Post on 14-Jul-2015
5/12/2018 Mythen Und Mythenbildung - slidepdf.com
http://slidepdf.com/reader/full/mythen-und-mythenbildung 1/25
Mythen und Mythenbildung, sowie die Rolle der Kirche
Schriftliche Arbeit in „PS Konflikte und Konfliktlösungen in Ex-
Jugoslawien“
SoSe 2006
Lehrveranstaltungsleiter:
Mag. Vedran
Vorgelegt von:
Selver Islamaj
Matrikelnummer: 0402763
Studienkennzahl: A300, A312
am 1.12.06
5/12/2018 Mythen Und Mythenbildung - slidepdf.com
http://slidepdf.com/reader/full/mythen-und-mythenbildung 2/25
2
Inhaltsverzeichnis
I. Vorwort ................................................................................................................................... 3
1. Soziale Rolle geschichtlicher Mythen ...................................................................................4
2. Mythos in den Ländern des Ehemaligen Jugoslawien ...........................................................6
2.1 Definition vom Mythos ....................................................................................................7
2.2 Serbische Mythen .............................................................................................................7
2.2.1 Das Amselfeld ...........................................................................................................7
2.2.2 Die Große Wanderung von 1690 ............................................................................10
2.2.3 Das serbische Genozid von Jasenovac ....................................................................13
2.3 Kroatische Mythen .............................................................................................................14
2.3.1 Das Bollwerk des Christentums ..............................................................................14
2.3.2 Fluch und Segen der Könige ...................................................................................17
2.4 Bosnische Mythen ..............................................................................................................19
2.5. Kosovarische Mythen .......................................................................................................20
2.5.1 Mythos von den Illyrern ..............................................................................................20
2.5.2 Der Mythos von Skanderbeg ......................................................................................22
2.6 Weitere Mythen .................................................................................................................22
2.6.1 Balkanmythos .............................................................................................................22
V. Nachwort .............................................................................................................................23
X. Ressourcen .........................................................................................................................23
XI. Literatur ......................................................................................................................... 23
XII. Internet .......................................................................................................................... 24
5/12/2018 Mythen Und Mythenbildung - slidepdf.com
http://slidepdf.com/reader/full/mythen-und-mythenbildung 3/25
3
I. Vorwort
“Mythen sind eine internationale politische Macht. Sie schüren Ängste und Vorurteile und
bedienen psychodynamische Abwehrhaltungen. Komplexe Geschehnisse, aber auchMachtgefälle, werden auf das reduziert, was ein Massenpublikum von ihnen glauben soll.
Mythen entwerfen, stützen oder zerstören so das Menschenbild in einer Gesellschaft. Als
Mythen des Alltags überziehen sie uns mit einem Netz der Normalität“.1
Wer kennt sie nicht, die Mythen. Sie sind etwas mit denen Menschen jeden Tag konfrontiert
werden, und dies wird auch in ferner Zukunft nicht anders sein. Warum auch? Gibt es doch
immer einen Grund diese beizubehalten, und sie nicht aufzugeben, da durch solche
„Mythen“ Vorteile für eine Gruppe geschaffen werden können.Viele denken sich, dass Mythen nur in der unzivilisierten Welt ihren Bestand haben, jedoch
ist Mythos auch schwer zu erklären. Den wenn wir über Menschen vorurteile aussprechen,
dann ist es nichts anderes als ein Mythos, denn wir schaffen gleich eine Gruppe in eine
Kategorie hinein, die vielleicht für einzelne Personen zutreffen ist. Doch diese so genannten
„Gefahren“ oder „Vorurteile“ werden uns vorgesagt und viele übernehmen diese ohne
darüber Nachzudenken. In diesem Sinne sage ich, dass Denken zum Glück keine Pflicht ist,
sondern auf freiwilliger Basis abläuft,…
Ich möchte mich mit einem Raum auseinandersetzen, dessen Kriege in den 1990er Jahren für
große Aufmerksamkeit in der Weltöffentlichkeit gesorgt haben. Dabei will ich die Rolle der
Mythen im Kontext zum Krieg stellen und den weiteren Verlauf des Wiederaufbaues von
Frieden und einem friedlichen Zusammenleben, der sich anhand dieser entwickeln kann.
Nicht nur ein Land hat einen starken Mythos, der allgegenwärtig Präsent ist, sondern jedes
1 Mythen - Geschichte - Medien. Historische, politische und psychische Formationen. 24. Workshop-KongressPolitische Psychologie an der Universität von Kreta 19-22. Mai 2005, ().
5/12/2018 Mythen Und Mythenbildung - slidepdf.com
http://slidepdf.com/reader/full/mythen-und-mythenbildung 4/25
3
dieser Länder musste sich eine Identität schaffen, um eine Abgrenzung zu seinen Nachbarn
vorweisen zu können.
Je ähnlicher sie sich sind, umso unterschiedlicher möchten sie sich zeigen, dass bei dem
langen Zusammenleben eine große Herausforderung zu sein scheint. Aus diesem Grund
wird jede Kleinigkeit, die nichts mit den Nachbarn zu tun hat, hoch stilisiert und nimmt eine
wichtige Rolle in dem Bewusstsein der Menschen jener Länder. Die Rolle der Kirche darf
nicht unberücksichtig bleiben, denn wie konnten vieler dieser Mythen erhalten bleiben, bei
einer Bevölkerung die viel Leid durchgemacht hat, und einen geringen
Alphabetisierungsgrad vorweisen konnte. Zudem konnte so auch das einfache Volk erreicht
werden, welche die wichtigsten Träger nationaler Mythen wurden.
1. Soziale Rolle geschichtlicher Mythen
Wenn wir über die Jugoslawienkriege sprechen, dann kommt häufig das Vorurteil aus dem
Westen, dass dies durch historische Mythen geschaffen worden sei, und es eine typisch
balkanische Art ist.2 Jedoch ist dies nicht nur für den Jugoslawischen Raum zutreffen, denn
auch faschistische und kommunistische Regime in aller Welt bedienen sich solcher Mythen.
