Post on 01-Sep-2020
JAHRE DEUTSCHE EINHEIT20Mit Kopiervorlagen für den handlungsorientierten Unterricht
zeitbildW I S S E N
Jahrgang 52
September 2010
Ermutigt fühlt sich die Bürgerbewegung durch die Entwick-lung in den anderen Staaten des Warschauer Pakts: durch den Sieg der freien Gewerkschaft Solidarno�� in Polen,
die Öffnung der ungarisch-österreichischen Grenze und durch die Reformpolitik Gorbatschows in der Sowjetunion.Anfangs, im September 1989, versuchen Polizei und Staatssicher-heit noch, die Proteste gewaltsam zu unterbinden. Immer wieder gibt es Festnahmen. Doch als am 9. Oktober in Leipzig vor den Augen der Weltöffentlichkeit 70.000 Menschen demonstrieren, ist der Bann gebrochen. Von nun an ist klar, dass die Herrschaft der SED ihrem Ende entgegengeht. Eine wichtige Rolle spielen die Kirchen. Schon in den 70er- und frühen 80er-Jahren boten sie Frie-dens- und Umweltgruppen Unterschlupf und Raum für Diskus-sionen. 1989 sind die Friedensgebete in den Kirchen regelmäßig Ausgangspunkt der Demonstrationen, die von Mal zu Mal größere Dimensionen annehmen.Am 18. Oktober tritt SED-Generalsekretär Erich Honecker zurück, doch die Proteste gegen das Regime gehen weiter. Die Menschen protestieren gegen staatliche Bevormundung und Bespitzelung, gegen Umweltzerstörung und sozialistische Misswirtschaft. Am 4.
November demonstrieren Hunderttausende auf dem Berliner Alexanderplatz, drei Tage später treten die Regierung der DDR und das SED-Politbüro zurück. Am 9. November 1989 ist es soweit: Mit der Mauer in Berlin fällt das verhasste Symbol der Teilung zwischen Ost- und Westdeutschland – und Millionen Ostdeutsche nutzen in den kommen-den Tagen und Wochen ihre neue Freiheit nach 40 Jahren Abschottung.
„Wenn wir zu spät kommen, bestraft uns das
Leben sofort“ – dieser Ausspruch des sow-
jetischen Parteichefs Michail Gorbatschow
ist im Oktober 1989 in aller Munde. Binnen
kurzer Zeit bewahrheitet er sich – erst an
der Herrschaft der SED, schließlich an der
DDR selbst und 1991 an der Sowjetunion.
Während Zehntausende aus dem Osten
Deutschlands in den Westen fl üchten, gehen
daheim in der DDR Hunderttausende auf die
Straße.
DIE MAUER FÄLLT...DAS JAHR 1989
Ein kleiner „Mauerspecht“ bei der Arbeit. Wie das junge Mädchen
begannen kurz nach dem Mauerfall zahlreiche Menschen, die
Mauer zu zerkleinern und sich als Souvenir ein Stück Geschichte
zu sichern.
Zwei Grenzsoldaten
stehen auf Posten und starren in
Richtung Bundesrepublik.
“Woran denkst du jetzt?“,
unterbricht der eine das Schweigen.
“Daran, woran auch du denkst.“
“Dann muss ich dich jetzt
verhaften!“
Friedensgottesdienst
in der Nikolaikirche in
Leipzig. Die regelmäßi-
gen Friedensgebete
waren ab Herbst 1989
der Ausgangspunkt für
die Montagsdemon-
strationen gegen das
SED-Regime.
2 Zeitbild Wissen
Teil 1
Die Mauer fällt ................................................4
... und ein System bricht zusammen ....5
Wegbereiter der Einheit ...........................7
Vollendung der Einheit ...............................9
Der Neuanfang ............................................12
Die wirtschaftliche Entwicklung
im Überblick ..................................................16
Die innere Einheit ......................................20
Deutschland in Europa ............................22
... und in der Welt ......................................23
Teil 2
Kopiervorlagen für den
handlungsorientierten Unterricht .....24
Inhalt
3 Zeitbild Wissen
Die Deutsche Einheit ist in unserer Geschichte etwas Einzigartiges.
Zum ersten Mal leben die Menschen in Deutschland dauerhaft in Einheit, Freiheit und
freundschaftlichen Beziehungen zu allen unseren Nachbarn in Europa und vielen Partnern auf der ganzen Welt
zusammen. Damit haben wir etwas Großes geschafft und geschaffen.
Die Bilanz der Deutschen Einheit ist
insgesamt positiv, auch wenn sich
nicht alle Träume erfüllt haben und
noch vieles zu tun bleibt. Der völlige
gesellschaftliche und wirtschaftliche
Umbruch hat von den Menschen im Osten eine
enorme Bereitschaft zur Um- und Neuorientie-
rung in allen Lebensbereichen verlangt. Die Men-
schen im Westen haben beeindruckende Solidar-
leistungen für den Aufbau Ost aufgebracht. Zu den
Folgen zählt allerdings auch ein überdurchschnitt-
licher Anstieg der Staatsverschuldung. Die Moder-
nisierung der Wirtschaft nach 40 Jahren zentraler
Planwirtschaft und Abschottung vom Weltmarkt
erweist sich als schwieriger und langwieriger Pro-
zess. Doch die Menschen in den Neuen und den
alten Ländern haben gemeinsam eine gewaltige
Aufbauleistung vollbracht. Ohne den Mut derer,
die sich 1989 gegen die SED-Diktatur aufgelehnt
hatten, wäre das alles nicht möglich gewesen.
Die Einheit ist erreicht: In der Nacht zum 3. Oktober 1990 versammeln sich Hunderttausende vor dem
Reichstag in Berlin, der im Einigungsvertrag festgelegten neuen alten deutschen Hauptstadt,
als kurz vor Mitternacht die schwarz-rot-goldene Fahne zum Zeichen der Einheit aufgezogen wird.
Die Freiheitsglocke läutet. Um null Uhr ist die Deutsche Einheit erreicht, die Spaltung überwunden.
In ganz Deutschland wird dieses Ereignis mit Straßenfesten und Feuerwerk gefeiert.
4 Zeitbild Wissen
Ein kleiner „Mauerspecht“ bei der Arbeit. Wie das junge Mädchen
beginnen kurz nach dem Mauerfall zahlreiche Menschen, die
Mauer zu zerkleinern und sich als Souvenir ein Stück Geschichte
zu sichern.
DIE MAUER FALLT
Zwei Grenzsoldaten
stehen auf Posten und starren in
Richtung Bundesrepublik.
“Woran denkst du jetzt?“,
unterbricht der eine das Schweigen.
“Daran, woran auch du denkst.“
“Dann muss ich dich jetzt
verhaften!“
Friedensgottes-
dienst in der Nikolai-
kirche in Leipzig.
Die regelmäßigen
Friedensgebete sind
ab Herbst 1989 der
Ausgangspunkt für
die Montagsdemons-
trationen gegen das
SED-Regime.
Ermutigt fühlte sich die Bürgerbewegung durch die Ent-wicklung in den anderen Staaten des Warschauer Pakts: durch die erste halbfreie Wahl in Polen, die Öffnung der
ungarisch-österreichischen Grenze und durch die Reformpolitik Gorbatschows in der Sowjetunion. Anfangs, im September 1989, versuchten Polizei und Staats-sicherheit noch, die Proteste gewaltsam zu unterbinden. Immer wieder gab es Festnahmen. Doch als am 9. Oktober 70.000 Menschen – weit mehr als die Sicherheitskräfte erwartet hat-ten – demonstrierten, war der Bann gebrochen. Von nun an gingdie Herrschaft der SED ihrem Ende entgegen. Eine wichtige Rolle spielten die Kirchen. Schon in den 70er- und frühen 80er-Jahren hatten sie Friedens- und Umweltgruppen Unter-schlupf und Raum für Diskussionen geboten. 1989 waren die Friedensgebete in den Kirchen regelmäßig Ausgangspunkt der Demonstrationen, die von Mal zu Mal größere Dimensionen annahmen. Am 18. Oktober trat SED-Generalsekretär Erich Honecker zurück, doch die Proteste gegen das Regime gingen weiter. Die Menschen protestierten gegen staatliche Bevormundung und
Bespitzelung, gegen Umwelt-zerstörung und sozialisti-sche Misswirtschaft. Am 4. November demonstrierten Hunderttausende auf dem Berliner Alexanderplatz, dreiTage später traten die Regierung der DDR und das SED-Politbüro zurück. Am9. November 1989 war es so weit: Mit der Mauer in Ber-lin fi el das verhasste Symbol der Teilung – und Millionen Ostdeutsche nutzten in den kommenden Tagen und Wochen ihre neue Freiheit.
„Wenn wir zu spät kommen, bestraft uns
das Leben sofort.“ Dieser Ausspruch des
sowjetischen Staats- und Parteichefs Michail
Gorbatschow war im Oktober 1989 in aller
Munde. Binnen kurzer Zeit bewahrheitete
er sich – erst an der Herrschaft der SED,
schließlich an der DDR selbst und 1991 an
der Sowjetunion. Während Hunderttausende
aus dem Osten Deutschlands in den Westen
fl üchteten, gingen daheim in der DDR Hun-
derttausende auf die Straße.
DA
S JA
HR
1989
5 Zeitbild Wissen
‘‘D
ie wachsende politische und wirtschaftliche Unzufriedenheit
führte zu einer Massenfl ucht der Menschen aus der DDR.
Hunderttausende drängten unter Zurücklassung ihrer
gesamten Habe über die Grenzen oder fl üchteten sich in die
Botschaften der Bundesrepublik in Prag und Warschau, weil sie die
frustrierenden und hoffnungslosen Zustände, die leeren Versprechen
und die Reformunwilligkeit in der Heimat satt hatten. Sie verließen
die DDR wegen der fehlenden Meinungs- und Reisefreiheit, wegen
der Bespitzelung durch die Staatssicherheit, wegen Zensur und sys-
tematischer politischer Verfolgung und Unterdrückung. Und nicht
zuletzt wandten sich die Menschen von der DDR ab, weil den
Machtinhabern jede demokratische Legitimation durch freie Wahlen
fehlte. Die Menschen liefen aber auch vor einem wirtschaftlichen
System davon, das die Lebenschancen einschränkte und die sozia-
listischen Staaten des „Ostblocks“ an den Rand des Abgrundes
gewirtschaftet hatte.
Zahlen zur deutschen Teilung
• Gesamtlänge der Berliner Mauer: 155 Kilometer
• Länge der innerdeutschen Grenze: 1.378 Kilometer
• Todesopfer an der Berliner Mauer und an der innerdeutschen Grenze: mehr als 1.000*
• Stasi-Unterlagen: 160 Kilometer Akten
• Flucht- und Ausreisebewegung aus der SBZ/DDR in die Westzonen/Bundesrepublik
Deutschland (1945–1990): 4.617.331, davon (illegale) Flüchtlinge: 3.148.547
• Zahl der MfS-Mitarbeiter 1989: 91.000 hauptamtliche Mitarbeiter, 189.000 Inoffizielle Mitarbeiter
(inkl. Auslandsgeheimdienst Hauptverwaltung Aufklärung)
UND EIN SYSTEM
1989 stand die DDR am Rande des politischen
und wirtschaftlichen Bankrotts. Fehlende
Freiheiten und Menschenrechtsverletzungen
standen neben Versorgungsengpässen bei
Gütern des täglichen Bedarfs auf der Tages-
ordnung. Dazu marode Städte, zerfallende
Infrastruktur und eine teilweise
zerstörte Umwelt.
BRICHTZUSAMMEN
000*
k
izielle Mitarbeiter
* Vorstudie von Prof. Dr. Detlef Schmiechen-Ackermann, Leibniz-Universität Hannover, Juli 2006. Über die genaue Anzahl der Todesopfer an der innerdeutschen Grenze zu den alten Bundesländern gibt es noch keine gesicherten Erkenntnisse.
“Bürger, können Sie sich ausweisen?“,
fragt der Volkspolizist.
“Wieso, kann man das jetzt
schon selber tun?“
Bundeskanzlerin Angela Merkel:
Die DDR war auf Unrecht gegründet. Es gab keine legale Opposition.
Es gab keine unabhängige Justiz. Es gab keine kritischen Medien.
Bevormundung, Unterdrückung von Widerspruch, Überwachung und Bespitzelung
waren ständig anwesende Begleiter des täglichen Lebens. Hinter dem
Schießbefehl stand nichts anderes als pure Menschenverachtung. ‘‘
OstblockAls „Ostblock“ bezeichnete man nach dem Zweiten Weltkrieg die
kommunistischen Staaten, die im Militärverbund des War-
schauer Pakts und im Rat für Gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW)
zusammengeschlossen waren. Dies waren in Europa neben der
Sowjetunion, die das Bündnis beherrschte, die DDR, Polen, die
Tschechoslo-wakei, Ungarn und Bulgarien sowie mit Einschrän-
kungen auch Rumänien und Albanien.
Ab Mitte der 80er-Jahre lockerte der neue Generalsekretär
der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (KPdSU), Michail
Gorbatschow, im Zeichen von „Glasnost“ und „Perestroika“
(Transparenz und Umbau der Gesellschaft) die Zügel im Ostblock
und gestattete den Verbündeten mehr Freiheiten, aber damit auch
mehr Eigenverantwortlichkeit. Während Polen und Ungarn
vorangingen, versuchte die Führung der DDR, jedwede freiheit-
liche Reformen zu verhindern. Nach dem Mauerfall beschleunig-
te sich die friedliche Revolution in Mittel- und Osteuropa und
führte dazu, dass sich nach Polen und Ungarn und der damaligen
Tschechoslowakei schließlich auch Bulgarien und Rumänien von
ihren kommunistischen Diktaturen befreien konnten.
Der Vielvölkerstaat der Sowjetunion (Union der Sozialistischen
Sowjet-Republiken – UdSSR) hörte Ende 1991 auf zu existieren.
Zuvor hatten sich bereits Litauen, Georgien, Estland und Lettland
sowie Weißrussland, die Ukraine, Moldau, Kirgisien, Usbekistan,
Tadschikistan, Armenien, Aserbaidschan, Turkmenistan, Kasach-
stan und endlich auch die eigentliche Führungsmacht der Sowjet-
union, nämlich Russland, für unabhängig erklärt.
6 Zeitbild Wissen
Schon in einem frühe-
ren Gutachten hatte
Gerhard Schürer, der
Vorsitzende der staatlichen
Plankommission der DDR,
darauf hingewiesen, dass die
DDR auf dem Weg in eine
kritische wir tschaftliche Si-
tuation sei. Einschneidende
Maßnahmen seien erforder-
lich, vor allem radikale Schnitte bei den bisherigen staatlichen
Preisstützungen für Sozialleistungen. In erster Linie davon be-
troffen waren die Miet- und Energiepreise sowie Ausgaben
für Bildung, Gesundheit, Kultur, Spor t und Erholung. Honecker
reagier te so, wie er bis zum Ende der DDR ander thalb Jahre
später stets reagieren sollte: Er weiger te sich, die Tatsachen
zur Kenntnis zu nehmen. Doch wenige Tage nach Honeckers
Rücktritt von allen Ämtern wurden seine Erben von der Wahr-
Die sieben Wunder der DDR
Wunder IN DER DDR GIBT ES KEINE ARBEITSLOSIGKEIT.
Wunder OBWOHL KEINER ARBEITSLOS IST, ARBEITET NUR DIE HÄLFTE.
Wunder OBWOHL NUR DIE HÄLFTE ARBEITET, WIRD DAS PLAN-SOLL IMMER ERFÜLLT.
Wunder OBWOHL DAS PLAN-SOLL IMMER ERFÜLLT WIRD, GIBT ES NICHTS ZU KAUFEN.
Wunder OBWOHL ES NICHTS ZU KAUFEN GIBT, SIND ALLE GLÜCKLICH UND ZUFRIEDEN.
Wunder OBWOHL ALLE ZUFRIEDEN SIND, GIBT ES REGELMÄSSIG DEMONSTRATIONEN.
Wunder OBWOHL REGELMÄSSIG DEMONSTRIERT WIRD, WÄHLEN 99,9 PROZENT UNSERE KANDIDATEN DER NATIONALEN FRONT.
heit eingeholt. Als am 1. No-
vember 1989 der kurzzeitige
Honecker-Nachfolger Egon
Krenz zu seinem Antr itts-
besuch nach Moskau reiste,
hatte er niederschmetternde
Erkenntnisse im Gepäck. Im
Gespräch mit Gorbatschow
legte er dar, wie es wirk-
lich um die DDR stand: Das
Wachstum sei rückläufig, der Fünf-Jahres-Plan unerfüllbar.
Würde die Wahrheit ans Licht kommen, würde dies einen
Schock auslösen; denn ohne neue Großkredite aus dem Wes-
ten sei eine Senkung des Lebensniveaus in der DDR um 25 bis
30 Prozent zu erwar ten. Da die kompletten Expor terlöse der
DDR nicht einmal mehr für den Schuldendienst im
Westen reichten, war der staatliche Offenbarungseid
unvermeidlich.
DER
OFFEN-
BARUNGSEID
WAR
UNVERMEIDLICH
1:
2:
3:
4:
5:
6:
7:
7 Zeitbild Wissen
WEGBEREITER DER EINHEITBundeskanzler Helmut
Kohl präsentierte bereits
zweieinhalb Wochen
nach dem Fall der Mauer
sein „Zehn-Punkte-Pro-
gramm“ zur Überwindung
der Teilung Deutschlands
und Europas, das frühzeitig
einen Weg zur Wieder-
herstellung der Deutschen
Einheit skizzierte. Durch
eine kluge Politik, mit der
er sich die Unterstützung
der westlichen Verbün-
deten sicherte und die
Kooperation der Sowjet-
union erreichte, wurde
Kohl zum „Kanzler
der Einheit“.
Mehr als 100.000 Menschen jubeln Bundeskanzler Helmut Kohl (Mitte) im Februar 1990 bei
einer Wahlkampfveranstaltung der „Allianz für Deutschland“ in Erfurt zu.
Schon im November 1989 war aus der Parole „Wir sind
das Volk“ der Ruf „Wir sind ein Volk“ geworden. Nicht im
Westen, sondern im Osten wurde zuerst deutlich und un-
überhörbar der Ruf nach der Wiedervereinigung laut.
Am 18. März 1990 fanden die ersten freien Wahlen in der
Geschichte der DDR seit ihrer Gründung im Jahr 1949 statt. Bei
einer Wahlbeteiligung von mehr als 93 Prozent brachten sie jenen
Parteien eine klare Mehrheit, die für eine rasche Wiedervereini-
gung mit dem Westen Deutschlands eingetreten waren. Bereits
am 1. März hatte die aus dem Demokratischen Aufbruch (DA),
der Deutschen Sozialen Union (DSU) und der CDU gebildete
Allianz erklärt, sie wolle die Einheit durch Beitritt zur Bundesrepu-
blik Deutschland. Die „Allianz für Deutschland“ gewann die Wahl
überraschend klar. Die CDU, mit 40 Prozent der Wählerstimmen
stärkste Partei, stellte mit Lothar de Maizière den Ministerpräsi-
denten einer Koalition aus Allianz für Deutschland, SPD und Libera-
len. Auch aus den Kommunalwahlen (6. Mai 1990) ging die CDU
als stärkste Partei hervor. Das Plebiszit für die Deutsche Einheit
ebnete den Weg zur raschen Wiedervereinigung. Tatsächlich war
diese erste freie Volkskammerwahl zugleich auch die letzte, denn
die DDR würde es schon in naher Zukunft nicht mehr geben.
Die Menschen wollen die rasche Einheit Das Zehn-Punkte-Programm sah einen
schrittweisen Prozess der Deutschen Einheit
vor. Er sollte mit humanitären Sofortmaß-
nahmen beginnen und über die Zwischen-
stufen einer „Vertragsgemeinschaft“
und „konföderativer Strukturen“ zur
Wiedervereinigung Deutschlands führen.
Der Prozess sollte in die gesamteuropäische
Entwicklung eingebettet sein. Der Zeitplan
wurde bewusst offengelassen, um die not-
wendige Flexibilität zu behalten. Bundes-
kanzler Kohl rechnete aber mit einer Dauer
des Prozesses von vier bis fünf Jahren.
Die Bedeutung von Kohls Zehn-Punkte-
Programm lag darin, dass es der politischen
Diskussion in Deutschland, in Europa und
zwischen den beiden damaligen Weltmächten
USA und Sowjetunion schon zu einem frühen
Zeitpunkt eine Richtung und ein klares
Ziel vorgab; denn Kohl sprach öffentlich aus,
was in diesem Moment die meisten Men-
schen im Westen kaum zu denken wagten.
10Punkte-Programm
8 Zeitbild Wissen
Bereits am 7. Februar 1990 hatte die Bundesregierung der DDR
eine Währungs- und Wirtschaftsunion in Aussicht gestellt. Auch
wenn sie ökonomische Risiken barg, ließ der fortschreitende DDR-
Zusammenbruch ein Hinauszögern dieser Entscheidung kaum zu.
In den folgenden Wochen fanden Vorgespräche zwischen den innerdeutschen
Kommissionen statt. Die eigentlichen Verhandlungen begannen aber erst
nach Bildung der demokratisch legitimierten DDR-Regierung. Wichtige Ver-
handlungsthemen waren der künftige Umtauschkurs, Eigentumsfragen, das
System der sozialen Sicherung und die Privatisierung der ostdeutschen
Betriebe. Besonderen Wert legte die ostdeutsche Seite auf die Gleichrangig-
keit von Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion, die Anschubfi nanzierungen
im Sozialbereich in Milliardenhöhe einschloss.
Kontrovers war vor allem die Frage nach dem Kurs, zu dem die Mark der
DDR in DM umgetauscht werden sollte. Die Bundesbank, die eine allgemeine
Erschütterung der fi nanziellen und wirtschaftlichen Stabilität befürchtete,
warnte vor den Folgen einer allzu hohen Bewertung der ostdeutschen
Währung und lehnte zunächst einen Umtauschkurs von 1:1 zugunsten eines
Umtausches von 2 :1 ab. Schließlich einigte man sich auf die Umstellung 1:1
für alle laufenden Zahlungen und nach Alter gestaffelten Sparbeträgen bis
zu 6.000 Mark. Darüber hinausgehende Beträge wurden 2 :1 umgestellt. Ins-
gesamt ergab sich damit ein Kurs von 1,8 : 1.Währu
ngs-
, W
irts
chaft
s-
und
Sozia
lunio
n
Einführung der Sozialen Marktwirtschaft
Mit dem Inkrafttreten der Währungs-,
Wirtschafts- und Sozialunion am 1. Juli 1990
wurde die DDR-Währung auf DM umgestellt. Die
DDR verlor ihre Souveränität in Finanzangelegen-
heiten und übertrug die geldpolitische Verant-
wortung der Bundesbank in Frankfurt am Main.
Weiteres Kernstück des Vertrags war die Einfüh-
rung der Sozialen Marktwirtschaft in der DDR. Die
DDR verpfl ichtete sich, die Rahmenbedingungen
für freie Preisbildung, die Abschaffung der staat-
lichen Monopole, Entfaltung der Marktkräfte und
der Privatinitiative und die Einführung der west-
lichen Umweltschutz-Anforderungen zu schaffen.
Arbeitsrechtsordnung und Sozialversicherungs-
systeme der Bundesrepublik
Deutschland wurden übernom-
men. Laut Vertrag erklärte sich
die Bundesrepublik bereit, der
DDR zweckgebundene Finanz-
zuweisungen zum Haushaltsaus-
gleich für das zweite Halbjahr
1990 in Höhe von 22 Milliarden
D-Mark und für 1991 in Höhe
von 35 Milliarden D-Mark
zu gewähren.
