Francesca Masin Joanna Bilinska - klinikum.uni-heidelberg.de · Ätiologie und Psychodynamik •...

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PSYCHODYNAMISCHE PSYCHOTHERAPIE DER

DEPRESSION

Francesca MasinJoanna Bilinska

Psychoanalytisch-psychodynamische

Entstehungsmodelle der Depression

Ätiologie und Psychodynamik• Ätiologie: schwere Liebenenttäuschung am frühen wichtigen Objekt

Persönlichkeitszüge, die Risikofaktoren für eine spätere depressive Erkrankung darstellen:

- HILF- und HOFFNUNGSLOSIGKEIT- NEGATIVES SELBSTBILD- Gefühl der „UNFÄHIGKEIT“- ABHÄNGIGKEITSBEDÜRFNISSE

• Psychogenese: innerpsychische Verarbeitung des depressiven Grundkonflikt→ Struktur- und Persönlichkeitsentwicklung

Der depressive Grundkonflikt

Unverträglichkeit zweier Wunsche:ObjektnahbedürfnisDie Wut ausleben zu wollen, bis zum Zerstörung des Objekt

Psychodynamische Zusammenspiel zwischen:

• dem Grundkonflikt• den verschiedenen Verarbeitungen des

Konfliktes

Zusammenbruch des Bewältigungsstils→krisenhafte Dekompensation→DEPRESSION

Das therapeutische Verständnis bezieht sich auf den Grundkonflikt (Übertragung -Gegenübertragung)

Der praktische therapeutische Ansatz wendet sich an den Verarbeitungsstil

1) Verlust-, Verunsicherungs- oder Enttäuschungserlebnisse in der Kindheit

↓2) Sehnsucht nach dem frühen wichtigen Objekt

↓3) Bewältigungsformen: Kompromiss, der eine bestimmte

Umgang mit dem Objekt ermöglicht

↓4) Beim Zusammenbruch des Bewältigungsstil entsteht die

DEPRESSION

Verarbeitungsformen

• „regressive“: - Altruistisch-überfürsorgliche- Oral

• „progressive“- Narzisstisch- Schizoid

3 psychodynamische Gemeinsamkeiten in allen depressiven

Störungen• Depressive

Objektsehnsucht

• Frustration des Verlustes

→ Enttäuschung→ Wut

• Verzweiflung des Selbst

Die Kurzzeit-Therapie: allgemeine Aspekte

Hintergrund: Psychoanalytische Theorie

• In der Regel 40 Sitzungen ausreichend

• Gegenstand der analytischen Kurzzeit-Therapie ist „…ein abgrenzbarer, aktueller, neurotischen Konflikt mit einer definierbaren neurotischen Psychodynamik“

• Fokal-Therapie: Definition eines bewusstseinsfähigen Fokus

Technische Probleme bei der Anwendung im Vergleich zu Langzeit-

Therapie

• Zeitbegrenzung• Aktivität und „Neutralität“ des Therapeuten• Handhabung der Übertragung• Bedeutung des Hier und Jetzt• Fokus-Suche und Ziele

TECHNISCHE PROBLEME:Zeitbegrenzung

Die Wahrnehmungen des Therapeuten erfolgen rascher als in längeren Therapie

TECHNISCHE PROBLEME: Aktivität und Neutralität des

Therapeuten

Zeitbegrenzung→ der Therapeut soll aktiver sein

Die gleichmäßige Distanz (Neutralität, Anonymität, Abstinenz) zum Patienten wird modifiziert

TECHNISCHE PROBLEME:Umgang mit Übertragung

• Förderung einer eher positiver Übertragung

• Übertragungsphänomene sind generell bedeutsam und sollen beachtet werden, aber nicht angesprochen, da andere Ziele wichtiger sind

• Übertragung wird besprochen nur wenn sie das therapeutische Beziehung oder das Therapieziel deutlich beeinträchtigt

TECHNISCHE PROBLEME:Bedeutung des Hier und Jetzt

• Bedeutung der Realität als Thema in der Therapie.

