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Studien zum ausländischen und internationalen Privatrecht

260

Herausgegeben vom

Max-Planck-Institut für ausländischesund internationales Privatrecht

Direktoren:

Jürgen Basedow, Holger Fleischer und Reinhard Zimmermann

Raya Abbas

Die Vermögensbeziehungen der Ehegatten und nichtehelichen Lebenspartner

im serbischen Recht

Eine Untersuchung des Sach- und Kollisionsrechts unter Berücksichtigung der Staatensukzession im IPR

Mohr Siebeck

Raya Abbas, geboren 1983; Studium der Rechtswissenschaft an der Universität Potsdam; 2009–2011 Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Inter-nationales Privatrecht und Rechtsvergleichung der Universität Potsdam; 2010 Promo-tion; seit Mai 2010 Rechtsreferendarin im Bezirk des Kammergerichts.

ISBN 978-3-16-150847-9ISSN 0720-1141 (Studien zum ausländischen und internationalen Privatrecht)

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© 2011 Mohr Siebeck Tübingen.

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwer-tung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elek-tronischen Systemen.

Das Buch wurde von Gulde-Druck in Tübingen auf alterungsbeständiges Werkdruck-papier gedruckt und von der Buchbinderei Nädele in Nehren gebunden.

e-ISBN PDF 978-3-16-151445-6

Meinen Eltern

Vorwort

Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2010 von der Juristi-schen Fakultät der Universität Potsdam als Dissertationsschrift angenom-men. Die Disputation fand am 17. November 2010 statt. Die Arbeit ist während meiner Beschäftigung bei Frau Prof. Dr. Marianne Andrae am Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Internationales Privat- und Verfahrens-recht sowie Rechtsvergleichung entstanden.

Mein besonderer Dank gilt zunächst Frau Prof. Dr. Andrae, die diese Arbeit betreute und das Gelingen in jeder Phase förderte. Auch möchte ich mich für das Vertrauen bedanken, das sie mir als wissenschaftliche Mitar-beiterin an ihrem Lehrstuhl entgegenbrachte. Vor allem aber durfte ich an ihrem Lehrstuhl eine ganz wunderbare Zeit verbringen, die ich in steter Erinnerung behalten werde. Ebenfalls danke ich Frau Prof. Dr. Dorothea Assmann für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens.

Herzlich bedanken möchte ich mich auch bei Prof. Dr. Maja Stanivukovi�, Prof. Dr. Olga Cveji�-Jan�i�, Prof. Dr. Gordana Kova�ek-Stani�, ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie dem Bibliotheks-team der Juristischen Fakultät der Universität Novi Sad. Sie haben durch ihre Gastfreundlichkeit und Hilfe maßgeblich zum Gelingen der Arbeit beigetragen.

Den Herausgebern und insbesondere Herrn Prof. Dr. Jürgen Basedow bin ich für die Aufnahme der Arbeit in diese Schriftenreiche verbunden.

Bei der Überarbeitung des Manuskripts haben meinen fleißigen und kri-tischen Korrekturleserinnen, meine Schwestern Mirsada Al-Shahabi und Yasmin Abbas, einen ganz wichtigen Beitrag geleistet, den ich an dieser Stelle nochmals anerkennen möchte.

Bei Karina Messerman möchte ich mich für die hilfreiche Unterstützung bei allen technischen Fragen bedanken.

Zu danken habe ich aber vor allem meinen liebe- und verständnisvollen Eltern. Sie haben mir das Studium ermöglicht und mir durch ihre morali-sche Unterstützung stets den Rücken gestärkt. Ohne sie stünde ich nicht, wo ich jetzt stehe. Ihnen ist diese Arbeit gewidmet.

Berlin, im März 2011 Raya Abbas

Inhaltsübersicht

Vorwort ................................................................................................ VII�Inhaltsverzeichnis ................................................................................. IXI�Abkürzungsverzeichnis ....................................................................... XVII

Einleitung ................................................................................................. 1

Erster Teil: Kurzüberblick über die Geschichte des Staates Jugoslawien .............................................................................................. 3

Zweiter Teil: Das materielle Güterrecht in Serbien unter Berücksichtigung der familienrechtlichen Entwicklungen vor und nach dem Zerfall der SFRJ ........................................................................ 6

§ 1 Das Familienrecht in der SFRJ ........................................................ 6 § 2 Familienrechtliche Entwicklungen nach dem Zerfall der

SFRJ ............................................................................................ 12 § 3 Das Recht der nichtehelichen Lebensgemeinschaft –

vanbra�na zajednica ..................................................................... 23 § 4 Die Vermögensbeziehungen der Ehegatten und nichtehelichen

Partner ......................................................................................... 50

Dritter Teil: Das Internationale Güterrecht ............................................ 160

§ 1 Das Internationale Privatrecht im ehemaligen Jugoslawien ......... 160 § 2 Die Regelung des Internationalen Privatrechts nach dem

Zerfall der SFRJ ......................................................................... 162 § 3 Das IPRG der Republik Serbien .................................................. 164

Vierter Teil: Die Staatensukzession im IPR ........................................... 207

§ 1 Das Staatsangehörigkeitsrecht vor und nach dem Zerfall der SFRJ .......................................................................................... 207

§ 2 Der Begriff der Staatensukzession .............................................. 235 § 3 Die Behandlung der Staatensukzession im IPR ........................... 238 § 4 Zusammenfassende Schlussbetrachtung ...................................... 257

X Inhaltsübersicht

Fünfter Teil: Gesamtergebnis ................................................................ 260

Anhang I: Auszug aus dem Familiengesetz der Republik Serbien vom 24.02.2005 .................................................................................... 262

Anhang II: Auszug aus dem Gesetz über die Regelung der Kollisionen der Gesetze mit den Vorschriften anderer Staaten bei bestimmten Verhältnissen vom 15.07.1982 ........................................... 270