Es wird eine Identität geschaffen, die für alle geltend gemacht wird, wie dies beim Begriff
Nation schon ein großes Problem darstellt. Dies konnte nur durch einen starken
Verwaltungsapparat durchgeführt werden, welches Frankreich, als erstes Land gelang.
Durch die Einführung von Schulen und Schaffung von Figuren, die für alle repräsentativ
waren, wurde eine imaginäre Zusammengehörigkeit geschaffen. Dies ist meiner Meinung
nach auch ein Mythos, dass sich immer noch in der westlichen Zivilisation erhalten hat, wie
es an der EU deutlich zu sehen ist.
Wenn Mythen eine negative Rolle in einer Gesellschaft spielen, dann müssen wir uns Fragen
warum noch so viele Menschen an diese Wert, auch im Westen, festhalten müssen, die ja fürüberholt zu sein scheinen. Der moderne Mythos schafft in unserer Gesellschaft
Abgrenzungen, neue Feindbilder z. B. islamischer Terrorismus, oder auch Vorurteile
gegenüber Menschen mit anderen Sitten, Hautfarbe oder Mentalität.3
Heutzutage gibt es Befürworter und Gegner von Mythen, die mit Argumenten versuchen
ihre Sichtweise darzulegen, wie z.B. „Mythen sind ein Bestandteil aus dem gut
funktionierende Gesellschaften gemacht sind. Es gibt fünf Aspekte, von denen einer der
2 Pål Kolstø, Myths and Boundaries in South-Eastern Europe (London 2005) S 1.3 Pål Kolstø, S 2.
5/12/2018 Mythen Und Mythenbildung - slidepdf.com
http://slidepdf.com/reader/full/mythen-und-mythenbildung 5/25
4
Mechanismus der Abgrenzung ist. Der Faktor, dass sich zwei Gruppen eher als verschieden
ansehen, jedoch in einer Region leben, ist meist mystisch und nicht faktisch. Die Unterschiede
befinden sich in den Köpfen der Menschen und nicht in sozialen und kulturellen Bereichen,
was aber nicht heißen soll, dass es sie nicht gibt.4
Nachbargesellschaften können sich durch Sprache, Kultur und Religion unterscheiden. So
gibt es aber auch Kulturen mit verwandten Sprachen, die eine eigene Identität haben. Diese
Unterschiede müssen dann geschaffen werden, wo die Nachbarn meistens mit negativen
Bildern assoziiert, und die guten Eigenschaften für sich beansprucht, werden.
Diese fünf Aspekte lassen wich in wichtige soziale und geschichtliche Teile gliedern, jedoch
sind für uns drei dieser so genannten Mythenarten von Bedeutung.
1. Religiöse: Als der deutsche Theologe David Friedrich 1853 ein Buch über Jesus mit
dem Titel „Das Leben Jesu“ veröffentlicht hatte, schuf er empören und eine riesige
Debatte begann über dieses Werk, da er viele so genannte Fakten, widerlegte. Dem
folgten erst im frühen 20. Jahrhundert wieder Kritiker der Kirche, die mit ähnlichen
Werken für Aufsehen sorgten.5
2. Psychologische: Hier wird eine Kritik an Sigmund Freud ausgeübt, der sich mancher
Mythen aus der Antike bedient hat, die aber so nicht zutreffen waren, wie es sie
übernommen hat.6
3. Historisch-politischer: Die Vertretung der historischen Wissenschaften ist dazu
geneigt eine Identitätsbildende Rolle zu spielen, die sie im Kontext mit einer früheren
Zeit stellt. Dadurch entstehen Nationen in Zeiten, wo es so etwas wie Nation gar
nicht gegeben hat, wie wir es heute verstehen. Diese sind auch unter „gemachte
Mythen“ bekannt7, die sich in vielen neuen Nationen finden, aber auch von älteren
noch gepflegt werden. Durch die Schaffung kollektiven Identitäten, die sich auf
Mythen stützen, werden die politischen Akteure aktiv, um das auch umsetzen zu
können.8 Dabei spielt die Kirche eine wesentliche Rolle, da diese die Menschen am
leichtesten erreichen kann. Noel Malcolm versucht in seinem Buch „ Kosovo. A Short
History“, einen Widerlegung der Mythen zu erreichen und nicht gegen die Serben
vorzugehen, was auch aus seiner Schreibweise zu entnehmen ist. „All groups in the
4 Pål Kolstø, S 3-4.5 Pål Kolstø, S 4-6.6
Pål Kolstø, S 6-8.7 Peter Strebl, Politische Mythologie im zerfallenden Jugoslawien. Philosophische Untersuchung. Diplomarbeitan der Universität Wien. Fakultät der Philosophie (Wien 2004) S 17.8 Pål Kolstø, S 9.
5/12/2018 Mythen Und Mythenbildung - slidepdf.com
http://slidepdf.com/reader/full/mythen-und-mythenbildung 6/25
5
former Yugoslavia, including the Serbs, will one day have to “come properly to terms
with their history”.9
Zurzeit spielen Mythen in vielen Regionen der Welt eine wichtige Rolle, und auch in der
nächsten Nachbarschaft ist dies ein Problem mit dem wir in nächster Zeit unsauseinandersetzen müssen. Wichtig ist dabei zu berücksichtigen, dass diese Mythen ein
Hindernis für die Weiterentwicklung dieser Länder sein können.
2. Mythos in den Ländern des Ehemaligen Jugoslawien
In diesem Kapitel werde ich vier Nationalitäten genauer beschreiben, und welche
Vorstellungen sie von Mythen haben. Außerdem die Stellung der Mythen in der
Gesellschaft, und ob sie noch heute präsent ist.
