K2 SAMSTAG/SONNTAG,2./3. AUGUST2014 … · schlossen, mit Eyepin jetzt auch in ... einen genauen...

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Nur verhinderteFehler sindgute FehlerEin japanisches Konzept hältEinzug in die Compliance.

Menschen sind fehlbar. Umihre Fehlhandlungen und derenFolgekosten zu verhindern, gibtes zwei Wege: erstens, lücken-lose Compliance-Regelwerke,die Fehler bestrafen und Whistle-blower belohnen, oder zwei-tens, Fehlerquellen im Vorausauszuschalten. Die Kosten derPrävention unterschreiten inder Regel die der Schadensbe-seitigung bei Weitem.

Ein einfaches Beispiel istder Bankomat. Er gibt Bankno-ten erst frei, wenn der Besitzerseine Karte wieder abgezogenhat – die meisten Leute würdendas Geld nehmen und die Kartestecken lassen. Der kleine tech-nische Zusatzschritt (Check, obKarte abgezogen) erspart derBank die deutlich höheren Fol-gekosten durch Verlustanzeigeund Missbrauch.

Der Japaner Shingeo Shingohatte dafür schon in den 1980er-Jahren einen Namen: PokaYoke. Poka bedeutet Fehler,Yoke vermeiden. Weltweit wirdsein Konzept im technischenQualitätsmanagement verwen-det: Mit billigsten Vorabsiche-rungen (Warnlämpchen, Mar-kierungen oder unterschiedlichgroßen Schraublöchern, in dienur die einzig richtige Schraubepasst) werden potenzielle Feh-lerquellen ausgeschaltet, bevorein Schaden entsteht.

Nun entdecken auchSicherheits- und Compliance-Verantwortliche Poka Yoke. DerAblauf ist vergleichbar: Zuerstdurchleuchten sie die Prozessenach Schwachstellen (meistnach den Kategorien „Verges-sen einer Handlung“, „falscheWahrnehmung und Interpreta-tion“ und „Ausführungsfehler“,ergänzt um „vorsätzlich sys-temschädigende Handlungen“).Anschließend schalten sie jederFehlerquelle eine passendeSicherung vor. Das lässt sichgenauso auf das Selbstma-nagement übertragen: Dennauch Erinnerungs-Post-its undChecklisten sind Poka Yoke. (al)

Jochen P.Sondermann:„Poka Yoke“Hanser Fachbuch-verlag128 Seiten10,20 Euro

NACHRICHTEN

Bundestagung derJungen WirtschaftAm 26. und 27. September fin-det die größte österreichweiteVeranstaltung für Jungunter-nehmer im Messe CongressCenter Wien statt. „Die Presse“verlost zwei mal zwei Karten fürdie Tagung und das Abend-event. Einsendeschluss ist der10. August. Senden Sie eineE-Mail mit Kontaktdaten unddem Betreff „JW“ an:karrierenews@diepresse.com

U:start geht in dienächste RundeDas Ausbildungsprogramm derUniversität Wien unterstütztAkademiker beim Einstieg indie Selbstständigkeit und beider Gründung eigener Unter-nehmen. Der nächste Durch-gang startet im Oktober.www.alumni.ac.at/ustart

K2 MANAGEMENT & KARRIERE SAMSTAG/SONNTAG, 2./3. AUGUST 2014

JOBHOPPER „Ich habe mir einfach alle meineKindheitsträume erfüllt“Porträt. Franz Kolostori probierte viel aus, ehe er in die Selbstständigkeitwechselte. Als Berater rät er: möglichst nahe bei den Kunden zu sein.

VON MICHAEL KÖTTRITSCH

D iese Mischung wirkt aufden ersten Blick irritie-rend: HTL Elektrotechnik,

Tischlerlehre (so wie viele in seinerVerwandtschaft), Musikstudiumund schließlich Unternehmer. „Ichwollte das alles machen und habemir einfach alle meine Kindheits-träume erfüllt“, sagt Franz Kolosto-ri (48). Nicht immer nur zur Freudeseiner Eltern in der Mondseer Hei-mat. Heute hat er gleich dreiStandbeine: die Online-Marketing-Agentur Eyepin, die Weinhandels-und Beratungsfirma tanjaklein.comund das Kunstdruckunternehmenyour-popart.com.

Der Wechsel von der Musik indie Selbstständigkeit sei gar nicht soeinfach gewesen, erzählt Kolostori.Er erfolgte über Zwischenschritte inder Medien- und Internetbranche,weil viele mit seinem Lebenslaufnur wenig anfangen konnten.

