Lektion 4 Mangelhafte Verträge (§ 3, I - IV) Privatrecht II.

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Lektion 4

Mangelhafte Verträge(§ 3, I - IV)

Privatrecht II

Übersicht zur Lektion 4

Formmängel (§ 3, II)

Inhaltsmängel (§ 3, III)

Übervorteilung (§ 3, IV)

Die drei Kernfragen des Vertragsrechts

Ist ein Vertrag zustande gekommen?

Ist der Vertrag gültig zustande gekommen?

Ist der Vertrag richtig erfüllt worden?

VertragsschlussVertragsauslegun

g

Vertragsmängel

Leistungsstörungen

Vertragsmängel: Ungültigkeitsgründe

Tatbestand Rechtsfolge

Fehlende Handlungsfähigkeit

Formmängel

Inhaltsmängel Übervorteilung

Willensmängel

Nichtigkeit

Anfechtbarkeit

Nichtigkeitsgründe

Handlungs-unfähigkeit

Formmängel Inhaltsmängel

Art. 18 - 19 ZGB

Art. 11 - 16 OR

Art. 19 - 20 OR

Rechtsfolge: Nichtigkeit des Vertrages

A B

A BUngültigkeit des Vertrages*

Vorliegen einesNichtigkeitsgrundes

*Eventuell nur teilweise Ungültigkeit gemäss Art. 20 Abs. 2 OR (Teilnichtigkeit)

Rückabwicklung bei Erfüllung eines ungültigen Vertrages

A BUngültigkeit

des Vertrages

KäuferVerkäufer

A BAnspruch aus

ungerechtfertigter Bereicherung

Eigentumsherausgabe

Form des Vertrages(Art. 11 – 16 OR)

Formfreiheit(Art. 11 Abs. 1

OR)

Grundsatz Ausnahme

Gesetzliche Formvorschriften

Zweck der Formvorschriften

Warnfunktion (Schutz vor Übereilung)

Rechtssicherheit (Beweismittel)

Rechtsklarheit (öffentliche Register)

Information (Konsumentenschutz)

Arten von gesetzlichen Formvorschriften

EinfacheSchriftlichkeit(Art. 13 - 15

OR)

QualifizierteSchriftlichkeit

ÖffentlicheBeurkundung

Beispiele:- Konsumkredit- Testament

Beispiele:- Schenkung- Lehrvertrag

Beispiele:- Grundstückkauf- Bürgschaft

Einfache Schriftlichkeit(Art. 13 – 15 OR)

Erklärung in Schriftform

(Verurkundung des Erklärungsinhaltes)

Unterzeichnungdes Schriftstückes

durch die verpflichtetende

Partei

und

eigenhändige Unterschrift

Elektronische Signatur(Art. 14 Abs. 2bis OR)

„Nur ausnahmsweise stellt das schweizerische Recht Formerforder-nisse auf. Heute besteht keine Möglichkeit, solche Verträge elektro-nisch zu schliessen, da diese eigenhändig unterzeichnet werden müssen (Art. 14 Abs. 1 OR). Mit der Einfügung einer neuen Bestim-mung ins Obligationenrecht wird dieser Rechtszustand überwunden. So können künftig alle Verträge, für die das Gesetz die Schriftform verlangt, auch elektronisch geschlossen werden (beispielsweise per E-Mail oder durch das Eingehen auf ein Online-Angebot auf Daten-netzen wie dem Internet). Dafür muss der Vertrag von der Person, die sich verpflichtet, mit einer qualifizierten elektronischen Signatur ver-sehen werden.“(aus: Botschaft zum BG über Zertifizierungsdienste im Bereich der elektronischen Signatur, in Kraft seit 1.1.2005)

Vertraglich vorbehaltene Form(Art. 16 OR)

Art. 16 Abs. 1 OR

Es wird vermutet, dass die Parteien vor

Erfüllung der Form nicht verpflichtet sein wollen (Gültigkeitserfordernis).

Art. 16 Abs. 2 OR

Es wird vermutet, dass die

vereinbarte Schriftform als

„einfache Schriftlichkeit“ im Sinne von Art. 13 - 15

OR verstanden wurde.

