Medikamentöse Therapie der Osteoporose - eine unendliche ... · Die unendliche Geschichte der med....

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Medikamentöse Therapie der Osteoporose - eine unendliche Geschichte

Prof. Dr. Uwe Maus Universitätsklinik für Orthopädie und Unfallchirurgie

Pius-Hospital Oldenburg

Die unendliche Geschichte – der Beginn

• Postmenopausale Veränderungen führen zu gehäuftem Auftreten von bestimmten Symptomen • Hitzewallungen • Kardiovaskuläre Symptome • Veränderungen der Geschlechtsorgane • Osteoporose

Osteoporose

• Verringerung der Knochendichte • Verringerung der Knochenstruktur • Gehäuftes Auftreten von

Knochenbrüchen • Unterarm • Wirbelsäule • Hüfte • Becken

• Zunahme von Schmerzen und Einschränkungen im Alltag

Jakob F. et al. European Journal of Endocrinology (2012) 166 87–97

Calcitonin – der Knochen....nicht nur hormongesteuert

• Knochen ist das größte Kalziumreservoir des Menschen

• Zu geringe Kalziumein- oder aufnahme führt zu einer Gegenreaktion des Körpers

• Ansatz der Therapie mit Calcitonin • Hohe Nebenwirkungsrate:

• Allergie • Flush-Phänomen • Geringe Frakturreduktion

Die Menopause

• Durch die Hormonumstellung im Klimakterium können typische Beschwerden auftreten

• Beschwerden teilweise sehr ausgeprägt

• Risiko für Knochenbrüche steigt

Hormonersatztherapie

• Beginn in den 60‘er Jahren • Vorstellung des Hormondefizit-Syndroms

• “Feminine Forever“ propagierte die

Östrogeneinnahme

• 70‘er Jahre erster Rückschlag durch erhöhte Risiko für Endometriumkarzinom bei isolierter Östrogengabe

• Entwicklung von Therapien mit reduzierter Hormondosis und Progesteron führte zu geringem Risiko von Endometriumkarziomen

WHI-Studie

• Erste große randomisierte Studie • 16608 Frauen ohne Unterleibsoperation (A) • 10739 Frauen mit Hysterektomie (B)

• Entweder Kombinationstherapie

(Östrogen/Progesteron) oder Einzeltherapie (Östrogen) vs. Placebo

• Erstpublikation 2002 nach 5,2 Jahren follow-up

• Erhöhtes Auftreten von koronarer Herzerkrankung und Brustkrebs (A)

• Geringes Auftreten von osteoporotischen Frakturen und Colorectalen Karzinomen (A)

• Östrogenstudie publiziert 2004 • Studie nach 6,8 Jahren gestoppt • Gering erhöhtes Schlaganfallrisiko • Brustkrebsrisiko nicht erhöht,

Kardiovaskuläres Risiko nicht erhöht

WHI-Studie – Die Folgen

Erkrankung Risiko Brustkrebs Gesenkt/unverändert

Endometriumkarzinom Erhöht

Kardiovaskuläre Risiken Erhöht/unverändert

Knochenbrüche Erhöht/unverändert

Adaptiert nach Cagnacci A, Venier M. The controversial history of hormone replacement therapy. Medicina 2019, 55, 602

Veränderung der Inzidenz in der post WHI Ära

Hormonersatztherapie neu bewertet

• KHK • Günstiger Effekt, wenn innerhalb eine günstigen Zeitfensters begonnen wird • Innerhalb von 10 Jahren nach der Menopause, vor dem 60. Lj.

• Mammakarzinom

• Unter Östrogenmonotherapie kein Risikoanstieg für Inzidenz oder Mortalität über einen kumulativen Zeitraum von 16 Jahren • Bei Kombinationstherapie ist das Risiko in den ersten 5,6 Jahren nicht erhöht • Risikoerhöhung Gestagenabhängig, nicht Applikationsweg

• Thrombose und Embolie

• Risiko bei oraler Einnahme erhöht, transdermal nur niedrig bis nicht erhöht • Bei Kombinationstherapie abhängig von Wirkstoff

• Schlaganfall

• Risiko bei oraler Einnahme erhöht. Transdermal geringeres Risiko

• Osteoporose • Frakturrisiko wird gesenkt, bei Frauen mit früher Ovarialinsuffizienz oder früher Menopause kann die Hormonersatztherapie die

Knochendichte erhalten.

Fluor – gut für die Zähne! Bad to the bone?

• Fluor härtet den Zahnschmelz • Erhöht die Knochendichte stark • Daten zur Frakturreduzierung gering

Jahre später – anderes Medikament, gleicher Effekt?

• Strontiumranelat wurde täglich eingenommen

• Erhöhung der Knochendichte und Reduzierung von Frakturen

• Strontium wird ebenfalls im Knochenmineral eingelagert und konnte gemessen werden.

• Vermehrtes Auftreten von Kardiovaskulären Nebenwirkungen

• Nicht mehr erhältlich

Von Stefandiller, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=3483872

Was ist das?

