Post on 05-Apr-2015
Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung
Ziele und Instrumente derneuen Arbeitsmarktpolitik
Die „neue“ Arbeitsmarktpolitik - eine Bestandsaufnahme
Akademie der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg
13. März 2003
Dr. Frank Wießner
Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung
SGB III, Job-AQTIV-Gesetz und das Hartz-Konzeptin der Diskussion
Arbeitsmarkt 2003: Warten auf den Aufschwung
Alte und neue Arbeitsmarktpolitik
Ansatzpunkte der Hartz-Reform: Im Prinzip ja, aber ...
Was wir trotzdem brauchen: Ein Policy-Mix für mehr Beschäftigung
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Erwerbstätigenquoten und Arbeitslosenquoten in Deutschland 1991 bis 2003
ET-Quote in %
1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003
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* Arbeitslosenquote in % aller zivilen Erwerbspersonen. ** Erwerbstätige (Inländerkonzept) gemessen an der Bevölkerung im Alter von 15-65 Jahren.
Anmerkung: Werte in den Jahren 2002 und 2003 (mittlere Variante) sind geschätzt.Quelle: IAB-VI/2
Alo-Quote in %
Arbeitslosenquote*
Erwerbstätigenquote**
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1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002
Gesamtdeutsche Arbeitsmarktbilanz 1991- 2002- Inlandskonzept, 2002 Prognose - untere Variante, in Mio -
Erwerbspersonenpotenzial = Erwerbstätige + Arbeitslose + Stille Reserve
Stille Reserve
registrierte Arbeitslose
Erwerbstätige
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Erwerbstätige in Deutschland 1991 bis 2015
- Personen in Mio. -
Mio.
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7 Ost ohne Berlin
West ohne Berlin
Deutschland
Quelle: IABWerkstattbericht Nr. 11/2002
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Hauptgründe für die hohe Arbeitslosigkeit in Deutschland Herausforderung durch starken Anstieg des Erwerbspersonen-potenzials in Westdeutschland
Wirtschaftswachstum zur Schaffung der nötigen Arbeitsplätze zu schwach und Beschäftigungsschwelle zu hoch
durch inflexibles Festhalten an alten Strukturen und Verhaltensweisen
durch häufig zu hohe Steigerungen der Löhne und Sozialabgaben
durch zu wenig konjunkturgerechte und wachstumsfördernde Wirtschafts- und Finanzpolitik
Ostdeutsche Struktur- und Anpassungskrise durch das unterschätzte Versagen der DDR-Planwirtschaft
durch zu schnellen Übergang zu westdeutschen Wirtschafts- und Arbeitsmarktbedingungen
durch zu konsumlastiges Transferprogramm
Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung
Zielvorgaben des SGB IIIEin neues Steuerungssystem der aktiven Arbeitsförderung
1. Abkehr von der konditionalen Steuerungbislang Orientierung überwiegend am Input, am Mittelabfluss, an der Einhaltung von detaillierten Wenn-Dann-Vorgaben für den Maßnahmeeinsatz
2. Stattdessen:Zielvorgaben und Zielvereinbarungenauf allen Ebenen zur Steuerung des Handels (Beratung, Vermittlung, Maßnahmeeinsatz
3. Überprüfung der Zielerreichungdurch Monitoring, Controlling, systematische Evaluation:in Ansätzen bereits im SGB III enthalten; allerdings Probleme bei der Ausformulierung des Zielsystems sowie div. Inkonsistenzen
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Zielsystem der Bundesanstalt für Arbeit (I)
Spannungsfelder: kurzfristige/langfristige Wirkungen individuelle Wirkungen (Mikro-Ebene) und Arbeitsmarktwirkungen
(Makro-Ebene) quantifizierbare und (noch) nicht quantifizierbare bzw. „qualitative“
Wirkungen
Rahmenzielsetzungen: Ausgleich am Arbeitsmarkt (kurz-/langfristig), individuelle
Eingliederungszielsetzung, namentlich von besonders förderungsbedürftigen Personengruppen
Einbettung in die beschäftigungspolitische Zielsetzung der Bundesregierung (kurz-/langfristig, „global“/strukturell)
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Zielsystem der Bundesanstalt für Arbeit (II)
Instrumentenspezifische Zielsetzungen: z.B. ABM/SAM: individuelle Eingliederung Zusätzlich Beiträge zum Entstehen neuer Arbeitsplätze, Vorbereitung
und Ergänzung strukturverbessernder Arbeiten, Verbesserung von sozialer Infrastruktur und Umwelt, neuerdings auch der wirtschaftsnahen Infrastruktur, etc.