9 Zeitbild Wissen
VOLLENDUNG
DER EINHEITWährend des Vereinigungsprozesses
arbeiteten die Politiker und Parlamente auf
beiden Seiten der noch bestehenden
innerdeutschen Grenze aufs Engste zusammen.
In einem politischen Kraftakt ohnegleichen
wurden die Rechtsgrundlagen für die
Vereinigung der beiden Staaten geschaffen.
Die erste frei gewählte Volkskammer
der DDR bewältigte in kurzer Zeit ein
riesiges Arbeitspensum: Sie verabschiedete
einschneidende Verfassungsänderungen und
beschloss die Wiedereinführung der 1952
von der SED abgeschafften Länder.
Am 23. August 1990 beschloss die Volkskammer in einer
nächtlichen Sondersitzung den Beitritt der DDR zur
Bundesrepublik Deutschland nach Artikel 23 des
Grundgesetzes mit Wirkung zum 3. Oktober 1990.
Während die Menschen in Ost und West im Alltag bereits
die Vereinigung praktizier ten, wurden mit dem am 31. August
unterzeichneten Einigungsvertrag zwischen der Bundesrepu-
blik Deutschland und der DDR die entscheidenden rechtlichen
Rahmenbedingungen festgelegt. Am 20. September wurde der
Einigungsvertrag von beiden Parlamenten mit Zweidrittelmehrheit
verabschiedet. Vier Tage später verließ die DDR den Warschauer
Pakt. Am 2. Oktober löste sich die Volkskammer auf.
Parallel waren die letzten außenpolitischen Hindernisse aus
dem Weg geräumt worden. Eine von Bundestag und Volks-
Helmut Kohl über ein Gespräch
mit Michail Gorbatschow im Juni 1989:
Wir saßen auf der Mauer unten am Rhein.
Es war Mitternacht, eine wunderbare Sommernacht. Unten gingen die Bonner Liebespaare vorbei;
sie haben ziemlich entgeistert festgestellt, wer da auf der Mauer sitzt und sind dann
weitergeschlendert. (...) Ich zeigte auf den Rhein und sagte:
,Der Rhein fl ießt ins Meer. Sie können ihn stauen, doch dann tritt
das Wasser über die Ufer und zerstört sie. Aber es gelangt schließlich doch ins
Meer. So sicher, wie der Rhein ins Meer gelangt, so sicher kommt
die Deutsche Einheit – und übrigens auch die Europäische.
‘‘Quelle: „Welt am Sonntag“ vom 27.09.1992
‘‘Von Berlin aus reisen am 1. September 1994 die letzten russischen Soldaten
zurück nach Moskau. Dazu hat sich die Sowjetunion im Zwei-plus-Vier-
Vertrag verpfl ichtet. Mit dem Truppenabzug endet nach fast 50 Jahren die
sowjetische bzw. russische Militärpräsenz in Deutschland.
kammer verabschiedete Entschließung zur Anerkennung der
Oder-Neiße-Linie als polnische Westgrenze sowie mehrtägige
Verhandlungen zwischen Bundeskanzler Kohl und dem sowje-
tischen Staatschef Gorbatschow Mitte Juli 1990 brachten den
endgültigen Durchbruch. Die Sowjetunion stimmte einer Mit-
gliedschaft des wiedervereinigten Deutschlands in der NATO
zu und gab grünes Licht für den Abzug ihrer Truppen aus
dem Gebiet der DDR. Am 12. September 1990 wurde in
Moskau das Abschlussdokument der Zwei-plus-Vier-Gespräche
unterzeichnet.
Seit dem 3. Oktober 1990 sind Brandenburg, Mecklenburg-
Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen Länder
der Bundesrepublik Deutschland. Deutschland ist wieder ein
vereintes und souveränes Land.
10 Zeitbild Wissen
US-Präsident George Bush (links)
und der sowjetische Staatschef
Michail Gorbatschow bei einem
Gipfeltreffen vor der Mittel-
meerinsel Malta. Am Ende des
Treffens verkündet Gorbatschow
das Ende des Kalten Krieges
(Dezember 1989).
Die Zwei-plus-Vier-Gespräche zwischen der DDR und der Bundesrepublik
Deutschland sowie den Vier Mächten – den USA, der Sowjetunion,
Großbritannien und Frankreich – begannen im Mai 1990 und endeten mit
dem Zwei-plus-Vier-Vertrag über die abschließende Regelung in Bezug auf
Deutschland im September 1990. Er regelte die außenpolitischen
Grundsatzfragen der deutschen Vereinigung und entsprach faktisch einer
abschließenden friedensvertraglichen Regelung zwischen Deutschland und
den früheren Kriegsalliierten. Der Vertrag beendete die
Vier-Mächte-Verantwortung in Bezug auf Berlin und Deutschland auf dem
Territorium der alten Bundesrepublik, der DDR und Berlins; Deutschland
erlangte die volle Souveränität über seine inneren und äußeren Angelegenheiten.
Zugleich bestätigte Deutschland seinen Verzicht auf atomare,
chemische und biologische Waffen und reduzierte die Bundeswehr
von 500.000 auf 370.000 Mann.
Die
Rolle
der
Vie
r M
ächte
Unmittelbar nach dem Fall der Mauer hatten die Vier
Mächte ihre gemeinsame Verantwortung gegenüber
Deutschland betont. Die Reaktionen auf die sich abzeich-
nende Wiedervereinigung 1989/90 fi elen in Paris, London, Moskau
und Washington allerdings unterschiedlich aus. Wegen Bedenken
vor einem politisch und wirtschaftlich zu starken Deutschland im
Zentrum Europas akzeptierten Frankreich und vor allem Großbri-
tannien nur zögernd die Vereinigung der beiden deutschen
Staaten. Die Sowjetunion lehnte ursprünglich eine Vereinigung
kategorisch ab, bis im Februar 1990 der sowjetische Staats- und
Parteichef Michail Gorbatschow zum ersten Mal sein grundsätz-
liches Einverständnis zur Deutschen Einheit signalisierte und
wenige Monate später auch endgültig einer gesamtdeutschen
NATO-Mitgliedschaft zustimmte.
Die Regierung in Washington sprach sich von Anfang an uneinge-
schränkt für die Deutsche Einheit aus. Freiheit und Selbstbestim-
mung für alle Deutschen – das war das tragende Motiv von US-
Präsident George Bush sen., als er Helmut Kohl bei der deutschen
Wiedervereinigung 1989/90 entscheidend den Rücken stärkte.
So wie die großzügige Aufbauhilfe in der Nachkriegszeit den
wirtschaftlichen, politischen und moralischen Wiederaufstieg im
Westen Deutschlands und den Aufbau einer stabilen Demokratie
überhaupt erst möglich gemacht hatte, so war auch die Rolle der
USA beim Prozess der Wiedervereinigung von unschätzbarem
Wert. Auf diese Weise haben die Vereinigten Staaten von Amerika
in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg entscheidend
zum glücklichen Verlauf der deutschen Geschichte beigetragen.
Zwei-plus-Vier
11 Zeitbild Wissen
Die völlige Umwandlung der zentral gelenkten sozialistischen Kommandowirtschaft der DDR war von
Beginn an ein beispielloses Unterfangen. Praktisch eine komplette Volkswirtschaft musste
den Sprung vom „VOLKSEIGENTUM” – also Staatseigentum – in die Soziale Marktwirtschaft und in
den internationalen Wettbewerb schaffen. Unter der SED war der Staat Arbeitgeber, Versicherer, Steuer -
behörde und Sozialinstitution – ein allgegenwärtiges Betreuungs- und zugleich Überwachungsinstrument. Die
Wirtschaft wurde zentral von oben geplant und gelenkt. Der Absatz der Betriebe war garantiert, ein Qualitäts-
wettbewerb fand nicht statt. Menschliche Arbeit war billig, die verdeckte Arbeitslosigkeit hoch. Technisch hoch-
wertige Maschinen wurden wegen chronischer Devisenknappheit nur im Notfall gekauft. Die Folgen: schlechte
Produktivität und kaum Wettbewerbsfähigkeit auf den Weltmärkten.
Die Einführung der D-Mark in der damaligen DDR am 1. Juli 1990 durch die Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion deckte den maroden Zustand der DDR-Wirtschaft auf.
Es zeigte sich, dass der Standard und die Leistungsfähigkeit der DDR-INDUSTRIE WEIT
ÜBERSCHÄTZT worden waren. Ausgerichtet auf die Erfordernisse und Direktiven des RGW-Binnen-
marktes, abgeschottet vom Weltmarkt mit seinem Know-how, seiner Konkurrenz, seinen Anreizen zur
Innovation, war die DDR-Wirtschaft, ebenso wie die der anderen sozialistischen Staaten, weit hinter
der internationalen Entwicklung zurückgeblieben. 1990/91 fi el der frühere Handel im geschlossenen
Schutzraum des RGW und mit der Sowjetunion weg, und mit der Weltmarktkonkurrenz
konnten die meisten DDR-Produkte nicht mithalten. Gleichzeitig bedeuteten die nunmehr in DM zu
zahlenden Löhne und Gehälter, die überdies schnell stiegen, für die Betriebe
eine Kostenbelastung, der meist keine entsprechende Leistungskraft gegenüberstand.
Die Folgen waren ein massiver Rückgang der industriellen Produktion und ein schneller ANSTIEG DER
ARBEITSLOSIGKEIT. Auf dem Gipfelpunkt 1992 war nahezu ein Drittel der Erwerbsfähigen in den
Neuen Ländern entweder arbeitslos (rd. 15 Prozent) oder in einer arbeitsmarktpolitischen Maßnahme.
Dies alles waren Folgewirkungen von vierzig Jahren verfehlter Politik, wie sie so oder noch krasser seit 1990 überall in den ehemaligen Staaten des RGW zu ver-
zeichnen waren. Die Menschen in der DDR waren nicht weniger tüchtig als ihre Landsleute im Westen. Aber
die systembedingten Fehler der ZENTRALVERWALTUNGSWIRTSCHAFT – das Fehlen marktgebildeter
Preise als Knappheitsanzeiger, die Fehlsteuerung von Ressourcen, der im Planungsverfahren implizierte Anreiz
zur Aufstellung „weicher Pläne“, das Fehlen von Wettbewerbsdruck und Innovationsanreizen u. a. – und dazu
noch der Mangel an Investitionen machten viele ihrer Bemühungen zunichte und führten dazu, dass die DDR
an ihrem Ende auch wirtschaftlich vor dem Kollaps stand.
Im Mittelpunkt des Aufbaus Ost standen daher seit 1990 die Modernisierung und der
Neuaufbau einer konkurrenzfähigen Industrie. Hierzu war es nötig, die Rahmenbedingungen zu verbessern
– funktionierende Verwaltung, leistungsfähige Infrastruktur – und Investitionen und Neugründungen zu fördern.
Die Erblast der SED
Was würde passieren, wenn die Wüste -kommunistisch wäre? Eine Zeitlang gar nichts und dann würde der Sand knapp werden.
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1990
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60,7
Milliard
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DER
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G
12 Zeitbild Wissen
Die Schlüsselfunktion bei der Umstrukturierung der ostdeutschen Wirtschaft kam zunächst der
Treuhandanstalt zu. Dieser noch zu DDR-Zeiten gegründeten gigantischen Staatsholding „gehörte“
zunächst fast alles – logische Folge der „volkseigenen“ Konstruktion während der vier Jahrzehnte
SED-Herrschaft. Der Wert der DDR-Wirtschaft wurde jedoch von Anfang an weit überschätzt. Noch
im Mai 1990 erwartete man einen Erlös von mehr als 600 Milliarden DM. Tatsächlich
beendete die Treuhand ihre Arbeit mit einem Minus von rund 200 Milliarden DM.
Über 6.500 Unternehmen wurden insgesamt bis zur Aufl ösung der Treuhand (Ende 1994)
privatisiert, knapp 1.600 reprivatisiert und über 3.700 mussten geschlossen werden.
Für den Erhalt von über 1,5 Millionen Arbeitsplätzen musste die Treuhand im Schnitt jeweils
100.000 DM aufwenden; der Erhalt eines einzigen Arbeitsplatzes auf einer ostdeutschen
Werft kostete durchschnittlich sogar ein Vielfaches. Von den über 200 Milliarden DM Gesamt-
verbindlichkeiten der Treuhand zum 31. Dezember 1994 entfi elen allein etwa 135
Milliarden DM auf die Sanierung, Privatisierung und Stilllegung ostdeutscher Betriebe.
Trotz Kritik an ihrer Arbeit ist es der Treuhand insgesamt gelungen, die Grundlagen einer konkurrenz-
fähigen und zukunftsorientierten Industriestruktur in den Neuen Ländern zu schaffen.
Als wichtige Aufgabe in der Zeit nach 1990 galt es, die notwendigen einschneidenden Maßnahmen für die Menschen in den Neuen Ländern erträglich zu gestalten.
Diese Zielsetzung mündete in das umfassende Aufbauprogramm „Gemeinschaftswerk Aufschwung Ost”, dessen tragende Elemente sich in den folgenden Jahren bewährten. Wirtschaftsförderung und Infrastrukturerrichtung waren dabei von zentraler Bedeutung.In den Jahren 1991 und 1992 wurden insgesamt 24,4 Milliarden DM eingesetzt, die zum einen schnellen Anschub- und Übergangs-
fi nanzierungen dienten – unter anderem für verbesserte Absatzbedingungen
für ostdeutsche Produkte und für den Einsatz eines arbeitsmarkt-politischen Instrumentariums zur sozialen Abfederung des un-vermeidlichen Strukturumbruchs.
Zum anderen führten sie zu einer raschen Verbesserung der konkre-
ten Lebensverhältnisse in den Bereichen Verkehr, Wohnungs- und Städtebau, Infrastruktur, Umweltschutz sowie im Hoch-
schulbereich.
Gemeinschaftswerk „Aufschwung Ost“
Die
Tre
uh
an
d
13 Zeitbild Wissen
Wann erreicht der Trabbi
seine Höchstgeschwindigkeit? Wenn er
abgeschleppt wird!
Mit dem letzten
„Trabbi“
in eine neue Zeit
Auf ihn mussten viele
DDR-Bürger über zehn Jahre
warten. Geliebt und gehasst
zugleich, begleitete der Trabbi
das Leben in der DDR seit Ende
der 50er-Jahre wie kaum ein
anderes Produkt. Ursprünglich
als ostdeutscher „Volks“-
Wagen gefeiert, verwandelte
sich der Zweitakter aufgrund
mangelnder Innovationen bald
in ein Sinnbild für die stagnie-
rende DDR-Wirtschaft. Am
30. April 1991 rollte der letzte
von insgesamt rund 3,1 Millionen
Trabbis vom Band – das defi ni-
tive Ende einer Epoche.
14 Zeitbild Wissen
Mit dem Solidarpakt kam es drei Jahre nach der Wieder-vereinigung zu einer Neuordnung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs, die 1995 in Kraft trat. Danach wurden
die ostdeutschen Länder in den Länderfi nanzausgleich einbezogen und erhielten Transferleistungen in Höhe von insgesamt 105 Milliarden Euro sowie zusätzliche überproportionale Fördermittel. Zur Teilfi nanzierung der hohen Leistungen des Bundes wurde ab 1995 ein Solidaritätszuschlag von 7,5 Prozent auf die Einkommen- und Körperschaftsteuer eingeführt. Der Zuschlagsatz konnte ab 1998 auf nunmehr 5,5 Prozent gesenkt werden.
Der Solidarpakt II gilt seit dem 1. Januar 2005. Er löste den von 1995 bis 2004 geltenden Solidarpakt I ab. Bis zum Jahr 2019 stehen insgesamt 156 Milliarden Euro
im Solidarpakt II bereit. Mit dem Solidarpakt II verbindet sich die Erwartung, dass die ost-deutschen Länder in den nächsten Jahren zunehmend auf eige-nen Füßen stehen können und ab 2020 keinen teilungsbedingten Nachholbedarf mehr geltend machen müssen. Im Zentrum der Anstrengungen stehen• die gezielte Förderung der Wirtschaft (Investitionszulage, Investorenwerbung),• Bildung, Innovation, Forschung und Entwicklung, • Verkehr (Verkehrsprojekte Deutsche Einheit),• Wohnungs- und Städtebau (Städtebauförderung, Soziale Wohnraumförderung) und • die weitere Beseitigung ökologischer Altlasten (Standortsanierung).
SOLIDARPAKT 1
SOLIDARPAKT II
Der Leipziger
Hauptbahnhof
nach der Sanierung
im Jahr 1998
WOHNEN: SANIERUNG DER BAUSUBSTANZ UND DER INNENSTÄDTE
Der Leipziger Hauptbahnhof im Jahr 1990
Viele historische Stadtkerne im Osten Deutschlands waren 1990 dem Verfall preisgegeben. Der größte Teil
der Bauten stammte aus der Zeit vor 1945; Wohnungen mit Ofenheizung waren die Regel. Im Neubaubereich
herrschten mangelhafte Billigprodukte vor. Inzwischen sind Millionen Wohnungen saniert und modernisiert
worden. Massive steuerliche Anreize auf der einen und besondere Wohngeldregelungen auf der anderen
Seite haben es ermöglicht, verfallende Häuser und Wohnungen instand zu setzen und zugleich die Mieten
bezahlbar zu halten. Zahlreiche historische Innenstädte wurden restauriert und erstrahlen in neuem Glanz.
Das Wohnen hat in Ostdeutschland eine völlig andere Qualität gewonnen.
15 Zeitbild Wissen
HILFEN AUS BRÜSSEL FÜR DIE NEUEN BUNDESLÄNDER
SANIERUNG UND AUSBAU DER INFRASTRUKTUR1990 waren die Fernstraßen in Ostdeutschland sowie der Gleiskörper der Deutschen Reichsbahn stark sanierungs-
bedürftig. Völlig überaltert war auch das Wasserstraßensystem. Zwischen 1991 und 2009 wurden in die Schienen-
wege sowie die Bundesfern- und Bundeswasserstraßen der Neuen Bundesländer rund 75 Milliarden Euro investiert.
Knapp 200.000 Kilometer Straßen wurden und werden im Rahmen der Verkehrsprojekte Deutsche Einheit fertig
gestellt. Alle wichtigen Wirtschaftszentren wurden mit leistungsfähigen Strecken verbunden und die Neuen Bun-
desländer konnten in relativ kurzer Zeit in den Eurocity-, Intercity- und Interregioverkehr einbezogen werden.
Das war auch deshalb sehr wichtig, weil mit der Erweiterung der EU die bisherigen Nord-Süd-Verkehrsströme
durch neue Verkehrsbeziehungen in Ost-West-Richtung überlagert wurden. So sind auch die Neuen Länder zu
einer Drehscheibe des internationalen Handels und Verkehrs geworden.
Gleichzeitig fand eine Revolution auf dem Feld der Telekommunikation statt. Die Telefonleitungen und
-anschlüsse waren 1990 häufi g nur wenig über Vorkriegsstandard – in der gesamten DDR gab es nur 1,8 Mil-
lionen Telefonanschlüsse und 22.000 Münztelefone. Dank hoher Investitionen ist hier in wenigen Jahren eines
der modernsten Telekommunikationsnetze der Welt entstanden.
Ostdeutschland ist von der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise nicht so stark betroffen wie Westdeutschland, da die vielen kleinen und mittleren Unternehmen auf veränder te Rahmenbedingungen flexibler reagieren können und ihre Abhängigkeit vom Export geringer ist. Dennoch haben die von der Bundesregierungbeschlossenen beiden Konjunkturpakete in Höhe von insgesamt 80 Milliarden Euro auch im Osten Deutschlands mit dazu beigetragen, die Kon-junktur zu stabilisieren und die Auswirkungen der weltweiten Krise abzufedern. Ganz beson-ders profi tieren die ostdeutschen Bundesländer von Zukunftsinvestitionen der Kommunen und Länder in die Bildung und in die Infrastruktur sowie von der verstärkten Förderung der Investi-tionen und der regionalen Wirtschaftsstruktur.
DIE KONJUNKTURPAKETE I UND II
Einleitung von
Abwässern am
Ufer des Silber-
sees Anfang der
Neunzigerjahre
Der rekultivierte Silbersee im Jahr 1998
Aus den EU-Strukturfonds erhalten die Neuen Länder von 2007 bis 2013 rund 15,1 Milliarden Euro an Fördergeldern. Dazu kommen weitere Mittel für den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur in Höhe von 1,5 Milliarden Euro sowie 1,3 Milliarden Euro für wichtige arbeits-marktpolitische und Ausbildungsmaßnahmen.Darüber hinaus erhalten die Neuen Länder für ihre ländliche Ent-wicklung Mittel in Höhe von 4,7 Milliarden Euro im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU.
16 Zeitbild Wissen
DIE WIRTSCHAFTLICHE ENT Mit der Wiedervereinigung begann ein mühsamer wirtschaftlicher Aufholprozess. Trotzdem
haben die Deutschen gemeinsam viel geschaffen in den letzten 20 Jahren.
Investitionen in Verkehr und Telekommunikation, Infrastruktur und Arbeitsmarkt, Verwaltung und
Justiz, Landwirtschaft und Gesundheitswesen, Bildung, Forschung und Technologie, Wohnungsbau
und Kultur haben die ostdeutschen Bundesländer von Grund auf verändert und modernisiert.
Besonders hervorzuheben sind auch die Leistungen für die ostdeutschen Rentnerinnen und
Rentner sowie die umfassenden Anstrengungen zur Aufarbeitung der verheerenden
ökologischen Altlasten.
Phase 1 1991 bis 1996Die ersten Jahre nach der Wiedervereinigung brachten ein starkes
Wirtschaftswachstum in den Neuen Ländern. Das Bruttoinlands-
produkt (BIP) je Einwohner stieg von 42,8 Prozent im Jahr 1991
(Neue Länder ohne Berlin: 33,5 Prozent) auf 68,3 Prozent des
westdeutschen Niveaus im Jahr 1996. Mit Hilfe großer Finanz-
transfers wurden die marode Infrastruktur erneuert und zahlrei-
che dringend renovierungsbedürftige Bauten instand gesetzt. Das
führte zu einem Boom im ostdeutschen Baugewerbe und in den
damit verbundenen Industrie- und Dienstleistungsbereichen.
Phase 2 1997 bis 2000Das Auslaufen des Baubooms brachte den Aufholprozess vo-
rübergehend fast zum Erliegen. Die auf die Einwohnerzahl
bezogene Wirtschaftsleistung ging im Vergleich zu Westdeutsch-
land sogar wieder leicht zurück, auf 67,2 Prozent des westdeut-
schen Niveaus im Jahr 2000.
Phase 3 2001 bis heuteDer wirtschaftliche Aufholprozess ist wieder in Gang gekommen, wenn
auch mit geringerem Tempo als zu Beginn der 90er-Jahre. Das BIP je
Einwohner ist in diesem Zeitraum auf 73 Prozent des westdeutschen
Durchschnittsniveaus gestiegen. Gleichzeitig haben sich die Produkti-
vität (von 75 Prozent des westdeutschen Niveaus im Jahr 2000 auf
81 Prozent im Jahr 2009) und die Selbstständigenquote (von 84 Pro-
zent des westdeutschen Niveaus im Jahr 2000 auf 106 Prozent im Jahr
2009) signifi kant erhöht. Besonders das verarbeitende Gewerbe ist in
den letzten Jahren dynamisch gewachsen, seit dem Jahr 2000 um fast
55 Prozent. Es kommt jetzt darauf an, die noch bestehende Differenz
in der Wirtschaftskraft weiter abzubauen.
