Haus der Ungarndeutschen

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  • 10. - 16. FEBRUAR 2012 NR. 6 FFEEUUIILLLLEETTOONN BUDAPESTER ZEITUNG 9

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    BBuuddaappeesstt kkaamm..

    DDas Objekt, in dem das Haus der Ungarn-

    deutschen (HdU) beheimatet ist, wurde

    Ende des 19. Jahrhunderts erbaut und dank

    der Frderung des deutschen Innenminis-

    teriums in ein imposantes, architektonisch

    anspruchsvoll gestaltetes multifunktionales

    Gebude umgewandelt. Auf insgesamt 1500

    Quadratmetern Flche sind Veranstal-

    tungsrume, Gstezimmer, das Restaurant

    Opus und die Bros der wichtigsten landes-

    weiten ungarndeutschen Vereine und Organi-

    sationen wie der Bund Ungarndeutscher

    Schulvereine, das Ungarndeutsche Kultur-

    und Informationszentrum, der Landesrat Un-

    garndeutscher Chre, Kapellen und Tanz-

    gruppen und die Redaktion des ungarndeut-

    schen Wochenblattes Neue Zeitung unterge-

    bracht.

    FFiinnaannzzpprroobblleemmee

    Lchelnd wartet Erika Tempfli in einer

    Ecke des heimeligen Restaurants und bietet

    neben einem Sitzplatz, passend zur kalten

    Jahreszeit, auch eine heie Schokolade an.

    Ihre Aufgabe sei es, in Ungarn die deutsche

    Minderheit zu frdern und fr diese kulturel-

    le Veranstaltungen im HdU zu planen, zu or-

    ganisieren und zu konzipieren. Dabei arbei-

    te ich eng mit den hier ansssigen Gruppen,

    Verbnden und Vereinen zusammen, die

    Landesselbstverwaltung der Ungarndeut-

    schen ist meine Gastinstitution. Diese wr-

    den unter anderem vom Institut fr Auslands-

    beziehungen (ifa), dem deutschen Ministe-

    rium des Inneren und der deutschen Bot-

    schaft untersttzt, die verschiedene Projekte

    frdern. Es ist durch die finanziellen Kr-

    zungen komplizierter geworden, Veranstal-

    tungen und Projekte auf die Beine zu stellen,

    seufzt Erika und fgt erklrend hinzu, dass

    die Finanzierung vieler kultureller Programme

    oft von mehreren Parteien getragen werde

    und im Moment hufig neue Sponsoren und

    Geldgeber gesucht werden mssten. Dies ma-

    che ihre Arbeit nicht gerade einfacher, meint

    sie bedauernd. Auch gehe es ihr manchmal

    einfach zu brokratisch zu, kritisiert Erika leise.

    LLeeiiddeennsscchhaafftt

    Die junge Frau hat einen spannenden

    Lebensweg hinter sich. Vor ihrer Arbeit bei

    ifa war sie lange Zeit in Sdamerika und lehr-

    te danach als freiberufliche Dozentin Wirt-

    schaft- und Kulturraumstudien spanischspra-

    chiger Lnder, wobei es mehr um die Praxis

    als um die Theorie ging. Damals stellte sie

    fest, dass selbst bei Lndern, in denen diesel-

    be Sprache gesprochen wird und die als ein

    Kulturraum gelten groe Unterschiede zwischen

    den Menschen in Verhalten, Kultur und

    Denken zu beobachten sind. Es wre interes-

    sant gewesen, sich nher damit zu befassen,

    sagt Erika, und begint mit leuchtenden

    Augen von ihrer zweiten Leidenschaft neben

    Spanisch zu sprechen: Amnesty International.

    Seit zehn Jahren sei sie aktiv dabei, habe als

    Studentin damit begonnen und eine eigene

    Gruppe an ihrer Universitt gegrndet.

    Schwerpunktmig habe sie sich damals mit

    Kindersoldaten, dem

    Kampf gegen Folter und

    den Frauenrechten befasst.

    bbeerrzzeeuugguunngg

    Ein besonderes Erleb-

    nis, das sie persnlich sehr

    berhrt habe, sei eine

    Iranerin gewesen, die acht

    Jahre im Gefngnis gefol-

    tert wurde und durch

    Briefe von Migliedern von

    Amnesty International

    Hoffnung schpfte und

    die Tortur durchstand.

    Ich habe sie bei einem

    Vortrag kennenlernen dr-

    fen. Und als sie mir fr ihr

    Leben dankte, wusste ich,

    dass ich das Richtige tue.

    Mit dieser Erfahrung ge-

    strkt ist sie sich sicher,

    dass all die Kritik Am-

    nesty knne nichts aus-

    richten ins Leere gehe.