Rahmenzielsetzungen für Beratung und Vermittlung: Optimierung von beruflichen Entscheidungen sowie Auswahl- und
Suchprozessen Beiträge zum kurz- und längerfristigen Arbeitsmarktausgleich
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Ziele der Arbeitsmarktpolitik im Job-AQTIV-Gesetz
1. Gesamtwirtschaftliche Ebene Beendigung / Vermeidung von Arbeitslosigkeit hoher Beschäftigungsstand Verbesserung der Beschäftigungsstruktur
2. Regionale Ebene Verbesserung der regionalen Wirtschafts- und Arbeitsmarktstrukturen
3. Individuelle Ebene Erhöhung der Beschäftigungsfähigkeit Erhöhung der beruflichen und geographischen Mobilität
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Neues im Job-AQTIV-Gesetz(Aktivieren, Qualifizieren, Trainieren, Investieren, Vermitteln)
Intensivierung von Arbeitsvermittlung und Berufsberatung
Ausbau der beruflichen Qualifizierung für Arbeitslose und Beschäftigte
Beschäftigung schaffende Infrastrukturförderung
Arbeitnehmerüberlassung
Gleichstellung von Männern und Frauen
Verbesserte Förderung von Jugendlichen(ab 2004 aus JUSOPRO)
Förderung bürgerschaftlichen Engagements
Eingliederungsbilanz und Wirkungsforschung
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Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt
- Die Vorschläge der Hartz-Kommission -
Entnommen aus: Bericht der (Hartz)-Kommission (2002): Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt. Berlin 16.8.2002
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Ansatzpunkte der Hartz-Reform
Zurückdrängung der Schattenwirtschaft Ich-AG; Mini- und Midi-Jobs
Weniger Überstunden Deregulierung der Zeitarbeit; PSA; effizientere Vermittlung
Mehr Teilzeit Mini- und Midi-Jobs
Stärkerer Lohnwettbewerb Mini- und Midi-Jobs; Leistungskürzungen; strengere Zumutbarkeit
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Ansatzpunkte der Hartz-Reform - Fortsetzung
Mehr Selbständige Ich-AG
Verbessertes Matching Reform der BA; effizientere Vermittlung; Zeitarbeit und PSA;
wirksamere Qualifizierung
Mehr Chancen für Ältere Möglichkeit der „sachgrundlosen Befristung von
Beschäftigungsverhältnissen ab dem 50. Lj.; Entgeltsicherung
Finanzierung von Beschäftigung Job Floater
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Instrumente der Aktivierung
Maßnahmen als „Test“ für die Arbeitsneigung
Überprüfung der Verfügbarkeit Wiedereingliederung in den ersten Arbeitsmarkt (auch temporär) Vermeidung von Einsperreffekten
Anreize und Sanktionen bei der Gewährung von Lohnersatzleistungen
Verbesserte Zuverdienstmöglichkeiten und Wiedereingliederungsprämien Verkürzung der Bezugsdauer Striktere Anwendung der Zumutbarkeitsregelungen
Intensivierung der Suche durch verstärkte Vermittlungsbemühungen
Schaffung hoher Markttransparenz Frühzeitige Meldung und Stärkung der Eigensuche Verbindliche Wiedereingliederungspläne
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Wirkungsdimensionen aktivierender Arbeitsmarktpolitik- Verbindliche Wiedereingliederungspläne und
Vermittlungsoffensive -
Mikroebene
Verbesserung der Wiedereingliederungschancen Einmündung in Beschäftigung Stabilität von Beschäftigung und Einkommen
Makroebene
Lohnmoderation durch höheres und effektiveres Angebot Vermeidung personeller Engpässe Vermeidung von Mismatch Verkürzung der Suchzeiten Verdrängung der Stillen Reserve Auswirkungen auf Meldeverhalten
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Vermittlung und verbindliche Wiedereingliederungspläne
- Ergebnisse vorliegender Evaluationsstudien -
Relativ hohe Wirksamkeit von Vermittlung und Beratung i.S. einer Erhöhung der Abgangswahrscheinlichkeit aus Arbeitslosigkeit, insbesondere in Verbindung mit verbindlichen Wiedereingliederungsplänen
Stabilität der Effekte ist offen, denn es gibt Hinweise auf Lohnverluste nach Reintegration
Aufwärtsmobilität durch Aktivierung?