Die Chance ergriffenAb Mitte der 1990er-Jahre haben In-ternet und Mail flächendeckend inder Wirtschaft Einzug gehalten. DasOnline-Marketing aber startete bisin die 2000er-Jahre nicht richtigdurch. Kolostori ergriff diese Chan-ce und setzte auf E-Mail-Marketing.Newsletter hält er nur bedingt fürdas Flugblatt von heute. Eher füreinen zusätzlichen Kanal, um mitOnline-Dialog, Umfragen, SMS undEventmarketing Kunden automati-siert und gezielt anzusprechen. Undes gebe noch viel zu tun: „Für unserGefühl sind wir noch weit weg vonqualitativem zielgerichteten Marke-ting.“ Im Moment baue Eyepin ander Vernetzung mit führendenCRM-Systemen wie Microsoft Dy-namics, Update oder Feratel. Weilim Beratungsgeschäft Kundennähe

wichtig sei, hat sich Kolostori ent-schlossen, mit Eyepin jetzt auch inBerlin eine Firma aufzumachen.„Wir haben in Deutschland zwarviele Kunden. Die großen haben wirbislang nicht bekommen, weil wirnicht vor Ort sind.“ Vieles sei reineKopfsache: In Deutschland frageman sich: „Ist ein österreichischesUnternehmen groß genug, um unsbedienen zu können? Was ist, wennwir jemanden brauchen?“ Dabei,sagt Kolostori, sei er mit dem Flug-zeug schneller bei einem Kunden inBerlin als irgendwo in Österreich.

Mitarbeiter als UnternehmerSucht er Mitarbeiter, hört der Aus-dauersportler, der regelmäßig mitden Extremsportlern Wolfgang Fa-sching und Christoph Strasser trai-niert, auf sein Gefühl: „Die Qualifi-kation kann noch so gut sein“,menschlich müsse es passen. „Wirhaben gute Leute gehabt, die dasTeam gestört haben.“ Ein halbesJahr, hat Kolostori beobachtet, kön-nen man sich verstellen, „aber ir-gendwann ist es vorbei“.

Zuletzt habe sich sein durchausjunges Team („Das Alter ist keinKriterium, es hat sich so ergeben“)jährlich verdoppelt. Wichtig ist ihm,dass seine Mitarbeiter Entscheidun-gen treffen, als wäre es ihr eigenesUnternehmen: „Das gibt Motiva-tion, dann bewegt sich etwas.“ Da-bei lässt er bei der PersonalauswahlExperimente zu. „Wenn das Teamsagt, der Mitarbeiter passt zu uns

und ich bin anderer Meinung, pro-bieren wir es trotzdem. Leider habeich sehr oft recht behalten.“ Geht esum andere Entscheidungen, ist Ko-lostori Realist. „Ich versuche michnicht durch Emotionen leiten zulassen und das gesamte Unterneh-men als etwas Organisches zu se-hen, an dem Menschen dranhän-gen, es aber auch um Zahlen geht.“Einfach sei das nicht immer.

Leicht falle es ihm hingegen,sich jetzt auf seine aktuellen Aufga-ben zu konzentrieren. „Etwas Neu-es kommt jetzt nicht mehr dazu“,sagt Kolostori. Seit 2011 führt er jaauch das Weinhandels- und Con-sultingunternehmen Tanja Klein.Für Wein hat er sich schon lange in-teressiert, im bierverliebten Salz-kammergut habe man in seiner Ju-gendzeit lediglich zwischen Rot undWeiß unterschieden und im Zweifellieber G’spritzte getrunken, sagt Ko-lostori. Mit seiner Frau, einer Som-meliere, baute er die Firma auf, diefür ihn eine Ergänzung zum trocke-nen Software-Geschäft ist. „WoWein produziert wird, ist es schön,es gibt Gutes zu essen und trinken.“

An Ideen mangelt es auch indiesem Bereich nicht. Derzeit ar-beitet er an einem Value-Manage-ment-System für Weine, für das erInvestoren sucht: Mit dem Systemwird für Weinsammler die Lage-rung übernommen, sie erhalteneinen genauen Überblick über ihreBestände und vor allem über denWert ihrer flüssigen Schätze.

Thomas SchöllkopfErgo Austria

Der Deutsche wirdVorstandsvorsitzenderder Versicherung. Inder Ergo InternationalAG ist er für das Ost-

europageschäft verantwortlich. Der56-Jährige ist seit 30 Jahren in derFinanzdienstleistungsbranche tätig.

Eric TveterLiberty Global

Der 55-jährige US-Ame-rikaner wird CEO derneuen Regionalorgani-sation Österreich undSchweiz. Das Kabel-

unternehmen führt in dieser Organisationdie Schwestergesellschaften UPC Austriaund UPC Cablecom zusammen.