Rechtsmissbräuchliche Berufung auf einen Formmangel des Vertrages

(Art. 2 Abs. 2 ZGB)

vor der Erfüllung des Vertrages

nach der (beidseitigen)Erfüllung des Vertrages

rechtsmissbräuchlichnicht rechtsmissbräuchlich

Rechtsmissbräuchliche Berufung auf einen Formmangel des Vertrages

(Art. 2 Abs. 2 ZGB)„Ob ein Rechtsmissbrauch vorliege, der die Berufung auf Formnichtigkeit eines Kaufvertrages verbietet, hat der Richter nicht in Anwendung von starren Regeln zu entscheiden, sondern unter Würdigung aller Umstände des konkreten Falles. Dabei kommt der erfolgten freiwilligen Erfüllung des Kaufvertrages durch die Parteien besondere Bedeutung zu. Sie schliesst zwar nicht notwendigerweise aus, dass die Nichtigkeit des Vertrages dennoch berücksichtigt werde, lässt die Anrufung des Formmangels aber doch als rechtsmissbräuchlich erscheinen, wenn nicht die Würdigung aller übrigen Umstände, namentlich das Verhalten der Parteien bei und nach Vertragsschluss, eindeutig zum gegenteiligen Schluss führt.“(BGE 104 II 99, E. 3)

Inhalt des Vertrages(Art. 19 – 20 OR)

Inhaltsfreiheit(Art. 19 Abs. 1

OR)

Grundsatz Ausnahme

Gesetzliche Inhaltsschranken

Arten von Inhaltsmängeln(Art. 19 Abs. 2, Art. 20 Abs. 1 OR)

Unmöglichkeit

Widerrechtlichkeit

Sittenwidrigkeit

anfängliche objektive

Unmöglichkeit

Verstoss gegenzwingendes Privatrechtoder öffentliches Recht

Verstoss gegendie guten

Sitten

Unmögliche Verträge

anfängliche Unmöglichkeit

objektiveUnmöglichkeit

und

Die versprochene Leistung ist bei Vertragsabschluss

unmöglich.

Die versprochene Leistungist für jeden Schuldner

unmöglich.

Widerrechtliche Verträge

Verstoss gegenzwingendes Privatrecht

Verstoss gegenöffentliches Recht

Beispiele:- Art. 100 Abs. 1 OR- Art. 361/62 OR- Art. 404 Abs. 1 OR

oder

Sittenwidrige Verträge

Verletzung desPersönlichkeitsrechts

Sonstiger Verstossgegen die guten Sitten

SittenwidrigeFreiheitsbeschränkung

einer Vertragspartei

(Art. 27 Abs. 2 ZGB)

Verstoss gegen dieherrschenden

Moralvorstellungen

(Fallgruppen*)

oder

*Fallgruppen sittenwidriger Verträge

Verträge, die auf eine sexuelle Leistung gerichtet sind (z.B. Prostitution)

Verträge, die gegen sozialethische Wertungen verstossen (z.B. Schmiergeldversprechen)

Grobes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung (z.B. überhöhter Darlehenszins)

Beeinträchtigung obligatorischer Rechte von Dritten (z.B. Verleitung zum Vertragsbruch)

Anfechtungsgründe

Übervorteilung Willensmängel

Art. 21 OR Art. 23 – 31 OR

Rechtsfolge: Anfechtbarkeit des Vertrages

A B

A BUngültigkeit des Vertrages*

Vorliegen einesAnfechtungsgrunde

s

*Eventuell nur teilweise Ungültigkeit gemäss Art. 20 Abs. 2 OR (Teilnichtigkeit)

Anfechtungs-erklärung

Übervorteilter

Übervorteilender

Übervorteilung(Art. 21 OR)

Tatbestand Rechtsfolge

Offenbares Missverhältnis

Schwächelage

Ausbeutung

Anfechtbarkeit

Tatbestand der Übervorteilung

A B

Offenbares Missverhältn

isLeistung

Gegenleistung

Schwächelage Ausbeutung

Übervorteilter

Übervorteilender

Notlage Unerfahrenheit Leichtsinn