„Wo früher Serbokroatisch in verschiedenen Dialekten gesprochen wurde, werden heute
verschiedene Sprachen propagiert: Serbisch, Kroatisch und Bosnisch. Mit dem Krieg auf dem
Schlachtfeld ging ein absurder Sprachenkrieg einher, der die Menschen bis ins Innerste
verfolgt“.10
Wenn wir den Konflikt beobachten, dann müssen wir das Augenmerk auf die politische
Konstellation in diesem Staate Rücksicht nehmen. Die Behauptungen, dass der Staat wegen
der bunten Mischung, und der vielen Religionen irgendwann Auseinander brechen musste,
ist nicht so korrekt, da wir ähnliches heute haben, und ein Funktionieren dieser durch keine
Instrumentalisierung der Massen gefährdet ist.11 „Die Kriege im früheren Jugoslawien waren
weder Glaubens- noch Religionskriege. Die Glaubensgemeinschaften sind vielfach
instrumentalisiert worden und hatten dieser Instrumentalisierung nichts entgegenzusetzen.
Man kann nicht sagen, dass sie für den Krieg verantwortlich waren. Aber für den Frieden
werden sie zu einem großen Teil verantwortlich sein.“
Jedoch müssen wir auch die wichtigen Faktoren berücksichtigen, die einen großen Teil dazu
beigetragen haben, dass diese Unterschiede so stark präsent gemacht wurden. Die
Bevölkerung war in dieser Zeit in einer wirtschaftlichen und sozialen Krise, die von einigen
politischen Machthabern genutzt wurde.12 Damit sich die Fehler der Vergangenheit nicht
mehr wiederholen können, müssen wir diesen Menschen eine Zukunftsperspektive geben.
9
Noel Malcolm, Kosovo. A Short History (London 1999) S XXVII.10 Milos Okuka, Wenn das Wort zum Schwert wird. Krieg um Kosovo NZZ-Folio 06/99; auch online unter .11 .12 Stephan Kux, Ursachen und Lösungsansätze des Balkankonflikts: Folgerungen für das Abkommen vonDayton. Basler Schriften zur europäischen Integration (Basel 1996) S 17.
5/12/2018 Mythen Und Mythenbildung - slidepdf.com
http://slidepdf.com/reader/full/mythen-und-mythenbildung 7/25
6
Tatsache ist, dass die Menschen ihre Einstellung zu einander ändern müssen um eine sichere
und friedliche Zukunft für die nächste Generation gewährleisten zu können. Zwar sind die
Gegensätze da, jedoch dürfen diese nicht das Hindernis einer blühenden Zukunft dieser
Region werden.
2.1 Definition v om M ythos
Der Mythos kann als eine Form der symbolischen Objektivierung gesehen werden, die mit
einer bestimmten Form der Wahrnehmung einhergeht. Es gestaltet und objektiviert soziale
Gefühle, die als Identität einer Gruppe dienen. Im mythischen Denken, wird eine Beziehung
von zwei Elementen vorausgesetzt, damit diese überhaupt entstehen können. Einerseits ist
die zeitliche- und andererseits die räumliche Anschauung, die für das Verstehen dieser
ausschlaggebend sind. In dieser Hinsicht wird ein mythisches Zeitverständnis geschaffen,
welches die Vergangenheit nutzt um die Gegenwart zu erklären. „Die Vergangenheit steht
dabei ohne eine weitere zeitliche Differenzierung der Gegenwart gegenüber. Zeitphasen – z.B.
Lebensepochen - werden mit einem bestimmten Gefühl verbunden“.13
2.2 Serbische My then
2.2.1 Das Amselfeld
Das erste der Länder dieser Region, ist Serbien, da diese auch die meiste Aufmerksamkeit im
öffentlichen Leben genossen hat, und zurzeit noch aktuell ist. Die Geschichte dieses Landes
geht weit ins Mittelalter zurück, als die Osmanen 1389 nach Bosnien marschieren wollten,
und unterwegs auf die Balkanvölker trafen, die auf dem Amselfeld diesen osmanischen
Vorstoß stoppen wollten. Es kam am 28. Juni 1389 zur so genannten „Schlacht amAmselfeld“, die von der serbischen Historiographie, als eine serbische Schlacht beansprucht
wird.14 Jedoch ist die Forschung vom neuen Stand ausgehend, dass viele Balkanfürsten
teilgenommen haben, und sich Fürst Lazar unterstellten.
13 Peter Strebl, S 17.14 Wolfgang Petritsch, Karl Kaser und Robert Pichler, Kosovo-Kosova. Mythen, Daten, Fakten
(Klagenfurt/Wien/Ljubljana/Tuzla/Sarajewo 1999) S 31.
5/12/2018 Mythen Und Mythenbildung - slidepdf.com
http://slidepdf.com/reader/full/mythen-und-mythenbildung 8/25
7
Schon mit dem Aufkommen der Geschichtsschreibung durch die nationale Brille im 19.
Jahrhundert wurde der Kosovo zunehmend zum Schrein nationaler Verehrung stilisiert, der
Kosovo als das " Jerusalem der Serben"15 verehrt. Dies ist auch die Zeit als alle Mythen, die
mündlich überliefert waren, gesammelt und niedergeschrieben wurden. Viele beschreiben
das Leid der Serben nach der Schlacht am Amselfeld, und deren Schicksalhaften Kampf, den
sie nicht gewinnen konnten.16 Um dieses auch noch an die Menschen bringen zu können,
deren Bildungsgrad nicht gegeben war, mussten Maler herhalten und diese Erzählungen
malerisch festhalten.
Dabei sollte die Menschlichkeit mit den dramatischen Ereignissen verbunden werden.
Zudem war es wichtig, dass das Leiden der Menschen in den Vordergrund gerückt wird.
Bis in unsere Gegenwart soll uns diese erhalten bleiben, welches in den späteren
Jugoslawienkriegen führen sollte, laut der Meinung viele Experten.
Bild 117
15
(28.6.2006), wie es scheint hat sich diese Behauptung bis in die heutigen Tage erhalten, und wird mit eisernerDisziplin weiterverfolgt.16 Petritsch, S 35, Titel des Gedichts „Gebet des Fürsten Lazar“, S 36-40 „Auszug und Schlacht“, S 40-42 „ DieAmselfelder Schlacht noch einmal“, S 42-46 „Das Mädchen vom Amselfeld“, u.v.m.17 Petritsch, S 43.