Drei Phasen lassen
sich im Rückblick unterscheiden:
40 %
50 %
60 %
70 %
80 %
90 %
1991 2007200620052004200320022001200019991998199719961995199419931992 2008
Bruttoinlandsprodukt pro Erwerbstätiger
Quelle: Arbeitskreis VGR der Länder
44,5
67,1
73,6
74,8
78,4 78,7 79,0
Neue Bundesländer
mit Berlin
West = 100 %
Seit 1991 ist das
Bruttoinlandsprodukt
(BIP) je Erwerbstätiger
in Ostdeutschland auf
79 Prozent des Wertes in West-
deutschland gestiegen. Während
das BIP in Westdeutschland
zwischen 2006 und 2008 nur
um 4,3 Prozent zunahm, stieg
es in Ostdeutschland um
7,5 Prozent.
BIP
17 Zeitbild Wissen
WICKLUNG IM ÜBERBLICK
10 %
20 %
30 %
40 %
50 %
60 %
70 %
80 %
1991 2007200620052004200320022001200019991998199719961995199419931992 2008
Arbeitslosen- und Erwerbstätigenquote
Quelle: Bundesagentur für Arbeit, Statistisches Bundesamt
Alte Bundesländer
Neue Bundesländer
Alte Bundesländer
Neue Bundesländer
Erwerbstätige
Arbeitslose
69,867,3
70,9 70,4
73,6
70,3
63,8
61,162,5
60,1
10,3
6,3
16,7
10,1
18,8
8,7
20,1
9,4
13,1
6,4
2009
Wanderungen zwischen Ost- und Westdeutschland
Fortzüge aus den alten Ländern in die Neuen Länder
Zuzüge aus den Neuen Ländernin die alten Länder
Ost und West jeweils ohne BerlinQuelle: Statistisches Bundesamt
Personen in 1.000
943,4
272,9
510,2
390,8
644,9
366,9
615,7
375,8
531,1
338,7
1990–1993
1994–1997
1998–2001
2002–2005
2006–2009
Arbeit
Die positive Wirt-
schaftsentwicklung
hat sich auch auf
dem Arbeitsmarkt
niedergeschlagen. Von 2005 bis
August 2010 hat sich die Zahl
der Arbeitslosen in den Neuen
Ländern um gut 600.000 Perso-
nen, von 19,0 auf 11,5 Prozent,
verringert. Im Sommer 2010
sank die Arbeitslosigkeit erstmals
seit 1990/91 wieder unter die
Grenze von einer Million.
Mit einer Erwerbstätigenquote
von über 68 Prozent liegen die
Neuen Länder noch nicht auf
dem westdeutschen Durch-
schnittsstand (71 Prozent), aber
schon über dem Durchschnitts-
wert der EU. Der weitere Abbau
der Arbeitslosigkeit bleibt eine
der zentralen Aufgaben.
Abwanderung
Zwischen 1990 und 2009 sind über 3,2 Millionen
Menschen aus den Neuen in die alten Länder gezogen,
während rund 1,7 Millionen die umgekehrte Richtung
wählten. Die Neuen Länder verloren in diesem Zeitraum
per Saldo rund eineinhalb Millionen Einwohner durch Abwanderung.
Insbesondere junge Menschen verließen bisher ihre Heimat im Osten,
darunter waren in den ersten Jahren nach der Wiedervereinigung
überdurchschnittlich häufi g junge Frauen. Abgesehen von einem gering-
fügigen Anstieg in den Jahren 2007/2008, nahm die Zahl der
Menschen, die von Ost nach West abwanderten, seit 2001 konti-
nuierlich ab. Nach vorläufi gen Schätzungen erreichte sie im
Jahr 2009 mit insgesamt 120.500 Zuzügen aus den Neuen in die
alten Länder den tiefsten Wert seit der Wiedervereinigung.
18 Zeitbild Wissen
0 B
200 B
400 B
600 B
800 B
1 . 000 B
587 B
492 B
697 B
826 B
+ 18,7 %
+ 67,9 %
1992 2008
West-
deutschland
Ost-
deutschland
West-
deutschland
Ost-
deutschland
Entwicklung der Altersrente
Quelle: Deutsche Rentenversicherung
5
10
15
20
1 1 , 2
1 8 , 9
1 0 , 91 1 , 2
Emissionen pro Einwohner
CO2in Tonnen
1990
West-
deutschland
Ost-
deutschland
1995
West-
deutschland
Ost-
deutschland
Quelle: Hentrich/Komar/Weisheimer (2000), Umweltschutz in den neuen Bundesländern
Zu den eindeutigen Gewinnern der Deutschen Einheit
gehören die Rentnerinnen und Rentner in Ostdeutschland.
Die durchschnittlichen Renten* liegen dort sowohl bei den
Männern mit ca. 1.069 Euro als auch bei den Frauen mit
702 Euro über denjenigen in den alten Ländern mit ca. 990 Euro für
Männer und ca. 487 Euro für Frauen (Stand: 31. Dezember 2009).
Das hängt entscheidend mit den überwiegend geschlossenen Ver-
sicherungsbiografi en der Rentnerinnen und Rentner in Ost-
deutschland zusammen, was vor allem bei den Frauen zu höheren
Durchschnittsrenten führt.
Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Renten im Osten
häufi g das einzige Einkommen im Alter sind. Ansprüche aus be-
trieblicher Altersversorgung, wie sie im Westen sehr verbreitet sind,
bestehen bei der heutigen Rentnergeneration im Osten kaum.
Dennoch: Wer in der DDR höchstens eine Mini-Rente in Ost-Mark
zu erwarten gehabt hätte, steht heute ungleich besser da; immer-
hin sind die Renten von 1990 bis heute in den Neuen Ländern im
Vergleich zu den alten Ländern um ein Vielfaches gestiegen.
*Die angeführten Zahlen beziehen sich auf den durchschnittlichen Rentenzahlbetrag,
der sich von der Modellrechnung Standardrente unterscheidet.
Ob in der Landwirtschaft, in der Industrie oder in den
Städten und Gemeinden: Zu den schlimmsten Erb-
lasten der SED gehörte die dramatische
Belastung der Umwelt. 1990 waren nur drei Prozent
der Wasserläufe und ein Prozent der stehenden Gewässer
ökologisch in Ordnung. Sauberes Trinkwasser war keine Selbstver-
ständlichkeit. Milliarden Kubikmeter Industrieabwasser fl ossen zu
95 Prozent ungeklärt in die Gewässer. Nur 36 Prozent der
Menschen hatten Anschlüsse an Kläranlagen.
Dazu kamen weitere Probleme: die Sanierung der
Braunkohlereviere, die Sanierung umfangreicher, durch den Uran-
abbau radioaktiv kontaminierter Flächen sowie der
Rückbau und die Entsorgung der stillgelegten Kernkraftwerke
sowjetischer Bauart. Heute sind auch in Ostdeutschland saubere
Luft, saubere Böden, sauberes Trinkwasser und saubere Flüsse
selbstverständlich. Hohe Investitionen und gezielter
Technologietransfer haben alle alten „Dreckschleudern“ beseitigt,
und die Einführung umweltverträglicher
Produktionsverfahren und der sparsamere Einsatz von Energie
haben ihre Wirkung getan.
Renten
Umwelt
DIE
WIR
TSC
HA
FTLI
CHE
ENT
WIC
KLU
NG
IM Ü
BERB
LICK
50
100
150
200
250
300
1 3,9
2 7 2,1
8 , 9
9 9,4
Emissionen pro Einwohner
SO2in Kilogramm
1990
West-deutschland
Ost-deutschland
1995
West-deutschland
Ost-deutschland
Quelle: Hentrich/Komar/Weisheimer (2000), Umweltschutz in den neuen Bundesländern
19 Zeitbild Wissen
20 %
40 %
60 %
80 %
100 %
20 %
98,3 %
49,2 %
71,7 %
35,9 %
94,7 %
1990
2008
Telefon PKW Waschmaschine/Waschvollautomat
Quelle: SOEPmonitor 1984–2008
Langlebige Gebrauchsgüter in ostdeutschen Haushalten
65
70
7 5
80
85
Lebenserwartung
Frauen Ost
Frauen West
Männer Ost
Männer West
Quelle: Statistisches Bundesamt
(in Jahren)
1991
/199
319
92/1
994
1993
/199
519
94/1
996
1995
/199
719
96/1
998
1997
/199
919
98/2
000
1999
/200
120
00/2
002
2001
/200
320
02/2
004
2003
/200
520
04/2
006
2005
/200
720
06/2
008
W ie sehr sich die
gesundheitliche
Situation in den
Neuen Ländern
seit der Wiedervereinigung ver-
bessert hat, wird an der gestie-
genen Lebenserwartung sichtbar.
Sie ist seit 1990 bei Männern
um rund vier, bei Frauen um fast
fünf Jahre gestiegen und hat
sich damit dem westdeutschen
Durchschnitt stark angenähert.
Die ambulante ärztliche Versor-
gung ist voll gewährleistet; die
technische Ausstattung der Arzt-
praxen und der Krankenhäuser
hat sich tiefgreifend verbessert.
Auch die Arzneimittelversorgung
entspricht dem Niveau der
alten Länder.
Gesundheit
In immer mehr Lebensbereichen erreichen die
Neuen Länder das im Westen Deutschlands
gewohnte Niveau. So hat etwa der stürmische
Motorisierungsboom dazu geführt, dass in
der Relation „Pkw pro Einwohner“ die Neuen
Länder sich inzwischen an europäische
Spitzenwerte heranarbeiten; Ähnliches gilt
für die Ausstattung der privaten Haushalte
mit CD- und DVD-Spielern, Tiefkühlgeräten,
Spülmaschinen und Mikrowellengeräten.
Und auch in der Statistik der Auslandsreisen
schlagen die Menschen in den Neuen Ländern
immer stärker zu Buche.
Hochwertige
Konsumgüter/Lebensstandard
20 Zeitbild Wissen
T
ZZiel der Politik ist es, bis zum Auslaufen des Solidarpaktes II im Jahr 2019 ein selbsttragendes Wachstum zu erreichen und möglichst gleichwertige Lebensverhältnisse zu schaffen.Ein Hauptproblem bleibt die weiterhin kritische Lage auf dem Ar-beitsmarkt, die dazu führt, dass zu viele Menschen in den Westen abwandern, um dort eine Beschäftigung zu fi nden. Gleichzeitig ist die Überalterung der Gesellschaft mit all ihren Schwierigkeiten in den Neuen Bundesländern stärker als im Westen Deutschlands.Dazu kommen die Tiefe und die Schnelligkeit des Umbruchs in den Neuen Ländern: Im Alltagsleben vieler Ostdeutscher bleibt kaum ein Stein auf dem anderen, was auch zu Orientierungsproblemenführt. Auch haben viele Menschen den Eindruck, dass ihre Lebens-leistung, die sie unter den schwierigen Bedingungen der DDR erbracht haben, nicht genügend gewürdigt wird.Das führt manchmal zu einer nachträglichen Idealisierung der DDR, die übersieht, wogegen die Menschen 1989/90 hauptsächlich demonstriert haben: eingeschränkte Freiheiten, Bespitzelung und politische Unterdrückung.Trotz noch zu lösender Probleme können die Menschen in Ost und West heute stolz auf das gemeinsam Erreichte sein. Großer Respekt gilt dabei vor allem den Menschen in den Neuen Ländern, die mit viel Tatendrang und Mut die weitaus schwierigeren Herausforde-rungen einer gewaltigen Veränderung in allen Lebensbereichen gemeistert haben. Gleichzeitig wäre ohne die Solidarität und die massiven Hilfen der alten Länder die Modernisierung im Osten sicherlich nicht so schnell und erfolgreich gelungen.Die gemeinsame Erfahrung der vergangenen 20 Jahre hat die Zusammengehörigkeit zwischen Ost und West verstärkt. Bei der „Jahrhundertfl ut“ entlang der Elbe in Sachsen und Sachsen-Anhalt im Jahr 2002 kommt Unterstützung aus ganz Deutschland:
Mit dem Aufbau demokratischer Strukturen,
einer unabhängigen Justiz, der Gewährleistung
der Grundrechte wie etwa Meinungs-,
Rede- und Reisefreiheit in den Neuen Ländern
wurden zentrale Forderungen der friedlichen
Revolutionäre von 1989 erfüllt.
Doch die Spuren von 40 Jahren SED-
Herrschaft in allen Bereichen des Lebens sind
tief; ihre Beseitigung dauert länger
als ursprünglich erhofft und beschränkt sich
nicht nur auf Gesetzgebung und
Verwaltung. Vielmehr bleibt es eine Heraus-
forderung für die ganze Gesellschaft, den Weg
zu gleichwertigen Lebensverhältnissen und
einem Miteinander, bei dem „Ost“ und „West“
keine entscheidende Rolle mehr spielen, Schritt
für Schritt gemeinsam weiterzugehen.
DIE INNERE EINHEIT
Wiederv
ereinig
ung fü
r
Deutsch
land pos
itiv
85 % (O
st)
79 % (W
est)
21 Zeitbild Wissen
E
Menschen aus Bayern helfen genauso mit wie Brandenburger oder
Berliner. Mehr als 500 Millionen Euro werden insgesamt gespendet.
Auch die Fußball-WM 2006 in Deutschland hat deutlich gezeigt:
Die Farben Schwarz-Rot-Gold sind das gemeinsame Symbol aller
Deutschen.
Es ist ein neues Deutschland entstanden, das etwas anderes
ist als nur die Fortsetzung der alten Bundesrepublik in
größeren Grenzen: Schon heute ist die Ostsee das beliebteste
Urlaubsziel der Deutschen. Schon heute kommt weltweit jede
sechste Solarzelle aus Ostdeutschland. Schon heute spielen bei den
Jugendlichen die Begriffe „Ossis“ und „Wessis“ keine Rolle mehr.
Es ist selbstverständlich, dass junge Menschen aus den Neuen
Ländern ihre Ausbildung an westdeutschen Einrichtungen absol-
vieren. Aber auch umgekehrt: Immer mehr westdeutsche Jugend-
liche entscheiden sich für ein Studium im Osten.
Um die Lebensbedingungen in den Neuen Ländern weiter zu
verbessern, müssen vorhandene Unternehmen wachsen und neue
Unternehmen in ganz neuen Industrien entstehen. Dies erfordert
Erfi ndergeist und entsprechende Anstrengungen auf allen Stufen
des Bildungssystems. Investitionen in die Bildung sind daher das Funda-
ment allen technischen, wirtschaftlichen und sozialen Fortschritts.
Sie waren entscheidend dort, wo der Aufbau Ost Erfolg hat, und
sie werden künftig entscheidend sein, wenn es darum geht, die
wirtschaftsschwachen Regionen in ganz Deutschland zu stabilisieren
und fortzuentwickeln.
Dies hat eine kluge Förderpolitik bei der Vergabe von Finanz-
mitteln zu bedenken, wobei es nicht nur um den Technologiebereich
und die entsprechende Qualifi zierung der Menschen gehen kann,
sondern auch um die weitere Entwicklung kultur- und tourismus-
orientierter Regionen.
Für die Menschen in Ost und West war die Wiedervereinigung
mit großen Emotionen verbunden. In Umfragen gibt fast jeder
zweite Deutsche an, dass ihm bei allem, was sich damals
zutrug, irgendwann einmal die Tränen gekommen seien.
Heute wird die Wiedervereinigung von einer großen Mehrheit
der Deutschen als Erfolg gesehen. Auf die Frage „War die
Wiedervereinigung für Deutschland alles in allem betrachtet
eher positiv oder eher negativ?“ gaben in einer Umfrage im
Mai 2009 insgesamt 80 Prozent der Befragten (79 Prozent
in den alten, 85 Prozent in den Neuen Ländern) die Antwort
„positiv“. Nur 15 Prozent insgesamt (16 Prozent in den alten,
neun Prozent in den Neuen Ländern) antworteten „negativ“.
Auf die Frage „Haben sich die Hoffnungen/Erwartungen, die
Sie damals mit der Vereinigung verbunden haben, erfüllt oder
nicht erfüllt?“ gaben 54 Prozent insgesamt (53 Prozent der
Westdeutschen, 60 Prozent der Ostdeutschen) die Antwort,
die Erwartungen hätten sich im Großen und Ganzen oder in
wichtigen Teilen erfüllt. Und im Jahr 2009 bezeichneten sich
in den Neuen Ländern 65 Prozent als „Gewinner“, 20 Prozent
als „Verlierer der Einheit“ (Vergleich 2004: 54 zu 30 Prozent).
Dem entsprechen auch die Zukunftserwartungen. „Sehen Sie
persönlich der Zukunft eher optimistisch oder eher pessi-
mistisch entgegen?“ beantworteten 64 Prozent insgesamt (65
Prozent im Westen, 62 Prozent in den östlichen Ländern) mit
„eher optimistisch“, gegenüber rund einem Drittel, die eher
pessimistisch waren. Quelle: 20 Jahre nach dem Mauerfall. Eine Erhebung der TNS Infratest Politikforschung Berlin, Mai 2009.
Wie sehen die Deutschen die friedliche Revolution und die Einheit?
Optimism
us für
64 % de
r Deut
schen
die Z
ukunft
22 Zeitbild Wissen
Europa bedeutet für jeden einzelnen Bürger ein Mehr an persönlicher Bewegungsfreiheit: Wegfall der Grenz-kontrollen, Niederlassungsfreiheit für Unternehmer und Arbeitnehmer, gegenseitige Anerkennung von Diplomen, Liberalisierung des Geld- und Kapital- sowie des Dienstleistungsverkehrs.Die wirtschaftliche Bilanz ist genauso eindeutig wie die
politische: Über die vergangenen Jahrzehnte hinweg ist der prozen-tuale Anteil der Exporte in die Länder der EU am Gesamtvolumen der deutschen Ausfuhren kontinuierlich bis auf mehr als 65 Prozent gestiegen. Ein eindrucksvollerer Beleg für die überragende Bedeutung, die der EU-Binnenmarkt für das geeinte Deutschland besitzt, lässt sich kaum denken. Für die Zukunft gilt, dass die Deutschen den globalen Wettbewerb nur in der Gemeinschaft der Europäer werden bestehen können.Der Mauerfall und die Epochenwende von 1989/1990 haben es auch ermöglicht, dass inzwischen – neben Zypern und Malta – die neutra-len Staaten Österreich, Schweden und Finnland und auch zehn Län-der Mittel- und Osteuropas Mitglieder der EU geworden sind. Denn noch 1989 standen sich an der innerdeutschen Grenze, hinter Mauer und Todesstreifen, mit der NATO und dem Warschauer Pakt zwei bis an die Zähne bewaffnete feindliche Militärbündnisse gegenüber.
Die Europäische Union ist aus den Erfahrungen zweier verheerender Weltkriege entstanden
und hat unserem Land nach dem dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte den Weg zu
gleichberechtigter Partnerschaft in Europa und in der Welt gebahnt. Sie hat – gemeinsam mit der
Verankerung der Bundesrepublik Deutschland im westlichen Verteidigungsbündnis – entschei-
dend dazu beigetragen, dass die deutsche Einigung auf friedlichem Wege und mit Zustimmung
aller Nachbarn unter dem europäischen Dach möglich wurde.
DEUTSCHLAND IN EUROPA ...
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der Mittel- und Osteuropas Mitglieder der EU geworden sind. Dennnoch 1989 standen sich an der innerdeutschen Grenze, hinter Mauer und Todesstreifen, mit der NATO und dem Warschauer Pakt zwei bisan die Zähne bewaffnete feindliche Militärbündnisse gegenüber.
Auf einer Wiese am Oderufer
in Frankfurt (Oder) sitzt
am 30. April 2004 auf einer
Europafahne Julia Wagner-
Krawczyk mit ihrem Mann Sven
Wagner und der einjährigen
Tochter Lily-Marie. Die
28-jährige Polin ist Studentin
an der Europa-Universität Via-
drina und seit 15 Monaten
mit dem 27-jährigen deutschen
Zimmerermeister verheiratet.
Die drei verfolgen vom Oder-
ufer aus die Feierlichkeiten.
Unter dem Motto „Aus
Nachbarn werden
Partner“ feiern die
Einwohner von
Frankfurt (Oder)
und der pol-
nischen Nachbar-
stadt Slubice den
Beitritt Polens zur
Europäischen
Union. (Quelle: picture-alliance)
23 Zeitbild Wissen
Denn der Mauerfall hat den europäischen Kontinent und die Koordinaten der Welt-politik verändert. Die Herstellung der Deut-schen Einheit bedeutete auch die friedliche Beseitigung eines Spannungsherdes mitten in Europa, der jahrzehntelang Kristallisations-punkt des Kalten Krieges und damit eine
massive Bedrohung des Weltfriedens war. Heute leben die Deut-schen in international anerkannten, sicheren Grenzen und werden von ihren Nachbarn nicht mehr als Bedrohung, sondern als wich-tiger Partner in Europa und der Welt wahrgenommen. Deutschland nimmt diese Herausforderung im Rahmen des atlantischen Sicherheitsbündnisses an. Durch ihre Integration in die NATO konnte die „alte“ Bundesrepublik den Ost-West-Konfl ikt unbeschadet bestehen und letztlich zugunsten der Einheit auf-
lösen. Mit dem Ende der alten Machtblöcke in Ost und West und der Etablierung einer neuen, multipolaren Weltordnung haben sich die Aufgaben der NATO – und damit auch Deutschlands – im Sinne eines globalen Stabilitätsfaktors gewandelt. Deutsche Sol-daten tragen heute gemeinsam mit ihren Verbündeten in vielen Teilen der Welt zur Konfl iktlösung bei; militärisches Eingreifen ist dabei nur dann gerechtfertigt, wenn alle Mittel der friedlichen Konfl iktbewältigung versagen. Je mehr Menschen in Freiheit leben, desto weniger gewaltsame Konfl ikte gibt es. Deshalb unterstützt Deutschland auch das Be-mühen der Vereinten Nationen um die weltweite Durchsetzung der Menschenrechte. Die Vision einer Welt, in der nicht das Recht des Stärkeren, sondern die Stärke des Rechts gilt und in der sich Starke wie Schwächere gut aufgehoben fühlen, ist auch Leitbild des wiedervereinigten Deutschlands.
... UND IN DER WELTNach außen hat die Einheit den Deutschen
mehr Gewicht verliehen, und das heißt in vielen Fällen
vor allem: mehr Verantwortung in der Welt.D
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Was damals in Polen begann und sich in den Botschaften der Bundesrepublik in Warschau, in Budapest und in Prag fort-setzte, endete in einer Epochenwende der europäischen Ge-schichte, die zugleich das Ende des Kalten Krieges und die Überwindung des hergebrachten Ost-West-Konfl iktes be-deutete. Im Rückblick wird noch deutlicher, dass dieser „Kalte Krieg“ überhaupt nur durch eine massenhafteBewegung von unten, durch den friedlichen Aufstand der Menschen in Ost- und Mitteleuropa zu überwinden war. Nachdem alle ehemaligen Länder des Ostblocks sich von ihren kommunistischen Machthabern befreit und eine de-mokratische Ordnung errichtet hatten, hörte Ende 1991 auch die Sowjetunion auf zu existieren. Damit trat gut 70 Jahre nach der Oktoberrevolution das ehemalige kommunistische Weltreich der UdSSR fast lautlos von der Bühne ab.Beim Prozess der Erweiterung der EU nach Osten ging es darum, endlich auch jene Länder, die zuvor jahrzehntelang unter kommu-nistischer Zwangsherrschaft, unter Willkür und Unfreiheit gelitten hatten, in die „Familie“ der demokratischen und freiheitlichen Staaten Europas aufzunehmen.Bereits im Februar 1992 unterzeichneten die Außen- und Finanzminister der – damals – zwölf EG-Staaten in den Niederlanden den Vertrag von Maastricht – die bedeutendste Fortentwicklung der europäischen Eini-gung seit den Römischen Verträgen 35 Jahre zu-vor. Kernstück der Maastrichter Vereinbarungen sind die Verträge über eine Wirtschafts- und Währungsunion mit gemeinsamer europäischer Währung. Am 1. Januar 2002 erfolgte der Umtausch der nationalen Banknoten und Münzen gegen Euro-Banknoten und Euro-Münzen; seither ist der Euro in 16 der heute insgesamt 27 Mitgliedstaaten der EU alleiniges ge-setzliches Zahlungsmittel geworden.Unter dem Strich haben die Menschen im vereinten Deutschland jeden Grund, Europa dankbar zu sein. Die Einigung Europas ist und bleibt im existenziellen Interesse Deutschlands.
