Interdependenztheorie (Thibaut & Kelley, 1959) Lernpsychologischer Ansatz, da Belohnungen (und...

Post on 05-Apr-2015

108 views 4 download

Transcript of Interdependenztheorie (Thibaut & Kelley, 1959) Lernpsychologischer Ansatz, da Belohnungen (und...

Interdependenztheorie (Thibaut & Kelley, 1959)

Lernpsychologischer Ansatz, da Belohnungen (und Kosten) thematisiert werden, die sich aus sozialen Interaktionen ergeben.

Motivationspsychologisch: Der Mensch strebt nach Belohnungen und vermeidet Kosten.

Kann jedoch auch als kognitiver Ansatz aufgefasst werden, da Belohnungen und Kosten kognitiv bewertet werden.

Interdependenztheorie (Thibaut & Kelley, 1959)

Menschen beeinflussen das Interaktionsergebnis des anderen (interdependent)

Ergebnis soll möglichst positiv sein

Ergebnis = Nutzen – Kosten

Zufriedenheit: Ergebnis im Vergleich zu Vergleichslevel (comparison level CL), entstanden durch frühere Beziehungen, Beobachtung der Beziehungen anderer

Stabilität: Ergebnis im Vergleich zur besten Alternative (CLalt), das ist Alleinleben oder andere Beziehung

daraus folgt: Zufriedenheit und Stabilität haben unterschiedliche Prädiktoren und müssen nicht übereinstimmen

Ergebnismatrix

Natur zu Hause

zu Hause

2

1

3

Natur

Natur zu Hause Natur zu Hause Natur zu Hause

Reflexive Kontrolle Schicksalskontrolle Verhaltenskontrolle resultierendeErgebnismatrix

+ + =PAUL

ILSE ILSE ILSE ILSE

2

3 3

0

0

0 0

1

1

1

3

3

3

3

7

2

3

6

3

1

1

0

0

0 0

0

0

00

Kontrolle

reflexive Kontrolle (Haupteffekt)

Schicksalskontrolle (Haupteffekt)

Verhaltenskontrolle (Wechselwirkung)

Abhängigkeit groß bei niedriger reflexiver Kontrolle hoher Schicksals- oder Verhaltenskontrolle geringer Qualität der Alternativen

Ilse

Natur

Ilse

Haus

Paul

Natur

- +

Paul

Haus

- +

Reflexive Kontrolle (Ergebnisse der Frau)

Ilse

Natur

Ilse

Haus

Paul

Natur

- -

Paul

Haus

+ +

Schicksalskontrolle (Ergebnisse der Frau)

Ilse

Natur

Ilse

Haus

Paul

Natur

+ -

Paul

Haus

- +

Verhaltenskontrolle (Ergebnisse der Frau)

Reflexive Kontrolle: Ilse möchte zu Haus bleiben und fühlt sich wohl, wenn sie das tut, unabhängig vom Verhalten des Partners.

Schicksalskontrolle: Ilse möchte, dass Paul zu Hause bleibt, um etwas zu reparieren, wenn er das tut, ist sie zufrieden, unabhängig von ihrem eigenen Verhalten.

Verhaltenskontrolle: Ilse möchte etwas mit Paul zusammen unternehmen, egal was. Sie ist zufrieden, wenn beide das Gleiche tun, ihr Ergebnis hängt von der Kombination des Verhaltens beider Partner ab.

Beispiele

Transformation der Motivation

Man ist nicht uneingeschränkt egoistisch, denn

1. Positive Beiträge des Partners sind für einen selbst belohnend.

2. Ereignisse sind nach Wiederholung weniger belohnend.

Prinzipien: Maximierung der Ergebnisse des Partners Maximierung der gemeinsamen Ergebnisse Ausgeglichene Ergebnisse (Gerechtigkeit) Rotationsprinzip Maximierung der Differenz (Wettbewerbsprinzip)

Interpersonelle OrientierungSenkrecht: Ergebnisse Partner; waagerecht: eigene Ergebnisse

Investmentmodell Rusbult (1983)

Kosten-Nutzen-Bilanzder eigenen Beziehung, gemessen am persönlichen Vergleichsniveau

Zufriedenheit

Alternativen Verfügbarkeit und Qualität möglicher Alternativen

Investment ideelle und materielle Ressourcen, die in eine Beziehung investiert werden und bei Beendigung dieser evtl. verloren gehen

