GESELLSCHAFTSPOLITISCHE ASPEKTE VON ARBEITSZEIT- ENTGRENZUNG · 2018. 11. 29. · abhängiger...

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GESELLSCHAFTSPOLITISCHE

ASPEKTE VON

ARBEITSZEIT- ENTGRENZUNG

ABHÄNGIGE ARBEIT

UND SOZIALE BÜRGERSCHAFT

Ass. Prof. Dr. Stefanie Hürtgen,

AGENDA

• Einstieg: Was ist (gute) Arbeit?

• Arbeiterbewegung und

Sozialbürgerschaft

• Arbeitszeitverlängerung im

gegenwärtigen betrieblichen Kontext

• Ausblick: Sozialbürgerschaft oder

Arbeitsmarktbürgerschaft?

WAS IST (GUTE) ARBEIT?

WAS IST (GUTE) ARBEIT?

„Arbeitsqualität ist Lebensqualität, Arbeitszeit ist Lebenszeit. Wer eine humane Gesellschaft will, muss die Ansprüche der Arbeitnehmer/innen an die Arbeitswelt berücksichtigen.“

„Wir brauchen eine neue gesellschaftliche Debatte über eine Arbeit, in deren Mittelpunkt wieder der Mensch und seine Bedürfnisse stehen“

WAS IST (GUTE) ARBEIT?

„Arbeitsqualität ist Lebensqualität, Arbeitszeit ist Lebenszeit. Wer eine humane Gesellschaft will, muss die Ansprüche der Arbeitnehmer/innen an die Arbeitswelt berücksichtigen.“

„Wir brauchen eine neue gesellschaftliche Debatte über eine Arbeit, in deren Mittelpunkt wieder der Mensch und seine Bedürfnisse stehen“

WAS IST (GUTE) ARBEIT?

Abhängige Arbeit (und die

Auseinandersetzung über sie) ist

Bestandteil eines biographischen wie

gesellschaftlichen Lebenszusammenhangs

DER (ARBEITENDE) MENSCH

Sozial

Mensch als Sozialwesen,

soziale Zugehörigkeit

Politisch

„Handeln“ = gesellschaftliche

Angelegenheit (H. Arendt)

(soziale) Lebenssorge

(C. Klinger)

Leiblich

„gesellschaftliches Naturwesen“

(K. Marx)

ARBEITERBEWEGUNG UND

SOZIALBÜRGERSCHAFT

ARBEITER*INNENBEWEGUNG

UND

SOZIALBÜRGERSCHAFT

Sozial

Soziale Rechte (Löhne, Arbeits-bedingungen, Arbeitszeit…)

Politisch

politische Rechte (Vereine,

Versammlung, Mitbestimmung…)

Menschlich-universal

„Weil der Mensch ein Mensch ist, braucht er was zu Essen

bitte sehr!“

ARBEITERBEWEGUNG UND SOZIALEBÜRGERSCHAFT

Social Citizenship (T. Marshall)

Aufstieg der Lohnarbeit – Aufstieg zur

Sozialbürgerschaft (R. Castel)

System sozialer Rechte und sozialer Infrastruktur

Verändern den gesellschaftlichen Charakter von

Lohnarbeit wird „öffentliche Angelegenheit“

Und den gesellschaftlichen Status der Arbeiter*innen

ARBEITERBEWEGUNG UND SOZIALBÜRGERSCHAFT

Aufstieg der Lohnarbeit – Aufstieg zur

Sozialbürgerschaft (R. Castel)

Die „Individualisierung des Arbeitsverhältnisses“ wird

„transzendiert“

“Der Arbeitsunfall ist beispielsweise nicht einfach ein

Unglücksfall, der einem Arbeiter zustößt. Er ist auch eine

gesellschaftliche Tatsache, hinsichtlich derer die Vertreter des

Allgemeininteresses sich fragen müssen, ob sie hinnehmbar

ist, und wenn ja zu welchen Kosten und in welcher Form”

“Der Arbeiter besetzt damit auf seine Weise – als Produzent –

den öffentlichen Raum. Er kann also dadurch, dass die

Individualisierung des Arbeitsverhältnisses […] transzendiert

wird, zum [...] Rechtssubjekt werden. Das Arbeitsrecht

besiegelt sein Bürgerrecht. „

(Robert Castel, 2011).

ARBEITERBEWEGUNG UND SOZIALBÜRGERSCHAFT

Aufstieg der Lohnarbeit – Aufstieg zur

Sozialbürgerschaft (R. Castel)

Die „Individualisierung des Arbeitsverhältnisses“ wird

„transzendiert“

“Der Arbeitsunfall ist beispielsweise nicht einfach ein

Unglücksfall, der einem Arbeiter zustößt. Er ist auch eine

gesellschaftliche Tatsache, hinsichtlich derer die Vertreter des

Allgemeininteresses sich fragen müssen, ob sie hinnehmbar

ist, und wenn ja zu welchen Kosten und in welcher Form”

“Der Arbeiter besetzt damit auf seine Weise – als Produzent –

den öffentlichen Raum. Er kann also dadurch, dass die

Individualisierung des Arbeitsverhältnisses […] transzendiert

wird, zum [...] Rechtssubjekt werden. Das Arbeitsrecht

besiegelt sein Bürgerrecht. „

(Robert Castel, 2011).