Österreich
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Portugal
Malta
Niederlande
Luxemburg
Irland
Griechenland
Finnland
Italien
24 Zeitbild Wissen
Einsatz im Unterricht
Methodisch-didaktische Hinweise
ie heutigen Schülergenerationen haben den Fall der Mauer nicht miterlebt, für sie ist die
Deutsche Einheit eine Selbstverständlichkeit. Im vorliegenden Unterrichtsmaterial steht die
deutsche Geschichte seit diesem historisch bedeutsamen Ereignis im Mittelpunkt.
Die folgenden 24 Arbeitsblätter behandeln die Deutsche Einheit und ihre politi-
sche, wirtschaftliche, soziale und gesellschaftspolitische Entwicklung. Es wird diskutiert, inwieweit sich die
ehemals getrennten Teile Deutschlands 20 Jahre nach der Wiedervereinigung angenähert haben.
Die Unterrichtsmaterialien eignen sich für den fächerübergreifenden Unterricht in Politik, Geschichte,
Wirtschaft und Sozialkunde. Die einzeln heraustrennbaren Arbeitsblätter können für den Einsatz im
Unterricht kopiert werden und bieten genügend Möglichkeiten, die Themen unabhängig voneinander
und in anderer Reihenfolge in der Klasse zu behandeln. Die Arbeitsblätter sind auch zur persönlichen
Unterrichtsvorbereitung geeignet.
Jedes Arbeitsblatt enthält schülergerechte Aufgaben für eine aktive, selbstständige und vertie-
fende Auseinandersetzung mit dem entsprechenden Thema und zur Kontrolle des zuvor Erlernten.
Als Hilfestellung fi nden Sie Lösungen zu den Schüleraufgaben am Ende des Magazins auf Seite 51.
Mit den ersten drei Arbeitsblättern über die wichtigsten Stationen der Deutschen
Einheit können die Schülerinnen und Schüler den Mauerfall, seine Auswirkungen sowie Ursachen
und Verlauf der Wiedervereinigung kennenlernen.
Mit den Arbeitsblättern 4 und 6 bis 10 zu den Themen Staatssicherheit, Leben in der DDR, Grenz-
fl ucht und DDR-Mythen können sich die Schülerinnen und Schüler intensiv mit der SED-Diktatur
auseinandersetzen und begreifen, warum die DDR-Bevölkerung die Wiedervereinigung gefordert
hat. Arbeitsblatt 5 regt zur Spurensuche in Berlin an, wo noch heute Spuren der Mauer und der DDR
zu fi nden sind.
Mit den Arbeitsblättern 11 bis 22 werden den Schülerinnen und Schülern die Auswirkungen
der Wiedervereinigung und die Annäherung von Ost- und Westdeutschland aufgezeigt. Die
Schülerinnen und Schüler können die Erfolge und Probleme der Deutschen Einheit herausarbeiten.
Einen etwas persönlicheren Ansatz bieten hierbei die Arbeitsblätter 11, 12 und 13: die Porträts
zweier Wendekinder (AB 11) und die Erinnerungen eines Journalisten, der 15 Jahre alt war, als die
Mauer fi el (AB 12). Joachim Gauck refl ektiert die friedliche Revolution in seiner Rede zum 10. Jahres-
tag des Mauerfalls (AB 13). Die wirtschaftlichen Auswirkungen – Soziale Marktwirtschaft, Solidarpakt –
werden auf den Arbeitsblättern 14 bis 16 herausgestellt und die ökologischen auf Arbeitsblatt 18.
Arbeitsblatt 17 liefert konkrete Zahlen zur Ost-West-Annäherung, die Arbeitsblätter 19 und
20 beziehen sich auf das Demokratieverständnis und die Politische Kultur.
Mit Arbeitsblatt 23 erhalten die Schülerinnen und Schüler die wichtigsten Fakten über Deutsch-
land auf einen Blick.
Abschließend können die Schülerinnen und Schüler im Deutschland-Quiz ihr Wissen über Deutsch-
land prüfen. Das Blatt mit den Quizlösungen kann im Anschluss daran ausgeteilt werden, so dass die Schü-
lerinnen und Schüler selbst herausfi nden können, wie gut sie über Deutschland Bescheid wissen.
D
25Zeitbild Wissen
Inhalt der Arbeitsblätter
2Zeitbild Wissen
Lösungen Deutschland-Quiz
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
ZEIT DER TEILUNG
DER WEG IN DIE FREIHEIT
20 JAHRE DEUTSCHE EINHEIT
FLUCHT UNTER EINSATZ DES LEBENS ...
WO STAND EIGENTLICH DIE MAUER?
JEDER KONNTE EIN SPITZEL SEIN ...
DER VERGANGENHEIT INS AUGE SEHEN
WIE WAR DAS IN DER DDR EIGENTLICH ...
VERKLÄRUNG ODER WIRKLICHKEIT?
LEBEN IN DER DDR
ICH HATTE TANZSTUNDE ...
ZWEI VON 1.786.134
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
13
14
JOACHIM GAUCK ZUM THEMA
FRIEDLICHE REVOLUTION
VON DER ZENTRALVERWALTUNGSWIRTSCHAFT
ZUR SOZIALEN MARKTWIRTSCHAFT
„OPERATION WURST“:
EIN UNTERNEHMERPORTRÄT
UNTERSTÜTZUNG FÜR DEN OSTEN
FAKTEN ZWISCHEN AACHEN UND ZWICKAU
UMWELTVERSCHMUTZUNG
DEMOKRATIE – NEIN DANKE?
WIE STEHT’S UM DIE POLITISCHE KULTUR?
GO EAST!
ZITATESAMMLUNG
DEUTSCHLAND AUF EINEN BLICK
DEUTSCHLAND-QUIZ
26 Zeitbild Wissen
Zeit der Teilung
7. Mai 1945:
Durch die Unterzeichnung der
bedingungslosen Kapitulation aller
deutschen Streitkräfte endet der
Zweite Weltkrieg in Europa.
5. Juni 1945:
Die Siegermächte Sowjetunion,
USA, Großbritannien und Frank-
reich übernehmen die oberste
Regierungsgewalt in Deutschland.
Das Land wird in vier Besatzungs-
zonen und Berlin in vier Sektoren
aufgeteilt.
20. Juni 1948:
Die Westmächte schaffen in den
westlichen Besatzungszonen die
wertlos gewordene Reichsmark
ab und führen die Deutsche Mark
als neues Zahlungsmittel ein. Die
Sowjetunion reagiert drei Tage
später mit einer eigenen Wäh-
rungsreform in ihrer Zone.
24. Juni 1948:
Die Sowjetunion sperrt die Land-
und Wasserwege nach West-Berlin,
nur die Luftwege bleiben offen. Die
Westmächte versorgen die West-
Berliner über die „Luftbrücke“ mit
Lebensmitteln („Rosinenbomber“).
Die Berlin-Blockade endet am
12. Mai 1949.
23. Mai 1949:
Mit Inkrafttreten des Grundgesetzes
wird die Bundesrepublik Deutsch-
land gegründet. Konrad Adenauer
wird erster Bundeskanzler.
7. Oktober 1949:
Der nicht aus Wahlen hervorge-
gangene „Deutsche Volksrat“ setzt
die „Verfassung der Deutschen
Demokratischen Republik“ in Kraft.
Damit ist die DDR gegründet.
17. Juni 1953:
Der Arbeiter- und Volksaufstand in
Ost-Berlin und in der DDR gegen
die DDR-Regierung und für freie
Wahlen wird gewaltsam mithilfe
sowjetischer Truppen und Panzer
niedergeschlagen.
1955:
Die Bundesrepublik wird in das
westliche Militärbündnis der NATO
und die DDR in das östliche Militär-
bündnis des Warschauer Pakts als
Mitglied aufgenommen.
13. August 1961:
Auf Befehl der SED beginnt der
Bau der Berliner Mauer zwischen
Ost- und West-Berlin. Damit wird
die massenhafte Abwanderung
der Bevölkerung in Richtung
Westen gestoppt.
19. März 1970:
Bundeskanzler Willy Brandt und
der Vorsitzende des Ministerrats
der DDR Willi Stoph treffen sich
in Erfurt zum ersten innerdeut-
schen Gipfelgespräch. Am 21. Mai
erfolgt der Gegenbesuch Stophs
in Kassel.
12. August 1970:
In Moskau wird der deutsch-
sowjetische Vertrag unterzeichnet.
Er enthält die Verpfl ichtung auf
Gewaltverzicht und die Unverletz-
lichkeit aller Grenzen in Europa.
21. Dezember 1972:
Grundlagenvertrag zwischen der
Bundesrepublik und der DDR;
Bundesregierung übergibt „Brief
zur Deutschen Einheit“.
18. September 1973:
Die Bundesrepublik und die DDR
werden in die Vereinten Nationen
(UNO) aufgenommen.
1. August 1975:
Die Bundesrepublik und die DDR
unterschreiben die KSZE-Schluss-
akte in Helsinki.
29. Juni 1983:
Die Bundesrepublik verbürgt sich
für einen Kredit in Höhe von einer
Milliarde DM, den die DDR von
westdeutschen Banken erhält. Als
Gegenleistung beginnt die DDR
mit dem Abbau der Selbstschuss-
anlagen an der innerdeutschen
Grenze.
März 1985:
Michail Gorbatschow übernimmt
die Führung in der Sowjetunion.
Mit Glasnost (Offenheit) und Pere-
stroika (Umgestaltung) leitet er
Reformen in der Sowjetunion ein.
Dadurch gerät der Ostblock in
Bewegung, was auch die Rahmen-
bedingungen der SED-Führung
spürbar verändert.
ArbeitsauftragOrdne folgende Bilder den oben genannten
Ereignissen zu:
1
2
3
1
Der Weg in die Freiheit
2. Mai 1989:
Zwischen Ungarn und Öster-reich wird mit dem Abbau der Grenzbefestigungen begonnen.
7. Mai 1989: In der DDR fi nden Kommunalwah-len statt. Nachdem oppositionelle Bürgerrechtsgruppen die Fälschung der Wahlergebnisse nachweisen können, beginnen im Herbst 1989 die Demonstrationen mit dem Ruf „Wir sind das Volk!“.
11. September 1989: Mit Öffnung der ungarischen West-grenze beginnt die Massenfl ucht über die ungarisch-österreichische Grenze in die Bundesrepublik. Bis Monatsende fl iehen ca. 30.000 DDR-Bürger. Andere DDR-Bürger fl üchten in die bundesdeutschen Botschaften in Prag und Warschau.
9. Oktober 1989: Auf der bis dahin größten Leipziger Montagsdemonstration fordern ca. 70.000 Menschen grundlegende politische Reformen. Die Sicher-heitskräfte sind zu schwach und greifen nicht ein.
18. Oktober 1989: SED-Generalsekretär Erich Ho-necker tritt zurück.
7./8. November 1989:
Rücktritt der DDR-Regierung. Die Bundesregierung fordert die Führung der DDR zu system-ändernden Reformen auf: Ver-zicht auf das Machtmonopol der SED, Zulassung unabhängiger Par teien und Organisationen, Anberaumung freier Wahlen.
9. November 1989: Öffnung der Mauer: Gegen Mitter-nacht vom 9. zum 10. November öffnen sich unter dem Druck von Tausenden von DDR-Bürgern die Schlagbäume. In den nächsten Stunden drängen Hunderttau-sende an die Grenze.
28. November 1989: Bundeskanzler Helmut Kohl stellt das Zehn-Punkte-Programm vor, in dem ein schrittweiser Prozess zur Wiedergewinnung der Deut-schen Einheit umrissen wird. Dabei wird der Zeitrahmen ab-sichtlich offengelassen.
15. Januar 1990:
Tausende Bürger stürmen die Zentrale des Ministeriums für Staatssicherheit in der Ost-Berliner Normannenstraße, um Stasi-Akten vor dem Reißwolf zu retten. Die Aufl ösung der Stasi nimmt ihren Lauf.
18. März 1990: Erste und letzte freie und demokra-tische Volkskammerwahlen in der DDR. Sieg der „Allianz für Deutsch-land“ (DA, DSU und CDU).
18. Mai 1990: Unterzeichnung des Staats-vertrags zwischen der Bundes-republik Deutschland und der DDR über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und So-zialunion.
17. Juni 1990: Die Volkskammer beschließt das Treuhandgesetz. Damit erhält die Treuhandanstalt, die noch auf einen Beschluss der Modrow-Re-gierung zurückgeht, den Auftrag, die staatseigenen Betriebe der DDR zu privatisieren.
1. Juli 1990: Die Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion tritt in Kraft. Die D-Mark wird offi zielles Zahlungs-mittel in der DDR.
15./16. Juli 1990: Besuch von Bundeskanzler Helmut Kohl, Außenminister Hans-Dietrich Genscher und
Finanzminister Theo Waigel im Kaukasus. Einvernehmen über die Deutsche Einheit und Abzug der sowjetischen Truppen.
23. August 1990: Die Volkskammer beschließt denBeitritt der DDR zur Bundesre-pu-blik nach Art. 23 des Grund-gesetzes.
31. August 1990: Unterzeichnung des Einigungs-vertrags.
212. September 1990: Unterzeichnung des Zwei-plus-Vier- Vertrags zwischen der Bundes-republik Deutschland und der DDR plus vier Alliierte über die Zukunft des vereinigten Deutschlands.
3. Oktober 1990:
Tag der Deutschen Einheit. Bei-tritt der DDR zur Bundesrepu-blik und damit Ende der Spaltung Deutschlands. Das Grundgesetz gilt jetzt für ganz Deutschland.
Arbeitsauftrag
1) Was waren Gründe der Menschen in der DDR, in die Bundesrepublik zu flüchten?a) _____________________________________b) _____________________________________c) _____________________________________d) _____________________________________2) Die vier Zitate in der Tabelle gingen in die Geschichte ein. Doch wann genau wurden sie ausgesprochen? Ordnet jedes Datum dem richtigen Zitat und dem entsprechenden geschichtlichen Hintergrund zu.
Datum: 9. November 1989, 19. Januar 1989, 15. Juni 1961, 7. Oktober 1989Zeitliche Einordnung: zwei Monate vor Mauerbau; Tag der Maueröffnung; zehn Monate vor Mauerfall; 40. Jahrestag der DDR
Zitat Datum Zeitliche EinordnungMichail Gorbatschow: „Wenn wir zu spät kommen, bestraft uns das Leben sofort.“
7. Oktober 1989
Erich Honecker: „Die Mauer wird ... so lange bleiben, wie die Bedin-gungen nicht geändert werden, die zu ihrer Errichtung geführt haben. Sie wird in 50 und auch in 100 Jahren noch bestehen bleiben, wenn die dazu vorhandenen Gründe noch nicht beseitigt sind.“
zehn Monate vor Mauerfall
Walter Ulbricht: „Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten!“
Günter Schabowski: „Privatreisen nach dem Ausland können ohne Vorliegen von Voraussetzungen ... beantragt werden. Die Genehmi-gungen werden kurzfristig erteilt. ... Ständige Ausreisen können über alle Grenzübergangsstellen der DDR zur BRD erfolgen. ... Das tritt nach meiner Erkenntnis – ist das sofort – unverzüglich.“
Zeitbild Wissen 27
28 Zeitbild Wissen
20 Jahre Deutsche Einheit314. Oktober 1990 Landtagswahlen in den fünf Neuen
Bundesländern Brandenburg,
Mecklenburg-Vorpommern,
Sachsen, Sachsen-Anhalt und
Thüringen, die aus den 14 ostdeut-
schen Bezirken entstanden waren.
9. November 2009Feuerwerk und internationale Gäste
am Brandenburger Tor: Am Jahres-
tag des Mauerfalls feiert Deutsch-
land 20 Jahre friedliche Revolution.
August 2001Beschluss des Bund-Länder-Pro-
gramms „Stadtumbau Ost“: Von
2002 bis 2009 werden insgesamt
2,5 Milliarden Euro bereitgestellt,
um den Leerstand ostdeutscher
Wohnungen zu bekämpfen und die
Attraktivität der Städte zu steigern.
Februar 1992Bei den Olympischen Winterspielen
in Albertville treten erstmals seit
1964 wieder Sportlerinnen und
Sportler aus Ost- und Westdeutsch-
land gemeinsam an.
29. Mai 2010 Germany – 12 Points! Mehr als 125
Millionen Menschen auf der ganzen
Welt sehen zu, wie Deutschland
den Eurovision Song Contest in
Oslo gewinnt. Die 19-jährige Lena
Meyer-Landrut überzeugt Jury
und Zuschauer mit ihrem Song
„Satellite“.
20. Juni 1991Der Bundestag in Bonn beschließt
die Verlegung des Parlaments- und
Regierungssitzes von Bonn nach
Berlin. Acht Jahre später, im Septem-
ber 1999, beginnt der Bundestag
offi ziell seine Arbeit im umgebauten
Reichstagsgebäude.
Juni 1995 Der Reichstag wird für zwei
Wochen verhüllt – mit mehr als
100.000 m2 Spezialstoff. Rund fünf
Millionen Menschen lockt das Kunst-
werk des Künstlerpaares Christo
und Jeanne-Claude an.
31. Dezember 1994Die Treuhandanstalt wird aufgelöst.
Insgesamt wurden über 6.500
Unternehmen privatisiert, knapp
1.600 reprivatisiert und über 3.700
Unternehmen mussten geschlossen
werden.
August 2002Ganz Deutschland hilft: Die
Jahr hundert-Flut an der Elbe ver-
ursacht Schäden von über neun
Milliarden Euro, vor allem ostdeut-
sche Länder sind betroffen. 500
Millionen Euro werden gespendet
und Freiwillige aus dem gesamten
Bundesgebiet unterstützen die
Hilfsorganisationen.
22. November 2005Mit Angela Merkel wird nicht
nur die erste Frau, sondern auch
die erste ostdeutsche Politikerin
Bundeskanzlerin der Bundesrepublik
Deutschland.
2. Dezember 1990In der Bundesrepublik fi nden die
ersten gesamtdeutschen Bundes-
tagswahlen statt. Als Ergebnis setzen
CDU/CSU und FDP ihr Regierungs-
bündnis fort.
1. Januar 1995Inkrafttreten des Solidarpakts I: Bis
2004 erhalten die Neuen Bundes-
länder vom Bund 105 Milliarden
Euro für den Aufbau von Wirtschaft
und Infrastruktur. Anschließend wird
der Pakt verlängert (Solidarpakt
II): Bis 2019 werden weitere 156
Milliarden Euro bereitgestellt.
8. September 1994Vor dem Brandenburger Tor in
Berlin werden die Streitkräfte der
westlichen Alliierten verabschiedet.
Einige Tage zuvor haben die letzten
russischen Soldaten die Bundes-
republik verlassen.
17. Januar 1991Der Bundestag wählt Helmut Kohl
zum ersten gesamtdeutschen
Bundeskanzler.
2. Januar 1992Erste Bürgerinnen und Bürger
nehmen Einsicht in ihre Stasi-Akten,
die in der „Behörde des Bundes-
beauftragten für die Unterlagen
des Staatssicherheitsdienstes der
ehemaligen DDR“ aufbewahrt
werden. Bis 2009 haben über 2,6
Millionen Bürger einen Antrag auf
Akteneinsicht gestellt.
30. April 1991In Zwickau rollt der letzte Trabant
vom Band.
19. März 2002Volkswagen eröffnet die Gläserne
Manufaktur in Dresden. Besucher
und Kunden können hier die
Herstellung eines Automobils
mitverfolgen.
3. Dezember 1992Erich Honecker übernimmt als
Angeklagter in einer persönlichen
Erklärung vor dem Berliner Land-
gericht die Verantwortung für den
Mauerbau.
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Arbeitsauftrag
– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – , – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – !
Ordne die Bilder den richtigen Ereignissen zu und bringe Bilder und Ereignisse in eine zeitliche Reihenfolge. Bei richtiger Reihenfolge ergeben die angegebenen Buchstaben folgende Lösung:
Flucht unter Einsatz des Lebens ...
Am frühen Sonntagmorgen des 13. August 1961 beginnt die DDR, die Sektorengrenze in Berlin und die Grenze West-Berlins zum Umland zunächst mit Stacheldraht und Barrikaden, wenige Tage später mit Mauern abzuriegeln. Die Mauer verläuft quer durch Berlin, reißt Straßen, Stadtviertel, Freunde und Familien auseinander. Damit versucht die DDR-Führung die massiv anwachsende Fluchtbewegung der eigenen Bürger in die Bundesrepublik zu stoppen und ihre Macht zu stärken. Seit 1949 wa-ren über zweieinhalb Millionen – überwiegend junge – Menschen aus der DDR gefl ohen, da sie vor allem mit dem politischen und wirtschaftlichen System dort nicht einverstanden waren.In den nächsten Jahren werden die Grenzanlagen immer weiter aus-gebaut und perfektioniert. Die Betonmauer wächst, Drahtgitterzäune und weiträumige Sperrgebiete entstehen, die SED-Führung lässt Sperrgräben, Beobachtungstürme, Hundelaufanlagen, Minenfelder und Selbstschuss-anlagen einrichten. Die innerdeutsche Grenze, die sich auf insgesamt 1.378 km erstreckt, gehört bald zu der am stärksten bewachten auf der Welt. Einen besonderen Abschnitt davon bildet die Berliner Mauer, die Westberlin umschließt. Trotz Stacheldraht und Mauer gelingt es immer wieder Flüchtlingen, unter Einsatz ihres Lebens die Grenze zu überwinden. 461.605 Menschen fl iehen zwischen 1961 und 1989 in die Bundesrepublik Deutschland; 38.101 davon sind sogenannte Sperrbrecher, die es direkt über die Grenzbefesti-gungen in den Westen schaffen. Sie nutzen Bulldozer, leere Tanks und Kofferräume mit doppeltem Boden, falsche Papiere und Uniformen, bauen Tunnel und Flugapparate. Vielen gelingt die Flucht jedoch nicht. Mehrere Hundert sterben. Sie werden von den Grenzsoldaten erschossen, ertrinken in den Grenzgewässern oder erleiden tödliche Unfälle auf der Flucht.