Literaturverzeichnis .............................................................................. 275 Sachregister .......................................................................................... 293

Inhaltsverzeichnis

Vorwort ................................................................................................ VII�Inhaltsübersicht ....................................................................................... IX�Abkürzungsverzeichnis ....................................................................... XVII�

Einleitung ............................................................................................... 1�

Erster Teil: Kurzüberblick über die Geschichte des Staates Jugoslawien ........................................................................................... 3�

Zweiter Teil: Das materielle Güterrecht in Serbien unter Berücksichtigung der familienrechtlichen Entwicklungen vor und nach dem Zerfall der SFRJ .................................................. 6�

§ 1 Das Familienrecht in der SFRJ ........................................................... 6�

§ 2 Familienrechtliche Entwicklungen nach dem Zerfall der SFRJ .......... 12�

A. Slowenien .......................................................................................... 12�B. Kroatien ............................................................................................. 13�C. Bosnien und Herzegowina .................................................................. 14�D. Mazedonien ........................................................................................ 17�E. Montenegro ........................................................................................ 17�F. Serbien ............................................................................................... 18�G. Kosovo ............................................................................................... 20�

§ 3 Das Recht der nichtehelichen Lebensgemeinschaft – vanbra�na zajednica .......................................................................................... 23�

A. Voraussetzungen für das Bestehen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft ........................................................................... 25�I. Geschlechtsverschiedenheit der nichtehelichen Partner ................... 26�

XII Inhaltsverzeichnis

II. Dauerhafte Lebensgemeinschaft ..................................................... 26�1. Lebensgemeinschaft ................................................................... 27�2. Dauerhaftigkeit .......................................................................... 30�

III. Keine Ehehindernisse ................................................................... 34�1. Bestehende Ehe (Art. 17)............................................................ 35�2. Urteilsunfähigkeit (Art. 18) ........................................................ 37�3. Blutsverwandtschaft (Art. 19)..................................................... 38�4. Adoptivverwandtschaft (Art. 20) ................................................ 38�5. Verwandtschaft durch Schwägerschaft (Art. 21) ......................... 39�6. Vormundschaft (Art. 22) ............................................................ 39�7. Minderjährigkeit (Art. 23) .......................................................... 40�8. Willensfreiheit (Art. 24) ............................................................. 41�

a) Irrtum über die Person ........................................................... 42�b) Irrtum über eine wesentliche Eigenschaft ............................... 43�

B. Folgen bei Nichtvorliegen der in Art. 4 Abs. 1 genannten Voraussetzungen ................................................................................ 46�

C. Wirkungen der nichtehelichen Lebensgemeinschaft ............................ 48�

§ 4 Die Vermögensbeziehungen der Ehegatten und nichtehelichen Partner ............................................................................................. 50�

A. Der gesetzliche Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft ............ 50�I. Sondervermögen ............................................................................. 51�

1. Zusammensetzung des Sondervermögens ................................... 51�a) Vor der Eheschließung erworbenes Vermögen ....................... 52�b) Während der Dauer der Ehe erworbenes Vermögen ............... 53�c) Verbindlichkeiten .................................................................. 60�

2. Verwaltung und Verfügung ........................................................ 61�3. Vergrößerung des Werts des Sondervermögens .......................... 62�

II. Gemeinsames Vermögen ................................................................ 65�1. Voraussetzungen für die Bildung von gemeinsamem

Vermögen .................................................................................. 65�a) Ehe ........................................................................................ 65�b) Arbeit der Ehegatten .............................................................. 66�c) Eheliche Lebensgemeinschaft ................................................ 67�

2. Zusammensetzung des gemeinsamen Vermögens ....................... 69�a) Arbeitsentgelt ........................................................................ 70�b) Früchte und Erträge ............................................................... 71�c) Surrogation ............................................................................ 72�d) Altersversorgung und Versicherungsleistungen ..................... 73�e) Finanzierungshilfen ............................................................... 76�f) Vertrag über lebenslangen Unterhalt – ugovor o

doživotnom izdržavanju......................................................... 78�

Inhaltsverzeichnis XIII

g) Schadensersatzansprüche ....................................................... 80�h) Wohnungskauf aufgrund des Art. 16 Wohngesetz –

otkup stanova ........................................................................ 80�i) Unternehmen .......................................................................... 83�j) Spielgewinne .......................................................................... 85�k) Nutzung des Rechts am geistigen Eigentum ........................... 86�l) Verbindlichkeiten ................................................................... 88�

3. Rechtliche Natur des gemeinsamen Vermögens .......................... 89�4. Publizität .................................................................................... 90�5. Verwaltung und Verfügung ........................................................ 91�

a) Rechtsfolgen eines nicht den Anforderungen des Art. 174 Abs. 1 genügenden Rechtsgeschäfts ......................... 94�

b) Geschäfte der regelmäßigen Verwaltung .............................. 100�c) Vertrag über die Verwaltung und Verfügung ....................... 102�d) Zusammenfassende Schlussbetrachtung ............................... 106�

6. Haftung für Verbindlichkeiten .................................................. 107�a) Haftung für eigene Verbindlichkeiten .................................. 107�b) Haftung für gemeinsame Verbindlichkeiten ......................... 108�c) Die Haftung in der deutschen Gütergemeinschaft ................. 115�

7. Die Teilung des gemeinsamen Vermögens ............................... 117�a) Zeitpunkt der Teilung .......................................................... 117�b) Einvernehmliche Teilung ..................................................... 118�c) Gerichtliche Teilung ............................................................ 121�

aa) Ermittlung des Umfangs des gemeinsamen Vermögens .................................................................... 122�

bb) Festsetzung der Anteile ................................................. 125�(1) Vermutung der gleichen Anteile ................................ 125�(2) Widerlegbarkeit der Vermutung ................................. 127�

cc) Verteilung der Güter ...................................................... 131�d) Die Auseinandersetzung des Gesamtguts nach den

