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620 Stahlbau 82 (2013), Heft 8
G.-E. Rosemeier · Über Energieverfahren in der praktischen Baustatik / Berichte
Eine bestehende Fahrzeughalle sollte bei Nutzung der vorhande-nen Struktur in sehr kurzer Zeit wesentlich vergrößert werden. Dabei wurden innovative Systeme von der Planung bis zur Umset-zung genutzt, wie das Verbunddeckensystem ArcelorMittal und die neue Brandschutztechnologie Sika Unitherm platinum sowie angepasste Parkdeckbeschichtungen für dauerhafte Nutzungen.
Das Projekt
Vorgesehen war die Vergrößerung einer Fahrzeugeinstell-halle für mit Lkw oder der Bahn angelieferte neue Pkw zur Aufbereitung. Der Erweiterungsbau war geplant als 6-ge-
Mehrgeschossiger Leichtbau: Aufstockung des Fahrzeug-Logistic-Centers GallikerGunther Brux
Bild 1. Stahlträger im Projekt (vgl.Tab. 1)
schossiger Aufbau einschl. eines Dachgeschosses mit Foto-voltaik auf dem bestehenden Fahrzeug-Logistikcenter (FLC2) aus dem Jahr 1985 der Galliker Transport AG in Nebikon. Dabei sollte die bestehende Struktur des rd. 56 m breiten und rd. 126 m langen Gebäudes (7056 m2) genutzt werden, jedoch bei teilweisem Rückbau, wie des zweiten massiven Obergeschosses.Randbedingungen für den Ausbau waren– die Begrenzung des Eigenwichts des Aufbaus auf weni-
ger als 3,5 kN/m2 zum Vermeiden einer Überlastung der bestehenbleibenden Bausub stanz, was zu einer leichten
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Stahlbau 82 (2013), Heft 8
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Verbundkonstruktion mit Tragblechen als verlorene Schalung für den Beton der Geschossdecken führte
– Anforderung EI 30 an den Brandschutz wegen langer Fluchtwege, er reicht durch den Einsatz von Damm-schichtbildnern für den Stahlbrandschutz.
Ausgeführte Lösung
Nach eingehenden Untersuchungen wurden die Geschoss-decken ausgeführt als Stahlträgerrost mit werkseitig ange-brachter Brandschutz-Beschichtung auf vorgefertigten Schleuderbetonstützen mit Tragblechen für den Beton der Geschossdecken (Tab. 1); aus welchem Stahl die Haupt- und Nebenträger (Rand- und Innenträger) der Geschoss-decken hergestellt sind, zeigt Bild 1, den Längs- und Quer-schnitt der Geschossdecken Bild 2 und die Haupt- und Nebenträger die Bilder 3 und 4.
Bild 2. Längs- und Querschnitt der Geschossdecken
Bild 3. Hauptträger HEB 450 mit bis zu 42 mm Überhö-hung (rd. 1/350)
Bild 4. Nebenträger IPE 360 mit bis zu 110 mm Überhöhung (1/140)
Tabelle 1. Leichte Verbunddecke im Projekt Galliker-FLC2
Betongewicht130 mm
2500 kg/m2
Volumen 95 l/m2238,0 kg/m2
Cofraplus 601,00 mm
11,4 kg/m2
2,57 m Spannweite111,4 kg/m2
NebenträgerIPE 360
57,1 kg/m15,40 m Spannweite
122,2 kg/m2
HauptträgerHEB 450*)
171 kg/m15,40 m Spannweite
111,1 kg/m2
282,7 kg/ m2
*) S460M, Histar mit 460 N/ mm2 Streckgrenze (normal 235 N/mm2) mit projektspezifischer Walzung
Bild 5. Geschossdeckenuntersicht: Tragbleche Cofraplus 60P
Die dünnen Tragbleche Cofraplus GOP mit 1,035 m Baubreite und 7,75 m Länge sind gewellt 5,8 cm hoch und an der Unterseite weiß beschichtet (RAL 9010, 25 µ); ihre Fugen sind abgedichtet, und durch die Ausführung mit Ka-belkanal (Bild 5) entfallen die sonst üblichen Stegdurch-brüche. Für die 13 cm dicken Verbunddecken verwendete man schwindarmen Beton (C35/45, 0/16 mm, W/Z < 0,45; 80 kg/m3 Flugasche) mit 1,1 % Bewehrungsanteil bei 3 cm Überdeckung; auf Leichtbeton wurde wegen des hohen Preises (rd +40 %) verzichtet. Die Nachbehandlung des Be-tons begann noch am Betoniertag.
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622 Stahlbau 82 (2013), Heft 8
Brandschutz
Es wurden etwa 32000 m2 Oberfläche der Stahlprofile des Trägerrostes der Geschossdecken mit Sika Unitherm plati-num (65 t) brand- (SN EN 12944) und gleichzeitig bis C5-I korrosionsgeschützt, einer lösungsmittelfreien Brandschutz-beschichtung auf Epoxiharzbasis mit kurzer Beschich-tungs- und Aushärtungszeit, somit schnellem Applikations-ablauf und hoher mechanischen Widerstandsfähigkeit und architektonisch ansprechender Ober fläche. Hier wurde überwiegend die Werksbeschichtung (Bild 6) angewandt. Sika Unitherm platinum benötigt für die Außenbewitte-rung keine Deckbeschichtung.
Bild 6. Im Werk mit Unitherm platinum brandgeschützte Deckenträger
Bild 8. Das Galliker Fahrzeug-Logistic-Center nach Ausfüh-rung des Aufbaus als mehrgeschossiger Leichtbau
Literatur
[1] Brux, G.: Neue Entwicklungen bei der Beschichtung in der Vorfertigung – Dämmschichtbildner für Korrosions- und Brandschutz. Stahlbau 81 (2012), H. 3, S. 243–244.
Bildnachweis:Bild 1 Christoph Radermacher, ArcelorMittal Construktion; Bilder 2 bis 5 und Bild 8 Marco Fent, Fent AG; Bilder 6 und 7 Mario Knaus, Fluckiger+Bosshard AG
Autor dieses Beitrages:Dipl.-Ing. Gunther Brux, Schreyerstraße 13, 60569 Frankfurt/Main
Bild 7. Einbau der verschiedenen Deckenträger
Bauzeit
Jedes Parkdeck wurde in fünf je max 1560 m2 großen Abschnitten hergestellt und die sechs Geschossdecken (Bild 7) – zusammen rd. 42000 m2 – einschließlich der Wände und Kernzonen in nur 24 Wochen, durchschnitt-lich 350 m2 je Tag, etwa drei Wochen schneller als geplant.
Dank der guten Zusammenarbeit aller Beteiligten gelang es, für den mehrgeschossigen Aufbau des Galliker Fahr-zeug-Logistic-Centers FLC2 eine zweckmäßige und wirt-schaftliche Lösung zu erarbeiten und in kurzer Zeit zu verwirklichen(Bild 8), wozu auch die vorwiegend im Werk ausgeführte neue Stahl-Brandschutzbeschichtung beitrug.