Die Flucht.Aus einem Zeitzeugengespräch mit Ulrich Pfeifer
Meine Flucht lief in der Nacht vom 7. zum 8. September 1961. Wir haben uns nachts um eins in der Gleimstraße getroffen. Wir waren zu sechst, der siebente war der sogenannte Deckelmann. Das war derjenige, der, nachdem alle eingestiegen waren, den Deckel wieder zumachen
musste. Wir haben so bis um halb zwei in einem Hauseingang gewartet, bis es auf der Straße ruhig war. Wir beiden Männer haben dann erst mal diesen Deckel mithilfe von Haken aufgemacht. Dann ging es los. Der andere Mann ist als Erster eingestiegen, dann nacheinander die vier Mädchen. Wir waren alle so im gleichen Alter, zwischen 20 und 25 Jahren. Ich bin als Letzter hinterher und habe dabei dem Mädchen vor mir fürchterlich auf die Finger getreten. Ich
hörte noch, wie der Deckel oben zuging. Am Anfang hatte der Kanal vielleicht eine Höhe von einem Meter dreißig. Man musste also gebückt gehen. Weiter Richtung Wedding wurde er dann aber immer größer. Das war so ein alter gemauerter Hauptsammler, ein Mischsystem, also Schmutzwasser und Regenwasser zusammen. Es war eigentlich sehr ekelhaft, aber das spielte in dem Moment keine Rolle. In der Ferne sahen wir schon das Aufblitzen einer
Taschenlampe. Wir wussten ja, dass Studenten auf der Westseite in der Kanalisation sind und uns erwarten. Ein Problem gab es noch, das war uns erst gar nicht so klar. An der Grenze war schon ein Gitter in der Kanalisation eingebaut. Es hatte aber unten Bodenfreiheit. Wenn man nicht allzu dick war, konnte man unten drunter durchrutschen. Man musste also wirklich auf Deutsch gesagt in die Scheiße tauchen. Die Kanalisation machte dann so einen Knick im
Westen und war vom Osten nicht mehr einsehbar. Dort wurden wir von den Studenten empfangen. Über dem Gullydeckel stand ein Bus. Wir sind rein in den Bus, Deckel zu und weggefahren. Das war also meine Flucht.
Quelle: www.berliner-mauer-dokumentationszentrum.de/de/ulrich-pfeifer-534.html
DIE BERLINER MAUER „Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten.“
Walter Ulbricht, Staatsratsvorsitzender der DDR am 15. Juni 1961
Mauerbau-Beginn 13. August 1961 Öffnung 9. November 1989Todesopfer an der Berliner Mauer 136Gesamtlänge der Berliner Mauer 155,0 kmBeobachtungstürme 302Bunker 20Hundelaufanlagen 259Kontakt- bzw. Signalzaun 127,5 kmHunde 992Angehörige der Grenztruppen 11.504Quelle: www.chronik-der-mauer.de
‘‘
‘‘Was machte die Mauer zum Todesstreifen“? Guck dir den Film der Deutschen Welle „EINGEMAUERT!
Die innerdeutsche Grenze“ an und notiere, mit welchen Mitteln
die DDR-Führung die Grenzanlage sicherte.
Wofür stehen Begriffe wie „Stalinrasen“, „Aktion ,Ungeziefer’”,
„Signalzaun“? Den Film fi ndest du im Internet unter :
www.dw-world.de/dw/article/0,,4434532,00.html
e Audios und Videos zum Thema
“
Dieses Foto geht um die Welt: Mit einem
gewagten Sprung über den Stacheldraht fl ieht
am 15. August 1961 der NVA-Soldat Hans
Conrad Schumann aus der DDR in den Westen.
4
Zeitbild Wissen 29
Arbeitsauftrag
Wo
stan
d e
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ch
die
Mau
er?
5Berlin ist eine geschichtsträchtige Stadt.
Der Eiserne Vorhang lief als Mauer
mitten durch sie hindurch. Seit der
Wiedervereinigung hat wahrscheinlich
jeder Berliner, der Gäste von außerhalb
der Stadt empfangen hat, die Frage ge-
hört: „Wo stand eigentlich die Mauer?“
Dieses Arbeitsblatt zeigt dir einige Bei-
spiele, wo in Berlin noch heute Spuren
der Mauer und der DDR zu fi nden sind.
Der Berliner Mauerweg
Der als Rad- und Wanderroute konzi-
pierte Berliner Mauerweg ist etwa 160
Kilometer lang und führt über 14 Ein-
zelstrecken rund um das einstige West-
Berlin. An mehr als 40 Stationen bietet
er mehrsprachige Informationen rund
um das geteilte Deutschland. Von ehe-
maligen Grenzanlagen über Mauerreste
bis hin zu ehemaligen Kontrollpunkten
gibt es einiges zu entdecken.
www.berlin.de/mauer
Gedenkstätte
Berliner Mauer an der
Bernauer Straße
Die Bernauer Straße erzählt eine
besonders dramatische Geschichte der
Teilung Berlins: Während sich der
Gehweg in West-Berlin befand, lagen
die Häuser wiederum schon im sow-
jetischen Sektor und damit in Ost-
Berlin. Um Fluchten nach Westen zu
verhindern, mauerten die Grenztrup-
pen die Fenster der unteren Etagen zu;
Fluchtwillige versuchten daraufhin, aus
den oberen Stockwerken nach West-
Berlin zu entkommen.
www.berliner-mauer-
gedenkstaette.de
East Side Gallery
Die East Side Gallery ist ein noch erhal-
tener 1,3 Kilometer langer Abschnitt der
Berliner Mauer, der von Künstlern aus
aller Welt bemalt worden ist. Mehr als
100 Bilder erzählen von der Geschichte
Deutschlands und Berlins und gaben der
Mauer in der Zeit nach 1989 ein neues
Gesicht. Die Galerie ist weit über die
Grenzen Deutschlands hinaus zu einem
Denkmal für Freiheit geworden.
www.eastsidegallery.com
Checkpoint Charlie
und das Mauermuseum
Checkpoint Charlie war einer der bekann-
testen Grenzübergänge zwischen West-
und Ost-Berlin; heute erinnert daran ein
nachgebildetes Wachhäuschen. Unmit-
telbar neben der Touristenattraktion
befindet sich außerdem das Mauer-
museum, das über die Geschichte der
Mauer, spektakuläre Fluchten und den
weltweiten Einsatz für Menschenrechte
informiert.
www.mauermuseum.de
Stasi-Museum
(Forschungs- und Gedenk-
stätte Normannenstraße)
In der vom Volksmund als Stasi-Museum
bezeichneten Forschungs- und Gedenk-
stätte Normannenstraße können Besu-
cher u. a. die Original-Büroräume Erich
Mielkes (ehemaliger Minister für Staats-
sicherheit in der DDR) besichtigen. Zu
DDR-Zeiten war in dem Gebäude die
Zentrale des Ministeriums für Staats-
sicherheit („Stasi“) untergebracht.
www.stasimuseum.de
Ehemaliges Stasi-Gefängnis
(Gedenkstätte Berlin-
Hohenschönhausen)
Gebäude und Einrichtung der Gedenk-
stätte vermitteln ein authentisches Bild
vom ehemaligen Untersuchungsgefäng-
nis des Ministeriums für Staatssicherheit.
Die Besucher werden meist von früheren
Gefangenen über das Gelände geführt,
die aus eigener Erfahrung über die Haft-
bedingungen und Verhörmethoden des
DDR-Staatssicherheitsdienstes berichten
können.
www.stiftung-hsh.de
Arbeitsauftrag
Unten siehst du die Umrisse von Berlin. Markiere rot, wo die Mauer verlief. Zeichne dann die Grenzen der vier ehemaligen Sektoren ein (USA, Vereinigtes Königreich, Frankreich, Sowjetunion).
Orte des Erinnerns
Zeitbild Wissen30
31Zeitbild Wissen
6Jeder konnte ein Spitzel sein ...
Leben und Alltag in der DDR wer-den oftmals mit Stasi, Bespitzelung und staatlicher Überwachung der Bevölkerung in Verbindung ge-bracht. Doch was genau war die Staatssicherheit in der DDR?
1950 wurde das Ministerium
für Staatssicherheit (MfS), im Volksmund auch Stasi genannt, von der SED als Geheimpolizei und geheimer Nachrichtendienst der DDR gegründet. Im
Laufe der Zeit entwickelte sich das Ministerium zu einem umfassenden Spitzelap-parat und sorgte somit für eine fl ächendeckende Überwachung der eigenen Bürger. Jeder ver-meintliche oder echte Gegner des SED-Regimes wurde überwacht und kontrolliert.
Das MfS hat zahlreiche Methoden und Hilfsmittel entwickelt, um die Bevölkerung in allen Lebensbe-reichen verdeckt überwachen zu können. So wurden Telefongesprä-che abgehört, Räume durchsucht, die Post kontrolliert und Verdäch-tige permanent beobachtet. Hinzu kamen Repressionen wie Verhaf-tungen, Gewaltanwendung, Un-terdrückung und
Ausbürgerung, um politisch Andersdenkende einzu-schüchtern und deren Aktivitäten zu unterbinden.
Neben den hauptamt-
lichen Mitarbeitern, die direkt und offi ziell beim MfS beschäftigt waren, gab es die größere Grup-pe der Inoffiziellen Mitarbeiter (kurz IM).
Die Inoffi ziellen Mitarbeiter waren die „Hauptwaffe“ des MfS – die direkte Verbindung zwischen dem Ministerium und der Bevölke-rung. Ohne direktes Arbeitsverhält-nis und unter einem Decknamen sammelte jeder
IM Informationen, beispielsweise über verdächtige Personen oder die gesellschaftliche Stimmung. Sie beobachteten dabei nicht nur ihnen fremde Menschen, sondern auch Kollegen und Nach-barn bis hin zu eigenen Familienmit-gliedern. Die Berichte wurden an das Ministerium weitergegeben und in den Stasi-Akten festgehalten.
Erstürmung des MfS:
Am 15. Januar 1990 wird die Zen-trale der Staatssicherheit in der Ost-Berliner Normannenstraße gestürmt. Die Ost-Berliner wollen damit die Vernichtung der Stasi-
Akten stoppen, die kurz nach dem Mauerfall begonnen hatte. Mit Bei-tritt der DDR zur Bundesrepublik ist das MfS endgültig aufgelöst.
Am Tag der Wiedervereinigung, dem 3. Oktober 1990, wird Joachim Gauck zum Bundesbe-auftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehe-maligen Deutschen Demokrati-schen Republik (BStU) ernannt. Die Behörde des Bundesbeauf-tragten (kurz: Gauck-Behörde)sichert die Stasi-Akten und stellt sie der Öffentlichkeit zur Verfügung. Die Behörde, von 2000 bis 2010 unter der Leitung von Marianne Birthler, trägt massiv zur Aufarbeitung des MfS und der SED-Diktatur bei. Sie informiert die Öffentlichkeit über Methoden, Struktur und Wirkungs-weise des MfS.
90.000 Briefe und 60.000 Pakete wurden pro Tag kontrolliert.
160 Kilometer Akten
16.000 Säcke vorvernichteter Akten (Papierschnipsel)
Günter Guillaume – der Kanzlerspion
Vom MfS ausgebildet, siedelt Günter Guillaume 1956 als geheimer DDR-Agent in die Bundesrepublik und wird später ein enger Mitarbei- ter und Vertrauter des Bundeskanzlers Willy Brandt. Er erhält Zugang zu vertraulichen Akten und Informationen des Bundeskanzleramts und gibt sie an die Staatssicherheit weiter. Seine Enttarnung 1974 löst einen Skandal in der Bundesrepublik aus und zieht den Rücktritt von Bundes-kanzler Brandt nach sich. Guillaume wird wegen Landesverrats zu 13 Jahren Haft verurteilt und 1981 in die DDR entlassen.
Im Jahr der Gesamt
Mitarbeiter des MfS: Aufl ösung 1989 1950 –1989
Hauptamtliche Mitarbeiter : 91.000 250.000
Inoffi zielle Mitarbeiter : 189.000* 600.000 * inkl. Auslandsgeheimdienst Hauptverwaltung Aufklärung
Quelle: BStU
3Zeitbild Wissen
Arbeitsauftrag1) Wofür stehen folgende Abkürzungen? Was waren/sind die Aufgaben der dahinter stehenden Institutionen und Personen?
2) In welchen Ländern gibt es heute noch politische Gefangene?
Aus welchen Gründen werden sie inhaftiert? 3) Schau dir den Film „Das Leben der Anderen“ an.
Skizziere stichwortartig deine ersten Eindrücke von dem Film.
Welche Methoden der Stasi werden in dem Film klar herausgestellt?
Abkürzung Name
Aufgaben
MfS:
IM:
BStU:
32 Zeitbild Wissen
Der Vergangenheit ins Auge sehen
Seit dem Jahr 2000 ist Ma-rianne Birthler Bundesbe-auftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR und setzt sich aktiv für die Aufar-beitung der Stasi-Akten ein. 2006 wurde sie vom Bundes-tag mit großer Mehrheit in diesem Amt bestätigt. Die Behörde der Bundesbeauf-tragten (BStU) bewahrt in ihren Archiven die Unterlagen des Ministeriums für Staatssi-cherheit der DDR auf: insge-samt 160 Kilometer Akten, Karteikarten, Filme, Tondoku-
mente, Mikrofi ches. Bürgerinnen und Bürger sowie Institutionen können dort nach den gesetzlichen Vorschriften des Stasi-Unterlagen-Gesetzes (StUG) eine Akteneinsicht beantragen. Seit 1991 sind etwa 6,5 Millionen Anträge und Ersuche eingegangen. Außerdem unterrichtet die Behörde die Öffentlichkeit über die Herrschaftsmethoden der ehemaligen SED als kommunistische Staatspartei der DDR und über ihre Geheimpolizei.
Frage: _______________________________________________
_______________________________________________ ?
„Ich komme aus einer Ost-Berliner Familie, die sich, solange ich zurück-denken kann, in einer kritischen Distanz zur DDR befand. Darum bin ich mit einer DDR-kritischen Haltung aufgewachsen.“
Frage: _______________________________________________
_______________________________________________ ?
„Meine Mutter hat nicht öffentlich der herrschenden Politik wider-sprochen. Aber sie hat uns zu Hause so etwas wie die Liebe zur Freiheit eingepfl anzt. Wir haben Radio und Fernsehen aus dem Westen empfan-gen. Wir haben die Übertragungen von Bundestagsdebatten angeschaut. Unsere Mutter hat nie einen Zweifel daran gelassen, dass sie die Bundes-republik für eine Demokratie hält, in der die Menschen in Freiheit leben. Die DDR dagegen war in ihren Augen ohne Zweifel eine Diktatur.“
Frage: _______________________________________________
_______________________________________________ ?
„Selbstverständlich hat man öffentlich nicht darüber gesprochen, auch in der Schule nicht. Aber viele Menschen wussten voneinander, dass sie Westsender einschalten. Und privat wurde darüber auch diskutiert, über Nachrichten oder auch darüber, welcher Krimi im Fernsehen gelaufen ist. Allerdings muss man sich klar machen: Ich spreche jetzt von der späten DDR. Da waren die Verhältnisse im Land schon etwas anders.“
Frage: _______________________________________________
_______________________________________________ ?
„In den Oppositionsgruppen waren wir uns nur einig, wogegen wir sind. Wir haben uns gegen die bestehenden Verhältnisse in der DDR einge-setzt. Wir wollten mehr Selbstbestimmung, wir wollten nicht mehr länger bevormundet werden. Konkrete Vorstellungen oder Zukunftsvisionen hatten wir nicht. Für uns stand die Auseinandersetzung mit den konkreten Missständen im Staat an oberster Stelle. Aber ein klares Bild von dem, was einmal daraus werden soll, das hatten wir nicht.“
Frage: _______________________________________________
_______________________________________________ ?
„Natürlich war ich überglücklich, als sich die Grenze nach Westen öffnete. Aber der Fall der Mauer war nur ein Tag in einer ganzen Reihe von Ereig-nissen. Ihm ging etwas voraus, was das historische Ereignis erst möglich machte. Und das war die friedliche Revolution. Sie war entscheidend für die Entwicklung in der DDR – ohne sie wäre die Mauer nicht gefallen. Wir waren unendlich erleichtert, dass die SED-Diktatur auf diese friedliche und unblutige Weise ein Ende fand.“
Frage: _______________________________________________
_______________________________________________ ?
„Vor allem, weil ich es für wichtig halte, dass sich Menschen über ihre eigene Vergangenheit klar werden. Wir müssen wissen, wie Diktaturen funktionieren, und wie sich Menschen unter den Bedingungen einer Dikta-tur verhalten. Das trägt dazu bei, Freiheit und Demokratie wertzuschätzen und nicht für selbstverständlich zu halten. Das ist wichtig, wenn es darum geht, Demokratie zu gestalten.“
Frage: _______________________________________________
_______________________________________________ ?
„Nein. Das wäre doch eine Illusion. Wie sollte das aussehen? Dann müssten wir auch Interviews wie dieses verbieten oder den Unterrichts-stoff über die DDR aus den Schulen entfernen. In einer Demokratie ist so ein Schlussstrich überhaupt nicht machbar – zum Glück.“
Quelle: „Deutschland“ magazine, April/Mai 2009, Oliver Sefrin
7
Arbeitsauftrag
Im Interview mit Marianne Birthler sind alle Interview-Fragen verschwunden. Versetze dich in die Rolle eines Reporters, lies aufmerksam die Antworten von Frau Birthler und formuliere die passenden Fragen dazu. Welche Frage würdest du der Beauftragten für die Stasi-Unterlagen zusätzlich stellen?Manche halten es für besser, sich heute nicht mehr mit dem Thema
DDR-Vergangenheit auseinanderzusetzen. Was meinst du? Begründe deine Aussage mit mindestens drei Argumenten.
33Zeitbild Wissen
8Wie war das in der DDR eigentlich ...
... mit der Meinungs- und Pressefreiheit? Das Witzblatt „Kobold“ – ein Beispiel für die Willkür
der Staatsmacht in der DDR
Im Jahr 1953 beschlossen der Elftklässler Rudhard Klaus Müller und seine
Klassenkameraden, einen Verein und die Monatszeitschrift „Kobold“ zu
gründen. Von diesem – in Form einer Hochzeitszeitung aufgemachten
– Witzblatt, das keine einzige politische Anspielung enthielt, erschien
genau eine Ausgabe. Dann kam es zum Prozess. Am letzten Tag vor
den Osterferien hatten die Jugendlichen vor einer Vollversammlung
zu erscheinen, zu der sich nicht nur die Lehrer und restlichen Schüler,
sondern auch der Kreisschulrat, der Erste Sekretär der FDJ-Kreisleitung
und der Zweite Sekretär der SED-Kreisleitung zusammengefunden
hatten. Der aus der Luft gegriffene Vorwurf: staatsfeindliches Verhalten.
Die Eltern des „Vereinspräsidenten“ und des „Chefredakteurs“ des
Witzblatts erhielten nach dem Schauprozess ein Schreiben, in dem
ihnen mitgeteilt wurde, ihre Söhne seien „mit sofortiger Wirkung vom
weiteren Oberschulbesuch beurlaubt. Grund: Bildung und Organisa-
tion einer jugendlichen Geheimorganisation.“ Lediglich ihrer Hartnäckig-
keit und ihren anhaltenden Protesten ist es zu verdanken, dass die
beiden jungen Männer schließlich „nur“ an zwei verschiedene Schulen
in benachbarten Städten verbannt wurden. Heute ist Rudhard Klaus
Müller Professor für Forensische Toxikologie.
Kommt ein Mann zur Volkspolizei und sagt, er
möchte in die DDR ausreisen. „Aber, guter Mann“, wird
er unterrichtet, „Sie sind doch in der DDR.“ „Nein, nein“,
antwortet der, „ich möchte in die DDR, die jeden Abend
in den Nachrichten gezeigt wird.“
Art. 27 Abs. 2 der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik
vom 9. April 1968: „Die Freiheit der Presse, des Rundfunks und
des Fern sehens ist gewährleistet.“
WIRKLICH?
Printmedien und Rundfunk waren
in der DDR das „Sprachrohr“ der
Partei, wie und worüber berichtet
wurde, bestimmte der Staat. Das
Motto lautete: „Unsere Presse,
die schärfste Waffe der
Partei.“ Journalisten wurden
zentral an der „Sektion Journalis-
tik der Karl-Marx-Universität“ in
Leipzig ausgebildet, „Marxismus-
Leninismus“ war Pfl ichtfach.
Eine förmliche Zensur gab es zwar
nicht, aus dem „Presseamt beim
Vorsitzenden des Ministerrats“
bekamen die Redaktionen jedoch
mehrmals wöchentlich die kurio-
sesten Anweisungen auf den Tisch:
• „Kein Protokollobst auf
den Tischen fotografi eren
(sonst wird die Bevölke-
rung neidisch).“
• „Nichts über selbstgebaute
Fluggeräte (sonst hauen uns
die Leute ab).“
• „Nichts über Bratwurst-
stände (die Leute essen
schon genug Fleisch).“
(Quelle: Gunter Holzweißig, Bundesarchiv Berlin,
1997: Zensur ohne Zensor)
Häufi g sahen die Titelseiten der
zahlreichen DDR-Tageszeitungen
erstaunlich gleich aus.
Grund waren Anweisungen wie
diese:
„Für die Ausgaben vom
Sonnabend erhaltet Ihr den
,Aufruf zum Jahrestag der
Gründung der DDR‘. Wir
bitten Euch, den Schriftgrad
so zu wählen, dass die Seiten
1 und 2 ausschließlich diesen
Materialien gewidmet sind.“
(Quelle: ebd.)
... mit der Reisefreiheit?Einfach mal die Freundin im Westen besuchen? Urlaub in Süddeutsch-
land machen? Das war ab 1961 nicht mehr möglich. Ausnahmen
wurden, wenn überhaupt, nur auf Antrag gewährt – bei Familienfesten
oder dem Tod eines Verwandten und nur als Einzelperson. Reisen ins Aus-
land waren nur in europäische sozialistische Länder, wie Polen oder die
damalige Tschechoslowakei (heute: Tschechien und Slowakei), erlaubt.
... mit der Berufsfreiheit?Bäcker werden, Ärztin oder Inge-nieur? Welche Ausbildung oder welchen Arbeitsplatz man bekam, hing nicht nur von der schulischen Leistung ab – Jugendliche aus oppo-sitionellen oder christlichen Fami-lien beispielsweise hatten kaum eine Chance auf Abitur und Stu-dium. Voraussetzung, um in der DDR studieren zu können, war eine positive Einstellung gegenüber dem „Arbeiter- und Bauernstaat“, die sich z. B. durch die Mitglied-schaft in der Freien Deutschen Jugend (FDJ) belegen ließ.
Arbeitsauftrag
Lies dir folgende Quelle aufmerksam durch:„Information = von Klasseninteressen bestimmte Übermittlung von Erkenntnissen an Menschen und Menschengruppen mit dem Ziel, auf ihr
Denken, Fühlen und Handeln einzuwirken.“ aus: Wörterbuch der sozialistischen Journalistik, Karl-Marx-Universität Leipzig, 1981
Diskutiere: Welche Auswirkungen hat diese Definition auf die Praxis des Journalismus?
34 Zeitbild Wissen
Verklärung oder Wirklichkeit?920 Jahre nach der Wiedervereinigung blicken
manche Ostdeutsche zurück und sind
der Meinung: Eigentlich war das Leben in der
DDR doch gar nicht so übel.