Zusammenhang:

* menschliche Würde + Unversehrtheit

* soziale Integration

* politische Gestaltung von Betrieb und

Gesellschaft

ARBEITSZEITVERLÄNGERUNG IM

GEGENWÄRTIGEN

BETRIEBLICHEN KONTEXT

ZUSAMMENHANG

Extensivierung

Intensivierung

Flexibilisierung

Permanente Restrukturierung

ZUSAMMENHANG

Extensivierung – Trend zur faktischen AZ-Verlängerung (Deutschland abhängig Vollzeit-Beschäftigte: 43,6 Std./Woche)

Intensivierung

Flexibilisierung

Permanente Restrukturierung

ZUSAMMENHANG

Extensivierung – Trend zur faktischen AZ-Verlängerung (Deutschland abhängig Vollzeit-Beschäftigte: 43,6 Std./Woche)

Intensivierung – Personalabbau (Kosten!), zusätzliche Aufgaben (Dokumentation, Selbststeuerung…)

Flexibilisierung

Permanente Restrukturierung

ZUSAMMENHANG

Extensivierung – Trend zur faktischen AZ-Verlängerung (Deutschland abhängig Vollzeit-Beschäftigte: 43,6 Std./Woche)

Intensivierung – Personalabbau (Kosten!), zusätzliche Aufgaben (Dokumentation, Selbststeuerung…)

Flexibilisierung „fragmented time systems“ (Ian Campell)

Permanente Restrukturierung

ZUSAMMENHANG

Extensivierung – Trend zur faktischen AZ-Verlängerung (Deutschland abhängig Vollzeit-Beschäftigte: 43,6 Std./Woche)

Intensivierung – Personalabbau (Kosten!), zusätzliche Aufgaben (Dokumentation, Selbststeuerung…)

Flexibilisierung „fragmented time systems“ (Ian Campell)

Permanente Restrukturierung – Umbau von Betriebssystemen, permanente Optimierung, Kundenwechsel – „permanente Ausnahmesituation“

ZUSAMMENHANG

Extensivierung

Intensivierung Flexibilisierung

Permanente Restrukturierung

LEIBLICHE ERSCHÖPFUNG

SOZIALE ERSCHÖPFUNG

• Nach Hause kommen, sich aufs Bett schmeißen und das Telefon abschalten: „Das

steht zum einen dafür, dass niemand anruft und zum zweiten dafür: Lasst mich alle in Ruhe!“

• Nicht mehr schlafen können

• Aufwachen mit dem Gefühl „oje, oje, wie soll ich das alles schaffen?“

• Wäsche waschen geht manchmal noch, aber mit dem Partner reden ist kaum mehr möglich: Das sind so, wo ich sage: Was mache ich hier eigentlich, also

kann das das sein, was ich dauerhaft machen will, wenn einem wirklich abends die Kraft für solche Dinge fehlt? Das kann es nicht sein!“

SOZIALE ERSCHÖPFUNG –

AUCH AUF DER ARBEIT

• Kein Zeit mehr mit den Kolleg*innen

• Kolleg*innen nicht mehr kennen

• Sich nicht mehr über die Arbeit austauschen können

• Kein Verständnis mehr füreinander (bei einem

„schlechten Tag“ oder „Problemen“)

• Arbeit nicht mehr gut machen

können

• Sich Entscheiden müssen zwischen Waschen und

Rausgehen

„POLITISCHE ERSCHÖPFUNG“?

„POLITISCHE ERSCHÖPFUNG“?

• Gefahr der Privatisierung +

Individualisierung von

sozialen und politischen

Ansprüchen

• „man kann ja doch

nichts machen“

• „man muss schauen,

dass man durchkommt“

SOZIALBÜRGERSCHAFT ODER

ARBEITSMARKTBÜRGERSCHAFT?

AUF DEM WEG ZUR

ARBEITSMARKTBÜRGERSCHAFT?

• Soziale Teilhabe = Neudefinition als Teilhabe an

abhängiger Arbeit

• Arbeit als „Job“, abhängig Beschäftige als „Jobber“

• „Re-Hierarchisierung“ , keine Fragen stellen, froh

sein, den Job zu haben oder auch: ihn zu schaffen!

• Notwendige Entfremdung vom Inhalt und Sinn der

Arbeit – um selbst „nicht draufzugehen“

• Individualisierung der Verantwortung für gutes

Arbeiten statt gesellschaftlicher Verantwortung

• Der Mensch als Konsument

VIELEN DANK FÜR DIE

AUFMERKSAMKEIT!