Berücksichtigung von lebensgeschichtlichen Zusammenhänge nur wenn ein sinnvoller Bezug zum momentanen Erleben (Konflikten) hergestellt werden kann

TECHNISCHE PROBLEME:Fokus-Suche und Therapieziele

• Gemeinsame Benennung eines zentralen Konfliktthemas

• Es wird ein emotional fühlbarer und bewusster Konflikt genannt, der sich in der gegenwärtigen Zeit herauskristallisieren lässt

Mögliche Probleme bei der Durchführung

1) Der ursprünglich vereinbarte Zeitrahmen kann sich als knapp erweisen:

- die Grundproblematik gewinnt an Dominanz im Verlauf der Behandlung

- die Fokussierung auf einen Hauptkonflikt ist nicht möglich, weil der Patient insgesamt zu krank ist

2)Notwendigkeit von Kombinationsbehandlungen, v. a. Psychopharmaka

Voraussetzungen beim Therapeuten

• Kenntnis der wichtige Literatur über Kurz-psychotherapie

• Tiefenpsychologische Selbsterfahrung• Fähigkeit, sich für eine kurze Zeit auf

einen Patienten einzulassen und ihn auch wieder loslassen zu können

• Bereitschaft, in der unmittelbaren Gegenwart zu arbeiten

Voraussetzungen beim Patienten

• Fähigkeit, von einem zeitlich begrenzen Therapie profitieren zu können

• Der Wunsch und Wille, etwas lösen/verändern/bewältigen zu wollen

• Aktive Zusammenarbeit mit dem Therapeuten

• Fähigkeit, momentane Gefühle eher erlebbar zu machen als sie zu verdrängen

Gegenübertragungsphänomene

• Die Ungeduld des Therapeuten und der daraus resultierende Druck auf den Patienten

• Latente Aggression gegen dem Patienten, der keine Lage-Therapie nehmen kann oder will →Schuldgefühle in Patienten

• „Oral-ausbeuterische Gegenübertragung“: die Tendenz, durch die Suche nach neuem Erlebnis-Material die Therapie von jenen Patienten zu verlängern, die in einer positiven Übertragung mitarbeiten

PSYCHODYNAMISCHE KURZZEIT-THERAPIE

1. Therapie der akuten Depression2. Psychotherapie bei regressiven

Verarbeitungsformen des depressiven Grundkonfliktes

3. Psychotherapie bei „progressiven“Verarbeitungsformen des depressiven Grundkonfliktes

Akute Depression- Wird als eine Endstrecke verschiedener biographischer, konfliktkhafter oder auch somatischer Prozesse verstanden -Die Indikation zur Psychotherapie besteht bei:

∗ mittelschweren depressiven Episoden∗ leichten depressiven Episoden∗ dysthymen Störung∗ neurotischen Depressionen (im Hintergrund der Erkrankung stehen verschiedene neurotische Konflikte)

- Die unterschiedlichen Vorläufer der depressiven Dekompensation haben Auswirkungen auf die therapeutische Strategie

Therapie der akuten Depression

1. Kontaktaufnahme und Entlastung2. Aufklärung, Strukturierung und

Festlegung des Behandlungsrahmes3. Stützende Interventionen4. Bestimmung des Behandlungsfokus5. Behandlungsfehler

1. Kontaktaufnahme und Entlastung

Faktoren die eine erste Beruhigung darstellen:

• Bereitstellung von Zeit und Raum• Unaufdringliches Zuhören

Aufgaben:• Klärung des Ausmaßes der depressiven

Symptomatik, der Suizidgefährdung und der sozialen Einschränkung

• Erkundigung über die Kompetenzen und psychische sowie soziale Ressourcen

2. Aufklärung, Strukturierung und Festlegung des Behandlungsrahmes

die Vermittlung von Informationen über Symptomatik und Charakterdie klare Absprache über die zeitliche Struktur und Perspektive der BehandlungFormulierung der konkreten, realistisch erreichbaren Zieledie Besprechung einer eventuell nötigen BegleitmedikationDie Thematisierung der Frage einer stationärer Aufnahme bei akuter Verschlechterung der Symptomatik