„Man dachte nicht mehr an die Todesschüsse
an der Mauer und an die Stasi, sondern an
die schönen Seiten seiner eigenen Vergangen-
heit. Auch in der DDR hat man schließlich viel
Freude haben können, man hat geheiratet,
Feste gefeiert, Kinder großgezogen und schöne
Urlaubszeiten an der Ostsee erlebt. Diese Dinge
fanden nicht statt, weil wir Ostdeutschen von
der SED regiert wurden, sondern obwohl! Es gab
privates Glück, Freiheit aber gab es nicht.“
(Rainer Eppelmann, Vorstandsvorsitzender der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur,
3. Juni 2008, Reuchlinhaus Pforzheim)
Als positive Aspekte in der DDR werden häufi g das Fehlen von Arbeitslosigkeit und ein besseres Gesundheitssystem genannt. Viele, vor allem jüngere Menschen, glau-ben außerdem, die Stasi sei nur ein „gewöhnlicher Geheimdienst“ gewesen. Mythos oder Wirklich-keit – was steckt dahinter?
„ In der DDR gab es
keine Arbeitslosigkeit.“In der DDR hatte jeder Bürger ein Recht auf Arbeit, offi ziell herrschte Vollbeschäftigung. In Wahrheit je-doch gab es eine hohe verdeckte Arbeitslosigkeit. Wie das ifo Institut für Wirtschaftsforschung e. V. im Jahr 1990 ermittelte, gab es in der DDR Hunderttausende unproduk-tive Arbeitsplätze; die verdeckte Arbeitslosigkeit lag somit bei 15 bis 30 Prozent.
„ In der DDR gab es
ein besseres
Gesundheits system.“Die Lebenserwartung der Menschen in Ostdeutschland lag zu DDR-Zeiten etwa vier Jahre unter der in Westdeutschland. Ein Grund hierfür war die Situation des staatlichen Gesund-heitswesens. Zwar ist es richtig, dass Ärzte und Krankenhaus-personal in der DDR gut ausge-bildet waren – häufi g unerwähnt bleiben jedoch der Mangel an Fachkräften und Medikamenten und das Fehlen medizinisch- technischer Geräte.
„ In der DDR gab es
freie Wahlen.“Wahlen in der DDR waren, um es mit den Worten von Zeitzeugen zu sagen, reines Zettelfalten. Die „Wähler“ bekamen eine Einheits-liste und in der Theorie die Mög-lichkeit, einzelne Namen darauf durchzustreichen. Schon wer eine Wahlkabine nutzte, machte sich jedoch verdächtig; Streichungen wurden nicht berücksichtigt. Be-kannt gegeben wurde regelmäßig eine Zustimmung der vorgegebenen Einheitsliste von mehr als 99 Prozent – in einer Demokratie mit freien Wahlen undenkbar.
ArbeitsauftragSetzt euch in Kleingruppen zusammen und überlegt: Welche Mythen über andere Kapitel der deutschen Geschichte, z. B. über das Dritte Reich, gibt es? Präsentiert eure Überlegungen der Klasse.
„Die Stasi
war ein gewöhnlicher
Geheimdienst.“Das Ministerium für Staatssicher-heit der DDR war kein reiner Ge-heimdienst, es verfügte auch über polizeiliche und staatsanwaltliche Vollmachten. Die Stasi war be-rechtigt, „Staatsfeinde“ zu verhaf-ten, nicht selten wurden Häftlinge unter Folter zu „Geständnissen“ gezwungen. Zahllose Männer und Frauen wurden von den offi ziellen und Inoffi ziellen Mitarbeitern (IM) der Stasi bespitzelt. Von der SED wurde die Stasi als „Schild und Schwert“ der Partei bezeichnet.
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DR
10Bundeskanzlerin Angela Merkel ist in der
DDR aufgewachsen und hat das Leben dort bis zur
Wiedervereinigung unmittelbar miterlebt. In der
ARD-Sendung „Menschen bei Maischberger“ er-
zählt sie über ihre Erfahrungen von damals:
Die DDR war auf Unrecht gebaut und konnte damit
kein Rechtsstaat mehr werden. Das heißt, Lüge war im-
mer das Thema auf der Tagesordnung, wenn es an den
Machtanspruch der Arbeiterklasse und der SED ging.
Man konnte die Wahrheit sagen, aber immer wenn es
um Macht ging, hat man Menschen in ihrer Wahrheit
eingeschränkt.
Doch das Leben funktionierte auch normal. Das private
Leben war ein Leben, das mit gleichen Werten wie im
Westen getragen war. Es gab Freundschaften, man
hatte miteinander die Wahrheit ausgetauscht und sich
persönlich nicht belogen. Man hat sich geholfen. Man
hatte gut und schlecht gelaunte Eltern. Man hatte schöne
Weihnachtsferien und wunderbare Urlaube. Es gab
Ehrenamt. Das Leben bestand nicht nur aus Staat.
Mit der Staatssicherheit haben wir auf eine bestimmte
Art auch gelebt. In jeder Gruppe von zwanzig Menschen
war immer einer, der gespitzelt hat. Wir haben oft in
Gaststätten an die Lampe geklopft und gesagt: „Wenn
ein Mikrofon drin ist – einschalten!“. Man hat versucht,
sich von der Stasi nicht kirre machen zu lassen und es
nicht immer existent sein zu lassen. Es gab Bürgerrecht-
ler, die mit sehr viel Einsatz und Kraft gegen das Regime
gekämpft haben.
Wir hatten eine Partei mit Allmachtsanspruch, das heißt
man konnte keine weitere Partei gründen. Recht auf
freie Meinungsäußerung, freies Wahlrecht und Religions-
freiheit im umfassenden Sinne hatten wir nicht. All das,
was wir heute als die Grundrechte des Grundgesetzes
bezeichnen – das war in der DDR nicht vorhanden.
Quelle: Angela Merkel, Auszüge aus einem Interview in der
ARD-Sendung „Menschen bei Maischberger“ vom 19. Mai 2009)
Arbeitsauftrag
Lies dir beide Texte durch und beantworte folgende Frage: Was gab es Positives in der DDR und was war weniger schön für die DDR-Einwohner? Erstelle eine Übersicht mit deinen Ergebnissen und diskutiere in der Klasse, was davon den größten Einfluss auf das Leben in der DDR hatte. Frage deine Großeltern oder Bekannte, was sie dir über das Leben in der DDR erzählen können. Tragt die Ergebnisse in der Klasse zusammen.
Julia Barczak, Schülerin einer 9. Klasse aus
Hannover, hat die DDR nicht persönlich erlebt.
Trotzdem hat sie sich mit dem Leben in der
DDR auseinandergesetzt:
Bevor man sich mit dem Wie und Warum der Deut-
schen Einheit beschäftigt, sollte man sich erst mal ein
paar grundlegende Fragen zum Leben in der Deutschen
Demokratischen Republik (DDR) stellen. Man hört oft
kontroverse Aussagen zu diesem recht schwierigen Thema.
Viele Leute (auch gerade ehemalige DDR-Bürger) be-
haupten, es sei alles „gar nicht so schlimm“ gewesen,
während man oft vom „menschenverachtenden Regime“
der DDR spricht.
Unbestritten ist, dass es in der DDR einige wirtschaft-
liche Schwierigkeiten gab, obwohl die Industrie sich im
Ostblock gut entwickelt hatte. Der Lebensstandard der
Bevölkerung war nicht sehr hoch, aber der Staat befrie-
digte die elementaren Grundbedürfnisse der Menschen.
Hauptnahrungsmittel wie Brot und Kartoffeln waren
sehr billig. Nur exklusive Lebensmittel wie Bananen,
Schokolade, Kaffee und andere Genussmittel konnte
man sich nicht immer leisten. Einfacher Lebensstil wurde
großgeschrieben. (...)
Das ist aber nur die eine Seite der DDR. Denn weit
hergeholt ist das mit dem „menschenverachtenden
Regime“ der DDR leider auch nicht.
Das rigorose System der DDR machte vielen Leuten
Schwierigkeiten. Es gab keine Reisefreiheit, Ausreise war
strengstens verboten, es herrschte Pressezensur und es
gab kein Demonstrationsrecht. Somit war die Politik alles
andere als demokratisch, die Grundrechte wurden ein-
geschränkt. All das machte das Leben schwierig.
Quelle: Julia Barczak
auf www.jugend-themenguide.de
Ein genaueres Bild über das Leben in der
DDR kannst du dir im Internet machen,
denn dort fi ndest du viele Fotos und
Berichte. Suche ein oder zwei Bilder und
präsentiere sie der Klasse.
Diese Links könnten dir helfen:
www.ddr-fotos.de,
www.gruesse-aus-der-ddr.de
‘‘
‘‘
‘‘‘‘
Zeitbild Wissen 35
36 Zeitbild Wissen
Ich hatte Tanzstunde ...11Am 7. Mai 2009 erschien
in der „Frankfurter
Allgemeinen Zeitung“
eine Sonderbeilage zum
Thema Mauerfall. Einer
der Autoren, Marcus
Jauer, sinniert, wie sein
Leben verlaufen wäre,
wenn die Mauer nicht
gefallen wäre. Wenn es
keine Wiedervereinigung
gegeben hätte. Zu
einem wirklichen Schluss
kommt er nicht.
Mit Sicherheit sagen
kann er nur: Ich wäre heute vierunddreißig Jahre alt. Wahrlich
interessant aber sind die
Erinnerungen, die er an
die Zeit der DDR hat.
Die Erinnerungen eines
ganz normalen jungen
Mannes, der 15 Jahre alt
war, als die Mauer fi el.
Am Abend, an dem die Mauer fi el, hatte ich Tanzstunde. ... Ich weiß noch, wie ich unter meinem
Anorak zu schwitzen begann. Dann kam Atze und sagte, die Mauer sei offen.
Ich weiß noch, wie wir in der Schule einmal einen Aufsatz geschrieben haben über das Jahr 2000,
wenn alle Kohle aus der Erde geholt sein würde. Wir sollten uns vorstellen, wie schön es dann sei,
die Gruben zu Seen gefl utet, Strände, Häfen, Promenaden, Radwege entlang der Ufer, neuer Wald. Im Grunde
ist es genauso gekommen. Nur eben anders.
Jedes Jahr vor den großen Ferien fragte unsere Klassenleiterin ab, was wir werden wollen. ... Alle Wünsche wur-
den auf dem Elternabend verlesen, wobei die Lehrerin gleich darauf verwies, dass unsere Volkswirtschaft so viele
Automechaniker und Kindergärtnerinnen nicht gebrauchen könne und dass einige Jungs darüber nachdenken
sollten, in die Armee zu gehen und einige Mädchen in die Brikettfabriken. Es war wie mit jeder Wahl in diesem
Land, am Ende musste das Ergebnis stimmen.
Das letzte Mal, dass wir gefragt wurden, bevor dann keiner mehr fragte, wollte ich tropische Landwirtschaft stu-
dieren. Die Lehrerin hatte von so einem Studium noch nie gehört. Aber ich wusste, dass es in Leipzig angeboten
wurde und dass man damit später zum Beispiel nach Angola oder Moçambique kam, Länder, die als irgendwie
sozialistisch galten. Ein Berufswunsch wie ein Ausreiseantrag. Ich frage mich, wie ich darauf gekommen bin. Ich
wollte doch gar nicht weg.
Ich war bei den Jungpionieren, den Thälmannpionieren und der Freien Deutschen Jugend. Ich habe immer ge-
dacht, dass ich niemanden kannte, der nicht dabei war. Aber das stimmt nicht.
Als im Herbst vor zwanzig Jahren die ersten Leute in Leipzig auf die Straßen gingen, habe ich im Staatsbürgerkunde-
unterricht den Führungsanspruch der Partei verteidigt, weil ich glaubte, dass jemand auf den Sozialismus aufpassen
muss. ... Ich kann gar nicht sagen, wie ich zum Bürger dieses Staates geworden war. Mir gefi el das Kämpferische der
Arbeiterlieder, der Zug der Massen bei den Demonstrationen, mir gefi el die Vorstellung, dass es eine Aufgabe gibt,
die uns alle verbindet.
Ich wohne heute allein in einer
Wohnung, die fast doppelt so
groß ist wie die Plattenbau-
wohnung, in der ich anfangs
mit meinen Eltern und meinem
Bruder wohnte. Es gibt in mei-
nem Leben keine Aufgabe, die
mich über meine Arbeit hinaus
mit anderen verbindet. Ich habe
für nichts Verantwortung außer
für mich selbst. Ich habe nicht
einmal ein Haustier. Als mich
letztens jemand fragte, was ich
für die Gesellschaft tue, habe
ich gesagt, ich sei in der gesetz-
lichen Krankenkasse. Es war ein
Witz, aber auch die Wahrheit.
Es gibt eine Erinnerung an ein Gespräch mit meinem Vater, darüber, was aus mir werden soll. Was es auch sei, sagt
er, es wäre gut, wenn ich dafür mit achtzehn in die Partei ginge. Ich konnte nicht erkennen, ob er es richtig fand
oder nur hilfreich, und es störte mich, dass eine Sache, die als freiwillig galt, es auf einmal doch nicht war. Aber
davon abgesehen, könnte ich nicht sagen, warum ich heute nicht in der Partei wäre.
Quelle: „Frankfurter Allgemeine Zeitung“, 7. Mai 2009, Marcus Jauer
© Alle Rechte vorbehalten. Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH, Frankfurt. Zur Verfügung gestellt vom Frankfurter Allgemeine Archiv.
Arbeitsauftrag
Stell dir vor, die Mauer wäre nicht gefallen.
Wie wäre das Leben in Deutschland in den Neuen
und den alten Bundesländern verlaufen?
Lass deiner Fantasie freien Lauf und schreib eine
kurze Geschichte (etwa eine DIN-A4-Seite).
Arbeitsauftrag
Es hat Annäherung zwischen Ost und West gegeben. Recherchiere und schreibe auf, was sich seit
dem Fall der Mauer und der Wiedervereinigung in den folgenden Lebensbereichen verändert hat :
- Reisefreiheit: ......................................................................
.......................................................
...................................
......................................................................
....................
- Ausbildung: ......................................................................
.......................................................
...................................
......................................................................
....................
- Schule: ......................................................................
.......................................................
...................................
......................................................................
....................
- Mediennutzung: ......................................................................
.......................................................
...................................
......................................................................
....................
Denken junge Leute immer noch zuerst als Ost- oder Westdeutsche?
Begründe deine Antwort. Welche Kategorien sind statt Ost und West in deinem Leben wichtig?
12Zwei von 1.786.134
Geboren 1989/1990: In Deutschland können das insgesamt 1.786.134 junge Deutsche
über sich sagen. Wie ist die „Generation Wendekinder“ in einem wiedervereinten Deutschland ohne
Grenzen zwischen Ost und West aufgewachsen? Wie leben sie heute und was ist ihnen wichtig?
Was bedeutet ihnen die Deutsche Einheit? Zwei Jugendliche im Porträt:
Der VerantwortungsbewussteName: Kim-Fabian von Dall`Armi
Geboren: 10.12.1989
@home: Hamburg
Die Grenze ist für seine Generation überwunden – davon ist Kim-Fabian
überzeugt. Der 20-Jährige aus Hamburg kann sich schwer vorstellen, wie
es für ihn gewesen wäre, in einem geteilten Deutschland aufzuwachsen.
Das Land, das er kennt, ist das wiedervereinte Deutschland. Und dafür
habe seine Generation Verantwortung. Kim-Fabian kennt die Neuen Bundes-
länder. Bereits als Kind begleitete er seinen Vater, einen Journalisten, der
viel über die Länder des ehemaligen Ostblocks berichtete, auf dessen
Reisen und verbrachte mit seinen Eltern die Ferien auf der Ostseeinsel
Usedom. „Ich bin gerne im Osten unterwegs“, erzählt Kim-Fabian. Neben
Berlin zählen zu seinen Lieblingsorten in Ostdeutschland der Harz, die
Mecklenburgische Seenplatte und die Kulturstädte Weimar und Dessau.
Mit Freunden aus Mecklenburg- Vorpommern hat er sich intensiver über
die DDR ausgetauscht. Diskutieren, Themen aus
Politik und Gesellschaft aus einer ande-
ren Perspektive betrachten. Das will
Kim-Fabian auch als Macher des Ham-
burger Jugendmagazins „Blickwech-
sel“. „Ich habe den Wunsch, in mei-
nem Leben Dinge zu gestalten“, sagt
der junge Hamburger. Sein späterer
Berufswunsch Architekt passt gut zu
dieser Einstellung.
Die NachwuchsreporterinName: Tina Oerlecke
Geboren: 30.6.1989
@home: Haldensleben (Sachsen-Anhalt)
Tina hat ihren eigenen Weg gefunden, die DDR-Ver-
gangenheit aufzuarbeiten: Die 21-Jährige aus Sachsen-
Anhalt hat im vorletzten Sommer ihre Abiturprüfung in
Geschichte abgelegt und sich im Unterricht näher mit
dem Mauerbau 1961 beschäftigt. Außerdem schreibt
sie seit Ende 2008 als Nachwuchsjournalistin für das
Projekt „Reporter `89“ der Stiftung Demokratische Ju-
gend in Berlin. Die Idee: Jugendliche recherchieren The-
men oder führen Interviews zur DDR-Geschichte und zum Mauerfall und
schreiben darüber Reportagen. Für ihren ersten Artikel hat Tina mit einer
Frau, die in der DDR gelebt hat, gesprochen und sie dazu befragt, wie sie
die Mauer erlebt hat. „Ich begeistere mich für Geschichte und interessiere
mich dafür, darüber zu schreiben“, erzählt die junge Frau, die gerne liest,
Klavier spielt und seit einigen Monaten in Magdeburg Journalismus und
Medienmanagement studiert. Für Wendekinder wie sie selbst sei die DDR
etwa durch Erzählungen der Eltern noch präsent, sagt Tina. Ihre Genera-
tion sei schon etwas Spezielles – zwischen dem, was früher die DDR war
und heute das geeinte Deutschland ist. „Bei mir gibt es aber keine Teilung
mehr zwischen Ost und West. Im wiedervereinten Deutschland stehen
mir viele Möglichkeiten offen.“ Als Reporterin des Jugendprojekts möchte
sie vor allem einer Frage noch genauer nachgehen: Wie ist der Staat in der
DDR mit oppositionellen Regimegegnern umgegangen?
Quelle: „Deutschland“ magazine, April/Mai 2009, Oliver Sefrin.
37Zeitbild Wissen
38 Zeitbild Wissen
Während ich Sie, George Bush, begrüße, schaut über Ihre Schultern Martin Luther , von dem wir hier im Osten 1989 gelernt haben, ohne Gewalt mächtig zu werden. Während ich Sie, Michail Sergejewitsch Gorbatschow, anspreche und begrüße, schaut Ihnen Andrej Sacharow über die Schulter mit seiner Fähigkeit, Denken und Widerstehen zusammenzubringen. (...)Liebe Landsleute und Gäste, wir alle haben gemerkt, dass die Deutschen in diesen Tagen nicht unbeschwert feiern. Manchmal gibt es gerade bei denen, die damals aktiv waren, Trauer und Wehmut, weil sie auch etwas verloren haben, nämlich die Aufbruchstimmung dieser so hektischen, lebendigen Zeit des heißen Herbstes 1989. Dieses Laboratorium der Politik, das damals entstand, hatte etwas so Lebendiges und Anrührendes: Basisgruppen in den Städten. Recht, Verfassung, Bildung, Kultur, Wahlrecht, Verwaltung, Justiz: Alles sollte neu erfunden werden, bei manchen auch die Wirtschaft, denn sie suchten nach dem sogenannten dritten Weg. Überall Aktivität der Inaktiven und Engagement der lange Entmündigten. Da mochtet ihr vom Westen lange ulken: Freunde, das Rad ist doch schon erfunden, mochtet „rührend“ fi nden, was sich unter uns vollzog. Es war aber traumhaft für jeden, der mittat, und riss selbst viele SED-Genossen mit: Es war ein Traum vom Leben und ganz wirklich!Wenn wir aber aus der nostalgischen Rückschau über den Verlust dieses Zustandes heraustreten, erkennen wir zweierlei, einmal etwas Vergängli-ches: Der schöne Frühling währt auch in der Politik nicht lange. Und auch etwas Bleibendes: Nicht in dem, was in dieser Zeit in den Bewegungen und Basisgruppen erfunden wurde, lag das Neue; das Neue waren der Anspruch und die Haltungen derer, die in der Regel zum ersten Mal in ihrem Leben politisch aktiv wurden. Als wir damals sagten „Wir sind das Volk“, knüpften wir an jene Tradition von Aufbegehrenden an, die einst in Frankreich
, Egalité, Fraternité gefordert und sich in der Verfassung der Vereinigten Staaten selbstbewusst zum Souverän erhoben hatten
mit dem Satz: „We, the people ...“. Wir waren nicht länger Objekt der Politik, sondern begannen selber zu gestalten. Wir ermächtigten uns, indem wir an
unsere neue Rolle glaubten und sie annahmen. Manche lernten dabei, Bürgermeister zu sein, andere Abgeordnete und einige gar Minister. Laienspieler
wurden diese ersten Aktiven von Beobachtern aus dem Westen, liebe Bayern, und aus dem Osten, liebe Berliner, gerne genannt. Wer damals mittat,
weiß: Ein schönes Laienspiel war das.
Hätte es doch länger gedauert, dass die Laien in der Politik mitspielten, und, so setzen wir hinzu, käme es doch auch jetzt häufi ger vor, dass ganz normale
Mitbürger mitspielen! (...)
Befreiung war also der erste Schritt. Der Wunsch nach Einheit stand in der ersten Zeit nicht im Vordergrund, und gerade die Bürgerrechtler
waren spät dran mit dieser Erkenntnis. Es waren Intuition und Ungeduld des Volkes, die aus dem „Wir sind das Volk“ das
„Wir sind “ machten. Der erste Satz hatte uns die Würde zurückgegeben. Der zweite ließ nicht nur die lange verschüttete
Sehnsucht nach der Einheit der Nation aller Deutschen wieder aufl eben, er gab uns den Realismus, er enthielt die Weisheit des nächsten Schrittes:
Nicht eine neu zu erfi ndende Demokratie war die Hoffnung der Massen, sondern die real existierende Demokratie vom Rhein.
Uns Deutschen in West wie Ost war die Perspektive der Einheit ja fast gänzlich abhanden gekommen. Haben wir nicht geradezu herablassend über
Ronald Reagan gelächelt, als er dem sowjetischen Staatschef vor dem Brandenburger Tor über die Mauer hinweg seine berühmten Worte zuraunte:
„Please, Mr. Gorbatschow, “? An dieser Stelle sei auch an jene erinnert – der Herr Präsident hat es schon getan –, die nicht
auf eine ferne Einheit warten wollten und einzeln ihren Weg ins Freie suchten: Ausreiser und Flüchtlinge. An sie zu denken heißt auch, sich derer zu
erinnern, die ihren persönlichen Traum von der Freiheit mit dem Leben bezahlt haben. Beschämt denke ich manchmal daran, dass auch wir dagebliebe-
nen Oppositionellen den Freiheitswillen der Weggehenden nicht richtig würdigen konnten. Tatsächlich hatten sie aber die individuelle Selbstbestimmung
im Leben lange vor anderen umgesetzt. (...)
Tatsächlich haben die Ostdeutschen mit ihrer – freilich kurzen – Revolution nicht nur sich selbst, sondern allen Deutschen ein
historisches Geschenk gemacht. Wir alle gehören nun zur Familie der Völker, die durch Freiheitsrevolutionen gekennzeichnet
sind, und haben für unsere niederländischen, französischen, polnischen und tschechischen Nachbarn ein besseres, vertrauens-
würdigeres Gesicht. (...)