Bisphosphonate – in der Industrie entdeckt

• Erste Synthese 1865

• Anwendung als Mittel gegen Kesselsteinbildung

• Hemmen Bildung und Auflösung von Kalziumphosphatkristallen

• Wirkung auf Osteoklasten • Hemmen Rekrutierung • Hemmen Adhäsion • Hemmen Aktivität • Erhöhen Apoptose

Bisphosphonate – binden unterschiedlich an Knochen

• Wirkstoffe haben unterschiedliche Knochenbindung

• “Haltbarkeit im Knochen vom Medikament abhängig

• Unterschiedlich lange Zeiträume zwischen der Einnahme oder Gabe möglich

Bisphosphonate – Unterschiede

Langzeitergebnisse auf die BMD Hüfte

Reid, I. R. (2015) Short-term and long-term effects of osteoporosis therapies Nat. Rev. Endocrinol. doi:10.1038/nrendo.2015.71.

Problem: Therapietreue noch zu gering

• Anteil der Patienten zu Beginn der Einnahme relativ hoch

• Nimmt dann aber schnell ab

• Die Einnahme ist eine „unendliche Geschichte“

• Medikamente wirken nur wenn sie • Ausreichend lang • Regelmäßig • Nach den Vorgaben

...eingenommen werden.

Denosumab – ein Antikörper gegen Knochenabbau

• Wirkt hemmend auf den Knochenabbau

• Lagert sich nicht im Knochen ein

• Subkutane Spritze alle 6 Monate

• Osteoklasten können sich nach der Therapie regenerieren

Ergebnisse LZ-Therapie mit Dmab

McClung MR et al. Observations following discontinuation of long-term denosumab therapy. Osteoporos Int. 2017 May;28(5):1723-1732.

Teriparatid – osteoanabole Therapie bei hohem Risiko

• Anfang der 2000‘er auf dem Markt • Bis 2019 nicht als „primäres“ Medikament • Jetzt Verwendung bei Patienten mit hohem Risiko

• Tägliche Injektion wirkt knochenaufbauend

Jiang Y., ASBMR 2002, Abstract 1041 Mikro-CT-Aufnahme/Knochenbiopsat einer Patientin aus der Zulassungsstudie* vor (links) und nach (rechts) 21-monatiger Behandlung mit 20 µg Teriparatid bei 1 × täglicher subkutaner Anwendung *Neer et al. NEJM 2001

BILANZ-Studie Vergleich des Frakturrisikos zwischen einer Weiterbehandlung mit Bisphosphonaten und

einer Therapiepause bei Osteoporosepatienten mit einer Bisphosphonat-Langzeittherapie

• Pfeilschifter, Steinebach, Rudolf, Trampisch

• 252 Kliniken und Praxen, 1651 Patienten • Telefoninterviews ca. 3, 6, 12, 18 und 24 Monate nach Beginn der

Beobachtung • Endpunkt: Zeit bis zur ersten MOF nach zwei Modellen:

– Abhängig von der Therapie zum Zeitpunkt des ersten Interviews (Therapiepause/BP-Therapie)

– Für unterschiedliche Zeiten seit Beginn einer Therapiepause als gleitender Durchschnitt über die zurückliegenden 12 Monate

• Medikamente – Alendronat häufigstes BP bei Vortherapie

*

Fazit

• Eine Therapie-Pause über mehr als 12 Monate führt zu einem Anstieg der Frakturrate bei Patienten mit prävalenter Fraktur

• Limitationen: – Keine Aussage zu einzelnen BPs möglich – Keine Aussage zu einer BP-Vortherapie von mehr als

10 Jahren möglich – Keine Aussage über Männer möglich – Keine Randomisierung 0

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Therapie Therapiepause

MOFs/1000 Patientenjahre

Die unendliche Geschichte der med. Osteoporosetherapie

Ernährung (Calcium und Vitamin D); Bewegung

frühe Menopause prämature Ovarialinsuffizienz erhöhtes Risiko unmittelbar nach den Wechseljahren

Hormonersatztherapie

bei erhöhtem Risiko keine Frakturen Ab 60/65 Jahren

SERM

Bei Frakturen Erhöhtem Risiko Unverträglichkeit Abnehmender Knochendichte

Bisphosphonat, Denosumab, Teriparatid

Therapieversagen Niereninsuffizienz Frakturen

Therapieoptionen bei Frauen

Die unendliche Geschichte der med. Osteoporosetherapie

Ernährung (Calcium und Vitamin D); Bewegung

frühe Menopause prämature Ovarialinsuffizienz erhöhtes Risiko unmittelbar nach den Wechseljahren

Hormonersatztherapie

bei erhöhtem Risiko keine Frakturen Ab 60/65 Jahren

SERM

Bei Frakturen Erhöhtem Risiko Unverträglichkeit Abnehmender Knochendichte

Bisphosphonat, Denosumab, Teriparatid

Therapieversagen Niereninsuffizienz Frakturen

Therapieoptionen bei Männern

Zusammenfassung

• Die „Geschichte“ der Osteoporosetherapie ist teilweise wechselnd

• Es stehen wirksame Therapieoptionen zur Verfügung • “Alles kommt wieder“? Das Beispiel Hormonersatztherapie, ggfs. auch

Fluor?

• Entwicklung des Therapiekonzeptes: individuell und altersbezogen

....Aber das ist eine andere Geschichte und soll ein andermal erzählt werden. Michael Ende, Die unendliche Geschichte

Fortsetzung folgt?

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit! Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!