Commitment Gefühl von Verpflichtung und Bindung gegenüber Beziehung und Partner

Aufrecht-erhalten

+

-

+

+der Beziehung

Befunde zum Investitionsmodell

Modellannahmen zum Interdependenzmodell gut bestätigtAusnahmen: Kosten (da leicht zu verwechseln mit Investition) Vergleichsniveau nicht miterhobenBeziehungszufriedenheit ist eine Mediatorvariable für den

Zusammenhang zwischen Belohnung und Commitment (UV korreliert mit AV, Mediator korreliert mit UV und AV, nach Kontrolle des Mediators korrelieren UV und AV nicht mehr)

Modell sagt auch akkomodatives Verhalten, Opferbereitschaft, Abwertung von Alternativen (Dissonanztheorie) und optimistische Wahrnehmung vorher.

Equity-Theorie Walster, Berscheid & Walster (1973)

Gerechtigkeitsforschung distributive Gerechtigkeit (Aufteilungsgerechtigkeit) prozedurale Gerechtigkeit

Gerechtigkeitsprinzipien Gleichheitsprinzip (jedem das Gleiche) Bedürfnisprinzip (jedem das Seine) Beitragsprinzip (jedem das, was er verdient)

Equity-Theorie Walster, Berscheid & Walster (1973)

Beitragsprinzip:

Gerechtigkeit besteht, wenn das Verhältnis zwischen dem, was man bekommt, und dem, was man beiträgt, bei beiden Personen gleich ist:

Outcome A / Input A = Outcome B / Input B (gerecht)

Outcome A / Input A > Outcome B / Input B (Vorteil)

Outcome A / Input A < Outcome B / Input B (Nachteil)

Equity-Theorie Walster, Berscheid & Walster (1973)

1. Personen versuchen ihre Ergebnisse zu maximieren (Ergebnisse: Belohnungen minus Kosten).

2 a. Gruppen können ihre gemeinsamen Belohnungen durch die Entwicklung akzeptierter Systeme für die gerechte Verteilung von Belohnungen und Kosten maximieren. Somit entwickeln Gruppen Systeme der Equity und versuchen ihre Mitglieder zu bewegen, diese Systeme zu akzeptieren.

2 b. Gruppen belohnen solche Mitglieder, die andere gerecht behandeln, und bestrafen die Mitglieder, die andere Mitglieder ungerecht behandeln.

3. Personen, die sich selbst als Teilnehmer ungerechter Beziehungen wahrnehmen, erleben Stress. Je ungerechter die Beziehung wahrgenommen wird, desto mehr Stress wird erlebt.

4. Personen, die sich selbst als Teilnehmer ungerechter Beziehungen wahrnehmen, versuchen, den erlebten Stress durch die Wiederherstellung von Gerechtigkeit abzubauen. Je größer die Ungerechtigkeit ist und je mehr Stress erlebt wird, desto stärker wird versucht, die Equity wiederherzustellen.

Equity und Zufriedenheit (These 3)

überbelohnt ausgew ogen unterbelohnt

Zuf

riede

nhei

t

Equity-Wiederherstellung (These 4)

Outcome A / Input A = Outcome B / Input B (gerecht)

9 Möglichkeiten, Gerechtigkeit wieder herzustellen direkte Beeinflussung der vier Komponenten (=Outcomes

und Inputs) kognitive Uminterpretierung der vier Komponenten Beziehung verlassen

empirische Studie: Personen in der Nachteil-Position gehen eher fremd

Entstehung von Ungerechtigkeit

1. Bestimmte Eigenschaften der Partner, die zur Ungerechtigkeit beitragen, werden erst nach längerer Zeit offenbar.

2. Partner ändern ihre Eigenschaften (z.B. durch Gewichtsabnahme oder einen neuen Job).

3. Bestimmte Eigenschaften prädestinieren die Personen zu einer bestimmten Position, z.B. ein ängstlicher Bindungsstil führt oft zu einer Nachteil-Position.

Hier ist die Theorie widersprüchlich, sie behauptet, die Beziehungen müssten mit der Zeit immer gerechter werden, andererseits postuliert sie Partnerwahl auf der Grundlage von Equity.