Quelle: Rede von Joachim Gauck anlässlich der Sonderveranstaltung „10. Jahrestag des Mauerfalls“ im Deutschen Bundestag am 9.11.1999, www.bundestag.de
Joachim Gauck
zum Thema friedliche Revolution13
ArbeitsauftragJoachim Gauck ist evangelischer Pastor,
Bürgerrechtler und war erster
Bundesbeauftragter für die Unterlagen
des Staatssicherheitsdienstes der
ehemaligen DDR.
Vervollständige den Text, indem du folgende Wörter in die entsprechenden Lücken einfügst :Liberté, tear down this wall, King, ein Volk
39Zeitbild Wissen
14Von der Zentralverwaltungswirtschaft
zur Sozialen Marktwirtschaft
Mit dem Beitritt der DDR zur Bundesre-
publik Deutschland wurde am 3. Oktober
1990 die Deutsche Einheit besiegelt. Nun
waren wir Deutschen EIN Volk. Die Schaf-
fung gleichwertiger Lebensverhältnisse für
alle Deutschen – darum ging es in den
Folgejahren.
Alles lief nach Plan - oder etwa nicht?In der Zentralverwaltungswirtschaft, dem
Wirtschaftssystem der DDR, beschließt der
Staat einen Plan für die gesamte Produk-
tion und Zuteilung der Waren. Diese Pläne
führten meist dazu, dass am Bedarf der
Menschen vorbei produziert wurde. Im
Alltag waren viele für uns heute selbstver-
ständliche Waren nicht so einfach zu kaufen.
Südfrüchte oder Fernseher, Jeans oder
Kakao waren Mangelware.
Mit der Deutschen Einheit zeigte sich, wie
wirtschaftlich zerrüttet die DDR in Wirk-
lichkeit war. Produktionspläne nach Behördenvorgabe, künstliche Vollbe-
schäftigung und fehlender Wettbewerb hatten den DDR-Staat faktisch in
den Ruin getrieben. Zum Aufbau der Infrastruktur und für Wirtschafts-
hilfen in den Neuen Bundesländern wurde im Jahr 1991 der Solidari-
tätszuschlag im Rahmen des Solidarpakts eingeführt. Zur Zeit liegt er bei
5,5 Prozent der Einkommensteuer und gilt auch für die Einkommen in
Ostdeutschland.
In den letzten 19 Jahren wurde mit den Milliarden des Programms
„Aufbau Ost“ viel erreicht. Die Lebensverhältnisse haben sich in den
Neuen Bundesländern erheblich verbessert, die Wirtschaft wächst,
und neue Arbeitsplätze sind entstanden. Doch immer noch liegt die
Arbeitslosigkeit über der im Westen. Es ist viel erreicht worden, aber
es gibt auch noch viel zu tun.
Zentralverwaltungs wirtschaft in der DDR:
In der Zentralverwaltungswirtschaft, auch
„Planwirtschaft“ genannt, gibt es kein
. Alles gehört dem
, der auch die Produk-
tion sowie die Einkommens- und Güterver-
teilung regelt. Der Staat ist Arbeitgeber, Ver-
sicherer, Steuerbehörde und Sozialinstitution
– ein allgegenwärtiges Betreuungs- und zugleich
. Ein Qualitätswettbe-
werb fi ndet nicht statt. Der Versuch, zentral
alle Wirtschaftsabläufe zu kontrollieren, führt in
der Praxis regelmäßig zu Fehlsteuerungen und
.
Soziale Marktwirtschaft in der Bundes-republik Deutschland:Sie setzt auf Markt, Privatinitiative, Stabilität und
Wettbewerb. Sie beruht auf einer gemeinsamen
Verantwortung von und
Arbeitgebern. Sie verhindert, dass der Mensch
Spielball wirtschaftlicher Macht wird, und dient
der . Der ist verantwort-
lich für die Einhaltung der Spielregeln der Sozialen Marktwirtschaft. Als
Vater der Sozialen Marktwirtschaft gilt der erste Wirtschaftsminister der
Bundesrepublik Deutschland (1897–1977). Er plä-
dierte vehement für die freie Preisbildung, schuf
als neue Währung, die mit der Währungsreform am 20. Juni 1948 in West-
deutschland eingeführt wurde. Die Freiheit des Einzelnen sollte allerdings
nicht grenzenlos sein. Die Soziale Marktwirtschaft schuf Wettbewerbsre-
geln gegen und zu viel Macht der Anbieter. Sie
erlaubte Arbeitnehmern und Unternehmern, sich zusammenzuschließen
und die in Tarifverhandlungen zu fi nden. Die Geld-
politik wurde unabhängig und bei der angesiedelt,
die auch für die Bankenaufsicht zuständig wurde.
Setze die passenden Begriffe in richtiger grammatischer Form in die
Lücken ein und vervollständige so die Definitionen für
Zentralverwaltungswirtschaft und Soziale Marktwirtschaft.
Beachte dabei, dass du einige Begriffe mehrmals einfügen kannst.
Streiche anschließend die überflüssigen Begriffe durch.
Staatseigentum, Privateigentum, Nachfrage, Staat,
Mangelwirtschaft, Wettbewerb, soziale Sicherheit,
Ludwig Erhard, Bundesbank, Konrad Adenauer,
Kartelle, Euro, Angebot, Preis,
Überwachungsinstrument, Börse, Helmut Kohl,
D-Mark, Manager, Arbeitnehmer, Löhne
Arbeitsauftrag
Der Kapitalismus trägt Stöckelschuhe
und hat Haare auf den Zähnen. Er
lauert hinter einem Schreibpult in
einer großen Einkaufszentrale im
westdeutschen Minden. Es ist Anfang
der 90-er Jahre, und Karlheinz Krone,
Geschäftsführer der Halberstädter
Würstchen- und Konservenfabrik
aus der gerade aufgelösten DDR,
muss Märkte erobern. Er schiebt
eine Preisliste über die Tischplatte,
von Ost nach West gewissermaßen.
„Damit können Sie gleich wieder
gehen“, sagt die Dame hinter dem
Schreibpult. Krone schluckt, dann
traut er sich was. Vergisst das Papier
und packt seine Wurstkonserven auf
den Tisch. Er schwärmt von der Ge-
schichte der Wurst, bietet der Frau
an zu kosten. Am Ende stört die
Einkaufsleiterin nur das Design der
Dose. „Machen Sie die Braut hübsch,
dann nehmen wir sie.“
Die Operation Wurst für den Wes-
ten hat begonnen. Es wird ein harter
Kampf, aber die erste Schlacht ist ge-
wonnen. Seine DDR-Ware darf in die
Regale des kapitalistischen Westens.
Als die Mauer fällt, wird aus dem
sozialistischen Werksdirektor Krone
der GmbH-Geschäftsführer Krone.
„Was eine GmbH war, musste ich
erst mal nachschlagen“, sagt Krone.
Betriebswirtschaftlich betrachtet, ist
die Wurstfabrik pleite, als sie in der
Marktwirtschaft ankommt. „Finden
Sie einen Investor, halten Sie das
Unternehmen so lange am Leben
– und investieren Sie kein Geld“,
sagen die Treuhand-Manager zu
Krone. Sie hätten ebenso gut sagen
können: Fliegen Sie zum Mond.
Krone packt es trotzdem an. Er
durchwühlt die westdeutschen Bran-
chenverzeichnisse der Fleischindust-
rie auf der Suche nach Geldgebern.
Gut 30 Investoren überredet er
1992, Halberstadt zu besuchen.
„Abreißen“, sagt der erste. „Abrei-
ßen“, sagt der 29. Die 27 dazwischen
sagen das auch. Die westdeutsche
Fleischindustrie hätte 100 Millionen
Menschen ernähren können. Nie-
mand bräuchte eine Brühwurst-Bude
aus dem sozialistischen Nirgendwo.
„Das hat geschmerzt“, sagt Krone.
Es hätte das Aus bedeutet, wäre
nicht Ulrich Nitsch die Nummer
30 gewesen. Ein Lehrter Kaufmann,
der in Niedersachsen bereits ein
kleines Fleisch- und Wurstimpe-
rium besitzt. Ein zurückhaltender
Investor mit Verständnis für die
Tradition. Er und Krone verstehen
sich sofort, vielleicht weil sie sehen,
dass sie in verschiedenen Systemen
groß wurden und ihre Lebenswege
sich dennoch ähneln. Fortan geht
es für beide gemeinsam um die
Halberstädter Wurst.
Nitsch behält Krone als Geschäfts-
führer. Krone wiederum wirbt bei
der Belegschaft um Verständnis für
den Geldgeber aus dem Westen.
250 Arbeitsplätze, verspricht Nitsch,
werde er sichern. Die Mitarbeiter
sehen, dass er investiert. Gut 30 Mil-
lionen Euro über die Jahre. Nitsch
lässt Gebäude sanieren, schafft neue
Technik an, investiert in Marketing
und Vertrieb. Aus den sozialistischen
Verarbeitungshallen wird ein Pro-
duktionsbetrieb, der mit den Markt-
führern im Westen mithält.
Quelle: „Handelsblatt“, 21.10.2009, Sven Prange
„Operation Wurst“: ein Unternehmerporträt15
Wie ist Karlheinz Krone der wirtschaftliche Erfolg
gelungen? Welche waren die größten Schwierigkeiten
für die DDR-Betriebe, die sie überwinden mussten,
um auf dem neuen Markt zu bestehen?
Wer war die Treuhand?
Recherchiere im Internet unter:
www.bpb.de/them
en/VYQSWV,1,0,P
robleme_der_
inneren_Einigung.
html
Übertrage die Unternehmensgründungen aus der
Grafik in die Tabelle.
Ermittle die Differenz zu den Unternehmens -
liquidationen. Analysiere die Ergebnisse
und recherchiere nach möglichen Erklärungen
für die vorliegende Entwicklung.
Karlheinz Krone – vom
sozialistischen Werksdirektor
zum GmbH-Geschäftsführer
20082003199919951991
Jahr Unternehmens-
gründungen
75.500
86.100
87.500
49.000
11.000
Unternehmens-liquidationen
Differenz
Arbeitsauftrag
Unternehmensgründungen in den Neuen Ländern seit 1991
Unternehmen in den Neuen Ländern seit 1991
40 Zeitbild Wissen
30.000
60.000
90.000
120.000
150.000
+ 25,3 %
1991
Quelle: BMWi (Juli 2010), Wirtschaftsdaten Neue Bundesländer
1995 1999 2003 2008
140.0
00
76.0
00 104.2
00
110.7
00
70.7
00
Der Beitritt zur Bundes-
republik hat für die ehemalige DDR immen-
se wirtschaftlich
e Folgen: Die DDR-Währung wird wertlos,
Unternehmen und Betriebe schließen ihre Tore, Ost-Produkte verschwinden aus
den Regalen, Menschen werden arbeitslos. Das ganze Ausmaß der wirtsch
aftlichen Misslag
e und
der maroden Infrastruktur der ostdeutschen Länder wird sich
tbar : Versorgungsmängel bei Lebensmitteln, Kleidung
und Autos, ein schlecht ausgebautes Verkehrsnetz, eine veraltete und rückständige Industrie, verfalle
nde Innenstädte, Ma-
terialknappheit, vie
le unbewohnbare Wohnungen und eine stark zerstörte Umwelt. Die Lebensverhältnisse in Ost- u
nd
Westdeutschland unterscheiden sich spürbar. Diese anzugleichen war ein Ziel nach der Wiedervereinigung.
Viele Maßnahmen und Projekte werden initiiert, um Wirtschaft und Infrastr
uktur in den Neuen Bundesländern aufzubauen.
Der Aufbau Ost beginnt.
Die Bundesregierung und die westdeutschen Bundesländer unterstützen den Aufbau Ost – auch mit fi nanziellen Mitteln.
Im Rahmen des Solidarpakts I erhalten die Neuen Bundesländer von 1993 bis 2004 insgesamt 105 Milliarden Euro.
Nach zwölf Jahren läuft der Solidarpakt I
aus und man stellt fest: Trotz der fi nanziellen Unterstützung wird der Osten nicht
so schnell auf die Beine kommen, wie erhofft. Der Pakt z
wischen Bund und Ländern wird um weitere 15 Jahre verlängert.
Mit dem Solidarpakt II stellt der Bund den ostdeutschen Ländern für den Zeitraum von 2005 bis 2019 insgesamt 156,8
Milliarden Euro zur Verfügung.
Eingesetzt werden die Gelder aus dem Solidarpakt u
nter anderem für den Ausbau des Straßen- und Schienennetzes, die
Modernisierung des Telefonnetzes sowie die Sanierung von Wohnungen und Innenstädten. Zur Finanzierung führt die Bun-
desregierung im Jahr 1991 den Solidaritätszuschlag, k
urz Soli, ein. Jeder Bürger in Ost- und Westdeutschland, der lohnsteuer-
pfl ichtig ist, muss den Solidarität
szuschlag zahlen. Dieser beträgt
zur Zeit 5,5 Prozent der Lohnsteuer und wird zusätzlich
zur Lohnsteuer erhoben.
Ergänzend zu den Geldern aus dem Solidarpakt wird der wirtsch
aftliche Aufbau Ostdeutschlands mit Fördergeldern
aus den EU-Strukturfonds unterstützt. Zwischen 2007 und 2013 erhalten die Neuen Bundesländer insgesamt
15,1 Milliarden Euro. Die Mittel werden hauptsäch
lich für die Bereiche Investition, Innovatio
n, Forschung und Entwicklung
eingesetzt. Hinzu kommen 1,5 Milliard
en Euro für Verkehrsprojekte und 1,3 Milliarden Euro für Maßnahmen zur Verbesserung
des Arbeits- und Ausbildungsmarkte
s.
Un
te
rstü
tzu
ng f
ür d
en
Oste
n
16
1) Berechne den Solidaritätszuschlag:
2) Diskutiere in der Klasse das Für und Wider, ob die Neuen Bundesländer
weiter finanziell unterstützt werden sollen!
Bedenke dabei
- die momentane wirtschaftliche und finanzielle Situation
in Westdeutschland,
- die hohe Arbeitslosigkeit in Ostdeutschland.
BerufAlter Wohnort
Familien-stand
Monatl.
EinkommenSteuer-
klasseLohn-steuer
Soli
Florist23 J.
Bambergledig
1.600,00 €I
129,41 €
Manager50 J.
Dresdenverheirate
t10.000,00 €
III2.573,50 €
Bürokauffrau37 J.
Berlin
verheiratet,
2 Kinder
2.750,00 €V
710,00 €
Arbeitsauftrag
Zeitbild Wissen 41
Fakten zwischen Aachen und Zwickau17
Arbeitsauftrag
Ziel nach der Wiedervereinigung war es,
gleichwertige Lebensverhältnisse in
Ost und West zu schaffen. Wie ist die
Bilanz nach zwei Jahrzehnten?
Ausstattung der Haushalte mit Verbrauchsgütern (in Prozent)
Bruttoinlandsprodukt je Einwohner (in Euro in jeweiligen Preisen)
Arbeitslosenquote (in Prozent)
Entwicklung der Altersrente (in Euro)
Interpretiere die Grafiken:
Wo haben sich West- und
Ostdeutschland angeglichen
und wo gibt es noch
Unterschiede?
Diskutiere in der Klasse
über die Gründe,
warum noch
Unterschiede herrschen.
42 Zeitbild Wissen
20 %
40 %
60 %
80 %
100 %
20 %
98,3 %
49,2 %
71,7 %
35,9 %
94,7 %
1990
2008
Telefon PKW Waschmaschine/
Waschvollautomat
Quelle: SOEPmonitor 1984–2008
0 B
200 B
400 B
600 B
800 B
1 . 000 B
587 B
492 B
697 B
826 B
+ 18,7 %
+ 67,9 %
1992 2008
West-
deutschland
Ost-
deutschland
West-
deutschland
Ost-
deutschland
Quelle: Deutsche Rentenversicherung
5.000 B
1 0.000 B
1 5.000 B
20.000 B
2 5.000 B
30.000 B
35.000 B
1991 2007200620052004200320022001200019991998199719961995199419931992 2008 2009
West-
deutschland
Ost-
deutschland
mit Berlin
Quelle: Arbeitskreis VGR der Länder
32.282
22.981
24.585
26.956
28.577
9.442
16.350
17.810
19.389
22.879
1991 2007200620052004200320022001200019991998199719961995199419931992 2008
Alte Bundesländer
Neue Bundesländer
20,6
14,9
19,5
11,0
8,3
11,0
Quelle: Bundesagentur für Arbeit
18,9
16,8
13,1
6,6
6,4
10,3
5 %
10 %
1 5 %
20 %
25 %
18UMWELTverSCHmUTZung
Zu den Hinterlassenschaften der DDR gehörte eine in einigen Teilen
des Landes völlig zerstörte Umwelt. Europaweit war die DDR einer der
größten Umweltsünder. Kein anderes Land wies eine so hohe Schadstoff-
belastung der Luft auf. 1989 galten nur drei Prozent der Fließgewässer
und nur ein Prozent der stehenden Gewässer als ökologisch intakt. Der
Waldbestand war zu 50 Prozent krank oder tot. Viele Böden waren ver-
giftet. Das Abwassersystem war marode, die landwirtschaftlichen Flächen
durch Dünger und Pestizide verseucht. Die hohe Umweltbelastung ist
einer der Gründe, die für die im Vergleich mit der Bundesrepublik gerin-
gere Lebenserwartung in der DDR genannt werden.
Erfolgreiche Sanierung
der Altlasten
Zwanzig Jahre nach der Wiedervereinigung sind die giftigen Hinterlassen-
schaften der einstigen DDR verschwunden. Zu den wichtigsten Aufgaben
des neuen Deutschlands gehörten die Sanierung des ehemaligen Uran-
erzbergbaus im Erzgebirge, die Renaturierung der ehemaligen Braunkohle-
tagebaustätten in der Lausitz und südlich von Leipzig, die Maßnahmen zur
Luftreinhaltung, vor allem in den großen Städten und im Ballungsraum
Halle/Bitterfeld, und die Gewässersanierung, v. a. der Elbe und der Werra.
Ziel dieser milliardenteuren Maßnahmen war und ist es, die betroffenen
Regionen wieder lebenswert und attraktiv zu machen. Durch die Um-
weltsanierung entstanden Tausende von Arbeitsplätzen; die Umwelttech-
nik in Deutschland ist mittlerweile ein Sektor mit hohem Innovations- und
Wachstumspotenzial geworden und weltweit führend.
Umwelt- und Innovations -
technologien in Ostdeutschland
Die fünf Neuen Bun-
desländer sind heute
attraktive Standorte für
die Neuansiedlungen
junger, innovativer Un-
ternehmen und For-
schungseinrichtungen.
Umwelt- und Energie-
technologien sind hier
überdurchschnittlich
stark vertreten. Beson-
ders die Regionen um
Freiberg (Sachsen), Bitterfeld-Wolfen (Sachsen-Anhalt) und Frankfurt/
Oder (Brandenburg) haben sich inzwischen als Solarstandorte fest etab-
liert. Dazu kommen Informations- und Kommunikationstechnologien, die
Nanotechnologie und optische Technologien, die wirtschaftliche Chancen
und Perspektiven in hoch innovativen Bereichen schaffen.
Zukunftsregion
Biosphärenreservate
Aber nicht nur die Umweltsanierung und die Entwicklung von Umwelt-
technologien sind Erfolgsbeispiele für die Deutsche Einheit – die Auswei-
sung von großen Biosphärenreservaten als Schutzgebiete für eine nach-
haltige Entwicklung und das Zusammenwirken von Mensch und Natur
wurden bereits durch die letzte (demokratisch gewählte) Volkskammer
der DDR initiiert. Hier entstehen umweltverträgliche Lebens- und Wirt-
schaftsweisen im Zusammenwirken von Mensch und Natur. Biosphären-
reservate in den Neuen Ländern sind beispielsweise der Spreewald, Süd-
ost-Rügen und die Flusslandschaft Elbe-Brandenburg.
Arbeitsauftrag
Zeichne die oben beschriebenen
Regionen um Freiberg (Sachsen),
Bitterfeld-Wolfen (Sachsen-Anhalt)
und Frankfurt/Oder (Brandenburg),
die Biosphärenreservate
Spreewald und Südost-Rügen
sowie die Lausitz, die Elbe
und das Erz gebirge mit
verschiedenen Farben in die
Deutschlandkarte ein.
43Zeitbild Wissen
44 Zeitbild Wissen
... mit der Demokratie
die Probleme in Deutschland
eher nicht oder gar nicht
gelöst werden können.
Geteiltes DemokratieverständnisSo viel Prozent der Bundesbürger
sind der Meinung, dass ... Ost
52
West
27
Demokratie – nein danke?91
Ich glaube, viele Menschen in Ostdeutschland sind einfach enttäuscht,
dass es ihnen in materieller Hinsicht bis heute nicht sehr gut geht.
Umfragen zeigen: In den Neuen Bundesländern ist Kritik sowohl an der Demokratie als auch an der Gesell-
schaftsordnung in Deutschland häufi ger zu vernehmen als in den alten Bundesländern. Die Verhältnisse in der
DDR hingegen werden häufi g verklärt. Martina und Felix haben diskutiert, warum das so sein könnte.
Aber die Situation ist doch hier eine ganz andere. Die Menschen aus der DDR hatten es einfach nicht leicht. Überleg mal, was die alles
verloren haben. Als es zur Wiedervereinigung kam, hat fast alles, was sie besaßen, an Wert verloren: das Auto, die Wohnungseinrichtung ... Auch die berufl iche Situation und der Umgang mit der Politik wurden auf einmal
ganz anders. Von einem Tag auf den anderen gab es das Leben, das sie kannten, nicht mehr. Da fragen sie sich
natürlich: Was bleibt von dem, was ich geleistet habe?
Was haben die Menschen in der DDR geleistet?
Notiere Stichworte und stelle sie deiner Klasse vor.
Lies folgende Geschichte aufmerksam durch:
Wegen der ständigen Differenzen zwischen Peking und Moskau
fl iegt der sowjetische Parteichef nach Peking zu Mao.
Und tatsächlich kann man alle Probleme lösen.
„Genosse Mao! Weil unser Gipfeltreffen so gut gelaufen ist,
haben Sie drei Wünsche frei!“
„Hmmm! Wir brauchten 10.000 Autos!“
„Die werdet Ihr bekommen, Genosse Mao!“
„Und dann brauchten wir noch 100.000 Fahrräder!“
„Kein Problem, Genosse Mao! Die liefern wir euch umgehend!“
„Ach ja, und noch 100.000 Sack Reis!“
„Genosse Mao, das geht leider nicht! Meines Wissens wird
in der DDR Reis nicht angebaut ...“
Was sagt dir der Text über den Stellenwert
der DDR-Wirtschaft? Recherchiere und
überprüfe deine Überlegungen.
Aber einen Abstand gibt es immer noch. Das Deutsche Institut für
Wirtschaftsforschung (DIW) sagt, dass ostdeutsche Haushalte, was das
Vermögen betrifft, nur noch knapp 35 Prozent des Niveaus in
Westdeutschland erreichen ...
Das mag ja sein. Zur Wiedervereinigung lag der besagte Anteil aber
nur bei etwas über zehn Prozent. Das macht doch ganz deutlich,
dass die Benachteiligungen noch aus der Zeit der DDR stammen –
und nicht erst in der wiedervereinigten Bundesrepublik entstanden
sind. Deshalb muss man doch nicht demokratieverdrossen werden.
Felix Martina
Trotzdem: So ein Gefälle zwischen Ost- und Westdeutschland
ist einfach nicht fair!