Rückzug von Arbeitslosen mit bisher geringer Suchintensität
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Effekte wachsender Inanspruchnahme der Zeitarbeit
- Die makroökonomische Dimension -
Durch Deregulierung zusätzliche Aktivitäten und mehr Beschäftigung bei Zeitarbeitsagenturen
Ausweitung der Beschäftigung geht aber in nennenswertem Umfang zu Lasten von Entleihbetrieben in anderen Branchen
Positiveffekte:
- Produktionsausweitung infolge Kostensenkung,
- kürzere Vakanzzeiten,
- vermeidbare Überstunden,
- Beitrag zur Überwindung von Arbeitskräfteengpässen.
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Effekte wachsender Inanspruchnahme der Zeitarbeit
- Die mikroökonomische Dimension -
Effizienzsteigerung in Betrieben durch verbesserte Auslastung des Faktors Arbeit
Einstiegshilfe für Erwerbslose, Berufseinsteiger und Berufsrückkehrer (“Klebeeffekt” und Brückenfunktion”)
Bei entsprechender Zielgruppenorientierung ist subventionierte Zeitarbeit als arbeitsmarktpolitisches Instrument positiv (Wiedereingliederung im Vergleich mit Kontrollgruppen)
Von flächendeckender Einführung der subventionierten Zeitarbeit ist dagegen abzuraten (zu geringe Nachfrage; Mitnahme- und Verdrängungseffekte)
Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung
Zeitarbeit als Hoffnungsträger ?
Regulierungen verhindern, dass Zeitarbeit Potenzial voll entfalten kann (Vermeidung von Überstunden, Verkürzung von Vakanzzeiten, Integrationswirkung)
Bessere Arbeitsbedingungen und Entlohnung eher im Interesse von Zeitarbeitnehmern als “Beschäftigungsbarrieren”
Künftige Entwicklung abhängig von:
Öffnung der Zeitarbeit Deregulierung der “Normalarbeit” betrieblichen Flexibilisierungsstrategien und -präferenzen demographisch bedingten Fachkräfteproblemen arbeitsmarktpolitischer Intervention
Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung
„Im Prinzip ja, aber ...“Gesamteinschätzung der Hartz-Reform
“JA”: Verbesserung des arbeitsmarktpolitischen Rahmens und Richtung
ordnungspolitischer Korrekturen
Wirksames Zusammenspiel der “Profis der Nation”
“ABER...”: Nachhaltiger Abbau der Arbeitslosigkeit nur über deutlich mehr Beschäftigung
Hauptproblem ist die fehlende wirtschaftliche Dynamik
Policy-Mix: Sofortmaßnahmen und längerfristig wirksame Strukturreformen
Aktivierende Arbeitsmarktpolitik kann ergänzen, aber nicht ersetzen
Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung
Wege aus der ArbeitsmarktkriseAnsatzpunkte
auf der Angebots- und Nachfrageseite gleichermaßen
Elemente kurzfristig wirksame makroökonomische Interventionen längerfristig wirkende strukturelle Reformen
Fiskalpolitik Beschäftigungsorientierung unter Beachtung von Konsolidierungszielen
Ordnungspolitik Gezielte Deregulierung und behutsame Anpassungen des Transfersystems unterstützen den Bestand
des Sozialstaates
Arbeitsmarktpolitik Beschleunigung des Arbeitsmarktausgleichs und Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit
Tarifpolitik: Löhne und Arbeitszeit Moderate Lohnsteigerungen, flexible Formen der Arbeitszeitverkürzung
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Fazit
Ziel Verbesserung der Arbeitsmarktperformance Abbau von Beharrungs- und Abwehrtendenzen
Strukturreformen so schnell wie möglich angehen
Flankierung kurzfristige Maßnahmen zur Beschäftigungsförderung
Raum für Finanz-, Arbeitsmarkt- und Tarifpolitik
Keine überzogenen Erwartungen an quantitativen Erfolg und Zeithorizont!
Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung
WERBUNGIn eigener Sache ...
IABwerkstattbericht Nr. 11/2002: „Wege aus der Arbeitsmarktkrise“Finanzpolitik , Ordnungspolitik, Arbeitsmarktpolitik und Tarifpolitik auf dem Prüfstand
IAB werkstattbericht Nr. 13/2002:„Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt“Stellungnahme des IAB zum Bericht der „Hartz-Kommission“
http://www.iab.de/iab/publikationen/wb2002.htm