5/12/2018 Mythen Und Mythenbildung - slidepdf.com
http://slidepdf.com/reader/full/mythen-und-mythenbildung 9/25
8
kann diesen Mythos an der 600. Tagesfeier eine wichtige Bedeutung einräumen,
die bis heute noch Nachwirkungen haben. Als er von einer Anhörung herauskam, da
draußen die Menge lautstark protestierte, dass sie geschlagen würden, sagte er was alles
Wenden sollte, „Niemand darf euch schlagen, niemand darf einen Serben schlagen“.18
Dann setzte fort: „Serbs in their history have never conquered or exploited others.
Through two world wars, they have liberated themselves and, when they could, they also
helped others to liberate themselves … The Kosovo heroism does not allow us to forget that, at
one time, we were brave and dignified and one of the few who went into battle undefeated …
Sic centuries later, again we are in battles and quarrels. They are not armed battles, though
such things should not be excluded yet”.19
Dies wird auch al seines der wichtigsten Ereignisse für die weitere Geschichte gesehen. Auch
heute ist diese Sichtweise stark vertreten, die immer wieder in den Medien aufkommt. In
18 .19 Tim Judah, Kosovo. War and Revenge (London 2002) S 56.
5/12/2018 Mythen Und Mythenbildung - slidepdf.com
http://slidepdf.com/reader/full/mythen-und-mythenbildung 10/25
9
einem Artikel aus dem Jahre 2006 stammt jenes Zitat, " Ganz Serbien ist ein Dom" , sagte
Bischof Artemije mit Verweis auf die vielen serbischen Kirchen und Klöster. " Kosovo ist der
Altar dieses Domes. Und wie eine Kirche ohne Altar unmöglich ist, so kann es auch ein
Serbien ohne Kosovo nicht geben. Daher muss Kosovo das bleiben, was es bisher war" .20
Dies scheint jedoch auch in Gedichte aus den letzten Jahren auch aufzukommen. Es wurde
versucht den Mythos in die tiefsten Winkel des Landes zu transportieren, welches auch die
kleinsten Orte erreichen kann. Gedichte sind dazu am besten geeignet, und spiegeln auch
den Stand der Bereitschaft einer Änderung, welches sich in den letzten Jahren noch immer in
den Köpfen der Menschen stark wieder findet.
„The Art of Cultural Identity
Field of victims, the grass soaked in blood,
I do not dare to say that it is mine.
They would not let me step into my home,
they say that I gave it away,
the earth that I bought from the heavens,
someone promised it to them.
But the one who promised it,
lied to them”.21
2.2.2 Die Große Wanderung von 1690
Ein Vorwurf der der albanischen Bevölkerung gemacht wird ist, dass sie massenhaft zum
Islam konvertiert seien, und dieses in einem kurzen Zeitraum und schnell vorangegangen
sein soll.22 Jedoch konnte sich Malcolm diesen Behauptungen entgegensetzen, und sagt, dass
der Übertritt der albanischen Bevölkerung ebenfalls in einem langsamen Rhythmusvorangeschritten war, als bis jetzt behautet wurde. Hier werden Übertritte registriert, die
unter der albanischen Bevölkerung stattfanden, jedoch trat auch eine Mischform auf, die von
den Derwischorden getragen wurde.23
Die folgenden Graphiken zeigen die Entwicklung in der Konvertierung der kosovarischen
Bevölkerung im 19. Jahrhundert.
20 .21 Zoran Between destiny and contingency. In Pål Kolstø, S 226.22 Petritsch, S 52.23 Malcolm, Kosovo. S 116-138.
5/12/2018 Mythen Und Mythenbildung - slidepdf.com
http://slidepdf.com/reader/full/mythen-und-mythenbildung 11/25
10
Graphik 124
Hier ist zu entnehmen, dass der Anteil der Christen immer noch einen hohen Prozentsatz
ausmacht, was nicht zu der Behauptung vom Massenübertritt, passen kann.
Graphik 225
24 Petritsch, S 54.25 Petritsch, S 55.
5/12/2018 Mythen Und Mythenbildung - slidepdf.com
http://slidepdf.com/reader/full/mythen-und-mythenbildung 12/25
11
Ein weiterer Mythos der in der serbischen Geschichte ebenfalls für Aufsehen gesorgt hat, ist
die so genannte „Große Migration“ aus dem Jahre 1690.26 Bis jetzt wurde immer von rund 30
000 bis 40 000 Familien gesprochen, was für die damaligen Verhältnisse schier unmöglich
gewesen zu sein scheint, jedoch wird diese Behauptung ohne weiteres übernommen. Die
neueste Forschung besagt, dass es rund 30 000 Menschen gewesen sind, da Arsenije III.
selbst einen Brief an den österreichischen Kaiser mit dieser Bezifferung geschrieben hat.27
Bild 228
26 Malcolm, Kosovo. S 139.27 Nuri Bexheti, Die Großen Türkenkriege 1683-1699. Dissertation in Wien 2005 (Wien 2005) S 175.28 .
5/12/2018 Mythen Und Mythenbildung - slidepdf.com
http://slidepdf.com/reader/full/mythen-und-mythenbildung 13/25
12
Mit dieser Auswanderung wird auch die albanische Ansiedlung in dieser Region bekräftigt,
die ein erstes Auftreten dieser Gruppe in dieser Region überhaupt verschreibt.29
Dies wird auch all zu gerne von der serbischen Historiographie verwendet, und schafft ein
eindeutiges Bild in der Bevölkerung den Albanern gegenüber. Als das Referendum der
Wissenschaftlichen Akademie 1986, veröffentlicht wurde, sprach man dort von dem Exodus
der serbischen Bevölkerung, wie dies 1690 der Fall gewesen sei, und dass die albanische
Bevölkerung sich seit 1945, mit rund 200 000 Neuankömmlingen enorm vergrößert hat.30
Dies wird von auch unterstützt, der jedoch sich nach der Veröffentlichung auf
Distanz geht. Leider ist diese These ebenfalls noch stark in der serbischen Erinnerung
eingebrannt, die auch durch renommierte wissenschaftliche Arbeiten, die aus einer neutralen
Gruppe kommen widerlegt worden ist.
