts anderes tun, als diese Gesetze zu akzeptieren und ihre ganze Arbeit,
die vorhergehend geleistet wurde, als abgebrochen anzusehen. Die Bundesrepublik
Deutschland möchte die Geflüchteten durch ihre Gesetzgebung zwar einerseits in die
Gesellschaft integrieren, aber andererseits erschwert genau diese Gesetzgebung auch deren
Integrationsmöglichkeiten immens.
Für die Soziale Arbeit bedeutet dies also auf der einen Seite, dass sie bei der Integration einen
maßgeblichen Beitrag leisten soll, um die Ankommenden dabei zu unterstützen, besser in
Deutschland zurechtzukommen und ihr Leben hier neu zu beginnen. Auf der anderen Seite
verhindert aber die Gesetzgebung wiederum genau diesen Prozess, indem sie den
Sozialarbeitenden starre Strukturen auferlegt, die es ihnen deutlich schwerer machen, die
Integration der Geflüchteten zu unterstützen. Der Anspruch an die Soziale Arbeit ist somit sehr
hoch. Diese Gesetze treibt sie in einen enormen Zwiespalt zwischen Anspruch und Wirklich-
keit. Einerseits übermittelt der Staat nämlich den Auftrag, das Ankommen der geflüchteten
Menschen zu unterstützen und sie in ihrer Selbstständigkeit zu stärken. Andererseits werden
den Fachkräften durch seine Bestimmungen und Paragraphen aber gleichzeitig auch die
Hände gebunden. Dies hat wiederum zur Folge, dass das Mandat, das die Geflüchteten den
Sozialarbeiter*innen übertragen, schon von Grund auf nicht zufriedenstellend ausgeführt
werden kann. Dadurch können die Sozialarbeitenden nur unzureichend auf deren Lebens-
lagen und -Krisen sowie ihre Bedürfnisse eingehen. Dies trägt wiederum dazu bei, dass es
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bei den Geflüchteten zu Problemen wie Gewalt, Sucht, psychischen Erkrankungen und
ähnlichem kommen kann. Die Fachkräfte werden durch diese vielfältigen Herausforderungen
stark beansprucht.
Die Träger der Sozialen Arbeit können hier positiv eingreifen, indem sie ihren Angestellten
viele Weiterbildungs- und Beratungsangebote ermöglichen. Dadurch können sich die
Sozialarbeitenden neue Fertigkeiten und Kompetenzen aneignen. Auch die intensive
Beschäftigung mit sich selbst in entsprechenden Seminaren oder Beratungsgruppen sehen
die Forschenden als höchst notwendig an, da dadurch gelernt werden kann, die Balance
zwischen Distanz und Nähe zur Arbeit realisieren zu können. Zu viel Distanz fördert den
Arbeitsprozess mit Klient*innen genauso wenig wie zu viel Nähe, die verletzlich macht. Die
Sozialarbeitenden müssen täglich diesen Balanceakt schaffen und dabei noch den hohen
Anforderungen der Politik gerecht werden.
Die Soziale Arbeit ist ein Arbeitsfeld, das an die Sozialarbeiter*innen enorme Anforderungen
stellt, da sie mit Menschen zusammenarbeiten, die sich in schwierigen Lebenssituationen
befinden. Die Erwartungen des Staates und der Geflüchteten selbst lastet auf ihnen. Wichtig
ist für sie deshalb ein Träger, der seine Angestellten unterstützt und ihnen die Möglichkeiten
bietet, sich regelmäßig fortzubilden und auch Supervisionen u.ä. in Anspruch zu nehmen. Dies
ermöglicht eine Eigenautonomie unter den Mitarbeiter*innen, die sie dann an die geflüchteten
Menschen weitergeben können.
Insgesamt lässt sich also feststellen, dass die Prämisse der Sozialen Arbeit, Hilfe zur
Selbsthilfe zu leisten, in allen Unterkünften die Grundlage für die Zusammenarbeit mit den
geflüchteten Menschen bildet. Dies spiegelt sich nicht nur in den Leitbildern der verschie-
denen Träger wider, sondern vor allem auch in der professionellen Haltung der einzelnen
Sozialarbeitenden. Bezugnehmend auf die Forschungsfrage lässt sich also sagen, dass die
Autonomie der Geflüchteten unter den gegebenen Rahmenbedingungen durch die Fachkräfte
bestmöglich gefördert wird.
Die Forschungsgruppe hat diese Erkenntnisse aus dem Besuch von drei Unterkünften und
den Interviews mit Sozialarbeitern vor Ort gewonnen. Um genauere Erkenntnisse über diese
Thematik zu gewinnen, wäre eine vertiefende Forschung vonnöten, da aus diesen drei
Interviews keine allgemeingültigen Aussagen gewonnen werden können. Eine Tendenz
diesbezüglich war aber sichtbar und macht deutlich, wie viel Potential die Soziale Arbeit
bereithält und wie stark sie gefordert wird.