§§ 1475 ff. ........................................................................... 135�e) Der Zugewinnausgleich nach den §§ 1371 ff. ....................... 139�f) Zusammenfassende Schlussbetrachtung ............................... 147�

B. Ehevertragsfreiheit ........................................................................... 148�I. Gegenstand und Inhalt des Ehevertrages ........................................ 149�II. Form und Abschluss des Ehevertrages ......................................... 153�III. Eintragung .................................................................................. 156�

C. Zusammenfassung ............................................................................ 157

XIV Inhaltsverzeichnis

Dritter Teil: Das Internationale Güterrecht ................................. 160�

§ 1 Das Internationale Privatrecht im ehemaligen Jugoslawien ............ 160�

§ 2 Die Regelung des Internationalen Privatrechts nach dem Zerfall der SFRJ ............................................................................. 162�

§ 3 Das IPRG der Republik Serbien ...................................................... 164�

A. Güterrechtsstatut .............................................................................. 166�I. Wandelbarkeit der Anknüpfung ..................................................... 166�II. Einheit des Güterrechtsstatuts ...................................................... 169�III. Anknüpfungen ............................................................................ 169�

1. Staatsangehörigkeit .................................................................. 170�a) Mehrstaater .......................................................................... 170�b) Staatenlose, Personen mit nicht feststellbarer

Staatsangehörigkeit und Flüchtlinge .................................... 173�2. Wohnsitz bzw. letzter gemeinsamer Wohnsitz –

prebivalište .............................................................................. 174�3. Hilfsweise Anwendung serbischen Rechts ................................ 177�

IV. Vorfrage des Bestehens einer Ehe ............................................... 178�1. Sachliche Voraussetzungen der Eheschließung ......................... 179�2. Formstatut ................................................................................ 181�

V. Anwendungsbereich des Art. 36 IPRG ......................................... 183�VI. Allgemeine Fragen des IPR ........................................................ 184�

1. Ordre public – javni poredak .................................................... 184�2. Fraus legis – izigravanje zakona ............................................... 184�3. Renvoi – uzvra�anje i preupu�ivanje ........................................ 185�4. Qualifikation – kvalifikacija ..................................................... 188�5. Mehrrechtsstaaten – nejedinstveni pravni poredak .................... 190�

VII. Die vertraglichen Vermögensbeziehungen der Ehegatten und Rechtswahl ......................................................................... 191�

B. Nichteheliche Lebensgemeinschaft (Art. 39 IPRG) ........................... 195�I. Anknüpfungen ............................................................................... 195�II. Bestehen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft ...................... 197�III. Anwendungsbereich.................................................................... 197�IV. Die nichteheliche Lebensgemeinschaft im deutschen IPR ........... 198�

1. Qualifikation ............................................................................ 198�2. Begründung der nichtehelichen Lebenspartnerschaft ................ 201�3. Innen-, insbesondere Vermögensbeziehungen........................... 202�

C. Eingetragene Lebenspartnerschaft .................................................... 205�D. Zusammenfassende Schlussbetrachtung ........................................... 205�

Inhaltsverzeichnis XV

Vierter Teil: Die Staatensukzession im IPR ................................ 207�

§ 1 Das Staatsangehörigkeitsrecht vor und nach dem Zerfall der SFRJ ............................................................................................... 207�

A. Das jugoslawische Staatsangehörigkeitsrecht bis zur Unabhängigkeit der Teilrepubliken ................................................... 208�

B. Das Staatsangehörigkeitsrecht nach 1991 ......................................... 213�I. Die Staatsangehörigkeitsgesetze der Staaten Slowenien,

Kroatien, Mazedonien und BiH .................................................... 214�1. Automatischer Wechsel aufgrund Republikzugehörigkeit ......... 215�2. Erwerb durch andere Republikzugehörige der

ehemaligen SFRJ ..................................................................... 216�3. Staatsangehörigkeitsrechtliche Besonderheiten in BiH ............. 218�

II. Das Staatsangehörigkeitsrecht in der FRJ ..................................... 221�III. Das Staatsangehörigkeitsrecht der Staatengemeinschaft

Serbien und Montenegro (Državna zajednica Srbija i Crna Gora) ................................................................................. 223�

IV. Das Staatsangehörigkeitsrecht Serbiens nach Auflösung der Staatengemeinschaft ............................................................. 226�

V. Das Staatsangehörigkeitsrecht Montenegros nach Auflösung der Staatengemeinschaft .............................................. 228�

VI. Das Staatsangehörigkeitsrecht im Kosovo .................................. 229�C. Zusammenfassung ............................................................................ 234�

§ 2 Der Begriff der Staatensukzession ................................................... 235�

A. Völkerrechtlicher Begriff ................................................................. 236�B. Internationalprivatrechtlicher Begriff ............................................... 237�

§ 3 Die Behandlung der Staatensukzession im IPR ................................ 238�

A. Auftreten des Anwendungskonflikts ................................................. 239�B. Maßgebliche Rechtsordnung bei Wandelbarkeit des Statuts .............. 239�

I. Beachtung intertemporalen Rechts ................................................ 240�II. Besonderheiten bei der Anwendung des Art. 14 Abs. 1

EGBGB ........................................................................................ 242�1. Staatenzerfall ........................................................................... 242�2. Staatenabspaltung ..................................................................... 244�

C. Maßgebliche Rechtsordnung bei Unwandelbarkeit des Statuts .......... 245�I. Verweisungsrichtung bei Staatenzerfall ......................................... 245�

1. Lösungsansätze ........................................................................ 246�2. Stellungnahme .......................................................................... 249�

a) Problembehandlung aus Sicht der Nachfolgestaaten ............. 250�

XVI Inhaltsverzeichnis

b) Anwendung des Rechts des zerfallenen Gesamtstaates......... 250�c) Anknüpfung an die neue Staatsangehörigkeit ....................... 252�d) Ausweichen auf den gewöhnlichen Aufenthalt ..................... 252�e) Verschiebung des maßgeblichen Zeitpunkts ......................... 253�f) Analoge Anwendung des Art. 4 Abs. 3 S. 2 EGBGB ............ 253�

3. Übertragung der Grundsätze auf ehemalige Einheitsstaaten ......................................................................... 255�

II. Verweisungsrichtung bei Staatenabspaltung ................................. 256�

§ 4 Zusammenfassende Schlussbetrachtung ........................................... 257�

Fünfter Teil: Gesamtergebnis ......................................................... 260�

Anhang I:�Auszug aus dem Familiengesetz der Republik Serbien vom 24.02.2005 ................................................................. 262�

Anhang II: Auszug aus dem Gesetz über die Regelung der Kollisionen der Gesetze mit den Vorschriften anderer Staaten bei bestimmten Verhältnissen vom 15.07.1982 ............ 270�

Literaturverzeichnis .............................................................................. 275�Sachregister .......................................................................................... 293�

Abkürzungsverzeichnis

a.A. andere Auffassung aaO am angegebenen Ort Abl. EU Amtsblatt der Europäischen Union Abs. Absatz AcP Archiv für die civilistische Praxis AdV Archiv des Völkerrechts a.F. alte Fassung AG Amtsgericht Alt. Alternative AmJCompL The American Journal of Comparative Law Anh. Anhang Anm. Anmerkung AnwK-BGB Anwaltkommentar BGB Art. (Artt.) Artikel Aufl. Auflage Az. Aktenzeichen BayObLG Bayerisches Oberstes Landesgericht BayObLGZ Entscheidungen des Bayerischen Obersten

Landesgerichts in Zivilsachen BerDGesVR Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht BGB Bürgerliches Gesetzbuch vom 18.08.1896 BGBl. Bundesgesetzblatt BGH Bundesgerichtshof BGHZ Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in

Zivilsachen BiH Bosna i Hercegovina BSG Bundessozialgericht BT-Drucks. Bundestagsdrucksache BVerfG Bundesverfassungsgericht BWNotZ Zeitschrift für das Notariat in Baden-Württemberg bzw. beziehungsweise ca. circa DAR Deutsches Autorecht ders. (dies.) derselbe d.h. das heißt DIP Droit international privé DNotZ Deutsche Notar-Zeitschrift

XVIII Abkürzungsverzeichnis

EGBGB Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche vom 18.08.1896

EheFamG Gesetz über die Ehe und Familienbeziehungen EheG Ehegesetz EheR Eherecht Einl. Einleitung EU Europäische Union EULEX European Union Rule of Law Mission in Kosovo f. folgende FamFR Familien- und Familienverfahrensrecht FamG Familiengesetz FamG Br�ko Familiengesetz des Distrikts Br�ko FamG FBiH Familiengesetz der Föderation Bosnien und

Herzegowina FamG RS Familiengesetz der Serbischen Republik FamR Familienrecht FamRB Der Familien-Rechtsberater FamRZ Zeitschrift für das gesamte Familienrecht FAZ Frankfurter Allgemeine Zeitung FBiH Föderation Bosnien und Herzegowina FEVS Fürsorgerechtliche Entscheidungen der Verwaltungs-

und Sozialgerichte Fn. Fußnote FNRJ Federativna Narodna Republika Jugoslavija FPR Familie Partnerschaft Recht Frankfurt a.M. Frankfurt am Main FRJ Föderative Republik Jugoslawien FS Festschrift FuR Familie und Recht gem. gemäß grds. grundsätzlich hrsg. herausgegeben h.M. herrschende Meinung HS. Halbsatz HuV Humanitäres Völkerrecht i.d.F. in der Fassung IFR Internationales Familienrecht IGH Internationaler Gerichtshof ILM International Legal Materials ILR Interlokales Recht ILRG Gesetz über Interlokales Recht IPR Internationales Privatrecht IPRax Praxis des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts IPRG Gesetz über Internationales Privatrecht IPRspr. Die deutsche Rechtsprechung auf dem Gebiete des

Internationalen Privatrechts

Abkürzungsverzeichnis XIX

i.S.d. im Sinne des i.S.v. im Sinne von i.V.m. in Verbindung mit IZVR Internationales Zivilverfahrensrecht JA Juristische Arbeitsblätter JDI Journal du droit international JOR Jahrbuch für Ostrecht JÖR Jahrbuch für ausländisches und internationales

öffentliches Recht jurisPK-BGB juris Praxiskommentar BGB JuS Juristische Schulung JZ Juristenzeitung KG Kammergericht KStAG Kroatisches Staatsangehörigkeitsgesetz LG Landgericht lit. littera LMK Lindenmaier-Möhring – Kommentierte BGH-

Rechtsprechung MDR Monatsschrift für Deutsches Recht MittBayNot Mitteilungen des Bayerischen Notarvereins, der

Notarkasse und der Landesnotarkammer Bayern MittRhNotk Mitteilungen der Rheinischen Notarkammer MnStAG Montenegrinisches Staatsangehörigkeitsgesetz MPP Me�unarodno privatno pravo MStAG Mazedonisches Staatsangehörigkeitsgesetz MüKo Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch m.w.N. mit weiteren Nachweisen Narodne novine RH Amtsblatt der Republik Kroatien NATO North Atlantic Treaty Organization neLG nichteheliche Lebensgemeinschaft n.F. neue Fassung NJ Neue Justiz NJW Neue Juristische Wochenschrift NJW-RR Neue Juristische Wochenschrift Rechtsprechungs-

Report Zivilrecht Nr. Nummer OER Osteuropa-Recht OGH Oberster Gerichtshof Österreichs OLG Oberlandesgericht ÖStAZ Österreichisches Standesamt OVG Oberverwaltungsgericht PIL Private International Law RabelsZ Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales

Privatrecht

XX Abkürzungsverzeichnis

Rev. crit. DIP Revue critique de droit international privé RG Reichsgericht RM Republik Mazedonien Rn. Randnummer ROW Recht in Ost und West Rpfleger Der Deutsche Rechtspfleger RS Republika Srpska RSl Republik Slowenien S. Satz, Seite SFRJ Socijalisti�ka Federativna Republika Jugoslavija SlStAG Slowenisches Staatsangehörigkeitsgesetz Služben vesnik na RM Amtsblatt der Republik Mazedonien Službene novine FBiH Amtsblatt der Föderation Bosnien und Herzegowina Službeni glasnik BDBiH Amtsblatt des Distrikts Br�ko Bosnien und

Herzegowina Službeni glasnik RS Amtsblatt der Republik Serbien Službeni glasnik SRS Amtsblatt der Sozialistischen Republik Serbien Službeni list BiH Amtsblatt Bosnien und Herzegowina Službeni list CG Amtsblatt Montenegro Službeni list FNRJ Amtsblatt der Föderativen Volksrepublik Jugoslawien Službeni list RCG Amtsblatt der Republik Montenegro Službeni list SAP Kosova Amtsblatt der Sozialistischen Autonomen Provinz

Kosovo Službeni list SCG Amtsblatt der Staatengemeinschaft Serbien und

Montenegro Službeni list SFRJ Amtsblatt der Sozialistischen Föderativen Republik

Jugoslawien Službeni list SRBiH Amtsblatt der Sozialistischen Republik Bosnien und

Herzegowina Službeni list SRCG Amtsblatt der Sozialistischen Republik Montenegro Službeni list SRJ Amtsblatt der Föderativen Republik Jugoslawien sog. sogenannt SRJ Savezna Republika Jugoslavia (Föderative Republik

Jugoslawien) SRSG Special Representative of the UN Secretary-General SStAG Serbisches Staatsangehörigkeitsgesetz StAG Staatsangehörigkeitsgesetz StAG BiH Staatsangehörigkeitsgesetz Bosnien und Herzegowina StAG FRJ Staatsangehörigkeitsgesetz der Föderativen Republik

Jugoslawien StAR Staatsangehörigkeitsrecht StAZ Das Standesamt, Zeitschrift für Standesamtswesen,

Familienrecht, Staatsangehörigkeitsrecht, Personenstandsrecht, internationales Privatrecht des In- und Auslands

u.a. unter anderem UN United Nations

Abkürzungsverzeichnis XXI

UNMIK United Nations Interim Administration Mission in Kosovo

Uradni list RS Amtsblatt der Republik Slowenien Uradni list SRS Amtsblatt der Sozialistischen Republik Slowenien VGH Verwaltungsgerichtshof vgl. vergleiche VSS Vrhovni sud Srbije VSV Vrhovni sud Vojvodine WGO – MfOR WGO – Monatshefte für Osteuropäisches Recht WiRO Wirtschaft und Recht in Osteuropa ZaöRV Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und

Völkerrecht z.B. zum Beispiel ZfRV Zeitschrift für Europarecht, Internationales Privatrecht

und Rechtsvergleichung zit. zitiert ZMPP Zakon o me�unarodnom privatnom pravu ZNotP Zeitschrift für die Notarpraxis ZRSZ Zakon o rešavanju sukoba zakona ZVglRWiss Zeitschrift für Vergleichende Rechtswissenschaft ZZP Zeitschrift für Zivilprozess

Einleitung

Der Zerfall der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien führte zur Bildung neuer und souveräner Staaten. Der Jugoslawien-Krieg und die ihm folgenden Bürgerkriege waren und sind von politischer Brisanz; geo-graphisch und historisch haben sie die Weltkarte neu gestaltet und, wie viele andere Kriege auch, einen völkischen Flickenteppich hinterlassen.

Das Auseinanderfallen des jugoslawischen Bundesstaates ist aber nicht nur politisch bedeutsam. Die Unabhängigkeit der Teilrepubliken hat auch die Entstehung neuer Rechtsordnungen zur Folge. Neben Änderungen im Internationalen Privatrecht zeichnen sich auch gerade im familienrechtli-chen Bereich Neuentwicklungen ab; so hat die Mehrheit der jugoslawi-schen Nachfolgestaaten auf dem Gebiet des Familienrechts bereits Geset-zesreformen durchgeführt. Dem politischen Wandel folgt damit weitestge-hend auch ein rechtlicher Wandel.

Anliegen der Arbeit ist es, diesen Wandel aufzuzeigen und einen Über-blick über das Ehegüterrecht Serbiens als jugoslawischen Nachfolgestaat zu geben.

Dieser Teil des Eherechts soll gerade deshalb aufgegriffen werden, weil er für die gerichtliche Praxis von erheblicher Bedeutung ist.

In Deutschland wird mittlerweile etwa jede dritte Ehe geschieden1, wo-raus sich weitreichende Folgeprobleme ergeben. Neben Sorgerechtsstrei-tigkeiten stehen güterrechtliche Aspekte im Mittelpunkt. Komplizierter wird die Klärung solcher Fragen, wenn ein Sachverhalt mit Auslandsbezug gegeben ist. Dies ist angesichts der Zahl der in Deutschland lebenden Aus-länder keine Seltenheit mehr. Trotz leichten Rückgangs hat sich insbeson-dere die Zahl der Menschen aus dem ehemaligen Serbien und Montenegro bzw. aus dessen Nachfolgestaaten erhöht. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes leben 6,69 Millionen Personen mit ausländischer Staatsange-hörigkeit in Deutschland. Mit 25% ist der Anteil türkischer Staatsbürger am größten, Serbien und Montenegro einschließlich der Nachfolgestaaten folgen mit zusammen sechs Prozent nach Italien an dritter Stelle2. Damit

1 http://www.destatis.de. – Bevölkerung, Eheschließungen und Ehescheidungen. 2 Siehe Pressemitteilung des Statistischen Bundesamtes Deutschland Nr. 076 vom

04.03.2010 sowie Pressemitteilung Nr. 248 vom 14.07.2010. Abrufbar unter http://www. destatis.de.