2.2.3 Das serbische Genozid von Jasenovac
Dies ist das jüngste Trauma für die serbische Nation, dass sie erlebt hat. Neben dem, dass
Serbien den 2. Weltkrieg alleine bezwungen hat, müssen sie sich auch gegen die so
genannten „Verräter“ wenden, und sie eines Mordens an die serbische Bevölkerung
beschuldigen. In Jasenovac sollen rund 700 000 Serben umgekommen sein, was die serbische
orthodoxe Kirche 1954 als Anschuldigung, in einem Kirchenkalender veröffentlichten.31 In
29 Dimitrije Bogdanovic, Kosovo. Vergangenheit und Gegenwart (Belgrad 1986) S 110-113.30
Misha Glenny, The Balkans 1804-1999. Nationalism, War and the Great Powers (London 2000) S 627.31 Perica Vjekoslav, Churches and the Founding Myths of Serbia and Croatia: Pål Kolstø, Myths and Boundariesin South-Eastern Europe (London 2005) S 139.
5/12/2018 Mythen Und Mythenbildung - slidepdf.com
http://slidepdf.com/reader/full/mythen-und-mythenbildung 14/25
13
den 1980er Jahren wurde ein Buch über Jasenovac veröffentlicht, mit dem Titel „Yugoslav
Auschwitz“ die das Ausmaß verdeutlichen sollen. In frühere Arbeiten, kurz nach dem Krieg,
schrieben serbische Historiker von 40 000 Todesopfern, die von Tudjam in den 1990er Jahren
aufgegriffen wurden.32
Zwar ist es richtig, dass in diesem Kamp die Zahl der serbischenOpfer sehr hoch war, jedoch nicht in diesem Ausmaße, da viele sich durch den Übertritt zum
Katholizismus retten konnten.33 Dies wurde auch während dem Krieg mit Kroatien als
Anlass genommen, um die Krajina-Serben schützen zu können.
2.3 Kroatische Mythen
2.3.1 Das Bollwerk des Christentums
Nachdem Bosnien 146334 von den Osmanen erobert wurde, sahen sich die kroatischen
Fürsten in großer Gefahr, die sie abzuwenden suchten. Nachdem die kroatischen Fürsten es
nicht schaffen konnten auf Dauer die Kosten abzudecken, die für eine lange Verteidigung
angebracht waren, wandte sich der Graf Christoph von Frankopan am 22.März 1522 35, im
Namen des kroatischen Adels an Ferdinand I. mit der Bitte, Truppen und Kriegsmaterial zu
entsenden.36
Im Frühsommer 1522 rückten österreichische Truppen in Kroatien ein, und Niklas von Salm
besetzte Kruppa (Krupa) und Wihitsch da er die strategische Bedeutung dieser Orte
erkannte.37 Da aber ein Großteil des Gebietes durch ständige Plünderzüge der Osmanen
verödet war, mussten neue Siedler ins Land geholt werden, die zum Bedauern der
kroatischen Historiographie orthodoxen Glaubens waren. Da die Walachen und die
orthodoxen Slawen als Krieger sich einen Namen gemacht hatten, wurden sie regelrecht von
den Adeligen der Grenzgebiete angeworben. Es war nur schwer diese Menschen sesshaft zu
machen, da sie ihre Herden von Sommerweide zu Winterweide führen mussten, und ungernSteuern zahlen wollten. Für ihren Kriegsdienst sollten sie auch entschädigt werden, indem
man ihnen Land gab und sie von der Steuer befreite.38
32 Perica Vjekoslav, S 140.33 Misha Glenny, S 500.34 Ivo The Symbolic Identity of Croatia: Pål Kolstø, Myths and Boundaries in South-Eastern Europe(London 2005) S 42.35 Auch unter Graf Christoph Fangipani bekannt.36
Günther E. Rothenberg, Die österreichische Militärgrenze in Kroatien 1522-1881 (Wien 1970) S 25-26.37 Günther E. Rothenberg, S 26.38 Jakob Amstadt, Die k. k. Militärgrenze 1522-1881. Dissertation in Würzburg (Würzburg 1969) S 15-18.
5/12/2018 Mythen Und Mythenbildung - slidepdf.com
http://slidepdf.com/reader/full/mythen-und-mythenbildung 15/25
14
Dieser Widerstand der in der Krajina und Slawonien geleistet wurde, wird als eine
kroatische Heldentat verkauft, die sich hartnäckig hält, denn sie sehen sich als Bollwerk
Europas,39 dass es geschafft hat über Jahrhunderte hinweg die Osmanen zurückzuhalten.
Bild 340
Erstaunlicherweise ist die Grenze der Verteidigungslinie der heutigen kroatischen Grenze
sehr ähnlich, ja fast ident.
39 Ivo Das politische Imaginarium der kroatischen Nationalgeschichte: Dunja Der Jugoslawien-Krieg. Handbuch zu Vorgeschichte, Verlauf und Konsequenzen (Opladen/Wiesbaden 1999) S 291.40 Ivo The Symbolic Identity of Croatia, S 75.
5/12/2018 Mythen Und Mythenbildung - slidepdf.com
http://slidepdf.com/reader/full/mythen-und-mythenbildung 16/25
15
Bild 441
Dies ist eine Abbildung, die ein Großkroatien während des Ustaša-Staat zeigt, sowie die
untere Inschrift für die Wichtigkeit als Bollwerk für Europa, mit dem Datum der ersten
Ansätze der Militärgrenze.
Auch ist dieses Heldentum in Gedichten festgehalten worden, sowie in vielen Gemälden,
von welchen eines die Wand Titos schmückte.42
In den vielen dieser Gedichte wird der Westen angeklagt, dass dieser Kroatien nicht
anerkennt was es für sie getan hat.