3. Stützende Interventionen

Unterstützung und Betreuung (z.B. die Erarbeitung der antidepressiven Strategien)Das Umgehen mit den habituellen Selbstentwertungen, Suizidimpulsen, Antriebshemmung – die Hilflosigkeit aushalten zu können ohne das dem Patienten aggressiv „zurückzugeben“Ein Versuch den Patienten eine Distanzierung

zu ihrem inneren Erleben zu erleichtern

4. Bestimmung des Behandlungsfokus

ein bestimmter Fokus, z.B. ein zentrales problematisches Beziehungsmusterdie Fokusbildungen dienen dem Therapeut als innere Richtschnur (werden nicht ausführlich thematisiert)nur selten- eine Konfrontation mit dem Konfliktmuster

5.Behandlungsfehler

eine offensive Deutung der latenten Aggressionen gegen enttäuschende andere in der initialen Phase der Therapiesowohl therapeutisches Überengagement, als

auch Distanzierung in der Reaktion auf die vielfältigen Interaktionsangebote der PatientenIgnorierung des Problems, ob eine depressive Dekompensation eher Folge der äußere Erschöpfung oder spezifischer Persönlichkeitsentwicklung ist.

Psychotherapie bei regressiven Verarbeitungsformen des

depressiven Grundkonfliktes

- Patienten mit phobischer Struktur- Patienten mit depressiver

Persönlichkeitsstruktur- Teilweise auch Patienten mit

zwanghaften Zügen

Starke Normorientierung altruistische Unterwerfung

Ambivalenz

Verarbeitung eine Neigung

zur Selbstentwerfung und

Autoaggression

Vermeide von Alleinsein die basale Trennungsangst

direkt spürbar

Dynamik der Therapie:• Zunächst ist es nicht schwierig mit diesen

Patienten in guten Kontakt zu kommen• Die Patienten erleben aber mit Schuld

verbundene Wünsche nach Eigenständigkeit und Lösung

• Es kommt zu einer Ambivalenz gegenüber dem Therapeut, die in der Übertragung und Gegenübertragung spürbar ist

Therapeutische Aufgaben:• Anerkennung und Durcharbeitung der widerstrebenden

Tendenzen in den sozialen Interaktionen• Entdeckung der lebendigen, expansiven Tendenzen mit

Hilfe der stabilen therapeutischen Bindung• Fokussierung auf Selbstaktualisierung,

Ambivalenzerleben und Trennungsschuld

therapeutisch ist es am besten die typische Verarbeitungsmuster und Abwehrkonstellationen durch genaue Betrachtung von kleinen auslösenden Situationen zu erkennen

Psychotherapie bei „progressiven“Verarbeitungsformen des

depressiven GrundkonfliktesNarzisstischeZwanghafte PatientenSchizoide

„innere Arbeitsmodell“:Ideal von UnabhängigkeitBindungslosigkeitAbhängigkeit von einem inneren Idealbildunerreichbare Selbstanforderungen

Spezifizität der Therapie

• Die Patienten sind meistens ablehnend, weil sie Therapiebedürftigkeit als Kränkung ansehen

• Ein Vorherrschen nach Selbstentwertung ist nicht mit der Suche nach Unterstützung verknüpft

• Es besteht die Gefahr der „Reinszenierung“

Therapeutische Ziele• Relativierung von Ansprüchen• Anerkennung von Abhängigkeit • Aufrechterhaltung von Kontakten• Veränderung von destruktiven

Beziehungsabbrüchen

das therapeutische Vorgehen zentriert sich auf interpersonelle Fragen, es geht um Erarbeitung von Widerholungsmustern und Bedeutungen zwischenmenschlicher Situationen

Allgemeine Aspekte derPsychotherapie

„Attunement“- Eingestimmtheit des Therapeuten„Moments of Meeting“Reflexive Funktion

Bibliographie:Depression: Psychodynamik und Therapie, Will, Grabenstedt, Völkl, Banck. Kohlhammer,2000Psychotherapeutische Medizin, Rudolf.Enke: Stuttgart, 1993Psychotherapie der Depression, Hoffman,Schauenburg. Thieme:Stuttgart,2000Psychotherapie, Reimer, Eckert. Springer:Berlin,1996Psychodynamische Psychotherapien,Reimer, Rüger. Springer:Berlin, 2000