Sigrid LumetsbergerWillheim Müller

Die 30-Jährige berätals Associate Klientender Rechtsanwalts-kanzlei. Sie ist auf dieBereiche Bau- und

Immobilienrecht, Claim Managementsowie Zivil- und Vertragsrecht speziali-siert. Die Anwältin spricht vier Sprachen.

Michael LindWolf Theiss

Der M&A-Anwalt (35)steigt als Partner beider Sozietät ein. Erberät regelmäßig eng-lische und amerikani-

sche Mandanten und war einige Zeit inEngland und den USA tätig.

Harald KoglbauerRuefa

Der 45-Jährige über-nimmt die Regional-leitung Wien der Reise-bürokette. Der Hobby-pilot begann seine

Karriere 1987 bei Ruefa, arbeitete späterin der Luftfahrtbranche und kehrt nunzum Reiseanbieter zurück.

Alfred BergerKienbaum

Der Vergütungsspezia-list (46) verstärkt dieManagementberatungin Wien. Er verantwor-tet den Geschäfts-

bereich Compensation in Österreich.

ZUR PERSON

Franz Kolostori (48) wuchs in Mondseeauf, absolvierte die HTL für Elektro-technik, lernte Tischler, ist geprüfterEinrichtungsberater und studierte in Wienan der Musikhochschule Posaune undArrangement. Seit 1995 ist der Ausdauer-sportler in der Internet- und Medien-branche (Burda Verlag, ISP NetwayCommunications, Syscom, Report Verlagund Accellion) tätig. Seit 2003 ist erGeschäftsführer von Eyepin und seit 2011auch vom Weinhandels- und Consulting-unternehmen TanjaKlein.com.

Franz Kolostori will Kunden automatisiert und gezielt ansprechen. [ Clemens Fabry ]

Perspektivenwechsel für Sinnfindung und Selbstverwirklichung, Neukurs auf Gastrosophie.

Das letzte Mal Karriere neu denkenZUGMANNKarriere neu denken

VON JOHANNA ZUGMANN

M it dieser Kolumne darf ich michherzlich von der geneigten

„Karriere“-Leserschaft verabschieden.Und ein großes Dankeschön ausspre-chen: für Ihr großes Interesse; für vielespannende Diskussionen; für fantas-tische Unterstützung; für Zuspruchund Widerspruch; für neue Ein- undAussichten. Und für das Einverständ-nis, dass das Thema Karriere wenigmit zeitgeistigen Trends, aber viel miteigenverantwortlicher und sinnvollerLebensgestaltung zu tun hat.

Mit der Einladung der „Presse“ imJahr 2004, die „Karriereseiten“ dieserZeitung als Ressortleiterin vollkom-

men neu zu gestalten, war und ist derAnspruch verbunden, Karriere nichtals ein-, sondern als vieldimensionalesLebensprojekt zu verstehen.

Karriere in diesem Sinn neu zudenken, wird auch in Zukunft wichti-ger sein denn je. Mit einem Karrieris-tenkonzept, das den Kontostand zumMaß aller Dinge macht, lässt sich we-der für Menschen noch für Unterneh-men Zukunft bauen.

Die Renaissance der Sinnfrage be-wegt letztlich alle, Personalisten wieKarrieremacher. Der berufliche undpersönliche Erfolg stellt sich dort ein,wo wir für etwas „brennen“. Wo wiretwas bewegen wollen. Wo wir unsund anderen bei der Umsetzung vonZielen vertrauen.

Auch wenn diese Kolumne heutedas letzte Mal erscheint (mein Vertragals angestellte Redakteurin des Res-

sorts Management und Karrieren en-dete am 31. Juli), so gilt ihr Credo wei-ter: Karriere neu und anders zu den-ken, eröffnet neue Perspektiven fürSinnfindung und Selbstverwirkli-chung. In diesem Sinn: Denken Sie inKarrierefragen weiter mit der „Presse“!

PS: Im Sinn des Titels dieser Ko-lumne hat auch die Autorin ihre wei-tere berufliche Laufbahn neu- undvorgedacht und fokussiert nun nachihrer Sponsion zum Master in Gastro-sophie im vergangenen Juni auf gastro-sophische Fragestellungen, bei denendie Business-Tangente natürlich nichtfehlen darf. Nachzulesen auch in Ge-nießerpublikationen, wie zum Beispielin der aktuellen Ausgabe des Gourmet-magazins „Falstaff“ unter dem Titel„Love is in the Air“ auf Seite 133.

E-Mails an: johanna.zugmann@gmail.com

„Love is in theAir“, wenn wirfür etwas„brennen“.