„And what did the West give us
For this favour?Eternal Hatred, a bad example
And bad scholarship. […]
The West dies, rots, languishes,
Its life is bad,
And in the east a hundred thunderbolts
41 Ivo The Symbolic Identity of Croatia, S 63.42 Peter Strebl, S 19.
5/12/2018 Mythen Und Mythenbildung - slidepdf.com
http://slidepdf.com/reader/full/mythen-und-mythenbildung 17/25
16
Still live. […]
The two worlds will go to war
In all likelihood.In the vanguard we are he troop,
The first fight is ours”!43
Diese Rolle wird auch heute im Augenblick der EU-Erweiterung gemacht, indem sie sich mit
anderen Ländern vergleichen, und diese nicht als Reif sehen, aber sich selber schon. Dadurch
sehen sie wieder eine Benachteiligung vom Westen.
2.3.2 Fluch und Segen der Könige
2.3.2.1 König Tomislav
Die Krönung König Tomislavs, dessen Titel „rex“ wurde im Jahre 925 urkundlich
festgehalten, der auch als kroatische Gründergestalt gefeiert wird.44 Diese Handlung wird als
eine Ordnung gesehen, die vom Chaos in den Kosmos gewechselt hat. Seine Figur wird in
allen Geschichtsbüchern Kroatiens abgebildet, und hat eine wichtige symbolische Funktion
für verschiedene Politiker gehabt. Ließ sich Tudjman immer wieder von der Presse vor dem
Bild Tomislavs abbilden, um seine eigene Person zu betonen.45
Er wurde auch genommen um einen starken Staat symbolisieren zu können, welche dank
ihm ein so langes Leben zeugen kann. Von der Zeit unter Ungarn, wird immer vom
ungarisch-kroatischen Ausgleich gesprochen, wo beide Reiche quasi Gleichberechtigung
erfahren durften.
Bild 546
43 Ivo Identity, 47.44 Ivo Das politische Imaginarium…, S 287.45 Peter Strebl, S 19.46 .
5/12/2018 Mythen Und Mythenbildung - slidepdf.com
http://slidepdf.com/reader/full/mythen-und-mythenbildung 18/25
17
2.3.2.2 König Zvonimir
Dieser Figur wird eher eine negative Association zugeteilt, da dieser dafür verantwortlich
sein soll, dass der unglückliche Verlauf der kroatischen Geschichte auf seine Schuld
zurückzuführen ist. Dieser wollte auf Ersuchen des Papstes einen Kreuzzug durchführen,mit Hilfe seiner Untertanen, die den Dienst jedoch verweigerten, mit dem Argumente, dass
die nicht außerhalb Kroatiens kämpfen würden. Da dieser nicht locker ließ wendete sich die
Bevölkerung sogar gegen ihm, und in seinem Erzürnen sprach er einen Fluch über sie aus,
und dass die bis in alle Ewigkeit von Fremden beherrscht werden sollen, und auch unfähig
sein sollen einen eigenen unabhängigen Staat zu errichten.47
47 Ivo Das politische Imaginarium…, S 287.
5/12/2018 Mythen Und Mythenbildung - slidepdf.com
http://slidepdf.com/reader/full/mythen-und-mythenbildung 19/25
18
2.4 Bosnische Mythen
Diese Region hat es schwersten einen eigenen Mythos zu entwickeln, da sie sich kulturell
und gesellschaftlich, als ein Schmelztiegel in Jugoslawien etabliert hatten. Umso schwerer
wurde dadurch die Identitätsfindung, die eben nur durch mythische Konstellationen aus der
Vergangenheit erklärt werden kann. So mussten sie sich von den Serben und Kroaten
abgrenzen, und jedoch nichts mit den Osmanen zu tun haben. Sowohl die heutige Religion
als auch ihr früherer Glaube unterscheiden sich von den genannten Gruppen.48
Der Mythos der Bogumilen49, soll einen ersten Schritt in eine eigene Identität schaffen. Diese
werden ins Mittelalter zurückverfolgt, und als eigene Kirche beansprucht, die mit der
orthodoxen und katholischen Kirche nichts zu tun hat. Diese hätten zum Trotz der
Katholiken und Orthodoxen, den islamischen Glauben angenommen.50 Jedoch ist nach der
Übernahme der Osmanen diese Kirche bei weitem zerschlagen gewesen, und nur kleine
Gruppen existierten, was die Theorie nicht stützen kann.51 Der Übertritt zum Islam wird
auch damit begründet, dass die Kirche der Bogumilen näher zum Islam als zu den
christlichen Glaubensrichtungen stand.
„The Bosnian Bogomils were the most important and most worthy phenomenon in the history
of the medieval Bosnian state, and in many of their manifestations they had a key role in
profiling the spiritual, religious, political, cultural and social life of Bosnia …”. 52
Die österreichisch-ungarische Administration sowie Tito erlaubten den Bosniern ein Symbol
für ihre Armee zu verwenden welche alle Ethnien anzusprechen, welches als Gemeinsamen
Ausgang die „Bosnische Kirche“ nimmt. Die Muslime vereinnahmen später, als sie als
ethnische Gruppe zugelassen wurden, das Symbol und knüpften direkt an die osmanische
Herrschaft an.53
Dieser Ansatz, dass alle in Bosnien lebenden Menschen, Bosniaken sind, hält sich zudem
auch parallel zur religiösen, da sie sich auf das Mittelalter beziehen können.
„Kulin Ban, King Tvrtko, Queen Katarina and others ruled our forefathers, and that is why
they culturally, nationally, politically and historically belong not only to today’s Muslims of
Bosnia and Herzegovina, but also to the Bosnian Catholics and Orthodox who are, and who so
48 Ivo Das politische Imaginarium…, S 295.49 Bonische Kirche im Mittelalter.50 Ivo Das politische Imaginarium…, S 296.51
Peter Strebl, S 38.52 M. Džaja, Bosnian Historical Reality and its Reflection in Myth: Pål Kolstø, Myths and Boundaries inSouth-Eastern Europe (London 2005) S 116.53 Peter Strebl, S 38.