2 Einleitung

stellen die Serben im Vergleich zu anderen Ausländergruppen eine relativ starke Minderheit dar. Gerade in familienrechtlichen Angelegenheiten, bei denen kollisionsrechtlich noch immer das Staatsangehörigkeitsprinzip vor-herrscht, ist die Wahrscheinlichkeit, dass deutsche Gerichte serbisches Recht anwenden müssen, groß. Dies rechtfertigt eine genauere Auseinan-dersetzung mit dem serbischen Eherecht, insbesondere dem Güterrecht sowie dem dazu gehörenden Teil des Internationalen Privatrechts. Der Zer-fall Jugoslawiens verstärkt dieses Erfordernis, beziehen sich die bisherigen Veröffentlichungen doch hauptsächlich noch auf das jugoslawische Fami-lienrecht bzw. auf das jugoslawische internationale Privatrecht, das in wei-ten Teilen nicht mehr existiert. Um einen länderübergreifenden Überblick zu verschaffen, erfolgt die Behandlung der ausgewählten Themenbereiche unter Bezugnahme der rechtlichen Veränderungen in den anderen Nach-folgestaaten. Nach einer kurzen Darstellung der Geschichte des Staates Jugoslawien sollen die familienrechtlichen Neuentwicklungen in den Nachfolgestaaten, einschließlich des Kosovo, aufgezeigt werden. Im Fol-genden werden das materielle serbische Güterrecht und der dazugehörige kollisionsrechtliche Teil behandelt, wobei auch auf die nichteheliche Le-bensgemeinschaft einzugehen sein wird. Der letzte Teil der Arbeit befasst sich mit der Staatensukzession im Internationalen Privatrecht. Praktische Relevanz hat diese Problematik bei der Bestimmung des Güterstatuts ehe-maliger jugoslawischer Staatsangehöriger erlangt. In diesem Zusammen-hang wird insbesondere die staatsangehörigkeitsrechtliche Rechtslage dar-zustellen sein, die auch im Hinblick auf das im Internationalen Familien-recht regierende Staatsangehörigkeitsprinzip von Bedeutung ist und somit insgesamt einem praktischen Bedürfnis Rechnung getragen.

Erster Teil

Kurzüberblick über die Geschichte des Staates Jugoslawien

Erster Teil: Kurzüberblick über die Geschichte

Jugoslawien zeichnete sich vornehmlich durch seine divergierenden Ten-denzen im Zusammenleben der Balkanvölker aus. Das Ineinandergreifen von Sprachen, Schriften, Kulturen und Religionen prägten das ehemalige Jugoslawien wie kaum ein anderes Land. Sowohl Serbien als auch die an-deren Nachfolgestaaten werden trotz des nunmehr fast 20 Jahre zurücklie-genden Auseinanderbrechens der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien immer noch mit dem Namen Jugoslawien in Verbindung ge-bracht. Jugoslawien war ein Staat mit wechselnder Gestalt und Benennung. Mit dem Ziel, die südslawischen Völker zu vereinigen und Frieden in die instabile Region zu bringen, wurde nach dem Ersten Weltkrieg am 01.12.1918 die Gründung des „Königreichs der Serben, Kroaten und Slo-wenen“ proklamiert3. Nach über zehn Jahren wurde der Staat im Oktober 1929 unter Einschluss von Minderheitsgruppen in Jugoslawien, in wörtli-cher Übersetzung Südslawien, unbenannt4. 1945 wurde die Monarchie ab-geschafft und die „Föderative Volksrepublik Jugoslawien“ (Federativna Narodna Republika Jugoslavija (FNRJ)), bestehend aus den sechs Teilre-publiken Slowenien, Kroatien, Bosnien und Herzegowina5, Montenegro, Mazedonien und Serbien, ausgerufen6. Damit einher ging die nach dem Vorbild der UdSSR gestaltete Verfassung von 19467. Die jugoslawischen Kommunisten empfanden den Sowjetsozialismus schon bald als zu staats-zentriert und distanzierten sich von der Sowjetunion und dem Ostblock8.

3 Zum Staatsgründungsprozess Sundhaussen, Geschichte Jugoslawiens, S. 34–41. 4 Näheres hierzu bei Sundhaussen, aaO, S. 77 ff. 5 Für Bosnien und Herzegowina wird im Folgenden die Abkürzung BiH verwendet,

die für Bosna i Hercegovina steht. 6 Vgl. Die Gesetzgebung der Sozialistischen Staaten/Roggemann, Länderteil Jugosla-

wien, 1.0.0, S. 4. 7 „Ustav Federativne Narodne Republike Jugoslavije“, Službeni list FNRJ, Nr.

10/1946; deutsche Übersetzung von Schultz, JÖR 1958, S. 321–334. 8 Siehe zum Bruch mit Moskau und sog. Titoismus Bartl, Grundzüge der jugoslawi-

schen Geschichte, S. 149 ff.

4 Erster Teil: Kurzüberblick über die Geschichte

Der Bruch mit Moskau führte zum Verfassungsgesetz von 19539, das den Dezentralisierungsgedanken aufgriff, indem sie den Teilrepubliken echte Kompetenzen verlieh10. Mit der Verfassung von 196311 wurde der Staat schließlich in die „Sozialistische Föderative Republik Jugoslawien“ (Socijalisti�ka Federativna Republika Jugoslavija (SFRJ)) umbenannt. Die damit verbundene verfassungsrechtliche Stärkung der Gliedstaaten wurde in drei einschneidenden Verfassungsergänzungen in den Jahren 196712, 196813 und 197114 verfestigt und erweitert. Diese Ergänzungen haben in der Folge in der umfassenden Neuverfassung von 197415 ihren Ausdruck gefunden und die Rechtsstellung des Bundes erheblich reduziert. Die Neu-verfassung bezeichnete die Republiken als Staaten und sprach den auto-nomen Provinzen Vojvodina und Kosovo-Metohija16 erstmals staatsähnli-che Qualität zu, vgl. Artt. 1, 3 sowie Art. 4 der Verfassung von 1974. Die Teilrepubliken hatten die Gesetzgebungskompetenz auf Gebieten, die in der Regel nur ausnahmsweise nicht in die Zuständigkeit des Bundes fal-len17. Die SFRJ ging somit vom Einheitsrecht zur Rechtsspaltung über. Die Föderalisierung war damit nicht nur wirtschaftlich, sondern auch im recht-lichen Bereich so weit fortgeschritten, dass die Frage gestellt worden ist, ob die Grenze zwischen Föderation und Konföderation nicht schon über-schritten sei18.