Forschungsbericht „Autonomie in der Sozialen Arbeit mit geflüchteten Menschen“
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Literaturverzeichnis
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Anhang
1. Interviewleitfaden für Experteninterviews Forschungsgruppe Gemeinschaftsunterkünfte Berlin/Brandenburg
Kategorie 1: Gegebenheiten in den Unterkünften
Gesprächseinstieg:
Wenn ein geflüchteter Mensch hier ankommt, was kann er alleine machen und wofür ist die
Struktur durch die Einrichtung da?
(Gibt es -wie in der Kita- eine „Eingewöhnungsphase“?)
Detaillierungsfragen:
Was denken Sie, welche Auswirkungen die räumliche Lage der Unterkunft auf die
Selbstbestimmung der hier lebenden Geflüchteten hat?
Was sind Ihrer Meinung nach Regeln und Strukturen, die die Selbstbestimmung
unterstützen und welche eher nicht?
Wie wirken sich die Wohnverhältnisse auf die Autonomie bzw. auf die Lebensqualität
der Bewohner*innen aus?
Wie wirkt sich der vorgegebene Personalschlüssel auf die Betreuung aus?
Wie groß ist die Möglichkeit der Geflüchteten an Entscheidungen und Prozessen in der
Unterkunft teilzuhaben und diese zu verändern?
(Meckerkasten, Mitbestimmungsstrukturen wie Bewohner*innenrat, selbstständig Kochen
oder geliefertes Essen)
Bis hierhin ging es um die Geflüchteten. Jetzt interessiert uns einmal Ihre Perspektive als
Sozialarbeiter.
Auch Ihnen selbst und Ihren Handlungen sind ja hier bestimmte Grenzen gesetzt –
etwa durch gesetzliche Bestimmungen oder durch Vorgaben des Trägers – können Sie
uns darüber vielleicht ein wenig erzählen?
Kategorie 2: Haltung und Methoden der Sozialarbeiter*innen
Gesprächseinstieg: Wie definieren Sie Ihre professionelle Haltung? Wie begegnen Sie den
Geflüchteten in der täglichen Arbeit?“
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Detaillierungsfragen:
Wie machen Sie das so im Team, sie haben ja bestimmt Teamabsprachen. Gibt es im
Team Austausch zu Fragen der Haltung oder der Methoden (wie auf die Menschen
geblickt wird)?
Was braucht ein Mensch/Geflüchteter um autonom handeln zu können? (Welche
Voraussetzungen braucht Autonomie?)
Können Sie Momente in ihrer Arbeit beschreiben – Situationen, Gespräche,
Gedanken, wo Sie gesehen haben „Hier konnte die Bewohnerin oder der Bewohner
autonom/selbstbestimmt/selbstbewusst handeln…“? Was haben Sie jeweils dafür tun
können?
Inwieweit ist die Autonomie bzw. Hilfe zur Selbsthilfe der Geflüchteten Thema in der
sozialarbeiterischen Tätigkeit?
Wo merken Sie, dass sie die Geflüchteten gar nicht so unterstützen können, wie Sie
es gern würden? Wo sind für Sie die Grenzen in der Unterstützung der
Bewohner*innen? Wo stoßen sie persönlich an ihre Grenzen?
Sehen Sie sich als Anwalt der Geflüchteten (z.B. bezüglich des Asylverfahrens) oder
beschränkt das wiederum die Autonomie?
Kategorie 3: Kompetenzen der Sozialarbeiter*innen/Weiterbildungen
Gesprächseinstieg: „Welche Kompetenzen braucht man, wenn man hier arbeitet?“
Detaillierungsfragen:
Wie reagieren Sozialarbeiter*innen auf die psychischen Belastungen der geflüchteten
Menschen und welche Herausforderungen ergeben sich dadurch?
Gibt es für die Geflüchteten Hilfestellungen, die deutsche Bürokratie verstehen zu
können?
Haben Sie das Gefühl, dass die Geflüchteten dadurch unabhängiger von den Hilfen
werden?
Gibt es Fort-und Weiterbildungen oder Beratungsangebote für Sie als Sozialarbeiter?
Nehmen Sie an, Sie könnten ganz allein bestimmen, was der Träger unternimmt, um
die Mitarbeiter_innen zu unterstützen… was würden Sie entscheiden und hier vor Ort
verändern?
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Resümeefragen
Wenn Sie einen Wunsch frei hätten, wie würde die Arbeit mit den Geflüchteten in Ihrer
Unterkunft aussehen?
Was gefällt Ihnen am besten in der Unterkunft?
Was würden Sie gerne ändern?
Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
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2. Fotos
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Selbständigkeitserklärung
Eidesstattliche Erklärung
Hiermit versichern wir, dass wir die Arbeit selbständig verfasst und keine anderen als die
angegebenen Quellen und Hilfsmittel benutzt habe, alle Ausführungen, die anderen Schriften
wörtlich oder sinngemäß entnommen wurden, kenntlich gemacht sind und die Arbeit in gleicher
oder ähnlicher Fassung noch nicht Bestandteil einer Studien- oder Prüfungsleistung war.
Ort, Datum
[Unterschriften]