Moment! In den meisten Haushalten im Osten hat es doch Mitte der
90er-Jahre einen deutlichen Anstieg des Wohlstands gegeben. Er liegt bei
90 Prozent des Westniveaus, das ist doch gar nicht so schlecht.
Immer spricht man nur von dem Gefälle zwischen Ost und West. Aber
schau dir doch zum Beispiel mal die Unterschiede des Wohlstands
in Hamburg und Niedersachsen an: Die sind genau so groß wie die
zwischen Ost- und Westdeutschland.
Ja, du hast völlig recht. Die Ostdeutschen mussten wirklich sehr
fl exibel sein. Deshalb fi nde ich ja: Sie können sehr stolz auf sich sein!
Sie haben viel geleistet – und vor allem haben sie es geschafft, die
Diktatur in der DDR friedlich und ohne jede Gewalt zu stürzen.
Von diesem mutigen Einsatz könnten sich viele Menschen noch
eine Scheibe abschneiden.
Arbeitsauftrag
Quelle: Friedrich-Ebert-Stiftung, Studie 2008
Quelle: Prof. Dr. Klaus Schroeder in der FAZ, 06.01.2010
SPD CDU FDP Die Linke Grüne CSU Sonstige
Gesamtdeutschland
Neue Bundesländer
Alte Bundesländer
23,0
17,9
24,1
27,3
29,8
26,7
14,6
10,6
15,4
11,9
28,5
8,3
10,7
6,8
11,5
6,57,9
0
6,0 6,3 5,9
Quelle: Der Bundeswahlleiter
20Wie steht’s um die Politische Kultur?
Arbeitsauftrag Für die Demokratie als Staatsform spielen Wahlen eine entscheidende
Rolle. Damit gelten sie auch als wichtige Zeichen der Politischen
Kultur einer Gesellschaft. Hier findest du die Ergebnisse bei der
letzten Bundestagswahl 2009 in den Neuen und alten Ländern.
Welche Unterschiede fallen dir auf? Diskutiere über mögliche
Erklärungen in der Klasse.
Die doppelte Geschichte Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg hat Spuren hinterlassen. Vor allem im Bereich
der Politischen Kultur lassen sich heute, 20 Jahre nach der Wiedervereinigung, noch Unterschiede zwischen
Ost und West feststellen. Als Summe der Einstellungen, Meinungen und Wertorientierungen der Menschen zu
einem bestimmten Zeitpunkt wird Politische Kultur an verschiedenen Fragen gemessen, zum Beispiel:
Politische Kultur
Zweitstimmenanteile in Prozent in den Neuen und alten Ländern bei der Bundestagswahl 2009
Wie fi nden die Bürger in Ost und West
die Demokratie als Staatsform generell
Wie schätzt die Mehrheit die
wirtschaftliche Ordnung ein
Was ist den Menschen in Ost und
West wichtiger : Freiheit oder Gleichheit
Wie verhalten sich die Menschen bei Wahlen
Gehen sie zur Wahl und wen wählen sie
Wie stehen die Menschen
zu Rechtsextremismus,
Fremdenfeindlichkeit und
Antisemitismus
Welche Einstellungen zum Sozialismus
und zur DDR-Vergangenheit überwiegen
Was denken die Menschen über Parteien und
Politiker? Vertrauen sie den politischen Institutionen
Welche Aufgaben soll der Staat übernehmen
?
? ? ?
?
??
??
Arbeitsauftrag
Go
East!
21„Dass ich einen
Ausbildungsplatz in Jena bekam, hat mich riesig gefreut. Denn High-Tech hat mich immer fasziniert und wegziehen wollte ich nicht. Hier ist außerdem immer was los, vielleicht weil viele junge Menschen da sind.“ Martin,
Ausbildung als Mechatroniker, Jena
„Ein Studium in Sachsen: Besser hätte ich es nicht treffen können! Hier gibt es keine Studien gebühren und die Lebenshaltungskosten sind im Vergleich zu Hamburg sehr gering. Ich kann mir eine geräumige Wohnung leisten und bin in zehn Minuten mitten in der Stadt und in 15 Minuten an der Hochschule. Wäre ich daheim geblieben, müsste ich bei meinen Eltern wohnen und hätte eine Stunde Fahrtweg zur Hochschule.“ Annette, Geoinformation
und Vermessung an der
HTW Dresden
„Wegziehen? Die Frage stellt sich für uns überhaupt nicht. Wir fühlen uns wohl in Leipzig – nicht nur, weil wir uns hier ken-
nengelernt haben. Die Stadt hat sich in den letzten Jahren
sehr verändert: Viel wurde umgebaut und alles ist heute viel schicker. Überhaupt kann
man hier ganz gut leben.“Nina und Thomas, Leipzig
„Bis vor einigen Jahren wäre ich sofort nach der Schule in den Westen gezogen. Viele meiner Freunde sind damals weggegangen, da sie hier keine Arbeit fi nden konnten. Doch heute ändert sich die Situation langsam. Immer mehr Unternehmen siedeln sich hier an, und ich glaube, dass ich inzwischen gute
Chancen auf einen Job habe.“ Katja, Erfurt
Insgesamt haben rund 3,2
Millionen Menschen seit 1991
Ostdeutschland verlassen und
sind in den Westen gezogen.
Noch 2007 dachte jeder Drit-
te darüber nach, in die alten
Bundesländer umzuziehen.
Die umgekehrte Richtung –
von West nach Ost – haben
im gleichen Zeitraum über 1,7
Millionen Menschen gewählt.
Den Abwanderungsstrom zu stoppen stellt heute eine große Herausforde-rung dar. Das gelingt allerdings nur, wenn junge Leute vor Ort ihre guten beruf-lichen Perspektiven erkennen. Gleich-zeitig ist es wichtig, dass vor allem junge Menschen im Westen mehr über die Vorteile ostdeutscher Städte erfahren. Schließlich war fast die Hälfte
aller Westdeutschen noch nie
oder nur einmal in den Neuen
Bundesländern.
„Go East!“ lohnt sich, so zum Beispiel beim Studium: Universitäten, Hoch- und Fachhochschulen im Osten bieten heute im Vergleich zum Westen deutlich bessere Studienbedingungen. Ob Betreuung, Lebensqualität und technische Ausstattung – bei einer Umfrage unter 75.000 Studierenden liegt der Osten fast durchweg an der Spitze. Die Bestnote vergeben die Jugendlichen an Sachsen-Anhalt, ge-folgt von Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen.
Lasst eurer Kreativität freien Lauf und
entwickelt ein kurzes Werbekonzept für
eine Stadt in Ostdeutschland. Präsentiert
eure Ideen vor der Klasse und überzeugt
eure Mitschülerinnen und Mitschüler von
der Attraktivität der ausgesuchten Stadt.
Folgende Arbeitsschritte sollen euch dabei
unterstützen:Recherchiert nach Sehenswürdigkeiten,
interessanten geschichtlichen Ereignissen,
berühmten Persönlichkeiten, die mit dieser
Stadt in Verbindung stehen.
Checkt die aktuelle Lebenssituation in
dieser Stadt: Wie sieht es aus mit Miete,
Preisen, Lebensqualität, Freizeitangeboten,
Schulen, Ausbildungsmöglichkeiten, Unis etc?
Zitate von Besuchern und Einwohnern,
z. B. aus Reiseberichten oder auf
Internetforen, können euch dabei ebenfalls behilflich sein.
Tipp: Gute Beispiele für eure
Projekte fi ndet ihr auch auf
dem Internetportal der
Motivationskampagne
„Pack Dein Studium –
am besten in Sachsen“ unter
www.pack-dein-studium.de.
Zeitbild Wissen46
22Zitatesammlung
Arbeitsauftrag
In manchen Ländern hat man
angestrebt, dass es einem
Bürger nicht gestattet ist, die
Gegend, in der er zufällig geboren
ist, zu verlassen. Der Sinn dieses
Gesetzes liegt auf der Hand:
Dieses Land ist so schlecht regiert,
und wird so schlecht regiert,
dass wir jedem verbieten, es zu
verlassen, weil es sonst die ganze
Bevölkerung verlassen würde.
‘‘
‘‘
In der DDR hat man von mir eine
Weltanschauung verlangt, ohne dass
ich die Welt anschauen durfte.
Manfred Krug, Schauspieler
‘‘
‘‘Das Beste an der DDR war ihr Ende.
Freya Klier, DDR-Bürgerrechtlerin,
Autorin und Regisseurin
‘‘
‘‘
Niemand hat die Absicht,
eine Mauer zu errichten.
‘‘
‘‘
Das Beste an der DDR war
der Traum, den wir
von ihr hatten.
Hermann Kant, Schriftsteller
‘‘‘‘
Unser „Yes we can“ heißt
„Wir sind das Volk“.
Joachim Gauck, DDR-Bürgerrechtler
‘‘
‘‘Eines Tages – vielleicht in Jahren, vielleicht erst in Jahrzehnten – wird hoffentlich die Deutsche Einheit so selbstverständlich sein, dass es uns merkwürdig vorkommen mag, sie eigens zu feiern.Johannes Rau (1931–2006),
ehem. Bundespräsident
‘‘‘‘
Zum ersten Mal bilden wir Deutschen keinen Streitpunkt auf der europäischen Tagesordnung. Unsere Einheit wurde niemandem aufgezwungen, sondern friedlich vereinbart.
Richard von Weizsäcker,
ehem. Bundespräsident
‘‘
‘‘Bei drei Zitaten ist der Urheber nicht angegeben.
Die Aussagen wurden von folgenden Personen gemacht:
SED-Chef Walter Ulbricht am 15. Juni 1961
Voltaire, französischer Schriftsteller, 1778
Udo Lindenberg, Musiker
Wer hat was gesagt?
Ordne die Namen den jeweiligen Zitaten zu.
Ich wusste immer:
Irgendwann spielen wir drüben,
und die Scheißmauer bleibt auch nicht ewig stehen.
Die ist so was von krank, völlig absurd, geht nicht.
‘‘
‘‘
Zeitbild Wissen 47
48 Zeitbild Wissen
Deutschland auf einen Blick23
In der Deutschlandkarte
fehlen die Namen der 16
Bundesländer und ihrer
Hauptstädte.
Fülle die Karte
entsprechend aus!
Arbeitsauftrag
Hauptstadt: Berlin (3,4 Mio. Einwohner)Staatswappen: Adler Nationalfeiertag: 3. Oktober, Tag der Deutschen EinheitParlament: Deutscher Bundestag (622 Abgeordnete im 17. Bundestag)Hymne: Dritte Strophe vom „Lied der Deutschen“, verfasst von August Heinrich Hoffmann von Fallersleben, Melodie von Joseph Haydns „Kaiserhymne“
Größe: 357.021 km2
Nachbarstaaten: Schweiz, Österreich, Tschechien, Polen, Dänemark, Niederlande, Belgien, Luxemburg, Frankreich Höchstgelegene Stadt: Oberwiesenthal (914 Meter über NN)Älteste Stadt: Trier (Gründung „Augusta Treverorum“ 16 v. Chr.)
Einwohner: 81,8 Millionen – Deutschland ist das bevölkerungsreichste Land der Europäischen Union.Quelle: Statistisches Bundesamt, Stand: 31.12.2009
De
utsch
lan
d-Q
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24Jetzt bist du dran:
Teste dein Wissen über Deutschland. Wie gut kennst du dich aus?
1
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Wer verfasste die deutsche
Nationalhymne?
A) Johann Wolfgang von Goethe
B) August Heinrich Hoffmann von
Fallersleben
C) Patrick Süskind
Wie wurden die Bundesrepublik
und die DDR zu einem Staat?
A) Die DDR ist der Bundesrepublik
beigetreten.
B) Die Bundesrepublik hat die DDR einge-
nommen.
C) Die vier Siegermächte haben die Einigung
befohlen.
Am 13. August 1961
A) wurde die D-Mark eingeführt.
B) fand das Fußball-WM-Spiel zwischen der
DDR und der Bundesrepublik statt.
C) begann die DDR, die Berliner Mauer zu
bauen.
Wer war der erste gesamt-
deutsche Bundeskanzler nach
der Wiedervereinigung?
A) Willy Brandt
B) Helmut Kohl
C) Gerhard Schröder
In welcher Stadt fanden die ersten
Montagsdemonstrationen statt?
A) Leipzig
B) Bonn
C) Berlin
Der Solidaritätszuschlag wird von
der deutschen Bevölkerung gezahlt
zur Unterstützung
A) der Gewerkschaften.
B) des Aufbaus Ost.
C) kinderreicher Familien.
Was war die Stasi?
A) Supermarktkette der DDR
B) staatliche Sportinstitution der DDR
C) Geheimpolizei und geheimer
Nachrichtendienst der DDR
Wer wurde zum ersten Bundes-
beauftragten für die Unterlagen
des Staatssicherheitsdienstes
der ehemaligen DDR ernannt?
A) Erich Honecker
B) Günter Guillaume
C) Joachim Gauck
Wer hat den Zwei-plus-Vier-
Vertrag unterzeichnet?
A) Bundesrepublik, DDR, Frankreich,
Großbritannien, Sowjetunion, USA
B) Bundesrepublik, Großbritannien,
Frankreich, Sowjetunion, USA, Italien
C) DDR, Großbritannien, Frankreich,
Sowjetunion, USA, China
Was ist Checkpoint Charlie?
A) jährlicher Treffpunkt für Hundeliebhaber
in Worpswede
B) früherer Grenzübergang zwischen
West- und Ost-Berlin
C) Charlie-Chaplin-Museum
Wofür war die Treuhandanstalt
zuständig?
A) für die Aufbewahrung von Wertpapieren
B) für die Renaturierung der Elbe
C) für die Reprivatisierung der volkseigenen
Betriebe der DDR
Zeitbild Wissen 49
50 Zeitbild Wissen
Lösungen zum Deutschland-Quiz
Vergleiche deine Antworten mit den
Lösungen. Für jede richtige
Antwort erhältst du einen Punkt.
Zähle alle Punkte zusammen und finde heraus,
wie gut du Deutschland
kennst.
Frage Lösung1 B
2 A
3 C
4 B
5 A
6 B
7 C
8 C
9 A
10 B
11 C
0-4 Punkte: Oh je, das war leider noch
nicht so gut. Schau dir
die Arbeitsblätter noch
einmal genauer an.
5-8 Punkte: Das ist schon nicht schlecht. Du weißt bereits
einiges über Deutschland. Aber es geht noch
besser. Schau dir die Arbeitsblätter noch
einmal genauer an.
9-11 Punkte: WOW, du kennst dich
sehr gut aus
mit Deutschland.
Weiter so!
51Zeitbild Wissen
Lösungen Arbeitsblätter
AB 1
Bild 1 – 13. August 1961: Mauerbau
Bild 2 – 24. Juni 1948: Rosinenbomber
Bild 3 – 17. Juni 1953: Arbeiter- und Volksaufstand
AB 2
1) Gründe der DDR-Bürger, in die Bundesrepublik zu fl üchten: • mangelnde Freiheiten (z. B. Reisefreiheit, Meinungsfreiheit),
Verbote und Einschränkungen im gesellschaftlichen Leben • Perspektivlosigkeit (z. B. eingeschränkte berufl iche Möglichkeiten)• schlechte wirtschaftliche Lage und Unzufriedenheit mit der
Versorgungslage – erhoffter höherer Lebensstandard in der Bundesrepublik
• politische Gründe: Ablehnung des DDR-Regimes• familiäre Gründe: zerrissene Familien durch Teilung Deutschlands
2)
AB 6
1)
2) Länder: z. B. Libyen, Syrien, Indonesien, China, Iran, Irak, Äthiopien, Nordkorea, Ägypten, Simbabwe, Demokratische Republik Kongo
Gründe für die Verhaftung: • Kritik an den Machthabern und/oder dem politischen System• Handeln im Sinne der Menschenrechte (Meinungsfreiheit,
Informationsfreiheit, Glaubensfreiheit, Reisefreiheit)• Protest gegen Menschenrechtsverletzungen
AB 8
Journalismus leistet, zu Zeiten der DDR genauso wie heute, einen wichtigen Beitrag zur Meinungsbildung in einer Gesellschaft. Aufgrund der Macht, den der Journalismus durch seinen Einfl uss auf die öffentliche Meinung und damit auch auf die Staatsgewalt besitzt, wird er häufi g als vierte Gewalt im Staat bezeichnet. Die Berichterstattung eines Journalisten sollte frei und unabhängig sein und die Informationen, die er an die Öffentlichkeit weitergibt, sollten aus unabhängigen Quellen stammen. Defi niert man „Information“ jedoch auf die hier zitierte Weise, kann Berichterstattung nicht frei und unabhängig sein. Der Zweck, „von Klassenin-teressen bestimmte“ Erkenntnisse weiterzugeben, führt zu einem Missbrauch des Journalismus als „Sprachrohr der Partei“, als welches die Presse zu Zeiten der DDR ja auch bezeichnet worden ist.
AB 9
z. B. „Im Dritten Reich gab es kaum Kriminalität“, „Hitler hat die Autobahn erfun-den“, „Im Nazi-Deutschland gab es keine Arbeitslosigkeit“
AB 13
Lückentext: King, Liberté, ein Volk, tear down this wall
AB 14
• Lückentext Zentralverwaltungswirtschaft: Privateigentum, Staat, Überwachungsinstrument, Mangelwirtschaft
• Lückentext Soziale Marktwirtschaft: Arbeitnehmern, sozialen Sicherheit, Staat, Ludwig Erhard, die D-Mark, Kartelle, Löhne, Bundesbank
• Begriffe, die durchgestrichen werden müssen: Staatseigentum, Nachfrage, Wettbewerb, Konrad Adenauer, Euro, Angebot, Preis, Börse, Helmut Kohl, Manager
AB 16
1) Berechnung des Solidaritätszuschlags: Lohnsteuer x 5,5 %
2) Argumente für und gegen die fi nanzielle Unterstützung der Neuen Bundesländer
AB 19
• Leben und Arbeiten unter den widrigen Umständen der DDR-Diktatur• gewaltloser Kampf für die Freiheit und Sturz des SED-Regimes durch Massen-
proteste und Massenausreise• Grundsteinlegung der Wiedervereinigung durch friedliche Revolution und
Stimmabgabe bei der ersten freien Volkskammerwahl (klare Befürwortung der Wiedervereinigung)
• Wiederaufbau Ostdeutschlands nach Beitritt zur Bundesrepublik und damit weitreichende Veränderungen in allen Lebenslagen
AB 22
Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten.
SED-Chef Walter Ulbricht am 15. Juni 1961
Ich wusste immer: ...
Udo Lindenberg, Musiker
In manchen Ländern hat man angestrebt, ...
Voltaire, französischer Schriftsteller, 1778
Zitat Datum Zeitliche Einordnung
Michail Gorbatschow 7. Oktober 1989 40. Jahrestag der DDR
Erich Honecker 19. Januar 1989 zehn Monate vor Mauerfall
Walter Ulbricht 15. Juni 1961 zwei Monate vor Mauerbau
Günter Schabowski 9. November 1989 Tag der Maueröffnung
Abkürzung Name Aufgaben
MfS: Ministerium für Staatssicherheit
Geheimpolizei und geheimer Nachrichtendienst der DDR;Überwachung der DDR- Bevölkerung
IM: Inoffi zieller Mitarbeiter Sammeln von Informationen,Bespitzelung von verdächtigen Personen
BStU: Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR
Aufbewahrung der Stasi-Akten,Bereitstellung der Unterlagen fürdie Öffentlichkeit
Beruf Monatl. Einkommen Lohnsteuer Soli
Florist 1.600,00 € 129,41 € 7,12 €
Manager 10.000,00 € 2573,50 € 141,54 €
Bürokauffrau 2.750,00 € 710,00 € 39,05 €
Befürworter Kritiker
Abstand in der Wirtschaftsleistung
zwischen Ost und West weiter
verringern
Schuldenabbau bedenken
mehr Arbeitsplätze schaffen; hohe
Arbeitslosigkeit senken
strukturschwache Gebiete in
Westdeutschland benötigen
ebenfalls fi nanzielle Unterstützung;
gleiche Förderung in Ost und West
Angleichung der Lebensverhältnisse
an den Westen
westdeutsche Kommunen
müssen Kredite aufnehmen, um
ihren Verpfl ichtungen im Solidarpakt
nachzukommen
Abwanderung von Ost nach West
stoppen bzw. die (Rück-)Wanderung
von West nach Ost fördern
die Neuen Länder sollen
wirtschaftlich auf eigenen Beinen
stehen
Förderung von (Zukunfts-)Branchen,
z. B. Tourismus, Umwelt, Forschung
kaum spürbare Auswirkungen der
Unterstützung in den letzten Jahren,
denn Aufbau Ost kommt langsamer
voran als erwartet
Weiterführende Informationen
Links:• www.bstu.bund.de
• www.bundesregierung.de/1989-2009
• www.chronik-der-mauer.de
• www.chronikderwende.de
• www.ddr-geschichte-vermitteln.de
• www.ddr-im-unterricht.de
• www.dhm.de/lemo/home.html
• www.freiheit-und-einheit.de
• www.friedlicherevolution.de
• www.herzlichen-glueckwunsch-deutschland.de
• www.jugendopposition.de
• www.mdr.de/damals-in-der-ddr/lexikon
• www.revolution89.de
• www.stiftung-aufarbeitung.de/20_Jahre/
• www.zeitzeugenportal8990.de/
Filme:
• Good bye, Lenin! (2003)
• Das Leben der Anderen (2006)
• Der rote Kakadu (2006)
• EINGEMAUERT!
Die innerdeutsche Grenze (2009)
Bücher:• Ulrich Plenzdorf:
Die neuen Leiden des jungen W.
• Uwe Tellkamp:
Der Turm
• Monika Maron:
Bitterfelder Bogen. Ein Bericht
Bildnachweise:S. 1: Zeile 1: picture alliance, Visum Images, iStockphoto; Zeile 2: picture alliance, Zeile 3: Bundesbildstelle, ullstein bild; S. 2 (v. o. n. u.): iStockphoto, picture alliance, picture alliance,
picture alliance; S. 3: picture alliance; S. 4: ullstein bild; S. 5: picture alliance; S. 7: picture alliance; S. 8: picture alliance; S. 9: picture alliance; S. 10: picture alliance; S. 12/13: iStockphoto,
S. 14: Bundesbildstelle; S. 15: Bundesbildstelle; S. 20/21: iStockphoto; S. 22: Europäische Zentralbank; S. 23: picture alliance; S. 26 (v. l. n. r.): AKG, AKG, ullstein bild; S. 28 (v. o. n. u.):
Bundesbildstelle, Automobilmanufaktur Dresden GmbH, picture alliance, picture alliance, picture alliance, Bundesbildstelle; S. 29: Leibing/Keystone; S. 30: Joachim F. Thurn/Bundes-
archiv; S. 32: Y. Maecke/G.A.F.F./SUPERillu; S. 33: ullstein bild; S. 34: picture alliance; S. 36: picture alliance; S. 37: Ronald Frommann (li.), Harald Krieg; S. 39: Erik Liebermann; S. 40:
Maximilian Lautenschläger; S. 43: BMU; S. 46: Zeile 1: iStockphoto; Zeile 2: SMWK, iStockphoto.
Impressum:Zeitbild Wissen „20 Jahre Deutsche Einheit“, gefördert vom Bundesministerium des Innern.
V.i.S.d.P.: Bernd Woischnik, Zeitbild Stiftung, Reichenbachstraße 1, 80469 München,
September 2010.
Wissenschaftliche Beratung: Dr. Thomas Gundelach.
Gesamtherstellung: Zeitbild Stiftung. Druck: Schätzl Druck & Medien e. K., Donauwörth.
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