Unterschiede im Austausch zwischen Paarbeziehungen und anderen Beziehungen

Walster, Berscheid & Walster (1973)

1. Personen in intimen Beziehungen lieben oder mögen sich sehr, und ihre Leben sind tief miteinander verflochten, was in flüchtigen Beziehungen nicht zutrifft.

2. Im Unterschied zu eher flüchtigen Beziehungen werden in intimen Beziehungen persönliche Informationen ausgetauscht (z.B. biographische Daten, persönliche Werte etc.).

3. Im Unterschied zu flüchtigen Beziehungen sind intime Beziehungen in der Regel längerfristig. Die Komplexität des Austauschs ist in intimen Beziehungen aufgrund der Vielfalt der Güter, die über einen längeren Zeitraum ausgetauscht werden, größer als in flüchtigen Beziehungen. Prinzip des langfristigen Kredits.

Unterschiede im Austausch zwischen Paarbeziehungen und anderen Beziehungen

Walster, Berscheid & Walster (1973)

4. Die Ressourcen, die in intimen Beziehungen ausgetauscht werden, sind wertvoller als die Ressourcen, die in flüchtigen Beziehungen ausgetauscht werden (z.B. Zeit, Anstrengung, persönliche Informationen und Geld).

5. Die Vielfältigkeit der austauschbaren Güter nimmt mit der Intensität der Beziehung zu. In einer intimen Beziehung können eher Ressourcen aus allen sechs Ressourcenklassen (Informationen, Status, Liebe, Dienstleistungen, Güter, Geld) nach Foa & Foa (1980) ausgetauscht werden als in einer flüchtigen Beziehung. In flüchtigen Beziehungen hingegen werden eher Ressourcen ausgetauscht, die konkret und unabhängig von der Person des Gebers sind (z.B. Geld, Güter, Dienstleistungen und Informationen, nicht aber Liebe und Status).

Unterschiede im Austausch zwischen Paarbeziehungen und anderen Beziehungen

Walster, Berscheid & Walster (1973)

6. In intimen Beziehungen können Ressourcen aus verschiedenen Klassen gegeneinander ausgetauscht werden, während in flüchtigen Beziehungen sich der Ressourcentausch eher auf wenige verschiedene Klassen bezieht (z.B. Dienstleistungen gegen Geld). Wenn ein Partner seiner Partnerin Geld schuldet, kann er ihr dieses in verschiedener Weise „zurückzahlen“ (z.B. in Form von Zuneigung, Dienstleistungen wie Kochen, Hausarbeit usw.). Dies ist in einer flüchtigen Beziehung nicht denkbar.

7. Ein weiteres Merkmal intimer Beziehungen besteht darin, dass sich Personen in Paarbeziehungen häufig als eine Einheit bzw. als ein Paar betrachten, so dass der Nutzen meines Partners mein Nutzen ist.

Befunde zu Equity: Partnerwahl

Kiesler & Baral (1970) führten mit männlichen Teilnehmern einen Intelligenztest durch und gaben ihnen eine falsche Rückmeldung über das Ergebnis, in der sie entweder gelobt oder getadelt wurden. Dadurch wurde ihr aktuelles Selbstwertgefühl entweder erhöht oder erniedrigt. Danach wurden die Männer mit einer Frau zusammengebracht, die entweder durch Kleidung, Make-up und Frisur attraktiv oder nicht attraktiv zurechtgemacht war. Die Männer, deren Selbstwertgefühl gestärkt worden war, näherten sich der Frau häufiger, wenn sie attraktiv war, durch Komplimente oder Einladungen, getadelte Männer näherten sich der Frau hauptsächlich in der unattraktiven Bedingung. Eine Frau mit ähnlicher sozialer Wünschbarkeit wurde also bevorzugt angesprochen.

Befunde zu Equity: Partnerwahl

In einer Studie mit Personen in bestehenden Beziehungen fragten Berscheid, Walster & Bohrnstedt (1973), wer in der Beziehung der attraktivere/reichere/liebevollere Partner sei. Je mehr die Attraktivität des einen Partners die des anderen Partners übersteigt, desto reicher bzw. liebevoller ist der andere.