    Obwohl die finanziellen

    Mittel der Organisation

    knapp bemessen sind, ist

    sich Erika sicher, dass ihre

    Arbeit bei Amnesty den-

    noch etwas bewirken kn-

    ne. Irgendwann gilt die

    allgemeine Erklrung fr

    Menschenrechte weltweit,

    ohne Ausnahme, sagt sie

    im Brustton der berzeu-

    gung.

    UUnntteerrssttttzzuunngg

    In dieser Tradition sehe sie auch ihre Arbeit

    beim HdU. Die Min-

    derheitenrechte in den

    Lndern mssten und

    sollten untersttzt

    und gewahrt werden,

    so die Kulturmana-

    gerin, deswegen er-

    achte sie es als wich-

    tig, die Schulen sowie

    die Sprache und Kul-

    tur besonders zu fr-

    dern. Nur durch Kul-

    turveransta l tungen

    und aktive Teilnahme

    bleibe die Kultur auch

    lebendig. Aus diesem

    Grund bekme im

    HdU neben den ko-

    stenfreien Veranstal-

    tungen fr jedermann

    auch die Wissenschaft

    ihren Platz. So wird jungen Forschern, die im

    Bereich der ungarndeutschen Minderheiten

    engagiert sind, die Mglichkeit geboten, sich

    und ihre Projekte vorzustellen.

    KKuullttuurrvviieellffaalltt

    Das abwechslungsreiche Programm soll al-

    le Generationen ansprechen und jeder

    Kultursparte die Chance geben, sich vorzu-

    stellen. Erika meint augenzwinkernd, dass die

    Weinverkostungen ungarndeutscher Winzer

    bei allen sehr beliebt seien. Auch Konzerte

    und Theater seien gut besucht. Bei Ausstel-

    lungen sei es sehr unterschiedlich, einmal k-

    men nur wenige, ein andermal seien sie

    berlaufen. Nicht so populr seien wissen-

    schaftliche Vortrge, bei denen groteils

    Altakademiker und Studenten das Publikum

    bildeten, und Lesungen. Wobei es bei letzte-

    ren sehr stark vom Thema abhngig sei.

    Stammgste sein vor allem ltere Personen,

    die ein hohes Sprachniveau htten, die

    Deutsche oder Ungarndeutsche seien. Um

    auch die jngeren strker anzusprechen werde

    es einige Vernderungen hin zu Entertain-

    ment und Unterhaltungsprogramm geben.

    EEnnggaaggeemmeenntt

    Unsere neuestes Projekt ist der Lichthof-

    Klub, der speziell fr junge Erwachsene zwi-

    schen 18 und 35 Jahren konzipiert ist, erzhlt

    Erika freudig. Es gbe des Weiteren Sprach-

    kaffees und hnliche Initiativen, bei denen jun-

    gen Menschen, die Deutsch lernen miteinan-

    der reden knnten. Es sei ihr wichtig, dass alle

    ihre Programme kostenlos seien, damit der so-

    ziale Status der Besucher keine Rolle spiele.

    Auch die Faschingsparty im HdU, die am 17.

    Februar stattfindet, sei eintrittfrei. Fr die

    Unterhaltung sorgen DJ Kanada und verschie-

    dene Wettbewerbe wie die Wahl des schnsten

    Schnurrbarts. Die junge Frau hofft auerdem,

    dass sie die meisten Besucher spter auch ko-

    stenlos ins Fogashz mitnehmen kann, um

    dort weiter zu feiern.

    HHeeiimmaatt

    Die Entscheidung, 2010 nach Budapest zu

    gehen, fiel der Kulturmanagerin leicht. Sie sei

    in Rumnien in einem Minderheitengebiet in

    eine deutsch-ungarische Familie geboren und

    dadurch sehr geprgt worden. Jedoch habe sich

    ihre Geburtsstadt so stark verndert, dass sie

    sich eher in Budapest heimisch fhle als dort.

    Die Rechte der Minderheiten und die Men-

    schenrechte lgen ihr wahrscheinlich deswegen

    so am Herzen. Ich definiere mich deutsch und

    ungarisch, wie viele. Und deswegen ist diese

    Arbeit ein wenig so wie ein Trip back to the

    roots, meint Erika zum Abschluss lchelnd.

    IINNEESS GGRRUUBBEERR

    Vortrge und Lesungen gehren fest zum Programm des HdU.

    HHaauuss ddeerr UUnnggaarrnnddeeuuttsscchheenn

    EEnnggaaggeemmeenntt uunndd LLeeiiddeennsscchhaafftt

    HHAAUUSS DDEERR UUNNGGAARRNNDDEEUUTTSSCCHHEENN

    Faschings-Schnurrbart-Party

    17. Februar, ab 18 Uhr

    VI. Lendvay utca 22

    www.hdu.hu

    www.ifa.de

    Die Zahl der Besucher hngt stark vom Thema ab.

    Mit Herzblut bei der Arbeit: Erika Tempfli.