5/12/2018 Mythen Und Mythenbildung - slidepdf.com
http://slidepdf.com/reader/full/mythen-und-mythenbildung 20/25
19
consider themselves, ethnically descendants of the good Bošnjani, that is, they belong to
today’s Bosnians or Bosniacs. This is rightly so because we know that medieval Bosnia was a
country of one people, of the single Bosnian people called the Bošnjani, who belonged to three
confessions”.54
Mit diesem geschaffenen Mythos, wird ein Versuch gestartet den Menschen eine
gemeinsame und friedliche Vergangenheit ins Bewusstsein zu rufen, damit es in Zukunft
ähnlich funktionieren kann. Sie sind alle Slawen, mit unterschiedlichen Religionen, die
jedoch nicht das Ausschlaggebende sein darf, für die nähere Zukunft.
In manchen Kreisen wird auch eine andere Theorie verfolgt, die die Bosniaken in eine viel
frühere Zeit versetzt, als es noch keine Ansiedlung der Slawen gab. Mit diesen Argumenten
versuchen sie sich auch von der slawischen Identität zu distanzieren, die jedoch von der
westlichen Wissenschaft belächelt wird.
„In scholarly circles no one now challenges that the Muslims of Bosnia and Herzegovina are
an autochthonous Balkan-European people who, as far as archaeology shows, have lived in
this region for more than 4 000 years [sic!]. Together with the Albanians and the Greeks, the
Bosnian Muslims are the only Balkan people, and one of the few in Europe, who largely
survived the migration of peoples in the sixth and seventh centuries, etc.”.55
Jedoch ist dies leicht zu Widerlegen, da die islamische Religion, ja bekanntlich seit dem 7.
Jahrhundert existiert, und erst später in die Balkanregion gekommen ist. Bedauerlicherweise
ist diese Idee, der Autochthonität anscheinend in den intellektuellen Kreisen ebenfalls stark
vertreten, was die Qualität dieser in Frage stellt.
2.5. Kosovarische Mythen
2.5.1 My thos v on den Illy rern
Die Idee dass ein Volk alteingesessen ist, scheint ebenfalls so alt wie die Menschheit zu sein.
Jeder möchte sich gegenüber den anderen Abgrenzen können, und versucht dies anhand von
kulturellen und sozialen Unterschieden, jedoch auch auf Unterschiede in Herkunft und
Dauer in einer Region, haben im westlichen Europa eine wesentliche Rolle gespielt,
woraufhin der Balkan zurückgegriffen hat.
54 M. Džaja, S 119-120.55 M. Džaja, S 117.
5/12/2018 Mythen Und Mythenbildung - slidepdf.com
http://slidepdf.com/reader/full/mythen-und-mythenbildung 21/25
20
So ist es bei den Albanern nicht anders, als es bei vielen anderen Völkern der Fall war, ist
und sein wird. Sie versuchen ihre Herkunft und kontinuierliche Präsenz auf ein Volk zu
spiegeln, dass etwas länger am Balkan hauste, jedoch heute nicht mehr existent ist. Die
Illyrer, auf die sie ihren Ursprung zurückführen, haben leider keine schriftliche Zeugnisse
hinterlassen, die Aufschlüsse über das Verwandtschaftsverhältnis geben können.
In der albanischen Sprache haben sich noch kennzeichnende Elemente der illyrischen
Sprache erhalten. Die illyrische Sprache ist jedoch nur durch Orts- und Personennamen
sowie einigen wenigen hundert kurzen Inschriften, die im heutigen Albanien und den
angrenzenden Räumen bis Unteritalien gefunden worden sind, bekannt. Dennoch können
sich die heutigen Albanier mit gutem Recht auf die antiken Illyrer zurückleiten.56
Bild 657
In den albanischsprachigen Schulen wird gelehrt, dass die Albaner von den Illyrern
abstammen, und sie die direkten Nachfahren dieser seien. Diese Karte ist auch in allen
Geschichtsbüchern abgedruckt, die für Schulen, Universitäten aber auch für den
56 .57 .
5/12/2018 Mythen Und Mythenbildung - slidepdf.com
http://slidepdf.com/reader/full/mythen-und-mythenbildung 22/25
21
Privatgebrauch gedacht sind. Die Kosovaren sagen, dass sie von dem Stamm der Dardaner
abstammen, die sich damals schon im Gebiet des heutigen Kosovo angesiedelt hatten.
Die aktuelle Wissenschaft besagt, dass sie Albaner Nachfahren der Illyrer sein könnten,
jedoch fehle es an konkreten Beweisen, die zurzeit immer noch ausgeblieben sind.
Andreas Lippert ist einer der wichtigsten Vertreter dieser These, der an der Universität Wien
als Ordinarius tätig war. Solange weder der Beweis erbracht worden, noch eine stichhaltige
Widerlegung sich zugetragen hat, müssen wir diese Theorie als Mythos behandeln.
2.5.2 Der My thos von Skanderbeg
Die Heldenfigur eines Menschen zu übernehmen, die mit der Region nichts zu tun gehabt
hat, scheint eine einfache Identitätsschaffung zu sein, die ein Zusammengehörigkeitsgefühl
zu den sprachlichen Verwandten schaffen soll. So ist die Figur von Skanderbeg adaptiert
worden, da sie eine wichtige Funktion im Kampfe gegen Osmanen geleistet hat. Zudem
kommt auch die Abgrenzung die zum osmanischen Reich dadurch noch deutlicher werden
soll. Die Menschen möchten sich nicht an diese Zeiten erinnern wollen.
Auch diese Figur ist in allen Geschichtsbüchern verankert, die sich mit der albanischen
Nationalgeschichte beschäftigt. Seine Taten werden nahezu in den Himmel gehoben, zudem
die Menschen ja auch noch Stolz darauf sind, dass er albanischen Ursprungs war, was in der
heutigen Wissenschaft nicht mehr als Sicher gesehen wird.
Die wichtigste Errungenschaft, die Skanderbeg geschafft haben soll ist einen mittelalterlichen
albanischen Staat. Dies ist aber von der neuen Forschung ebenfalls nicht als Gegeben
hinzunehmen, sondern es müssen wichtige Aspekte behandelt werden, die zu anderen
Schlüssen führen können.