Die Berechtigung der Existenz des jugoslawischen Bundesstaates wurde mit einer Verfassungsänderung des slowenischen Parlaments vom 27.09.1989 zum ersten Mal offenkundig in Frage gestellt. Beschlossen wurde die Aufnahme eines Zessionsrechts der Republik Slowenien vom

9 Službeni list FNRJ, Nr. 3/1953. Deutsche Übersetzung von Schultz, JÖR 1958,

S. 335–351. 10 Schultz, JÖR 1958, S. 289–320 (305 ff.). 11 „Ustav Socijalisti�ke Federativne Republike Jugoslavije“, Službeni list SFRJ, Nr.

14/1963. Deutsche Übersetzung von Krbek, JÖR 1964, S. 284–324 mit Kommentierung (S. 243–283).

12 „Odluka o proglašenju Ustavnih amandmana“, Službeni list SFRJ, Nr. 18/1967. 13 „Odluka o proglašenju Ustavnih amandmana“, Službeni list SFRJ, Nr. 55/1968. 14 „Ustavni amandmani XX do XLII“, Službeni list SFRJ, Nr. 29/1971. 15 „Ustav Socijalisti�ke Federativne Republike Jugoslavije“, Službeni list SFRJ, Nr.

9/1974; Verfassungsergänzungen I–VIII in Nr. 38/1981. Übersetzung von Höcker-Weyand, Die Verfassung der SFRJ, S. 105 ff.

16 Die offizielle serbische Bezeichnung für das Kosovo lautet „Kosovo und Metohija“. Gelegentlich wird hierfür die Abkürzung „Kosmet“ verwendet.

17 So Sajko, StAZ 1977, S. 93–99 (93). 18 Schultz, JOR 1974, S. 13–37 (15) spricht davon, dass „von einem Bundesstaat im

herkömmlichen westlichen Sinne“ nicht mehr die Rede sein kann; anders dagegen Roggemann, Die Verfassung der SFRJ, S. 32 f.

Erster Teil: Kurzüberblick über die Geschichte 5

Bundesstaat Jugoslawien19. Nach der Unabhängigkeitserklärung Sloweni-ens am 25.06.1991 erklärten auch Kroatien20 und Mazedonien 199121 ihre Unabhängigkeit, die Republik BiH folgte im Jahre 1992. Was letztlich zum Zerfall der SFRJ geführt hat, ist nicht abschließend geklärt. Die Gründe für das Auseinanderfallen der SFRJ dürften wohl genauso vielseitig und un-durchsichtig sein wie ihre Gründungsgeschichte selbst.

Die Auflösung eines Staates stellt sich dabei nicht nur als geschichtli-ches und politisches Ereignis dar; mit ihr gehen der Untergang eines Rechtssystems und damit verbundene unerwartete rechtliche Fragestellun-gen einher. Neben der völkerrechtlichen Bewertung der Desintegration22 und der Problematik des Selbstbestimmungsrechts der Völker23 war in die-sem Kontext die Frage nach der Staatsangehörigkeit von besonderer Rele-vanz. Verschärft hat sich die Problematik durch die Auflösung der Staa-tengemeinschaft Serbien und Montenegro, die aus der Föderativen Repub-lik Jugoslawien (Savezna Republika Jugoslavia)24 hervorgegangen ist, und der Loslösung des Kosovo von der Republik Serbien, das sich am 17.02.2008 für unabhängig erklärte25.

19 Deutsche Übersetzung der strittigen Amendements bei Pürner, JOR 1990, S. 271–

273. 20 Die Unabhängigkeitserklärungen Sloweniens und Kroatiens finden sich in Sloweni-

en – Kroatien – Serbien: Die neuen Verfassungen, S. 200 (Slowenien) sowie S. 278 (Kroatien).

21 Näheres zu Mazedonien nachzulesen bei Steinmann, Die Ehescheidung in der RM, S. 1 ff.

22 Siehe hierzu die Ausführungen von Kreuzer, Staatsangehörigkeit und Staatensuk-zession, S. 68–72 m.w.N.

23 Hierzu Weber, Der Jugoslawien-Konflikt und die Grenzen des Selbstbestimmungs-rechts der Völker, HuV 1993, S. 4–13.

24 Im Folgenden abgekürzt FRJ oder SRJ. 25 Unabhängigkeitserklärung in der FAZ vom 18.02.2008 (http://www.faz.net).

Zweiter Teil

Das materielle Güterrecht in Serbien unter Berücksichtigung der familienrechtlichen

Entwicklungen vor und nach dem Zerfall der SFRJ

§ 1 Das Familienrecht in der SFRJ § 1 Das Familienrecht in der SFRJ

In der SFRJ haben im Wesentlichen zwei zeitliche Phasen das Familien-recht geprägt, die Phase von 1945 (bzw. 1965) bis 1971 und die von 1971 bis zum Zerfall1.