Befunde zu Equity: Zufriedenheit

Eine bestehende Liebesbeziehung sollte um so wahrscheinlicher fortbestehen, je ausgewogener sie ist (Walster, Walster & Berscheid, 1978). Bei unverheirateten Paaren gehen die ausgewogenen Paare eher eine sexuelle Beziehung ein als die unausgewogenen. Ein Grund dafür dürfte sein, dass diese Partnerschaften für stabiler gehalten werden als unausgewogene und auch tatsächlich nach drei Monaten in mehr Fällen andauern als unausgewogene (Hatfield, Walster & Traupmann, 1979). Die Autoren zeigten auch, dass unverheiratete Personen in ausgeglichenen Partnerschaften glücklicher und zufriedener sind als unausgeglichene. Eine Längsschnittstudie von VanYperen & Buunk (1990) deutet darauf hin, dass eher die Gerechtigkeit ursächlich verantwortlich für die Zufriedenheit ist als umgekehrt.

Messung von Gerechtigkeit

Globale Messung (Hatfield, Utne & Traupmann, 1979)

Wenn Sie das Geben und Nehmen in Ihrer Partnerschaft betrachten, zu welchem Ergebnis kommen Sie dass?

Ich schneide viel besser ab als mein Partner.

Ich schneide um einiges besser ab als mein Partner.

Ich schneide etwas besser ab als mein Partner.

Wir schneiden beide gleich gut ab.

Ich schneide etwas schlechter ab als mein Partner.

Ich schneide um einiges schlechter ab als mein Partner.

Ich schneide viel schlechter ab als mein Partner.

Messung von Gerechtigkeit

Differenzierte Messung (Hatfield, Utne & Traupmann, 1979)

Beispielitem:

A: "Mein Partner hat Humor." (stimmt nicht-stimmt)

B: "Das wirkt sich auf mich aus:" (sehr schlecht-sehr gut)

C: "Ich habe Humor."

D: "Das wirkt sich auf meinen Partner aus:"

Berechnung von (B/C) - (D/A) und Summierung über alle Items

Probleme: kein Verhältnisskalenniveau; 4 Antworten pro Item

Beispielitem:

Ich bin sehr viel liebevoller zu meinem Partner als er zu mir. Ich bin viel liebevoller zu meinem Partner als er zu mir. Ich bin um einiges liebevoller zu meinem Partner als er zu mir. Ich bin etwas liebevoller zu meinem Partner als er zu mir. Ich bin genauso liebevoll zu meinem Partner wie er zu mir. Mein Partner ist etwas liebevoller zu mir als ich zu ihm. Mein Partner ist um einiges liebevoller zu mir als ich zu ihm. Mein Partner ist viel liebevoller zu mir als ich zu ihm. Mein Partner ist sehr viel liebevoller zu mir als ich zu ihm.

nur noch eine Antwort pro Item nötig, kein Verhältnisskalenniveau

Differenzierte Messung nach Rohmann (2000)

Fragebogeninhalte:

Mögen / Bindung (=Emotionen)Gefühle zeigen (=Verhalten)AttraktivitätSozialer StatusSoziale Fertigkeiten

Differenzierte Messung nach Rohmann (2000)

Messung von Gerechtigkeit

Probleme der differenzierten Messung

korreliert nicht mit globaler Messung

unklar, ob relevante Attribute angesprochen werden

Summierung unkorrelierter Testteile (die Equity-Theorie erlaubt das „Erkaufen“ einer fehlenden Eigenschaft durch eine andere Eigenschaft, die Testtheorie erlaubt nur Summierung korrelierter Testteile)

Summierung inhaltlich widersprüchlicher Testteile: Eigenschaften, die einem selbst zu Gute kommen Verhaltensweisen, die dem Partner zu Gute kommen

Messung von Gerechtigkeit

Lösung der Probleme

Bildung von in sich homogenen Subskalen bei dem differenzierten Fragebogen (vgl. Rohmann, 2000)

Durch Befragung prüfen, ob relevante Attribute angesprochen werden

Prüfen, ob globales Messinstrument missverständlich ist

Grenzen der Equity-Theorie

Nur bestimmte Personen sind austauschorientiert. Man ist in flüchtigen Beziehungen austauschorientierter

als in intimen. Man ist in Konfliktsituationen austauschorientierter als in

glücklichen Phasen. Die Ergebnisse zum Zusammenhang zwischen Equity und

Zufriedenheit lassen sich auch als Effekt der Ähnlichkeit interpretieren. Z.B. wenn beide Partner sehr liebevoll, mäßig attraktiv und statusniedrig sind, besteht in allen Merkmalen Ähnlichkeit, nicht nur Equity