2.6 Weitere Mythen
2.6.1 Balkanmythos
Malcolm stellt westeuropäische Politiker wie den britischen Premier John Major bloß, die
ihre eigene Untätigkeit mit der Geschichte rechtfertigten. Indem sie auf die Hassgefühle
abhoben, die auf dem Balkan angeblich wieder einmal zum Vorschein gekommen seien,
5/12/2018 Mythen Und Mythenbildung - slidepdf.com
http://slidepdf.com/reader/full/mythen-und-mythenbildung 23/25
22
stellten sie die Gewalt, die während des Bosnienkriegs aufflammte, als einen atavistischen
Hang zur Gewalttätigkeit dar, der den Balkanvölkern angeboren sei.58
Europa macht es sich einfach indem sie ihre eigenen schlechten Eigenschaften auf dem
Balkan projizieren, ohne sich jedoch über Konsequenzen Gedanken zu machen. So entsteht
in der Region selbst der Konkurrenzkampf, wer von den anderen ist balkanischer. Es ist
keinem Menschen angeboren sich mit den Nachbarn zu zerfleischen, oder in ihm einen
ständigen Feind zu sehen.
Der Balkan hatte da gute Lehrmeister, die ihnen die Kultur der Nationsbildung und der
Homogenisierung gebracht haben. Nachdem sich der Westen mit dem unzivilisierten Balkan
auseinandergesetzt hatte, und dabei sehen musste, dass sie die Lage nur noch mehr
verschlimmern, als die so genannten Probleme zu lösen, zogen sie sich zurück, und
überließen diese ihren Schicksal.
V. Nachwort
In dieser Arbeit kann noch mehr gesagt werden, jedoch ist schon einiges dargestellt worden,
dass sich von den westlichen Normen nicht stark unterscheidet. Die Menschen in dieser
Region sind dabei eine neue Identität zu bilden, und dabei benötigen sie die Hilfe von
Westen, die aber nur eine Anleitung dazu geben soll, und sich nicht Aktiv einmischen darf.
Denn durch ihre aktive Politik in dieser Region haben sie es immer geschafft, ein Chaos
anzurichten, und sich aber Schuldfrei aus der Krise zu ziehen.
Diese Region macht etwas durch, wofür Europa rund 200 Jahre gebraucht hat, und noch
vielleicht etwas brauchen wird, jedoch ist es hier so, dass es keiner Kriege mehr benötigt um
die Unterschiede zu zeigen.
X. Ressourcen
XI. Literatur
• Dimitrije Bogdanovic, Kosovo. Vergangenheit und Gegenwart, Belgrad 1986.
• Günther E. Rothenberg, Die österreichische Militärgrenze in Kroatien 1522-1881,
Wien 1970.
58 Noel Malcolm – Bosnia, A Short History (Oxford/London 1996) S 287.
5/12/2018 Mythen Und Mythenbildung - slidepdf.com
http://slidepdf.com/reader/full/mythen-und-mythenbildung 24/25
23
• Ivo Das politische Imaginarium der kroatischen Nationalgeschichte: Dunja
Der Jugoslawien-Krieg. Handbuch zu Vorgeschichte, Verlauf und
Konsequenzen, Opladen/Wiesbaden 1999.
•
Ivo The Symbolic Identity of Croatia: Pål Kolstø, Myths and Boundaries inSouth-Eastern Europe, London 2005.
• Jakob Amstadt, Die k. k. Militärgrenze 1522-1881. Dissertation in Würzburg,
Würzburg 1969.
• Misha Glenny, The Balkans 1804-1999. Nationalism, War and the Great Powers,
London 2000.
• Noel Malcolm – Bosnia, A Short History, Oxford/London 1996.
•Noel Malcolm, Kosovo. A Short History, London 1999.
• Nuri Bexheti, Die Großen Türkenkriege 1683-1699. Dissertation in Wien 2005.
• Pål Kolstø, Myths and Boundaries in South-Eastern Europe, London 2005.
• Perica Vjekoslav, Churches and the Founding Myths of Serbia and Croatia: Pål
Kolstø, Myths and Boundaries in South-Eastern Europe, London 2005.
• Peter Strebl, Politische Mythologie im zerfallenden Jugoslawien. Philosophische
Untersuchung. Diplomarbeit an der Universität Wien. Fakultät der Philosophie, Wien
2004.
• M. Džaja, Bosnian Historical Reality and its Reflection in Myth: Pål Kolstø,
Myths and Boundaries in South-Eastern Europe, London 2005.
• Stephan Kux, Ursachen und Lösungsansätze des Balkankonflikts: Folgerungen für das
Abkommen von Dayton. Basler Schriften zur europäischen Integration, Basel 1996.
• Tim Judah, Kosovo. War and Revenge, London 2002.
• Wolfgang Petritsch, Karl Kaser und Robert Pichler, Kosovo-Kosova. Mythen, Daten,
Fakten, Klagenfurt/Wien/Ljubljana/Tuzla/Sarajewo 1999.
• Zoran Between destiny and contingency: Pål Kolstø, Myths and Boundaries in
South-Eastern Europe, London 2005.
XII. Internet
•
http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/id=5423&count=257&recno=39&t
ype=rezbuecher&sort=datum&order=down&search=Mythen.
5/12/2018 Mythen Und Mythenbildung - slidepdf.com
http://slidepdf.com/reader/full/mythen-und-mythenbildung 25/25
24
• http://science.orf.at/science/urban/110917.
• https://reader003.{domain}/reader003/html5/0214/5a8389f400a36/5a838a0372e10.jpg.
• http://www.know-library.net/images/thumb/8/89/390px-Illyria.jpg.
•http://www.kurier.at/nachrichten/ausland/15639.php.
•
http://www.nzzfolio.ch/www/d80bd71b-b264-4db4-afd0-277884b93470/showarticle/8
d25e56a-75ec-4f18-9e12-0007ba8a9c50.aspx .
• http://www.nzz.ch/2006/11/06/fe/articleE9YSN.html.
• http://www.politische-psychologie.de/kreta.html.
•
http://www.serbianunity.net/culture/history/Hist_Serb_Culture/pictures/Migration_Paj
a_1690.jpeg.