Zunächst wurde das Familienrecht fast ausschließlich durch Bundesge-setze geregelt. Die jugoslawische Rechtslehre unterteilte das Familienrecht zunächst in drei und später in vier Gebiete: Das Eherecht, das Vormund-schaftsrecht, das Elternrecht, welches die Rechtsbeziehungen zwischen Eltern und (ehelichen, außerehelichen sowie adoptierten) Kindern regelte, und das Adoptionsrecht2. In der SFRJ existierte daher kein einheitliches Familiengesetzbuch, sondern mehrere familienrechtliche Gesetze, denen die vorbezeichnete systematische Differenzierung zugrunde lag. Auf dem gesamten Gebiet der SFRJ fanden demnach das Grundgesetz über die Ehe von 1946 i.d.F. von 19653, das Grundgesetz über die Rechtsbeziehungen zwischen Eltern und Kindern von 1947 i.d.F. von 19654, das Grundgesetz über die Adoption von 1947 i.d.F. von 19655 sowie das Grundgesetz über

1 Dies gilt im Wesentlichen auch für das Erbrecht. 2 Baki�, Arhiv za pravne i društvene nauke 1–2/1986, S. 235–260 (237). 3 „Osnovni zakon o braku“, Službeni list FNRJ, Nr. 29/1946. Zu Zeiten der FNRJ hat

das Gesetz zahlreiche Änderungen und Ergänzungen erfahren, hierzu Baki�, Porodi�no pravo u SFRJ, S. 16–17 m.w.N. Änderungen und Ergänzungen in Službeni list SFRJ, Nr. 12/1965; bereinigte Fassung in Službeni list SFRJ, Nr. 28/1965. Das Gesetz i.d.F. von 1965 findet sich in englischer Übersetzung bei Chloros, Yugoslav Civil Law, S. 213–230.

4 „Osnovni zakon o odnosima roditelja i dece“, Službeni list FNRJ, Nr. 104/1947; ge-ändert und ergänzt in Službeni list FNRJ, Nr. 53/1956, Službeni list SFRJ, Nr. 10/1965. Englische Übersetzung bei Chloros, aaO, S. 231–239.

5 „Osnovni zakon o usvojenju“, Službeni list FNRJ, Nr. 30/1947. 1952 wurde der Name des Gesetzes umgeändert in „Zakona o usvojenju“, Službeni list FNRJ, Nr. 24/1952; geändert und ergänzt in Službeni list SFRJ, Nr. 10/1965. Englische Über-setzung bei Chloros, aaO, S. 240–245.

§ 1 Das Familienrecht in der SFRJ 7

die Vormundschaft von 1947 bzw. von 19656 Anwendung7. Eine Beson-derheit galt allerdings im Bereich des Ehegüterrechts. Das Grundgesetz über die Ehe i.d.F. von 1965 enthielt lediglich grundlegende Bestimmun-gen über die vermögensrechtlichen Beziehungen der Ehegatten (vgl. Artt. 7–11) und überließ gem. Artt. 12 und 81 Abs. 2 die nähere Ausgestaltung dieser Rechtsmaterie den Republiken. Auf dieser Grundlage haben sich im Jahre 1950 alle Republiken Gesetze über die vermögensrechtlichen Bezie-hungen der Ehegatten gegeben8. Damit herrschte auf dem Gebiet des Fami-lienrechts teilweise Rechtsspaltung9.

Innerhalb der jugoslawischen Rechtswissenschaft gab es starke Stim-men, die für einen Abbau der Gesetzesvielfalt und für eine Kodifizierung des Familienrechts in einem Familiengesetzbuch plädierten10. Anlässlich dieser Diskussion wurde eine Kommission eingerichtet, die sich in der Zeit von 1966–1971 intensiv mit dieser Frage beschäftige11. Aufgrund der poli-tischen Neuorientierung, die vor allem eine Erweiterung der Kompetenzen der Republiken vorsah, wurde das Vorhaben jedoch aufgegeben12.

Im jugoslawischen sozialistischen Gesellschaftssystem wurde der Ehe und Familie besondere Aufmerksamkeit gewidmet und verfassungsmäßiger Schutz zugesprochen (Art. 58 Verfassung von 1963). Inhaltlich basierte das jugoslawische Familienrecht auf fünf tragenden Prinzipien: Die Wert-schätzung der Ehe als Fundament der Familie, zweitens die Erkenntnis, dass die Ehe eine säkulare Institution darstellt, die der Regelung und Aus-gestaltung durch den Staat bedarf (Institutionalität und Laizität), drittens die rechtliche und wirtschaftliche Gleichstellung der Ehegatten, viertens die Pflicht der Eltern, für das Wohl und die Erziehung ihrer Kinder zu sor-gen und schließlich die rechtliche Gleichbehandlung von unehelichen und ehelichen Kindern13. Lange Zeit galt die Ehe als eine weithin private An-gelegenheit, weitverbreitet war daher die kirchliche Trauung14. Durch die Einführung des Grundsatzes der Trennung von Staat und Religion (vgl.

6 „Osnovni zakon o starateljstvu“, Službeni list FNRJ, Nr. 30/1947. Neufassung des Gesetzes in Službeni list SFRJ, Nr. 16/1965. Englische Übersetzung bei Chloros, aaO, S. 246–258.

7 Sajko, StAZ 1977, S. 93–101 (93). 8 Enciklopedija imovinskog prava/Baki�/Popovi�, Bra�ni imovinski režim, S. 106 mit

Nachweisen zu den republikanischen Gesetzen. Siehe auch Steinmann, Die Ehescheidung in der RM, S. 13 f.

9 Die Republiken erließen zudem Ausführungsgesetze zu den oben genannten Geset-zen. Näheres über diese Gesetze nachzulesen bei Baki�, Porodi�no pravo u SFRJ, S. 21–22.

10 Begovi�, Anali Pravnog fakulteta u Beogradu 1961, S. 377–380 (380). 11 Baki�, Porodi�no pravo u SFRJ, S. 18. 12 Baki�, aaO, S. 18–19. 13 Chloros, Yugoslav Civil Law, S. 58. 14 Baki�, Porodi�no pravo u SFRJ, S. 76.